Seine Stimme
Seine Stimme
"Er ist gut und immer nett"
So sagten sie ihm im Chor
"Stehts ist er sauber und adrett"
Setzte er Zweifel in sein Ohr
"Er ist fromm und geht zur Kirche"
Der Knabe vergoss heiße Träne
"Sei nicht immer so und gehorche"
Keiner hörte die Sirene
Unschuld ist nicht gelieben
"Er ist ein wahrer Christ"
In die Enge getrieben
"Er weiß was Nächstenliebe ist"
Seine Stimme war zu leise!
Wie konnte ich sehen? (Sie sind blind!)
Wie konnte ich hören? (Sie sind taub!)
Wie konnte ich ahnen? (Sie sind tod!)
Ich wusste doch von nichts!
Wie kannst du sehen?
Im toten Winkel des Verstecks
Der schwarze Kummer schwer
Der winzig rote Fleck
Und Glaube ist nicht mehr
Es waren seine Schritte
Dunkle Furcht in seinem Herzen
Und die letzte Bitte
So nehme ihm die Schmerzen
Seine Stimme war zu leise!
Wie konnte ich sehen? (Sie sind blind!)
Wie konnte ich hören? (Sie sind taub!)
Wie konnte ich ahnen? (Sie sind tod!)
Ich wusste doch von nichts!
Der Mob steht an seinem Grab
"Er war doch ein guter Junge"
Sehen zu ihm herab
"War es meine stille Zunge?"
Der Mann lächelte leis
"Warum sagt denn keiner was?"
Der Moment gefriert zu Eis
"Ihre Schuld war das"
Seine Stimme war verstummt!
Wie konnte ich sehen? (Sie sind blind!)
Wie konnte ich hören? (Sie sind taub!)
Wie konnte ich ahnen? (Sie sind tod!)
Ich wusste doch von nichts!
Wie kannst du sehen?
Mit deinen toten Augen?
Wie kannst du hören
Mit deinem falschen Ohr?
Wie kannst du ahnen
Mit deinem blinden Herz?
Nur Stille
Nur Stille
Der Tod fliegt
Durch deine Fänge
Dein schwarzes Haar
Verflochten im Gebein
Des stillen Eisen
Die rote Klinge
Gerammt ins Fleisch
Die Krähen speisen
Uns und die Hoffnung
Die wir einst lebten
Kein Gedanke mehr
Dringt in das Licht
Nur dein starres Auge
Die Flamme lodernd gleich
Der geborenen Sonne
Verlassen der Mut
Meine Seele flügellahm
Vergessen das
Wofür wir standen
Nur da, nicht hier
Wofür ging er?
Erfüllt der Wind
Unsere Herzen
Nicht mehr?
Gefangene sind wir
In der Tiefe
Die wir schufen
Zwischen uns
Dem Ewigen vertraut
Bleich schauen sie
Doch verstummt
Ihr Blut vermischt
Mit unseren Klagen
Unseren Wehen
Suchen sie noch
Die Schuld unter
Schuldlosen?
Der Henker ist kein Richter
Er ist die Träne nicht wert
So bleibt
Nur zum Suchen
Die Wahl unter
Den Zahllosen
Den Vielen
Und Keinen
Nur Stille
Narrenspiel
Hinter der dunklen Maske
Meiner stillen Einsamkeit
Glänzt ein Funkeln, der groteske
Der alten wilden Bitterkeit
Doch sehe ich im roten Schimmern
Im verwuchterten alten Garten
Im Herzen tief schlummernd
Mich als den alten Narren
Zu diesem ich seither geboren
Dieser, der mich Hoffnung trägt
Das mein Gesicht noch nicht verloren
Und mein Atem weiter weht
Dieser, das ich nicht allein
Unter all den Narben bin
Darf mein Herz noch eigen sein
Oder trägt es der Narr woandershin?
Menschlich
Verurteilst du ihr Leben?
Ihrer Würde Menschlichkeit?
Flüsternd Stimmen sie umgeben
Ihre Geister weiter unbefreit.
Durch das Stundenglas der Zeit
Fließt hart und zäh wie Sand
Ihr Blut langsam nur beiseit
Mangelt es doch an Bestand
Ein bittrer Hohn wahrlich ist's
Wohl ihr jubelnd Schreie sind
Allein eifernd warm und weist
Wie ihre Augen wirklich blind
Wild hetzen, geifern, rennen
Gehalten im trosten Wahn
Der Einsamkeit bekennen
Und ihrer Seelen Flügel lahm
Verloren bleibt dieser Traum
Getötet von der Hand der Zeit
Hat in der Welt doch keinen Raum
Nebst eigener Unmenschlichkeit
Nur hinter jener bunten Maske
Blickt das Auge, ach so leer.
Im Innern Tod und der blasse
Wunsch, wäre es doch mehr.
Deine Blicke streiften Träume
Deine Blicke streiften Träume
Wilde Wärme durchwucherte meine Haut
Wie samte Wogen, kalter Schauer
Wahrer Herzens Glut folgen mag
Sekunden zum Tanzen erhoben
Reihten sich zu silbernen Reigen
Ein Rauschen durch den Flügelschlag
Meiner Wünsche, wohl offenbar
Wie ich mein rotes Leben
Als Geschenk hierwieder gab
Schlagend durch meine Venen
Bereit für den Kuss der Unsterblichkeit
Doch geblichen ist die Seide
Farblos ward der Wind
Der deine Flamme stahl
Und meinen Träumen entriss
So frierend bleich wie graues Eis
Erstickt mein blauer Vogel
Unter Mondendecken
Und lässt zurück nur kahle
Leeren, ohne eine Antwort
Auf die beißend, harten Worte
Die sich gräbt so grausam zwar
Durch Wohne und durch Hoffnung
War das alles?
Hat ein Traum versagt?
Wer stahl diese Flamme von mir fort?
Wer ist der Räuber, der mir die Augen nahm?
Zitternd weiß ich auch heute
Dass die letzte Feder fällt
Wenn die Hoffnung den Schimmer
Eines Schleihers nicht mehr erkennt
Und doch blickt mein blutend Auge
Auf jede blaue Feder
Schneebedeckt und kalt, falls
Wissen sie nicht mehr schützt
So weiß ich doch, dass die Flammen nicht erlischen
Nicht solang noch ein Funke herrscht
Und das letzte Lichtlein glüht
Wird der Vogel weiterleben
Als ich einst im Garten stand
Als ich einst im Garten stand
Als ich einst im Garten stand
Und den Blick zum Himmel wand
Blickte mich so rein und weiß
Der Engel an, so kalt wie Eis
Nahm mich an die Hand
Flüstert seine Worte leis'
Tausend Elfenstimmen gleich
Packte mich der Klang so weich
Trug mich auf den Federn fort
Weiter weg von jenem Ort
Führte mich in Sinnereich
Und lauschte seinem Wort
Wolkenträger um mich her
Schwebend keine Sorge mehr
Fallen ab wie träge Last
Keine Reue, keine Hast
Tragend die Gedanken sehr
Losgelöst wie Träume fast
Doch im Garten bleib ich stehen
Als die Sinne spielen gehen
Meine Kinder, Gedankengut
Meiner ganzen Seele Blut
Wenn sie Engel wiedersehen
Schöpft sie aller Stille Mut