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Die Wut der Wüste

Digimon in Afrika...
von

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Sehnsucht

„Nicht dass du es falsch verstehst, Sora… es war nicht so gemeint, dass wir dich nicht hier haben wollen… im Gegenteil! Wir freuen uns sehr über deine Anwesenheit!“

Der Vater versuchte sich zu korrigieren, aber Sora verstand schon, was er meinte. Hier in diesem Land barg immer noch eine politische Instabilität… und jene Konflikte, die in den 90er-Jahren ausgebrochen waren, könnten jederzeit ausbrechen. Aber das war ihr bei der Entscheidung ihres Auslandsaufenthaltes egal gewesen… ihr Leben hatte sie auf vieles abgehärtet. Und sie war nun mal eben eine Abenteuerlustige!

„Machen Sie sich bitte keine Vorwürfe! Es ist mir schon klar, welches Risiko ich hier mit diesem Aufenthalt eingehe! Aber ich denke, sie können beruhigt sein! Ich habe in meinem Leben viel erlebt… und bin auf einiges vorbereitet, müssen Sie wissen! Sie müssen sich keine Sorgen machen!“ Die Orangehaarige fügte außerdem hinzu: „Und bitte entschuldigen Sie meine Frage von vorhin… ich konnte nicht ahnen, dass diese Angelegenheit Sie härter trifft als ich angenommen hatte…“

Der alte Mann lächelte: „Das ist schon in Ordnung… wie gesagt, du hast ein Recht darauf zu erfahren, was geschehen war…“

Schließlich er holte innerlich tief aus, bevor er begann, zu erzählen:
 

„Weißt du, der Streit um die Macht zwischen den beiden Stämmen Hutu und Tutsi dauerte schon vor dem Massaker in den 90er-Jahren Jahrzehnte lang an. Nachdem die Hutu 1959 an die Macht kamen, gab es in dem folgenden Jahrzehnt vielfach Vertreibungen der Tutsi. Da meine Eltern ebenfalls Tutsi waren, flohen sie ins benachbarte Land Burundi. Dort kam ich 1975 zur Welt… was weiterhin in Ruanda geschah, hatte meine Eltern nicht mehr interessiert… sie hätten dort nichts mehr zu suchen, deshalb würden sie sich auch keine Gedanken darüber mehr machen…

Anfang der 90er-Jahre änderte sich aber die Haltung meines Vaters… er möchte nach Ruanda zurück. Anscheinend hatten sich die Heimwehgefühle zu sehr angestaut; ich wusste den wahren Grund nicht wirklich, weil es in meinen Augen auch keinen Grund gab, ausgerechnet in dieser Zeit nach Ruanda zurückzukehren. Wir und auch viele andere Freunde und Angehörige haben ihm davon abgeraten… er hatte es trotzdem getan…“

Mit diesem Satz verbitterte sich die Miene des Vaters. Sora schluckte… sie konnte sich schon denken, was er gleich erzählen würde… und dieser Gedanke war keine angenehme Vorstellung…

„Der Rest der Familie und ich blieben in Burundi. Bis 1994 nahmen – wie wir alle es erwartet hatten – die Spannungen zwischen Hutu und Tutsi immer mehr zu. Eine rebellische Tutsi-Armee unter dem Decknamen Ruandische Patriotische Front – kurz RPF – begann von Norden aus einen Feldzug gegen das Hutu-Regime. Die Hutu jedoch nahmen diese Aktion der RPF zum Anlass für die Verfolgung und Vertreibung der restlichen Tutsi in Ruanda. Das Attentat im April 1994 auf den ruandischen Präsidenten – der Hutu war – brachte das Fass schließlich zum Überlaufen und das große Morden begann. In den ersten Tagen fielen noch relativ wenige Tutsi zum Opfer… und mein Vater hatte sich schon längst aus dem Krisengebiet entfernt und Zuflucht gesucht. Jedoch wurde innerhalb weniger Zeit landesweit mobilisiert und die Radiosender betrieben Propaganda auf ein Höchstmaß. Mein Vater und viele andere Tutsis hatten sich in einer Schulhalle versteckt… in der Hoffnung, dass die Hutu sie nicht finden würden. Diese Hoffnung erfüllte sich leider nicht…“

Der Vater schloss die Augen und trauerte innerlich. Das konnte Sora irgendwie spüren… sie wusste zwar nicht warum, aber sie war eine Person, die sich gut in andere hineinversetzen konnte. Und sie trauerte mit… für die nahezu eine Million Opfer, die in so kurzer Zeit – 3 Monate – gefordert wurden…

„Wie du sicherlich bereits auch weißt, hatte die RPF im Juli 1994 durch ihren Sieg gegen die Hutu-Regierung und dessen Truppen den Genozid beendet. Zwar bemühte sich die neue Regierung, die sich ausschließlich aus Tutsi zusammensetzte und deren Präsident der Führer der RPF war, um eine Versöhnungspolitik… aber die blieb erst einmal aus, weil infolge weiterhin stark verbreitetes extremistisches Hutu-Gedankengut alle politischen Organisationen verboten worden waren. 2003 wurden sie zwar wieder zugelassen, doch die Spannung frisst bis heute an uns. Erst vorgestern war es im äußeren Stadtteil wieder zu Ausschreitungen zwischen Extremisten beider Lager gekommen… und wieder waren Menschen ums Leben gekommen…“ Der Vater schaute die Brünette besorgt an und fuhr fort: „Deshalb hatte ich gemeint, dass du es dir mit der Entscheidung für Ruanda vielleicht besser hättest überlegen sollen…“

Sora nickte; nun bekam sie ebenfalls ein bisschen Fracksausen. Die spannungsgeladene Luft, die sie während der Fahrt durch Kigali empfand, war also nicht ohne Grund. Sie dachte an die Männer und Jugendliche, die sie auf der Straße gesehen hatte. Viele waren wahrscheinlich im Krieg tätig gewesen und über ihre eigenen Taten traumatisiert. Sie musste also höllisch aufpassen in dieser Gegend… selbst bei aller Abenteuerlust sollte man sich nicht fahrlässig in Gefahr bringen!

Trotzdem gab sich die junge Dame gegenüber dem Gastvater stark und beruhigte ihn mit der Aussage, dass sie es verstanden habe und vorsichtig sein werde…
 

Viel weiter erzählte der Vater nicht. Die Familie kehrte ungefähr 2 Jahre nach dem Genozid freiwillig nach Ruanda zurück. Er selber hatte Glück, dass er aufgrund seiner guten Ausbildung in relativ kurzer Zeit eine Arbeitsstelle bekam und von Anfang an ein festes Einkommen innehatte. Wie ein Wunder hielt der Aufschwung in seinem Haushalt die Jahre lang an. Später, als er die Arbeitsstelle wechselte, lernte er seine spätere Frau kennen, die durch ihre feste Anstellung im Institut ebenfalls die Haushaltskasse füllen konnte…
 

Es war mittlerweile schon sehr spät geworden. Sora wunderte sich, dass sie es überhaupt noch so lange durchgehalten hatte, zumal sie schon im Flugzeug nicht schlafen konnte. Doch nun merkte sie auch, dass die Müdigkeit an ihr nagte. Sie entschuldigte sich nochmals und bedankte sich gleichzeitig für so viel Mut und Aufopferung des Gastvaters, diese grausame Geschichte aus dem Hinterkopf wieder hervorzurufen und es ihr zu erzählen. Im Bett schlief sie dann sofort ein… sie war zu müde, um nochmal über die Geschichte des Vaters nachzudenken. So fiel sie rasch in den erholsamen Schlaf, den sie noch im Flugzeug vergeblich gesucht hatte…
 

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„Bekomm ich bitte ein Autogramm? Bitte bitte bitte!!“

„Kannst du ein Foto mit mir machen?“

„Wann gibst du dein nächstes Konzert??“

„Deine Freundin ist fremdgegangen!“

Matt verzog die Grimasse: „Was?! Ich habe doch gar keine Freundin…“

So lief es nach jedem Konzert ab bei der Autogrammstunde. Wie eine Horde wildgewordener hungriger Wölfe standen die Fans „aktiv“ an… das hieß, sie drängelten sich um die Wette. Manche waren sogar so „hungrig“ und wollten über den Tisch springen. Die Security um ihn hatte sichtlich Mühe, die wildgewordenen Fans zurückzuhalten. Und wie immer flogen manchmal auch derbe Kommentare wie der Vorherige herbei…

Nach geschätzten tausend und gefühlten zehntausend Unterschriften sammelte sich die Crew und ging wieder zurück in den abgesperrten Bereich. Und es schien auch beim Zurückgehen zur Regel zu werden: Die dagebliebenen Fans schrien so Sätze wie: „Matt! Bitte geh mit mir aus!“ oder „Matt, ich liebe dich doch wirklich!“

„Sorry, aber das höre ich an jedem Tag zu jeder Zeit…“

Mit einem „RUMMS!“ flog die Tür zu.
 

„Na endlich… Feierabend“, seufzte der Blonde erschöpft, aber zufrieden. Eine braunhaarige Person stand vor ihm und grinste ihn heftig an. „Tja, Kumpel! So ist das Starleben! Kompliziert, stressig, aber auch unterhaltsam!“ Auf Matts Gesicht bildete sich ebenfalls ein Grinsen: „Wo du Recht hast, hast du Recht! Aber jetzt haben wir endlich Feierabend, Mann! Hast du noch Lust, mitzukommen… was trinken gehen?“

Der Braunhaarige nickte: „Wieso nicht? Hab ja sowieso nichts vor… bin ja seit gestern wieder Single…“

Anhören taten diese Worte sich so, als würde es ihm nichts ausmachen, aber Matt kannte seinen besten Freund zu gut, als dass er den verbitterten Unterton nicht erkennen würde. Schließlich kannten sich Tai und Sora schon, seit sie denken konnten. Dass jetzt gefühlte eine Million Kilometer die beiden trennten, stellte schon fast eine schwierige Lebenshürde für den Braunhaarigen dar. Um ihn auf andere Gedanken zu bringen, nahm Matt ihn kurzerhand auf das Konzert mit und gewährte ihm als VIP den Zugang zum Backstagebereich. Und das Konzert hatte ihn zum Glück ein bisschen von seiner Trauer befreit… aber wenn Matt Tai jetzt gehen lassen würde, wäre es sehr wahrscheinlich, dass er wieder in Grund und Boden versank, sobald er alleine war.

Also hieß der Plan: Abfüllen!

„Komm schon, Tai! Du brauchst jetzt einfach noch ein bisschen Spaß!“
 

Die Band mitsamt der Crew und VIP gingen in eine nahegelegene Kneipe, die sie zuvor für sich selbst reserviert hatten, damit keine aufdringlichen Fans die Feier stören konnten. Nichtsdestotrotz sammelten sich an Fenster und Tür neugierige Blicke… manche klopften an der abgeriegelten Tür lautstark. Matt winkte den Inhaber genervt her: „Mach mal die Musik lauter! Ich kann diese Klopfgeräusche nicht mehr hören!“

Tai saß da und trank sein mittlerweile drittes Bier. Er war seinem besten Freund unglaublich dankbar dafür, dass er ihm half, über diese schwierige Zeit hinwegzukommen. Trotzdem musste er immer noch an Sora denken… an sie und die schöne Zeit, die sie zusammen hatten. Die schöne Zeit begann ja nicht erst seit ihrer Beziehung, sondern schon seit Kindestagen. Er dachte an die gemeinsame Zeit in der Schule in einer Klasse… an die gemeinsamen Fußballspiele und unzähligen lustigen Trainingsstunden mit ihr…

An die gemeinsamen Abenteuer in der Digiwelt…

An den Abend, wo sie endlich in die erste Jugend-Bundesliga aufgestiegen waren, was vor allem dem Teamwork der beiden zu verdanken war…

Viele schöne Zeiten waren vergangen…

Der Braunhaarige seufzte und trank sein Bier leer. Sein bester Freund orderte daraufhin gleich ein Nächstes. Er selbst nahm das gelassen hin… solange der Blonde bezahlte…
 

Der Abend endete mit viel Gelächter und Rumgetöse nahezu aller Beteiligten dieser Party. Der Alkoholpegel war vor allem bei Tai und Matt besonders hoch; beide waren nun diejenigen, die jetzt „den Ton angaben“. Nichtsdestotrotz konnte der Teil der Crew, der sich noch selbst unter Kontrolle hatte, die beiden dazu bewegen, in das Auto einzusteigen, das sie nach Hause bringen sollte. Da das nun vorerst das letzte Konzert der Band war, bedeutete dies, dass es nun auch wirklich „nach Hause“ ging. Dem Chauffeur hatte Matt zum Glück vor der Party mitgeteilt, wo Tai wohnte; im jetzigen Zustand wäre der Blonde jedenfalls nicht mehr fähig gewesen, überhaupt noch eine zuverlässige Information rüberzubringen.

So kam man drei Stunden nach Mitternacht bei Tai zu Hause an. Dessen Schwester Kari hatte schon damit gerechnet, dass an diesem Abend ordentlich bei der Aftershowparty geballert wurde und war vorsorglich wach geblieben, während die Eltern schon schliefen. Vom Balkon aus konnte sie erkennen, dass Tai aus einem Auto stieg und so lief die Braunhaarige aus dem Haus und die Treppen des Hochhauses runter zu ihm, um ihn sicher in die eigenen vier Wände zu geleiten… nicht, dass er noch in eine andere Wohnung dieses Hochhauses im Vollsuff reinlief oder dort läutete. Dabei lächelte Kari zufrieden und dachte sich selber: „Matt hat echt ganze Arbeit geleistet!“



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  dragonfighter
2013-10-27T16:03:07+00:00 27.10.2013 17:03
Ich stimme UrrSharrador zu XD
Das sollten sie trotzdem nicht zu oft tuhen XP
Von:  UrrSharrador
2011-06-11T20:39:22+00:00 11.06.2011 22:39
Haha, Matt und Tai sturzbetrunken^^ Ich stell mir das grad bildlich vor XD

Ansonsten gefällt mir die FF bislang übrigens super ;)
Von:  xnananko
2009-03-26T17:41:11+00:00 26.03.2009 18:41
mal ne frage xD hast du die das mit der geschichte also was da alles passiert ist ausgedacht oder ist das wirklich passiert ?
naja ich finde das kap auch recht gut =) mir tut tai nur leid =(
kannst du nicht ne taiora mit daraus machen xD? ich les zu gerne ff´s über die beiden ..*seufz* ..die sind so süss zusammen ^^

schreib schnell weiter ;D
lg SweetMaus15
Von:  xGemini
2009-03-26T17:36:49+00:00 26.03.2009 18:36
hab mir jetzt auch alles durch gelesen. die ff is bis jetzt super schön!!! stimme leonardo23 total zu!! weiter so. ;-)
Von:  Raph1247
2009-03-26T12:46:36+00:00 26.03.2009 13:46
mir gefällts, auch das du den geschichtlichen hintergrund mit reingepackt hast.
das ist immer wichtig so etwas zu erfahren, vorallem wenn das noch in die gegenwart mit rein spielt.
schön, das auch tai und matt mit eingefügt wurden, tai kann einen ja schon leid tun, nicht das der zum alkoholiker mutiert.

insgesamt merkt man schon, das es schnell ging, das kap zu schreiben, find jedoch, es nicht schlimm ist. der lesefluss spört das auf keinen fall. vielleicht etwas der story, zu schnelle abhandlung der dinge.

aber sonst kann ich nur sagen, will mehrmehrmehr, biiiitte.



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