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Fesseln der Liebe (?)

von

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Kapitel 18

Vor Shinri zeichnete sich ein Bild des Grauens ab. Ein schwarzhaariger Mann, den er als seinen Cousin Kurai identifizierte, versuchte sich aufzurappeln, um dem Feind entgegen zu treten. Doch er war nicht der Grund für Shinris Hass. Der Angreifer selbst entfachte die Wut in ihm. Denn er wusste, dass es der Feind sein musste. In der Mitte der Wiese stand ein junger Mann, der Aya mit einer Hand am Kragen in der Luft baumeln ließ. Sie war bewusstlos, doch sie schien nicht schwer verletzt zu sein. Der Feind selbst hatte kurze, schwarze Haare und ähnelte vom Gesicht her sehr dem Shinris. Nur, dass er etwas schmächtiger war und seine Augen in einem gefährlichen Rot glühten. Diese Augen konnten ihm keine Angst machen, denn er kannte sie nur zu gut und er fragte sich, was er verbrochen hatte, dass dieser Junge sich gegen ihn stellte.

Bevor Shinri noch mehr Zeit vergeudete, setzte er bereits zum Sprung an. Er wollte Aya nicht länger in den Klauen des anderen lassen. In der Luft begann er sich zu verändern. Federn sprossen aus seinem Körper und schon bald war die gesamte Haut von einem Federkleid überdeckt, welches seine Kleidung ersetzte. Große, schwarz gefiederte Flügel schossen aus seinen Schulterblättern. Seine Füße wurden kleiner und krummer, bis sie denen eines Vogels ähnelten und auch sein Gesicht verzerrte sich zu dem eines Vogels. In kürzester Zeit vollbrachte er es und stürzte in der Form eines schwarzen Adlers auf seinen Gegner zu.

“Ach, du bist auch schon da?”, hörte er den Feind sagen, bevor dieser geschickt auswich. “Schön, dass du dich hierher traust. Aber, willst du wirklich kämpfen?”

“Los, Shinri! Ich bin auf deiner Seite! Machen wir ihn fertig!”, knurrte eine Stimme hinter Shinri. Auch sein Cousin Kurai hatte seine Gestalt verändert und stand in der Form eines großen, schwarzen Wolfes neben ihm. Seine Augen funkelten golden und waren auf den Feind gerichtet. Er knurrte wütend.

Shinri nickte ihm zu. Sie mussten Taiyo-Yoru, unschädlich machen, bevor dieser das selbe mit Aya machen konnte. Bevor er sich versah, stürzte Kurai auch schon los. Zähnefletschend bereitete er sich für einen Angriff vor. Auch Shinri flatterte auf Taiyo-Yoru zu. Doch als der Feind seine Zähne ausfuhr und den beiden drohend zuzischte, blieben sie wie vom Donner gerührt stehen. “Bleibt, wo ihr seid, oder wollt ihr, dass ich das Mädchen töte?”

Sofort ließ Shinri sich zurück auf die Erde sinken und wandelte sich zurück in die menschliche Gestalt. Wütend und mit einer Todesdrohung im Blick, starrte er hinauf in das Gesicht, dass seinem so ähnlich sah. Das Gesicht seines kleinen Bruders. “Yoru! Was willst du? Wieso bist du hier? Sag!” Eigentlich war es nicht Shinris Art, mit Leuten zu diskutieren, die ihm böses wollten, aber er konnte Aya nicht in Gefahr bringen. Nicht sie! Er konnte von Glück reden, dass Kurai ebenfalls die Lage gepeilt hatte und nicht gewillt war, Ayas Leben auf den Spiel zu setzten. Er stand in seiner menschlichen Gestalt einen Meter neben ihm.

Yoru lächelte hinterlistig, wie es nur eine Schlange konnte. Seine tödlichgiftigen Zähne blitzen gefährlich auf. “Du bist klug, Bruderherz”, meinte er und in seiner Stimme schwang Verachtung mit. Shinri wusste nicht, was er seinem kleinen Bruder angetan hatte, weswegen er Aya in Gefahr brachte. Er hatte noch nie ein besonders gutes Verhältnis zu ihm gehabt. Die meiste Zeit hatten sie einander nicht einmal zu Gesicht bekommen. Wieso wollte er nun Ayas Tod? Es ergab keinen Sinn, doch er musste sich beruhigen, bevor diese listige Schlange seine Zähne in das zarte Fleisch seiner Auserwählten schlug. Er wollte nicht, dass sie an einem qualvollen Tod starb.

“Sag, was soll ich tun?” Shinri versuchte ruhig zu bleiben. Er musste einen kühlen Kopf bewaren, bevor er etwas unachtsames tat und Aya damit in Gefahr brachte.

Yoru lächelte boshaft. “Ach, mein lieber Bruder. Nicht so ungeduldig. Ich werde ihr sicher nichts tun.”, versicherte er, doch ein leises Kichern begleitete seinen Worten.

“Natürlich nicht. Sieht ja überhaupt nicht danach aus”, entgegnete Shinri bissig. In diesem Moment wünschte er sich, Aya nie gefunden zu haben. Wer wusste, ob er ihr nicht doch etwas antat? Wären sie nie aufeinander gestoßen, hätte sie wenigstens ihr ruhiges Leben weiterleben können. Jetzt war es zu spät und er musste sie unbedingt aus dieser Lage befreien.

Yorus rote Augen musterten Shinri tadelnd. Kurais Muskeln spannten sich an. Shinri spürte dessen Nervosität. Sie hatten es mit einem gefährlichen Gegner zu tun und er war genauso nervös, wie sein älterer Cousin.

“Taiyo-Yoru! Lass die Spielchen.” Das Kurai nun auch seine Stimme erhob war etwas Neues, aber in dieser Situation dennoch nicht verwirrend. Obwohl Shinri ihm gegenüber Dankbarkeit hätte zeigen müssen, tat er es nicht. Er schenkte ihm einen strafenden Blick, der ihn zum Schweigen verdonnern sollte. Es ging um seine Aya. Unüberlegtes Handeln könnte ihren Tod bedeuten.

“Los, mach endlich! Ich weiß nicht, was du willst, aber im Austausch für Ayas Leben werde ich mit dir kommen. Was hältst du davon?” Ein Deal, den Shinri für kein anderes Mädchen auf dieser Welt ausgesprochen hätte. Nur für Aya. Auch, wenn es sein eigenes Todesurteil bedeutete, Hauptsache sie lebte. Zu seinem Glück schien sein Bruder darüber nachzudenken. Als Antwort bemerkte Shinri die Schlangen, die auf ihn zu schlichen. Zu gerne hätte er seine Flügel ausgefahren und wäre in die Luft empor geflogen, um den Angriffen zu entgehen. Doch für Aya ließ er es zu, dass zwei der Schlangen langsam seine Beine hinaufkletterten. Er fragte sich, ob sie ihn mit ihren giftigen Zähnen beißen würden, aber das tat hier nichts mehr zur Sache. Er hatte sich geopfert. Für Aya.

Kurai wollte etwas sagen, wollte eingreifen, aber Shinris drohender Blick ließ ihn Einhalt gebieten. Verbissen blieb er an der selben Stelle stehen, auch wenn es ihm verdammt schwer fiel. Die Schlangen hatten es wenigstens nicht auf ihn abgesehen. Sie waren nur auf Shinri fixiert. Das war auch nicht wirklich verwunderlich. Taiyo-Yoru war ihr Herr und befehligte sie.

“Lass mich kurz nachdenken”, lachte Yoru. Er tat für einen Augenblick, als müsse er die Entscheidung abwiegen, obwohl die Schlangen sich bereits um Shinris Körper wanden. Auf einmal ruhten die roten Augen auf Shinri und er sah ihn durchdringend an. “Okay. Ich bin dafür. Du bist meine Geisel. Hier, fang!” Shinri konnte sich nicht bewegen. Die Schlangen, es waren mehr als genug, fesselten ihn. Eine von ihnen biss ihn sogar in die Kehle. Es war kein tödliches Gift, aber es wirkte lähmend auf ihn. Er konnte nur mit ansehen, wie seine Auserwählte durch die Luft segelte. Zu gerne wäre er aufgesprungen und hätte sie aufgefangen. Er wollte nicht, dass sie noch mehr litt. Doch die Schlangen und das Gift zeigten ihre Wirkung und er war schutzlos seinem Bruder ausgeliefert.

Ein Glück, dass er nicht alleine im Wald war. Kurai fing sie geschickt auf und bewahrte sie vor großem Schaden. Er knurrte wütend. Schon wollte er an Yorus Kehle springen, doch als seine goldenen Augen den Feind suchten, war dieser bereits verschwunden. Ein erneutes wütendes Knurren entrang sich seiner Kehle, als er bemerkte, dass er ganz alleine mit dem Mädchen war. Die listige Schlange hatte Shinri entführt!

Einige Zeit lang wartete Kurai noch, aber er spürte weder die Anwesenheit des einen, noch des anderen. Beide hatten den Wald bereits hinter sich gebracht. Er verfluchte sich selbst dafür, dass er Taiyo-Yoru nicht aufhalten konnte. Jetzt war es aber zu spät für eine Rückkehr. Shinri hatte seine Entscheidung getroffen. Obwohl er das Oberhaupt hätte werden können, hatte er den Freitod gewählt. Ohne Aya würde er sein eigenes Ich verlieren und nach einiger Zeit der Qual sterben.

Kurai hatte noch nie viel für seine Familie übrig gehabt. Auch Shinri war für ihn uninteressant gewesen. Jahrelang hatte er alleine gelebt. Dennoch. Shinri wäre die einzige Möglichkeit gewesen, gegen das jetzige Oberhaupt anzukommen. Der Onkel, der die Zomas ins Verderben stürzte, mitsamt der Menschheit. Nur Shinri hätte ihn aufhalten können, indem er ihn den Anspruch auf den Thron streitig machte. Nun war es zu spät. Es gab keine Rettung mehr. Nur ein Krieg konnte ihnen jetzt noch helfen.

Shinris Auserwählte in seinen starken Armen geborgen, verließ er diesen Ort. Auch wenn er nicht wollte, so musste er doch bei Lucio Zuflucht suchen und dessen Hilfe in Anspruch nehmen, denn er war der einzige, dem er auf dieser weiten Welt wirklich trauen konnte.
 

Leise Stimmen drangen an Ayas Ohr. Dunkelheit umfing sie und hielt sie gefangen. Ihr Kopf schmerzte und sie dachte an die unheimliche Begegnung im Wald zurück. Sie konnte sich nicht mehr an alles erinnern, nur an den jungen Mann, der Shinri verdammt ähnlich sah. Sie hatte zuerst gehofft, er könne sie aus dem Wald herausführen, doch dann hatte auch sie seine düstere Aura gespürt. Irgendetwas an ihm schien gefährlich zu sein. Seine roten Augen leuchteten sie bedrohlich an. Sie glaubte sogar noch immer seinen Blick auf sich zu spüren.

Zu guter Letzt war auf einmal der schwarzhaarige Mann erschienen und hatte sich dem Fremden gestellt. Aber was war dann geschehen? Hatte dieser eigenartige Unbekannte, der Shinri so sehr ähnelte, sie angegriffen? Nur ganz dunkel konnte sie sich daran erinnern, wie der Feind sie angegriffen hatte und der Mann zu ihrer Rechten daraufhin ein wütendes Knurren ausstieß.

Als sie dann aber die roten Augen dicht vor sich sah, rebellierte ihr Kopf. An mehr konnte sie sich nicht erinnern. Wahr sie ohnmächtig geworden? Bewusstlos? Oder wollte ihr Hirn nur nicht mehr Preis geben?

Die Stimmen wurden lauter. Sie wurde sich langsam bewusst, dass sie nicht mehr ganz in der Dunkelheit der Bewusstlosigkeit gefangen war. Wo befand sie sich? Die kühle Nachtluft war verschwunden. Die Wärme eines Raumes umschloss sie. Eine Decke umhüllte ihren kalten, schmerzenden Körper. Ihr Kopf ruhte auf etwas warmen. Hatte sie letzten Endes alles nur geträumt? Irgendwie gefiel ihr dieser Gedanke. Schließlich musste sie sich dann nicht mit dem Problem quälen, dass sie soeben von jemanden angegriffen worden waren. Der Schmerz, der aber durch ihren Körper zog, sprach dagegen und ließ sich nicht leugnen.

Ihr Kissen bewegte sich etwas. Das schockierte sie etwas. Also hatte sie es hier mit etwas lebendigen zu tun? Gut, dann musste sie nur noch abchecken, ob sie wirklich in Sicherheit war? Nicht, dass dieser eigenartige Mann sie verschleppt hatte?

Sie versuchte dem Gespräch zu folgen. Ihr war klar, dass es die Stimme zweier Männer waren. Doch irgendwie wusste sie, dass sich noch andere in näherer Umgebung befanden. Also, sie war nicht alleine. Nicht ganz alleine mit zwei Männern. Vielleicht waren es drei oder vier Männer? Na ja, auch keine gute Aussicht. Mit einem hätte sie vielleicht fertig werden können. Zwei waren schon fast unüberwindbar. Aber eine ganze Horde davon war wie eine hohe Mauer aus Stacheldraht, in dem Storm floss. Sie hätte sich nicht einmal Mut zusprechen müssen, es wäre gelogen. Sie hatte keine Chance!

Sie horchte auf. Leider schaffte sie es nicht, dem Gespräch zu folgen. Ihr Kopf arbeitete zu langsam, um die Worte zu verstehen und vor allem den Sinn darin, aber sie wurde sich der Person über sich bewusst. Die Stimme war unverkennbar. Ihr Herz wünschte sich, es wäre Shinri, aber dem war nicht so. Dennoch war sie beruhigt und dankbar, dass er sich hier befand. Lucio!

Also war sie wohl wieder zurück bei ihm Zuhause. Wer war der andere Mann? Vielleicht ja dieser eigenartige Typ mit den goldenen Augen, der sie gewarnt hatte? Jemand anderes kam nicht in Frage. Besser gesagt, jemand anderes fiel ihr nicht ein. Shinri und Jackins Stimme hätte sie allemal erkannt! Aber mit keinem der beiden hatte sie es hier zu tun. Um was ging es eigentlich?

Ihr Kopf wollte dieses Ratespiel nicht mehr mitmachen und schickte sie komplett aus dieser düsteren Dunkelheit. Sie bewegte sich unruhig und öffnete ihre Augen. Geblendet schloss sie diese wieder und schützte ihre Augen zusätzlich mit den Händen. Sofort bewegte sich ihr Kissen erneut. “Sie ist wach!”, erklang eine weibliche Stimme. Aya brauchte eine kurze Zeit, um zu erkennen, dass sie es hier mit Ria zu tun hatte. Was hatte sie denn hier zu suchen?

“Geht es dir gut?” Lucios weiche Haare streiften ihre Wangen, als er sich zu ihr herabbeugte und ihr zuflüsterte. Er klang äußerst besorgt.

“Ja, es geht. Danke.” Langsam gewöhnten sich Ayas Augen an das Licht. Sie blinzelte hinauf und entdeckte direkt vor sich die dunkelgrünen Augen des Gastgebers. Lucio lächelte sie sanft an. Jedes Mädchenherz wäre bei diesem Anblick dahin geschmolzen, nur Ayas Herz schien diese Gefühle nicht mit den anderen zu teilen. Sie fühlte für Lucio nicht so, wie für dessen Cousin Shinri. Und sie wusste, dass könne auch nie passieren. Irgendetwas verband sie beide. Und der schwarzhaarige Junge fehlte ihr im Moment.

Aya setzte sich auf und blickte in die Runde. Sie fand alle vor, außer Shinri, und ihr Herz schmerzte fürchterlich. Es fühlte sich leer an. Der Mann, der mit ihr gegen den Feind angetreten war, saß ebenfalls in der Runde. Zu ihrer größten Verblüffung fand sie auch Ria vor, die auf dem kürzeren Stück der Couch neben Jackin Platz genommen hatte.

Nur Shinri war nicht hier. Und mit Shinri fehlte ihr auch ein Stück ihrer selbst. Denn irgendwie wusste sie, ohne es aus den Gesichtern der anderen zu lesen, dass es Shinri nicht gut ging. Dass er nicht hier war. Ihr Herz war schwer, wie aus Blei. Es rutschte immer tiefer und das schwarze Loch der Einsamkeit verschlag es unaufhaltsam.

“Lucio? Jack? … Ria? Ihr … wo ist Shinri?” Sie fragte nicht nach dem Mann, der auf dem Sessel ihnen gegenüber saß. Ihr war es egal. Sie wollte nur wissen, was mit Shinri war. Ging es ihm gut?!

Ria senkte den Blick betrübt und auch die anderen wirkten genauso bedrückt. Nur der fremde Mann blickte Aya ungerührt in die Augen. “Er ist weg und er kommt nie wieder”, erklärte er kühl und distanziert, aber sie glaubte Schmerz in seinen Augen gelesen zu haben. Kurz darauf waren diese unmenschlich goldenen Augen undurchschaubar und kalt.

“Sei still, Kurai!”, zischte Ria und stand auf. Eilig lief sie um den Wohnzimmertisch herum, um an die Couch zu gelangen. Lucio erkannte ihr Ziel und rutschte beiseite. Somit konnte sich das blonde Mädchen neben Aya setzten und in ihrem Blick lag sehr viel Schmerz und Trauer, sodass sich Ayas Herz schmerzlich zusammenzog. Nein, Shinri konnte nicht tot sein!

Jackin wollte seiner besten Freundin beistehen, aber auch er verstand nicht, was hier los war. Er wusste nur, dass Shinri etwas passiert sein musste. Deswegen überließ er es Ria, mit Aya zu sprechen. Ihr Blick verkündete aber nichts gutes. Hatten sie Shinri für immer verloren? Lucio schien genauso aufgewühlt, wie sie. Seine Hand ruhte beruhigend auf Rias Schulter, um ihr Mut zu machen, während Kurai unberührt auf seinem Sessel saß, als ging ihn das Ganze überhaupt nichts an.

“Hör zu, du musst jetzt ganz stark sein. Shinri wird nie wieder kommen.”

“Das weiß ich auch schon! Aber wieso? Er kann nicht tot sein! Nein, dass kann nicht sein! Was ist passiert?!“ Auch wenn Ria um Ayas Stärke gebeten hatte, das Mädchen war nicht fähig dazu. Die Sorge um Shinri schien sie zu treffen, wie eine eiskalte Flut. Noch immer brannte in ihr das Gefühl der Leere. Ihr Zeichen brannte lichterloh und schien sich in ihre Haut zu fressen. Dieses Zeichen verband sie doch mit Shinri? Wieso schmerzte es so?! Sie konnte es nicht wahrhaben. Sie konnte es einfach nicht glauben!

“Er ist tot. Das wolltest du doch hören? Und jetzt? Hilft dir das irgendwie weiter?”, meinte Kurai und klang aggressiv. Aya horchte auf. Tränen hingen in ihren Augen. Unvergossene Tränen, die schon bald über ihre Wangen laufen würden. Wieso schmerzte es so? Sie hatte Shinri immer wieder gesagt, er solle verschwinden. Jetzt war er weg und sie alleine. Aber, dass war falsch! Er konnte nicht tot sein!

Lucio erhob sich und eilte auf die andere Seite der Couch. Er packte Kurai am Kragen und schimpfte ihn: “Hör auf! Willst du sie denn noch mehr quälen? Du weißt genau, dass es für Auserwählte schwer ist, von ihren Partnern alleine gelassen zu werden!”

Kurai funkelte Lucio böse an und erhob sich ebenfalls. “Nein, ich weiß es nicht, aber du hast es doch schon einmal miterlebt, oder nicht?” Aya wusste nicht, was vor sich ging. Wieso reizte Kurai Lucio? Wieso drängte er ihn mit seinen gehässigen Worten fast schon dazu, die Kontrolle zu verlieren? Und … wieso war Shinri nicht hier?

“Ja und? Was willst du damit sagen?!”, knurrte Lucio und seine Hand zitterte vor Wut. Er verkrampfte sich und sah Kurai bissig an.

Der andere Mann entgegnete ihm ebenfalls mit einem Knurren. Sofort stand Ria auf und trat mit erhobenem Haupt zwischen die streitenden Männer. “Hey! Hört sofort auf! Was glaubt ihr eigentlich, wer ihr seit?” Während sie versuchte, die beiden zu beruhigen und sie gleichzeitig für ihr benehmen strafte, stand Jackin von seinem Platz auf und setzte sich neben Aya, die mit einem leeren Blick vor sich hinstarrte.

“Es tut mir leid, Aya. Ich habe gesehen, wie du in den Wald gerannt bist und ich hätte hinterher gehen müssen. Nein, ich hätte dich nicht einmal alleine lassen dürfen. Es ist ganz alleine mein Fehler und es tut mir leid. Aber …” Seine dunkelblauen Augen sagten ihr, wie leid es ihm tat und wie sehr er es bereute, doch brachte es Shinri nicht zurück.

Aya schüttelte leise den Kopf und auf einmal rannen ihr die Tränen über die Wangen. Als sie sprach, schluchzte sie leise. “Nein, du hast nichts falsches getan. Kurai hatte mich gewarnt und ich war trotzdem darauf herein gefallen. Doch das ist es nicht einmal.” Sie fuhr sich über das Gesicht und versuchte sich vergeblich die Tränen wegzuwischen. “Shinri ist nicht tot. Er ist nicht tot. Ich weiß es einfach. Er lebt, irgendwo. Ja. Er würde doch nie sterben, ohne es mir vorher zu sagen. Oder?”

Verzweifelt suchte Aya Trost in Jackins dunkelblauen Augen. Der Junge konnte ihr nichts darauf entgegnen, denn er wusste es nicht. Tröstlich schloss er Aya in seine Arme und drückte sie an sich. Zu gerne hätte er ihr den Schmerz genommen, doch war es ihm nicht möglich. Er konnte nur versuchen, sie aufzuheitern und ihr die Einsamkeit zu nehmen. Denn er wusste, er würde Shinri nie ersetzten können.

Ayas Schluchzen erstarb, als sie keine Träne mehr übrig hatte. Mit geröteten Augen verließ sie die wärmende Umarmung ihres besten Freundes. Jackin sah sie mitfühlend an und stand auf. Ohne den anderen Bescheid zu geben, zog er Aya mit sich hinaus in die Küche. Er bereitete einen Tee her, während Aya sich auf einen Stuhl am Esstisch setzte und sich beruhigte. Doch wusste sie in diesem Moment nicht, was die anderen wichtiges besprachen.
 

“Doch! Wir sollten es ihnen erzählen!”, keifte Ria. Sie musste die beiden Männer einfach umstimmen. Egal, wie sehr es Lucio geschmerzt hatte, als seine Auserwählte starb, so musste er doch einsehen, dass es das Beste wahr, Aya alles zu beichten. Die Zomas mussten ihre Familie hintergehen, das Geheimnis offenbaren und vielleicht Shinri retten. Aber Kurai und Lucio waren nicht ihrer Meinung.

“Spinnst du?”, kamen die ehrlich gemeinten Worte von Kurai, woraufhin Lucio meinte: “Das wäre das Aus für uns alle! Wenn sie uns erwischen? Wenn sie das herauskriegen, dann sterben wir alle und nicht nur Shinri!” Ria stimmte ihnen ja zu, sie hatten recht. Aber es konnte auch nicht immer so weiter gehen.

“Ohne Shinri gibt es kein ‚Wir‘ und um ihn zu befreien, müssen die anderen erst einmal wissen, um was es geht!” Ria sah verzweifelt aus. Sie wünschte sich ein Leben mit Jackin, aber wenn Shinri nicht das Oberhaupt der Familie werden würde, dann konnte sie eine getraute Zweisamkeit vergessen. “Wenn Shinri jetzt stirbt, dann wird irgendjemand anderes den Posten übernehmen, der genauso auf Rashids Seite steht, wie Shinris Bruder. Wisst ihr was das bedeutet?”

Schweigen herrschte zwischen den beiden Männern. Diese Stille war Antwort genug. Sie wussten es. Aber sie wollten die anderen nicht auch noch in Gefahr bringen. Ihr Hass, durfte der Sorge nicht obliegen, denn jeder von ihnen hasste das Oberhaupt, genauso wie Shinri. Kurai wollte sich ihm widersetzten, weil er sein Leben selbst bestimmen wollte und handelte sich dabei eine tödliche Strafe ein. Während Shinri, Lucio und Ria bereits den Verlust geliebter Personen erlitten hatten.

Shinri hatte seine Eltern verloren, da Rashid machtgierig war und die Familie auslöschen wollte. Hätte er damals gewusst, dass Shinri ein Warashi war, dann hätte er ihn gewiss nicht in die Obhut Rias Eltern gegeben.

Die Eltern Rias lebten aber auch nicht lange. Vor etwa zwölf Jahren wurden Shinri und Ria aus der Familie gerissen. Ein Tag, der das Leben der beiden ganz auf den Kopf stellte. Danach kamen beide zu Lucio.

Aber das Unglück schien sie zu verfolgen, denn Lucios Auserwählte - er fand sie kurz nachdem die beiden zu ihm gekommen waren, fand das Geheimnis der Zomas heraus. Da Rashid das Haus beschattet hatte - denn Shinri lebte darin - entging ihm nichts. Er ließ Marika hinrichten unter Lucios Augen, um ihm eine Lektion zu erteilen. Danach veränderte sich alles und Shinri zog schon bald mit Ria aus, da er Lucio die Schuld in die Schuhe schob.

Ja, Rashid machte vor nichts Halt. Er zerstörte alles, was zusammengefunden hatte und zog so die Wut vieler Zomas auf sich. Aber die anderen hatten Angst, sich ihm zu stellen und schon fragten sie sich, machte es wirklich Sinn, sich gegen Rashid zu stellen? Sie brachten ihre Auserwählten in Gefahr, ohne zu wissen, ob sie wirklich eine Chance gegen das jetzige Oberhaupt hatten.

Eine kurze Stille trat ein. Jeder schien für sich darüber nachzudenken, was er zu verlieren und zu erhalten hatte. Erst Lucio brach die Stille, als er verkündete: “Okay. Machen wir es. Ich habe nichts zu verlieren. Und wenn ich sterbe, dann weiß ich wenigstens, dass es für eine gute Sache war.”

Kurai gab sich ebenfalls geschlagen. “Wenn es sein muss, bin ich dabei. Das kann ja was werden.” Sie wollten ihnen wahrhaftig alles erzählen. Kurai konnte es noch immer nicht glauben.

Bevor sie noch einmal darüber nachdenken konnten, stand Ria auf und eilte hinaus, um die anderen beiden zu suchen. Kurai ließ sich schwer seufzend in die Polster sinken. “Ich glaube, sie hofft darauf, Shinri zu befreien”, erkannte er und sah Lucio entgegen.

Der rothaarige Zoma nickte zustimmend. Ria wollte die anderen beiden nur darin einweihen, um ihnen mitzuteilen, dass es noch nicht zu spät für Shinri war. Sollen die beiden wissen, um was es genau ging, hatten sie vielleicht zwei Mitstreiter mehr. Ein guter Plan, aber die Reise würde schwer werden, denn Taiyo-Yoru würde sie nicht einfach herzlich willkommen heißen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Mayuki
2008-11-01T17:43:01+00:00 01.11.2008 18:43
Uff voll süßes Kapi XD
Gefällt mir *__* *nick* ♥
Freue mich jdf schon aufs nächste Kapitel und hätte nix dagegen wenn du von den beiden auch nen FF machst *g* xD les zwar nich viel Shonen-Ai aber das würde ich mir wohl reinziehen muhaha *.*
Naja man liest sich und ich darf jetz Grübeln was nun passiert right? 0,.,0'
Wetten der zeigt im das Zeichen oder so XD' naja abwarten lieg 100% falsch Q.Q
P.S.: *massen kekse schenk* *wink* *abhau*
Von:  Sakura-Jeanne
2008-11-01T15:45:37+00:00 01.11.2008 16:45
hammer kapitel


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