Wenn Engel hassen...
Als er diesem Morgen erwachte, wusste er dass etwas anderes war. Alles um ihn herum schien aufgeladen zu sein. Sein Blick hetze durch den Raum, fand aber den Dämonen nicht.
„Gackt?!“ seine Stimme huschte unsicher über die Wände. Doch er erhielt keine Antwort.
Hyde erhob sich zitternd, das warme Feuer im Kamin war erloschen, und sein nackter Körper fror, als die nackte Angst in ihm hoch kroch. In ihm war ein Wirrwarr an Gefühlen, die sich nun zu einem grauen See zusammenfand, ohne dass eins aller heraus stach. Verwirrt zog er seine Sachen an um hinauszustolpern, trügerisch lag die Landschaft vor ihm, strahlend, wunderschön. Mutter Erde von ihrer besten Seite, wo war sein Geliebter? Hatte sie ihn verschluckt?
„Ga-chan?!“
Seine Flügel breiteten sich automatisch mäestetisch aus um ihn vom Boden zu tragen, mit kräftigen Schlägen, nur knapp über die Baumwipfel, den Blick auf den Waldboden gerichtet. Warum war so viel Angst in ihm? Bestand doch keinen Grund zur Sorge nur weil der Formwandler weg war, dies tat er schliesslich öfters, einfach so verschwinden, doch dann hinterliess er dem Engel eine Nachricht. Und diese war heute ausgeblieben.
Der Engel erblickte nach einiger Zeit zwei engumschlungene Liebende, die Gefangene, in ihrer eigenen Lust waren, etwas an dem schwarzhaarigen zog jedoch Hydes Aufmerksamkeit auf sich. Federleicht landete er auf einem Baum, um beide zu mustern. Als das schwarz geflügelte Wesen, welches Hyde irritierte, von dem anderen Besitz ergriff, und der Dämon unter dieser Tortur aufschrie, fügten sich in den Gedanken des Engels alle Puzzelteile zusammen und seine Welt zerbrach.
Das Wesen mit den schwarzen Schwingen, war Dariel, und der schwarzhaarige sein Geliebter. Sein Gackt, seine Liebe!
Er hatte ihn also nun doch gefunden. Unfähig zu reagieren sah Hyde dieser Situation zu, wie ein Gaffer an einem Unfall. Kristallklare Tränen rannen über die blassen Wangen und benetzen das weisse Hemd, welches die schlanke Gestallt des Engels umhüllte. Jeder gepeinigte Schrei oder jedes schmerzhafte Keuchen, zerschnitt sein Herz wie eine scharfe Glasscherbe. Hass loderte nun heiss in ihm auf, tauchte die Welt in ein bitteres und stummes Rot. Hyde zitterte am ganzen Leib, und als der andere endlich von seinem Geliebten abliess, sich erschöpft von ihm rollte, stürzte er hinab, packte den verdutzen Dämon an den Pech übergossenen Flügeln, verkrallte sich schmerzhaft im Gefieder um ihn in den Himmel hoch zuzerren. Der Schrei war für Hyde wie eine bittersüsse Melodie, und er wollte Dariel noch mehr Schreien hören. In einer schraube liess er sich immer höher steigen, reagierte nicht auf die Flüche die der dreckige Dämon ausstiess, biss die Zähne zusammen als man nach ihm trat. Und als er die Landschaft unter sich nur noch als Farbfleck wahrnahm, liess er Dariel los.
Auf ein gutes Gefühl folgte Schmerz, war das nicht immer schon so gewesen in seinem Leben? Er hatte den Fehler gemacht und nicht mehr an den Engel gedacht. Das Himmelswesen, welches nun mit seinem Formwandler verbandelt war. Und hier war er. Dariel wusste wenn Engel erst einmal Hassten, war es für sie zu spät und der Fall stand kurz bevor. Irgendwo in seinem Herzen verfing sich der Wunsch dem anderen zu helfen. Ihm zusagen, welcher Schmerz man durchstehen musste, war man erst einmal gefallen, doch der Schmerz den der Engel in ihm verursachte, hatte ihn nur hilflos aufschreien lassen und nun fiel er erneut. Immer näher raste die Erde. Als Dämon hatte er verlernt wie man flog, so schlug er hilflos mit den Flügel, durchsackte aber ein Luftloch um noch einmal angst erfüllt aufzuschreien, ehe er sich dann endlich wieder höher schrauben konnte. Sein Blick war auf den anderen Engel gerichtet und sein Herz blieb stehen.
Hyde sah zornig zu wie der andere sich fing. Warum konnte dieses Dämonenpack fliegen?
„Es wird dir gar nichts nützen, das du das fliegen beherrschst, diesen Kampf wirst du verlieren.“
„Du bringst dich damit nur selbst um, bitte hör mir zu“ flehte Dariel
Doch der Engel dachte nicht daran ihm zu zuhören, dieser Dämon hatte nur Leid und Schmerz über andere gebracht und Hyde glaubte nicht, das es irgendwie entschuldbar war. Er ging auf ihn los wie eine Furie, zerkratze ihm das engelhafte Gesicht, wollte diese gütig erscheinende Fratze zerfetzen, konnte sie nicht länger ertragen, riss in seiner hilflosen Wut an den braunen Wellen, bis er sie Strähnen weise in der Hand hielt. Ein Lachen entwand sich seiner Kehle, dennoch befriedigte es ihn nicht, auch wenn Dariel sich unter Schmerzen in seinem Griff wand.
„Sag Lebewohl“ forderte Hyde währendem er auf die Erde zuraste.
Gackt war durch den dichten Wald gerannt, bis sich die weite Wiese vor ihm erstreckte, sein Blick war auf den Himmel gerichtet, wo die zwei geflügelten Wesen miteinander kämpften. Mittlerweile hatte sich Dariel wieder vom Engel gelöst, doch es nutze ihm kaum etwas. Um Hyde herum herrschte ein rötliches glühen, als er erneut auf Dariel losging. Der Formwandler hatte wieder seine eigene Form und besah sich besorgt dieser Szene. Er schämte sich, sein Freund setze sich für ihn ein, nachdem er ihn betrogen hatte mit Dariel. Ihm war, als würde er Szenen aus einem Film sehen, als die Wolken immer schwärzer um die beiden herum wurden. Hilflos musste er mit ansehen wie sein Geliebter den Zorn Gottes auf sich zog.
Hydes lachen drang durch die Luft, begleitet von einem fernen Grollen eines Donners, die Hände verkrallte er in das kühle Gefieder. Und als die schwarzen Schwingen unter seinem griff mit einem hässlichen knacken brachen, hielt er den Dämonen fest, nur einmal sahen sich die beiden in die Augen, hoffnungsvoll blickte Dariel in die grauen Augen des Engels, ehe er den Blick von ihnen abwandte, denn er hatte sein eigenes Todesurteil in ihnen gesehen. Dies war der Startschuss für Hyde, der Dämon hatte seinen eigenen Tod gesehen, nun rasten beide gegen die Erde. Der Engel rettete sich in letzter Sekunde mit einem leichten Flügelschlag ehe der Körper des anderen unter ihm zerbrach.
Dariels Körper explodierte unter dem aufwallenden Schmerz regelrecht, und sein Blick sah unstet in den Himmel, doch neben ihm öffnete sich ein Lichtball, ein grüner mystisch flackernde Ball voller Licht. Aus ebenjenem trat ein schwarzhaariger Dämon, mit rötlich glimmenden Augen.
„Sorge dich nicht, ich bin gekommen um deiner Seele ruhe zu geben“ sprach Treal sanft, und sah erst auf als neben ihm der Engel landete.
Hyde besah sich den anderen Dämon, nickte ihm nur zu, den er wusste das dies ein Todesbote war, der die Seele des anderen mit sich nehmen würde, doch als er nun auf Dariel nieder blickte gefror ihm das Blut regelrecht in den Adern. Die schwarzen Schwingen, waren heller und heller geworden und erstrahlten nun in einem unschuldigen weiss. Auch wenn der Blick unstet umherhuschte, hatten sie wieder die Farbe von grünem anstelle grauen Jaspis angenommen, sogar das Haar von Dariel war nicht mehr schmutzig blond, sondern hell und leuchtend. Und Hyde erkannte wer er ermordet hatte, seinen Bruder!!
„Aniel“ er warf sich auf die Knie und besah sich seinen Bruder ehe er reumütig ein „Verzeih mir“ ausstiess.
Doch Aniel lächelte, er war befreit, und Gott hielt seine Hand wieder über seinen Leib, er würde mit Treal in der Welt leben dürfen, mit seinem Geliebten, für immer in perfekter Harmonie. Nicht sein Himmel aber ein Ort den man mit ihm gleichsetzen konnte, er spürte den Frieden in sich einziehen. So besah er Hyde gütig und liebevoll.
„Keine Sorgen, du hast mich nur befreit, von der Trauer und dem Schmerz in mir….Ich danke dir! Verzeih du mir all meine Fehler, all das was ich getan habe, lass mich gehen“ wisperte er leise
Schluchzend nickte Hyde, er konnte ihm nur noch verzeihen und in Frieden gehen lassen, er bemerkte nicht wie Gackt sich das alles mit respektvollem Abstand ansah. Er konnte es nicht fassen. Das Dariel der Bruder war, von dem Hyde gesprochen hatte. Aniel fand den Blick des anderen und flehte ihn ebenso wie seinen Bruder an ihm zu verzeihen.
Und als Gackt sich neben Aniel kniete seine Hand nahm und ihm von ganzen Herzen vergab, löste sich die Seele in einem goldenen Schimmer vom Leib des Engels. Treal nahm ihn an der Hand und beide betrachteten lächelnd den Engel und den Dämon, die nun ab dieser Herrlichkeit beide Tränen vergossen.
„Ich danke dir, dass du ihn all die Zeit von mehr Schmerz bewahrt hast“ meinte Treal sanft zu Gackt. Und als er mit seinen rötlich schimmernden Augen Hyde anblickte hallten die Worte des Dämons in dem Engel wieder. „Danke das du Gackt nun Seelenfrieden schenkst...er verdient es…weine nicht, weine nicht um Aniel, er wird neben mir leben, lebt wohl...wir sehen uns, wenn eure Zeit gekommen ist“
Gackt nahm die Hand seines Engels und lächelte ihm aufmunternd zu, um ihm dann die Tränen von den Augen zu küssen. Mit dem einsetzenden Regen, fanden sich ihre Lippen zu einem süssen, unschuldigen Kuss, voller Hoffnung, die beide Herzen weiterschlagen liess.
