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Cake & Scissors

Diary of a mad girl
von

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Entry 2

Ab heute sollte also mein neues Leben in Wohlstand beginnen. Ich lernte Olivia kennen, die Frau, von der ich zuerst dachte, sie wäre meine zukünftige Mutter. Auf eine gewisse Weise war sie dies auch die Jahre darauf aber dazu komme ich zu einem späteren Zeitpunkt.

Als ich sie ansah, dachte ich zuerst, dass eine wunderschöne Puppe vor mir stand. Ihre Haut war so weiß und makellos wie Porzellan, ihre Lippen rot wie eine rote Rose und ihr Haar schwarz wie die Nacht. Ihr Körper zierte ein schwarzes Kleid, ihr Haar trug sie zu einer Hochsteckfrisur, die mit einer angesteckten Blume ihre Vollkommenheit fand. Ihre Augen waren genauso hellblau wie meine. Sie beugte sich zu mir runter und lächelte mich liebevoll an.

„Hallo kleine Emilie, mein Name ist Olivia. Ich freue mich sehr dich kennenzulernen.“ Ein Lächeln huschte mir über das Gesicht. Ihre Stimme glich der eines Engels. Bevor ich überhaupt wusste, dass sie einst Sängerin in einer Templerbar gewesen ist, dachte ich mir schon, dass ihre Stimme eine wunderschöne Melodie hatte.

Bevor wir in meinem zukünftigen Zuhause ankamen, kaufte mir mein neuer Papa den versprochenen Schokoladenkuchen, auf den ich mich den ganzen Weg über tierisch freute. Als ich das riesige Anwesen, weit ab von der Innenstadt in Augenschein nahm, staunte ich nicht schlecht. Es war prachtvoll, kein Vergleich zu einem normalen Haus, geschweige denn dem heruntergekommenen Waisenhaus. Als wir durch die großen Flügeltüren in die Eingangshalle traten, stand mir vor Staunen der Mund weit auf. Ich wusste, dass das unhöflich war aber ich konnte es einfach nicht glauben.

„Sieh an, Emilie ist ja ganz aus dem Häusschen.“ Olivia kicherte als sie meinen verblüfften Gesichtsausdruck sah. Andreas stellte den Kuchen ab und beugte sich zu mir runter.

„Alles in Ordnung, Emilie? Ich weiß, es wirkt alles sehr groß. Das ist ab heute dein neues Zuhause. Freust du dich?“

Als ich in Andrea's Augen sah, nickte ich eifrig und lächelte. „Ja, ich...ich freue mich wirklich sehr. Es ist nur...ich...kann immer noch nicht glauben, dass ich endlich ein richtiges Zuhause und...richtige Eltern haben werde. Ich...ich kann es einfach immer noch nicht glauben. Ich bin...so unendlich dankbar.“

Andrea's sah, dass ich Tränen vor Freude und Erleichterung in den Augen hatte und streichelte mir ein paar einzelne Strähnen aus der Stirn. „Emilie, wir sind wirklich sehr glücklich, dich unsere Tochter nennen zu dürfen. Sieh dieses Haus bitte ab heute als dein neues Heim an und zöger nicht zu fragen, wenn du etwas brauchst. Eine Sache müssen wir allerdings noch aufklären, denn es gibt noch etwas, was du noch nicht weißt.“

Ich schaute Andreas fragend an und war auf alles gefasst. In dem Moment hörte ich, wie im Hintergrund Schritte auf der großen Treppe ertöhnten und ein junger Mann, anscheinend im selben Alter wie Andreas hinunterschritt.

„Ah, da seid ihr ja wieder! Ich habe die Türe gehört und dachte, ihr seid wieder zurück. Ich habe das Kinderzimmer noch ein wenig aufgeräumt.“

Ich blickte hinter Andreas und erblickte einen wunderschönen Mann. Er war mindestens genauso hübsch wie Andreas, nur hatte seine Haut eine Art Kupferton an sich und seine Haare waren tiefschwarz wie die von Olivia. Er trug sie zu einem festen Pferdeschwanz zusammengebunden und zwischen dem rötlichen Hautton kamen zwei ungewöhnlich himmelblaue Augen zum Vorschein.

„Ah Chatan, da bist du ja! Darf ich dir unsere Tochter vorstellen? Das ist Emilie. Ab heute Emilie von Kaustein!“

Erstaunt blickte ich Andreas an. „Unsere Tochter? Ist Olivia nicht meine Mama?“ Es war nicht so, als ob ich traurig darüber wäre, ich hatte nur nicht damit gerechnet, dass ich in Zukunft zwei Väter hätte. Der junge Mann, der sich Chatan nannte, kniete sich zu mir und griff vorsichtig nach meiner Hand. Sein Gesicht war so schön wie aus einem Bilderbuch.

„Kleine Emilie, es freut mich sehr dich kennenzulernen. Meine Name ist Chatan. Dein Vater und ich werden in Zukunft deine beiden Papa's sein.“

Andreas sah zu mir runter und versuchte mich aufzuklären. „Emilie, die Sache ist die. Olivia hier ist meine beste Freundin aus Kindheitstagen. Sie selbst ist allerdings selbst in einer Ehe mit meinem Zwillingsbruder Manuel. Chatan und ich sind seit vielen Jahren ein Liebespaar, können unsere Liebe aber leider in der Öffentlichkeit nicht offen zeigen. Da wir allerdings gerne ein Kind zusammen gehabt hätten, hatte sich Olivia bereit erklärt, meine Frau zu spielen für die Zeit, wo wir im Waisenhaus sind. Kannst du das verstehen?“

Die beiden jungen Männer sowie Olivia sahen mich etwas besorgt an. Wahrscheinlich hatten sie Sorge, dass ich diese Art von Elternteile nicht akzeptieren würde. Doch...ich ging auf Andreas und Chatan zu, legte um beide meine Arme so gut wie es ging und lächelte.

„Ob eine Mama und ein Papa oder zwei Papa's, ich habe ein Zuhause und eine Familie. Ich habe...Eltern. Ich bin so glücklich.“

Und das war ich auch und ich zeigte dies damit, dass ich nach all der Zeit endlich vor Glück weinen konnte. Gefühle, dich ich jahrelang verborgen hielt weil ich nie glücklich war und nun war da diese wohlhabende Familie, die mich aufnahm, um mir ein Heim und eine zweite Chance zu schenken. Ein Leben in Wohlstand. Ein glückliches Leben. Ich spürte, wie die beiden Männer ihre Hände auf meinen Kopf legten und mir durch das rote Haar streichelten.

„Emilie...willkommen Zuhause. Alles Gute zum Geburtstag.“ Ich krallte mich in Andrea's Hose und ließ meinen Tränen freien Lauf. „Das ist...der schönste Geburtstag in meinem Leben. Danke...Papa.“
 

Nachdem wir den wirklich köstlichen Schokokuchen verzehrt hatten, führten mich Andreas und Chatan durch das hiesige Anwesen. Es war wirklich wunderschön und so erhaben, in einem herrlichen hellen Weißton gehalten und sehr prunkvoll eingerichtet. Ich staunte als ich das Arbeitszimmer von Andreas sah. Es war über und über mit Dokumenten und herumfliegenden Blättern übersäht. Überall lagen benutzte Kohlesreste herum. Wie er mir erklärte, gehörte einer seiner Leidenschaften dem Zeichnen von Menschen. Wie ich später feststellen musste als ich älter wurde auch das Darstellen diverser Aktszenen.

Als wir schließlich an meinem Zimmer ankamen, schlug mein kleines Herz wie verrückt. Ich war nervös und aufgeregt, ich würde ein eigenes Zimmer besitzen! Mit einem Lächeln öffnete Andreas die große Türe.

„Emilie, das ist dein Reich.“ Als er die Türe öffnete, konnte ich meinen Augen kaum trauen. Ein riesiges Bett ganz für mich alleine. Eine Sitzecke am Fenster mit einem wunderschönen Ausblick nach draußen. Ich sah Regale gefüllt mit Puppen und Teddybären, eine Staffelei, falls ich vielleicht auch mal den Hang zum Zeichnen entwickeln sollte. Ich legte meinen Violinenkoffer auf den kleinen Tisch, auf dem ein großer Spiegel stand, an dem ich später meine Haare vorbereiten, hochstecken oder flechten konnte und sah mich um. Ich schaute nach draußen, sah die Natur und spürte die Sonne auf meiner Haut. Ich ging zum Bett, sah dort das weiße Nachthemd, das ich Zukunft tragen würde wenn ich schlafen ginge. In meinen Augen funkelten Tränen.

„Was ist, Emilie? Gefällt es dir nicht?“ Andreas klang ernsthaft besorgt aber es war alles andere als das. Ich drehte mich um und fing bitterlich an zu weinen.

„Nein, es...ist alles so wunderschön! Ich habe ein Zuhause! Ein eigenes Zimmer! Meine eigenen Spielsachen! Mein eigenes Bett! Eine Familie!“ Meine neue Familie setzte sich mit mir auf das Bett und kuschelte mich. Ich war so glücklich und so erleichtert. Chatan streichelte mir ein paar Tränen weg.

„Emilie, du bist ab heute unsere Tochter. Wir möchten, dass du ein gutes, kindgerechtes Leben hier hast und du glücklich bist.“

Ich fuhr mir mit dem Handrücken über die Augen und wischte die Tränen weg. Andreas erhob sich und öffnete den Kleiderschrank. „Aber eine Sache haben wir uns aufgesparrt.“ Meine Augen wurden größer als ich dachte als ich plötzlich dieses wunderschöne Kleid in Andrea's Hand sah. Mit vielen Rüschen besetzt durchzog das Kleid ein herrlicher Rot Orange Ton, der im Licht der Sonne strahlte. Mein erstes eigenes Kleid. Das habe ich mir immer gewünscht.

„Nochmal alles Gute zum Geburtstag, Emilie und willkommen Zuhause!“ Ich schloss Andreas und Chatan feste in die Arme und weinte von neuem. In dem Moment war ich wohl das glücklichste Mädchen auf dieser Welt.
 

Als Andreas mich Abends zu Bett brachte, blieb er noch eine Weile bei mir am Bettrand sitzen. Die kleine Nachttischkerze flackerte aufgeregt und warf Schatten an die Wände.

Ich hatte einen der neuen Teddybären an meine Brust gepresst und genoss das weiche Gefühl des neuen Kissens an meinem Kopf.

„Ich...kann euch gar nicht genug danken. Ihr habt so viel für mich getan, ich weiß gar nicht, wie ich das wieder gutmachen soll. Das habe ich doch gar nicht verdient.“ Andreas schüttelte den Kopf. „Emilie, wir sind froh, dass du bei uns bist. Wir haben uns für dich entschieden und wollen, dass du hier ein glückliches und unbeschwertes Leben führen kannst. Du hast viel mehr verdient als du denkst.“

Nachdenklich ließ ich den Kopf sinken. „Die Schwester im Waisenhaus...sie hat sicher schlimme Dinge über mich erzählt. Es stimmt, ich habe andere Kinder verletzt aber das war nicht meine Schuld! Ich weiß, dass es falsch war aber...ich war so wütend! Sie haben immer so schlimme Sachen gesagt! Aber ihr habt mir eine zweite Chance gegeben. Ich möchte nicht noch mehr Menschen verletzen. Wie könnt ihr mich jetzt schon so lieben, obwohl ihr wisst, dass ich diese schlimmen Dinge getan habe?“

Etwas bedrückt blickte Andreas mit seinen blauen Augen zu mir runter, dann lächelte er gütig und streichelte meine Stirn. „Es stimmt, dass du diese Kinder verletzt hast, war nicht rechtens aber ich verurteile dich nicht. Schuld war die falsche Erziehung dieser Schwestern. Wir wollen aber, dass du mit Liebe und Fürsorge aufwächst. Du brauchst nie mehr Angst zu haben, dass dich jemand schlägt oder dir weh tut. Das verspreche ich dir.“

Ich lächelte und streckte ihm den kleinen Finger hin. „Großes Indianerehrenwort?“ Und Andreas erwiderte, indem er seinen kleinen Finger mit meinem verschränkte. „Großes Indianerehrenwort! Das hat dir doch sicher Chatan beigerbacht, oder?“ Ich nickte zustimmend. „Er ist sehr lieb, er hat mir erzählt, dass er von sehr weit herkommt und die Menschen dort Indianer genannt werden. Sind Indianer alle so wunderschön?“

Es schien, als hätte ich einen wunden Punkt getroffen, denn Andreas nickte etwas in Gedanken verloren. „Ja, das sind sie. Sie sind wundervolle Menschen, die die Natur und die Tiere achten. Aber auch, wenn sie von ihrer Hautfarbe anders sind als wir, wir sind trotzdem alle gleich und alle Menschen. Vergiss das nie, Emilie. Jeder Mensch ist wertvoll, ganz egal, von wo er abstammt. Auch wenn wir unterschiedliche Hautfarben tragen, leben wir doch alle unter demselben Himmel.“

Diese Aussage sollte meine erste Lektion für diesen Abend sein und ich nickte und nahm mir vor, die Worte meines Papa's zu beherzigen.

„Weißt du, Chatan kam einst zu mir, da waren wir beide noch Kinder. Er wurde aus seinem eigenen Land entführt, um hier als Sklave verkauft zu werden, also wie ein Diener in einem Haus. Er schaffte es zu entkommen und kam zu mir. Auch er musste damals noch viel lernen. Natürlich war er anders als ich, er war damals wild, hatte keine Erziehung und trotzdem nahm ich ihn auf, so wie er war. Er ist ein wundervoller Mensch und ich kann dem Allmächtigen gar nicht genug danken, dass er Chatan in mein Leben gebracht hat und genauso ist es für uns mit dir, Emilie. Wir möchten, dass du ein Teil unserer Familie wirst. Wir werden dir viel beibringen und dich zu einer eleganten, jungen Frau erziehen aber mit Liebe.“

Ich senkte den Blick und begann zu lächeln. „Chatan ist also...so wie ich. Ich verstehe, was du mir sagen möchtest und ich möchte deine Worte beherzigen. Ich möchte, dass du eins weißt, Papa. Ich möchte eine gute Tochter werden. Ich habe so lange gewartet und gehofft, dass ich irgendwann meine eigene Familie haben kann. Ich habe meinen Wunsch nie aufgegeben. Ich weiß, dass ich manchmal nicht einfach sein kann. Ich hoffe, ich werde euch keine Probleme bereiten. Aber...ich freue mich und bin euch unendlich dankbar. Ich werde euch keinen Ärger machen.“

Vorsichtig nahm mich Andreas in den Arm. „Das weiß ich, Emilie. Und egal, was passiert, du kannst immer mit uns reden. Ruh dich jetzt erst mal aus und schlaf ein bisschen, das war sicher ein sehr aufregender Tag für dich.“

Vorsichtig legte Andreas die Decke über mich und küsste noch einmal meine Stirn bevor er das Licht der Kerze löschte.

„Ich hab dich lieb, Emilie. Schlaf gut.“ Ich schloss glücklich die Augen. „Ich hab dich auch lieb, Papa.“



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