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Fesseln der Liebe (?)

von

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Kapitel 4

Der Unterricht bei Herr Heulsu und den wenigen anderen Lehrern verging nur langsam. Jackin machte sich Sorgen und er war wütend. Je länger er Shinri kannte, desto weniger mochte er ihn. Zum Glück wurde aber bald das Ende der Schule eingeläutet und Jackin macht sich auf den Weg aus dem Schulgebäude heraus.

„Hey! Jack! Warte doch bitte“, erklang Rias melodische Stimme hinter ihm. Doch er ging weiter, als hätte er sie nicht gehört. Aya wartete auf ihn und er musste davor noch kurz nach Hause, um in der Arbeit bescheid zu geben, dass er heute nicht kam.

Ria holte ihn ein und schlang ihre zarten Arme um seinen. „Du kannst doch nicht einfach so abhauen“, meinte sie tadelnd. Ihr Erscheinen machte ihn auf jemand anderen aufmerksam, sodass er nicht umhin kam, stehen zu bleiben.

Shinri Zoma stand am Ausgang und versperrte somit Jackins Weg. Die dunklen Augen wirkten noch düsterer als sonst. Doch seine finstere Miene konnte Jackin nicht einschüchtern. Mutig stellte er sich ihm, mit einem entschlossenen Blick. Ria ließ seinen Arm los und trat einen Schritt zurück. Sie bemerkte ebenfalls die Blicke, die die beiden miteinander tauschten. Es ärgerte sie, dass es dabei nur um Aya ging. Was hatte dieses Mädchen, dass die beiden Jungs sich deswegen gegenseitig an die Kehle springen würden.

Ria verspürte Mitleid für ihren Verwandten und Hass gegenüber Aya. Wie konnte für Shinri nur eine solche Person bestimmt werden? Niemand würde sich so ein Mädchen freiwillig wünschen. Das konnte sie sich bei Leibe nicht vorstellen. Ria konnte sich glücklich schätzen, einen so liebevollen Jungen, wie Jackin, bekommen zu haben. Auch wenn sie ihn erst noch für sich gewinnen musste.

„Wieso musst du mit aller Gewalt Aya verletzten? Kannst du ihr nicht ihren Frieden lassen, wie sie es sich wünscht?“, ermahnte Jackin sein Gegenüber. Seine blauen Augen musterten ihn ernst und Ria musste eingestehen, dass dieses Ernste ihm verdammt gut stand.

Shinri, der ihm ebenso herb entgegenblickte, meinte mit leicht zorniger Stimme: “Lös du dich doch lieber von ihr! Sie gehört mir, also vergiss sie und kümmere dich um Ria. Sie hat es verdient.” Es war nicht zu übersehen, dass die beiden Jungen sich auf keiner Weise ausstehen konnten. Jackin war der Meinung, Shinri würde Aya unglücklich machen und Shinri verspürte gewiss etwas ähnliches wie Eifersucht.

Ria fühlte sich ausgeschlossen. Es ging nur um Aya, und was war mit ihr? Shinri hatte sie erwähnt, doch wusste sie, dass er damit nicht das ausdrücken wollte, was sie sich eigentlich erhoffte. Sie hielt es kaum aus. Beide schwiegen sich an und ihre Augen funkelten grimmig.

„Ich warne dich. Solltest du Aya noch einmal verletzten, werde ich dir keine ruhige Minute mehr gönnen. Hast du verstanden?“, drohte Jackin. Aber seine Drohung ließ Shinri nur grimmig Brummen. „Als ob ich ihr weh tun könnte. Vergiss sie lieber, Junge.“

Die Schule war bereits leer und Ria ertrug dieses Schauspiel keine Sekunde länger. Sie klammerte sich wieder an Jackins linken Arm, um ihn auf sich aufmerksam zu machen. Doch der Junge ließ seinen Blick nicht von Shinri los. Erst nach einer langen Zeit des Schweigens, erhob Jackin erneut das Wort.

“Du wirst mich gewiss nicht daran hindern, Aya zu besuchen”, meinte er entschieden. “Sie ist meine einzige Freundin. Ich möchte sie nicht verlieren. Nicht an einen, wie dich. Wenn sie ihr Lachen verlieren sollte, wirst du dich mit mir anlegen müssen.” Ohne auf eine Antwort von Shinri zu warten löste er die Umklammerung des blonden Mädchens und schritt an Shinri vorbei. Als er das Schulgebäude verlassen hatte, blieb seine Drohung zurück, genauso wie die beiden Zomas.

Ria blickte in Shinris schwarze Augen. Sie sah ihn fragend an. “Was hast du jetzt vor? Anscheinend wird sie dir nicht so schnell verfallen, wie du dir erhofft hast”, wollte sie wissen.

Ruhig, als wäre nie etwas gesehen, blieb er stehen. Nur seine Augen verfinsterten sich. Die Veränderung dieser Situation schien ihm zu missfallen. “Ich werde ihn ärgern”, antwortete er dann mit einem hinterlistigen Grinsen auf den Lippen. “Schließlich gehört sie mir!” Er wechselte einen kurzen Blick mit Ria, nickte ihr leicht zu und verschwand dann ebenfalls und ließ Ria zurück.

Die Blondine verschränkte beleidigt die Arme. “Jetzt lässt mich sogar mein Cousin alleine stehen”, motzte sie leise. Auch sie setzte sich in Bewegung. Ihr Ziel war Jackins Wohnung, in das sie erst vor kurzem eingezogen war.
 

Gemütlich saß Aya auf ihrer Couch und genoss das Eis, das sie sich aus ihrer Gefriere genommen hatte. Sie wartete gespannt auf Jackins Besuch. Die Schule war schon seit einiger Zeit zu Ende und er war noch nicht angekommen. Ob ihn irgendetwas aufgehalten hatte?

Andererseits war auch Shinri noch nicht da. Wieso nur? Eigentlich hatte sie gedacht, er würde sich nicht aufhalten lassen. Hatte Herr Heulsu etwa den Unterricht überzogen? Das konnte sie sich nicht vorstellen, denn Jackin ließ sich nicht gerne aufhalten, vor allem nicht von Lehrern, und bei Shinri konnte sie sich das auch nicht vorstellen.

Schnell schüttelte sie den Kopf. Wieso dachte sie eigentlich an Shinri? Sie konnte sich doch an seine Abwesenheit erfreuen? Endlich hatte sie Ruhe vor seinen dummen Kommentaren, seinen eigenartigen Worten und diesem Benehmen, das sie seit der ersten Begegnung aufregte. Ja, sie war glücklich ihn nicht sehen zu müssen!

Auf einmal schellte es an der Tür. Sie schrak auf, denn es kam unerwartet. Sie ließ den Fernseher laufen, während sie aufstand und zur Haustür ging. Sie öffnete die Tür sofort, ohne darüber nachzudenken, da sie schließlich Jackin erwartete.

Sie musste sich aber eingestehen, dass dem nicht so war. Ein schwarzhaariger Junge stand ihr gegenüber, den sie versucht hatte aus ihren Gedanken zu verdrängen. Sein düsterer Blick musterte sie. Vor Schreck über den unerwarteten Besuch ließ sie sogar ihr Eis fallen, dass ihr auf ihre bloßen Füße viel. Der Stil traf mitten auf ihre Haut und ein Schmerz durchfuhr sie. Sie trat einige Schritte zurück und fuhr über die schmerzende Stelle ihres Fußes. Als der Schmerz nachließ, erblickte sie Shinri, der ungefragt in ihre Wohnung eingedrungen war.

“Ich hoffe, du hast dir nicht arg weh getan”, meinte er besorgt und kniete sich zu ihr, um den Fuß zu begutachten, der natürlich keine Wunden aufwies. Aya starrte ihn mit offenem Mund an. Wieso machte er sich sorgen? Wieso klang er so entschuldigend? Solch eine Gefühlregung sah sie das erste Mal an ihm. Sie überlegte sich, ob er nicht doch etwas Nettes an sich hatte. Schnell verwarf sie diesen Gedanken.

Sie schimpfte: “Nächstes Mal schlage ich dir die Tür vor der Nase zu.” Doch ihre Worte machten ihn nicht wütend, sondern amüsierten ihn. Er lächelte. “Ich werde eine andere Möglichkeit finden, herein zu kommen.” Aya starrte ihn perplex an. Sofort stand sie auf und stampfte Zorn unterdrückend an ihm vorbei in das Wohnzimmer.

“Wieso bist du wütend?”, erkundigte sich Shinri. Aya wusste, er kannte den Grund. Er wollte sie nur wieder ärgern. Sie stand bereits im Wohnzimmer und wand sich um, die Hände zu Fäuste geballt und an die Hüfte gelegt. “Was sollte das eigentlich heute in der Schule?! Wieso hast du … warum hast du mich …” Sie schaffte es nicht. Sie konnte es nicht aussprechen. Es ärgerte sie immer noch und trotzdem …

Er zeigte wieder sein freches, hinterlistiges Grinsen. “Was denn?”, bohrte er nach und erfreute sich an der Röte, die langsam auf den Wangen seines Gegenübers auftauchten. Das brünette Mädchen versuchte sich zu beherrschen, aber die Wut kroch ihr immer weiter hinauf. Ebenso fühlte sie diese Verlegenheit, die der Peinlichkeit gleich am nächsten stand. Sie sprach ungern über so etwas. “Du … du hast mich geküsst, du Idiot!”, brach es aus ihr heraus, nach längerem Schweigen. Sie hielt es nicht mehr aus. Zornig funkelten ihre Augen ihn an und forderten ihn auf, zu verschwinden.

Shinri schien es endlich einzuleuchten. “Ach! Das meinst du!”, entkam es ihm lachend. “Du ärgerst dich, weil ich nicht weiter gegangen bin? Aber, hätte ich vor den ganzen Leuten …” Er sprach den Gedanken nicht weiter aus und räusperte sich. Aya schoss die Hitze in den Kopf und sie schrie ihn an: “NEIN!!! Hättest du nicht!!!” Schon wieder fühlte sie es. Ihr Herz tanzte in einem schneller werdenden Takt. Sie versuchte den Grund zu finden, doch gab es keinen. Wieso reagierte ihr Körper anders, als ihr Verstand?

“Nein? Okay. Kann ich verstehen. So etwas direkt vor den anderen. Aber, wenn du möchtest, küsse ich dich gerne noch einmal. Dieses Mal werden wir sogar weiter gehen.” Mit einem undurchschaubarem Blick trat Shinri auf Aya zu. Jeden Schritt, den er nach vorne machte, setzte sie zurück. Ihr Herz pochte schneller und lauter und sie wusste nicht, was sie noch dagegen tun sollte.

Die Worte hatten ihr einen Schock versetzt und diese Annäherung ließ sie kaum mehr klar denken. Schnell raffte sie sich, um dem Irrsinn zu entkommen. “Hör auf damit! Ich will nichts von dir, wann verstehst du das endlich? Deine Aktion in der Schule war eine der dümmsten Sorte. Denn den Kuss hatte ich eigentlich für Jackin aufgehoben”, rutschte es ihr heraus. Sie hatte kaum nachgedacht und das gesagt, was sie ihm schon immer sagen wollte. Wäre er ein normaler Junge würde er ab diesem Punkt um drehen und sie in Ruhe lassen. Abschätzend betrachtete sie sein Gesicht, um seine Reaktion heraus zu finden. Seine Miene verfinsterte sich mit einem Mal deutlich.

Shinri trat einen weiteren Schritt auf Aya zu. Das Mädchen hatte damit nicht gerechnet und der düstere Blick jagte ihr Angst ein. Sie versuchte weiter nach hinten zu laufen, als sich ihre eigenen Füße in den Weg stellten und sie hinab flog. Unsanft landete sie auf dem Boden.

Verdammt!, dachte sie sich. Bevor sie aber aufstehen konnte, war es bereits zu spät. Shinri war zu ihr herunter gekommen und beugte sich über sie. Er wirkte, als wäre er ganz von Sinnen. Seine tiefdunklen Augen schienen ihre Seele zu durchbohren und ihr Herz stach bei diesem Anblick schmerzhaft. Sie wollte irgendetwas sagen, doch in diesem Moment legten sich die schmalen Lippen auf ihre. Shinri forderte einen Kuss. Aya spürte, dass ihn die Wut gepackt hatte, denn dieser Kuss war nicht, wie der andere, den sie sich jetzt viel lieber gewünscht hätte. Er war unsanft und schmerzhaft.

Tränen stiegen ihr in die Augen. Wieso? Wieso weinte sie jetzt? Der Kuss war hart, jedoch tat er nicht so sehr weh, wie die Schmerzen in ihrer Seele. Sie fühlte sich, als würde sie von innen aufgefressen werden, sollte er nicht bald aufhören. Sie glaubte sogar, Shinris Wut bis in ihren Körper zu spüren.

Sie schloss ihre Augen. Es war ihr unmöglich, sich gegen ihn oder das Gefühl zur Wehr zu setzten. Ihre Arme, ihre Beine gehorchte ihr nicht mehr. Ihr Herz schlug schon seit der ersten Begegnung in einem ganz anderen Takt. Verzweifelt hoffte sie, dass es endlich ein Ende hatte, als sich eine einzelne Träne aus ihren Augen rann und über die zarte Haut glitt.

Shinri hielt plötzlich inne. Er ließ von ihren Lippen ab, schloss seine Augen und schien sich selbst zu verfluchen. Als er die Augen wieder öffnete, sah er sie schuldbewusst an. Die Finsternis aus dem tiefen Schwarz verschwand und sein Blick wurde sanfter. “Es … tut mir leid”, hauchte er und küsste die Träne auf Ayas Wange weg.

Aya verstand ihre eigene Reaktion nicht. Wieso hatte sie nur angefangen zu weinen? Wieso waren ihr die Tränen gekommen? Lag es an dem unendlichen Schmerz, der in ihrer Seele entfacht worden war, oder an Shinris eigener Wut, die sie bis in ihren eigenen Körper hatte fühlen können? Sie hatte sich in diesem Moment gewünscht, ihn an sich zu drücken und ihn zu besänftigen, zu beruhigen.

Shinri setzte sich auf und Aya folgte seinem Beispiel. Sie gestand sich ein, obwohl der Kuss ihr Tränen entlockt hatte, war sie nicht dazu bereit gewesen ihn von sich zu drücken. Natürlich, ihr Verstand hätte es zu gerne gewagt, aber ihr Herz sagte etwas anderes.

Schnell schüttelte sie ihren Kopf. Was dachte sie denn jetzt schon wieder?! Sie musste sich besinnen und Shinri von sich weg bringen, nicht noch näher an sich heran ziehen!

“Du hättest nicht so wütend werden müssen”, wies sie ihn zurrecht und stand auf. Shinris Blick folgte ihr schweigend. “Ich habe dir schon oft gesagt, dass ich dir nie gehören werde! Ich glaube … ich liebe Jackin!”, entschied sie sofort. Sie erschrak über ihre eigenen Worte. Es war eine Lüge, dass spürte sie sofort. Aber um Shinri los zu werden, musste sie selbst das in Kauf nehmen.

Shinris Reaktion blieb aus. Er betrachtete Aya kühl, bis er dann seinen Blick an ihr vorbei lenkte. Aya horchte ebenfalls auf. Sie hatte etwas vernommen. Schnell wand sie sich in Richtung Tür, als sie für einen kurzen Moment jemanden sah, der sich gleich abwendete und verschwand. Aya stockte das Blut in den Adern. Damit hatte sie nicht gerechnet. Schnell rannte sie hinterher. Hätte sie doch nicht die Tür offen stehen lassen, tadelte sie sich selber. Jetzt hatte Jackin alles mit angehört. Verdammt! Das war viel zu früh!

Schnell verließ sie das Wohnzimmer und durchquerte den Flur. Sie musste es schaffen. Sie musste ihn einholen. Shinri blickte ihr nur stumm hinterher. Er hatte es nicht so eilig, wie sie. An der Tür holte Aya den Jungen bereits ein. “Jackin!”, rief sie seinen Namen und griff nach seinen Arm. Sie wollte mit ihm reden, als sie plötzlich bemerkte, worauf sie getreten war. Es war das Eis, das sie bei Shinris Anblick hatte fallen lassen. Es lag noch immer auf dem Boden und schmolz vor sich hin.

Als ihr Fuß den Kontakt dazu suchte, rutschte sie aus und fiel vornüber, Jackin entgegen. Sie riss ihn mit um. “Ich … ähm …”, entkam es Aya, die nicht wusste, was sie zu dieser Situation sagen sollte. Sie hatte nicht mit seiner plötzlichen Anwesenheit gerechnet, noch weniger mit dem Eis und am allerwenigsten damit, dass sie ihn umwarf und irgendwann auf ihn liegen würde. War ihr die Tollpatschigkeit angeboren, oder konnte man das als Unglück bezeichnen? Wie sollte sie sich jetzt nur rausreden?

Hinter ihnen tauchte Shinri im Flur auf und warf einen missbilligenden Blick auf die beiden am Boden liegenden. Aya kam nicht dazu, irgendetwas zu sagen, geschweige dem zu handeln. Unsanft packte der Zoma Ayas Oberarm und zog sie hinauf zu sich. Das Mädchen betrachtete ihren besten Freund perplex, der den Blick ebenso erwiderte. Sie wussten nicht, was sie dazu noch sagen sollten.

Jackin musste seine Gedanken sortieren. Nie hätte er mit diesen Worten aus Ayas Mund gerechnet. Er wollte sie auch nicht irgendwie verletzten, somit fehlten ihm die Sätze, mit denen er diese Situation hätte retten können.

Shinri, der diesen Anblick nicht mehr ertragen konnte, packte nun auch Jackin unsanft. Er öffnete die Tür und stieß den jungen mit den blond gebleichten Haaren hinaus. Mit dem Schlüssel, der auf der Kommode lag, schloss er die Tür ab. Zur Sicherheit drehte er ihn zweimal herum. Niemand würde hier noch einmal ungefragt auftauchen, das war sicher.

Aya blickte hinauf in Shinris Gesicht und versuchte herauszufinden, welche Gedanken er gerade hegte. Seine Augen funkelten zornig und Aya fuhr erschrocken zusammen. War er wütend auf sie? Oder etwa eifersüchtig? Er sprach jedes Mal davon, sie würde ihm gehören, aber nie von Liebe. Also konnte es nicht sein. Nein! Lieber würde sie sich wirklich in Jackin verlieben, als etwas mit Shinri anzufangen.

Sie befreite sich von seinem Griff und rannte los. Die Richtung war noch unklar, aber ihre Wohnung war nicht die Größte, somit gab es kaum Auswahlmöglichkeiten. Hauptsache, sie entkam Shinri, der ihr immer unheimlicher zu werden schien.

Erfreut darüber, dass sie sich für das Schlafzimmer entschieden hatte, warf sie die Tür hinter sich zu. Da sie keinen Schlüssel bei sich hatte, konnte sie auch nicht abschließen. Das war aber auch egal, schließlich konnte Shinri abgeschlossene Türen im Nu überwinden.

Von hier aus könnte sie entkommen. Genau hier ergab sich für sie die Möglichkeit aus dieser Wohnung zu verschwinden. Sie öffnete das Fenster und klettern heraus. Der Vorhang verdeckte ihr immer wieder die Sicht, aber sie versuchte sich nicht daran zu stören. Auf dem Fensterbrett angekommen, drehte sie sich um und hangelte sich ein Stück hinab. Ihre Füße tasteten nach einem Ast des Baumes, der seit Jahren dort stand. Würde sie diesen nehmen, war es nicht mehr weit nach unten und endlich hätte sie es geschafft sich von Shinri zu befreien. Danach würde sie sofort Jackin aufsuchen und sich bei ihm entschuldigen.

Ihre Hände klammerten sich am Fenstersims fest und ihr Fuß tastete weiterhin nach dem stabilen Ast, den sie so oft schon genommen hatte, um ihre Wohnung zu verlassen. Ihr Fuß fand aber keinen festen Halt. Sie suchte weiter, doch ergebnislos.

Sie raffte sich und zwang sich dazu hinab zu blicken, denn sie wollte nicht fallen, während sie nach dem Ast tastete. Was sie aber erblickte, war eine Baustellte direkt unter ihr. Der Baum war verschwunden. Mit dieser schicksalhaften Wendung hatte sie nicht gerechnet. Obwohl … eigentlich hätte sie es wissen müssen. Dieser Baum war bereits seit einem Monat verschwunden. Sie hatte es in ihrer Eile vergessen. Für diese Dummheit verfluchte sie sich.

Jetzt hatte sie sich ein großes Problem eingehandelt. Dem größten bisher. Denn sie schaffte es nicht, sich aus eigener Kraft hinauf zu ziehen und hinab ging es einige Stockwerke. Ihre Hände konnten nicht lange das Fensterbrett umklammern und eine Hilfe war nicht in Sicht. Die einzige Möglichkeit bestand darin, um Hilfe zu rufen. Das tat sie auch, aber es nützte ihr dann doch nichts. Der Lärm auf der Baustelle und der vorbeifahrenden Autos war zu laut und übertönte ihre Rufe.

Schon bald musste sie sich eingestehen, dass es hoffnungslos war. Aber anstatt vor Panik zu weinen – was andere Leute in dieser Situation gewiss gemacht hätten – begann sie laut zu fluchen. Sie hasste sich selbst für ihre Dummheit. Am liebsten hätte sie sich bestraft, aber diese Situation war wohl Strafe genug.

“Brauchst du vielleicht Hilfe?”, drang auf einmal eine Stimme an Ayas Ohr, als sie schon ihr Leben aufgegeben hatte. Sie registrierte nicht, woher die Stimme kam und vermutete, dass sie sich diese nur einbildete. Gott schien mit ihr zu reden und würde sie trotzdem nie aus dieser misslichen Lage retten.

“Soll ich dir helfen?”, erklang sie wieder und Aya horchte nun wirklich auf. Vielleicht meinte es Gott heute gut mit ihr und würde ihr wirklich helfen. Sie nickte ganz schnell. Sie musste es versuchen. Diese Situation war aussichtslos, wieso sollte sie denn nicht darauf eingehen? “Was bekomme ich dafür?”, erkundigte sich die Stimme nun. Das Mädchen wusste nicht, ob sie darauf antworten sollte. Doch, wenn sie es nicht tat, würde sie hier weiterhin baumeln oder hinabstürzen.

“Alles, was du willst!”, kam es fast schon flehend aus ihrem Munde. Sie hoffte, die Person würde endlich etwas tun, anstatt dumme Fragen zu stellen. Andererseits, war wirklich jemand da? Vielleicht fantasierte sie nur.

Auf einmal spürte sie etwas. Eine kräftige Hand umgriff ihr Handgelenk und zog sie in einer flüssigen Bewegung hinauf. Sie flog durch das Fenster und landete weich in den Armen ihres Retters.

Nachdem sie langsam registrierte, dass sie wirklich gerettet worden war, erkannte sie ihr Zimmer wieder. Sie ahnte bereits, wer sie vor dem Unheil bewahrt hatte. Ihre Augen suchten die ihres Retters und sie erkannte das Gesicht vor ihr. Schwarze, schulterlange Haare, düstere Augen, dunkler als die Nacht jemals sein konnte. Ihr Herz machte einen Salto. Shinri!

Sie war ihm unendlich dankbar für diese Hilfe. Trotzdem konnte sie sich nicht so ausgelassen um seinen Hals werfen, wie sie es vielleicht bei Jackin getan hätte. Etwas in ihr blockierte diese Reaktion, zum Glück. Sie wollte ihm nicht schon wieder falsche Hoffnungen machen. Egal, wie dankbar sie ihm war, sie konnte es immer noch nicht akzeptieren, dass er einfach in ihr Leben getreten war. Ohne ihn wäre sie nie in diese fast aussichtslose Lage gekommen.

In ihrem innerlichen Chaos setzte sich plötzlich ein Satz fest. Die Frage des Zomas. Sie schluckte, da sie sich an das Versprechen erinnerte. Sie fragte bangend: “Was … was willst du dafür, dass du mich gerettet hast?” Sie machte sich auf alles gefasst. Auf jede Reaktion, jedes Wort. Shinri würde sie alles zutrauen.

Umso mehr überraschte sie die eigentliche Antwort, die er mit einem erleichterten Lächeln verkündete. “Nichts. Hauptsache dir geht es gut.” Ihr Herz sprang wieder in die Luft und vollführte eine mehrfache Drehung. Sie musste sich beruhigen, mit den Gedanken an andere Personen, aber es hörte noch immer nicht auf. Sie war ihm so nah. So verdammt nah.

“Wieso hast du dann diese Bedingung gestellt?”, schimpfte sie ihn. Wieso spielte er immer wieder mit ihr? Sie schaffte es einfach nicht, durch seine Schale hindurch zu sehen, um heraus zu finden, was er wirklich dachte.

Ihre Gedanken wurde in dem Augenblick unterbrochen, als Shinri sich nach vorne beugte, ihr entgegen. Sanft schob er mit seiner rechten Hand ihre Haare zur Seite und hauchte einen liebevollen Kuss auf ihre Stirn.

Sofort schwieg Aya, innerlich wie auch äußerlich. Verblüfft sah sie ihn an. Sie verstand ihn einfach nicht und würde es auch nie tun. Ihr Herz rebellierte und lehnte sich auf. Es wollte sie dazu bringen, ihm näher zu kommen, sich von seinen starken Armen umschlingen zu lassen, um für immer bei ihm sein zu können. Ihr Verstand arbeitete dagegen, obwohl sie sich fragte, weswegen er sie dieses Mal nicht auf den Mund, sondern auf die Stirn geküsst hatte.

Einerseits freute sie sich darüber, dann konnte sie sich Hoffnungen machen, er würde endlich mit dem ganzen aufhören, andererseits hatte sie mehr erwartet. Wie hirnrissig sie doch war und welche Zwiespältigkeit plötzlich ans Tageslicht rückte. Sie hätte zu gerne gewusst, welche der beiden Gedanken nun wirklich Recht hatte.

Während Aya noch unschlüssig vor Shinri auf dem Boden saß, entschied sich dieser bereits für die nächste Sache, die sie hinter sich bringen mussten. “Komm, lass uns Mathe lernen”, meinte er, lächelte sanft und schlang bereits seine Arme unter Aya, um sie mit sich hoch zu hieven.

Er trug sie zur Tür, als Aya wieder einmal anfing, sich laut aufzuregen und sich aufzulehnen. Wild zappelte sie mit den Füßen und Händen. Jedes Mittel war ihr recht hier wieder herunter zu kommen. Sie war kein kleines Kind mehr! Niemand hat ihm das Recht gegeben, sie ungefragt durch ihre Wohnung zu tragen. Aber, egal wie sehr sie versuchte dagegen aufzubegehren, es half ihr nichts. Shinri schritt weiter und ignorierte ihre Fluchtversuche.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Angel_Sina_08
2008-12-07T17:31:55+00:00 07.12.2008 18:31
Also ein idjot höchsten grades. Wie wir die geschichte bloß ausgehen. Arme Aya *Heul*

Von:  Mayuki
2008-08-09T04:49:37+00:00 09.08.2008 06:49
So ich werde mal mein erstes Kommi verfassen xP hatte nur keine Zeit also sry >-<
Mir gefällt dein FF sehr gut ^^
Und irgendwie voll süß geschrieben *-* <3
Hab an dem FF wirklich nix auszusetzen und freu mich schon aufs nächste Kapi ö.ö!
*knuff* mach weiter so :3 man liest,schreibt sich!


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