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Schattenräuber

Philipp & Tim
von

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Der Anfang ... vom Ende

Schwer atment kamen wir zu Hause an. Wir waren zu mir gelaufen, weil wir hier ungestörter waren als bei Tim, da er mehrere recht nervige und ... nett ausgedrückt laute Geschwister hatte. Ich war ein Einzelkind und recht froh darum.

Schnell kickte ich mir die Turnschuhe von den Füßen, ließ meine Tasche im Flur stehen und ging in die Küche, um erstmal etwas zu trinken.

Gerade als ich zwei Gläser mit erfrischendem Sprudel gefüllt hatte, kam Tim herein, der meinem vorbildlichen Beispiel gefolgt war. Als er den Mund öffnete, bestimmt um mich in ein Gespräch über den mysteriösen Mann zu verwickeln, hob ich die Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen. „Oben. In meinem Zimmer.“ Er nickte, nahm dankbar das Glas entgegen und trank in gierigen Zügen. Schnell hatte er sein Glas leer und füllte sich ein Zweites. Lächelnd trank ich zu ende und wartete, bis er fertig war, bevor ich mit ihm im Schlepptau auf mein Zimmer ging.

Dort setzte ich mich auf mein Bett und er sich auf seinen gewohnten Platz auf meinem Teppich, der Barcelona von oben zeigte.

„Der Typ war mir echt unheimlich ...“, meinte Tim fröstelnd. Dann leuchteten seine Augen auf. „Jetzt weiß ich was wir diese Ferien tun!“ Ich stutze, dann begriff ich, was er meinte.

Entsetzen breitete sich in ihm aus.

„Du meinst doch nicht ...“

„Ooh doch!“ Ich stöhnte. Das war ja mal wieder klar für meinen Freund, mich in unangenehme Situationen zu bringen.

Doch wie immer würde ich mitmachen. Um dagegen zu arbeiten war ich eh zu neugierig. Dann breitete sich ein Grinsen auf meinem Gesicht aus, als mir bewusst wurde, dass das eine hervorragende Gelegenheit für ein richtiges Abenteuer war.

„Wir müssten nur überlegen, was wir unseren Eltern erzählen ...“ Ich überlegte. Auch Tim gab sich alle Mühe. Dann lächelte er triumphierend.

„Wir sind in unserem Geheimversteck. Wo das ist, ist geheim, da es sonst kein Geheimniss wär! So weiß keiner, wo wir sind und keiner stört uns bei unseren ‚Ermittlungen‘.“ Ich lachte „Ach das Versteck meinst du. Hoffentlich steht das noch!“ Er nickte begeistert.

„Bestimmt!“ Einen Moment verweilte ich in Erinnerungen. Wir hatten auf einem Streifzug eine stillgelegte ehemalige Silbermiene gefunden, in der wir es uns häuslich eingerichtet hatten und gelegentlich dorthin gegangen waren, um dem tristen Leben zu Hause zu entkommen. Nur waren unsere Besuche in letzter Zeit verebbt.

„Gut, dann lass uns mal einen Plan erstellen, was wir alles brauchen.“

Die nächste halbe Stunde verbrachten wir damit, aufzulisten, was wir alles brauchen würden. Dann gingen wir kurz runter, um etwas Essbares zu suchen. Wir hatten Glück. Meine Mutter hatte vorrausschauend die Reste unserer gestrigen Lasange in den Kühlschrank gestellt, die wir uns jetzt in der Microwelle warm machten. Meine Mutter oder „Alte“, wie Tim sie nannte, war noch arbeiten und würde erst um 16 Uhr zurück kommen.

Nachdem wir uns an den Resten gütlich getan hatten, gingen wir zu Tim, um seinen Teil der erforderlichen Sachen zu holen und alles mit seiner Mutter abzusprechen.

Bei ihm angekommen begrüßte uns seine Mutter, die wie immer gut gelaunt war. Das vergnügte Dudeln eines Radios wehte zu uns herüber. Tim rannte mit mir im Schlepptau die Holzustufen zur nächsthöheren Etage hoch, wo Geschrei und das Gewummer unterschiedlicher Musik lautwurde. Ich schüttelte grinsend den Kopf. Typisch Tims Geschwister! Kaum das wir sein Zimmer betreten und die Reisetasche aus seinem Schrank genommen hatten, kamen seine 2 kleinsten Brüder hereingerannt, der jeweils 4 und 6 Jahre alt waren und anscheinend ein wildes „Cowboy und Indianer“ Spiel spielten. Wer welche Rolle bekleidete, sah man an ihren Kostümen. Der 6-jährige Indianer, der sich Jon rufen lies, hatte sich zusätzlich mit roter Fingermalfarbe Striche ins Gesicht gemalt. Ich konnte mir ein leises Lachen nicht verkneifen. Tim scheuchte seine Brüder halb ärgerlich, halb amüsiert aus dem Zimmer und schloss die Tür ab.

„Soo“, meinte er lächelnd, „jetzt sind wir ganz ungestört.“ Ich grinste. Das war mal wieder so typisch für ihn. Aber es war nur Spaß, das wusste ich mit Sicherheit. Es konnte gar nicht anders sein. Und so machten wir uns leise lachend daran, Schlafsack, Zahnputzutensilien, Taschenlampen und vieles mehr einzupacken.

Als schließlich alle Punkte auf unserer Liste abgehagt waren, gingen wir wieder runter, um alles mit seiner Mutter zu besprechen. Sie lachte, als sie von unserem Vorhaben erfuhr und war offentsichtlich erleichtert, dass ihr Sohn an die frische Luft kam. Schnell hatte sie uns Vorräte an Wasser und Broten, Obst, Gemüse und was sie sonst noch fand für mehrere Tage eingepackt. Leise Zweifel kamen in mir auf, ob meine Mutter es auch so locker nehmen würde, aber ich verdrängte sie bewusst aus meinen Gedanken. Wir verabschiedeten uns und Tims Mutter umarmte ihren Sohn noch ein letztes mal, bevor er für ca. den Rest der Ferien wie verschwunden sein würde. Über das bevorstehende Abenteuer sinnierend gingen wir wieder zurück zu mir, um dort auf meine Mum zu warten, die in ungefähr einer Stunde da sein dürfte.

„Was machen wir eigentlich, wenn deine Alte es nicht erlaubt?“, fragte Tim plötzlich. Ich schwieg eine Zeitlang. „Darüber habe ich noch nicht nachgedacht ... Ich denke, dass wir es trotzdem machen, nur dann von meinem Zuhause aus. Es wird dann zwar schwieriger, aber bestimmt schaffbar.“ Er nickte zum Zeichen, dass er verstanden hatte.

Kurz darauf waren wir am Ziel. Ich schloss die Tür auf und wir gingen auf mein Zimmer, um schon mal meinen Teil der Liste zusammen zu packen. Es könnte zwar sein, dass meine „Alte“ es nicht erlauben würde, aber das Risiko gingen wir ein. Während auf die Rückkehr meiner Mum warteten, überlegten wir, wo wir diesen Mann gesehen hatten und wo wir ihn eventuell nochmal sehen könnten. Da wir aber keinen Anstoß hatten, warum der mysteriöse Fremde da war, war es ein nahezu hoffnungsloses Unterfangen. Mit einem Mal viel Tim etwas auf.

„Da, wo er war, war zu dem Zeitpunkt der meiste Schatten. Vielleicht hällt er sich lieber im Schatten auf, auch wenn man bedenkt, wie der rumläuft.“ Er verzog bei der Erinnerung das Gesicht.

„Ja“, stimmte ich ihm zu, wenn auch nicht ganz überzeugt, „das könnte sein. Einen Versuch ist es auf jeden Fall wert!“ Und mit diesen Worten machten wir uns daran, auf meinem Teppich zu gucken, wann wo der meiste Schatten war. Manchmal kamen mehrere Stellen in frage, so dass wir uns würden aufteilen müssen. Der Gedanke behagte mir nicht. Was, wenn er böse war? Was, wenn er einem von uns etwas antuen würde, wenn er erführe, dass wir ihn verfolgen? Mit einem Mal wurde mir klar, dass ich den Gedanken nicht ertragen könnte, wenn Tim starb. Das würde ich einfach nicht verkraften. Desweiteren wurde mir klar, wie viel mir an meinem besten Freund lag. Ich war schon so lange mit ihm befreundet. Ich betrachtete ihn verstohlen und mir vielen seine weichen, schönen Gesichtszüge auf. Erstaunt über meinen eigenen Gedankengang wandte ich verlegen und vielleicht sogar ein kleines bisschen wütend auf mich selbst den Blick ab und konzentrierte mich auf die Karte. Zu meinem Bedauern war Tim mein Blick nicht entgangen.

„Was ist los?“, fragte er. Echte Sorge war in seiner Stimme zu hören, gepaart mit leiser Neugier.

„Es ist ... Ich mache mir Sorgen. Was ist, wenn dieser Typ einem von uns was antut, sobald er spitzkriegt, dass wir ihn verfolgen?“

„Er wird es nicht merken, wenn wir uns geschickt anstellen. Und wir haben schon ganz anderen Leuten als ihm nachspioniert.“ Bei diesen Worten trat ein leicht triumphierendes Lächeln auf seine Züge. „Keine Angst, ich pass schon auf dich auf“, fügte er im inbrunst der Überzeugung hinzu. Seine Worte hatten mich etwas beruhigt und ich nickte erleichtert.

„Also, wo wollen wir uns morgen positionieren?“ Grinsend wandte ich mich wieder der Aufgabe zu. „Hier werde ich auf ihn warten und du da.“ Ich zeigte ihm die Punkte auf dem Teppich und er nickte zustimmend. „Ja, so machen wir das. Und deiner Alten erzählen wir, wir wären ... Hm ... Skaten! Das kauft die uns bestimmt ab.“

„Und mit den Walkie-Talkies verständigen wir uns, wenn einer von uns ihn gefunden hat.“

„Genau! Und wenn zum Beispiel ich ihn hab, dann sag ich dir Bescheid und bleibe an ihm dran. Du kannst dann dazukommen.“

So ging das eine Zeit weiter, bis wir dann hörten, wie meine Mutter nach hause kam und den Schlüssel im Schloß drehte. Schnell kickte ich die Reisetasche, in der sich die Dinge befanden, die wir benötigen würden, unter mein Bett. Den Zettel mit den Uhrzeiten und den Orten, wo der meiste Schatten zu welcher Zeit war, gab ich Tim, der in sorgfältig zusammenfaltete und in seine Hosentasche steckte.

Ich versuchte, besonders lässig die wenigen Stufen zum Flur und so zu meiner Mum hinunter zu steigen, doch sie merte es sofort, wenn ich etwas wollte. Mit einem milden Lächeln sah sie mich an.

„Was gibt es, Philipp?“

Ich suchte kurz nach Worten, dann sagte ich: „Ähm ... Tim und ich wollten in unser Geheimversteck gehen, um dort für so ziemlich den Rest der Sommerferien zu bleiben. Dürfen wir?“ Es kam mir fast schon lächerlich vor, mit 16 Jahren meine Mutter um eine derartige Erlaubnis zu fragen, doch ich war es so gewohnt und wollte mit dieser Gewohnheit nicht brechen. Schlagartig verdüsterte sich ihre Miene.

„Nein. Ich will nicht, dass ihr zwei euch allein irgendwo im Nirgendwo rumtreibt. Wenn euch dort etwas passiert, ist keiner da, der euch helfen könnte. Oder der euch schreien hören würde.“ Ich seufzte innerlich. Das war typisch Mum ... Immer sehr vorsichtig, wenn es um so etwas ging.

„Wir sind sechzehn, Mum, uns wird schon nichts passieren. Tim passt schon auf mich auf.“ Ich konnte förmlich spüren, wie er sich ein Grinsen verkniff. Sie schüttelte den Kopf.

„Nein. Und das ist mein letztes Wort.“ Nur mit großer Mühe gelang es mir, nicht die Augen zu verdrehen.

„Wie du meinst“, nuschelte ich, dann drehte ich mich um und ging hinter Tim wieder hoch auf mein Zimmer.

Oben angekommen fluchte ich erst einmal und hätte fast gegen meinen Schrank getreten.

„Das macht die ganze Sache viel komplizierter!“, maulte ich. Ich höre mich an, wie ein beleidigtes, quängelntes Kind, wurde mir bewusst. Zu meinem großen Erstaunen lachte Tim laut auf. Er schien die neuen Hindernisse willkommen zu heißen.

„Dann werden wir den Plan halt von hier aus ausführen und die Sachen gepackt lassen, falls deine Alte sich umentscheidet.“

Leise vor mich hinlächelnd nickte ich und wir verbrachten den Rest des Tages damit, unseren Plan auszureifen.



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