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Levitation

von

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Akte 4a/ Das Studium

Auf... einfachen Wunsch hab ich mich endlich dazu aufgerafft, das neue Levi-Kapitel hochzuladen, dass schon seit Ewigkeiten fertig und nun schon seit etwa einer Woche komplett verbessert und überarbeitet auf meinen PC vor sich hindümpelt. Was tut man nicht alles, um nicht fürs mündliche Abi arbeiten zu müssen? Aber hey, nach anderthalt unglaublich fleißigen Tagen darf ich mir das gewiss auch mal erlauben. ^_~

Dies ist ein merkwürdiges Kapitel. Es ist nicht so sehr handlungsbetont, aber man erfährt eine Menge über gewisse Charaktere, genauer gesagt über Ronin und Aya. Dinge, die manche vielleicht so nicht erwartet hätten. Hehe. Ich bin gespannt, was ihr dazu sagt. ^____^ Außerdem taucht jetzt endlich mein Lieblingschara auf, den ich sogar fast noch ein bisschen lieber hab als Ravin, und das will schon was heißen! Ich würde mich sehr, sehr, sehr über ein allgemeines Meinungsbild freuen und wünsche allen viel Spaß beim Lesen!

PS: Extra für animexx hab ich ein paar mehr (überflüssige) Absätze reingepackt - bitte nicht dran stören! - und mich außerdem an FF-Codes versucht... für Letztere übernehm ich keine Haftung. ^^;
 

Aya war verwirrt. Ein bisschen verloren, ein bisschen hilflos, in erster Linie aber eben ganz einfach nur verwirrt, zutiefst verwirrt, um genau zu sein, tiefer noch als in jeder anderen Situation, an die sie sich lebhaft genug erinnern konnte, um solch ein für gewöhnlich recht flüchtiges Gefühl wie die menschliche Verwirrung zurück in ihr stets aufs Höchste gefordertes Gedächtnis rufen zu können. Momentan war besagtes Gefühl auch keineswegs flüchtig, scheinbar nicht einmal mehr vergänglich, sondern hatte sich vielmehr inmitten ihrer Brust ein Apartment gemietet (vielleicht das Herz, mit romantischem Blick auf Lungen und Milz und Bademöglichkeiten im Meer der roten Blutkörperchen, ganzjährig beheizt) und es schien sich an diesem Ort auch so unwahrscheinlich wohl zu fühlen, dass es die drohende Abreise mit stoischer Gelassenheit weiter und weiter hinauszögerte.

Es mochte ganz einfach nur daran liegen, dass die junge Wissenschaftlerin in dem doch nicht unbedingt langen Zeitraum der zurückliegenden vierundzwanzig Stunden (abzüglich Schlafenszeiten) einfach viel zu viele Dinge erlebt hatten, die wie eine sintflutartige Sturmwoge über all ihre Sinne hereingebrochen waren. Sie hatte das Paradies gesehen. Einen Menschen getroffen, der durch den Tod gegangen und wieder auferstanden war. War zweimal binnen fünf Minuten von derselben und doch nicht derselben Person an den Rand eines Herzinfarkts getrieben worden. Hatte D geheiratet. Und schließlich war sie einem leibhaftigen Engel begegnet, dem absurdesten, wahnsinnigsten Engel, den sich der unergründliche Geist von Mutter Natur wohl jemals hatte zusammenreimen können. Ganz zu schweigen davon, dass ihr ohnehin schon alles andere als rosarot verklärtes Weltbild bereits seit den frühen Morgenstunden noch einen weiteren, unangenehm tiefen Riss zu verzeichnen hatte...

Jetzt, wo sie auf dem schwarzen, von knapp einem Zentimeter tiefen Linien überzogenen Kunststoffsitz der Kinderschaukel saß und gedankenverloren ein ums andere Mal vor und wieder zurück wippte, erschien ihr alles so... fern. Dabei waren kaum fünfunddreißig Minuten vergangen, seit sie die Türe ihres vorläufig neuen Eigenheimes fest hinter sich verschlossen und vor Gott und der Welt in das knapp zwanzig mal zehn Meter große Viereck ihres rückwärtigen Gartens zurückgezogen hatte. Hohe Buchsbaumhecken sollten sie vor jeglichen neugierigen Blicken abschirmen, doch die oberen Fenster der Nachbarhäuser lagen hoch genug, um selbst diesen treuen, sattgrünen Sichtschutz wieder zunichte zu machen.

Was aber im Grunde genommen alles miteinander sowieso vollkommen hinfällig war - die Hecken ebenso wie die darüber erhabenen Fenster, denn trotz der noch gar nicht einmal so weit fortgeschrittenen Abendstunde brannte hinter keinem einzigen der gläsernen Vierecke mehr Licht. Weder in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft noch in sonst irgendeinem Haus jener breiten, schnurgeraden Straße mit dem schönen Namen Fitzgerald Avenue, ja, im Grunde genommen lag nahezu die gesamte verfluchte Siedlung auf dem gesamten verfluchten Ecliptica-Trabanten in einem Brei milchigen Zwielichts, in dem die warm erleuchteten Fenster von Ayas eigenem Haus ganz seltsam und fast schon ein klein wenig unheimlich verloren wirkten.

Dies lag nicht etwa daran, dass die Bevölkerung des kleinen Planetenanhängsels von irgendeinem kollektiven Schönheits- oder Gesundheitswahn befallen worden war, der die gesamte Einwohnerzahl bereits mit dem ersten Grauschleier der Abenddämmerung zuverlässig ins ergonomisch geformte Bettchen trieb. Ebenso wenig an einem trabantenweiten Stromausfall oder gar an irgendwelchen obskuren bis mysteriösen Umständen, die jedem auch nur ansatzweise phantasiebegabten Menschen ganz unweigerlich ins Bewusstsein treten mussten. Es war nur ganz einfach so, dass sich, während Aya mit gesenktem Kopf und müden Augen in ihrem Garten auf der Kinderschaukel saß, in keinem einzigen der umliegenden Häuser Menschen aufhielten.

Schuld an diesem Zustand vollkommener Isolation war allerdings keine todbringende Seuche, auch kein drohender Krieg oder Meteoriteneinschlag, sondern schlicht und einfach die wenig weltbewegende Tatsache, dass einmal mehr der Sommer über unseren kleinen Trabanten hereingebrochen war und den ausnahmslos gut betuchten Bewohnern (zu knapp 84% Angehörige der gehobenen Mittelklasse, größtenteils Familien) mit dem zarten Lockruf seiner warmen Strahlen ein Lied von Urlaub und Ferien vorgeträllert hatte. Und wenn auf beziehungsweise in Merrywood Ville - Trabant und Stadt trugen nämlich den gleichen Namen - der Sommer lockte, dann gab es für besagte Einwohner kein langes Halten mehr.

So wie sich nämlich in einem weit entfernten Quadranten ein Planet namens Erde fortwährend um einen Stern namens Sonne drehte und wie jeden Abend pünktlich um 18.00 Uhr auf Attrayas wohl beliebtestem IV-Informationssender, INFERIA's Daily Explorer for Attraya, kurz: IDEA, mit dem schon seit knapp 145 Jahren ewig gleichen Gongschlag die Tagesnachrichten eingeläutet wurden, so war es auch auf Merrywood Ville eine Art ungeschriebenes Naturgesetz, dass in der warmen Jahreszeit nahezu alles Leben gen Süden zog. Wer das nicht tat, der fiel automatisch auf. Und aufzufallen, das war für die Bewohner Merrywood Villes in etwa gleichbedeutend mit Pest, Cholera, Milzbrand oder einem atomaren Kriegszustand zwischen INFERIAs militärischer Sondereinheit MATRIX und dem als besonders kaltblütig bis brutal eingestuften Grenzschutzkommando Border Secure des angrenzenden Rho-Quadranten.

Nun ergab sich also aus dem grotesken Diorama dieses vollkommen wolkenlos blauen Grinsehimmels, dieser endlosen Reihen schneeweißer Häuser, die sich wie ein Ei dem anderen glichen, und der allgegenwärtigen vollkommenen Verlassenheit ein Bildnis von wahrhaft unvergleichlicher Tristesse, die einem allerdings auf den ersten Blick noch voll und ganz verborgen blieb. Ja, zunächst einmal war alles wunderschön, unfassbar schön, und erst nach und nach enthüllte sich das unterschwellige Grauen, das hinter einer blendend weißen Fassade sorgsam verborgen lag. Es drang in die Adern ein wie ein schleichendes Gift und breitete sich dann langsam aber sicher im ganzen Körper aus, ohne dass der Todgeweihte überhaupt Notiz davon nehmen konnte.

Und mit jeder Sekunde, die es dort zwischen Organen und Knochen und Bindegewebe verbrachte, entfaltete es unbemerkt seine zerstörerische Wirkung, wurde schwerer und schwerer, bis es schließlich seinen hilflosen Wirt wie Zentner von Blei zu Boden zerrte. Kurzum: Alles schien mit einem Mal bedrückend, die an und für sich recht freundlichen Dinge noch ungleich mehr als die offensichtlich hässlichen und trostlosen, und Aya war blindlings in diesen Strudel aus Finsternis hinabgetaumelt. Jetzt saß sie da, gefangen in einem Sog, dem sie sich nicht mehr entziehen konnte, und scharrte mit ihren nackten Füßen (die neuen weißen Stilettos hatte sie ausgezogen und neben dem hölzernen Gestell der Schaukel im Gras abgestellt) sinnlose Linien in die sandige Erde, ohne wirklich Notiz davon zu nehmen, dass sie es tat.

Ein einziger Tag, nur ein einziger Tag, und es war soviel passiert, dass sie keine Scheu davor hatte, von einem der ereignisreichsten Tage in ihrem ganzen Leben zu sprechen. Wenn sie all das, was im Endeffekt geschehen war, schon am frühen Morgen und in dem Augenblick geahnt hätte, als ihr Wecker sie mit seinem immer gleichen Piepston aus ihren vergleichsweise langweiligen Träumen gerissen hatte, vielleicht wäre sie ganz einfach liegen geblieben und gar nicht erst aufgestanden. Aber natürlich war sie zu diesem Zeitpunkt noch vollkommen ahnungslos gewesen, und im Grunde genommen war es ja fast schon wieder lächerlich.

Es hatte alles so harmlos angefangen...
 

Die Luft war kühl gewesen an diesem Morgen, angenehm kühl. Was sich im Laufe des Tages natürlich noch ganz gewaltig ändern sollte, aber wen kümmerte das schon? Es war ein schöner Morgen. Ein Morgen, an dem sich Sonnenstrahlen zwischen den silbergrauen Metallstreben der Jalousien hindurchschlichen und wunderschöne Muster aus tanzendem Licht in die Staubteilchen der Schlafzimmerluft zeichneten. Ein Morgen, an dem das IV-Gerät ausnahmslos Lieblingslieder spielte und an dem das Zimtcappuccino-Instantpulver ausnahmsweise einmal keine Klümpchen in der warmen Milch bildete.

Beim Duschen hatte Aya auf Anhieb eine angenehme Wassertemperatur erwischt, auf dem Weg zur Arbeit war sie mit ihrem Gleiter in keinen einzigen Stau geraten (nicht einmal auf dem Northern Loop-Overdrive) und sie hatte auch - oh Wunder! - nach nur anderthalb Minuten einen Parkplatz im firmeninternen Parkhaus finden können, ohne sich an einer der zahlreichen tückischen Ecken und Biegungen den Lack ihres treuen Gefährts und Gefährten abzuschleifen. Und zur gelungenen Krönung dieses filterkaffeewerbungshaften Supermorgens hatte D sie dann schließlich nicht nur mit einem strahlenden Lächeln, sondern auch noch mit einer überquellend dicken Akte in der Hand empfangen und mit diesem sicherlich nicht ganz leichten Ungetüm ein ums andere Mal in seiner weltvergessenen Euphorie fast unmittelbar vor Ayas Gesicht herumgewedelt.

Um einen ganz unwahrscheinlich tollen Auftrag sollte es sich da handeln, nicht zu vergleichen mit allem bisher da Gewesenen, mehr mit einer dieser nicht ganz unblutigen 22.15 Uhr-Mistery-Serien, die gerade insbesondere unter der jugendlichen, aber auch der jüngeren arbeitenden Bevölkerung solch ein beispielloses Revival erlebten. Die dunklen Augen des jungen Mannes hatten fortwährend geblitzt und gefunkelt und nicht nur die Geschwindigkeit, sondern auch der überschwänglich begeisterte Tonfall seines Redeflusses hatten Aya mehr als nur einmal daran zweifeln lassen, ob sie nicht tatsächlich einen überaus gut verkleideten Ronin vor sich stehen hatte.

Trotz allem war die ohnehin schon unbändige, grenzenlose Neugierde der Wissenschaftlerin nicht zuletzt durch dieses selbst für Ds Verhältnisse noch ungewöhnlich übersteigerte Ausmaß an guter Laune nur zusätzlich angefacht worden, und so hatte sie sich bei der erstbesten Gelegenheit mit einer Tasse Kaffee und einem Stück Käsekuchen aus der Mitarbeiterkantine bewaffnet samt Akte auf eine einsame Bank im an die INFERIA-Tower anschließenden Park zurückgezogen. Mittlerweile war es wärmer geworden, deutlich wärmer, aber doch immer noch nicht unangenehm heiß, und nachdem Aya sich die Ärmel ihres schneeweißen Laborkittels zurückgekrempelt und kurzerhand die drei obersten Knöpfe ihrer hellblauen Bluse geöffnet hatte, da begann sie sogar, sich an ihrem Platz zwischen Hecken, Metallmüllkörben und künstlichen Rasenflächen so richtig herrlich wohl zu fühlen, obwohl der Kaffee ihrer Meinung nach zu sehr nach Milchpulver und der Kuchen wie üblich ein bisschen trocken schmeckte.

Nachdenklich musterte sie die glänzend schwarze Oberfläche der Akte, die ihr auf solch feierlich vergnügte Weise überreicht worden war. Der Einband sah recht teuer aus, war aber durch die rücksichtslose Überstrapazierung des zur Verfügung stehenden Innenraumes ausgebeult und zerfleddert worden, wodurch das ganze Gebilde einen einerseits recht trostlosen, aber doch gleichzeitig auch irgendwie sympathisch unordentlichen Eindruck machte. Aya fuhr ein-, zweimal mit ihren dunkelrot lackierten Fingernägeln über das glatte Material, dann stellte sie ihren Kaffeebecher und den Kuchenteller neben sich auf die weißen Kunstholzstreben der Parkbank und nahm die Akte zur Hand.

Es fiel ihr zunächst einmal alles andere als leicht, sich inmitten der zahllosen, nicht unbedingt pedantisch sortieren Blätter zurechtzufinden, von denen zu allem Überfluss auch noch mindestens jedes zweite per Büroklammer mit irgendeinem oder auch mehreren Anhängseln versehen worden war. Mehr als nur einmal flogen ihr kleine Fotos und Zettelchen entgegen, die man scheinbar einfach lose zwischen die Seiten gesteckt hatte, und etliche von ihnen zeigten ihr ein Haus, wieder und wieder dasselbe Haus, an dem sich von Bild zu Bild bestenfalls noch bedeutungslose Kleinigkeiten veränderten. Erst auf den dritten, vierten Blick fiel ihr auf, dass die Häuser unterschiedliche Hausnummern trugen und sich ganz einfach nur verflucht ähnlich sahen, wobei das Wort ähnlich bereits deutlich mehr Individualität zum Ausdruck brachte, als es im Angesicht dieser wahrhaftigen Zwillingsbauten noch gerechtfertigt gewesen wäre.
 

Aya war gerade damit beschäftigt, sich über eine kleine Horde von Gartenzwergen zu amüsieren, die zwischen dem schneeweißen Zaun eines Vorgartens und der makellos weißen Front des zugehörigen Hauses eher wie eine grotesk deformierte Kolonie von Strafgefangenen aussah, die sich mit Schaufel, Schubkarre und Spitzhacke zum Ausbruch aus ihrem suburbanen Gefängnis aufgemacht hatten, als sie mit einem Mal ein leises, vergnügtes Kichern vernahm und aufblickte. Knapp einen Meter vor ihr stand Ronin. Seine dünnen Beinchen endeten in schweren grauen Schnürstiefeln und waren ansonsten in eine knielange schwarze Hose gehüllt, die von sage und schreibe drei Nietengürteln geziert wurde. Außerdem trug der Weißhaarige ein bauch- und ärmelfreies, dunkelgraues Kapuzenshirt mit einem Reisverschluss und einem neongelben Kanji auf einer Tasche unmittelbar über seinem Herzen. Seine bleichen Hände steckten in fingerlosen Handschuhen, die mit Nähten desselben leuchtenden Gelbs verziert, größtenteils aber in Schwarz gehalten waren.

"Tag, Aya", grinste er und fuchtelte mit seiner Rechten vor dem Kopf der jungen Wissenschaftlerin herum, was wohl ein ganz besonders fröhliches Winken darstellen sollte. "Cool, ich seh grad, dass du die Akte ja schon gekriegt hast. Weißt du, ich hab das Ding nämlich heute Morgen samt Auftrag überreicht bekommen und ich war ja soooooo unvorstellbar aufgeregt, weil immerhin ist das ja auch der allerallererste Auftrag, den ich überhaupt jemals bekommen habe, ich meine so ganz persönlich und in die eigenen Hände und somit auch zumindest in einem moralischen Sinne in meine eigene Verantwortung, was jetzt natürlich nicht heißen soll, dass ich für die anderen Aufträge, von denen du mir nur erzählt hast, nicht in gleichem Maße verantwortlich gewesen wäre, und du erzählst ja auch ganz ausnehmend gut und lebendig und witzig, aber ich fand das eben einfach nur so toll und so aufregend und... hast du's dir schon durchgelesen?"

"Ähm - was?" Aya blinzelte Ronin etliche Male fragend an, während ihre Gedanken sich redlich bemühten, seinem wieder einmal ganz besonders reißend schnellen Redefluss wenigstens im Nachhinein noch folgen zu können. Was ihr natürlich nicht gelang, weshalb sie sich auch rasch auf eine andere Taktik besann, um wenigstens ein klein wenig Zeit zu gewinnen. Sie stellte ihr karges Frühstück mit einer betont zuvorkommenden Geste auf dem sandigen Boden zu ihren Füßen ab, zauberte sich ihr strahlendstes Lächeln auf die tiefrot geschminkten Lippen und klopfte in vollkommen übertriebener Weise auf den freien Platz zu ihrer Linken.

"Jetzt setz dich doch erst einmal. Ich finde das immer so furchtbar ungemütlich, wenn bei einer Unterhaltung der eine steht und der andere sitzt... man kann sich auch nicht so recht in die Augen sehen, und außerdem komme ich mir da immer ganz furchtbar unhöflich vor. Das ist wie in der Metro. Ich habe selber gerade die Nacht im Labor hier verbracht, habe bis in die frühsten Strahlen der Morgensonne hinein gearbeitet - die ich dort unten freilich nicht sehen konnte - und danach packte mich auch noch der Shoppingdämon und ich trage mindestens fünfzig Einkaufstüten nach Hause und meine Füße sind halb tot und meine Arme und meine Schultern und mein Rücken und ich selbst eigentlich auch. Und dann kommt da so ein altes Großmütterchen hineingeschlurft und ich sehe sie und sofort fühl ich mich schlecht, weil ich sitze und sie... schlurft. Natürlich stehe ich dann trotzdem nicht auf, ich bin ja keine barmherzige Nonnenschwester oder so etwas, aber... du verstehst was ich dir sagen möchte, oder?"

Ronin machte eine Kopfbewegung, die so ziemlich alles und nichts hätte heißen können, und ließ sich dann mit einem tiefen Seufzer neben der etwas gequält lächelnden Aya auf das helle Kunstholz sinken. Sein schulterlanges weißes Haar trug er zu einem höchstwahrscheinlich bewusst auf unordentlich getrimmten Pferdeschwanz zusammengebunden. Er streckte seine immer wieder erschreckend dünnen Beine weit von sich, ließ seinen Kopf in den Nacken fallen und schloss seine blutroten Augen. In dieser durch und durch entspannten Position verharrte er etliche Momente, dann hob sich seine Brust in einem tiefen Atemzug und er wandte mit sichtlicher Mühe seinen Kopf in Ayas Richtung.

"Entschuldige, aber mit mir ist grad irgendwie noch nicht allzu viel anzufangen, fürchte ich... ich bin nämlich so ein ganz kleines bisschen müde, weißt du? Also gut, ich gestehe, eigentlich ist es sogar ein ziemlich sehr großes bisschen und ich bin ja auch ganz objektiv betrachtet wieder mal selber schuld an dem ganzen Unglück, das doch im Übrigen eigentlich und genau genommen überhaupt keines war, da ich nämlich trotz allem viel Spaß hatte letzte Nacht, und die schönen Erinnerungen habe ich mir ja bis heute behalten können, die kann mir auch niemand mehr wegnehmen und außerdem bin ich jung, vielleicht nicht so jung, wie ich aussehe, aber immer noch jung genug um das Recht zu haben, ab und an um die Häuser zu ziehen, man kann ja auch nicht immer nur schlafen, wobei so gute anderthalb Stunden dann wohl doch auch für mich ganz entschieden zu wenig waren... ein Fehler, ein ganz schlimmer Fehler..."

"Anderthalb Stunden?" Aya zog beide Augenbrauen hoch und musterte eingehend das Gesicht des kindlichen Weißhaarigen, das ihr zwar ein klein wenig erschöpft und so bleich wie immer, aber in keinem Fall außergewöhnlich mitgenommen entgegenstrahlte. Natürlich fanden sich da zwei unschöne Schatten unter den blutfarbenen Augen, aber die waren eigentlich immer da, ebenso wie die auffallend schmalen Wangen und die ganz leicht hängenden Augenlider. "Himmel, wie machst du das? Ich meine... du siehst jetzt nicht wirklich nach nur anderthalb Stunden Schlaf aus... gut, du siehst ja im Grunde genommen immer nach nur anderthalb Stunden Schlaf samt mörderischem Kater aus, aber du siehst heute eben nicht mehr als sonst nach nur anderthalb Stunden Schlaf samt mörderischem Kater aus... ich wiederhole mich."

"Stimmt, aber Kater habe ich trotzdem keinen, auch wenn du's gleich zweimal hintereinander sagst!" Ronin lachte. "Das klingt jetzt vielleicht ein wenig seltsam und irgendwie großkotzig, aber ich war eigentlich überhaupt noch nie in meinem ganzen Leben auch nur ansatzweise verkatert oder betrunken, und mit diesen Worten möchte ich auch überhaupt nicht den Eindruck von mir erwecken, dass ich ganz einfach keinen Tropfen Alkohol anrühren würde und deshalb überhaupt nicht weiß, was ein Rausch ist oder wie man dieses Wort denn eigentlich buchstabiert, wobei Letzteres ja nun doch nicht unbedingt zu den allergrößten Geistesanstrengungen zählt, aber zu Ersterem muss ich jetzt mal ganz offen und ehrlich gestehen, dass ich ab und an doch ein kleines bisschen zu tief ins Gläschen blicke, viel zu tief, vielleicht tiefer und öfter als die meisten anderen Menschen es so im Allgemeinen zu tun pflegen, und manchmal mache ich auch noch Schlimmeres, auf das ich aber lieber erst gar nicht eingehen möchte, sondern... oh, ich glaub, jetzt hab ich den Faden verloren."

Aya runzelte die Stirn, obwohl sie ganz genau wusste, dass sie davon eines nahenden Tages unschöne Falten zurückbehalten würde, und unterzog den kindlichen Weißhaarigen einer kritischen Musterung.

"Du sprachst gerade von Alkohol und seinen Auswirkungen auf dich. Beziehungsweise seinen Nicht-Auswirkungen. Was auch immer."

"Oh... ja klar... was ich damit eigentlich sagen wollte, ist, dass ich... aus irgendeinem Grund von allen negativen Auswirkungen sämtlicher legaler und illegaler Drogen gnädigerweise verschont bleibe, egal wie viel von dem Zeug ich meinem armen Körper zumute. Das soll jetzt nicht heißen, dass ich schon alle legalen und illegalen Drogen ausprobiert hätte, nur eben ein paar... legale, meine ich, legale!!! Ich bekomme dann auch immer ganz ungemein gute Laune und es ist echt toll, aber das Leiden am nächsten Morgen... oder gar ein Suchtproblem... nein, das kenne ich nicht."

Die junge Wissenschaftlerin blickte ihrem grinsenden Mitarbeiter etliche Sekunden lang schweigend in die blitzenden Augen. Sie fühlte sich ein bisschen so, als ob ihr Kopf immer noch in hohlen, lichtdurchfluteten Tagträumen schweben würde, während ihr Körper unveränderterweise auf der nicht einmal wirklich bequemen Bank am Fuße ihres architektonisch sicherlich einzigartigen Arbeitsplatzes weilte und blöde lächelnd in eine belebte Leere starrte, die eigentlich überhaupt nicht existierte. Es war ja auch im Grunde genommen gar nicht so, als ob sie sich über das tatsächlich Alter ihres weißhaarigen Mitarbeiters nicht längst schon im Klaren gewesen wäre, aber...

Aber aus irgendeinem Grund hatte sie den Rotäugigen nach getaner Arbeit im Geiste doch immer in irgendein kitschig verspieltes Apartment hüpfen sehen, ein Kinderlied und ein strahlendes Lächeln auf den farblosen Lippen. Sein Bett teilte er mit einer ganzen Armee von Plüschtieren, die Bettdecke war wahlweise mit quietschgelben Entchen oder kindisch vereinfachten Raumstationen und Astronautenbildchen übersäht und an der niedrigen Decke über ihm hing ein putziges kleines Mobile, um sanft rotierend über den süßen Schlaf des müden, müden Ronin wachen zu können.

Natürlich war das nicht unbedingt eine ganz lebensnah realistische Vorstellung von dem Lebensstil eines zweiundzwanzigjährigen jungen Mannes, aber es gab eben doch noch das eine oder andere Gebiet, auf dem Aya überhaupt nicht lebensnah und realistisch sein wollte. Ronin gehörte dazu. Und die bloße Vorstellung, dass sich dieses manchmal zwar unbestrittenerweise fürchterlich nervtötende, aber doch trotz allem - oder gerade deswegen? - so unendlich putzige kleine Kerlchen auch nur in die nächste Nähe eines so profan erwachsenen Undings wie Alkohol wagen konnte, das erschien zumindest ihr persönlich nicht sehr viel weniger erschütternd als der Anblick eines grinsenden Ravins, der mit einer Dose Bier in der einen und einem Barbecuespieß in der anderen Hand gemeinsam mit D auf irgendeiner Grillparty schweinische Zoten zum Besten gab.

"Du machst Witze", war alles, was sie überhaupt noch irgendwie hervorbringen konnte. Ronin machte große Augen und legte sich einen Finger an seine Lippen.

"Hm... eigentlich... nein. Wenn ich einen Witz auf deine Kosten machen wollte, dann würde ich es wohl eher mit irgendeinem lustigen Sprachspiel versuchen, so was finde ich einfach toll und ich hab das auch erst kürzlich wieder mal gemacht, musst du wissen, da ging es aber um D und ich habe diesen Gleichklang von D und die, also einmal ,D' als Name und einmal ,die' als bestimmten Artikel ausgenutzt, aber irgendwie hat dann außer mir keiner so recht gelacht und da kam ich mir ein wenig dumm vor und habe deshalb gleich wieder vergessen, wieso ich überhaupt auf dieses Wortspiel gekommen bin und..."

"Ronin - es ist gut." Aya hob abwehrend beide Hände, wie um sich vor dem scheinbar gar nicht mehr enden wollenden Wortschwall zu schützen, der da aus Ronins bleichem Mund über sie hereinprasselte. Sie stieß einen leisen Seufzer aus und rückte leicht nervös ihre Brille zurecht, bevor sie in unüberhörbar resigniertem Tonfall weitersprach. "Ich glaube dir ja! Aber bitte lass mich das alles noch einmal kurz überdenken, eine alte Aya ist ja immerhin kein Hochgeschwindigkeitsexpress. Habe ich richtig verstanden, dass du trinken kannst, soviel und was auch immer du willst, ohne in den anschließenden Genuss eines Vollrausches oder Katers zu kommen? Aber wieso denn auch? Meine Güte, es gibt ja so viele überflüssige Reaktionen des menschlichen Körpers, ich denke da nur mal an Seitenstechen oder gar an diese nervige Vorrichtung namens Atmung, die es uns doch tatsächlich zu verbieten wagt, bis in alle Ewigkeiten unter Wasser zu bleiben. Brauchen wir so was? Nein! Ich sage - weg damit!"

Die Wissenschaftlerin seufzte erneut, allerdings deutlich unwilliger als zuvor, als sie das Lächeln auf Ronins Gesicht bemerkte, mit dem er ihren Redefluss schweigend, nur gelegentlich amüsiert nickend verfolgt hatte. Er antwortete nicht sofort, und als er es tat, da vergaß Aya sogar, sich noch länger über die ekelhaft gnädige Milde in seinen roten Augen aufzuregen. In der Stimme, aber auch in der gesamten Mimik ihres kindlichen Mitarbeiters lag mit einem Mal etwas ganz und gar ungewohnt Ruhiges, Unaufgeregtes, das Aya trotz seiner unveränderten Fröhlichkeit auf seltsame Weise erschreckte.

"Aya, du bist immer so lustig, wenn du anfängst, dich aufzuregen!", lachte er, ohne dabei übermütig zu klingen, und in seinem Blick lag nun eine ganz und gar nicht mehr kindische Wärme. "Aber ich habe schon so viel von dir gelesen, früher, und jetzt kenn ich dich ja mittlerweile persönlich auch schon einigermaßen gut, wenigstens gut genug, um zu wissen, dass du nicht nur unheimlich Stil und tolle Beine hast, sondern dass du auch wahnsinnig intelligent und ja sozusagen eine Koryphäe auf mehr als nur Gebiet bist und deshalb... hältst du mich wirklich noch für einen ganz normalen Menschen? Echt jetzt?"

"Ich..." Aya schluckte, und mit einem Mal wusste sie nicht mehr so recht, was sie sagen sollte. Der Tag, an dem sie sich mit D über Ravin und sein Dasein als Cyborg unterhalten hatte, lag noch nicht allzu lange zurück, und immer noch erwachte solch ein überaus seltsames Gefühl in ihrer Brust, wenn sie in die eisig kalten Augen des jungen Soldaten blickte und sich dann einen gewissen Satz ins Gedächtnis zurückrief, der bei ihr wahrscheinlich einen vollkommen anderen Eindruck hinterlassen hatte, als es eigentlich in Ds Absicht gelegen hatte.
 

Die haben irgendetwas mit ihm gemacht, weißt du?
 

Irgendetwas...

Aya hatte viel zu lange und mit viel zu großem Erfolg Humantechnologie studiert, um diesem Satz noch in irgendeiner Weise naiv und verharmlosend gegenüberstehen zu können, und vielleicht war auch das der Grund, warum sie mit einem Mal überhaupt nicht mehr erfahren wollte, durch was genau sich Ronin denn nun eigentlich von jenem gewöhnlichen Menschen unterschied, für den sie ihn sowieso niemals wirklich gehalten hatte. Merkwürdigerweise hatte sie sich ausgerechnet bei dem viel zu perfekten, viel zu schönen, viel zu gefühllosen Ravin in eine wohl mehr gleichgültige als wirklich verblendete Irre leiten lassen, die ihr in Ronins Fall von Anfang an verwehrt geblieben war.

Natürlich war ihr der merkwürdige Weißhaarige, der nicht nur für das ungeübte Auge immer noch mehr wie ein Kind als wie ein erwachsener Mann aussah, von Anfang an irgendwie verdächtig gewesen, lange bevor Ravin sie darauf aufmerksam gemacht hatte. Es war nur ganz einfach so, dass es ihr angesichts der unzweifelhaft herausragenden Fähigkeiten, über die Ronin nun einmal verfügte, eigentlich vollkommen egal war, ob es sich in seinem Fall nun um einen ganz normalen Menschen handelte oder eben nicht. Im Gegenteil: Wenn irgendetwas mit Ronin nicht stimmte, dann sollte dieses irgendetwas eben nicht stimmen und es damit bitteschön auch gut sein lassen, denn sie für ihren Teil wollte es nicht wissen, sie wollte es einfach nicht wissen, obwohl oder gerade weil Ronin sie bei seinen Worten so unentwegt harmlos angelächelt hatte.

"Nein, das habe ich nicht", antwortete sie schließlich wahrheitsgemäß, und bemühte sich dabei um einen neutralen Tonfall, um nicht nur möglichst wenig, sondern vor allem nicht gerade genau das Falsche auszudrücken. "Aber ich bin auch Wissenschaftlerin genug, um zu wissen, wie viele Gendefekte es im menschlichen Organismus doch geben kann... auch solche, die ohne irgendwelche merkwürdigen Störungen im Alkoholabbau vonstatten gehen, über die ja scheinbar seit Neustem jeder in meiner näheren Umgebung zu verfügen scheint. Ravin bringt sich mit ein, zwei Schlucken gleich beinahe unter die Erde und du merkst von dem ganzen Spaß ja scheinbar... überhaupt nichts. Ich frage mich, was passiert, wenn D sich einmal betrinken möchte. Möglicherweise läuft er purpurfarben an und ihm springen dann kleine grüne Erdmännchen aus den Ohren oder so etwas Ähnliches..."

Ronin schlug sich eine Hand vor den Mund und prustete im nächsten Moment auch schon lautstark los.

"Erdmännchen!", stieß er kichernd hervor, und kicherte und kicherte dann immer weiter, bis irgendwann Tränen in seinen großen roten Triefaugen standen. Er schnappte nach Luft, räusperte sich und klopfte sich zweimal mit der flachen Hand auf die Brust, bevor er seine Fassung wieder einigermaßen zurückerobern konnte. "Aya", keuchte er dann, "ich möchte wissen, woher du immer diese Ideen nimmst, die sind... wirklich phänomenal...eigentlich ja vollkommen bescheuert und so, aber gerade deshalb könnte ich mich darüber totlachen, gerade weil ich so wenig geschlafen habe und mich eh so ein bisschen dusslig im Kopf fühle und ich jetzt, wie ich glaube, über so ziemlich alles lachen könnte... was nicht heißen soll, dass deine Witze, sofern man sie überhaupt als Witze bezeichnen kann, weil sie ja keine gezielt pointierten, zur Erheiterung konstruierten Anekdoten, sondern mehr spontane und meist recht sarkastische Anmerkungen und Einwürfe sind, deswegen in irgendeiner Art und Weise weniger genial wären, als sie ganz unbestreitbar sind."

"Oh... danke..." murmelte Aya und rang sich ein Lächeln ab, das auch prompt erwidert wurde. Allerdings auf eine ungleich strahlendere, ausgelassenere Art und Weise, als sie es angesichts ihrer momentanen Situation, der doch noch recht frühen Morgenstunde und der letzten trockenen Kuchenbrösel, die noch irgendwo in ihrer Mundhöhle hängen geblieben waren, um sich dort mit dem schalen Nachgeschmack des Automatenkaffees zu einer doch eher verhaltenen Gaumenfreude zu vereinigen, wohl jemals zustande gebracht hätte. Irgendetwas an diesem Lächeln und überhaupt an dem ganzen Ausdruck auf Ronins Gesicht machte der jungen Wissenschaftlerin ganz unmissverständlich klar, dass er soeben wortlos das Thema gewechselt hatte, was ihr selbst auch alles andere als unrecht war, all ihrer ungebrochenen, scheinbar auch unbezwingbaren Neugierde zum Trotz.

"Bitte, bitte, ich finde, Komplimente muss man immer genau in dem Augenblick aussprechen, in dem sie einem auf die Zunge kommen, sonst wirken sie nämlich unecht, aufgesetzt, verkünstelt und somit nicht mehr als die schmeichelnden, das Ego des anderen auf ehrliche Weise stärkenden Worte, als die sie gedacht worden waren", verkündigte Ronin mit erhobenem Zeigefinger und schlug sich noch im nächsten Moment erneut eine Hand vor den Mund, als sich sein Gesicht zu einem ausgiebigen Gähnen verzog.

"Na? Müde?", lächelte Aya auf boshaft zuckersüße Weise und stieß dem Kleineren leicht mit ihrem Ellenbogen in die Seite. "Man zieht aber auch nicht bis... ungefähr Sechs Uhr morgens um die Häuser, wenn man am nächsten Tag einen unvorstellbar wichtigen Job zu erledigen hat, weißt du?"

"Gar nicht bis Sechs Uhr morgens", grummelte der Weißhaarige, während er sich erneut die Tränen aus seinen großen roten Augen wischte, die diesmal allerdings von Müdigkeit, nicht von Heiterkeit hervorgerufen worden waren. "Es war gerade Mal halb Drei!"

"Halb Drei?", echote Aya ungläubig. "Meine Güte, wann stehst du auf?"

"Wie... wann steh ich auf? Ich... wohn nich weit von hier und deshalb stell ich meinen Wecker immer auf Acht. Acht ist eine schöne Zahl und ich könnte dir einiges darüber erzählen, da ich mich zufällig in den letzten Jahren meines Lebens unter anderem auch mit der faszinierenden Wissenschaft der Numerologie beschäftigt habe, aber auch ohne langen Vortrag sehe ich auf gar keinen Fall auch nur einen einzigen triftigen Grund, sich von einer Zahl wie der Acht derart erschüttern zu lassen wie du in diesem Augenblick, vorausgesetzt ich deute deinen Blick gerade richtig, und außerdem fällt mir auf, dass du, als du begonnen hast, mich mit einer derartigen Entgeisterung in den Augen anzustarren, noch gar nicht mal gewusst hast, dass ich jeden Tag um Acht Uhr aufstehe, was ja auch logisch ist, wenn man bedenkt, dass du sonst, wenn du es denn nun gewusst hättest, dich wohl nicht extra noch danach erkundigt hättest... entschuldige. Mein Fehler!"

"Aber... Ronin, ich bin mir nicht ganz sicher, welche Zeitskala du da gerade eben verwendest hast, aber von halb Drei bis Acht, das sind nicht anderthalb Stunden... oder was hast du so lange noch gemacht? Ich dachte, du wärst um die Häuser gezogen?"

"Bin ich auch."

"Ja... und dann?"

"Ach... jetzt versteh ich!" Der Weißhaarige schüttelte seinen Kopf und stieß ein helles, befreites Lachen aus. "Es ist aber auch faszinierend, wie sehr man aneinander vorbeireden kann! Nein, ich bin heimgekommen und danach natürlich nicht sofort ins Bett gegangen, das wäre ja auch ziemlich unhöflich gewesen, immerhin war ich nicht allein, und bevor es zu weiteren Missverständnissen kommt, mein Besuch ist auch eigentlich gar nicht die ganze Nacht geblieben, denn ich wusste ja, dass ich nicht frei habe heute und ich besitze doch immerhin auch so etwas wie ein Verantwortungsbewusstsein, aber ich hatte einfach keine Lust, auf dem Sofa zu schlafen, denn mein Sofa ist unbequem und ich habe jedes Mal Nacken- und Rückenschmerzen, wenn ich wieder aufwache, also hat es mich eben noch einmal mindestens eine Stunde gekostet, um mein Bett neu zu beziehen und ich musste dann auch noch das Wachs so ein bisschen von dem alten Laken abkratzen, das geht sonst nämlich niemals wieder ab, wenn man's einfach so in die Waschmaschine schmeißt, und das Fleckenmuster sieht zwar unter Umständen eigentlich ganz hübsch aus, aber es ist leider furchtbar ungemütlich auf der Haut und ich hab mir auf diese Weise mal eine ganz neue Seidenbettwäsche ruiniert und das war total ärgerlich."

"Na gut, dann sei es dir noch ein allerletztes Mal verziehen, ausnahmsweise nicht vierundzwanzig Stunden am Tag an nichts anderes als deine Arbeit gedacht zu haben", lachte Aya kopfschüttelnd. "Wobei ich solch eine... doch nicht unbedingt vor Witz und kultiviertem Esprit vor sich hinsprühende Art der Ausrede eigentlich eher von D als von dir erwartet hätte... aber irgendwie macht ihr heute ja andauernd irgendwelche Sachen, die ich ganz spontan wohl erst einmal dem jeweils anderen zugeschrieben hätte. Kerzenwachs! Waren vielleicht auch noch Lederpeitsche und Handschellen im Spiel?"

Schon die bloße Vorstellung von Ronin, der kindlichen Domina, entlockte Ayas Brust ein weiteres übermütiges Kichern - ein Kichern, das ihr allerdings bereits im nächsten Augenblick gründlichst im Hals stecken blieb, als sie mit einem Mal den zarten Hauch von Dunkelrot bemerkte, der sich auf die mehr als schneeweißen Wangen ihres kindlichen Mitarbeiters gelegt hatte. Seine Finger nestelten nervös an dem hinteren Teil seiner Handschuhe herum, und einen Augenblick lang meinte Aya, an seinen dünnen Handgelenken merkwürdige Druckstellen, ja sogar eine winzige Schürfwunde erkennen zu können, was aber natürlich auch ganz einfach nur auf eine seltsame optische Täuschung oder irgendwelche Halluzinationen zurückzuführen sein konnte, verursacht durch den Genuss von unsachgemäß und über einen viel zu langen Zeitraum gelagertem Automatenkaffeemilchpulver.

Sie schluckte, und noch während das warmherzig spöttelnde Lächeln auf ihrem schönen Gesicht langsam aber sicher erstarb, so wie die Funken eines Feuerwerkskörpers, die nach der beeindruckend bunten, farbensprühenden Explosion im grau verrauchten Nachthimmel verglühten, gelang es ihr mit einiger Mühe, den gesenkten Blick des Weißhaarigen wieder aufzufangen und eine gewisse Unbefangenheit in ihre Stimme zurückzuzwingen.

"Das... war kein Witz, oder?"

"Eigentlich... nein...", murmelte Ronin und schenkte seiner jungen Vorgesetzten ein derart unschuldig-verlegenes Lächeln, dass diese augenblicklich wieder an ihrer gerade erst gewonnenen, ohnehin schon ganz und gar unvergleichlich absurden Einsicht zu zweifeln begann. "Aber warum denn auch nicht? Ich muss darauf hinweisen, dass ich in knapp zwei Monaten dreiundzwanzig Jahre alt werde und somit, wie gesagt, nicht nur alt genug, sondern auch gleichzeitig noch jung genug bin, um so etwas... ähm... auszuprobieren, nur, dass er dann im Endeffekt fast doppelt so alt gewesen sein soll wie ich (was man ihm übrigens überhaupt nicht so recht angesehen hat, denn es gibt ja auch weitaus jüngere Menschen, die schon graue Haare haben, und ich fand seine kleinen Fältchen hier und dort auch eigentlich eher interessant und attraktiv), das hat mich dann doch ein klein wenig, sagen wir, überrascht, und dass er verheiratet ist, das hab ich doch auch nicht ahnen können, bis ihm dann beim Abschied der Ehering aus seiner Manteltasche gefallen ist, und... oh... entschuldige, das wolltest du jetzt wahrscheinlich gar nicht hören. Aber er war Arzt, genauso wie du!"

"Oh... das ist ja... toll!" Aya verzog ihre Lippen zu einem zuckrig falschen Grinsen, das nicht ansatzweise seiner Bestimmung gerecht werden konnte, ihre innere Verwirrung doch zumindest ein ganz kleines bisschen überspielen zu können. Dann atmete sie tief durch, atmete gleich noch einmal tief durch und bückte sich hastig nach den kärglichen Überresten ihres noch viel kärglicheren Frühstücks, nur, um überhaupt irgendetwas zu machen.

"Hm... wir sollten vielleicht hineingehen und dann... also, ich wär euch ja schon sehr verbunden, wenn doch vielleicht einmal irgendein Anwesender, ob nun Mensch oder nicht ist mir in diesem Falle eigentlich mehr oder weniger gleichgültig, erklären könnte, worum es bei diesem ach so großartigen Auftrag - denn ich nehme einfach mal an, dass es sich hierbei um einen Auftrag handeln muss, sonst wäre das ganze Aufhebens darum doch irgendwie sinnlos - eigentlich geht, ich verstehe momentan nämlich noch überhaupt nichts. Diese Akte hier", und sie riss das angefledderte Ungetüm mit einer wenig liebevollen Bewegung nach oben und streckte es Ronin geradewegs unter die Nase, "sieht nämlich ganz genau so aus, als ob sie von D geordnet worden wäre, wenn du verstehst, was ich meine..."

"Natürlich tut sie das", entgegnete Ronin schulterzuckend. "Das könnte zum Beispiel auch daran liegen, dass sie tatsächlich von D geordnet worden ist, zumindest mehr oder weniger, sie ist ihm nämlich runtergefallen und war danach wohl ein klein wenig durcheinander geraten und da hat er alles wieder einsortiert, zumindest nannte er das so, reinquetschen würde ich dazu sagen, und ich hoffe jetzt, dass du D auch nicht allzu sehr böse bist, ich hätte dir das nämlich eigentlich gar nicht sagen sollen, er hat mich extra darum gebeten, genau das nicht zu tun, da, wie er meinte, du ihm dafür gleich den Kopf von den Schultern reißen würdest, was ich aber im Gegensatz zu ihm eigentlich nicht so recht glaube, das würde dich auch wahrscheinlich deine Stelle kosten, außerdem werde ich immer so furchtbar redselig, wenn ich müde bin, und momentan bin ich ja, wie ich aber wahrscheinlich schon ein- oder zweimal erwähnt habe, doch immer noch irgendwie müde und... tut mir leid..."

"Entschuldige dich nicht bei mir", entgegnete die dunkelhaarige Wissenschaftlerin und legte missmutig ihre Stirn in Falten. "Entschuldige dich bei der bei der Putzfrau, wenn sie nachher das wegmachen muss, was von D noch übrig geblieben ist..."

Ein leises, unangenehm helles Quietschen ertönte, als die langen Fingernägel der jungen Frau genüsslich über die glatte Oberfläche des Akteneinbandes glitten.

"Aber Aya... ich hab's ihm doch versprochen!", gab Ronin in einem halb verzweifelten, halb weinerlichen Tonfall von sich, und als er sie dann auch noch mit seinen blutroten Triefaugen anstarrte, die riesengroß und flehend in seinem Kindergesicht lagen, als er bittend seine kleinen Hände faltete, deren zugehörige Handgelenke nun, da sie dem Sonnenlicht vollständig ausgesetzt waren, ganz eindeutig Druckstellen und Schürfwunden aufwiesen, da begann im Geiste der jungen Wissenschaftlerin zum ersten Mal der leise Verdacht zu erwachen, dass es ein sehr, sehr absurder Tag sein würde, der da noch so jungfräulich vor ihr lag.
 

Ein Flackern erfüllte den Raum, ähnlich hysterisch wie ein Feuerschein, aber von der Farbe kalten Blaus... eigentlich eher ein blaustichiges Türkis, das darüber hinaus auch nicht etwa natürlichen Ursprungs war, sondern von einem kleinen Projektor stammte, der inmitten des Raumes errichtet worden war und ein riesengroßes Viereck besagter Farbe auf eine ansonsten schneeweiße Leinwand projizierte. Das Gerät war uralt - Aya hatte es in ihren Studententagen auf einem kuriosen Flohmarkt im Universitätsviertel Litonias erstanden - und wäre wohl ohne die liebevolle Pflege seiner Besitzerin längst schon zu Staub zerfallen, doch die dunkelhaarige Frau hatte nun einmal einen Narren an der eigentlich enorm unpraktischen Antiquität gefressen und ließ sie so bei jeder möglichen und unmöglichen Gelegenheit zum Einsatz kommen.

Momentan war es Ronin, der die Befehlsgewalt über das elektronische Relikt aus längst vergangenen Zeiten inne hatte, und es bereitete dem kleinen Weißhaarigen sichtliches Vergnügen, sich neben der momentan noch leeren Leinwand aufzubauen und in bedeutsames Schweigen gehüllt den Moment der größten Spannung abzuwarten, um dann endlich mit seinem Vortrag beginnen zu können. Er ließ seinen Blick über die lichten Reihen seiner Zuschauer gleiten (drei Personen, von denen zumindest eine alles andere als einen interessierten Eindruck machte, die aber dafür das kleine Publikum auf überaus angenehme Art und Weise schon allein durch ihre bloße Erscheinung bereicherte). Strich sich eine seiner Haarsträhnen aus dem Gesicht, die offensichtlich andere Pläne hatte, als sich in die strengen Reihen seines Pferdeschwanzes einzugliedern. Und hob dann endlich das schwarze Rechteck der Projektorfernbedienung, die sage und schreibe genau zwei Knöpfe beheimatete - einen zum Weiterschalten der Bilder, einen, um wieder zu einem früheren Bild zurückkehren zu können, und wenn man beide gleichzeitig betätigte, so ließ sich das Gerät an- oder ausschalten, je nachdem, in welchem Zustand es sich gerade eben befand.

"Kommen wir nun zu unserem heutigen Fall", verkündete Ronin schließlich mit wichtiger Miene und betätigte im gleichen Augenblick zum ersten Mal den Vorwärts-Knopf, was das Bild eines kleinen Planeten oder, was angesichts seiner mangelnden Größe sogar noch um einiges wahrscheinlicher war, Trabanten auf das flimmernde Blau der Leinwand zauberte. "Was wir sehen, meine lieben Zuschauer, ist der Ecliptica-Trabant Merrywood Ville. Ein seltsamer Name, weil es dort nämlich gar keinen Merrywood, geschweige denn überhaupt irgendeinen Wald gibt, sondern nur Häuser. Und zwar..."

Er drückte erneut auf den hellgrauen Knopf und ließ eines der Häuser einblenden, von denen Aya auf ihren ziellosen Streifzügen durch das Chaos der Akte ja schon mehr als genug hatte mit ansehen dürfen. Sie konnte allerdings beim besten Willen nicht mehr sagen, ob das momentan im Großformat auf die Wand projizierte Exemplar ebenfalls unter den zahlreichen Fotografien gewesen war, die sie bereits begutachtet hatte. Gartenzwerge konnte sie jedenfalls keine erkennen und ansonsten lief der Anblick aller Häuser schließlich mehr oder weniger aufs Gleiche heraus.

"...genau solche. Ja, die sehen wirklich alle genau so aus, wie man's immer in diesen Filmen sieht, oft sind das Horrorfilme oder Krimis oder so, weil es ja auch irgendwie was Unheimliches an sich hat, diese vollkommene Konformität und diese immer gleichen, makellos weißen Gartenzäune und Garageneinfahrten, und dann am Bürgersteig, neben dem Zaun und vor der Garageneinfahrt, stehen dann immer diese großen silbernen Briefkästen, die vorne so eine Klappe haben, und die Klappe kann man mit einem Hebel öffnen und die Hebel, die sehen eigentlich auch alle gleich aus. Ich finde, das hat immer was von Fassade, von den Häusern sieht man ja auch nur die blendend weiße Front, und dann fragt man sich doch ganz unweigerlich, was wohl dahinter stecken mag, und genau das ist es dann, was so unheimlich wirkt, aber vielleicht liegt es ja auch doch nur daran, dass es eben all diese Filme und Serien gibt und die Siedlungen sind eigentlich vollkommen unschuldig und tun keiner Menschenseele was zu Leide."

Der Weißhaarige schnappte kurz nach Luft, als sein Redefluss zunehmend in eine Geschwindigkeit geriet, die selbst für seine Verhältnisse offensichtlich zu schnell war. Dann zwang er sich mit sichtlicher und hörbarer Mühe in seinen bedeutungsvollen Tonfall zurück, der jeder Grabesrede eines depressiv verstimmten, achtundsiebzigjährigen Pastors ohne größere Probleme Konkurrenz gemacht hätte.

"So oder so, ich zeige diese Bilder hier natürlich nicht grundlos - kein Mensch legt grundlos solch eine Akte an! - sondern weil es der Schauplatz des Verbrechens ist, um das wir uns kümmern sollen. Und, ich muss betonen, es ist ein großer Fisch, der da an unserer Angel zappelt, ein sehr großer Fisch, und ich gebe auch ganz unverblümt zu, dass es mich stolz macht, dass dieser Fall hier ausgerechnet in unsere Hände gelegt worden ist. Nach dem Schönheitswettbewerb ist unser Team zwar allgemein so richtig populär geworden, aber es gibt doch immer noch solche Klienten und solche Klienten, und unser jetziger Auftraggeber gehört eindeutig zu solchen Klienten, wenn ihr versteht, was ich meine..."

"Eigentlich schon, aber eigentlich auch nicht", seufzte Aya und wickelte einmal mehr eine Strähne ihres langen dunklen Haares um den rechten Zeigefinger. "Weißt du, Ronin, ich habe mir ja schon beinahe gedacht, dass hier nicht alle Welt so einen Trubel um diesen... diesen Fall hier veranstalten würde, wenn es nur darum gehen würde, dass der seit dreieinviertel Jahren arbeitslose Ehemann der Fleischwarenfachverkäuferin vom Supermarkt um die Ecke nicht mehr vom Zigarettenholen zurückgekommen ist!"

"Scharfsinnig wie immer", grinste D und stieß dann im nächsten Augenblick einen dumpfen Schmerzenslaut aus, als Aya eines der Räder ihres Drehstuhles wie zufällig den Weg seines kleinen Zehs kreuzen ließ.

"An diesem Punkt muss ich dazu sagen", fuhr Ronin in von den Nebenhandlungen seiner Zuschauer nicht im Geringsten beeindruckten Tonfall fort, "dass die Frau unseres letzten Opfers leider keine Fleischwarenfachverkäuferin ist, sondern ein berühmtes Fotomodell. Aber bevor ich euch noch weiter im Dunkeln tappen lasse, bitteschön, seht und staunt selbst, mit wem wir es hier leider nicht mehr höchstpersönlich zu tun haben, weil er ja tot ist, aber wer uns zumindest mit etwas Glück ein wunderhübsches Honorar einbringen könnte."

Ein leises Klicken ertönte, als er einmal mehr den Abzug seiner momentan wohl ganz persönlichen Lieblingswaffe betätigte, beziehungsweise herunterdrückte, und dieses Geräusch blieb trotz seiner Kürze nur umso prägnanter im Raum hängen, da ihm erst einmal nichts als vollkommene Stille folgte. Natürlich surrte der laufende Projektor ungerührt weiter, er schnurrte wie ein kleines Kätzchen, und auch der Kaffeeautomat war im Hintergrund fleißig mit Gurgeln und Zischen beschäftigt. Das war aber auch schon alles, denn die Anwesenden schwiegen. Als Aya dann endlich wieder das Wort ergreifen wollte, musste sie feststellen, dass das erst einmal überhaupt nicht möglich war, denn ihre Kinnlade war buchstäblich heruntergeklappt und so brachte sie als wenig intellektuellen Prolog zu ihrer geplanten Rede lediglich ein trockenes Ächzen zustande.

"Das... das ist doch...", stammelte sie, hustete leise und nahm dann rasch einen Schluck von ihrem glücklicherweise in unmittelbarer Nähe stehenden Wasserbecher, bevor sie mit etwas weniger brüchiger Stimme weitersprechen wollte. Wozu ihr allerdings keine Gelegenheit mehr blieb.

"Das ist Francesco de la Stada, letztjähriger Gewinner des interplanetaren Nobelpreises der Biologie, einer der jüngsten Nobelpreisgewinner aller Zeiten, 25 Jahre alt, um genau zu sein, Erschaffer des variablen Impfstoffes, der sich auf Mutationen bestimmter Krankheitserreger einstellen kann, ganz recht, Aya."

Ronin schwieg einige Momente lang und schenkte Aya so genügend Zeit, um das leicht unscharfe Bild des jungen Mannes noch einmal eingehender zu begutachten. Er hatte dunkelblondes Haar, das ihm in wirren Strähnen über seine blitzenden hellblauen Augen hing, und der Ansatz eines Dreitagebarts gab seinem Gesicht diesen typischen Charme eines dezent verrückten Akademikers, was die etwas schief auf seiner Nase sitzende Brille auch nicht unbedingt besser machte. Er lächelte, ein bisschen schüchtern, ein bisschen zerstreut, und aus irgendeinem Grund stimmte es Aya mit einem Mal wehmütig, als sie an die zahllosen Zeitungsmeldungen und IV-Berichte dachte, in denen sie ebendieses Foto in den letzten Wochen weit mehr als nur einmal hatte auftauchen sehen.

"Und... das ist unser Klient?", erkundigte sie sich hastig, bevor ihr altbekannter Freund namens Weltschmerz einmal öfter von ihr Besitz ergreifen konnte.

"Nein", verbesserte Ronin sie mit einem breiten Grinsen auf den wie immer ein bisschen bläulich angelaufenen Lippen, "nicht er, weil er ja bekanntermaßen nicht mehr unter den Lebenden weilt, sondern tatsächlich seine Frau, Anita de la Stada, das derzeit wohl gefragteste Top-Model des Alpha-Quadranten."

"Ja, aber was hat das jetzt mit diesem... diesem merkwürdigen Merryville, oder wie das Ding auch immer geheißen hat, zu tun? Ich dachte, man hätte de la Stada auf dem Weg von der Kennedy Drive-Einkaufsmeile zu seinem Hotel erschlagen! Ich meine... an diese Raubmordgeschichte habe ich ja noch nie so recht geglaubt, aber ich hielt es eben für eine Tat aus... nun ja, beruflichen Gründen. Ein Gegner seiner Arbeit, vielleicht eine dieser militanten Naturschutzgruppen, oder die Konkurrenz aus den eigenen Reihen... wer weiß?"

"Und genau das ist der punctum saliens dieser ganzen Geschichte: Lügen. Medienlügen, um es noch genauer auszudrücken, oder Politikerlügen, je nachdem. Ich war nämlich so frei, ein klein wenig nachzuforschen, und in der Akte steht auch schon so einiges drin. Misses Anita hat ganze Vorarbeit geleistet, Kompliment, die Frau hat wirklich was auf dem Kasten! Scheinbar hat der Bürgermeister von Merrywood Ville, so war nämlich der Name dieses, wie du es nanntest, Dings (ich würde eher Stadt oder Trabant dazu sagen, je nachdem), eine horrende Summe gezahlt, dass in keinem einzigen Mordbericht der Name seiner sauberen kleinen Spießbürgersiedlung auftaucht. Auch sonst wurde hier und dort gekonnt ein wenig herumgepfuscht, Hauptsache es fällt auch bloß kein schlechtes Licht auf Merrywood Ville."

"Oh Vorfreude, das klingt ja schon mal wirklich nach dem optimalen Nährboden für erfolgreiche und fruchtbare Ermittlungen... aber red nur weiter, ich will dich nicht stören."

"Du störst nicht im Geringsten, Aya, und natürlich hast du wieder einmal vollkommen Recht, hinter so eine Mauer des Schweigens zu blicken ist nicht einfach, ganz besonders, wenn man auch noch ausnehmend gut dafür bezahlt wird, es nicht zu tun. Deswegen ist der Fall auch mehr oder weniger ungeklärt ad acta gelegt worden, und man kann sich denken, dass es für die Ehefrau des Opfers nicht unbedingt schön war, dass der Tod ihres Mannes so einfach sang- und klanglos unter den Teppich gekehrt wurde. Wie man sieht, ist die gute Misses de la Stada ja auch nicht bereit dazu, sich mit dieser haarsträubenden Ungerechtigkeit einfach so abfinden zu müssen, und genau das ruft uns auf den Plan."

"Sprich: Wir werden im Gegensatz zu den zuständigen Sicherheitsbeamten nicht etwa dafür besto... bezahlt, die Mauer des Schweigens eine Mauer des Schweigens sein zu lassen und uns ganz brav von ihr fernzuhalten, sondern, im Gegenteil, sie zu durchbrechen und den Schuldigen zu finden, der dieses... Genie umgebracht hat, was ich übrigens immer noch sehr bedauere, denn ich habe de la Stada schon lange sehr bewundert. Wer tut das nicht? Aber jetzt verrate uns doch bitte endlich, wie genau das alles nun mit diesem hübschen kleinen Vorstadtsiedlungsplaneten hier zusammenhängt."

"Dafür bin ich doch hier, teuerste Aya, dafür und aus keinem anderen Grund, außer vielleicht, um dein unbeschreiblich bezauberndes neues Schuhwerk bewundern zu können... Kompliment. Wie auch immer, ich habe ja bereits angedeutet, dass die Leiche eigentlich nicht in irgendwelchen Straßenschluchten von Neo-Midgard gefunden worden ist, sondern tatsächlich auf besagtem Trabanten, der von nun an Ziel unserer ganzen Aufmerksamkeit sein soll. De la Stada ist nämlich keineswegs das erste Opfer, das man zwischen den weißen Gartenzäunen von Merrywood Ville gefunden hat. Ungefähr zwei Wochen zuvor verschwand ein renommierter Professor der Victor-Haley-Universität in Neo-Midgard. Gefunden wurde er auf Merrywood Ville. Nur drei Tage zuvor, ein weiterer - nein, eigentlich eine weitere Tote, Caroline Tannor, renommierte Atomphysikerin, und wieder neun Tage vor diesem Ereignis Emilia Sommer, der momentane Shootingstar in der medizinischen Forschung, die sich von der Erde aus einen Namen im ganzen Universum gemacht hat. Ich habe mit Ds Hilfe einige Nachforschungen angestellt und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass..."

"Nein - sag's nicht!" Die junge Wissenschaftlerin verzog ihre Lippen zu einem halb resignierten, halb ungläubigen Lächeln. "Lass mich raten: Die Leichen wurde allesamt in diesem Bilderbuchstädtchen hier gefunden, richtig? Du möchtest mir doch allen Ernstes gerade eben begreiflich machen, dass sämtliche Aufsehen erregenden Morde und Vermisstenfälle, die sich innerhalb der letzten vier Wochen in der wissenschaftlichen Top-Liga ereignet haben, ausnahmslos mit diesem todeskitschigen kleinen Trabanten namens... Merrywood Ville... in Verbindung stehen?"

"Ganz genau. Und das ändert sich leider auch nicht dadurch, dass du den armen kleinen Trabanten kitschig findest und seinen Namen so betont verächtlich aussprichst. Ich habe doch gesagt, das hier ist was Großes, was ganz Großes, ein Spiel mit dem Feuer, sozusagen, und wir können da noch viel mehr aufklären als das, wofür wir bezahlt werden, entgegen aller Falschheit und Korruption."

"Moment", mischte sich nun erstmals Ravin ein, wobei seine Stimme so kalt und gleichgültig klang wie eh und je. "Wieso seid ihr euch so sicher, dass alle diese Morde zusammenhängen? Natürlich liegt es nahe, wenn ihre Leichen tatsächlich alle in derselben Stadt aufgefunden worden sind, aber deswegen ist es noch keineswegs bereits erwiesen."

"Selbstverständlich nicht, und ganz sicher werden wir uns in dieser Beziehung wohl auch gar nicht mehr sein können, bis wir diesen Fall vollständig aufgerollt und -geklärt haben. Aber die Vermutung liegt doch zumindest überaus nahe, da sämtliche Opfer auf exakt dieselbe Weise getötet wurden und allesamt gewisse... wie soll ich sagen... doch sehr charakteristische Verletzungen aufwiesen, die ihnen wohl kaum zufällig auf dieselbe Weise von zwei verschiedenen Tätern zugefügt worden sind."

"Auf dieselbe Weise?", hakte Aya nach. "Aber ich dachte, de la Stada wäre erschlagen und... Tannor, so weit ich mich richtig erinnere, erschossen worden... Sommer ist nie wieder aufgetaucht und bei diesem Professor... sein Name war James Aberdayle, wenn ich mich nicht irre... war immer von einem Gleiterunfall die Rede..."

"Lügen, Lügen, alles Lügen!", entgegnete Ronin in abfälligem Tonfall. "Diese Menschen wurden weder erschlagen noch erschossen noch vom Gleiter überfahren, und gefunden wurden sie erst recht, sonst hätte ich ja nicht diese Bilder in die Hände bekommen können, die ich euch jetzt gleich zeigen werde."
 

Das mittlerweile schon altbekannte leisen Klicken beim Wechseln des Bildes ertönte ein weiteres Mal, und im nächsten Moment erschienen zwei überdimensional große Handgelenke auf der Leinwand. Sie waren, wenn man das unnatürliche Format einmal außer Acht ließ, verhältnismäßig zierlich und mussten wohl irgendwann einmal zart, weiß und hübsch anzusehen gewesen sein, doch diese ehemalige weibliche Schönheit war von breiten, blutigen Striemen, höchstwahrscheinlich Fesselmalen, vernichtet, ja förmlich zerfetzt worden. Gegen ihren Willen spürte Aya, wie ihr bei diesem Anblick das Blut in die Wangen schoss, und sie war mit einem Mal heilfroh, dass das Licht in dem Raum verhältnismäßig schlecht war und keiner der Anwesenden von ihr Notiz zu nehmen schien.

"Das ist Emilia Sommer", verkündete Ronin mit Grabesmiene und zeichnete mit seiner rechten Hand samt Fernbedienung die rotbraunen Stigmata an den zarten Armen der, wie Aya von einigen Bildern her wusste, einstmals wunderschönen jungen Frau auf vollkommen nichts sagende, fahrige Art und Weise nach. "Beziehungsweise ihre Handgelenke, fotografiert unmittelbar nach dem Fund der Leiche. Die anderen Leichen wiesen exakt dieselben Abschürfungen auf, und jetzt dürft ihr alle dreimal raten, worauf uns diese hübschen kleinen Bildchen hier hinweisen wollen. Ganz genau - die Opfer müssen vom Täter offensichtlich gefesselt worden sein, und ich glaube kaum, dass so etwas bei einem Raubmord, bei einem Schuss aus über zwei Metern Entfernung und schon gar nicht bei einem Verkehrsunfall aufgetreten wäre. Es sei denn, da wäre irgendein Wahnsinniger, der unseren armen Prof so sehr gehasst hat, dass er ihm die Arme zusammengebunden und sozusagen nach umgekehrter Art von Hector und Achill hinter seinem 45er Rattlesnake Cabrio-Gleiter über den Highway geschleift hat. Aber diese Möglichkeit können wir, denke ich, so gut wie ausschließen."

"Also schön, die Meldungen waren falsch, aber das hattest du ja auch schon vorher gesagt", fuhr Ravin in von Ronins Ausführungen wenig beeindruckter Art und Weise fort. "Es ist nicht ungewöhnlich, dass Opfer während eines Verbrechens gefesselt und geknebelt werden und lässt meiner Meinung nach noch immer nicht auf einen einzigen Serientäter schließen."

"Ganz richtig, vom Punkt dieses momentanen Wissensstandes aus betrachtet könnten wir solch eine Schlussfolgerung noch nicht ziehen, da muss ich dir uneingeschränkt Recht geben und sehe übrigens auch gar keinen Grund, überhaupt erst einmal widersprechen zu wollen. Es ist natürlich in keiner Weise ungewöhnlich oder auffällig, dass all unsere Opfer gefesselt und, wie du bereits richtig vermutet hast, auch geknebelt worden waren. Was hingegen höchst ungewöhnlich ist", lächelte Ronin auf beunruhigend sachliche Art und Weise, während durch seine blutroten Augen ein vorfreudiges Blitzen zuckte, "ist, dass man ihnen erwiesenermaßen bei lebendigem Leibe die Schädeldecke aufgeschnitten und das Gehirn entfernt hat, wie wir ganz besonders schön auf diesem Foto hier erkennen können!"

Er drückte erneut den wohl bedeutungsvollsten Knopf des gesamten Morgens und tauchte noch im Gleichen Moment das gesamte Laborzimmerchen in eine Flut von aggressivem Rot. Selbst Aya musste beim Anblick des neuerlich eingeblendeten Bildes zweimal schlucken, und das lag nicht einmal so sehr an der unzweifelhaft durch und durch widerwärtigen Blutrünstigkeit des Tatortes, der sich wohl ohne größere Schwierigkeiten in jeden indizierten FSK 18-Splattermovie hätte einfügen lassen. Sie hatte in ihrer mittlerweile doch schon langjährigen Laufbahn als Medizinerin und Wissenschaftlerin schon weit mehr Leichen obduzieren müssen, als dass sie sich von dem Anblick von Blut und Organfetzen in gleich welchem Ausmaß noch hätte abschrecken lassen (im Gegenteil, manchmal musste sie sich sogar zu ihrem eigenen Schrecken eingestehen, dass die ekelhaftesten, angefaultesten und brechreizerregendsten Leichen sie am allermeisten in ihren abscheulich morbiden Bann zogen).

Es waren vielmehr die Gesichter der Toten, die ihr eisige Schauer über den Rücken jagten - oder eben das, was noch von den Gesichtern noch übrig geblieben war.

Zumindest bei zweien der Opfer wusste Aya, dass es sich um einstmals sehr attraktive Menschen gehandelt hatte, doch davon war nicht mehr auch nur das Geringste zu erahnen, so sehr war jeder einzelne Muskel ihres Gesichtes im Tode bis zur Unkenntlichkeit verzerrt worden. Ihre Augen waren weit aus den Höhlen hervorgetreten, so weit, als ob sie jede Sekunde zerplatzen wollten, und hinter den breiten Stoffstreifen der Knebel (die wohl einstmals weiß gewesen waren, nun allerdings die Farbe von tiefem Rot trugen) zeigten sich Münder und Wangen, verzerrt zu krampfhaften Fratzen, die mit menschlichen Gesichtern nicht mehr allzu viel gemeinsam hatten.

Verstärkt wurde dieser grauenerregende Eindruck des Unmenschlichen nicht zuletzt durch die groteske Verkürzung des Schädels, dessen oberer Teil ganz schlicht und einfach fehlte. Stattdessen breitete sich etwas mehr als zwanzig Zentimeter tiefer auf dem Asphalt der Straße eine abstoßend zähflüssige, bräunlich rote Lache aus, gespickt mit Haarbüscheln, kleinen weißen Splitterchen und dem einen oder anderen breiigen Haufen, die Aya als Reste von Gehirnmasse identifizierte.

"Falls ihr euch nicht mehr so gut daran erinnert, wie unser lieber Francesco de la Stada früher einmal ausgesehen hat, könnt ihr ihn euch hier unten rechts übrigens gerne noch mal anschauen. Er sieht nur jetzt ein kleines bisschen anders aus, finde ich, aber er ist es wirklich. Ich habe noch ein anderes Foto von ihm, aber das finde ich persönlich jetzt doch irgendwie so ein ganz klein wenig makaber. Möglich, dass es euch da anders geht, aber ich... na gut, seht selbst."

Er ließ das nächste Bild in Übergröße auf der Leinwand erscheinen, und das Licht im Zimmer behielt seine blutig flackernde Farbe, ja, es wurde beinahe sogar noch ein klein wenig roter als zuvor. Die neue Fotografie war ein bisschen unscharf, und so musste Aya tatsächlich erst einige Sekunden lang angestrengt auf das leicht zerfließende Viereck starren, bis sie begriff, was sie da eigentlich gerade vor sich hatte. Es war aber auch nicht ganz einfach zu erkennen vor lauter Rot, Rot und wieder Rot, alles irgendwie schleimig, was allerdings auch genauso gut an der schlechten Qualität der Aufnahme hätte liegen können.

Tat es aber nicht.

Das Bild zeigte vielmehr, wie Aya feststellte, nichts anderes als einen menschlichen Körper aus der Vogelperspektive, den Querschnitt von oben betrachtet (ihr fielen noch etliche andere Bezeichnungen ein, aber die verdrängte sie lieber ganz schnell wieder, da sie entweder ausnehmend unreif, pietätlos, der Situation nicht angemessen oder einfach gleich alles zusammen waren). Mit der kleinen aber entscheidenden Besonderheit, dass der ansonsten eher störende obere Abschluss der Schädeldecke samt Haar und Scheitel fehlte, ebenso das Gehirn, und so der Weg der Kamera frei war für einen herrlichen Ausblick geradewegs in den Schlund und auf den schwärzlich toten Klumpen der Zunge hinab.

Aya hörte D neben sich leise schlucken, und tatsächlich musste auch sie sich eingestehen, dass Ronin mit der Bezeichnung ein ganz klein wenig makaber doch nicht unbedingt übertrieben hatte. Trotz allem stellte sie fest, dass dieses neue Bild sie immer noch weitaus weniger erschütterte als das Vorangegangene, und beinahe war sie sogar ein ganz klein wenig froh darüber, nicht länger jene starre Maske blanken Entsetzens und Schmerzes mit ansehen zu müssen, die sie sicherlich noch in der einen oder anderen zukünftigen Nacht besuchen kommen würde.

Das Gesicht eines Menschen, dem bei lebendigem Leibe die Schädeldecke geöffnet und das Gehirn entfernt worden war...

Die Dunkelhaarige presste ihre Lippen fest aufeinander und verfluchte mit einem Mal ihr leider allzu genaues Wissen darüber, dass in etlichen Laboren derartige Praktiken quasi an der Tagesordnung waren, da sich bestimmte Stoffe und Produkte des menschlichen Gehirnes eben nur in lebendigem Zustand, oder unter dem Einfluss höchster Erregung, höchsten Schmerzes und höchster Angst gewinnen ließen. Allerdings, wie gesagt, in Laboren, und nicht irgendwo an der Straßenecke eines zuckersüßen kleinen Ecliptica-Trabanten mit dem widerlich klangvollen, penetrant gut gelaunten Namen Merrywood Ville.

"Hm", machte Ravin und strich sich eine seiner schneeweißen, im Licht des Projektors allerdings ebenfalls leicht rötlich schimmernden Haarsträhnen hinter das Ohr. "Ich denke, das hier könnte wirklich ein Indiz für ein und denselben Täter sein."

"Denke ich doch auch", nickte Ronin, und ein stolzes Lächeln huschte über sein kindliches Gesicht. "Und ich muss sagen, im Falle dieses Falls ist uns auch tatsächlich etwas zu Hilfe bekommen, was man wohl ganz banal mit den Worten glücklicher Zufall bezeichnen könnte, vorausgesetzt man glaubt nicht an Schicksal oder an gleich welchen Gott, aber natürlich lässt sich dieser Zufall, um einmal bei diesem Wort zu bleiben, das hier hoffentlich keiner falsch auslegen wird, auch ganz einfach nur mit unserer guten alten Kausalität erklären, wobei wir als Ursache für unsere Wirkung jetzt einfach mal die wunderschöne Tatsache begrüßen wollen, dass Sommer ist."

"Sommer?", wiederholte Aya zweifelnd und runzelte die Stirn. "OK - jetzt sei so gut und hilf mir mal eben kurz auf die Sprünge. Vielleicht liegt es ja nur an einem gewissen Mangel an Abstraktionsvermögen oder dieser angeblich doch so typisch weiblichen Schwäche, die Dinge logisch ins Auge zu fassen - was mir beides zwar noch nicht ein einziges Mal in meinem ganzen Leben bescheinigt wurde, eher im Gegenteil, aber egal - aber mir will gerade aus irgendeinem Grund doch nicht so vollkommen einleuchten, was genau denn nun jene warme und strahlende und freundliche Jahreszeit namens Sommer mit vier hirn- und schädeldeckenlosen Leichen zu tun hat..."

"Das ist eigentlich viel, viel einfacher, als man auf den ersten Blick so ganz spontan mal meinen könnte", erklärte Ronin begeistert, wobei sein Grinsen sich mittlerweile ungefähr vom einem Ohr bis zum anderen erstreckte.

Aya machte große Augen und bedachte ihren kindlichen Mitarbeiter mit einem entgeisterten Blick.

"Was?", keuchte sie und schlug sich eine Hand vor den Mund, "noch einfacher? Ja gibt's denn so was?"

"Doch, echt!", strahlte der Weißhaarige. "Aber dazu sollte ich vielleicht noch erwähnen, dass in Neo-Midgard und somit auch auf Merrywood Ville vor noch gar nicht so langer Zeit die Sommerferien angefangen haben, sprich: Unsere letzten beiden Morde fallen bereits in die Ferienzeit, und genau das ist unser unvorstellbar großes Glück."

"Jetzt wird mir einiges klar", verkündete Aya, obwohl sie Ronins offensichtlicher Begeisterung über eine scheinbar vollkommenen themenfremde Tatsache immer noch unveränderter Weise ratlos gegenüber stand. Sie war sich nicht ganz sicher, ob dem Weißhaarige das nun auffiel oder nicht, in jedem Fall schien es ihn herzlich wenig zu interessieren, viel zu sehr gefiel er sich in der Rolle des kriminalistischen Dozenten, der seinen gebannten Zuhörern die haarsträubenden Fakten einer ganz besonders blutrünstigen Mordserie näher bringen durfte.

"Merrywood Ville ist natürlich alles andere als ein großer Trabant", erklärte er mit einer jedem kriminalistischem Dozenten durch und durch würdigen Professorenmiene, "hat aber mit seinen bis auf den letzten Rentner und Neugeborenen genau 4372 Einwohnern immer noch mehr als genügend potentielle Massenmörder zu bieten. Die Neugeborenen vielleicht mal ausgenommen. Bliebe also die Frage: Wo fängt man da an zu suchen? Zumal diese ganzen Spießbürger ja bekanntermaßen ganz besonders gut darin sind, diese bereits erwähnte hübsche kleine weiß gekachelte Mauer um sich herum zu errichten, um auch ja keinen mehr in ihre Angelegenheiten blicken zu lassen."

"So weit, so gut, aber bislang kann ich da nichts von einem glücklichen Zufall heraushören..."

"Nur Geduld, Aya, nur Geduld! Dazu muss man nämlich wissen, dass es auf Merrywood Ville so eine krankhafte Art von Tradition oder Brauchtum gibt, und genau da können wir ansetzen. Es ist nämlich so, dass es alle Jahre wieder zur Sommerferienzeit die gut betuchten Einwohnerlein unseres hübschen kleinen Trabanten ausnahmslos in fremde Gefilde zieht, und wenn ich sage ausnahmslos, dann meine ich das auch verflucht noch mal so. Es ist fast schon eine Art... ungeschriebenes Gesetz dort, dass man in der sonnigen Zeit des Jahres ganz einfach wegfahren muss, und ich schwöre, wenn sich einer von denen das nicht leisten könnte, er würde sich lieber selbst vergiften, in irgendeine Provinzklinik eines Feriengebietes einweisen lassen und von dort aus gut gelaunte Ansichtskarten verschicken, als zuhause zu bleiben!"

"Dann befindet sich dieser ganze Planet also quasi momentan in einem... Zustand freiwilliger Evakuierung, hab ich das richtig verstanden?" Aya stieß geräuschvoll die Luft zwischen den Zähnen hervor. "Das, meine lieben Mitarbeiter, nenne ich krank... wirklich krank."

"Ja", stimmte Ronin lächelnd zu, "ein klein wenig zwanghaft ist es schon, was aber trotz allem nichts daran ändert, dass dieser Trabant aktuell so gut wie leer ist und sich dementsprechend der Kreis der Verdächtigen plötzlich ganz extrem einschränkt. Weitaus extremer, als man im Allgemeinen so zu hoffen wagen darf, möchte ich dazusagen. Die Familien pilgern zu irgendwelchen Urlaubsplaneten in die Spaßbäder oder Nostalgie-Bauernhöfe, der christliche Jugendverein macht sich zu einer Wanderfreizeit durch die schönsten Gebirgsketten des Epsilon-Quadranten auf und die Seniorenresidenz ,Wolkenblick' hat es an die klimatisch begünstigten Strände Lacoonias verschlagen..."

"Soll heißen?"

"Du meinst, ob ich weiß, wie viele mögliche Täter im Endeffekt noch übrig bleiben?", erkundigte sich der Weißhaarige und Aya nickte. "Du wirst es kaum glauben, aber summa summarum, abzüglich derer, die in den letzten anderthalb Wochen leider Gottes noch verstorben sind, blieben da exakt... sieben."
 

Aya verharrte etliche Sekunden lang in gespanntem Schweigen, in der selbstverständlichen Erwartung, dass der Sieben noch weitere Ziffern angehängt würden, dass sie es im Endeffekt vielleicht mit Siebenhunderteinundvierzig, oder auch im besten Fall nur mit Siebenunddreißig Merrywood Ville-Bewohnern zu tun haben würden. Doch was folgte war lediglich ein stummes Lächeln und ein zufriedenes Blitzen in zwei blutroten Augen, das der jungen Wissenschaftlerin auf ganz unmissverständliche Art und Weise klar machte, dass ihr Gesicht momentan exakt den Ausdruck inne haben musste, den Ronin von Anfang darauf an zu sehen erhofft hatte. Sie schluckte hastig, rang sich ein betont sachlich zustimmendes Nicken ab und rückte sich zudem ihre Brille zurecht - eine Geste, in die sie mittlerweile eine durchaus beachtliche Menge an Autorität zu legen verstand.

"Sieben also", wiederholte sie mit bedeutungsvoller Miene. "Wissen wir auch, welche Sieben das sind? Also Wohnort... halt, das ist ja hinfällig... ich meine Adresse, ungefährer Teil des Planeten, Lebensumstände, Alter, et cetera..."

"Noch nicht", grinste der Weißhaarige und vollführte eine beiläufige Kopfbewegung in Richtung D, der immer noch mit einem geheimnisvoll selbstzufriedenen Gesichtsausdruck gut anderthalb Meter von ihnen entfernt gegen die spiegelnd silberne Fläche der Wand gelehnt stand. Sein rechter Zeigefinger vollführte nun bereits die mindestens fünfunddreißigste Runde um den dunkelgrauen gläsernen Rand des kreisrunden Aschenbechers, der aus unerfindlichen Gründen (niemand aus Ayas Team war Raucher) auf der Ablagefläche des Schreibtisches platziert worden war, wo er einer nicht ganz ausbildungsgerechten Arbeit als Briefbeschwerer nachging. "Aber während du dieses hübsche Relikt hier in die 3 - 19 bringst, wird der da drüben sich noch ein kleines bisschen im Maze umsehn und schaun, was sich da alles rausfinden lässt."

Noch während er sprach, zauberte er ein kleines Tütchen aus dem Blätterchaos der Akte hervor und drückte es Aya in die wie immer perfekt manikürte Hand. In dem zerknitterten Plastikbehältnis purzelten einige weiße, ovalrunde Kügelchen über- und durcheinander, doch die Dunkelhaarige schenkte ihnen lediglich einen verhältnismäßig kurzen Augenblick der Aufmerksamkeit, bevor sie sich wieder Ronin zuwandte und selbigen mit einem ratlos fragenden Blick bedachte.

"Was... ist das?"

Ronin lachte.

"Das ist eine lustige Frage, Aya, denn immerhin habe ich dir doch gerade eben erst gesagt, dass du diese Tüte, die im Übrigen an einem der Tatorte gefunden wurde, bei der Tannor, wenn ich mich nicht irre, in das Labor 3 - 19 bringen sollst, und es ist ja eigentlich nicht so wirklich üblich, irgendeinen Gegenstand gleich welcher Art, in unserem Fall eben diese Tüte, in irgendein Labor zu bringen und dort untersuchen zu lassen, wenn man doch im Grunde genommen eh schon weiß, was drin ist."

"Ach ja... ich vergaß..." Die junge Frau zog beide Augenbrauen hoch und presste ihre dunkelrot geschminkten Lippen ein wenig fester aufeinander, sodass für einige Momente ein regelrechter Schmollmund auf ihr Gesicht gezaubert wurde. "Es ist hier ja so üblich, jedes Fundstück unbekannten Inhalts gleich in irgendwelche Nachbarlabore tragen und dort untersuchen zu lassen. Warum auch nicht? Hier gibt es ja immerhin keine Mediziner oder Wissenschaftler, die solch eine unvorstellbar komplexe Aufgabe zu übernehmen verstünden..."

"Mylady, ich sehe ich mich durchaus genötigt, Euch in diesem Falle voll und ganz Recht geben zu müssen", säuselte D ihr von Links ins Ohr und deutete einen Knicks an. "In diesem Labor wird es in wenigen Stunden tatsächlich weder Ärzte noch Wissenschaftler noch sonst irgendetwas geben, da sich Hochwürden samt treu ergebener Dienerschaft um genau 15.37 Uhr des heutigen Tages am Manolith Gate-Raumhafen einfinden und auf einen in den vergangenen Minuten doch schon ein-, zwei-, drei- oder auch siebenundvierzigmal erwähnten Ecliptica-Trabanten reisen wird, um - na, wer kommt drauf? - vor Ort Ermittlungen an einer gewissen Mordserie zu unternehmen, die, wenn mich nicht alles täuscht, heute auch schon irgendwann einmal zur Sprache gekommen sein dürfte..."

"Aha, wird sie das?", fuhr Aya in derselben, ansatzweise trotzig verstimmten Tonlage vor, in der sie bereits Augenblicke zuvor ihren letzten Satz beendet hatte. "Das find ich aber schön, dass ich doch noch ganze dreieinviertel Sunden vor der Abreise auch mal erfahren darf, dass ich heute einen Ausflug auf irgendeinen mordlüsternen Einfamilienhausplaneten unternehmen werde! Nicht, dass ich auch noch in irgendeiner Art und Weise packen oder mich gar bei meinen Vorgesetzten abmelden müsste... nein, wozu denn auch? Ich werde ja verreisen. Freude, Freude, nur... D, wenn du das nächste Mal planst, einen derartig langen Bandwurmsatz heranzuzüchten, dass er sich sogar als potentieller natürlicher Feind von Ronins bislang evolutionstechnisch unübertroffenen Mörderkreaturen entpuppen könnte...bitte, lass es dir einen Abend vorher einfallen, und zwar am Telefon, dann würde mir ja vielleicht eventuell auch noch genügend Zeit dazu bleiben, an so etwas wie Vorbereitungen überhaupt erst mal denken zu können!"

"Ach komm, Aya, wir waren doch auch ein bisschen überrumpelt, als uns diese Wissenschaftlerwitwe so plötzlich vor vollendete Tatsachen gestellt hat. Aber INFERIA scheint sehr daran interessiert zu sein, dass wir diesen Fall übernehmen - da läuten die Prestige-Glocken! - und die arme Frau muss auch derart verzweifelt gewesen sein, dass sie schon für so gut wie sämtliche... wie du es so schön ausdrückst... Vorbereitungen gesorgt hat, außer deine Koffer zu packen natürlich. Aber dafür dürfte selbst dir noch genügend Zeit bleiben, wenn du dich ein klein wenig beeilst."

"So etwas kannst auch nur du sagen, D", grummelte die junge Wissenschaftlerin und ließ einen abschätzigen Blick ihrer dunklen Augen über die hellblaue, hier und dort etwas abgewetzte Jeans ihres Angestellten gleiten. "Du hast einfach keine Ahnung von Frauen, schon gar nicht von mir, und das ist auch der Grund, warum du wohl irgendwann einmal als Junggeselle sterben wirst."

"Werde ich nicht!"

"Wirst du doch! Und außerdem... was ist denn das überhaupt für ein minderwertiger Plan, den sich dieses Möchtegernfilmsternchen und Titelbildgrinsekätzchen da zurechtgelegt hat? War nicht eben noch von... von den vergeblichen Ermittlungen der Sicherheitskräfte und einer gewissen Mauer des Schweigens die Rede? Was meint ihr wohl, wie diese eingeschworene, wenn auch mittlerweile leicht dezimierte Gartenzwerggesellschaft reagieren wird, wenn mitten im tiefsten Sommerloch urplötzlich eine Crew von INFERIA-Mitarbeitern auf der Matte steht, um bei Kaffee und Kuchen über so lauschige Dinge wie verschollene Kernforscherinnen und geöffnete Schädeldecken zu plaudern?"

"Was ist denn das für ein elender Pessimismus, den du da heute an den Tag legst, meine liebe Aya? Glaubst du etwa wirklich, wir würden solch eine einzigartige Chance zur Aufklärung eines derart unvergleichbar medienwirksamen Mordfalles mit ein paar lieblos zusammengeschusterten Stop-and-go-Verhören zum Teufel jagen? Nein, nein, wir werden die Sache im ganz großen Stil angehen und den Feind sozusagen von innen heraus vernichten. Die de la Stada kennt nämlich rein zufällig jemanden, der in nur zwei Monaten nach Merrywood Ville übersiedeln möchte und sein Haus bereits wohnlich eingerichtet hat. Und ebendieses Haus, oh gnädige Herrin, wird Euch beziehungsweise uns von nun an zur freien Verfügung stehen."

"Ach so.." Aya ließ so langsam sie nur irgendwie konnte ihre rechte Augenbraue - und nur die rechte! - kritisch-zweifelnd in die Höhe wandern. "Dann hab ich also wieder mal vorschnell geurteilt. Wir sollen überhaupt nicht mit der Tür ins Haus fallen, sondern heimlich, still und leise durch die Hintertüre hineinschleichen. Oder, um die hübschen Metaphern einmal sorgsam wegzulassen: Wir tun so, als wie wenn wir ja eigentlich nur einziehn und da wohnen wollten, aber in Wahrheit schleichen wir herum und stellen unerkannt verdeckte Ermittlungen an, richtig?"

"Genau das!", strahlte D.

Aya rollte mit den Augen.

"Das ist der dilettantischste Plan, von dem ich jemals in meinem ganzen Leben gehört habe!", entgegnete sie mit Grabesmiene. "Ich meine... mitten in der tiefsten Urlaubszeit, wo dieses Nest ja quasi ausgestorben ist, ziehen urplötzlich vier nicht gerade unauffällige Gestalten in so eine mehr als spießbürgerliche und konservative... Familiensiedlung ein und verbarrikadieren sich dann in irgendeinem dieser Traumhäuschen, um von dort aus ach so unauffällig in der Gegend herumzuschnüffeln. D - ich bitte dich!"

"Worum denn?" Der junge Hacker schenkte seiner Vorgesetzten ein vergnügtes Augenzwinkern. "Um eine perfekte Tarnung vielleicht? Kein Problem - die können wir bieten. Misses de la Stada ist nämlich zufällig auch mit den Nachbarn unserer zukünftigen Traumvilla mit Straßenblick befreundet, und, was soll ich sagen? Wir haben hochoffiziell die Erlaubnis bekommen, uns auf diese beiden Häuser aufzuteilen, was ja wohl schon mal um einiges unverdächtiger ist. Darüber hinaus sind wir eben einfach ein klein wenig schüchtern und wollen uns erst einmal richtig einleben, bevor der große Ansturm an Willkommensgrüßen und Housewarming-Partys uns plattrollt."

"Oh ja, das nenne ich Tarnung! Dann ziehen eben zwei mal zwei nicht gerade unauffällige Gestalten in so eine trotzdem mehr als spießbürgerliche und konservative Familiensiedlung ein, verbarrikadieren sich in zweien dieser Traumhäuser und schnüffeln von dort aus pseudo-unauffällig in der Gegend rum. Sag mir, D - macht es das besser? Macht es das wirklich besser?"

"Aya, ich bitte dich! Wer um alles in der Welt würde zwei nette, freundliche Ehepaare guten Gewissens der Spionage bezichtigen können!"

"Zwei... bitte was?!"

"Du hast ganz richtig gehört, Aya", nickte D, trat einen Schritt zurück und ließ sich dann mit einer einzigen fließenden Bewegung vor der jungen Wissenschaftlerin auf die Knie fallen. Seine Finger glitten in die Tasche seiner sogar ganz furchtbar ausgetragenen Hose und zauberten ein kleines, mit schwarzblauem Samt überzogenes Kästchen hervor, das sich auf Knopfdruck mit einem leisen Klicken öffnete und den Blick auf zwei schlichte goldene Ringe Preis gab, die in roséfarbenem Kunststoff eingebettet waren.

"D... was zum..."

"Aya", stieß der Schwarzhaarige mit tiefster Inbrunst hervor, und mit einem Mal breitete sich ein Grinsen über die gesamte Distanz seiner beiden Wangen aus, und hätte sich wohl auch noch weiter ausgebreitete, wären ihm da nicht zwei störende Ohren in die Quere gekommen. "Willst du mich heiraten?!"
 

Irgendetwas in dem Gang hatte sich verändert, ganz heimlich, still und leise und ohne dass Aya diese Veränderung hätte definieren, geschweige denn aufhalten können. Das Licht war immer noch kalt und hart, aber auf eine vollkommen andere Art und Weise als noch knapp eine Stunde zuvor, als die junge Wissenschaftlerin den von edelstählernen Wänden gesäumten Korridor zum ersten Mal an diesem Tag durchschritten hatte. Es war weißer geworden, heller, dabei jedoch keinesfalls blendend, mehr grell, unangenehm grell und dabei durch und durch steril.

Auch das graue Linoleum des Bodenbelages schien unter dem Einfluss dieser sublim neuartigen Lichtverhältnisse um ein Geringes aufgeweicht zu sein, was sich allerdings weniger in der Tatsache äußerte, dass es nun unter jedem einzelnen Schritt um knapp ein bis zwei Millimeter mehr nachgab als zuvor, sondern vielmehr in dem Geräusch, das es bei jeglichem Kontakt mit den brandneuen Stilettos der Dunkelhaarigen von sich gab. Es quietschte, aber nicht genau so, wie es an jedem anderen Tag zu quietschen pflegte, sondern irgendwie schriller und, ja, lebendiger.

Diese misstönenden Schmerzenslaute des pedantisch genau ausgekleideten Flurbodens waren ja an sich schon abstoßend genug, wurden aber tatsächlich noch von dem grausamen Mienenspiel übertroffen, das sich die Türen des Laborkorridors der dritten Unteretage des INFERIA-Tower-Komplexes zum mittäglichen Zeitvertreib hatten einfallen lassen. Sie zeigten die Reflexion jedes Vorbeigehenden in gewohnt flirrender Unschärfe, mehr eine Anhäufung abstrakter Farbflecken als tatsächlich menschliche Konturen, aber während sich ansonsten in diesen Farbflecken doch zumindest eine immer gleiche, merkwürdige Symmetrie erkennen ließ, schienen sie nun jeglicher Ordnung und Logik zu entbehren.

Aya erkannte sich selbst nicht wieder in diesem hysterischen Chaos von Licht und Farbe, eigentlich erkannte sie überhaupt nichts mehr und vielleicht war ja auch gerade das der Stein des Anstoßes, der, wie Ronin es ausdrücken würde, punctum saliens, ihre eigene Verwirrung, die sogar noch all jene altvertrauten Dinge verändert erscheinen ließ, selbst oder gerade dann, wenn sie eigentlich überhaupt nicht verändert waren. Höchstwahrscheinlich war das Licht der besonders stromsparendenden und langlebigen Neonröhren nicht heller und nicht dunkler und schon gar nicht greller als an jedem anderen Tag des Jahres, ebenso wenig hatte sich das Geräusch ihrer Schritte auf dem Linoleumboden in irgendeiner Weise verändert oder war die Zerrachse ihres Spiegelbildes auf den leicht mattierten Labortüren in eine neue Dimension ungekannter Absurdität hinübergeglitten.

Nein, es war mit Sicherheit rein äußerlich alles beim Alten geblieben - ein Korridor, so steril, so kalt, so gesichtslos und langweilig wie eh und je, schon allein deshalb, weil an einem ausschließlich zweckmäßig konzipierten Ort wie diesem hier doch wahrscheinlich bis zum nicht unbedingt in näherer Aussicht stehenden Zusammenbruch des gesamten Gebäudekomplexes niemals mehr auch nur die kleinste Kleinigkeit verändert werden würde. Aber was denn auch? Was sollte denn an grauen Linoleumfußböden, weißen Hartplastikdecken- und wänden, vollkommen schmucklosen Edelstahltüren und farblosen Neonstrahlern schon groß verändert oder gar verschönert werden?

Hinzu kam, dass es sich bei besagter Räumlichkeit nun einmal nicht um die stylishe Lounge eines neu eröffneten Trend-Coffeeshops, sondern eben leider nur um einen simplen Gang handelte, der eine Verbindung zwischen den Türen mehrere Labore herstellte, und diese waren ja ohnehin nicht unbedingt für ihre Wohnlichkeit bekannt, sondern vielmehr für ihre... für ihre... für eigentlich überhaupt nichts, außer eben dafür, dass man mit ihrer Hilfe Verbindungen zwischen den Türen mehrerer Labore herstellen konnte. Und genau diesen ungemein prosaischen Zweck gedachte Aya, all ihrer Verwirrung zum Trotz, für ihre eigenen Ziele zu nutzen, so unklar ihr diese momentan auch noch erscheinen mochten.

Dabei hatte sie es, vorsichtig ausgedrückt, gar nicht einmal so weit, wie es ihr höchstpersönlich vorkam. Tatsächlich lag das Labor mit der Nummer 3 - 19 nämlich exakt neben ihrem eigenen kleinen Reich (alle Labore mit ungeraden Nummern waren auf der linken, alle mit geraden Nummern auf der rechten Seite des Korridors untergebracht), aber leider Gottes war es eben mit der persönlichen Wahrnehmung so eine Sache und im Grunde genommen legte es Aya auch überhaupt nicht darauf an, möglichst schnell von Punkt A zu Punkt B zu gelangen. Ganz einfach deshalb, weil sie und vor allem ihre Gedanken eine kleine Verschnaufpause mehr als nur nötig hatten.

Was war es nur, das ihr an dem möglicherweise etwas unorthodoxen, aber doch eigentlich recht soliden Plan, den D und Ronin ihr mit derartiger Begeisterung sozusagen auf dem mit Diamanten besetzten und mit einer Gold-Titanium-Legierung überzogenen Silbertablett präsentiert hatten, so sehr missfiel? Im Vergleich zu ihrem letzten großen Fall, den Ermittlungen auf dem Evershine New Diamonds Award, war der Kreis der Verdächtigen doch deutlich eingeschränkt und selbst unerwünschte Neuankömmlinge waren auf Merrywood Ville nicht mehr zu erwarten, da pünktlich zur Urlaubszeit der Raumschiffverkehr, der ansonsten die zahlreichen Pendler zu ihren Arbeitsplätzen nach Ecliptica brachte, vollkommen eingestellt wurde.

Zur Aufrechterhaltung ihrer Tarnung war es diesmal nicht etwa hinderlich, sondern im Gegenteil sogar unabkömmlich, zu viert aufzutreten und geschlossen zusammenzuarbeiten, was ja an und für sich jedes äußere Risiko von vornherein senkte, ihre Erfolgsaussichten hingegen enorm steigerte und überhaupt... eigentlich war da nichts, was ausdrücklich gegen sie gesprochen hätte. Wie gesagt - eigentlich. Denn aus irgendeinem Grund, den sie aber nicht kannte, fühlte Aya, dass da eben doch irgendetwas war, irgendetwas vollkommen Diffuses und doch furchtbar Hartnäckiges, etwas, das sie abstieß, sie mit einer furchtbar ungeordneten Nervosität erfüllte und das sie trotz größter Anstrengungen einfach nicht wieder loswerden konnte.

Dabei war Aya nun wirklich in keiner Weise romantisch veranlagt - im Gegenteil. Sie war eine Wissenschaftlerin durch und durch, gesegnet mit einer fast schon unverschämt rationalen Denkweise, und darüber konnte auch nicht die schier grenzenlose Leidenschaft hinwegtäuschen, die sie für ihre Arbeit empfand. Aya klammerte sich nicht an irgendwelche längst überholten Wertvorstellungen, da sie aus eigener Kraft schon gut genug im Strom des Lebens schwimmen konnte, sie war weder konservativ noch moralisierend und schon gar nicht prüde, aber trotzdem...

Manchmal, nur manchmal, wenn Aya ganz allein in ihrer Zweizimmerwohnung saß und auf das vielfarbige Lichtermeer der Großstadt hinabblickte, dann meldete sich doch irgendwo ganz tief in ihr der leise, wehmütig zaghafte Wunsch zu Wort, dass irgendein Prinz oder doch zumindest ein attraktiver Geschäftsmann in seinem schneeweißen Cabriogleiter vor ihrem Fenstersims vorfahren und sie in ein fernes Land auf einem fernen Planeten entführen würde, um in seiner märchenhaften Penthousewohnung reich und glücklich zusammenzuleben bis ans Ende ihrer gemeinsamen Tage. Doch dann, wenn die Lichter im Morgennebel verblasst waren und von ihrer traumhaft duftenden Vanillecapuccino- oder White-Chocolate-Macchiato-Tasse nicht mehr als ein vertrockneter Bodensatz übrig geblieben war, gewann Ayas naturgegebener Realismus überaus schnell wieder die emotionale Oberhand in ihrem Inneren.

Aya war keineswegs eingebildet, aber ihre nüchterne Sicht der Dinge verbat ihr jegliches schüchtern-sympathische Understatement, was die Einschätzung ihrer eigenen Person anbelangte. Sie wusste, dass sie bei ihrer ganz persönlichen Schöpfungsgeschichte nicht unbedingt sonderlich schlecht weggekommen war. Sie sah gut aus, sehr gut sogar, sie betrachtete die Welt aus zwar kurzsichtigen, aber deshalb nicht weniger faszinierenden, von langen Wimpern eingerahmten und beinahe schwarzen Katzenaugen, auf ihrem langen, dunkelbraunen Haar lag ein wunderbar geheimnisvoller Schimmer und auch der Rest ihres schlanken Körpers musste sich mit seinen unglaublich langen Beinen und den wohlproportionierten weiblichen Rundungen vor keinem noch so sehr verehrten Filmsternchen verstecken.

Allerdings war Aya nicht nur schön, sondern auch intelligent, hochintelligent. Sie besaß mehr technisches Verständnis, als es sich die meisten Herren der Schöpfung auch nur ansatzweise hätten erträumen können und neben ihrer gelegentlich doch recht sarkastischen Ader besaß sie obendrein auch noch eine ganze Menge Humor und Begeisterungsfähigkeit. Sie hatte Stil, ohne sich permanent selbst inszenieren zu müssen, und wenn sie in der richtigen Stimmung war, dann schreckte sie auch vor den verrücktesten Einfällen nicht zurück. Aber gerade das war ihr Fehler: Aya war zwar ein Mensch, der problemlos die Hauptrolle in irgendeiner zweitklassigen Frauenrunden-Spätabend-Kultserie hätte besetzen können, aber eben leider Gottes ganz und gar nicht solch einer, dessen Namen sich der durchschnittliche männliche Attraya-Bewohner nebst seinem eigenen im Gold eines Ringes an seiner rechten Hand verewigt wünschte.

Kurzum: Den meisten Männern war Aya eben irgendwie suspekt, was dann entweder dazu führte, dass sie sich gar nicht erst in ihre Nähe trauten, oder eben dazu, dass sie in ihr bestenfalls noch ein gefährliches Abenteuer, eine hart umkämpfte Trophäe sahen, die es gekonnt zu erobern galt. Ersteres bescherte Aya leider nicht mehr als bewundernd schmachtende Blicke, Letzteres unter günstigsten Umständen noch die eine oder andere unterhaltsame Nacht, und beides war zwar amüsant und erbaulich, aber eben doch kein langfristiges Glück von wahrlich märchenhafter Haltbarkeitsdauer.

Vielleicht waren es ja tatsächlich ihre tief verborgenen Wünsche und Sehnsüchte, die ihr die ganze Angelegenheit nun in einem derart negativen Licht erscheinen ließen. Im Grunde genommen war es ja auch vollkommen irrational: Warum sollte es denn bitteschön Unglück bringen, dass sie den definitiv ersten und möglicherweise letzten Heiratsantrag ihres jungen Lebens vor dem Hintergrund einer fragwürdigen Tarnungsaktion bei der Jagd nach einem Gehirne bei lebendigem Leib amputierenden Mörders erhalten hatte? Was war denn eigentlich so ungewöhnlich daran, dass sich Ronin mit seiner unnachahmlich kindlichen Euphorie dazu bereit erklärt hatte, (ausgerechnet!) Ravins Ehe frau zu mimen, da alles andere im doch recht konservativen Merrywood Ville wohl auf nicht allzu viel Gegenliebe stoßen würde?

Es war doch im Endeffekt alles nur ein Auftrag, nicht mehr und nicht weniger als ein ganz gewöhnlicher, ja sogar noch ganz besonders lohnenswerter Auftrag, der ihnen zudem noch einen sicherlich nicht allzu unangenehmen Aufenthalt in zwei großen, geräumigen, wohnlichen Einfamilienhäusern samt Gartenzaun und Garageneinfahrt gewähren würde. Fast schon ein bisschen so etwas wie bezahlter Urlaub, kostenloses Gruselentertainment inklusive, in jedem Fall aber eine schöne Abwechslung von ihrem großstädtischen Alltagsleben, die ihr ja nun wirklich mehr als gelegen kommen sollte. Alles in allem kein Grund zur Besorgnis, eher zur Freude oder zumindest zu etwas sehr ähnlichem, und so beschloss die junge Wissenschaftlerin, ihre ganz private innere Philosophiestunde auf dem Gang zwischen Edelstahl und Neonlicht vorerst einmal zu beenden und ihrer Pflicht nachzukommen, die sie nach wie vor in ihr Nachbarlabor mit dem wenig romantischen Namen 3 - 19 führte.

Schließlich hatte sie es trotz allem immer noch eilig.
 

Schon ihr Empfang im bislang noch unerforschten Territorium des benachbarten Labors war, vorsichtig ausgedrückt, doch ein ganz klein wenig unorthodox gewesen. Zunächst hatte Aya es auf dem konventionellen Wege versucht und den kleinen weißen Klingelknopf gedrückt, der inmitten eines quadratischen Plastikvierecks in etwa auf Brusthöhe neben der Eingangstüre angebracht war. Hatte ungefähr dreißig Sekunden lang gewartet - vergeblich, versteht sich - und dann dieselbe Prozedur in einem ähnlichen Zeitrhythmus noch zwei- oder dreimal wiederholt.

Aya wollte gerade erneut ihren Finger heben und den ihr mittlerweile überaus unsympathisch gewordenen Mechanismus betätigen, als ihr mit einem Mal auffiel, dass sie nach all den unterschwelligen Veränderungen der vergangenen Minuten eine an und für sich ganz offensichtliche Abweichung vom Gewohnten prompt übersehen hatte. Neben dem Einheits-Zahlenfeld, das sich in der gleichen mattsilbernen Ausführung neben jeder einzelnen Labortüre auf dem gesamten Korridor (und, wie Aya vermutete, auch auf jedem anderen Korridor in dem wahrlich nicht gerade kleinen Labortrakt der INFERIA-Tower) finden ließ, hatte ein Lämpchen zu blinken begonnen. Es war klein, fast schon winzig, und auch dementsprechend unscheinbar, eine schmucklose Halbkugel aus Plexiglas, die in regelmäßigen Abständen ein kränklich grünes Leuchten von sich gab.

Als wäre das nicht schon ungewöhnlich genug gewesen befand sich neben dem Lichtlein außerdem eine zusätzliche Taste, eine Taste, die Aya aus dem Eingangsbereich ihres eigenen Herrschaftsterritorium gänzlich unbekannt war und die ihr deshalb umso störender ins Auge fiel. Ebenso wie ihr leuchtendes Brüderlein war auch besagte Taste nicht sonderlich groß, außerdem von einer überaus geschmacklosen Farbe, die Aya mit viel Wohlwollen und noch mehr Euphemismus im Geiste als Naturweiß betitelte. Eine träge, von Geburt an schmutzig vergilbte Farbe, die sich mit dem zeitlos eleganten Silber des Eingabefeldes gar nicht störender hätte beißen können, quasi ein architektonischer Fashion-Fauxpas der übelsten Sorte, und dennoch...

Wenn da ein Lämpchen war, ganz offensichtlich auf irgendeine Weise mit dem Klingelmechanismus verbunden, und wenn sich neben diesem Lämpchen zusätzlich eine Taste befand, dann konnte das im Endeffekt nur genau eine einzige Sache bedeuten: Wer auch immer hinter der schmucklos uniformen Edelstahltüre des Labors Nr. 3 - 19 nun hausen mochte, dieser jemand zeichnete sich doch zumindest durch eine einzige Sache aus, durch ein technisches Novum, das sich Ayas Kenntnis bislang erfolgreich entzogen hatte.

Und vor allem: Das Aya selbst nicht besaß.

Aber wieso eigentlich nicht? Auch sie war Inhaberin eines Labors auf der dritten Kellerebene des INFERIA-Laborkomplexes, eine überaus fähige Wissenschaftlerin, die selbst die gefährlichsten, morschesten Stufen auf der glitschig steilen Karriereleiter nicht zu erklimmen scheute. Sie hatte INFERIA Technologies eine der wirksamsten und dazu noch preisgünstigsten (weil kostenlosen) Werbekampagnen der letzten Jahre, wenn nicht der letzten Jahrzehnte beschert.

Was also um alles in der Welt berechtigte den impertinenten Besitzer dieses höhnischerweise auch noch benachbarten Labors also dazu, solch ein provokant blinkendes Ding an seinem serienmäßig hergestellten Einheitszahlenfeld zu montieren? Je weiter die junge Frau diesen Gedanken verfolgte, desto steiler wurde der Winkel, in dem ihr sämtliche Haare am Körper zu Berge standen. Seit Beginn ihrer Arbeit, an der sie bislang eigentlich noch gar nicht so viel auszusetzen hatte, störte sie neben den viel zu häufigen Funktionsstörungen des lebensspendenden Kaffeeautomaten nämlich vor allem eines: Dieses grell-blecherne und darüber hinaus noch ohrenbetäubend laute Kreischen ihrer Laborklingel, die sie bereits mehr als nur einmal gefährlich nahe an den Rand eines Herzinfarktes getrieben hatte.

Während sie also regelmäßig Gefahr lief, vor lauter Schreck tödliche bis hochexplosive Chemikalien fallen zu lassen oder auch einfach nur ihre beiden Trommelfelle bei der spontanen Implosion beobachten zu dürfen, begann hier, nur wenige Meter von diesem akustischen Terror entfernt, eine Lampe zu blinken. Eine Lampe neben einer Taste, und obwohl Aya von keinem der beiden Dinge auch nur die geringste Ahnung hatte, was genau sie wohl zu bedeuten hatten - und vor allem was der Druck auf jenes kettenraucherzahngelbe Mini-Monstrum nun eigentlich auslösen würde - war sie sich doch mit einer unerschütterlichen Gewissheit im Klaren darüber, dass sie diese Konstruktion besitzen wollte. Musste. Allem Stilbruch zum Trotz wünschte sich Aya zumindest etwas mehr als eine Minute lang nichts sehnlicher, als auch solch ein kaum merklich blinkendes Lichtlein und ganz genau so eine hässliche, farblich vollkommen unpassende Taste im Zahlenfeld vor ihrem Labor ihr Eigen nennen zu dürfen.

Dann fiel ihr auf, dass dies eigentlich überhaupt nicht der Grund ihres Kommens gewesen war, und sie ließ in einer fast schon beschämten Geste ihre Fingerkuppe auf das kleine Plastikviereck niedersausen.

Der Effekt war anders, als Aya es vermutet hatte, wobei die ja an und für sich recht nahe liegende Tätigkeit, Vermutungen über die Funktionsweise des ihr unbekannten Mechanismus anzustellen, angesichts ihrer Woge von Neid aufgrund der bloßen Existenz dieser vollkommen unrechtmäßigen Privilegierung bislang sowieso eher zu kurz gekommen war. Zunächst einmal geschah jedenfalls nichts weiter als das, was sie auch von ihrem eigenen Labor, dort allerdings erst nach Eingabe des richtigen Zahlencodes gewohnt war: Ein mehr oder minder unauffällig im Edelstahlviereck verborgenes Türchen schob sich begleitet von einem leisen Surren zur Seite und gab den Blick auf ein schwarzes, von einem grün leuchtendem Raster überzogenes Feld von der etwaigen Größe eines Streichholzheftchens frei.

Und was dann geschah, ließ die junge Wissenschaftlerin erst einmal mehrere Sekunden lang in vollkommener Bewegungslosigkeit verharren, ganz und gar gefangen von dem Gefühl erstaunten Unglaubens, das von ihrem ganzen Körper, ebenso wie von ihrem Geist Besitz ergriffen hatte.

Das Zahlenfeld begann zu sprechen.

"Guten Tag", schnurrte es ihr in einer typisch monoton elektronischen Stimmlage entgegen, "bitte geben Sie sich zu erkennen."

Aya blinzelte und schenkte ihrem silber-naturweißen Gesprächspartner einen fragenden, dezent hilflosen Blick, den dieser allerdings nicht so recht zu bemerken schien. Seine Antwort bestand auch zunächst einmal nur aus Schweigen, bevor er dann in unnachahmlich maschinell genau reproduzierter Weise wiederholte:

"Bitte geben Sie sich zu erkennen."

"Ähm... ja, entschuldige", lächelte sie, deutete eine Verbeugung an und platzierte dann hastig ihren rechten Daumen auf der schwarzgrünen Fläche des Fingerprint-Scanners.

"M. Jaentschuldige ist keine gültige Namensbezeichnung", blökte ihr die einem Anrufbeantworter durchaus nicht unähnliche Tonbandstimme vorwurfsvoll entgegen. "Gast unbekannt. Zutritt verweigert."

Aya konnte gerade noch ihren Daumen zurückziehen, bevor die Silberklappe mit einem beunruhigenden Surren und einer ganz und gar nicht alltäglichen Geschwindigkeit wieder an ihren Platz zurückschnappte und noch zur gleichen Sekunde auch das tapfer blinkende Lämplein erlosch. In genau dieser Position - die rechte Hand fest mit der linken umschlossen und an die Brust gedrückt, die Augen groß und den Mund auf nicht unbedingt vorteilhafte Weise halb offen stehend - verbrachte Aya dann auch erst einmal einige Momente, bevor die erste Perplexität ihren Körper wieder verlassen hatte und sie sich endlich zu weiteren Folgehandlungen imstande sah.

Sie betätigte aufs Neue die Klingel, drückte und drückte in immer wütenderer Weise das kleine runde Plastik tief in seine Fassung hinein, doch der erwünschte Erfolg blieb aus. Das Blinklicht schwieg, auch das Betätigen der nebenstehenden Taste zog keinerlei Konsequenzen mehr nach sich, und erst nach geschlagenen zehn Minuten, in denen Aya mehr als nur einmal haarscharf an einem wutentbrannten Aufgeben vorbeigeschlittert war, zeigte sich endlich wieder eine positive Reaktion auf ihre verzweifelten Kontaktbemühungen. Das Lämpchen erstrahlte in altgewohntem Nicht-Glanz, das Scanfeld öffnete sich brav infolge eines sanften Drucks auf Mr. Naturweiß, und dann, als ob niemals etwas gewesen wäre, schnarrte ihr die mittlerweile schon durchaus vertraute Computerstimme entgegen:

"Guten Tag. Bitte geben Sie sich zu erkennen."

"A-ya Mi-tsu-yu-ki", antwortete die Dunkelhaarige nach einem kurzen Atemzug mit einer möglichst lauten, deutlichen, eindringlichen Stimme, fast ein bisschen so, als ob sie einem trotzigen Kind an der Supermarktkasse erklären wollte, dass es sich durch unkontrollierte und von sirenenhaftem Geplärre untermalte Wälzorgien auf dem schmutzigen Plastikboden auch nicht in den ersehnten Besitz der zum Greifen nahe stehenden Schokoriegel und Kaugummizigaretten bringen würde. Das Zahlenfeld hüllte sich daraufhin zunächst einmal in bloßes Schweigen, was zwar auf jeden Fall schon einmal besser war als ein erneuter Protest mit gerade soviel Vorwurf in der Stimme, wie es eine blechern monotone Bandansage eben zustandebringen konnte, aber immer noch nicht wirklich zu Ayas endgültiger Beruhigung beitragen wollte.

Das kurze, angesichts ihrer unverändert vorherrschenden Verwirrung jedoch leider nur enttäuschend oberflächliche Aufatmen folgte erst, als ein neongrüner Leuchtbalken von oben nach unten über das vormals noch schlafende Scanfeld des Fingerabdruck-Erkenners lief und ihr neuster kleiner Maschinenfreund in seinem nicht unbedingt herzlicher gewordenen Anrufbeantwortertonfall einmal mehr das Wort ergriff:

"Gast erkannt. Dr. ,A-ya Mi-tsu-yu-ki' (und an dieser Stelle wurde ihre eigene Stimme in den ohnehin eher trägen bis stockenden Redefluss des eigensinnigen Sicherheitsprogramms eingeblendet, was sich zu einer ungemein grotesk lächerlichen Toncollage zusammenfügte) wird erwartet. Bitte platzieren Sie ihren rechten Daumen auf dem dafür vorgesehenen Einlesefeld."

Aya tat wie ihr geheißen, brachte anschließend noch den obligatorischen Retina-Scan hinter sich und stand dann endlich - sie wagte kaum mehr daran zu glauben! - vor einer großen, hässlichen, schmucklosen Edelstahltüre, die sich von allen anderen großen, hässlichen, schmucklosen Edelstahltüren auf ihrem Korridor in erster und bedeutsamster Linie dadurch unterschied, dass sie nicht stumm und lethargisch an ihrem Platz zwischen den auch nicht gerade heimelig ansehnlichen weißen Wänden verharrte, sondern sich vielmehr leise summend zur Seite schob und somit den Weg in völlige Finsternis freigab.
 

Tatsächlich war von dem Labor auf der anderen Seite des hart umkämpften Tores nicht unbedingt viel mehr zu sehen als Schwarz, Schwarz und nochmals Schwarz, allerdings Schwarz in seiner bedrückendsten, staubigsten Form. Der Raum besaß - zumindest auf den ersten Blick - keinerlei feste Konturen, keine Wände, Ecken, Kanten, Möbel oder Maschinen, an denen man gleich welche Erkenntnisse über die Maße oder auch den Zweck besagter Räumlichkeit hätte treffen können. Alles versank in der Finsternis, schweigend, leblos, ohne jeglichen Versuch der Gegenwehr.

Aya schluckte.

Von ihrer sonstigen Affinität zu fremden Laboren, insbesondere solchen, die ihr noch gänzlich unbekannt waren und die es somit erst noch zu erobern galt, konnte sie momentan nicht auch nur den geringsten Anflug in sich wahrnehmen oder aufspüren. Sie sah die Schwärze und sie fühlte sich nicht wohl, wollte umdrehen, zurückkehren in ihr eigenes, behagliches Reich und dort schlicht und einfach behaupten, niemanden in den düsteren Hallen von 3 - 19 angetroffen zu haben. Eine einfache, vollkommen simple Lüge, zumal sie als Inhaberin und Chefin ihres eigenen Labors ja immer noch den Status einer gewissen Immunität innehatte, die sie vor unangenehmen Fragen und Vorwürfen recht zuverlässig schützen würde.

Trotzdem kehrte sie nicht um, sondern schritt langsam, mit nahezu angehaltenem Atem und großen, wachen Augen in das lichtlose Nichts hinein. Vielleicht lag es daran, dass ihr Stolz und nicht zuletzt auch ihr Pflichtbewusstsein es ganz einfach nicht zuließen, sich aus vollkommen nichtigen, mit keinerlei logischen Erklärungen zu rechtfertigenden Gründen vor solch einer essentiell wichtigen Aufgabe zu drücken - vielleicht war auch einfach nur die Angst, der lauernd schwarzen Gefahr den Rücken zuzukehren sogar noch ein bisschen größer als die, ihr todesmutig entgegenzutreten, jedenfalls setzte sie vorsichtig tastend einen Fuß vor den anderen, bis sie schließlich vollkommen in die Dunkelheit eingetaucht war.

Ein Letztes "Eintritt gewährt. Schicherheitsmodus wird zurückgefahren", begleitete ihren unsicheren Weg, dann schob sich die Türe auf ähnlich elegant surrende Art und Weise an ihren alten Platz zurück und nahm Aya so auch noch das letzte bisschen Neonlicht, das vom Gang aus zu ihr hereingedrungen war. Die Stille lastete nun umso bedrückender auf ihren schmalen Schultern, da auch alle anderen, möglicherweise Ablenkung versprechenden Sinnesreize verstummt waren. Sie spitzte ihre Lippen und begann eine leise Melodie vor sich hinzupfeifen, die sie irgendwann einmal gehört hatte und die ihr aus irgendwelchen Gründen im Gedächtnis haften geblieben war (sie meinte sich zu erinnern, das es in einem Film gewesen war, den sie erst vor kurzem gesehen hatte), aber auch das wollte nicht die rechte Erleichterung schaffen.

Glücklicherweise zog sich ihre kleine Odyssey durch die Finsternis des unbekannten Labors kaum mehr als drei Minuten hin, und selbst das auch nur, weil sie sich den eigentlich gar nicht mehr vorhandenen Sichtverhältnissen durch eine entsprechende Verlangsamung ihrer Schrittgeschwindigkeit anpasste. Der schwarze Raum konnte kaum mehr als fünf mal fünf Meter messen und war darüber hinaus auch vollkommen leer - zumindest in den Passagen die Aya mit weit nach vorne gestreckten Händen und ihrem sehnsuchtsvoll schwermütigem Liedchen auf den Lippen durchstreifte. Ihre kleine sensorische Erkundungstour endete somit auch schon sehr bald, was ihr aber durchaus Recht war, und zwar an der kühlen, glatten, nur minimal strukturierten Fläche einer Wand.

Aya tastete prüfend nach links und rechts, und tatsächlich gelang es ihr auf Anhieb, die vermeintlichen Umrisse einer Türe auszumachen. Ihre schlanken Finger fuhren suchend an beiden Seiten des metallisch kalten, momentan noch geschlossenen Portals entlang und ertasteten schon nach kurzer Zeit ein aus der Wand hervorstehendes Plastikviereck, in dessen Mitte sich eine kleine zylindrische Fläche abhob. Die junge Wissenschaftlerin übte vorsichtig leichten Druck auf diesen vermeintlichen Schalter aus, und tatsächlich schob sich die Metalltüre daraufhin ohne großes Murren zur Seite und gab den Blick auf den, wie Aya messerscharf schlussfolgerte, eigentlich nützlichen Teil des Labors frei.

Wobei man in diesem Fall auch tatsächlich wieder von einem Blick reden konnte, denn im vor ihr liegenden Raum herrschte nicht mehr länger Königin Finsternis über ein Reich von ungewissen Ausmaßen, nein, es war sogar alles mehr oder weniger gut erkennbar, wenn auch nicht wirklich und wahrhaftig hell im eigentlichen Sinne des Wortes. Vielmehr herrschte in dem überraschend großen Labor eine Art türkisgrün flackerndes Halblicht, das von sechs deckenhohen, etwa einen halben Meter durchmessenden Glasröhren herstammte, die mit einer klaren Flüssigkeit von bereits erwähnter Farbe angefüllt waren, durch die nur ab und an ein übermütig verspieltes Sprudeln lief.

Ansonsten waren die Röhren leer - ein Zustand, mit dem sie in der gut genutzten Weite des Raumes mehr oder minder alleine dastanden. Die Regale, die sich über die gesamte Wand zu ihrer Rechten erstreckten, waren so sehr mit Akten, Ordnern, lose zusammengehefteten Papieren und sonstigen Dokumenten, vor allem aber auch mit einer wahren Unzahl an Büchern vollgestopft, dass die junge Wissenschaftlerin ganz automatisch einen gewissen Sicherheitsabstand dazu einnahm (denn die Gesetze der Schwerkraft waren grausam und unbestechlich!), obgleich sie die meisten der Werke doch durchaus interessiert hätten.

Die andere Seitenwand des Labors war von langen Reihen gläserner Schränke überzogen, höchstwahrscheinlich Kühlschränke, in denen sich eine Petrischale an die Nächste reihte, ebenso Kolben, Reagenzgläser und Fläschchen, angefüllt mit vielfarbigen Flüssigkeiten, Körnchen, Salzen und anderen undefinierbaren Dingen, die jedoch aus irgendeinem Grund auch nur äußerst bedingt dazu einluden, in näheren Kontakt mit ihnen treten zu wollen. Sicherlich hätte Aya auch dieses medizinisch-chemische Eldorado gern einmal gründlicher und eingehender untersucht, aber da ihr dazu momentan eben leider Gottes der sterile Schutzanzug, die garantiert unkaputtbaren Gummihandschuhe und die zwar grauenvoll unansehnlichen, aber immerhin strahlungsimmunen, säurebeständigen und noch dazu ganz unwahrscheinlich bequemen Hochsicherheitsstiefel fehlten, hielt sich die junge Wissenschaftlerin auch von diesem überaus faszinierenden Teil des Mobiliars erst einmal vorsorglich fern.

Sie durchschritt den im steten Wechselspiel aus grellem Türkis und unsauber konturierten Schatten liegenden Mittelweg des Raumes, an den Licht spendenden Säulen vorbei und geradewegs auf den Altar, auf das Herzstück dieser andächtig flackernden heiligen Hallen zu. Einmal abgesehen davon, dass Aya für Religion im Allgemeinen nicht sonderlich viel übrig hatte und sie somit alle Labore guten Gewissens als irgendwie heilig betitulieren konnte, lag über diesem Exemplar hier eine ganz besondere Atmosphäre, die doch tatsächlich etwas... andächtig Bedeutungsschweres an sich hatte.

Vielleicht lag es ja nur am besonderen Aufbau des Labors, der tatsächlich entfernt an eine Kirche erinnerte, vielleicht an der verwirrend schnell über sie hereingebrochenen delikaten Wichtigkeit ihrer neusten Mission, oder auch schlicht und einfach nur daran, dass sie für solch optisch ansprechende Reize wie das lebendige Glühen der Wassersäulen, noch dazu in solch einer wundervollen Farbe wie Türkisgrün, eben ganz besonders empfänglich war. In jedem Fall aber schien etwas unwahrscheinlich Gewichtiges in der abgestanden desinfizierten Laborluft zu liegen, das sie auf ihrem kleinen Marsch durch das schöne Zwielicht begleitete, und so achtete Aya zunächst einmal gar nicht so sehr darauf, was genau es denn eigentlich war, dem sie sich derart feierlich dahinschreitend näherte.

Als sie es dann schließlich doch tat, da kam ihr als Allererstes und beinahe gegen ihren Willen der Gedanke in den Sinn, dass sie mit der Bezeichnung ,Altar' vielleicht gar nicht einmal so falsch gelegen hatte. Allerdings handelte es sich in diesem Fall wohl weniger um einen Altar im Sinne von christlichen Kathedralen, von Engelsprunk und Marienleiden, sondern vielmehr um etwas ungleich... Älteres. Blutigeres. Dunkleres. Etwas, das seinen Namen bestenfalls noch in einem außerordentlich makabren Sinne verdiente.

Was Aya sah, das war eine Opferstätte, eine chromblitzende, vollkommen sterile Opferstätte, eingewebt in ein Spinnennetz von Kabeln und Sonden, und in ihrem Zentrum lag eine reglose Gestalt.

Oder vielmehr das, was von dieser Gestalt noch übrig geblieben war. Beine und Arme fehlten nämlich komplett, und auf den zweiten Blick konnte Aya erkennen, dass selbst das letzte kümmerliche Stückchen Torso aufgeschnitten worden war und nun von langen hervorstehenden Klammern in diesem unnatürlichen Zustand gehalten wurde. Der Kopf war kahl geschoren, die Augen geöffnet, aber vollkommen leer und ausdruckslos, das Gesicht merkwürdig anonym und frei von jeglichen hervorstechenden Besonderheiten, maskenhaft, aber gerade deswegen durchaus nicht unattraktiv, sofern man angesichts des sonstigen Körperzustandes überhaupt noch von irgendwelchen positiven Reizen sprechen konnte.

Aya keuchte. Obwohl sie den Anblick der zahllosen Instrumente, der Skalpelle, Spritzen, Nadeln, Klammern und Spreizer an und für sich ja schon seit mehreren Jahren so sehr gewohnt war, dass sie für gewöhnlich nicht einmal mehr einen leisen Grusel oder gar Abscheu in ihr wachrufen konnten, erschreckte es sie doch, diesen lieblos zurückgelassenen Körper in einem so präzise auseinandergenommenen Zustand vorfinden zu müssen. Es genügte kaum mehr als ein flüchtiger Blick, um mit Sicherheit sagen zu können, dass es sich bei der Leiche oder Halbleiche gewiss nicht um einen Menschen handelte, aber gerade deshalb wurde sich die junge Wissenschaftlerin einmal mehr jener Gedanken bewusst, die sie in den vergangenen Tagen schon weitaus öfter verfolgt hatten, als ihr das lieb gewesen war.

Vor allem dachte sie an Ravin, an dieses merkwürdige, als makel- und gefühllos erschaffene Wesen, und wie sie es vor noch gar nicht mal allzu langer Zeit wie tot in den bleichen Laken eines Krankenhausbetts hatte liegen sehen. Die Tote auf dem Altar hatte die Augen geöffnet und irgendetwas sagte Aya, dass man ihr ganz gewiss nicht im schlafenden, betäubten oder gar bereits verstorbenen Zustand den Leib aufgeschnitten hatte. Und außerdem war es doch eigentlich überhaupt nicht zulässig, hier in diesem Labortrakt Lebendexperimente an Menschen oder Cyborgs durchzuführen, sozusagen Tür an Tür mit ihr selbst! Warum um alles in der Welt sollte INFERIA also ein derart hohes Risiko eingehen, von den ortsansässigen Aufsichtsbehörden bei diesen längst schon per Interplanetarer Verfassung verbotenen Praktiken erwischt zu werden, wo sich doch in nächster Nähe sicherlich eine ganze Unzahl winziger Trabanten finden ließ, die mindestens ebenso viele unregistrierte Labore und Lagerhallen beheimateten?

Außerdem war sie sich mit einem Mal gar nicht mehr so sicher, ob sie den Besitzer, Erschaffer und Bearbeiter dieses grausigen Altares auch tatsächlich kennen lernen wollte.

Die junge Wissenschaftlerin wich hastig zwei Schritte nach hinten zurück und wollte sich gerade wieder herumdrehen, um dem rettenden Ausgang entgegenzueilen, als sie mit einem Mal gegen irgendetwas prallte, das hinter ihr stand. Etwas, das nur wenige Minuten zuvor ganz gewiss noch nicht dort gewesen war, denn der Weg zwischen den leuchtenden Pfeilern hindurch war doch breit und vor allem auch leer genug, um keinerlei unliebsame Kollisionen fürchten zu müssen. Dann jedoch fühlte Aya, wie ein flüchtiger, warmer Lufthauch ihre Wange streifte, hörte noch in der nächsten Sekunde auch die zugehörigen Atemgeräusche und begriff dann endlich und mit einem gewissen Anflug von Entsetzen, dass es ja eigentlich gar nicht wirklich irgendetwas war, mit dem ihr Rücken da eben auf so unsanfte Weise Bekanntschaft hatte machen dürfen, sondern vielmehr... irgendjemand.

"Willkommen auf unserer verrückten kleinen Teeparty", flötete ihr eine Stimme ins Ohr, gefolgt von einem Lachen, und noch während Aya herumfuhr, begriff sie, dass es ein Fehler gewesen war, auch nur einen einzigen Fuß in dieses vermaledeite Labor zu setzen, ein Fehler durch und durch und von Anfang an. Nun jedoch war es zu spät, denn zwischen ihr und dem Ausgang stand nun ein Engel, der sprichwörtliche Engel mit dem flammenden Schwert und den flammenden Augen und Haaren und überhaupt, der ihr mit einem tödlichen Lächeln auf den Lippen den verheißungsvollen Pfad zum Tor des Paradieses verwehrte.
 

Gut, vielleicht war dieses Paradies ja auch einfach nur jener unbeschreiblich langweilige Korridor, den sie Tag für Tag durchquerte, ohne wirklich groß Notiz von ihm zu nehmen. Vielleicht war das flammende Schwert doch eigentlich vielmehr ein länglich ovales Silbertablett, auf dem zwei filigrane Tässchen und eine mit altmodisch zartem Rosendekor verzierte Teekanne thronten, von der bestenfalls noch seichte, sanft gekräuselte Rauchschwaden, in gar keinem Fall aber tödliche Flammen aufstiegen. Und vielleicht war der Engel auch überhaupt kein wirklicher Engel, sondern ganz einfach nur ein Mensch, ein Wissenschaftler, um genau zu sein, wobei letztere Erkenntnis ihrer ersten Theorie schon mal ganz definitiv widersprach.

Das alles änderte jedoch nichts daran, dass der Fremde ganz unzweifelhaft so aussah wie der Prototyp eines jeden himmlischen Boten, und zunächst einmal war sich Aya auch gar nicht so sicher, ob sie nun einen Mann oder eine Frau vor sich stehen hatte. Die Stimme und auch die Statur der merkwürdigen Erscheinung ließen sie zwar letztlich doch auf ein männliches Wesen schließen, aber völlig sicher war sie sich trotz allem nicht. Das Gesicht des vermeintlichen Engels war nämlich beispiellos androgyn, ja beinahe eher feminin geschnitten, sehr schmal, mit schönen, klassischen Gesichtszügen und hellbraunen Augen, die hinter zwei runden Brillengläsern hervorblitzten. Irgendetwas an diesen Augen war seltsam, anders als bei allen anderen Augen, in die Aya jemals zuvor gesehen hatte, aber sie konnte diesen unübersehbaren Unterschied beim besten Willen nicht definieren, was sie wohl nicht zuletzt auch den unnatürlichen Lichtverhältnissen zuschreiben konnte.

Um das engelsgleiche Bildnis komplett zu machen durfte ihr Gegenüber auch noch goldblondes, leicht welliges Haar sein Eigen nennen, das ihm zu einem langen Zopf geflochten über die Schulter hinabfiel. Unten wurde dieser Zopf von einem dunkelblauen Schleifchen zusammengehalten, wirkte jedoch alles in allem recht lose, fast ein wenig unordentlich, und etliche kürzere Strähnen hatten sich daraus gelöst und fielen dem vermeintlichen Engel vor das porzellanfarbene Gesicht. Unter seinem weißen Laborkittel, in dem er mit seiner schlanken Statur ein ganz klein wenig verloren wirkte, trug er einen engen schwarzen Rollkragenpullover aus glattem Stoff, etwas abgenutzte Jeans und ein silbernes Kreuz um den Hals.

Der einzige Stilbruch im himmlischen Gesamtbild seines unbestreitbar anziehenden Äußeren war das Lächeln auf seinen Lippen, dieses unbefangene, keineswegs aufgesetzt anmutende Lächeln, dem doch aus irgendeinem Grund so eine gewisse Spur von Wahnsinn anhaftete, die nicht so recht zu dem Idealbild eines Engels passen wollte.

"Sie sind Aya Mitsuyuki, habe ich Recht?", erkundigte sich der Wissenschaftler mit einem einladenden Nicken und streckte ihr seine Hand mit dem Teeservice ein Stückchen weiter entgegen. "Ich habe schon gehört, Sie würden kommen, was mich natürlich sehr freut, insbesondere deshalb, weil wir ja quasi Nachbarn sind. Ein lustiger Gedanke, finden Sie nicht? Da lebt man Tag für Tag Tür an Tür miteinander, ohne überhaupt das Gesicht des anderen zu kennen! Wie in Hochhäusern, da hört man ja auch immer diese Geschichten, dass alte Frauen sterben und erst nach Jahren gefunden werden, wenn sie schon ganz verwest und von Würmern aufgefressen worden sind..." Er kicherte. "Ob uns das hier wohl auch passieren könnte? Nehmen Sie doch, nehmen Sie doch, hab ich extra für Sie gemacht!"

Der plötzliche Wechsel von Labornachbarschaften zu verwesenden Rentnerinnen und wieder zurück zur dampfenden Teekanne kam selbst für Ayas wachen Verstand ein klein wenig unerwartet sprunghaft, und so zögerte sie mehr als nur einen Augenblick lang, dem großzügigen Angebot des seltsamen Engels auch wirklich nachzukommen. Dann jedoch umfasste sie vorsichtig den Porzellangriff des nostalgisch wertvollen Gefäßes und ließ seinen scharlachroten Inhalt langsam in eines der Tässchen plätschern. Ein herrlich süßer Duft von Vanille stieg ihr in die Nase, begleitet von etwas anderem, das sie nach einigem Überlegen als Himbeeraroma ausmachen konnte.

"Na also", lächelte der Blonde ihr sichtlich zufrieden entgegen, stellte sein Tablett dann neben der Tastatur eines großen, momentan offensichtlich nicht in Betrieb genommenen Computers ab, der wie einige andere Dinge im Labor auch merkwürdig altmodisch anmutete, und goss sich ebenfalls eine Tasse des wundervoll warmen Getränkes ein. "Und nun, da ich Ihnen mein kleines Präsent hier überreicht habe, erzählen beziehungsweise zeigen Sie mir doch bitte das Ihrige. Was haben Sie mir denn für ein Geschenkchen mitgebracht, meine liebe Weise aus dem Morgenland?"

"Ähm - das hier", murmelte Aya reichlich konsterniert, während sie das kleine Plastiktütchen aus der Tasche ihres wie gewohnt recht kurzen weißen Rockes zog, jenes schicksalhafte Relikt eines blutigen Abends, das überhaupt erst ihr Freifahrtschein in dieses ansprechend beleuchtete Irrenhaus gewesen war. "Ich weiß nicht, inwiefern Sie mit den Hintergründen der Tat vertraut sind, aber man hat dies hier am Tatort gefunden und der Täter scheint es verloren zu haben. Keine Ahnung, was genau es nun eigentlich sein soll, aber um Gold, Weihrauch und Myrrhe wird es sich dabei wohl nicht unbedingt handeln. Wobei - man weiß nie."

Der kitteltragende Engel sah sie einen Moment lang mit großen Augen an, dann blinzelte er, neigte seinen Kopf ein Stück weit zur Seite und blinzelte erneut.

Und dann brach er ganz plötzlich in ein schallendes Lachen aus - ein ganz und gar unbeschreiblich hysterisches Lachen, das einmal mehr diesen gewissen Hauch von Wahnsinn mit sich brachte, der in diesem Fall jedoch eigentlich schon gar kein Hauch mehr war, sondern ein Wirbelsturm von wahrhaft brachialen Ausmaßen. Ein Wirbelsturm, der überhaupt nicht mehr enden wollte, denn der blonde Wissenschaftler lachte und lachte unentwegt, prustete, schnappte nach Luft und hielt dann inne. Schloss seine dunklen Augen, atmete etliche Male tief durch, bevor er seinen Blick erneut auf Ayas Gesicht zu richten wagte. Und wurde dann prompt von einer weiteren Sturmflut des Lachens mitgerissen, klopfte sich noch ab und an mit der rechten Hand auf den rechten Oberschenkel, während er ansonsten scheinbar schon mehr als genug damit zu tun hatte, gleichzeitig zu lachen und nicht an diesem Lachen ersticken zu müssen.

Aya sah diesem plötzlichen Ausbruch unerwarteter Heiterkeit knapp fünf Minuten lang schweigend zu, dann räusperte sie sich etliche Male, und als auch diese Versuche, die Aufmerksamkeit ihres ewig lachenden Gegenübers endlich wieder auf ihre Person zu lenken, kläglich scheiterten, legte sie stattdessen zögerlich eine Hand an dessen Schulter und rüttelte vorsichtig daran, wie um einen Schlafenden auf sanfte Weise in die harte Realität zurückzuholen. Selbst durch den Laborkittel und den Stoff des Pullovers hindurch konnte sie fühlen, dass der junge Mann wirklich sehr schlank sein musste, ungewöhnlich schlank, und irgendetwas an dieser Erkenntnis, gepaart mit dem ganz unwahrscheinlich irrsinnigen Gelächter erschreckte sie so sehr, dass sie ihre Hand doch weitaus schneller wieder zurückzog, als es noch höflich gewesen wäre.

"Wa-was?", stieß der Blondschopf keuchend hervor, hob seine Brille ein Stück weit an und wischte sich kopfschüttelnd die Tränen aus den Augen. "Also, das... das ist doch wirklich eine ganz absurde Vorstellung, finden Sie nicht? Da ziehen die heiligen drei Könige, die übrigens eigentlich gar keine Könige waren, so weit ich mich recht erinnere, sondern Gelehrte, durch die Straßen der Stadt und berauben die Menschen ihrer Gehirne, um sie dem Jesus-Kind als Geschenke vorzubringen. Und verlieren dabei ausgerechnet ihren Weihrauchbeutel, getarnt als Extasy-Pillen... wobei, umgekehrterweise soll das tatsächlich sogar schon öfters mal vorgekommen sein, Drogen getarnt als Kirchenutensilien, Weihrauch und Oblaten, und dann hat man die Päckchen verwechselt und eine ganze Kirche voll rechtschaffener alter Menschen wurde high und der geldgierige Pfarrer wegen vermeintlichen Betruges von seinen Auftraggebern erschossen... glaubt man das? Ich finde diese Geschichte so unheimlich lustig, lustig, aber vor allem absurd, es ist alles so wundervoll absurd..."

"Ja... das soll es ja geben, solche absurden Dinge", stimmte Aya mit einem schiefen Lächeln auf den Lippen zu und ließ dabei wie zufällig einen Blick über ihr Gegenüber schweifen, was dieses allerdings nicht zu bemerken schien. "Gerüchteweise."

"Das ganze Leben ist absurd, und der Tod noch vielmehr", nickte der seltsame Engel stattdessen. Dann plötzlich stockte er jedoch und blinzelte erneut, sodass Aya einige grausige Sekunden lang einen weiteren Lachanfall zu befürchten hatte und spontan einen halben Schritt nach hinten zurückwich. Weiter kam sie nicht mehr, denn noch im nächsten Augenblick hatte der Wissenschaftler auch schon ihre Hand gepackt und begann nun auf reichlich unsanft-euphorische Weise, diese ein ums andere Mal auf- und abzuschütteln. "Ach, wissen Sie, da hab ich doch tatsächlich schon die ganze Zeit lang hin- und her- und wieder zurücküberlegt, ob ich nicht doch irgendetwas unwahrscheinlich Wichtiges vergessen habe, etwas sehr Wichtiges sogar, ja, und sehen Sie, da fällt es mir doch auch glatt wieder ein. Ich habe mich nämlich noch gar nicht vorgestellt, glaube ich. Oder doch? Also, das ist wirklich zum Verzweifeln! Man sagte mir ja schon das eine oder andere Mal nach, so ein kleines bisschen zerstreut zu sein, und wenn man sich das hier mal so ansieht, ach, man könnte glatt damit anfangen, dran zu glauben. Allerdings glaub ich ja prinzipiell nicht - ich weiß nur."

"Hey, das... sage ich auch immer", entgegnete die Wissenschaftlerin, während ihre Augen kurz und sehnsuchtsvoll zum metallenen Rechteck der Ausgangstüre hinüberglitten. "Und um auf die andere Frage zurückzukommen: Nein, haben Sie noch nicht."

"Was habe ich noch nicht?", fragte der junge Mann mit einem Ausdruck perfekter Ahnungslosigkeit auf dem schönen Gesicht, während seine Hand in unverändert abgehackter Gewaltsamkeit damit fortfuhr, Ayas vollkommen hilflose und mittlerweile auch schon halb zerdrückte Finger in einer reichlich missglückten Begrüßungsgeste umherzureißen. Die Dunkelhaarige stieß einen leisen, verzweifelten Seufzer hervor, während sie sich weiterhin zu so etwas ähnlichem wie einem positiven Gesichtsausdruck zwang.

"Sich vorgestellt", antwortete sie möglichst kurz und möglichst desinteressiert, um einem längeren Gespräch nach Leibeskräften aus dem Weg zu gehen, was ihr aber offensichtlich nicht gelang.

"Oh, tatsächlich nicht?" Der Blondschopf machte große Augen und schüttelte Ayas Linke spontan noch ein kleines bisschen gewaltsamer umher.

"Nein, tatsächlich nicht", gab sie in einem derart trockenen Tonfall zurück, dass die letzten Überreste des Tees, den sie immer noch in ihrer rechten Hand hielt, augenblicklich zu tausend roten Krümeln verklebten und sich auf jene unnachahmlich hartnäckige Weise, wie sie eben nur Teebodensätze beherrschten, an das weiße Porzellan im Inneren der Tasse zu heften begannen. "Aber man muss ja auch zu Ihrer Entschuldigung anmerken, dass sie nun schon seit geschlagenen vier bis sieben Minuten damit beschäftigt sind, mir die Hand zu reichen. Wer könnte es Ihnen da noch verübeln, wenn Sie andere Dinge stattdessen eben doch ein kleines bisschen zu kurz kommen lassen?"

"Ich... oh." Der Wissenschaftler stieß Ayas Hand mehr von sich, als dass er sie losließ, so schlagartig und entgeistert, als ob es sich dabei um einen radioaktiv verseuchten Waschlappen und nicht einfach nur um menschliches Fleisch handeln würde. Er schloss die Finger der linken Hand fest um seine Rechte und presste beide an seine Brust, während sich ein äußerst verlegenes Lächeln auf sein engelsgleiches Gesicht stahl. "Das habe ich ja ganz vergessen. Wundern Sie sich nicht, so etwas passiert mir öfters. Und ich heiße Kagami, Kagami Mizuhara, aber ich habe nichts dagegen, wenn Sie mich einfach nur Kagami nennen."

"Kagami Mizuhara?" Nun war es Aya, die ihrerseits große Augen machte. " Sie sind Kagami Mizuhara?"

"Ja. Wieso?"

"Mein Gott... ich hatte ja keine Ahnung, dass ausgerechnet Sie genau an meiner Seite arbeiten! Ich... ich habe ihre letzte Abhandlung gelesen, über das Zusammenspiel von verschleppten Grippekrankheiten mit den neuerdings auftretenden Mutationsformen des Somnia-Virus. Das war... beeindruckend, wirklich. Und auch die vorherigen Werke, ich... habe wirklich selten jemand derart treffend und präzise über Krankheitserreger schreiben sehen!"

"Oh, das freut mich natürlich ganz besonders!" Auf Kagamis Gesicht breitete sich ein umso strahlenderes Lächeln aus. "Vor allem, da ohne diesen... wundervollen Raum hier... vielleicht keines meiner Werke überhaupt erst in Druck gegangen wäre. Ich sehe vielleicht nicht so aus, aber wenn es sein muss, bin ich sehr, sehr selbstkritisch. Ich würde nie im Leben auch nur eine einzige Zeile veröffentlichen, wenn ich sie nicht vorher meinen Kindern vorgelesen habe und ich merke, dass sie damit auch einverstanden sind."

"Aha", machte Aya, während sie sich krampfhaft darum bemühte, das heiß und fordernd in ihren Muskeln brennende Stirnrunzeln niederzukämpfen. In ihrem Geiste erwachte die Vision einer Meute von wahnsinnigen blondhaarigen Mini-Engeln, die mit Reagenzgläsern in der einen und Kettensägen in der anderen Hand durch eine chaotisch altmodische Wohnung tollten, um dort nicht viel mehr als eine Trümmerlandschaft aus Schutt und Asche übrig zu lassen, wahrhaft apokalyptisch in ihren Ausmaßen und ein Bildnis derart radikaler Zerstörung, dass es selbst der jungen Wissenschaftlerin einen kalten Schauer über ihren Rücken hinabjagte. "Das ist ja schön. Ich... wusste überhaupt nicht, dass Sie Kinder haben."

"Doch, ganz viele", nickte der Blondschopf. Aya schluckte. "Aber wo wir schon einmal von ihnen reden, warum sagen Sie nicht gleich Hallo zu ihnen? Meine Kinderchen werden Sie lieben!"

Er nahm Aya die Teetasse aus der Hand und stellte sie neben seiner eigenen auf dem Tablett ab, dann beschrieb er einen träumerisch tänzelnden Bogen quer durch das meeresfarbene Flackern des Labors hindurch und kam vor der gläsernen Schrankwand zum Stehen. Und da, ganz plötzlich, ging eine merkwürdige Veränderung mit seinem Lächeln vor, die schwer in Worte zu fassen oder auch nur irgendwie sinnvoll zu deuten war. Es erschien mit einem Mal... leiser, ruhiger, introvertierter, fast schon ein bisschen geistesabwesend, und seine Lider sanken um wenige Millimeter nach unten. Die weißen Finger des Mannes strichen behutsam... liebevoll über das Glas der großen Türen, und obwohl Aya lediglich sein schönes Profil sehen konnte, erkannte sie doch mit einem Mal eine tiefe, aufrichtige Wärme in den braunen Augen, die zuvor noch nicht dort gewesen war.

"Na", murmelte er, wobei er vielmehr zu sich selbst als tatsächlich zu der jungen Wissenschaftlerin zu sprechen schien, "wie geht es meinen kleinen Lieblingen denn heute? Darf ich vorstellen? Das hier ist die Tante Aya!"

"Das sind also... Ihre... Kinder?" Aya zog beide Augenbrauen hoch und bedachte die väterlich stolze Miene, ebenso wie die zärtlichen Streicheleinheiten des mittlerweile schon ganz, ganz tief in die große Schublade mit der leuchtend roten Aufschrift ,Vorsicht! Wahnsinnig!' gesteckten Engels mit einem ungemein kritischen Blick. "Entschuldigen Sie bitte meine Dummheit, aber einen Moment lang habe ich doch glatt gemeint, das wären Krankheitserreger. Wie bin ich nur darauf gekommen?"

"Ach, machen Sie sich da mal keine Gedanken, das glauben viele", winkte Kagami hastig ab und schenkte der Dunkelhaarigen ein milde verzeihendes Lächeln. "Sie nehmen das einem auch gar nicht übel, es sind brave Kinder. Dabei haben manche von ihnen schon so viel mitgemacht! Sehen Sie hier, die Pest, und daneben Cholera, beides arme Weisenkinder, die ganz allein auf der Welt sind und kaum mehr Brüderchen und Schwesterchen haben. Und dort, die Tuberkulose. Das Arcacia-Virus, gegen das ich erst vor kurzem selbst einen Impfstoff entwickelt habe. Oder Polio, das mag ich ganz besonders. Ich sage immer Poli dazu, oder Poli-chan, wenn es mal besonders lieb ist..."

"Also, das ist ja nett!", entgegnete Aya mit einem derart erzwungen falschen Lächeln auf ihrem Gesicht, dass sie tatsächlich leise protestierende Schmerzensschreie aus der Richtung ihrer Mundwinkel zu vernehmen glaubte. "Und lassen Sie mich raten, Ihre Kindchen haben hier auch einen netten kleinen Spielplatz gefunden", fügte sie mit einem bezeichnenden Seitenblick auf den mit chirurgischer Präzision zerstückelten Frauenkörper hinzu.

Kagami kicherte.

"Den habe ich extra für sie gebaut", verkündete er, nicht ohne einen gewissen Stolz in der Stimme. Dann blinzelte er, nestelte kurz an seiner Brille herum und sah die dunkelhaarige Frau mit großen, fragenden Augen an. "Sie haben doch wohl nicht geglaubt, dies wäre ein Mensch? Oder gar ein Cyborg? Nein... nein, es ist nur ein Modell, allerdings ein vollkommen realistisches, an dem ich jede Auswirkung von meinen Kleinen auf den menschlichen Organismus simulieren und analysieren kann. Es wird alles aufgezeichnet, ausgewertet und eingespeichert, ganz so, als ob der Erkrankte ein Mensch wäre, was er aber natürlich nicht ist. Immerhin ist das ja verboten!"

Aya nickte nur, aber aus irgendeinem Grund wollte sie der lapidar hinzugefügte Nachsatz des blonden Wissenschaftlers doch nicht uneingeschränkt beruhigen. Es mochte an dem allzu sachlichen Tonfall Kagamis gelegen haben, mit dem er diese Erklärung so beiläufig in den Raum gestellt hatte, vielleicht auch an dem dann und wann im Ausdruck schwankenden, aber doch niemals vollständig schwinden wollenden Lächeln auf seinem Gesicht oder ganz einfach nur an Ayas dezent überspannten Nerven. Aber mit einem Mal wurden die Fluchtfantasien in ihrem Inneren allzu übermächtig, die Last auf ihrer Brust und ihren Schultern hingegen unerträglich schwer, erdrückend schwer, sodass sie fürchtete zu ersticken, wenn ihr nicht endlich ein kurzes, rettendes Nach-Luft-Schnappen gewährt werden würde.

"Ja", lächelte sie krampfhaft, "mit den Pflichten und Verboten ist es eben so eine Sache. Und wo wir schon einmal davon sprechen: Mir fällt gerade auf, wie spät es bereits geworden ist, dabei habe ich es doch so eilig! Immerhin geht bald mein Flug, packen muss ich ja auch noch, und so leid es mir tut, ich fürchte, wir werden diese Unterhaltung ein anderes Mal fortsetzen müssen."

"Ich freue mich schon darauf! Und es ist auch überhaupt nicht schlimm, wissen Sie, ich habe ja auch noch so viel zu tun. Erst vor kurzem habe ich doch dieses biologische Nervengift entwickelt, Red Eve, und jetzt möchte mein süßer Liebling unbedingt noch Spazieren geführt werden, und, ach, ich kann der Kleinen einfach keinen Wunsch abschlagen! Außerdem bliebe da ja noch Ihr nettes kleines Fundstück, das ich natürlich auch so bald wie möglich analysieren werde. Ich gebe Ihnen dann Bescheid, wenn ich mehr darüber weiß. Ihnen wünsche ich dann erst einmal viel Glück bei Ihrem Auftrag, und - nicht den Kopf verlieren, ja?"

Eine neuerliche Lachsalve brach über Kagamis weiße Lippen hervor, und sofort hatte es Aya sogar noch ein kleines bisschen eiliger, das fahle Flackerlicht des merkwürdigen Labors endlich wieder hinter sich lassen zu können. Sie hatte mehr als genug von Kindern namens Pest und Poli-chan, sie hatte genug von widerwärtigen Infektions-Simulatoren und hysterisch kichernden Engeln, im Grunde genommen hatte sie ganz einfach genug von der ganzen Welt und sie sehnte sich nach ihrer Badewanne und einer heißen, duftenden Tasse Latte Macchiato (jetzt ganz neu mit dem Aroma gebrannter Mandeln!), so sehr wie sie sich selten zuvor danach gesehnt hatte.

Gebannt von all diesen unerfüllbaren Wunschträumen konnte Aya später gar nicht mehr so genau sagen, warum sie sich dann doch noch einmal umgedreht und einen kurzen Blick über die Schulter zurückgeworfen hatte. Sie wusste auch nicht, ob es ihr sofort oder doch erst mehrere Stunden später, im Raumgleiter oder gar auf der Schaukel im Zwielicht des Abends aufgefallen war, aber kaum, da sie es bemerkt hatte, fühlte sie doch überdeutlich die subtile Gewichtigkeit dieser denkwürdigen Erkenntnis.

Als ihre Augen nämlich den kleinen Chromtisch mit dem Flatscreen und der Computertastatur streiften, da konnte sie dort eben lediglich noch besagten Tisch, besagten Flatscreen und besagte Computertastatur erkennen, nicht mehr und nicht weniger und schon gar kein altmodisch niedliches Teeservice, das zart bemalt und heimelig dampfend sein beschauliches Leben inmitten von Hightech und tödlichen Krankheitserregern fristete. Das Tablett samt seiner puppenstubenhaften Last war schlicht und einfach nicht mehr da. Kagami stand immer noch lachend und winkend an seinem Platz zwischen den deckenhohen Kühlschränken und der aufgeschnittenen Leiche, die eigentlich überhaupt keine aufgeschnittene Leiche war, und Aya war sich eigentlich auch vollkommen sicher, dass während ihres Gespräches niemand den Raum betreten oder verlassen hatte. Und trotzdem war es so, wie es nun einmal war:

Das Teeservice war und blieb verschwunden.
 

"D!!!!!!"

Ayas Ruf hallte laut und bebend durch die Zimmer und Flure ihres kleinen Labors, brachte Wände, Gläser und Computerbildschirme zum Erzittern und trieb in seiner alles vernichtenden Vehemenz ganz spontan auch ein leises Kratzen durch ihren eigenen Hals. Sie hustete kurz und trocken, stemmte sich dann nur umso wütender beide Hände in die Seiten und stapfte mit zornesroten Wangen auf die wie erstarrt vor dem Kaffeeautomaten stehende, schwarzhaarige Gestalt zu. Diese wandte sich langsam, sehr, sehr langsam zu ihr herum, und auf ihrem Gesicht lag ein derart unschuldig flehendes Grinsen, dass es der Dunkelhaarigen spontan in den langen, schlanken Fingern zu jucken begann.

"D, was hast du dir dabei gedacht?!", stieß sie mit vernichtendem Groll in der Stimme hervor und funkelte dem jungen Mann mit ihren dunklen Augen todbringend düster entgegen. "Reicht es nicht, dass du gemeinsam mit deinem perversen kleinen Freundchen einfach so und ohne mich zu fragen irgendwelche Verträge aushandelst und Aufträge nicht nur annimmst, sondern sie auch gleich noch nach deinen fragwürdigen Ideen und Plänchen zu designen beginnst?! Nein, jetzt lässt du mich auch noch mutwillig mitten ins Messer laufen und, lass mich raten, du hattest deinen Spaß dabei!"

"Aya", entgegnete D, und auf sein eben noch stumm um Gnade bittendes Gesicht trat spontan ein feierlich ernster Ausdruck, "ich schwöre, ich habe keinerlei Ahnung, wovon du sprichst."

" Tante Aya, wenn ich bitten darf!" Die junge Wissenschaftlerin bleckte die Zähne. "Und, um es mal mit deinen Worten auszudrücken, ich schwöre, ich habe keinerlei Ahnung, auf welche Weise ich nun deinen Kopf von deinem Körper abtrennen werde, aber glaube mir, es wird mir noch einfallen, eher, als du denkst!"

"Findest du das jetzt nicht ein... ganz klein wenig martialisch?"

"Nein, ich finde es gnädig!", schnaubte Aya und verschränkte die Arme vor ihrer Brust. "Ich meine... du hättest es doch einfach nur erwähnen... ja, wenigstens andeuten können, dass ich hier Tag für Tag und Nacht für Nacht mit solch einem... einem Psychopathen sondergleichen sozusagen in bester Nachbarschaft meinen Dienst verrichte! Aber nein, nein, warum auch? Schicken wir doch lieber die dumme, unwürdige Aya ohne auch nur ein einziges Wort der Vorwarnung geradewegs in dessen bluttriefende Klauen, auf dass er mich zerreißen und seiner Virenkollektion zum Fraß vorwerfen kann!"

"So etwas nennt man Empirie", verkündete D und strahlte über das ganze Gesicht. "Darauf stehst du doch so sehr, dachte ich!"

"So etwas nennt man Sadismus", gab die Dunkelhaarige grummelnd zurück. "Da drüben geht es doch weiß Gott nicht mit rechten Dingen zu, schon gar nicht in dem seinem Kopf!"

"Ist doch schön, dass ihr Wissenschaftlergenies euch endlich mal kennen gelernt habt", grinste der junge Hacker nur umso breiter. "Ich dachte mir schon, dass ihr euch bestimmt gut verstehen würdet."

"Oh ja, und wie!" Aya rollte mit den Augen. "Ich würde ihn ja am liebsten hier und auf der Stelle heiraten, aber ich möchte doch den armen Kinderchen nicht ihren lieben Papa wegnehmen..."

"Wie großmütig von dir."

"Genau, großmütig. Aber weißt du, D, selbst meine Großmut kennt ihre Grenzen, und diesen Grenzen bist du heute leider ein klein wenig zu nahe gekommen, weshalb ich dir..."

Just in diesem Augenblick fiel der dunkelhaarigen Frau das tropfenartig monotone Gedudel ihres laborinternen Telefonläutens ins Wort und setzte ihrer bedrohlichen Standpauke so ein überaus rasches, wenig melodisches Ende.

"Aya, Telefon!", verkündete D auch prompt mit einem halb schadenfrohen, halb erleichterten Lächeln auf seinen Lippen, und so rang sich Aya lediglich noch ein resigniertes Seufzen ab, bevor sie sich notgedrungen in ihr Schicksal fügte und mit hängenden Schultern zu dem nervenzerfetzend penetrant um Aufmerksamkeit ringenden Plastikgerät trottete, den Hörer abnahm und mit erstaunlich gekonnt aufgesetzter Fröhlichkeit in den Lautsprecher säuselte:

"Guten Tag, Dr. Aya Mitsuyuki von INFERIA Technologies am Telefon, was kann ich für Sie tun?"

"Dr. Aya Mitsuyuki?", antwortete eine warme, angenehm tiefe Männerstimme am anderen Ende der Leitung. "Was für ein Glück, dass ich Sie direkt erreiche, ich hab schon gar nicht mehr damit gerechnet, es geht mir nämlich selten so."

Ein kurzes Lachen ertönte, auf das dann erst einmal nichts als beharrliches Schweigen folgte.

Aya räusperte sich.

"Ähm... wie genau kann ich Ihnen helfen? Mit wem spreche ich denn überhaupt?"

"Wer ich bin und was ich möchte tut nichts zur Sache, aber betrachten Sie mich als einen Freund. Und seien Sie bitte froh darüber, Sie werden nämlich bald nicht mehr sonderlich viele davon haben, wenn Sie so weitermachen. Falls Sie aber unbedingt einen Namen brauchen, nennen Sie mich eXinfernis."

"Wie bitte? Ex infernis?"

"Ich sagte doch, es tut nichts zur Sache, und ich hoffe auch, dass wir nicht noch einmal miteinander sprechen müssen. Hören Sie mir gut zu, Aya Mitsuyuki: Bleiben Sie weg. Egal, was Sie vorhaben, lassen Sie es sein. Es gibt viele reiche Menschen in diesem Quadranten, gehen Sie zu denen, da bekommen Sie auch Ihren Ruhm und Ihren Reichtum. Nur bleiben Sie weg von hier..."

Aya keuchte. Obwohl sie es vor jedem anderen Menschen außer sich selbst wohl um nicht in der Welt hätte zugeben wollen, aber auch sie brauchte ab und an so etwas wie vollkommen anspruchslose, ihre emsigen kleinen Gehirnzellen nicht auch nur im Geringsten anstrengende und vor allem möglichste niveaulose Unterhaltung und in diesen schwachen Momenten hatte selbst sie sich bereits dem zweifelhaften Genuss des einen oder anderen Teenie-Horrorstreifens hingegeben. Sie kannte die Bilder von schwer atmenden, nur mit einem unschuldig weißen Bademantel bekleideten Mädchen, die sich zitternd und schluchzend mit ihrem Telefonhörer in der einen und einem Küchenmesser in der anderen Hand stets nur in den obersten Stockwerken ihrer hübschen kleinen Häuschen verschanzten, gefangen in jener grausam hilflosen Gewissheit, ununterbrochen und von irgendwoher beobachtet zu werden.

Obwohl die kühl denkende Wissenschaftlerin das meist nicht unbedingt von Intelligenz und logischem Sachverstand geprägte Verhalten der bildhübschen Protagonistinnen stets milde-herablassend belächelt hätte, so musste sie sich nun ganz plötzlich und von einer Sekunde auf die nächste eingestehen, dass sie jedes einzelne dieser nervigen Dinger aus tiefstem Herzen verstehen konnte. Das Plastik des Telefonhörers ruhte schwer und klebrig in ihrer Hand, und das leise Atmen am anderen Ende der Leitung schien doch eigentlich vielmehr ihren Nacken zu streifen.

Irgendjemand starrte sie an.

Ayas dunkle Katzenaugen glitten nervös über die mittlerweile doch schon recht vertraute, mit einem Mal aber ganz ungewohnt und beunruhigend... abweisende Umgebung ihres Labors, aber natürlich war da niemand außer D. Einigen Maschinen. Türen. Vielleicht auch zwei, drei verborgenen Überwachungskameras, die sie nicht sehen konnte, die aber ohne jeden Zweifel nur in irgendwelche Spitzelzimmer vierzehn oder fünfzehn Etagen weiter oben führen konnten.

Aber trotzdem wurde sie das widerliche Gefühl nicht los, beobachtet zu werden, und als sie endlich wieder den Atem zum Sprechen fand, da klang ihre Stimme zu ihrem größten Missfallen nicht halb so wütend und selbstsicher, wie sie das gerne gehabt hätte.

"Was... was um alles in der Welt wollen Sie von mir? Sagen Sie mir endlich Ihren Namen und woher Sie diese Nummer und diese Informationen haben!"

"Ich weiß mehr über Sie, als Sie ahnen. Sie sind eine bewundernswerte Frau, aber bitte lassen Sie sich nicht von Ihrem falschen Stolz den Blick vernebeln. Sie sollten lieber lernen, einen Rat zu befolgen können, wenn er gut gemeint ist. Hören Sie auf. Wenn Sie hier herkommen, haben Sie verloren. Also retten Sie sich, bevor es zu spät ist!"

Und mit diesen Worten legte er auf.
 

Akte 4a/ Ende



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  killerkuerbis
2005-07-20T15:29:57+00:00 20.07.2005 17:29
...
*räusper*
Bevor ich jetzt mit tausend Entschuldigungen und tut-mir-leids ankomme, will ich sagen, das ich selten eine Story gelesen hab, die mich so gefesselt hat. Natürlich fesseln mich deine anderen FFs auch, keine Frage, aber nicht auf diese Weise.
Es war ein bisschen - oder nein, eigentlich genau so - wie bei den Anders-Bänden. Selbst wenn man aufhören WILL mit lesen, kann man es einfach nicht. Mehr noch, bei diesem Kapitel hab ich einmal sogar gelesen, als ich es gar nicht mehr hätte tun dürfen, nämlich um halb 1 in der Nacht, als ich am nächsten Tag Schule hatte. ^^;;
Warum nur, fragst du dich jetzt zurecht, hab ich nicht früher einen Kommentar verfasst? Nunja, zuerst bin ich einfach nicht dazu gekommen, weil ich soo viel für die Schule zu tun hatte, die letzte "heiße" Phase vor den Ferien war angebrochen, und dann war da noch die GFS...na ja. Und nach dieser GFS... war ich einfach zu fertig. Oder nicht zuhause... whatever.
Kurz gesagt, ich wollte mir einfach wirklich Zeit nehmen für diesen Kommi, da er etwas besonderes werden soll, denn nichts anderes hat dieses sicherlich faszinierende Levi-Kapitel verdient. Deswegen will ich mich auch gar nicht wie sonst etliche Male dafür entschuldigen, dass ich es nicht früher geschrieben habe, denn das würde es nicht besser machen und den eigentlichen Sinn des Kommentars nur unnötig hinaus ziehen.
Also, wo fang ich nur an.... AYA HAT D GEHEIRATET??!!?! Bitte WAS??
... So oder so ähnlich sahen meine Gedanken aus, als ich den Anfang von Akte 4a gelesen habe. Und ungefähr so hab ich geguckt: O____O
Ich mein, der Anfang an sich war ja schon...seltsam. Ich hatte irgendwie dauernd das Gefühl, was verpasst zu haben. Aber trotzdem mag ich diesen Anfang, denn irgendwie konnte ich plötzlich gar nicht mehr so schnell lesen wie meine Augen weiter kommen wollten. Dauernd hab ich mich dabei ertappt wie ich versucht habe, in einer anderen Zeile zu lesen, um vielleicht schneller mitzubekommen, was for heaven's sake da eigentlich passiert ist. Ich dachte ja irgendwie bevor ich angefangen hatte zu lesen du würdest mit dem Mord an sich beginnen, keine Ahnung, wie ich darauf kam...vielleicht war ich einfach versessen auf den nächsten Fall bzw. Mord.... aber als es sich dann um Aya drehte hab ich mir dauernd gedacht ,Was hat sie jetzt vor?'. *drop* ^^; Immer dieser Gedanke, da kommt doch sicherlich gleich was, gleich erfährt man, was das alles bedeutet, warum sitzt Aya auf dieser seltsamen Schaukel an diesem seltsamen Ort und denkt seltsame Dinge - aber du hast dir ganz schön Zeit gelassen, mit der Erklärung rüber zu kommen, und alles hab ich immer noch nicht wirklich durchschaut - wobei alles andere auch nicht halb so spannend gewesen wäre. ^_^ Aber ich denk mal, das weißt du selber, sonst hättest du's nicht so gemacht.
Aber weiter im Text, denn ich lag auch gleich auf der ersten Seite so was von am Boden... ok, ich weiß gar nicht, ob das wirklich so witzig ist, aber dieser TV- oh, pardon, ich meine natürlich dieser IV-Informationssender IDEA.... *droooop* Gut, ich weiß ich bin seltsam und kompliziert und hab einen manchmal seltsamen und komplizierten Sinn für Humor, deswegen muss auch niemand nachvollziehen, warum ich das jetzt SO witzig fand, aber ich lag bestimmt 3, 4 Minuten da und hab nur gelacht. ^^; Vielleicht ist das auch noch eine dieser RiP-Nachwirkungen gewesen, da fanden wir ja immerhin auch ALLES witzig (o.O'') aber zumindest...ja, ich lag da, wie schon erwähnt, am Boden. ^^;
Nun, aber was nach diesem ohnehin schon genialen Anfang, diesem "ersten Teil" kam, war ja, falls möglich, noch ungleich genialer. Allein schon was nach diesem einen letzten Satz "Es hatte alles so harmlos angefangen..." kam, war ja schlichtweg unglaublich. Ich mein, da beginnt's mit dieser Depri-Stimmung in die man sich schon so schön reinversetzt hat, und dann erfährt man, dass der Tag eigentlich super gut angefangen hat, diese Friede-Freude-Eierkuchen-Stimmung bei der einfach alles sofort klappt und nichts schief geht und man sich eigentlich nicht vorstellen kann, dass irgendwas den Tag kaputt machen kann.... ach, ich kenn's so gut, denn gerade DANN, wenn alles, wirklich alles erst mal rund läuft, MUSS das dicke Ende ja nicht lang auf sich warten lassen. Immerhin kommt es erstens immer anders, und zweitens als man denkt.
Somit konnte ich mich schon mal richtig schön reinversetzen und mir die Gefühlswelt Ayas zu Anfang des Kapitels gleich ein bisschen besser vorstellen.
Dann allerdings... hatte ich erwartet, dass ich jetzt gleich wissen würde, worum es eigentlich geht und was überhaupt los ist. Aber nein - falsch gedacht.
Denn jetzt kam erst mal was, wofür ich dich küssen könnte (oder dir optional erst mal ne halbe Stunde lang auf den Knien dafür meine Lobpreisung zukommen lassen, wenn dir das lieber ist ^_~). Nämlich dieser Teil mit Ronin.
Ich meine... ich MOCHTE Ronin ja ohne hin schon immer...obwohl er im letzten Kapitel gar nicht sooo exzessiv vorkam, ich mochte ihn auf anhieb, und er war auch sofort mein ungeschlagener Favourite ...aber nach diesem Teil... wie kann man einen Lieblingschara noch steigern? Geht das?!? Keine Ahnung, aber wenn, dann hat Ronin jetzt sprunghaft die Superlative des Lieblingscharakters bei mir erreicht.
Ich mein...wie geil ist das denn gewesen? Ronin redet wie ein Wasserfall und ohne Unterlass und ist zudem noch ein kleiner Masochist. Mal im Ernst, wundert sich jetzt noch IRGENDWER das ich ihn mag? Nein, nicht wirklich, oder? Man hat mich selten so dermaßen debil grinsend vor Raphie-kun sitzen sehen, wie zu dieser Stelle in Akte 4a. Und als er dann auch noch anfing, sich zu rechtfertigen und Aya von diesem Typen zu erzählen, mit dem er.... genau das... Gott, ich weiß nicht mehr, ob ich überhaupt noch die Luft zum Lachen hatte oder ob ich nicht vor lauter Begeisterung kurzzeitig ohnmächtig gewesen bin. ^^;;;
Gut, dass ist vielleicht ein BISSCHEN übertrieben, aber alles andere wäre ein Herunterspielen dessen, in welchem Zustand ich da gerade gelesen habe.
Ich war ja schon total versessen auf diese Stelle, als du vor einer halben Ewigkeit mal irgendwas hast verlauten lassen von wegen Ronin und masochistisch veranlagt...aber es selbst zu lesen hat's dann doch irgendwie übertroffen.
(Ach, und die Stelle, in der Ronin was sagt von wegen, wenn er müde ist, wird er redselig...Gott, die war genial. *g* Ich mein, klaaaar, wenn er MÜDE ist, wird er redselig. Und auch NUR dann. *g* Wie nennt er, was er sonst tut? *drop* ^^;; Wie gesagt, ich liebe ihn einfach...)
Und dann... ich mein, D und Aya imitieren ein Ehepaar - gut schön. Da dürfte jedem schon mal klar sein, dass das nicht gerade eine Bilderbuch Ehe à la Sechzigerjahre, mit Haus, obligatorischen 2,4 Kindern, einem Garten, einer Auffahrt, einem Hund und meinetwegen auch einem Gärtner-Geliebten wird, und ich nehme mal stark an, dass ich noch ein paar Male vor Lachen auf dem Boden liegen werde angesichts dieses "Pärchens" aber.... Ravin und Ronin??!!? VERHEIRATET? Ob nun gemimt oder nicht (Gott bewahre!! O_O), dass kann ja nur... .... genial und witzig werden!! Ich würde ja sagen, ein Fiasko, wenn das nicht so einen negativen Beigeschmack hätte...aber Ronin als EheFRAU...oh man. *weglach*

Aber kommen wir zum Dreh- und Angelpunkt der eigentlichen Arbeit von Aya&Co, nämlich den Morden. Ich sag nur: IGITT!!!! >.<
Du bist krank, krank, krank!!! Weißt du das eigentlich??
...
Ja, wir wissen beide, dass du das weißt, genauso wie wir beide wissen, dass mich das überhaupt nicht stört. ^.^
Aber mal im Ernst... du übertriffst dich echt immer wieder selbst im kreieren abartig widerlicher Morde. So gerne ich mal eine Verfilmung von Levi sehen wöllte (ich mein jetzt so mit Schauspielern.... allein schon, um zu sehen, wer wohl Ravin spielen würde... hehehe...), die Stelle in der sie die Leichen zeigen wäre eine der Stellen, in denen ich einen tiiiieeefen Blick in die Popkorntüte riskieren würde. ^^;;;
Ich will mir das irgendwie gar nicht vorstellen...so von wegen Schädelöffnung und Hirnentfernung bei vollem Bewusstsein...*gulp* Fällt man da nicht Ohnmacht vor Schmerz? (ßWunschdenken).
Aber, was ich auch noch unbedingt loswerden will: Kagami! Hallo, wie abartig geil ist der denn drauf? ^_^
Ich weiß noch, vor laaaaaaaanger Zeit hast du mir mal von Kagami erzählt und hast gesagt, er kann urplötzlich in schallendes Gelächter ausbrechen und ewig nicht aufhören. Und während ich mich so durch die Kagami-Stelle hindurchlese, noch immer unverändert mich dem Gedanken "Gleich kommt's! Gleich passiert was! Gleich findest du's raus!" im Hinterkopf, gesellt sich da irgendwo das Gefühl "Woher kennst du den nur?" dazu. Gut, kennen ist vielleicht ein bisschen viel gesagt, aber du weißt sicherlich, was ich mein. Ich hatte einfach dauernd das Gefühl, irgendwie, irgendwo und irgendwann schon mehr von ihm gehört zu haben als seinen Namen...und dann... kam die Stelle an der er anfing zu lachen, urplötzlich... und es hat ganz laut DONG!!! in meinem Hirn gemacht. Der war das also, dieser Irre, der ganz plötzlich anfängt zu lachen... und ich mochte ihn spontan noch ein bisschen lieber. ^^
Ich finde ihn nämlich wirklich toll. ^^ Gut, über diesen Faible für Krankheiten kann man streiten... ô.O... andere sammeln Briefmarken... ist ja auch irgendwo krank... und wenn er die Tuberkulose ganz weit weg irgendwo einsperrt (na ja, ich hab aus...nennen wir es persönlichen Gründen etwas gegen Tuberkulose... ^^; *drop*) geh ich sogar mit ihm einen Tee trinken. ^^
DAS find ich jetzt nämlich wirklich genial. Eine verrückte Teeparty mit Kagami und einem dieser herrlichen morbiden alten, putzig verzierten Tee-Service... herrlich. ^_^
Was bleibt mir noch zu sagen?... öhm... Schreib weiter!! Ließ diesen dummen Kommentar gar nicht, das verschwendet nur Zeit!! (Hör nicht auf mich...ließ ihn trotzdem. ^^;)
Aber im Ernst... bitte bitte, schreib schneeeell weiter! *mit großen feuchten Hundewelpen-Augen vor dir auf den Knien rumrutsch und bettel* Biiiiitteeeee!! Ich muss doch wissen wie's jetzt weiter geht!
Und.... und jetzt sind Ferien, jetzt kann ich ohne Zeitdruck lesen und... und überhaupt. ^^;;;
Ich bin neeeuuugieeerig!! Ich will wissen wie's weitergeht!! *auf und ab hüpf*
Bitte bitte bitte bitte bitte bitte bitte bitte!
*räusper*
Gut, nachdem ich mir genug Peinlichkeiten für die nächsten 6 Wochen geleistet habe dürfte ja klar sein, worauf ich hinaus will: schreib bitte bitte ganz schnell das nächste Kapitel!!
In diesem Sinne verbleibe ich, dein treuer Fan und Sklave (*hüstel* Gut, letzteres unter die Spalte "treu" einzuordnen trifft den Kern der Dinge nicht so ga- äh....O.O ...was red ich da nur Meister?? Natürlich bin ich Euch treu ergeben...öhm... bitte nicht hauen!!! ^^;;)
und deine treue Freundin,
yours most sincerely,
Yoko

PS: Sag mal, was du am Anfang geschrieben hast... dass du es auf "einfachen Wunsch" hoch lädst... war das mein verdienst? Ich kann mich nämlich dunkel daran erinnern, dass ich irgendwann irgendwo mal gesagt oder geschrieben habe, dass du es hoch laden sollst, damit ich es kommentieren kann....*drooooop*
Von: abgemeldet
2005-06-24T12:31:40+00:00 24.06.2005 14:31
*reinschlender*
*sich umschau*.<.<........>.>
*hüstel*
*Hände hinter Rücken verschrenk*
*Luft hol*

Es war einmal ein Fünkchen, ganz klein und stumm.
Das saß ganz leicht apathisch vorm neuen Levi Chapter rum.
Aus dieser Trance dann aufgewacht,
hat es hysterisch rumgelacht.
Das ging so gut drei Stunden, dann fiel es um.


*drop*
Okay, ich weiß, ehrlich gesagt nicht, was das jetzt hier soll, aber irgendwie kam es mir in den Sinn und da ich es wirklich immer sehr schwer finde, bei Kommentaren anzufangen (da man ja auch irgendwie originell sein will..^^).....dachte ich mit, hey dichtest du einfach mal ein Kinderlied um und schaust wie es sich anhört.........fall sie jetzt irgendwelche Bedenken wegen meinem Geisteszustand haben, so tragen sie sich bitte in die Warteliste bei meinem Therapeuten ein, er wird ihnen versichern, dass ich nur bedingt gefährlich bin......*drop*...........naja, wie dem auch sei, Fakt ist, dass ich das neue Kapitel von Levitation gelesen habe und einfach sagen muss, dass es mich schlicht und ergreifend vom Hocker gehauen hat.......ich finde diese Story soooooo genial, dass ich mich beim Lesen immer selbst überschlagen habe....ich konnte gar nicht so schnell die Zeilen durcharbeiten wie ich mehr davon wissen wollte...........und obwohl dieses Kapitel ja nun ordentlich lang ist, muss ich gestehen, dass ich sehr sehr gerne noch einmal so viele Seiten gelesen hätte, oder gar dreimal soviele.......^__^..........bin halt ne Leseratte durch du durch.......oder doch eher ein Lesemarder?.......Lassen wir das, lenkt nur vom wichtigsten ab.......Levi 4a nämlich.
Also:
Was ich schon mal ganz krass und auch einfach herrlich wunderbar verwirrend fand, war der erste Abschnitt, da, wo Aya auf der Schaukel in besagtem Hintergarten von besagtem Haus in besagtem Wohnviertel auf besagtem Trabanten sitzt und nachdenkt..........ich meine, da sitzt man und fängt an zu lesen und mit jedem Satz wird man nur immer konfuser und blickt schon nach relativ kurzer Zeit rein gar nichts mehr.
Was natürlich auch daran liegen könnte, dass ich etwas........easy an das Kapitel rangegangen bin. Ich dachte mir, der letzte Fall ist abgeschlossen, der Mörder vom Evershine (und sorry, mir ist da erst aufgefallen, dass ich Esel bei Bloody Books immer New Shine Diamond geschrieben habe....^^°)........war gefasst, Ravin so weit wieder kerngesund und als Cyborg enttarnt und alles o weit fertig. Und nun würde ein neuer Fall anfangen, alles ganz sachte und normal, vielleicht mit einer Mordszene, die dann den Prelude bildet oder einfach ein normaler.......was immer man in diesem Falle darunter auch verstehen mag........Arbeitsalltag im Leben unserer vier postapokalyptischen INFERIA-Reiter, der dann gegen Ende von einem Anruf oder einem Besuch eines Detektives gestört wird.............aber natürlich kam alles ganz anders. Ich sitze also da und frage mich: WAS IST DENN SO SCHLIMMES PASIERT?...............Aya scheint sich über irgend etwas sehr....deprimierte Gedanken zu machen, nur habe ich keine Ahnung um welche Dinge? Ich überlegte also erst einmal, ob da nicht doch irgend etwas am Ende von Akte 3 war, das ich vergessen hatte oder gar überlesen......und dann kam der Hammersatz schlechtin. Sie und D hatten geheiratet!!........Ich saß nur so........HÄH!!!!!!!!!!!!!....Wie jetzt?.........Geheiratet?.........Im Sinne von Braut und Bräutigam mit Ringetauschen und Turteltauben und Kuchen mit hässlichen Miniaturausgaben des Brautpaares oben drauf?........Ne, oder?..............Ich war also dementsprechend ziemlich durch den Wind............und so etwas finde ich.......auch wenn es reichlich blöde klingt...toll......ich find es echt spannend, wenn man vor so einem Rätsel sitzt und erst mal rein gar nichts kapiert und sich dann so nach und nach alles aufrollt.......das zwingt einen dazu, weiterzulesen.........also auch recht clever von dir eingesetzt.....^__~
Und was danach kam, das gefiel mir alles noch so unschlagbar viel besser.
Schon dieses Gute-Laune-Atmospäre, die Aya anfangs so verbreitet hat.........alles funktioniert bestens, sie bekommt einen Parkplatz, es gibt keinen Stau, alles stimmt und passt ganz super..............die Sonne scheint, es ist weder zu heiß noch zu kalt, einfach nur perfekt.........und dann kippt alles in binnen eines Bruchteils des Bruchteils des Viertels einer Sekunde um und du willst nur noch zurück ins Bett und nie mehr aufstehen...........wundervoll!!!................Und dann erst Ronin..........ich fand ihn davon Anfang an toll..............nicht so toll wie Ravin oder Aya aber dennoch mag ich echt gerne....und am besten an ihm gefallen mir diese elendig langen, nie aufhörenden, rund hundert mal das Thema wechselnden Redeergüsse von ihm......hab mal versucht einen von denen laut zu sprechen und auch ungefähr in Ronins Redetempo und mir ist recht schnell die Luft weggeblieben. Allerdings war es auch so, dass ich immer fand, dass er in Akte 3 ein wenig zu kurz gekommen ist.......es gibt ja hauptsächlich um Ravin, was mich nicht im geringsten gestört hat oder so..er ist ja mein Liebling...aber dennoch.........Ronin war immer so hintendran...........und dann diese Offenbarung..........*smile*.........einen derartigen........."Hang" zu derartigen "Spielen" hätte ich ihm ehrlich nicht zugetraut......okay, dass er die Unschuld vom Lande ist, hab ich auch nie gedacht, aber dann gleich so.....derbe.......mit Fesseln und Schürfwunden und vor allem..............Männern mit grauen Strähnen und Falten!!!!........hauhauha..............mein lieber Mann........dieser Charakter hat Abgründe.......so weit kann ich gar nicht gucken..............^___^.....*Roninflagge schwenk*..........mehr davon...........*schäm, aber nur ein bissel*........wobei ich jetzt auch die Frage o wahnsinnig interessant finde, warum er nun jetzt so wenig auf Alkohol und Drogen (legale natürlich!!!) reagiert...........was ist nun mit ihm wirklich los?..........Welches Geheimnis verbirgt sich hinter seinen roten Augen...........argh!...........*vor Neugierde umkomm*
Und dann erst der neue Fall!!!!!!!!!!!........*sternechen in die augen krieg*.......gibt es denn was geileres als einen ganzen Planten, sorry, Trabanten als Tatort??.....Und dann diese ganze Aufmachung als zur eigenen Stadt heranmutierten Vororteinfamilienhausreihensiedlung. Das ist erst das wirklich schreckliche an dem ganzen, finde ich. Diese ewige Gleichheit, alles ist identisch, man kann nichts über die Bewohner sagen, was für Wahnsinn und Terror hinter den weißen Zäunen und acht-mm-Rasen liegt. Da geht einem die Fantasie ja schon jetzt durch. Nachher ist es die ganze Trabantenbewohnerschaft, die als kollektiver Serieniillerclan durch die Gegend zieht und eden meuchelt, der nicht rechtzeitig um drei Uhr Kaffee und Kuchen zu sich nimmt wie es sich für Merrywood Viller gehört!!! Okay, klingt jetzt sehr utopisch, aber sowas kommt dann bei mir raus........*drop*........und dann erst die Morde an sich.....auch so herrlich metzelmäßig..........ich fand ja schon die Morde beim EVERSHINE(!!!).......so cool und ausgefallen, aber jetzt.........Schädelöffnung zewcks Hirnamputation ohne Narkose...........Hallo Sadismus!!............*hand schüttel*.............da wird einem doch mal so richitg muckelig daheim.........^^.........wobei, als ich so gelesen habe, dass es durhweg Genies erwischt hat, kam mir recht schnell die Idee, es handelt sich um einen Killer, der superintelligent werden will und seine eigene, sehr eigenwillige Versine der Informatonsaufnahme erfunden hat indem er die Hirne seiner Opfer isst........mit einem netten Burgunder und etwas Schafskäse.............du musst meinen Freund Hannibal entschuldigen, der ist momentan auf Diät.........hat zuviele Amerikaner gegessen..........immer dieses Fast Food..................und was ich noch viel toller finde, diese Idee von wegen, verdeckte Ermittlung als Ehepaar....................so wunderbar unvorhersehbar und wirr..........da können soooo viele tolle peinliche und falsch zu verstehende Sachen und Missverständnisse passieren...........freu mich schon drauf..............und dann die paare an sich........Aya und D sind ja schon toll........da ist die scheidung ja mehr oder weniger voprogrammiert........*smile*........ die hauen sich bestimmt schon am ersten Tag die schädel ein............aber Ravin und Ronin.........*prust*......sorry, aber schd as vorzustellen sorgt bei mir sofort für oberpositive Lachstimmung..............ich meine, Ronin als Permanentkonzentrat von Bandwurmkonversation und Ravin als schweigender Minus 300 Grad Stimmunghemmer.......das kann nur geil werden..........aber das beste und schärfste hab ich mir natürlich für den schluss aufgehoben. Kagemi!!!!!! Ich weiß nicht, wie du das machst, aber deine Figuren haben immer so einen Dachschaden, dass ich sie am liebsten alle persönlich kenneenlernen möchte..........ich sag nur Poli-chan..........wie geil ist das denn bitte?..........ich hab auf dem boden gelegen als ich das gelesen habe.......und überhaupt........der ist so derbe durch alle Winde, dass ich nicht weiß, ob ch auch Angst vor ihm haben soll oder ihn mir zum Vorbild nehme..........hehehehe.......ich finde ihn sooo cool..........auch mit seinem kleinen Testmenschen da und dann erst seine Kinder................aaaaahhh...ich will mehr von ihm............viel viel mehr........und vor allem......viel viel viel mehr von dieser geschichte...................von daher...............schreib schreib schreib!!!!!........bitte..........ich flehe dich an............ich bettle auch, wenn es sein muss...........aber schreib weiter..............womit ich dann auch schon am ende meines kommentares wäre.......ich hoffe, du bist damit zufrieden.........wobei, eine sache muss ich wohl noch gestehen............du hast am afnag was von FF-Codes gesagt...........ich habe helrich gesagt, nicht so recht ne ahnung, was das sein soll.............daher kann ich dazu nicht sehr viel sagen......*DROP*.......aber ansonsten.............you´re simply the best............^____^.............Levitation rulessss!!!!.............und las es niemals enden.............oder erst dann, wenn ich tot bin....^^......in diesem Sinne...............dankeschön für diese super Chapter, freu mich chon auf das nächste und werde geduldig darauf warten..............
Bye bye
Dein Fünkchen


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