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Fesseln der Liebe (?)

von

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Kapitel 20

Die Nacht war grausam für Aya und auch Kurai konnte ihr die unruhigen Träume nicht nehmen. Sie träumte von Shinri und es quälte sie zutiefst. Die Dunkelheit, die sie umgab, schien sie verschlucken zu wollen. Und immer wieder sah sie inmitten diesem schwarzen Nichts Shinri, gefesselt und alleine. Schmerz lag in seinen Augen. Nicht der Schmerz von Schlägen und schwerer Folter, sondern die Einsamkeit.

Shinri wollte seine Hände nach Aya ausstrecken, doch die Ketten an seinen Armen hielten ihn auf. Er konnte nicht entkommen und Aya konnte ihm nicht helfen. Sie konnte ihm nur zusehen, wie es ihm schlecht ging und ihr Herz zog sich immer mehr zusammen.

Irgendwann verschwand Shinri. Es blieb ein großer, unheimlicher Schatten zurück. Sie wusste, dass er es war. Sie fühlte es. Der Schatten wirkte bedrohlich und flößte ihr Angst ein, sie wollte weg, ganz weit weg und in Sicherheit. Doch sie konnte Shinri nicht einfach zurück lassen! Als die Ketten verschwanden, stürzte sich das unbekannte Wesen auf sie. Genau in diesem beängstigenden Moment erwachte Aya aus ihrem Traum.

Schweißgebadet saß Aya in der Höhle, schwer um Atem ringend. Einige Momente verstrichen, in denen sie ihr Herz beruhigen musste. Es war nur ein böser Traum gewesen, versuchte sie sich weis zu machen. Doch es gelang ihr nicht ganz. Was, wenn es eine Vision war? Vielleicht kämpfte Shinri in diesem Moment wirklich mit diesem Schmerz der Einsamkeit?

Schnell schüttelte sie die Qualen des Albtraumes beiseite. Ihr Blick glitt über ihre Begleiter. Kurai war nicht mehr hier. Ihr Gegenüber war nur Ria wach, während Jackin neben ihr saß und schlief.

Die Blicke der beiden Mädchen trafen sich. “Guten Morgen, Aya. Hast du schlecht geschlafen?”, fragte Ria besorgt nach und setzte sich auf. Für einen kurzen Augenblick musterte sie Jackin mit einem liebevollen Blick, bevor sie sich wieder ganz an Aya wandte. “Du hast im Schlaf vor dich hin gemurmelt und sahst gequält aus. Was hast du geträumt?”

Aya wusste nicht so recht, ob sie ihr alles anvertrauen sollte. Aber nachdem die Zomas ihr größtes Geheimnis Preis gegeben haben, dass ihnen wirklich viel bedeutete, konnte sie ihnen gegenüber das gleiche Vertrauen entgegenbringen. Sie erzählte von ihrem Traum. Von Shinri und der Dunkelheit. Von dem finsteren Schatten und auch von ihren eigenen Vermutungen, dass es ihm vielleicht wirklich in diesem Moment so erging. Ria sah noch besorgt aus, als sie davon erfuhr. Also hatte Aya sich nicht umsonst Gedanken darum gemacht.

“Shinri hat dir das bestimmt nicht absichtlich zukommen lassen. Entweder, es war ihm nicht bewusst und in seinen Qualen wurden dir diese Bilder geschickt, oder Taiyo-Yoru hat dabei seine Finger im Spiel. Ich glaube, er möchte dich quälen”, erklärte Ria und dachte verbissen nach. Es schien sie zu ärgern, dass Aya diese Bilder zubekommen hatte. Wahrscheinlich rechnete sie mit dem Letzteren. Aya war es egal. Sie wollte Shinri retten und der Schatten war fast schon vergessen.

„Mach dir erst mal keine weiteren Sorgen darum. Wir reden einfach mit Kurai, sobald er wieder hier ist. Er wird mehr darüber wissen, okay?“, schlug Ria vor und lächelte Aya aufmunternd zu. Nachdem das Problem mit Jackin zwischen den beiden Mädchen geklärt war, kamen sie viel besser miteinander zurecht und je mehr Aya von Ria wusste, desto mehr mochte sie das blonde Mädchen.

Kurz darauf erwachte Jackin aus seinem Schlaf. Er gähnte herzhaft und wünschte den beiden Mädchen einen guten Morgen. Ihm entging nicht, dass den beiden etwas Sorge bereitete, doch bevor er nachfragen konnte, kam Kurai wieder in die Höhle. „Wir müssen aufbrechen. Es ist schon Morgen.“ Die Sonne schien in die Höhle und erwärmte das Innere kaum merklich. Alle standen auf und folgten ihm in die Dunkelheit der Höhle. Aya hatte etwas Angst. Die Gänge wirkten fast schon erdrückend. Das einzige Licht, dass sie hatten, war eine Taschenlampe, die Kurai sich von Lucio ausgeliehen hatte, als die anderen mit dem Packen des Proviants zu tun hatten.

Auf dem Weg durch die unzähligen Tunneln begannen sie etwas zu essen. Es war besser, keine Zeit zu vertrödeln, also erzählte Ria Kurai auch erst dann von Ayas Alptraum, als sie bereits inmitten der Höhle waren. Auch Jackin hörte ihnen zu und ihm verging der Appetit. Wäre es nicht so dunkel gewesen, hätte Aya die selbe Sorge wie bei Ria in seinen Augen gelesen.

Kurai hörte ihnen wortlos zu und zeigte keine Regung, während er vor ihnen durch die Höhle schritt und sie unzählige Gänge entlang führte. Er nahm sich etwas Zeit, um darüber nachzudenken, bevor er ihnen seine eigenen Gedanken mitteilte.

“Ich glaube, es war Taiyo-Yoru, der dir diese Bilder geschickt hatte. Er möchte dich quälen. Er hasst Shinri und dich, denn du bist seine Auserwählte. Aus diesem Grund möchte er, dass du ihn suchst, dass du zu ihm kommst. Aber der Schatten, der sich auf dich gestürzt hat, muss von Shinri aus gekommen sein. Das schlimmste für einen Zoma ist es, zu wissen, dass seine Auserwählte in Gefahr ist. Shinri ist gefährlich. Er verliert bereits seine Kontrolle und er möchte, dass du fern von ihm und Taiyo-Yoru bleibst. Ihm ist egal, was mit ihm passiert, solang du in Sicherheit bist. Möchtest du immer noch dorthin, obwohl Shinri dich fortschickt?”

Kurai sah Aya abwartend an. Doch ihm war klar, dass eine Auserwählte seinen Partner nie im Stich ließ. Egal, wie gruselig dieses Wesen Aya gegenüber gewesen sein muss, sie hielt fest an ihrer Entscheidung. “Ja! Auf jeden Fall! Ich kann ihm doch nicht einfach im Stich lassen!”

Ria konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Sie freute sich, dass Shinri solch eine Freundin gefunden hatte. Egal, wie widerspenstig Aya die Tage gewesen war, sie mochte Shinri wahrhaftig. Sie würde für ihn durch die Hölle gehen. Der Ort, den sie bald erreichen würde, wahr gefährlich. Ria wusste, für die Sicherheit der Familie und aller Auserwählten, würde sie bis zum Ende an Ayas Seite bleiben.

Wieder einmal legte sich die Stille um sie. Ihr Weg führte sie immer tiefer in den Berg hinein und an einer Vielzahl an Tunneln vorbei. Egal wie alles verschlingend die Dunkelheit um sie herum auch sein mag, die Gruppe lief dennoch zielstrebig weiter. Das Licht der Lampe leuchtete ihnen den Weg zu ihren Füßen und Ria war auch noch hier. Mit ihren Augen konnte sie durch die durchringende Finsternis sehen.

Kalte Wände. Es tropfte von der Decke. Aya hatte es langsam satt. Sie wollte das Ziel erreichen, ihr war aber nicht nach fragen zumute. Es war so still, dass sie nur ungern diese Stille durchbrochen hätte. In einem beklemmten Schweigen folgte sie den anderen, machte sich aber ihre eigenen, verzwickten Gedanken. Sie stellte sich vor, wann und wo sie nach diesen endlosen Gängen ankommen würden. Ohne Kurai hätte sie bereits ihre Orientierung verloren. Sie verließ sich ganz auf ihn und war dankbar, ihn an ihrer Seite zu wissen.

Den anderen schien es genauso zu gehen, denn nur Kurai wusste, wie sie auf die andere Seite gelangten. Ihr wäre es lieber gewesen, wenn sie über den Berg geklettert wären. Was sollte denn anders auf sie warten, als ein Wald? Der gleiche Wald, den sie hinter sich gelassen hatten? Vielleicht war es schneller, gleich quer durch zu marschieren, aber eigentlich bevorzugte sie die Freiheit unter dem blauen Himmelszelt, als hier durch die engen, düsteren Räume zu marschieren. Sie fühlte sich erdrückt und konnte die gesamte Last der Steine über sich spüren. Doch sie gab nicht zu, wie viel Panik sie hatte. Sie nahm das alles auf sich, nur um Shinri zu retten.

Die dunklen Gänge schienen kein Ende nehmen zu wollen. Aya war schlapp. Eigentlich hatte sie gehofft, dass sie sich nicht so früh wieder müde fühlte, aber sie konnte nichts dagegen machen. Sie liefen bereits einige Stunden lang und es kam ihr vor, wie eine Ewigkeit. Da sie sich im Inneren des Berges befand, wusste sie nicht, ob bereits wieder die Nacht einbrach, oder es noch immer helllichter Tag war. Sie konnte nur Vermutungen anstellen, was die Uhrzeit betraf. Denn niemand ihrer Mitreisenden trug eine Uhr mit sich.

“Der Weg ist nicht mehr weit, dann erreichen wir unsere Welt”, erklärte Kurai. Seine Stimme durchbrach das Schweigen und hallte an den Wänden wieder. “Ich muss euch aber bitten, euch nicht zu auffällig zu benehmen. Auf unserer Welt gibt es keine Menschen. Sollte euch jemand erkennen, könnte es sein, dass man euch ausliefert bei unserem Oberhaupt, oder euch gleich tötet. Also verlasst die Gruppe nicht, habt ihr verstanden?” Aya bekam bei seinen Worten eine Gänsehaut. Tod? Irgendwie schienen die Zomas keine andere Drohung zu kennen, als den Tod.

“Was genau erwartet uns eigentlich auf der anderen Seite?”, fragte Jackin nach. Er lief wieder als Letzter und als er sprach, hallte seine Stimme ebenfalls an den Wänden wieder.

“Ich kann es euch nicht genau beschreiben. Lasst euch überraschen und passt auf euch auf.” Eine schlechte Erklärung, wenn man bedachte, dass man ihnen immer wieder einbläute, es wäre sehr gefährlich auf der anderen Seite.

“Und was ist, wenn wir doch auf Zomas stoßen?”, wollte Aya ihrerseits wissen, die sich die Situation bereits ausmalte. Mehrere dieser geheimnisvoll erscheinenden Männer, die sie mit Waffen bedrohten und ihnen am liebsten den Kopf abgeschlagen hätten, nur um sie los zu werden. Bei diesem Gedanken musste sie schwer schlucken.

“Bleibt einfach in meiner Nähe und ich werde auf euch aufpassen. Zomas sind nicht anders zu bekämpfen, als Menschen oder Tiere. Wir können nicht zaubern, außer die wenigen, die das Blut der drei stärksten Tiere in sich haben.”

“Shinri kann zaubern?” Aya hatte nicht vergessen, dass Warashi der Adler und damit einer der stärksten war. Shinri war ein Adler. Aber Zaubern? Sie versuchte sich vorzustellen, wie Shinri Feuer und Blitze auf seine Gegner schleuderte, aber es gelang ihr nicht recht. Der Gedanke beängstigte sie mehr, als dass sie mut sammelte.

Diesmal meldete sich Ria zu Wort, um ihre Frage zu beantworten. “Zaubern ist vielleicht das schlechte Wort. Viel mehr hat Shinri einige Fähigkeiten weitaus besser ausgefeilt. Er ist stärker und schneller, als jeder von uns und er beherrscht den Wind - wenn auch nur minimal, da er noch sehr jung ist.”

Erstaunt starrte Aya Ria an. Sie war stehen geblieben und bemerkte erst ein kleines bisschen später, dass Kurai ohne sie weiter ging. Eilig holte er ihn auf und wand sich dann wieder an Ria. “Okay. Wenn das so ist … dann versteh ich einiges.” Zum Beispiel den Sturz im Klassenzimmer an ihrem ersten Tag kurz nach dem ersten Streit mit Ria und auch, weshalb Shinri die geschlossene Tür aufmachen konnte. “Und … du sagtest, noch jung. Wie alt werdet ihr eigentlich normalerweise?”

Ria zuckte die Schulter und an ihrer Stelle antwortete Kurai auf diese Frage. “Wenn wir in eurer Welt leben, dann höchstens so alt, wie ihr auch. Aber in unserer Welt altern wir nur halb so schnell.”

Wieder blieb Aya stehen und starrte Kurai ungläubig an. Ria und Jackin schoben sie sanft weiter und ihre Starre löste sich damit. “Das ist unglaublich”, flüsterte sie und versuchte das zu verstehen. Aber sie hatte es mit Flüchen und ähnlichen unmöglichen Sachen zu tun, wieso dann nicht auch das?

Den Rest der Reise schwiegen sie dann wieder und erst das Licht, das am Ende des Tunnels auf sie wartete, ließ sie aus ihren Gedanken schrecken. Aya freute sich, doch behielt sie Kurais Tempo bei. Schon bald standen sie draußen in der Freiheit. Der Wind fegte durch ihr Haar, während sie hinaus traten. Schon bald blieben alle drei stehen und staunten. Es sah ganz anders aus, als gedacht. Wenn sie geglaubt hatten, in dem Wald von vorhin wieder zu erscheinen, lagen sie falsch.

Das Gestein zu ihren Füßen war nicht trocken, kalt und grau sondern braun und erdig. Vor ihnen breitete sich die Natur aus, nicht als Wald, sondern viel mehr als Dschungel. Er schien viele Gefahren zu bergen. Die Pflanzen und Bäume waren so unterschiedlich, dass Aya nicht wusste, wohin sie als erstes gucken sollte.

Bevor Aya aber die Natur aus der Nähe betrachten konnte, hielt Kurai sie auf. Er legte seine Hand auf ihre Schulter und meinte: “Passt auf euch auf. Der Wald birgt große Gefahren.” Wie immer wurden sie vorgewagt und mit größerer Vorsicht folgten sie Kurai, der sie abseits des Weges durch den Dschungel brachte.

Sie durchquerten den Dschungel und Ayas Blick wanderte interessiert von einer Seite zur anderen. Arten von Pflanzen, die sie noch nie zu Gesicht bekommen hatte, wuchsen hier. Die Bäume waren groß, knorrig und hatten eigenartig graue Blätter. Das Gestrüpp, durch dass sie sich hindurchkämpfen mussten, ging ihnen bis zu den Knien und schien recht eigensinnig zu sein. Es verfing sich immer wieder an den Kleidungen der Vorbeigehenden und wollte sie daran hindern, weiter zu marschieren.

Eine eigenartige Welt, meinte Aya. Es fröstelte sie etwas, denn der Wald machte ihr Angst. Er war düster und unheimlich, obwohl über ihnen die Sonne schien. Bei dem Gedanken, welche Tiere im Dickicht lauerten, lief sie zügig weiter. Sie dankte Jackin und Ria dafür, dass sie nicht das Schlusslicht bilden musste. Jackin hatte sich wieder einmal freiwillig dazu bereit erklärt.

“Wohin gehen wir jetzt? Wo befindet sich Shinri?”, wollte Jackin wissen, der direkt hinter Ria lief. Er spähte immer wieder hinter sich, um auch sicher zu sein, nicht verfolgt zu werden. Kurai zuckte mit den Schultern. “Ich nehme an, wir werden zuerst das Anwesen von Shinris Familie besuchen.” Er klang überzeugend, obwohl er es nicht wusste und nur vermutete. “Und wenn wir nah genug an Shinri dran sind, wird Aya von selbst wissen, wo genau er sich befindet.”

Aya stimmte dem mit einem kurzen Nicken zu. Auf einmal bemerkte sie, dass sie Shinris Anwesenheit ganz leicht spüren konnte. Es war wie ein leichter Hauch und das erleichterte ihr das Herz. Sie wusste, er war hier und je näher sie kommen würden, desto sicher wäre sie sich dem.

Mit einem Gedankenversunkenen Blick spähte sie vor sich hin und merkte so auch nicht, dass sich der Schauplatz langsam wechselte. Zu ihren Seiten sprossen eigenartige Pflanzen, die fast die gleiche Größe hatten, wie sie selbst. Die großen roten Blütenblätter waren mit weißen Punkten verziert und sie sah äußerst hübsch aus.

Auf einmal blieb Aya stehen und fand sich von einem Duft umringt wieder. Sie hatte Kurais Warnung zuvor nicht wahr genommen und besichtigte eine der Blumen interessiert. Die Blätter bewegten sich, fast als würde sie Atmen und der betörende Duft drang immer heftiger zu ihr hindurch. Ria sprach auf Aya ein und versuchte, sie von der Blume wegzuzerren, während Jackin Kurai zurief. Aber Aya war viel zu berauscht von dem Duft und der Schönheit, als dass sie auf die anderen hörte. Sie verstand nicht einmal, was sie sagten.

Kurai stürzte auf sie zu, als auf einmal die Blume nach Aya schnappte. Die Blütenblätter schlossen sich blitzschnell und erwischten Ayas ganzen Oberkörper. Erst jetzt bekam sie mit, was sich hier abgespielte und zappelte wild umher. Doch all das Wehren half nichts, denn die Blume begann, sie langsam in sich hinein zu saugen, um sie dann zu verspeisen.

Ria und Jackin packten beide Ayas Beine, um sie heraus zu zerren. Mit aller Kraft zogen sie an ihr, aber die Pflanze gab nicht nach. Sofort griff Kurai ein. So schnell wie nur möglich stürzte er auf die Blume zu. Seine Hand verformte sich zu einer Hundepfote und die Krallen schlugen in die roten, fiesen Blüten. Blut rann daran herunter. Kurai schlug weiter auf das Mistvieh ein, bis dieses Aya endlich ausspuckte und sich wehleidig krümmte.

Aya landete im hohen Gras. Jackin bot ihr seine Hand an und half ihr hinauf, während Kurai sie anknurrte: “Du solltest doch auf dich aufpassen! Das nächste Mal rette ich dich nicht!” Natürlich meinte er es nicht so, wie er es sagte, aber Aya verstand, weswegen er böse war. Ria musterte Aya von Kopf bis Fuß und nickte zufrieden, als sie feststellte, dass Aya nur voller Speichel war, aber keine Verletzung aufwies. Schnell folgten sie Kurai wieder und Aya bedankte sich bei ihm.

Jackin, der das erste mal zugesehen hatte, wie sich ein Zoma verwandelte, staunte still für sich. Ohne diese Fähigkeit hätten sie Aya nur schwer wieder herausbringen können, denn niemand trug eine scharfe Waffe mit sich.

Zu gerne hätte Aya sich den ganzen Speicheln, den das fleischfressende Vieh hinterlassen hatte, abgewaschen. Es fand sich aber kein geeignetes Wasser in der Nähe und sie wusste auch nicht, ob dieses nicht auch Gefahren beherbergen würde. Zudem wollte sie nichts mehr ohne Kurais Zustimmung machen, bis sie in Sicherheit waren.

“Wir wurden nicht umsonst gewarnt, Aya. Überall lauern Gefahren. Die noch so harmlos aussehenden Sachen können dir schädlich sein, oder dich sogar töten. Also bleib bei uns und halte die Augen offen”, bat Ria das Mädchen, das vor ihr lief. Sie hielt aber einen gewissen Abstand, um nicht Bekanntschaft mit dem Speichel machen zu müssen. Aya konnte ihr es auch nicht verdenken. Es war widerlich. Aber sie schwieg und nickte ihr zu. Ja, ab jetzt würde sie um einiges mehr aufpassen.

Auf ihrem Weg begegnete ihnen noch einige interessant aussehende Art von Pflanzen und Tieren, aber Aya nahm einen Sicherheitsabstand zu jedem von diesen ein, um nicht wieder angegriffen zu werden. Sie spürte, wie die Augen des Waldes auf ihr ruhten, als wolle sich alles gegen sie verschwören.

Ohne Pause lief Kurai weiter und ließ sich nicht von seinem Weg abbringen. Ihre Reise schien genauso lang anzudauern, wie die durch den Wald. Schon bald taten ihnen die Füße weh und über ihnen brach die Nacht heran. Da fiel Aya eine interessante Frage zu den Zeiten ein, doch sie wollte die Stille zwischen ihnen nicht brechen.

Über ihnen leuchteten die Sterne ihnen den Weg. Der Wald sah bei Nacht noch viel bedrohlicher aus, als bei Tag, wenn man davon absah, dass die Dunkelheit das meiste verschlang.

Plötzlich erhellte etwas neben Aya den Weg. Sie sah auf und erkannte ein kleines Licht, dass neben ihr her flog. Nein, es waren keine Glühwürmchen. Sie sahen aus wie Schmetterlinge, nur doppelt so groß, wie bei ihnen Zuhause. Ihr Flügelkleid glitzerte und leuchtete in wunderschönen Farben. Es wurden immer mehr und schienen ihnen einen Weg leuchten wollen. Zwischen den Bäumen hindurch konnte sie einen See sehen, über dessen schwarze Oberfläche unzählige dieser Schmetterlinge flogen.

Aya lief nur ungern daran vorbei. Der See sah fabelhaft aus und sie hätte zu gerne noch länger den kleinen Tierchen zugesehen, aber sie wollte nicht wieder in eine gefährliche Situation hineingeraten und eilte schnell hinter den anderen her, mit dem Wissen, dass Ria und Jackin ihr ebenfalls folgten.

Wohin Kurai wollte, wussten keiner von ihnen. Es musste aber bereits spät in der Nacht sein, als Kurai sein Tempo abbremste und langsamer wurde. Sein Blick glitt immer öfters durch das düstere Dickicht, als suche er etwas. Seine Begleiter folgten ihm nur schweigend, aber auch sehr müde. Und genau deswegen wollte er einen geeigneten Schlafplatz finden. Hier in der Wildnis seiner Welt war es äußerst gefährlich und es gab nur wenige Tiere, in dessen Gegenwart man sich in Sicherheit wissen konnte.

Leise eilte er durch das hohe Gras und blickte immer wieder zurück, um seine Gruppe nicht zu verlieren. Es war gut zu wissen, dass sie ihm immer noch folgten.

Erst in einer der spätesten Stunden der Nacht, blieb er stehen. Er betrat, dicht gefolgt von den anderen, eine Lichtung und sie fanden sich von wilden Wölfen umzingelt wieder.

Wie es dazu kam, dass sie wieder einmal in Gefahr steckten, wusste Aya nicht mehr. Nur eines war ihr klar, die scharfen Reiszähne der schwarz-grauen Wölfe sahen wirklich bedrohlich aus. Da war es ihr auch gleich egal, wie sie in die Situation kommen, denn sie wollte nur noch sicher wieder heraus.

Mit vorsichtigen Schritten fand sich die Gruppe zusammen. Ihre Blicke schossen von einem Wolf zum nächsten, als warteten sie nur darauf, dass einer von ihnen den Angriff startete. Jackin nahm einen starken Ast zur Hand, um die anderen vor den Wölfen schützen zu können, während er wartend um sich sah. Die Wölfe knurrten bedrohlich, schienen aber nicht wirklich an einen Angriff zu denken.

Kurai sah einen Wolf nach den anderen an. Er suchte einen bestimmten, aber dieser schien nicht mehr hier zu sein. Er spürte, dass die Wölfe unschlüssig waren. Sie überprüften die Lage und schwankten, zwischen Feind oder Freund. Sie erkannten Kurai nicht, spürten aber seine starke Anwesenheit.

Ein Knurren drang tief aus Kurais Kehle und hörte sich genauso gefährlich an, wie die der Wölfe. Aya und die anderen sahen ihn verwirrt an, denn es klang, als kommuniziere er mit den Tieren. Er ignorierte aber ihre Blicke und konzentrierte sich auf das Rudel, das sie umkreist hielt. Ein erneutes Knurren von seiner Seiten aus, veranlasste die Wölfe leiser zu werden. Einige von ihnen sahen die Wölfe neben ihnen fragend an. Die Unschlüssigkeit stieg.

Aya wusste nicht, was hier vor sich ging, aber sie war glücklich, dass Kurai bei ihnen war. Er schien der Einzige zu sein, der zwischen den Wölfen und ihrer Gruppe stand und sie von einem Angriff abhielten.

Auf einmal teilte sich der Rudel und einer ihrer Kollegen lief an ihnen vorbei. Er war um einiges größer, als seine Begleiter und sein Fell war schwarz wie die Nacht. Eine breite Narbe zeigte sich auf seinem Hals. Er schien bereits einmal knapp dem Tod entronnen zu sein. Als er seine Zähne fletschte, um ein gewaltiges Knurren aus seiner Kehle freien Lauf zu lassen, wirkte er äußerst bedrohlich und Aya zuckte zusammen. Die Reiszähne waren größer und gefährlicher, als die der anderen Wölfe. Die Vorstellung, er würde sich auf Aya stürzten, ließ dem Mädchen das Blut in den Adern gefrieren. Aber die goldenen Augen des Tieres wiesen Ruhe auf. Obwohl er wild knurrte, zeigte er keine Anzeichen dafür, dass er die Gruppe gerne zum Mittagessen verspeisen würde. Dennoch, Aya bekam es mächtig mit der Angst zu tun.

Kurai ignorierte die Wölfe auf der einen Seite und wand sich an den Rudelführer. “Guten Abend, Kamaruh. Lange nicht gesehen. Es tut mir leid, dass ich so ungefragt in dein Revier eindringe. Ich bin unterwegs mit meinen Freunden und suche Unterschlupf für die Nacht.” Kamaruh knurrte unvermittelt. Mit einem Satz sprang er auf und landete direkt vor Kurai. Der Mann blieb ungerührt stehen und seine Augen folgten den geschmeidigen Bewegungen des Wolfes, der sich hin und her bewegte und dann die Gruppe umkreiste, um jeden einzelnen in Augenschein zu nehmen.

Aya stockte der Atem, als er sie musterte. Sie versuchte sich aber möglich wenig zu bewegen und wartete mit rasendem Herzen.

Nach dieser Runde stand Kamaruh wieder vor Kurai und ihre goldenen Augen trafen sich. Mit einem leisen Knurren wand er sich dann um. Unerwartet dessen was dann geschah, starrte Aya verwirrt drein. Der Rudelführer jaulte laut auf und kurz darauf stimmten seine Begleiter mit ein. “Folgt mir und seit ruhig”, meinte Kurai, bevor er dem davoneilenden Rudel folgte. Aya tauschte einen kurzen Blick mit den anderen beiden, die noch bei ihr standen. Kurz darauf zuckte sie mit der Schulter. Wenn er sagte, man solle ihm folgen, würde sie das auch tun. Schließlich vertraute sie ihm. Also liefen sie alle vier den Wölfen hinterher, die auf ein ihnen noch unbekanntes Ziel zumarschierten.

Hoffentlich lauerte dort nicht wieder eine Gefahr, bat Aya, während sie sich fragte, warum Kurai Kamaruh verstand. Ihr fiel dann aber wieder ein, dass Kurai ein Zoma war. Vielleicht hatte er einen Wolf als seinen Schutzbefohlenen? Hieß es dann aber auch gleich, dass man die Sprache dieser Tiere sprechen konnte? Sie hob sich diese Frage für später auf.
 

Die Dunkelheit in dem Raum war kaum auszuhalten. Sie spiegelte Shinris Einsamkeit in seinem Herzen wieder. Es quälte ihn, ohne Aya zu sein. Sein Herz brannte vor Sehnsucht, denn ihm fehlte ein Stück. Ihm fehlte Aya.

Er spähte in die Finsternis, die ihn umgab. Er wusste weder, ob Tag, noch ob Nacht war. Jegliches Zeitgefühl ging ihm bereits verloren. Doch er hatte schwerwiegendere Probleme. Taiyo-Yoru. Sein Bruder hielt die Fäden in der Hand und versuchte Aya hier her zu locken. Er hoffte nur, dass es ihm nicht gelang. Er hatte sich geopfert, um sie zu retten, weswegen er darum betete, dass die Zomas klug genug waren, von hier fern zu bleiben.

Ohne Aya, dass wusste er, würde er der ewigen Einsamkeit anheim fallen. Ihm war auch klar, dass seine Auserwählte sich in diesem Moment genauso einsam fühlen musste, wie er. Doch sie musste überleben. Er könnte sich nie mit dem Gedanken vertragen, dass sie wegen ihm in die Hölle käme. Die Hölle der Qualen und der Folter. Sie war seine Auserwählte und er hatte sie gefunden. Das machte ihn auch zu ihrem ewigen Beschützer. Es war seine Aufgabe, auf sie aufzupassen und ihr ein glückliches Leben zu schenken. Jetzt hatte er sich für sie geopfert und sie sollte ohne ihn leben.

Dennoch. Es schmerzte. Auch, wenn ihre Sicherheit für ihn das wichtigste auf Erden war, so musste er zugeben, dass die Vorstellung, sie fände einen anderen, ihn ärgerte. Er wünschte sich, sie würde nur ihn lieben, für immer und ewig. Aber mit diesem egoistischen Gedanken sollte er sich lieber nicht befreunden. Solange sie in Sicherheit war, musste er genügsam sein. Da sein Leben sowieso bald nicht mehr das selbe sein würde, musste er sich auch keine unnötigen Hoffnungen machen. Er sah der Wahrheit ins Auge. Taiyo-Yoru würde bis zum Ende versuchen, Aya anzulocken, während Shinri hier versauerte und zu einem richtigen Monster mutierte, bis er seinen Verstand verlor und sich den anderen Tieren der Finsternis anschloss.

Er seufzte und zog einmal an den Ketten, die bei dieser Bewegung zu klirren begannen. Es war hoffnungslos. Egal, wie sehr er sich bemühte, er schaffte es nicht, hier heraus zu kommen. Es waren Ketten, die kein Zoma bezwingen konnte. Nur gutherzige Personen waren in der Lage, diese zu überwinden. Aber in diesem Schloss befand sich keine derartige Person. Sein Bruder war weder gutherzig, noch würde er mit dem Gedanken spielen, ihn zu befreien. Und sonst wusste niemand von dieser Gefangenschaft.

Niedergeschlagen lehnte er sich an die kühle Wand. Wenn wenigstens ein Fenster hier eingelassen wäre, dann könne er zumindest dem Himmel zusehen. Ihm war langweilig und er konnte sich nicht von seinen Schmerzen ablenken, die durch die fehlende Zuneigung eines Menschen entstanden. Es würde höchstens drei Tage dauern und sein Verstand wäre dem sicheren Untergang geweiht. Drei lange Tage. Aber wann waren diese vergangen?

Er schloss die Augen und widmete Aya seine Gedanken. Es fiel ihm nichts anderes ein, um sich zu beruhigen, deswegen begann er an Aya zu denken. An ihre erste Begegnung und jeden Moment mit ihr. Immer wieder wiederholten sich die Bilder in seinem Kopf, bis es fast schmerzte, sie nicht bei sich zu haben. Doch er wollte genau diesen Schmerz spüren, denn er zeigte ihm, wie wichtig Aya ihm war und wie sehr er sie vermisste. Hoffentlich kam sie nicht, denn er wollte, dass sie noch viele solcher wundervollen Momente erleben konnte und vielleicht an ihn dachte, wenn er nicht mehr da war. Wenn seine Seele nicht mehr hier weilte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Mayuki
2008-11-28T16:28:53+00:00 28.11.2008 17:28
wtf natürlich freue ich mich aufs nächste Kapi keine Frage!!!! Q_Q
Das ist einfach nur sowas von süß wie Aya und Shinri und Ria und Jackin miteinander jetzt umspringen *-* ♥
Naja abwarten was noch so schönes passiert x3
freue mich auf jedenfall.. da kannst du dir sicher sein!
beeil dich aber mach dir bitte nicht zuviel stress ;P
hdl ♥ *.* *abknuddel* *keks geb* *verschwind*
Von:  Sakura-Jeanne
2008-11-22T16:19:10+00:00 22.11.2008 17:19
hammer kapitel


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