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disease

von

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Kapitel VIII

… VIII
 


 

Es ging aufwärts. Er hätte es selbst nicht gedacht, aber Ban fühlte sich schon deutlich besser. Jedenfalls wenn man bedachte, dass er noch am Vortag die ganze Zeit im Bett gelegen hatte.
 

Die Langeweile hatte ein Ende. Er konnte inzwischen aufstehen und rumlaufen, ohne Angst zu haben, direkt wieder zusammen zuklappen.
 

Ban lächelte.
 

Laut würde er es niemals zugeben, aber diese mörderische Spritze schien ihm tatsächlich geholfen zu haben.
 

„Ban! Was stehst du da so rum?“
 

„Ich komm ja schon!“, grinsend winkte Ban seinen Freunden und Kollegen zu. Die Jungs hatten ihn die vergangenen Tage scheinbar ziemlich vermisst. Ihm wurden sofort aufgeregt die neusten Neuigkeiten erzählt, kaum das er die Hütte betrat. Man alberte direkt mit ihm herum und nötigte ihn regelrecht dazu mit den Anderen Karten zu spielen.
 

Es war schön Freunde zu haben.
 

Generell war es schön am Leben zu sein. Auch wenn Ban bisher immer der Meinung gewesen war, dass es ein beschissenes Leben war.

Durch seine Infektion wusste er es jetzt besser. Er hatte genug Zeit gehabt, darüber nachzudenken und wusste inzwischen, dass sie durchhalten mussten. Auch in diesem Drecksloch hier draußen.
 

Bans Lachen erfüllte die Hütte. Er riss ein paar zweideutige Witze und seine Kollegen prusteten amüsiert los. Sie zockten sich gegenseitig beim Poker ab, diskutierten über die Mädchen und ließen einfach mal ein bisschen die Seele baumeln.
 

Fast so wie früher.

Aber auch nur fast.
 

Die Alarmglocke schrillte los. Sofort sprangen sie auf. Ban griff sich seine Messer und lief mit den anderen aus der Hütte.
 

„Ban!“
 

Er sah auf, entdeckte Virus und eilte an seine Seite.
 

„Halt dich zurück okay? Du bist noch immer nicht komplett auf der Höhe,“ mahnte der Bandenchef. Ban nickte, jedoch sie wussten beide, dass er nicht auf Virus hören würde. Er brannte darauf zu kämpfen, seine angestaute Energie loszuwerden und ein paar dieser elenden Viecher zu töten.
 

Die Gruppe Untoter kam in Sichtweite und die Slumbewohner schwärmten aus. Jeder wusste, was er zu tun hatte. Sie gaben sich gegenseitig Deckung und warfen sich diesen elendigen Monstern entgegen.
 

Die Klinge von Bans Messer sauste durch die Luft. Er spürte, wie der Stahl in weiches Gewebe eindrang, hörte das schmatzende Geräusch und grinste siegessicher. Sein Gegner ging zuckend zu Boden, Ban sprang über den Körper hinweg und stürzte sich auf den nächsten.
 

Aus den Augenwinkeln sah er Virus nur ein paar Schritte weiter. Das Schwert des Bandenchefs zerteilte diese Kreaturen als wären sie aus weicher Butter. Der karge Boden unter ihren Füßen färbte sich langsam rot, stellenweise wurde es etwas rutschig.
 

Ban wich einem Angriff aus, konterte ihn und streckte auch dieses Monster nieder. Er stach ein zweites Mal zu, wollte einfach sicher gehen.
 

Ihn erwischte ein Schlag und warf ihn um. Ban rollte sich sofort zur Seite, ehe ihn die scharfen Klauen erwischen konnten. Blut spritzte, das Vieh über ihm gab ein gurgelndes Geräusch von sich, bevor es neben ihm zu Boden ging – kopflos. Virus’ Schwert hatte mal wieder Schärfe bewiesen.
 

„Aufpassen, Ban.“
 

Als ob er diese Mahnung nötig hätte. Immerhin hatte er sich nicht absichtlich umwerfen lassen. Ban grummelte missgelaunt und sprang auf die Füße. Eigentlich wollte er Virus eine gereizte Antwort zurufen, aber die angreifenden Monster verlangten seine Aufmerksamkeit.
 

Ban kämpfte an forderster Front. Er gab wirklich sein Bestes, aber es kam ihm schwerer vor als sonst. Vielleicht war er selbst wirklich noch angeschlagen, oder aber die Monster waren stärker als normal…
 

Es dauerte fast eine Stunde, ehe endlich Ruhe einkehrte. Außer Atem richtete Ban sich auf und sah sich um.
 

Der Boden war übersäht von leblosen Körpern, der aufgewirbelte Staub legte sich nur langsam. Die Slumbewohner waren verstreut, müde, aber immerhin siegreich.
 

Suchend ließ Ban seinen Blick schweifen. Er ging ein paar Schritte, bis er endlich seinen besten Freund entdeckte.

Der Bandenchef hatte sich auf einem Mauerrest nieder gelassen, das blutige Schwert noch in der Hand. Ban runzelte die Stirn. Sorge stieg in ihm auf, als er zu Virus rüber ging.
 

Das Virus sich hingesetzt hatte war einfach so untypisch. Die Jüngeren fingen an aufzuräumen, warfen die erschlagenen Viecher auf einen Haufen und zündeten den ganzen Mist an. Sie sammelten ihre Waffen zusammen, kontrollierten den Zaun, versorgten die Verletzten.
 

Und Virus saß bloß rum!?
 

„Was ist los mit dir?“ Ein ungutes Gefühl machte sich in Ban breit. Vielleicht war es eine Art Vorahnung. Jedenfalls fühlte es sich beschissen an.
 

Virus sah auf und lächelte. „Was meinst du?“
 

„Du hast dich zurückgehalten“, es war eine Feststellung. Deshalb war es Ban schwerer gefallen. Normalerweise kämpften er und Virus an forderster Front. Sie schlugen eine Schneise in die angreifenden Horden, spielten den ersten Rammbock. Die Jüngeren mussten dann nurnoch den Rest erledigen.
 

Natürlich, auch heute war Virus zur Stelle gewesen, wenn Ban ihn gebraucht hatte, aber der Bandenchef hatte nicht mit voller Kraft gekämpft.
 

Virus öffnete den Mund um etwas zu sagen, aber Ban unterbrach ihn sofort: „Lüg mich jetzt nicht an, Virus. Denkst du, es ist mir nicht aufgefallen?“

Er setzte sich neben den Älteren auf die unbequemen Steine, den Blick weiterhin auf Virus gerichtet. Ban forderte eine Antwort. Mit einer Lüge würde er sich da verdammt nochmal nicht abspeisen lassen.
 

„Ich bin müde.“
 

Eine simple Aussage, die wahrscheinlich sogar der Wahrheit entsprach. Aber ausgerechnet müde!? Sowas würde Virus sonst nie als Ausrede nehmen.
 

Bans Augenbrauen wanderten in die Höhe und seine Stirn runzelte sich skeptisch.
 

Wenn er mal so darauf achtete, sah Virus wirklich müde aus. Er hatte dunkle Ringe unter den Augen und sah irgendwie blass aus. Und zitterten seine Hände nicht etwas, als er das Schwert endlich wegsteckte?
 

Der Bandenchef stand auf und Ban tat es ihm gleich. Er wollte etwas sagen, verstummte aber als Virus ihm auf die Schulter klopfte.
 

„Das hast du gut gemacht.“
 

Unwirsch schob Ban die Hand seines Kumpels zur Seite. „Red nicht mit mir als wär ich so’n Schoßhund.“ Beleidigt verschränkte er die Arme vor der Brust.
 

Virus lachte. Ein gutes Lachen. Amüsiert und gelöst.

Vielleicht war es ja doch nicht so schlimm. Vielleicht war er wirklich nur müde. Wahrscheinlich hatte er einfach die halbe Nacht über seinen Papieren gebrütet und Pläne geschmiedet.
 

Ban entspannte sich wieder etwas und sah Virus nach, als dieser sich jetzt abwandte. Der Bandenchef rief ein paar Befehle und schickte seine Leute wieder auf ihre Posten. Genau so, wie es sein sollte.
 

Wahrscheinlich machte er sich einfach zu viele Gedanken.
 


 


 

„…Und was hast du dann gemacht?“

„Hab ihm eins über gezogen! Was sonst!?“
 

Raikons Kichern erfüllte den Raum und Ban grinste.
 

Inzwischen war es dunkel draußen und ruhig im Lager. Man hatte die Fackeln entzündet. Er und Raikon saßen in der Hütte des Bandenchefs beisammen. Virus selbst war nur wenige Schritte entfernt. Er saß am ramponierten Schreibtisch und kritzelte Notizen in ein abgegriffenes Buch. Ban beachtete es nicht weiter, obwohl er insgeheim froh war, dass Virus ruhig irgendwo saß und er, Ban, ihn im Blick hatte.
 

„Erzähl mir noch mehr Geschichten,“ Raikons bittende Stimme zog seine Aufmerksamkeit wieder auf sich.

Lächelnd wandte Ban sich ihr also erneut zu und schüttelte den Kopf. „Ein ander Mal.“
 

Ihre enttäuschte Miene war schon fast wieder amüsant. Ban mochte das Mädchen allmählich. Sie kümmerte sich um ihn, bekochte ihn und nähte seine zerschlissenen Klamotten wieder etwas zusammen. Wer würde es nicht mögen, so umsorgt zu werden?
 

„Virus hast du-“ Ban brach ab, als sein Blick erneut auf den Bandenchef fiel.
 

Virus presste sich die Hand auf die linke Brust. Er hatte die Augen geschlossen und das Gesicht verzogen. Als hätte er Schmerzen.
 

„Was ist los?“ Ban war sofort auf den Beinen. Unruhe machte sich in ihm breit.
 

Virus klappte sein Notizbuch zu und straffte die Schultern. „Ich schätze ich arbeite zu viel…“ Der Bandenchef lächelte etwas verünglückt und warf ihm einen besänftigenden Blick zu.
 

„Erzähl doch keinen Scheiß.“ Das machte ihn noch wahnsinnig! Es war so offensichtlich, dass irgendwas nicht in Ordnung war. Wenn Virus es ihm nicht langsam mal erzählte, würde Ban es noch aus ihm rausprügeln!
 

„Vielleicht solltest du einfach schlafen gehen, Virus“, schlug Raikon jetzt vor. Sie war ebenfalls aufgestanden. Allerdings nur, um neues Holz ins Feuer zu legen und die wärmenden Flammen etwas anzustacheln.
 

„Wahrscheinlich.“ Der Bandenchef nickte.
 

Ban runzelte die Stirn. Virus gab einfach so klein bei!? Er stapfte echt freiwillig zum Bett rüber und legte sich hin?
 

Okay, hier war definitiv etwas faul.
 

Ban setzte dazu an etwas zu sagen, aber Raikon legte ihm eine Hand auf den Arm und schüttelte den Kopf. Er sah sie an, sah ihren Blick und seufzte auf. Wahrscheinlich hatte sie Recht. Virus sollte einfach etwas schlafen.
 

„Gute Nacht“, wünschte er also noch, aber Virus antwortete schon nicht mehr. Scheinbar war er wirklich direkt eingeschlafen…
 


 


 

Hinter seinen geschlossenen Lidern flackerte es.
 

Ban grummelte und drehte sich auf die Seite. Seine Wunde zog unangenehm, aber es war auszuhalten.
 

Irgendwas knisterte.
 

Ban runzelte die Stirn. Er öffnete langsam die Augen und blinzelte. Von draußen drang flackerndes Licht herein. Das Licht von offenem Feuer.
 

An sich nichts ungewöhnliches. Aber es schien ein sehr großes Feuer zu sein. Dazu dieser verbrannte Geruch…
 

Endlich drangen auch die aufgeregten Rufe an seine Ohren und spätestens jetzt war Ban restlich wach. Er sprang auf die Beine, sah sich in der Hütte des Chefs sofort nach diesem um, konnte Virus aber nicht entdecken.
 

Fluchend eilte Ban aus der Hütte und blieb direkt wieder stehen.
 

Rauch. Die Slumbewohner riefen wild durcheinander, rannten umher. Und dann entdeckte Ban die meterhohen Flammen, die gen Himmel schlugen.
 

Das war definitiv nicht nur von einem harmlosen Lagerfeuer.
 

„Ban!“ Virus’ rief alarmiert seinen Namen. Ban sah sich suchend nach ihm um, entdeckte ihn schließlich im dichter werdenden Rauch. Er setzte sich in Bewegung, lief zu dem Bandenchef rüber. Sein Blick fiel auf eine der Hütten. Sie brannte inzwischen lichterloh.
 

„Was ist passiert!?“, verwirrt sah er sich um. Es herrschte das totale Chaos. Hitze schlug ihm entgegen, der Rauch brannte in seinen Augen und machte das Atmen schwer.
 

„Eine Hütte hat Feuer gefangen. Wir müssen verhindern, dass es sich ausbreitet!“ Virus Stimme ging in ein Husten über. Der Bandenchef zog ein Halstuch aus der Tasche und band es sich über Mund und Nase.
 

Ban tat es ihm gleich, versuchte sich so etwas vor dem Rauch zu schützen. Seine Augen tränten.
 

Sie hatten nicht genug Wasser um die Flammen damit zu löschen, also griff Ban sich eine der Decken. Er schlug damit auf die Flammen ein, versuchte sie zu ersticken. Die Hitze war kaum auszuhalten. Es krachte, Funken stoben auf und die brennende Hütte brach in sich zusammen.
 

Ban konnte gerade noch zurück springen und dem Schutt ausweichen.
 

Irgendwo weinte ein Kind. Er hörte Raikon rufen und Virus’ heisere Stimme, die unablässig Anweisungen rief und versuchte das ganze zu koordinieren.
 

Gefühlte Stunden vergingen, aber die Flammen wurden kleiner. Ban schlug eines der Feuer aus und wandte sich sofort dem nächsten Brandherd zu. Seine Klamotten waren inzwischen angesengt, seine Arme schmerzten. Ihm war schwindlig, daas er die vergangenen Tage nur im Bett verbracht hatte machte sich jetzt bemerkbar.
 

Schließlich aber war es geschafft. Es wurde wieder dunkel im Lager und endlich herrschte Stille. Hier und da schwelte es noch vor sich hin, aber es gab keine offenen Flammen mehr.
 

„Kümmert euch um die Wachtposten! Schaut nach letzten Funken!“
 

Noch immer rief Virus Befehle, aber seine Stimme war inzwischen komplett heiser. Der Bandenchef kam zu ihm rüber und ließ sich, bei ihm angekommen, direkt auf einen Ruinenrest fallen.
 

Ban musterte seinen besten Freund genau. Virus war verschwitzt und wischte sich den Ruß von der Stirn. Es war ganz deutlich, dass er zitterte. Ban konnte hören wie rasselnd Virus’ Atem ging, wie schwer es ihm zu fallen schien genug Luft in seine Lungen zu bekommen.
 

„Alles in Ordnung?“, fragte Ban also leise. Er wusste, dass es Virus unmöglich gut gehen konnte, rechnete auch damit, dass dieser abwinken würde. Aber er würde sich nicht schon wieder einfach abschütteln lassen.
 

„Zwei Hütten sind nicht mehr zu retten. Eine ist stark beschädigt, ein paar andere haben ebenfalls etwas abgekriegt, können aber rasch wieder in Ordnung gebracht werden.“ Virus wich ihm aus. Er hustete.
 

Ban ging ein paar Schritte, schöpfte mit einem angeschlagenen Plastikbecher etwas Regenwasser aus einer der Tonnen und kam damit zu Virus zurück. Der Bandenchef nahm den Becher dankend entgegen und trank.
 

„Haben wir Vorräte verloren?“, Ban sah seinen Freund erneut an.
 

„Kaum.“ Virus’ Stimme klang schon besser. Nicht mehr ganz so heiser.
 

„Gut“, Ban nickte. Er trat dichter an Virus heran und beugte sich etwa zu dem Sitzenden herunter. „Virus? Alles in Ordnung?“, wiederholte er seine Frage.
 

„Bin grad nicht so auf der Höhe…“, antwortete der Bandenchef jetzt endlich und sank dabei etwas in sich zusammen.
 

Ban musterte ihn immernoch skeptisch. „Nicht ganz auf der Höhe, huh? Virus du siehst aus, als müsstest du dich jeden Moment übergeben.“ Das erkannte er selbst im schummrigen Mondlicht. Unter all dem Ruß und Dreck war Bans bester Freund inzwischen irgendwie grünlich im Gesicht.
 

„Lass uns reingehen.“ Der Bandenchef stand auf. Er machte nicht mal einen Schritt, da kam er auch schon ins Kippen. Ban reagierte sofort, als Virus ihm praktisch entgegen fiel. Er fing seinen Freund auf, hielt ihn fest und konnte somit gerade noch einen Sturz verhindern.
 

Das war jetzt wirklich was Übles…
 

„Geh dich ausruhen“, sagte Ban also. Es klang mehr nach einer eindringlichen Bitte, als nach einer Aufforderung. „Hier draußen kommen sie schon ganz gut zurecht.“
 

„Es geht gleich wie- ungh...“ Virus presste sich eine Hand auf den Mund. Er kämpfte eindeutig mit dem Würgreiz.
 

Ban fluchte. Er trat einen Schritt zur Seite und versuchte Virus dabei weiter auf den Beinen zu halten, ihn zu stützen. „Musst du kotzen?“ Eigentlich eine doofe Frage, immerhin war das offensichtlich.
 

Virus konnte sich gerade noch vornüber beugen, bevor er sich würgend übergab. Ban konnte nur hilflos daneben stehen, seinem besten Freund die Haare etwas zurück streichen und ihm den Rücken klopfen.
 

Der Bandenchef rang schwer nach Luft. Er hustete und spuckte erneut. Ein roter Schwall, der zu Boden klatschte und eine Pfütze bildete.
 

Blut.

Ban biss sich auf die Unterlippe. Das war definitiv fast nur Blut, was Virus da hochwürgte.
 

Es dauerte Minuten, bis der Bandenchef wieder zu Atem kam. Er zitterte noch immer, schien aber zumindest nicht mehr ganz so wacklig auf den Beinen. Ban atmete erleichtert auf. Wäre Virus ihm jetzt hier umgekippt, hätte er den Kerl allein zur Hütte zurück schleppen müssen.
 

„Stehen…die Wachposten?“ Nur mit Mühe richtete Virus sich langsam auf. Ban hielt ihn trotzdem noch am Arm fest. Sicher war sicher.
 

„Natürlich. Wovor hast du Schiss? Das M-Gene kommt und die Medikamente wiederhaben will? Virus, man, ich denke wir haben hier momentan echt genug zu tun.“, murrte Ban. So ein Fanatiker!
 

„Nein, kann nicht sein. Ich habe dafür bezahlt. Für die Medikamente.“ Der Bandenchef zuckte leicht mit den Schultern und atmete einmal tief durch.
 

Bezahlt!? War Virus etwa so angeschlagen, dass er jetzt wirres Zeug redete!?

Mit was bitte konnte jemand aus den Slums bezahlen? Geld gab es hier nicht, zumindest nicht so viel, als dass man wirklich etwas damit hätte anfangen können. Außerdem war es außerhalb der der Stadt praktisch wertlos. Es war unnötig Geld zu besitzen. Also was zum Henker hatte Virus gegeben, um an diese verfluchten Medikamente zu kommen?
 

„Virus bitte“, Ban konnte nur betteln, dass sein bester Freund endlich mal kleinbei gab und sich hinlegte. Damit er sich endlich ausruhen und die Bewachung des Lagers den Jüngeren überlassen würde.
 

„Schon okay,“ Virus Lächeln wirkte müde, als er jetzt eine Hand hob und sie sachte auf Bans Wange legte. Seine Haut war eiskalt. Ban erschauderte. „Ich sterb dir schon nicht weg,“ versichterte der Bandenchef, aber Ban glaubte ihm nicht. Nicht, wenn Virus dabei so übel aussah.
 

Ban schob die Hand des anderen weg, nahm sich seinen Arm und legte ihn sich um die Schultern. So konnte er Virus besser stützen. Auch wenn der Ältere inzwischen wirklich etwas sicherer auf den Beinen zu sein schien.
 

„Du hast sie nicht mehr alle…“, sagte Ban noch leise, ehe er sich in Bewegung setzte.
 


 


 

Etwas in seiner Brust zog sich unangenehm zusammen, doch das hatte nichts mit seiner Verletzung zu tun…

Es war die Sorge, weshalb ihm richtig schlecht wurde. Der Anblick von Virus, wie er dort im Bett lag.
 

Sein bester Freund zitterte. Ihm stand der kalte Schweiß auf der Stirn und seine Haut hatte einen gräulichen Ton angenommen. Er war direkt weggedämmert, kaum das Ban ihn ins Bett gesteckt hatte.
 

Ihn so zu sehen, gefiel Ban gar nicht.
 

Hilflosigkeit war ein beschissenes Gefühl. Aber Ban hatte keine Ahnung was er tun konnte, um seinem Freund zu helfen. Er wusste ja nicht einmal, was Virus hatte.
 

Ban warf einen Blick auf seine angeschlagene Armbanduhr. Das Display mit der digitalen Anzeige war bereits blass und flackerte manchmal etwas. Die Batterie würde wohl nicht mehr lange mitmachen.
 

Er saß schon eine Stunde an Virus’ Bett.
 

Der Bandenchef war unruhig, seine Atmung ging schnell. Manchmal gab er leise Schmerzenslaute von sich, ab und an krallte er sich die Hand in die linke Brustseite. Virus’ Hemd klebte ihm inzwischen durchgeschwitzt am Oberkörper. Ban hatte einen Moment überlegt ihm die Klamotte auszuziehen, aber er wagte es nicht den Älteren zu bewegen. Jede Bewegung schien Virus Schmerzen zu bereiten.
 

Ban saß auf dem Rand des Bettes. Er beugte sich näher, sah Virus an, hob dann aber langsam die Hand. Er wollte seinen Freund berühren, einfach irgendwie Kontakt zu ihm halten. Bans Finger strichen über den Unterarm des Älteren. Hilflos und unsicher. Er griff schließlich nach Virus’ Hand, hielt sie in der eigenen.
 

Der Bandenchef verkrampfte sich. Er drehte sich auf die Seite, beugte sich über den Bettrand und erbrach sich in einen dort bereit stehenden Eimer. Ban konnte nichts weiter tun, als ihm die Haare zurück zu halten.
 

Virus schien ernsthaft krank zu sein…
 

Die Tür zur Hütte öffnete sich und Raikon trat ein. Ban sah auf, warf ihr einen fast hilfesuchenden Blick zu.
 

„Wie geht’s ihm?“, fragte die junge Frau, ehe sie sich über das Bett beugte und sich Virus selbst ansah.
 

„Keine Ahnung. Ich weiß nicht was er hat! Ab und an spuckt er Blut. Meistens dämmert er nur vor sich hin…“ Ban musste sich räuspern. Seine Stimme war in einen hohen Tonfall abgedriftet. Panik. Er hatte langsam einfach echt Panik.
 

Raikon seufzte auf. „Ich kann ihm leider auch nicht helfen“, erklärte sie und sah Ban an. „Aber ich kann dir sagen, dass er stark ist. Außerdem bezweifel ich das er daran sterben wird.“ Mit ruhigen Händen knöpfte sie Virus das Hemd auf.
 

Das waren ja tolle Aussichten. Wenn sie ihm nicht helfen konnte wer denn dann?
 

„Das war der Preis“, erklärte Raikon jetzt weiter. „Für deine Medikamente.“ Sie hatte Virus inzwischen das Hemd restlich ausgezogen und achtlos zur Seite geworfen. Links auf der Brust des Bandenchefs, genau über dem Herzen, prankte ein bösartig aussehendes, lila angelaufenes Muster. Ein großer Fleck, in der Mitte beinahe schwarz, nach außen hin schienen sich feine Adern davon ausgehend über Virus Oberkörper zu ziehen, in feinen Linien und gefährlichen Mustern.
 

Ban wurde schlecht und er musste hart schlucken, während er diese Verfärbung auf Virus’ Oberkörper fassungslos anstarrte.
 

„Er hat das selbst zu verantworten“ Raikon deutete auf eine leere Spritze, welche neben dem Bett lag. Sie war Ban bis jetzt noch gar nicht aufgefallen. Er war so auf Virus konzentriert gewesen…
 

„Er hat sich dieses Zeug injiziert. Direkt ins Herz.“ Raikon deutete auf das Zentrum der bösartig aussehenden Verfärbung auf Virus' Brust. „Er hat sich bereit erklärt das Testobjekt zu spielen. Im Austausch gegen Medikamente. Wenn er die Nacht überlebt, werde ich ihm eine Blutprobe entnehmen und diese wird nach New Heaven gesendet werden. Und damit ist dann gewährleistet, dass du von dem Medikament das du benötigst, jederzeit Nachschub bekommst, falls das nötig werden sollte.“
 

Ban traf der Schlag. Er sank in sich zusammen, starrte Virus nur an und versuchte zu begreifen, was Raikon ihm da gerade erzählt hatte.
 

„Was...?“, hauchte er schließlich leise. Das war doch nicht ernst gemeint, oder?

Er drehte sich zu Raikon um und sah sie an, als hätte sie sich gerade einen sehr schlechten Scherz erlaubt. „Das ist nur eine Vermutung, oder?“, hakte er nach, wobei er schon fast davon überzeugt war, dass es stimmte, auch wenn es ihn traurig und wütend zugleich machte.
 

„Nein, keine Vermutung. Er hat es mir erzählt. Für den Fall…“, Raikon verzog das Gesicht. „Für den Fall das ihm etwas passiert. Er wollte das du weißt, wie viel du ihm bedeutest.“ Sie schob sich die Hände in die Hosentaschen.
 

Warum erzählte sie ihm so etwas?

Und warum zum Teufel hatte Virus das getan!?
 

„Bleib bei ihm“, meinte Raikon jetzt. „Ich bin sicher er spürt es, wenn du da bist und auf ihn aufpasst. Die nächsten Stunden werden hart, aber ich glaube daran, dass er es überstehen kann.“ Sie lächelte aufmunternd.
 

Wenn Virus Zustand es nicht verhindert hätte, Ban hätte ihn wahrscheinlich geschlagen für das, was er getan hatte. War ihm denn überhaupt richtig klar gewesen, was für ein Risiko er eingegangen war? – Vermutlich schon. Und doch...
 

„Ich lass euch wieder allein“, erklärte Raikon und wandte sich ab.

Ban bekam es nur am Rande mit. Er war inzwischen von der Bettkante auf den kalten Boden gerutscht, hörte, wie Raikon die Hütte verließ, wandte dabei aber nicht einmal den Blick von Virus ab.
 

Ban schüttelte den Kopf. Wie konnte Virus nur…

Er verspürte den Drang seinen besten Freund anzuschreien, ihm vorzuwerfen, was für ein dämlicher Vollidiot er war. Doch er konnte nicht.
 

Virus gab erneut einen leisen Schmerzenslaut von sich. Seine Finger krallten sich in das zerschlissene Laken des Bettes, als müsse er sich irgendwo festhalten.
 

Ban hob die Arme und legte sie auf die Matratze vor sich. Er nahm Virus’ linke Hand in die eigenen, hielt sie erneut fest.
 

Stumm und traurig sah er seinen besten Freund an.

Als ob dieser Anblick nicht schon schlimm genug wäre. Sie wussten ja nicht einmal, welche weiteren Auswirkungen dieses Zeug, dass Virus sich da gespritzt hatte, haben würde.
 

Was, wenn Virus nicht stark genug war?
 

Diese Vorstellung machte Ban fertig.

„Ich hasse dich…“, murmelte er kaum hörbar, als er den Kopf senkte.
 

War das hier denn ihr ewiges Los?

Das sie sich gegenseitig beschützten, immer wieder alles für den jeweils anderen riskierten? Wo würde das denn bitte enden!??
 

„Wehe du lässt mich hier allein…“



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