Zum Inhalt der Seite

Die Wut der Wüste

Digimon in Afrika...
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Neue Heimat

Es war schon Frühabend geworden, ehe das Flugzeug den Flughafen von Kigali, der Hauptstadt Ruandas, erreichte. Sora blickte aus dem Flugzeugfenster und betrachtete die Stadt von oben, während die Maschine zur Landung ansetzte. Es war zwar noch hell, aber die Sonne war schon untergegangen und aufgrund der hügeligen und waldigen Landschaft konnte die Orangehaarige nicht allzu viel erkennen. Die Stadt belegte insgesamt eine große Fläche, aber sie wirkt äußerlich sehr provinziell. Hochhäuser gab es schon mal fast gar keine, dafür jede Menge schwache bis mittlere Häuserbauten.

„Wenn das die Hauptstadt ist, dann will ich erst gar nicht wissen, wie groß… oder eher gesagt, wie klein die restlichen Städte Ruandas sind…“, dachte sich die Brünette. Sie wusste aus eigenen Recherchen im Internet, dass Kigali die einzige Stadt in Ruanda war, die sich zunehmend einen urbanen Charakter aneignete. Die meisten Bewohner Ruandas lebten jedoch nicht in Städten, sondern auf dem Land… und auch die Verstädterung nahm nur mäßig zu, was auch damit zu tun haben könnte, dass die restlichen Städte Ruandas einen eher ländlichen Charakter aufwiesen.
 

„Auf in die neue Welt“, sagte Sora zu sich selbst, als das nun gelandete Flugzeug stillstand und die Ausgangstür sich öffnete. Die Pass- und Visumkontrollen liefen schnell und unkompliziert ab, sodass die Orangehaarige sich gleich zur Gepäckausgabe begab. Sie wunderte sich über diese unnatürliche Ruhe… sie war auf einem internationalen Flughafen! Normalerweise sollte doch auf so einem Flughafen die Sau los sein, dachte sie. Aber so manche Vorortsbahnhöfe würden noch aufregender als dieser Flughafen wirken. Es wurde kaum gesprochen, die Atmosphäre wirkte sehr gedämpft.

Anscheinend musste die grausame Vergangenheit des Landes, über den Sora vielfach gelesen hatte, mehr Spuren zurückgelassen haben, als sie es sich zuerst gedacht hatte…

Nachdem Sora ihre Koffer abgeholt hatte, begab sie sich Richtung Ausgang und suchte ein Schild, wo ihr Name draufstand. Die ruandischen Gasteltern sollten sie in der Empfangshalle mit solch einem Schild empfangen. „Hoffentlich reden die mit mir jetzt nicht in ruandisch…?! Oder welche Sprache wird hier nochmal gesprochen? Ich glaube, die Sprache hieß „Kinyarwanda“ oder so ähnlich…“ Die Orangehaarige bekam auf einmal sorgenbereitende Gedanken, ein hilfloses Gefühl breitete sich in ihr aus. In einem fremden Land unterwegs, keine Ahnung über die Landessprache… das kann ja heiter werden!

Halt! Wieso schon gleich zu Beginn aufgeben? Das war doch überhaupt nicht ihre Einstellung, dachte sie, gab sich selbst einen Ruck und ging weiter vorwärts. „Das wird schon! Vielleicht hab ich ja Glück und die können auch…“
 

„Mami, schau! Könnte sie es vielleicht sein?“ Ein kleiner Junge trat auf einmal vor Soras Kofferwagen und zeigte mit dem Finger auf sie. Die Brünette stoppte abrupt; sie starrte den Jungen an, der noch nicht mal so groß war wie ihr Koffer. Der Orangehaarigen kam das etwas komisch vor. Der kleine Junge hatte gerade etwas gesagt, aber sie hatte es verstanden! Die Sprache, die der Junge gerade benutzt hatte, war eindeutig identifizierbar. Es war Englisch gewesen! Wie konnte das…

Hinter dem kleinen Jungen tauchten plötzlich 4 weitere Gestalten auf: Eine Frau und ein Mann; ein weiterer Junge, der dem vor dem Kofferwagen stehenden Jungen fast bis ins Detail glich; und dann noch ein älteres Mädchen, die sich im Teenager-Alter befand, vermutete Sora.

„Dan! Ich hab dir doch gesagt, du sollst nicht auf andere Leute zeigen! Das ist unhöflich!“, sagte die Frau und zog den Buben etwas zurück. Dann entdeckte Sora das Schild zwischen den Fingern der Frau, wo ihr Name draufstand. Das musste ihre Gastfamilie sein.

Der Mann kam auf sie lächelnd zu: „Entschuldige bitte diesen Vorfall. Unsere Zwillinge sind von Natur aus etwas neugierig und wild.“ Dann musterte der Mann sie etwas, ehe er fragte: „Bist du zufällig Sora Takenouchi, wie mein Sohn es… äh… vermutet?“

Sora kicherte; der Junge war wirklich süß. Sie schaute zu, wie die Mutter ihm eine Predigt hielt – diesmal aber in unverständlicher Sprache… vermutlich in der Landessprache…

Den Gastvater hatte sie aber eindeutig verstanden. Er sprach sehr gut Englisch; er musste international tätig sein. Sie antwortete ihm ebenfalls auf Englisch: „Ja… so ist es! Ich bin Sora Takenouchi, komme aus Japan und möchte nun die folgenden 2 Jahre in Ruanda verbringen! Es freut mich, Sie als meinen Gastvater kennenzulernen!“

Der Gastvater gab ihr die Hand: „Die Freude ist ganz meinerseits! Wir werden unser Möglichstes tun, damit es dir hier gut geht! Jetzt lass uns erstmal in dein neues Zuhause fahren!“
 

Während der halbstündigen Fahrt beobachtete Sora die Landschaft und die bewohnten Gebiete, an denen sie vorbeifuhren. Viele junge Männer und Jugendliche hingen auf der Straße herum, spielten oder langweilten sich. Die Orangehaarige vermutete, dass diese Burschen ohne Arbeit und ohne Ausbildung waren… davon gab es in Kigali genug. Viele hatten auch im Krieg mitgewirkt und gekämpft und sind deshalb sehr empfänglich für radikale Ideen. Vorerst blieben sie noch entwaffnet… aber die Spannung würde wohl weiterhin groß bleiben.

In der Stadt selbst sieht es teilweise sehr bedrückend aus. Einige Gebäude wiesen immer noch Einschüsse von Gewehren und Granaten auf… ein schauerlicher Anblick. Dass sich bis jetzt keiner rangemacht hatte, diese Narben im Beton zu beseitigen? …

Obwohl… vielleicht sollten sie auch als Mahnmal dienen, dachte sie…

Aber es gab auch positive Bilder. Im Laufe der Zeit waren auch viele neue Gebäude entstanden. Das verriet das Aussehen dieser neuen Bauten, die auch einen moderneren Baustil aufwiesen und sich somit von den Altbauten äußerlich unterschieden. Es lässt zumindest darauf schließen, dass das Land auf dem Weg in eine bessere Zukunft war…
 

„Wir sind da! Das ist unser Zuhause!“

Sora stieg aus dem Auto und betrachtete die Wohnung, auf die der Vater eben gezeigt hatte. Es sah doch recht vielversprechend aus: Es handelte sich um ein Reihenhaus, dass von außen her recht groß aussah. Der bauliche Zustand des Gebäudes war aber ohne Zweifel sehr gut… es musste erst gerade gebaut worden sein.

„Nochmal Glück gehabt“, dachte sich Sora, die vorhin noch den grausigen Gedanken hatte, in einem Armenviertel unterzukommen.

Drinnen erwartete sie eine angenehme Erkenntnis: Die Gastfamilie musste zum gehobenen Mittelstand gehören. Das Wohnzimmer war groß und gut ausgestattet; auch die Küche bot viele Möglichkeiten. Ein Keller war vorhanden und die Zimmer im oberen Stockwerk sahen ebenfalls ordentlich aus. Oben befand sich auch das Gästezimmer, worin die Orangehaarige es sich nun bequem machte.

„Bis jetzt hab ich echt das glückliche Los gezogen“, stellte die Orangehaarige freudig fest. Sie hatte mit dem Schlimmsten gerechnet… aber ihre größte Sorge war erst einmal ausgeräumt. Es war annähernd wie zu Hause… hier in diesem Haus konnte man gut leben, da war sie sich sicher.
 

Draußen war es bereits völlig dunkel, und alle hatten bereits zu Abend gegessen. Ob Sora fragen sollte, ob sie mal kurz nach Hause telefonieren darf? Oder ob die Familie zu Hause einen PC mit Internetanschluss hatte? Vielleicht würden die Gasteltern ihre Sorge verstehen, dass sie doch zu Hause wenigstens mal Bescheid sagen möchte, dass sie heil angekommen war. Doch dazu kam es vorerst nicht. Der Vater geleitete sie und den Rest der Familie nach dem Essen zum Sofa, wo sich alle hinsetzten. Er lächelte sie freundlich an: „Ich denke, dass es ganz gut wäre, das wir uns alle jetzt ein wenig unterhalten.“

Mit diesen Worten läutete der Vater das Gespräch ein. Zuerst stellte Sora sich genauer und ihre Heimat, denn darauf war die Gastfamilie besonders neugierig gewesen. Sie erzählte ihnen viel über Japan, Tokyo und wie es dort am Tage so zugeht. Sora erwähnte auch den Schulalltag und ihre engsten Freunde, mit denen sie bis jetzt viel erlebt hatte. Das Detail über die Digiwelt ließ sie jedoch unter den Tisch fallen; sie wusste zwar, dass die Ereignisse vor 4 Jahren in der ganzen Welt vor aller Öffentlichkeit abgelaufen waren… aber es war nicht in ihrem Interesse gewesen, dieses Thema wieder aufkochen zu lassen. Schließlich gab es überhaupt keinen Grund, sich nochmal mit der Digiwelt zu beschäftigen, weil es bis jetzt nichts gab, was sie bedrohen würde oder sie wieder ins Rampenlicht der Öffentlichkeit stellen würde.
 

Nachdem die Orangehaarige zu ihrer Person in ihren Augen genug gesagt hatte, stellte der Vater sich und den Rest der Familie vor. Es kam heraus, dass beide Elternteile bei einem ökumenischen Institut in Kigali tätig waren: „Dieses Institut setzt sich für den intensiven Dialog zwischen Christen und Muslimen hier in der Region ein. Eine lange Geschichte geht voraus, warum dieser Dialog so wichtig ist! Es gilt immer der Grundsatz, voneinander zu lernen… und dafür setzen meine Frau und ich uns ein. Wir organisieren in regelmäßigen Abständen Seminare und sonstige Veranstaltungen, wo wir auf dieses Thema zurückgreifen!“

Weiter erzählt der Vater von einer Organisation, die er selber auf ehrenamtlicher Basis betreibt: „Meine Organisation steht für Entwicklung und Bildung. Wie du sicher weißt, gehört Ruanda zu den ärmsten Ländern der Welt… und es ist für die Bevölkerung hier sehr schwer, eine bessere und schönere Zukunft zu bekommen. Ich versuche mit meiner Institution, die Menschen weiterzubringen, damit sie diese bessere Zukunft wirklich erleben können. Wir unterstützen Arme oder Obdachlose bei ihrer Ausbildung oder der Versorgung…“

Sora hörte von der anderen Seite des Sofas aus aufmerksam zu. Und je mehr der Vater erzählte, umso begeisterter nahm sie es auf. Noch nie hatte sie einen solch aufrichtigen und verantwortungsbewussten Menschen getroffen. Die Familie hatte sich eine gewaltige Aufgabe angeeignet, die wirklich für Fortschritt in diesem armen Land sorgen kann. Sie wunderte sich nicht, als der Vater davon erzählte, dass eine überwältigende Nachfrage vorherrschte und die Organisationsleitung über Personalmangel klagte.

„Da meine Organisation nur auf freiwilliger Ebene ausgeführt wird, kommen nicht so viele Leute zu uns mithelfen. Ich verstehe ja, dass die Leute auch etwas haben möchten, wenn sie etwas für andere tun. Aber anders als auf der Freiwilligenbasis kann diese Programm nicht laufen… und jetzt sprengt die Nachfrage unsere Kapazitäten…“

Der Vater machte eine Pause… und sah dann die Brünette lächelnd an: „Umso mehr freue ich mich, wenn jemand Neues als Hilfskraft dazustößt! Vielen herzlichen Dank für deine Anfrage, liebe Sora! Es ist uns eine große Ehre, dass wir jemanden von außerhalb für unsere Ideen gewinnen konnten! Das war mitunter die beste Nachricht seit Monaten!“ Er stand auf, ging zu Sora und reichte ihr die Hand. Diese nahm sie dankend an und der Vater schüttelte sie heftig. Die Orangehaarige musste lächeln; diese Überschwänglichkeit, die teilweise vor ihren Augen ablief… und auch diese Herzlichkeit, sie waren einfach überwältigend! Ob das hier als normaler Umgang gilt? Zu Hause hatte sie so etwas jedenfalls noch nie erlebt…
 

Die Gesprächsrunde ebbte langsam ab. Die Eltern erzählten Sora noch einiges über die politische Lage und der Entwicklung Ruandas in den letzten Jahren. Vieles hatte sich in den letzten Jahren zum Guten gewandelt, doch es bliebe immer sehr viel zu tun, sagte der Vater.

Jedoch vermisste Sora eine dringliche Geschichte in jenen Erzählungen… aber sie wusste nicht, ob sie danach fragen sollte. Die blutigen Ereignisse in den 90er-Jahren waren zweifellos das bisher dunkelste Kapitel in der ruandischen Geschichte… sie hatte darüber auch in vielen Quellen recherchiert. Aber es wäre sicherlich noch interessanter, die Geschichte auch aus den Augen derjenigen, die es in unmittelbarer Nähe miterlebt haben, geschildert zu bekommen…

Sie wagte einen Versuch: „Verzeihen Sie, Mister! Aber… können Sie mir noch etwas… ähm… erzählen?“ Verdammt, wie sollte sie es denn formulieren, ohne dass es zu direkt auf diese Sache zugeht?! Sie rang um den passenden Ausdruck. „Es… es gäbe da noch eines, was mich… brennend…“

Sora stoppte. Der Vater hatte die Hand gehoben, worauf sie reagiert hatte. Diese Geste zwang sie, nochmal über ihre vorlaute Frage nachzudenken… und gleich im nächsten Moment bereute sie ihre Aktion. Der alte Mann seufzte, sah auf… und begann dennoch zu sprechen: „Ich glaube zu wissen, welche Information du gerne bekommen möchtest… und ich denke, es ist auch dein Recht darüber zu erfahren…“

„Oje… was hab‘ ich mir bei dieser Frage bloß gedacht?“, dachte sie und ohrfeigte sich innerlich selber. Jetzt würden wieder jene Wunden aufklaffen, die wahrscheinlich einst geflickt worden waren… und daran war sie Schuld! Aber jetzt hatte sie die Frage schon gestellt und sie konnte es nicht mehr rückgängig machen…

Also hieß es jetzt wohl, weiter zuzuhören…

Gespannt wartete Sora auf die Antwort des Vaters…
 

„Weißt du… es ist zum Teil auch so, dass du heute mit den Problemen der Vergangenheit hier in diesem Land konfrontiert wirst… demnach…“ Wieder machte der alte Mann eine Pause. „Demnach hättest du es dir womöglich einmal mehr überlegen sollen, ob Ruanda für dich wirklich die bessere Wahl gewesen wäre oder nicht…“



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (5)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  dragonfighter
2013-10-27T07:05:14+00:00 27.10.2013 08:05
Deine kapitel werden immer besser
Ich tuhe dich in meine favo liste weil es mir so gefallen hat :D


Von:  xnananko
2009-03-25T17:21:41+00:00 25.03.2009 18:21
cool =) bin ja mal gespannt was er sora alles erzählen wird und wie es weiter geht ^^
schreib schnell weiter ;D
lg SweetMaus15
Von:  Zaubermaus
2009-03-24T22:04:11+00:00 24.03.2009 23:04
wow, hammer Kapitel.. freu mich schon wenns weiter geht
Von:  _Like_a_Boy_
2009-03-24T21:17:14+00:00 24.03.2009 22:17
hui ich hoffe du machst schnell weiter
Von:  Raph1247
2009-03-24T18:10:45+00:00 24.03.2009 19:10
vielen dank für die ens und ich hoffe ich bekomm weiter eine benachrichtigung, wenn es weiter geht.
ich finde es weiterhin ne gute einleitung. nur zu dumm das der man sora anscheinend total missverstanden hat.
weiter so.


Zurück