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The Different Ways of Love

oder: Weil die Liebe verschiedene Wege geht... ShikaxTema//NaruxHina//NejixTen//SasuxSaku//InoxSai *Kapitel 33 on*
von

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"Miss Hinata" - Nejis Leiden

„Miss Hinata“ – Nejis Leiden
 


 

Es ärgerte sie, dass sie ihren Schlüssel in der Eile vergessen hatte und klingeln musste. Hoffentlich machte Ten Ten überhaupt auf.

Doch alle Sorge war unbegründet, denn schon öffnete sich die Tür und vor Sakura stand Ten Ten.

„Schlüssel vergessen“, murmelte Sakura und drängte sich an ihrer Freundin vorbei.

Im Haus war es warm und gemütlich und seltsamerweise duftete es immer noch nach dem Essen, das Sakura vor etwa zweieinhalb Stunden gekocht hatte.

„Ich hab es in den Backofen gestellt“, meinte Ten Ten und klang ziemlich zerknirscht. „Zum Warmhalten.“

Sakura biss sich auf die Unterlippe und drehte sich langsam zu Ten Ten um. Sie wich ihrem Blick aus und starrte stattdessen lieber auf ihre Socken.

„Ten Ten, ich…“

„Saku...“, begann Ten Ten gleichzeitig.

Sakura grinste schwach.

„Es tut mir Leid!“, sagten beide zusammen.

Erstaunt sah Ten Ten auf. „Warum tut es dir Leid? Ich bin hier die Einzige, die sich entschuldigen muss, ich…“ Weiter kam sie nicht, denn plötzlich fiel Sakura ihr um den Hals.

„Es tut mir wirklich Leid, Ten! Ich hab nur Schwachsinn gelabert. Und du hattest Recht und ich bin so was von egoistisch und du kannst tun, was du willst, auch wenn ich nicht damit einverstanden bin, aber…“

„Jetzt halt aber mal die Luft an!“, fuhr Ten Ten dazwischen und brachte Sakura zum Schweigen. Dann schob sie sie von sich. „Du verbringst zu viel Zeit mit Ino und Naruto. Die sind auch schlimmer als ein Wasserfall!“

Sakura grinste erleichtert. Ten Ten war nicht gerade die Gefühlvollste der Mädchen. Das war ihre Art zu zeigen, dass… Ja, was eigentlich?

„Jetzt zieh dir erst mal trockene Klamotten an. Ich mach Tee, das krieg ich gerade noch hin, ohne die Küche abzufackeln!“, meinte Ten Ten und schob Sakura Richtung Treppe. „Beeil dich!“

Sakura schleppte sich die Treppe hinauf. Wer hätte gedacht, dass Streiten so anstrengend sein konnte? Sie war hundemüde, hungrig und sie fror. Aber trotzdem war sie irgendwie glücklich und zufrieden. Anscheinend hatte sich zumindest ein Problem gelöst.

Sie zog ihren geliebten Schlabberpullover mit der Kapuze und eine Jogginghose an, dazu warme Wollsocken und schon fühlte sie sich wärmer. Inos mahnende Stimme drang in ihr Bewusstsein: ‚Hilfe! Hier wird gerade gesündigt! Saku, wie kannst du dich nur so gehen lassen?’ Aber sie ignorierte sie gekonnt.

Als sie in die Küche kam, stand das warm gehaltene Essen auf dem Tisch und aus einer großen Kanne dampfte der Tee.

„Zucker?“, fragte Ten Ten und schüttelte die Zuckerdose. Sakura nickte und setzte sich an den Tisch.

Ten Ten stellte die Zuckerdose neben die Teekanne, schenkte Sakura und sich selbst etwas von dem heißen Getränk ein und setzte sich. Dann herrschte eine Weile lang Stille, die nur von Ten Tens kurzem Fluchen durchbrochen wurde, als sie sich am Tee die Zunge verbrannte.

„Ten?“, nuschelte Sakura in ihre Tasse und pustete. Die Flüssigkeit kräuselte sich kurz. „Was ist passiert, als ich weg war?“

Das klang so, als wäre sie zehn Jahre nicht da gewesen, fand Sakura, aber sie wusste nicht, wie sie es besser formulieren sollte. Und irgendwie fühlten sich die wenigen Stunden auch wie Jahre an.

„Ich hab nachgedacht“, sagte Ten Ten schlicht und seufzte. „Irgendwie hattest du ja auch Recht, ich meine… ich musste es einsehen. Ich dachte, ich wäre drüber hinweg und das war ich nicht. Mehr gibt es da eigentlich nicht zu sagen. Ich werde jetzt versuchen, ihn zu vergessen. Endgültig.“ Sie trank etwas und verzog das Gesicht. „Ich hab zuviel Zucker rein gemacht.“

Sakura starrte beklommen die Tischdecke an. Verschwommen erinnerte sie sich, dass Hinata sie einmal mitgebracht hatte.

„Du musst tun, was du für richtig hältst, ich werde dir dabei nicht im Weg stehen“, sagte Sakura schließlich.

„Danke, aber… vielleicht war es ganz gut so“, meinte Ten Ten schulterzuckend. Dann sah sie auf einmal auf und Sakura direkt in die Augen. „Versprich mir, dass du niemandem etwas davon erzählst. Von der ganzen Sache. Ich habe einen Entschluss gefasst, aber… es dauert eben. Es tut nämlich trotzdem irgendwie weh…“ Ihr Blick hatte etwas Flehendes.

Sakura nickte. „Natürlich.“

Wieder schwiegen sie eine Weile, dann stand Sakura entschlossen auf und griff sich die Schüsseln mit den Kartoffeln.

„Ich hab Hunger!“

Ten Ten lachte auf, doch Sakura machte sich nichts daraus. Es stimmte ja und offenbar war alles geklärt.

Sie beugte sich zu Ten Ten, um ihr auch etwas auf den Teller zu geben. Zu spät fiel ihr die Kette ein, die jetzt direkt vor Ten Tens Nase baumelte.

„Saku… was ist das?“, hauchte sie.

„Das? Ja, also…“ Sakura setzte sich verlegen wieder hin. „Ein Weihnachtsgeschenk.“

„Von wem? Ich meine… das Ding sieht saumäßig teuer aus! Wer gibt so viel Geld aus?“

Sakura schob sich eine große Portion Kartoffeln in den Mund. So hatte sie Zeit sich eine Antwort zu überlegen. Und die war dringend nötig, denn sie hatte die Sache mit Naruto schon einer Person erzählt. Und das war eine Person zu viel.

Schließlich schluckte sie das Essen hinunter, atmete noch einmal tief durch, bevor sie antwortete.

„Sasuke“, sagte sie dann und hätte sich selbst gerne die Zunge abgeschnitten. Etwas Besseres fiel ihr nicht ein? Das würde Ten Ten ihr doch niemals abnehmen!

Tatsächlich runzelte sie die Stirn und sah ziemlich ungläubig aus.

„Sasuke? Der Sasuke?“

Sakura nickte. Jetzt musste sie das auch durchziehen.

„Ja. Das war eine von Narutos komischen Einfällen, uns miteinander zu verkuppeln. Darauf ist er doch schon seit Jahren aus. Also kann man das auch als Narutos Geschenk ansehen.“

Das war jetzt eine dicke, fette Lüge und wenn sie weiterredete, würde sie das noch irgendwann ihren Kopf kosten, aber zumindest ein kleines Fünkchen Wahrheit steckte darin.

„Also Narutos Geschenk?“, hakte Ten Ten noch mal nach und schien darüber irgendwie… enttäuscht?

„Ja! Ganz sicher!“

Oder? Sakura war durch ihre eigene Lüge ins Wanken geraten. Vermutlich wäre es sogar besser, wenn Sasuke ihr den Anhänger geschenkt hätte. Aber es war ziemlich unwahrscheinlich, wenn nicht vollkommen unmöglich. Es war immerhin Sasuke! Aber der Gedanke, dass Naruto ihr dieses Geschenk gemacht hatte, gefiel ihr noch viel weniger.
 

Für Nejis Geschmack vergingen die zwei Tage viel zu schnell und der zweite Weihnachtsfeiertag stand vor der Tür. Und damit auch das Versprechen an Shikamaru und ein äußerst unliebsamer Besuch. So langsam bereute er das Ganze.

Der Morgen verlief noch ganz normal, außer vielleicht, dass Shikamaru dabei war, Nejis eigene Nervosität zu übertreffen. Er raste zwar nicht unaufhaltsam durch das Haus, so wie Naruto, wenn er aufgeregt war, oder begann mit sich selbst zu reden, so wie Sasuke, aber er wirkte anders. Als hätte er Lampenfieber, oder so was.

Das begann schon beim Aufstehen. Um sieben Uhr wachte Neji auf und stellte fest, dass Shikamaru schon wach war und im Schein einer Taschenlampe ein Sudoku löste. Und anscheinend war es nicht das erste. Shikamaru war schon seit zwei Stunden wach!

Beim Frühstück schlief er nicht sofort ein und musste deshalb nicht von Neji aus der Cornflakesschüssel gezogen werden und im Badezimmer hielt er sich verdächtig lange auf. Sogar länger als Sasuke und das, obwohl Shikamaru sein Äußeres eigentlich ziemlich egal war.

Als Shikamaru nach dem Frühstück anfing, jede halbe Stunde auf die Uhr, anstatt wie normalerweise aus dem Fenster, zu sehen, außerdem freiwillig mit den Hausaufgaben, die sie über die Ferien bekommen hatten, anfing und noch nicht einmal meckerte, als Neji seine Stereoanlage voll aufdrehte, wurde es dem Hyuga zu bunt.

„Was ist eigentlich los mit dir?“ Er stellte die Musik wieder ab und zog Shikamaru das Matheheft unter der Nase weg.

„Was soll sein?“, grummelte Shikamaru, ungewohnt gereizt.

„Du benimmst dich nicht normal“, sagte Neji. „Es ist fast, als…“ Er stockte. Warum war er da nicht früher draufgekommen?

„Was ist?“, fragte Shikamaru und starrte ihn genervt an. „Ich dachte, das Thema hätten wir abgehakt.“

Aha. So nervös war er anscheinend doch noch nicht, dass er nicht sehen konnte, was in Nejis Kopf vorging. Eigentlich schade.

„Nara, du hast einen an der Waffel“, meinte Neji schlich und fing sich dafür einen weiteren ‚Ich-bin-genervt-und-das-weißt-du-auch’-Blick ein. „Du wolltest doch unbedingt zu deiner Temari!“

„Sie ist nicht meine…“

„Abstreiten bringt nichts, Nara! Du sitzt hier vor Neji Hyuga!“, unterbrach Neji ihn unwirsch. „Ich stelle dir jetzt ein paar Fragen und du wirst sie einfach mit ‚Ja’ oder ‚Nein’ beantworten.“

Shikamaru verdrehte die Augen und Neji fragte sich, seit wann er so penetrant und nervig sein konnte.

„Also… du bist mit Temari nur befreundet?“

„Ja!“, grummelte sein Gegenüber.

„Du glaubst nicht an eine Freundschaft zwischen Jungen und Mädchen?“

Jetzt dauerte es etwas länger, bis die Antwort kam.

„Nein“, murmelte Shikamaru schließlich ergeben.

„Hast du dich in sie verknallt?“

„Wa-? Nein! Wie oft soll ich das eigentlich noch…“

„Glaubst du, du könntest dich irgendwann in sie verlieben?“, unterbrach Neji ihn.

Shikamaru klappte den Mund auf und zu und erinnerte dabei unangenehm an einen Karpfen. Letztendlich zog er es vor zu Schweigen. Für Neji war das Antwort genug.

„Bist du deshalb nervös?“

Shikamaru wich seinem Blick aus.

Neji konnte sich ein süffisantes Grinsen nicht verkneifen. So lief der Hase also.

„Du willst dich nicht in sie verlieben, weil du Schiss hast“, grinste er. „Und deshalb hast du auch Schiss jetzt da rüber zu gehen.“

Es war eine neue, aber überaus spaßige Erfahrung, andere zur Weißglut zu treiben und nervig zu sein. Machte Naruto das deswegen immer mit Sasuke?

Shikamaru warf einen Blick auf die Uhr und schien fast erleichtert zu sein, als er sagte: „Können wir jetzt gehen?“

Nejis Grinsen wurde erst breiter – und fiel dann in sich zusammen. Er hatte ganz vergessen, was dieses Treffen auch für ihn bedeutete. Und zwar nichts Gutes. Er hatte ganz vergessen, selbst nervös zu sein.
 

Einmal tief durchatmen, Schlüssel ins Schloss, umdrehen, Türe auf, rein, Türe zu. Hörte sich doch ganz einfach an. In der Theorie. In der Praxis war das noch mal etwas anderes. Etwas völlig anderes.

Neji atmete jetzt schon ziemlich lange tief durch. Der Schlüssel aber lag immer noch in seiner Hand, nur wenige Zentimeter vom Schloss entfernt.

Schon sehr lange war Neji nicht mehr freiwillig hier gewesen. Betonung auf freiwillig. Wenn er ‚gebraucht’ wurde, war er natürlich erschienen, widerspenstig zwar, aber er war gekommen.

Und jetzt?

Die Entscheidung wurde ihm von Shikamaru wortwörtlich abgenommen, als dieser nach dem Schlüssel griff und bevor Neji noch Widerspruch einlegen konnte, war er von seinem besten Freund ins Haus gezerrt worden.

„Ich will nicht ewig vor dem Hintereingang stehen bleiben!“, verteidigte sich Shikamaru auf Nejis finsteren Blick hin und gab ihm den Schlüssel wieder.

„Damit das klar ist“, meinte Neji und sah Shikamaru eindringlich an. „Wir gehen in Temaris Zimmer, du hast eine halbe Stunde Zeit um zu tun, was immer du tun willst und dann verschwinden wir wieder! Keiner wird merken, dass wir da waren und wenn Temari uns verpfeift…“

„Erstens: Temari verpfeift uns nicht. Zweitens: Warum auch? Und drittens: Jetzt halt mal die Luft an! Wir brechen hier nicht gerade in ein Gefängnis ein!“, sagte Shikamaru leise, aber deutlich.

//Wenn du wüsstest…//

Nejis Gedanken wurden mit jedem Schritt, den er weiter in das Haus ging, finsterer. Dieses Haus war ein Käfig. Ein hübscher, goldener Käfig mit Hochsicherheitsstatus. Hier kam niemand ohne Berechtigung rein oder raus. Der perfekte Käfig. Und er war der Vogel. Er konnte zwar hin und wieder fliegen, wenn er im Internat war, aber er würde sein ganzes Leben lang in den Fängen seiner Familie gefangen sein. Kein Entkommen.

„Wo ist jetzt ihr Zimmer?“

Neji zeigte auf eine kleine Treppe, die zu einer einfachen, braunen Tür führte, von der aus man zum Kern des Hauses gelangte.

„Treppe hoch, durch die Halle über die große Treppe in den zweiten Stock und dann die dritte Tür links.“

Shikamaru hob eine Augenbraue. „Ganz sicher? Ich hab keine Lust, in Hinatas Badezimmer zu platzen, oder so.“

Neji nickte. „Ganz sicher. Das ist das einzige Gästezimmer in Hinatas Nähe“, erklärte er kurz. Mehr bekam er gerade nicht raus, zu sehr hatte ihn die übliche Anspannung befallen, die ihn immer überkam, wenn er im Haupthaus war. War wohl eine Art Schutzmechanismus. Und dieses Mal war er sogar noch stärker.

„Dann mal los“, murmelte Neji und schritt auf die Treppe zu.
 

Er war sich immer noch nicht sicher, wie sie es bis hierher geschafft hatten, ohne entdeckt zu werden. So langsam fühlte er sich wirklich wie ein Einbrecher.

Shikamaru und er standen vor der Tür, die in Temaris Zimmer führen musste. Ein letztes Mal sah Neji sich prüfend um, dann nickte er Shikamaru zu und dieser klopfte an die Tür.

Nichts.

Neji biss sich auf die Lippen. Das hatte er nicht bedacht. Was, wenn Temari gerade gar nicht in ihrem Zimmer war, sondern irgendwo anders im Haus oder sonst wo?

Aber Shikamaru hatte auch schon die Tür geöffnet und ihn mit in das Zimmer gezogen. Wie konnte ein Mensch mit einem so hohen IQ nur so blöd sein und nicht einmal nachdenken? Was, wenn…

Temari lag mitten auf dem riesigen Bett, blätterte in irgendetwas herum, das Neji als die Noten für das Musical-Projekt identifizierte und hatte dabei ihre Kopfhörer auf den Ohren. Die Musik war so laut, dass Neji sie bis zur Tür hören konnte. Leise sang Temari das Lied mit und schien überhaupt nicht zu bemerken, dass gerade zwei mehr oder weniger geschockte Jungs in ihrem Zimmer standen. Kein Wunder, dass sie das Klopfen nicht gehört hatte.

Neji sah Shikamaru an, der grinste leicht – und überaus untypisch – und zuckte mit den Schultern.

„Was hast du…?“, begann Neji flüsternd, doch Shikamaru hatte sich schon auf leisen Sohlen auf den Weg zu Bett gemacht. Innerlich fluchend versuchte Neji, zumindest äußerlich die Ruhe zu bewahren. Er redete flüsternd auf Shikamaru ein und versuchte dabei nicht an das heraufnahende Unheil zu denken.

Mit einer plötzlichen Bewegung, die man von dem faulen Nara eigentlich gar nicht erwartete, schmiss sich Shikamaru auf das Bett, riss Temari die Kopfhörer von den Ohren und sagte so leise, dass Neji es kaum hören konnte: „Buh!“

Es war schon schlimm, dass so kluge Menschen ihren Verstand erst so spät einschalteten, fand Neji.

Temari ließ einen Schrei los, der Ino Konkurrenz machte und stoppte erst, als Shikamaru ihr den Mund zuhielt. Jetzt dachte er also an Ruhe?

Shikamaru grinste, als Temari ihn wütend anstarrte und Neji wusste nicht, was schlimmer war: Die heraneilenden Schritte, die auf dem Gang ertönten oder die Tatsache, dass sein bester Freund in Gegenwart dieses Mädchens langsam, aber sicher den Verstand zu verlieren schien.

Als Hinata die Tür aufriss, Neji dieser gerade noch ausweichen konnte und Hinata ebenfalls erstmal kurz und erschreckt schrie, entschied er sich für Ersteres. Schlimmer konnte es kaum noch werden.

„Beruhige dich, Hina. Es ist nur dieser Volltrottel Nara!“, sagte Temari ärgerlich und schob Shikamarus Hand von ihrem Mund weg. „Und Neji!“

Hinata drehte sich zu ihm um und öffnete erstaunt den Mund, um etwas zu sagen, als plötzlich ihr Vater in der Tür erschien und mit zornigem Blick erst seine Tochter und Temari, dann den fremden Eindringling Shikamaru und schließlich ihn – Neji – musterte.

Er hatte sich geirrt – es konnte schlimmer kommen.

„Was hat das hier zu bedeuten? Hinata? Wer ist das? Neji, was tust du hier? Niemand hat nach dir verlangt!“, sagte Hiashi schließlich und Neji versuchte die aufsteigende Wut zu unterdrücken, unter Kontrolle zu behalten. Ruhig bleiben, das war jetzt das Wichtigste!

„Va-Vater… i-ich…“, stotterte Hinata und auf ihrem Gesicht zeichneten sich hektische rote Flecken ab.

„Schweig, Hinata! Ich verlange von ihm eine Antwort!“

Es war demütigend, so demütigend. Er sprach ihn nicht einmal direkt an, er verlangte. Und Neji musste gehorchen, auch wenn er nicht wollte. Er musste einfach versuchen, die Wut zu unterdrücken, den Hass, und die unsicheren, fragenden Blicke Shikamarus und Temaris zu ignorieren.

„Verzeihen Sie mir, Sir“, murmelte Neji und senkte den Blick. „Ich wollte meinem Freund einen Gefallen bereiten. Er wünschte, Miss Sabakuno zu sehen.“

So demütigend, so verdammt demütigend!

„Das wünschte er also? Und was sollte dann diese Heimlichtuerei? Du hast meinen Gast, meine Tochter und mich zu Tode erschreckt!“, knurrte Hiashi und Neji konnte förmlich den Zorn spüren, der von ihm ausging.

Es war so verdammt ungerecht.

„Ich… das war nicht meine Absicht, Sir“, sagte Neji.

„Ach?“ Er lachte kurz, hämisch und kalt auf.

„Vater! Ich bitte dich, er…“

„Sei still, Hinata!“, fuhr ihr Vater sie an und Neji sah aus den Augenwinkeln, wie seine Cousine zusammenzuckte. Sie war noch nie besonders mutig gewesen, immer schreckhaft, besonders vor Hiashi. War ihr das zu verübeln?

„Es war also nicht deine Absicht?“, wandte der Chef der Familie Hyuga sich wieder an ihn.

„Nein, Sir.“

„Und?“

Neji wagte es, kurz den Kopf zu heben. Er wusste, was zu tun, was zu sagen war, aber alles in ihm sträubte sich dagegen. Es war so ungerecht, so unfair. So entwürdigend.

„Was, Sir?“

Er lehnte sich viel zu weit aus dem Fenster, das war ihm klar. Einen wütenden Hiashi Hyuga sollte man unter keinen Umständen auch noch provozieren!

„Du weißt genau, was ich verlange!“ Die Stimme, kalt wie Eis. Kälter noch, als seine eigene, fand Neji. Härter, rücksichtsloser. Und eiskalt.

Neji schluckte. Er sah die Wut, den Zorn vor sich, wie er Wellen schlug, rote Wellen, haushoch, ein flüssiges Feuer, lodernd und gleichzeitig strahlend. Und so kalt. So kalt, dass Neji ein Schauer über den Rücken lief. So kalt.

Hiashi Hyuga war für seine Wut bekannt. Er konnte gut reden, diskutieren, verhandeln. Aber nie lange. Auf Worte folgten sehr schnell Taten. Sehr, sehr schnell.

„Sir…“, presste Neji zwischen seinen Zähnen hervor. Noch stand er knapp vor der Linie, vor der Linie der Taten. Noch konnte er sich vorwagen, nur noch wenige Millimeter.

„Vater, er muss nicht… es ist in Ordnung…“, stammelte Hinata. Sie versuchte ihm zu helfen? Sie, ausgerechnet sie? Die Erbin, die verhasste, verstoßene Erbin? Neji konnte nicht daran glauben und er wollte es auch nicht. Wollte es nicht.

„Halt den Mund, Hinata.“ Dieses Mal klang er ruhiger. Die Ruhe vor dem Sturm, er kannte das schon. Kannte es nur zu gut. Als würde die unsichtbare Linie von selbst auf ihn zukommen.

Neji spürte den eisig feurigen Blick auf seinem Nacken. Es gab kein Zurück mehr. Kurz blickte er auf, ganz kurz nur, als er sich zu Hinata umdrehte. Sie starrte ihn an, die Augen vor Schreck geweitet und er ahnte, dass sie das ebenso wenig wollte, wie er. Aber er wollte nichts davon hören. Er brauchte ihr Mitleid, ihr Mitgefühl nicht. Alles gelogen, alles falsch.

„Ich bitte um Vergebung, Miss Hinata. Es wird nicht wieder vorkommen“, sagte Neji. Es tat ihm fast körperlich weh, die Worte über seine Lippen kommen zu lassen, sie auch nur zu denken. Es war die reine Demut, die reine Folter.

Hiashis Wut wurde blasser, ruhiger, beinahe sanft. Es war so still im Raum, dass sogar Temaris Musik zu hören war. Erst jetzt erkannte Neji das Lied. Der Manteltanz aus dem Musical. Die perfekte dramatische Hintergrundmelodie.

„Schalten Sie das ab, Miss Sabakuno!“, sagte Hiashi zu Temari. Neji spähte zu ihr hinüber. Sie erschien ihm erstaunlich ruhig, als sie mit geregelten Bewegungen die Musik abstellte.

„Was war das für Musik?“, fragte Hiashi. Es war erstaunlich, wie schnell er das Thema wechseln konnte.

„Wir proben in der Schule für ein Musical, Sir“, sagte Temari. Ihre beherrschte Stimme und ihre ruhige Tonlage deuteten auf jahrelange Übung hin. Sie machte das nicht zum ersten Mal. „Wir singen dafür, Shikamaru Nara, Neji und ich.“

Schon wieder spürte Neji Hiashis Blicke auf sich ruhen. Abscheu.

„Singen?“, fragte er leise, aber deutlich. „Das kommt ganz nach deiner Mutter. Und auch sie war es nicht wert, den Namen Hyuga zu tragen.“

Es war zuviel. Viel zu viel. Neji blickte auf, starrte Hiashi direkt ins Gesicht und stellte mit Genugtuung fest, dass er nur unbedeutend kleiner war.

„Wagen Sie es nicht, so über meine Mutter zu reden! Sir!“, setzte er hinzu. Auch das war zuviel. Er war weit über die Linie hinausgeschossen, das wusste er, noch bevor ihn der Schlag traf. Hart, heftig. Als würde ihm der Kopf von den Schultern gerissen.

Neji stolperte zurück, blieb aber auf den Beinen, keuchend. Und voller Hass. Hass auf die Verachtung in Hiashis Augen, Hass auf das erschrockene Gesicht seiner Cousine, auf dem sich aber noch etwas abbildete, das er noch nicht zuordnen konnte. Hass auf die gesamte Familie Hyuga und ihr verdammt verfluchtes System. Und irgendwie hasste Neji im Moment auch sich selbst.

„Du verdienst es nicht, diesen Namen zu tragen. Du bist ein aufmüpfiger, kleiner Bengel, der nicht weiß, wohin er gehört“, zischte Hiashi und Neji fühlte die Verabscheuung. „Deine Mutter war genauso wie du! Und wäre dein Vater nicht mein Bruder, hätte er diese Verbindung niemals entstehen lassen dürfen! Sei also froh, dass du überhaupt existierst!“

„Mit anderen Worten“, flüsterte Neji gehässig. „Ich soll Ihnen dankbar sein? Darauf können Sie bis zu ihrem Tod warten!“

Dieses Mal war er auf den Schlag vorbereitet, aber er war trotzdem so stark, dass es ihn von den Füßen riss. Der Schmerz war so unerträglich, dass er das Brennen in den Augen nur mühsam zurückdrängen konnte. Aber jetzt war ohnehin alles egal.

Neji verschwendete keine weitere Minute und stürmte aus dem Raum. Er konnte es nicht mehr ertragen, diese stickige Luft, angereichert von Wut und Hass und Abscheu, von Angst und Schmerz und Zorn. Von Unverständnis und Klarheit.

Er musste weg von hier. Aber nur weil er das Haus verließ, konnte er den Käfig, der ihn einsperrte, ihn an der Freiheit und am Fliegen hinderte, nicht so einfach hinter sich lassen. Das war einer der Gründe, warum Neji sich selbst hasste.
 

Die Szene war erschreckend gewesen und der Schrecken war selbst dann noch nicht zu Ende, als Neji verschwunden war.

Shikamaru erhob sich, langsam, als überlege er noch, was jetzt das richtige Handeln war. Er stellte sich vor Hiashi, aufrecht, aber nicht überlegen und trotzdem schaffte er es, stolz zu wirken.

Vermutlich hatte Shikamaru mehr verstanden, als Temari.

„Das Eindringen in Ihr Haus war nicht richtig, Sir. Es wir nicht wieder vorkommen“, sagte er direkt und ohne Umschweife. Die perfekte Wortwahl. Sagte nicht zu wenig, aber auch nicht zu viel.

Kurz drehte er sich noch zu Hinata um. „Sorry, dass wir dich erschreckt haben.“

„Schon… gut“, murmelte Hinata, sie war kreidebleich.

Erst ganz zum Schluss wandte er sich noch an Temari. „Sehen wir uns noch?“

„Klar“, meinte sie schlicht. Damit war genug gesagt.

Shikamaru nickte Hiashi Hyuga zu und ging, nahm den gleichen Weg, den auch Neji gegangen war.

Temari jedoch blieb, sah regungslos auf das Bild von Vater und Tochter, die sich anstarrten wie Wachsfiguren, beinahe leblos. Es konnte nicht lange so gut gehen. Aber dass Hinata zuerst sprechen würde, hätte Temari nicht gedacht.

„Das war nicht richtig, Vater“, sagte sie, so leise, dass Temari sie kaum verstand.

Hiashi schien aus seiner Starre zu erwachen und er blickte seine Tochter an, als wäre sie etwas Fremdes, Unbekanntes, Ungewolltes.

„Du hast nichts zu sagen, Hinata“, antwortete er mit fester Stimme. Genauso hart und kalt wie zuvor bei Neji.

„Doch, das habe ich.“ Es war erstaunlich, wie viel Mut die zierliche Hyuga auf einmal zeigte. Traute man ihr gar nicht zu. „Auch, wenn du es nicht wahrhaben willst.“

In Hiashis Augen blitzten wieder Wut und Verachtung hervor, genauso wie erst wenige Minuten zuvor.

„Willst du dich gegen mich auflehnen?“, fragte Hiashi.

Temari sah das Zittern, das von Hinata Besitz ergriff, als sie antwortete. „Wenn es nötig ist.“

Lange Zeit schwiegen beide, sahen sich an und sahen sich nicht. Temari begriff, dass die Familie Hyuga noch viel zerbrochener war, als ihre eigene.

Ein wenig Verlassenheit schlich sich nun in Hiashis Augen, vermengte sich mit Wut und Zorn und Verachtung. Aber es war viel zu wenig, um wirklich etwas verändern zu können.

„Du bist meine Tochter, Hinata. Du bist die Erbin des Hyuga-Imperiums. Und du hast mir zu gehorchen.“

Hinata zuckte zusammen, wich jedoch nicht zurück.

„Es geht immer nur um das Imperium der Hyugas“, sagte sie bitter. „Wann siehst du es endlich ein, Vater? Manchmal ist das nicht wichtig. Manchmal muss man auf andere Dinge hören. Und du musst endlich begreifen, dass es unwichtig ist, aus welcher gesellschaftlichen Schicht man stammt.“

War das immer noch die Hinata, die beim Essen herumgestottert hatte? Die über ihre eigenen Worte gestolpert war?

Hiashi erwiderte nichts, sein Blick war kalt und leer. Er ging schweigend, aber sein Abgang war stolzer, ungebeugter und beeindruckender, als der Nejis es je sein würde.

Erst als die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, blickte Hinata wieder zu Temari.

„Ich wollte nicht… du solltest nie… es tut mir leid…“

Temari schüttelte den Kopf.

„Warum stammelst du jetzt wieder so herum?“, fragte sie ernst. „Das war gerade sehr mutig.“

Traurig lächelte Hinata.

„Nein, das war es nicht. Es war dumm und unüberlegt. Ich habe genau das getan, was man nie tun sollte: Vater reizen, wenn er ohnehin schon wütend ist.“

Ein Schulterzucken war die Antwort.

„Na und?“, fragte Temari. „Du hast nur getan, was du für richtig gehalten hast.“

Hinata seufzte und ließ sich zu Temari aufs Bett sinken.

„Die Verhältnisse in dieser Familie sind kompliziert.“

„Das sind sie in jeder Familie.“

„Ja, vermutlich. Aber… du hast es gesehen…“

„Das habe ich“, bestätigte Temari nachdrücklich. Sie dachte kurz nach, bevor sie weiter sprach. „Neji entstammt also diesem ‚Unterhaus’, richtig? Und dieses wird vom Oberhaus unterdrückt. Mal ganz abgesehen davon, dass sich das hier total in dummen Traditionen verrennt und sich augenscheinlich niemand groß dagegen wehrt… hast du das gerade getan, oder? Du hast dich gewehrt. Du hast Dinge gesagt, die deinem Vater nicht gepasst haben. Anders als Neji, der vor deinem Vater sowieso nichts sagen darf. Aber du hast dich für ihn eingesetzt. Deshalb bist du im Internat, nicht wahr? Weil du deinem Vater im Weg stehst mit deiner Meinung. Weil er dich wegen dieser Meinung für schwach und zu weich hält. Dabei bist du eigentlich unglaublich stark, Hinata.“
 

Shikamaru stand im Türrahmen und beobachtete, wie sein bester Freund auf dieses kleine Buch starrte. Der Umschlag war himmelblau und das Werk war anscheinend schon ziemlich abgegriffen, so viel konnte Shikamaru erkennen. Es lag aufgeschlagen auf Nejis Schoß. Von Neji selbst konnte man nicht viel sehen, er saß leicht nach vorn übergebeugt auf seinem Bett, sein Haar fiel wie ein Vorhang über sein Gesicht und wie ein Vorhang verdeckte er auch alles, was sich dahinter abspielte.

Shikamaru war immer nur der Beobachter gewesen, der Zuschauer. Es lag ihm nicht, in das Geschehen einzugreifen, zu verändern oder gar wirklich mitzuspielen. Er sah lieber zu, er mischte sich nicht in anderer Leute Angelegenheiten. Vielleicht war es das, was ihn für einige mehr, für andere weniger sympathisch machte. Einige schätzten diese Eigenschaft, andere hielten sie für übertrieben, vielleicht für unnötig, abschätzend. Aber Shikamaru war es egal, was andere über ihn dachten. War es immer schon gewesen. Er war nun einmal der Beobachter, er wollte sich gar nicht einmischen. Jedoch hier, in dieser Situation, wurde er unsicher. War es richtig, immer nur der Beobachter zu sein? Sollte er nicht doch lieber etwas tun, irgendetwas?

Neji begann zu zittern. Es war kein Weinen, das wusste Shikamaru. Neji weinte nicht, niemals. Er wollte, konnte und durfte nicht. Dieses Zittern, dieses Beben, das seinen Körper in Wellen erschütterte, ganz leicht nur, glich eher einem inneren Aufbäumen. Einem stillen Schrei. Einer stummen Träne. Neji war kein Mensch, der seine Gefühle preisgab. Er behielt sie für sich, im Stillschweigen, fraß in sich hinein und er wollte es auch nicht anders. Darum war dieser stille Ausdruck, das Zittern, schon mehr Gefühl, als Shikamaru je von seinem besten Freund gesehen hatte.

„Dad hat sie auf einer Geschäftsreise kennen gelernt.“

Die Worte waren leise, aber deutlich. Und auch in ihnen verbarg sich ein kaum hörbares Zittern.

Shikamaru war nicht überrascht, dass Neji ihn bemerkt hatte. Sie kannten sich schon zu lange.

„Irgendwo in Amerika, Ostküste. Boston, New York, irgendwo da, ich weiß es nicht mehr genau. Sie war Sängerin in einem Club. Kein Nachtclub oder so, sondern ein richtiger Nobelschuppen, ein Restaurant. Er hat mal erzählt, er hätte sie singen gehört und sich in ihre Stimme verliebt. Nur in ihre Stimme. Schon verrückt, nicht?“

Shikamaru beantwortete die Frage nicht. Wie auch? Er wusste ja selbst nicht viel davon. Von der Liebe. Aber er musste es auch nicht.

„Und dann ist er jeden Tag gekommen, jeden Abend. Nur um sie zu hören. Aber er hat nicht den Mut gefunden, sie anzusprechen. Dabei ist er doch sonst so… furchtlos. Am Ende hat doch tatsächlich sie ihn angesprochen. Wollte mit dem Mann sprechen, der sie jeden Abend aus der Ferne anhimmelt. Und da hat es dann richtig gefunkt, glaube ich. Zumindest hat Dad das immer so erzählt. Sie haben sich getroffen. Immer und immer wieder. In diesem Club oder in anderen Restaurants, sie sind tanzen gegangen, oder in den Park.

Aber irgendwann war eben auch diese Geschäftsreise zu Ende, er konnte ja nicht ewig bleiben. Das hat er ihr auch gesagt. Er hat gedacht, sie würde in Tränen ausbrechen oder ihn beschimpfen oder sonst irgendwas machen. Aber so war sie nicht. So war sie nie. So… feminin. Sie hat gerne blöde Witze gerissen, sie hat Shoppen gehasst und Sport geliebt. Und das Singen natürlich. Und da, als er ihr sagte, er müsse bald gehen, da hat sie gelacht. Und gesagt, sie bräuchte auch mal wieder einen Tapetenwechsel. Und Dad… na ja… da haben sie sich angeblich zum ersten Mal geküsst. Und Dad hat sie mitgenommen. Hierher. Natürlich war niemand besonders begeistert. Sie war schließlich nur eine Sängerin aus Übersee. Nichts Besonderes. Nicht gut genug, selbst für jemanden wie… ihn. Aber sie muss wunderbar gewesen sein. Sie war wunderbar. Sie hat es ihnen gezeigt!“

Shikamaru glaubte, ein Lächeln zu sehen. Ein bittersüßes Lächeln.

„Und sie haben geheiratet. Obwohl alle dagegen waren. Ganz schlicht nur, aber mit allen aus der Familie. Und dann ist sie schwanger geworden. Sie waren glücklich, sie beide waren glücklich. Und dann wurde ich geboren. Muss ein ziemlicher Schock für die Familie gewesen sein.“

Es klang bitter.

Eine Weile schwieg Neji, als er weiter sprach klang seine Stimme erstickter.

„Ich kann mich noch so gut an sie erinnern. An ihren Duft, ihre Augen, ihre Bewegungen, ihre Stimme. Besonders an ihre Stimme. Sie hat die ganze Zeit gesungen, den ganzen Tag. Sogar ihr Lachen klang wie eine Melodie. Und sie hat immer versucht, mich auch zum Singen zu bewegen. Hat mir Notenlesen beigebracht und diese ganze Theorie. Aber weiter ist sie nicht gekommen, da habe ich mich geweigert.“

Fast konnte Shikamaru ihn lächeln sehen, durch den Haarvorhang hindurch.

„Aber… es war in der Kirche. Sie sang im Chor, zum Spaß nur, sie war viel zu gut dafür. Und dann… war plötzlich ihre Stimme weg, einfach weg. Sie ist zum Arzt und der hat gesagt, dass sie… dass sie Krebs hat. Am Kehlkopf. Sie hat ewig lange nicht gesungen. Ich glaube, das war das Schlimmste. Dass sie nicht singen konnte. Sie wurde operiert, hatte dann so ein Loch im Hals, selbst Essen und Trinken war schwer. Es war eine schlimme Zeit, natürlich, aber es ging vorbei. Es ging vorbei und sie erschien wieder gesund. Wieder gesund.“

Das Zittern wurde so stark, dass das Buch von Nejis Schoß herunterfiel und mit einem, die Stille zerreißenden Geräusch auf den Boden knallte. Ein Foto glitt zwischen den Seiten hervor. Shikamaru konnte eine Frau erkennen. Sie hatte kurzes, strubbeliges, dunkelbraunes Haar, ein fein geschnittenes, ovales Gesicht, aus dem grün-blaue Augen hervorblitzten und leicht abstehende Ohren. Sie lachte und entblößte einen kleinen, silbernen Stein auf ihrem rechten Schneidezahn, auf ihrer Schulter war ein Teil einer Tätowierung zu sehen, die sich auf dem Rücken fortsetzte. Sie war noch ziemlich jung und wohl auch wild gewesen. Und vor allem schön, auf ihre ganz eigene Weise. Neji sah ihr überhaupt nicht ähnlich.

„Als ich… neun war, vielleicht auch zehn, da… da ist der Krebs wiedergekommen. Aber dieses Mal war es in ihrer Brust und… eigentlich ist er nicht wiedergekommen, der Tumor war die ganze Zeit schon da, sie haben es nur nicht gesehen… ich hab mich noch monatelang gefragt, wie die Ärzte so etwas übersehen konnten. Ich frage es mich heute noch.“

Am liebsten hätte Shikamaru die Zeit zurückgedreht und wäre einfach unwissend geblieben. Er wollte es nicht mehr hören. Noch nie hatte Neji so viel von sich erzählt, von seiner Vergangenheit, die er sonst in eisiges Schweigen hüllte. Und vermutlich hatte er noch nie mit jemandem darüber geredet. Aber irgendwann musste es nun mal raus. Und Shikamaru war eben gerade da, um zuzuhören. Und er würde weiterhin zuhören, einfach nur, um da zu sein.

„Ich… ich war fast elf, als sie starb. Am 20. Mai. Sie hat geschlafen. Und sie hat eben einfach etwas länger geschlafen.“

Zum ersten Mal strich Neji sich das Haar aus dem Gesicht und sah Shikamaru an, sah ihn direkt an. Seine Augen waren gerötet, er weinte. Neji weinte. Stumm allerdings, ohne jegliche Schluchzer. Die Tränen kamen einfach, schienen nicht aufhören zu wollen. Shikamaru hatte ihn noch nie weinen sehen.

„Ich hab mir das Singen selbst beigebracht. Mit dem Buch. Sie hat es mir mal geschenkt und ich dachte, sie wäre vielleicht noch irgendwie in dem Buch, ihre Seele oder so was. Und ich hab mir vorgestellt, wie sie mich unterrichtet, durch das Buch.“

Neji wandte wieder den Kopf ab, sah zum Fenster hinaus.

„Sie wollte immer, dass ich singe. Deshalb habe ich damit angefangen. Aber ich habe es geheim gehalten. Vor Vater, vor meinem Onkel, vor allen. Nur Hinata wusste davon. Sie hat mich mal… erwischt. Beim Üben. Aber sie hat nichts gesagt, sie hatte Angst. Ist eingeschüchtert, verschreckt. Bis heute wusste es niemand. “

Shikamaru unterdrückte ein Lächeln. Das war wieder der Neji, den er kannte. Mit einem verächtlichen Tonfall und viel zu viel Hochmut. Wenn auch die Tränen dieses Bild etwas zerstörten.

„Ich habe sie sehr… geliebt“, murmelte Neji. „Ich habe sie so vergöttert.“
 

**********
 

Die Idee dazu kam mir schon vor einer ganzen Weile und wie immer ziemlich spontan. Trotzdem fiel es mir ziemlich schwer, besonders der Teil mit Hiashi. Dafür war der letzte Abschnitt über Nejis Mutter wieder sehr leicht.
 

Ich hoffe, die Neji-Fans da draußen bringen mich jetzt nicht um für das, was ich Neji da antue. Und noch antun werde…
 

Man liest sich!

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Kommentare zu diesem Kapitel (13)
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Von: abgemeldet
2008-08-08T16:40:36+00:00 08.08.2008 18:40
Oha wie gehts denn hiashi ab? -.-
der soll mal ganz schnell die klappe halten, find ich!
das hinata sich etwas gegen ihn aufgelehnt hat ist richtig so!
Man muss solche leute echt von ihrem hohen ross holen!
Neji tut mir leid! Aber naja das Leben ist nunmal echt nicht fair..

LG
Von: abgemeldet
2008-03-29T00:22:54+00:00 29.03.2008 01:22
*schluchz*
Die Szene mit Neji war echt traurig *Tränen aus den Augen wisch*
Das Kapi hat mir wieder mal total gut gefallen.
Ich weiß gar nicht, welche Stelle mir am besten gefallen hat, da waren so viele!
Besonders gut gefallen hat mir Hinata, als sie sich dann doch ein bisschen aufgelehnt hat. Das war echt mutig von ihr.
Und das mit Neji fand ich einfach nur toll. Ehrlich, ich hatte echt Tränen in den Augen.
Freu mich schon total auf das nächste Kapitel.
Mfg Jo
Von: abgemeldet
2008-03-28T18:47:22+00:00 28.03.2008 19:47
mal wieder sehr gelungen...^^
die gelingen dir ja immer...^^
Sasusaku rückt näher...*freuzz*
Schreib schnell weiter!

lg Sayuri_chan7
Von: abgemeldet
2008-03-28T17:31:56+00:00 28.03.2008 18:31
wow... Du hast diese eigentlich ziemlich traurige und dramatische Sache ziemlich schön rüber gebracht...
Dafür erstmal Respekt^^
Die Geschichte von Neji ist echt bedrückend und das Neji geweint hat, fand ich war klar... Wenn man seine traurige Vergangenheit vorgeführt kriegt und sie auch noch selbst erzählt, dann ist da nichts anderes zu erwarten.
Ich fand es toll, als Hinata sich gegen ihren Vater aufgelehnt hat, ich mag das, wenn sie alle überrascht.^^
Joa ich freu mich schon aufs nächste Kapitel^^
Bis denne
Bussel Chandiny

Von:  zuckerherz
2008-03-28T13:12:19+00:00 28.03.2008 14:12
der arme Neji!!!
Der kann einem ja richtig Leid tun!!!!
Und der doofe hiashi!!!
Ich konnt den noch nie leiden!
Egal ob im Manga oda sonst wo!!!
der kann doch nicht einfach den Neji schlagen!!!
Das geht doch nicht >.<
mein armer Neji!!!

Aber hat mir echt gut gefallen^^
freu mich schona ufs nächste Kapi^^
bye bye Ten
Von:  breathe
2008-03-28T12:17:14+00:00 28.03.2008 13:17
oh man .. so schön & vorallem trauriq das kappii +heul+ ..
ich war echt fast am heulen danach .. er tut mir so sea leid :( ..
aba das du ihn heulen lässt .. ich weiß nich i-wie find ich das süüß XD
aba hinata qefällt mir mutiq echt besser ;) ..

& das mit der kette & sakura find ich auch echt toll .. tja wir werden yah dann sehn von wem sie is .. ;D

also schreib schnell weiter .. ich freu mich schon soo sea aufs nächste kappi :) ..
wäre nett wenn du wieda ne ENS schicken könntest :) ..

+knuddel+ .. sternchen =)
Von:  Emelie
2008-03-27T19:44:53+00:00 27.03.2008 20:44
wieso? ich,und ich bin bekanntlich Neji-süchtig,find das toll wie er über seine Mama spricht *flenn*
aber jetzt sollte Shika verstehen,warum Neji da net rein wollte!
BOAH also wenn ich an Nejis Stelle Hiashi gegenüber gestanden hätte,ich wär ausgetickt und hätte versucht zurückzuschlagen -_-'
Aber dieses Kapitel is echt genial,mein erklärtes Lieblingskapitel^^
weiter so ^-^
*knuddelz*
dat Emelie
Von:  Hangeng
2008-03-27T19:38:40+00:00 27.03.2008 20:38
Haii ink^^
ich finde das kapi voll schön... ich meine, du hast so rührend geschrieben, und hiaschi ist so ein arsch... aber hina hat sich endlich gewehrt... ich finde irgendwie dass mich diese frau, nejis mutter, an tenten erinnert. *sich fragt...* sollte das vielleicht sein was wir denken sollten? ich weiß es nicht, vielleicht interpretiere ich zuviel da hinein, doch sie erinnert mich wrklich an tenten... ich weiß nicht so ganz warum, es ist einfach so.

endlich hat neji sich geöffnet. und ich finde genau dem richtigen, shikamaru ist doch perfekt dafür. irgendwann, wenn die zeit gekommen ist, wird neji es auch tenten erzhlen, sicherlich. bin sehr gespannt auf das alles. du hast schon wieder sowas schönes geschrieben, und die länge war toll. machst du weiterhin so schön lange kapitel?? wäre voll schön.

danke für die ens^^ *schoko-osterhasen nachträglich zu ostern hinstell*

liebe grüße, mach weiter so, akii-chan
Von:  puffi-sama
2008-03-27T19:01:31+00:00 27.03.2008 20:01
wow.. *tränen in den augen hat* *sniff* man war das traurig.. aber voll schön das chap..

so hab ich mir hiashi immer vorgestellt, kalt, herzlos eben ein a****.. tjoa.. echt voll genial geschrieben auch des mit dem vogel im käfig..

schreib weiter so^^ bis zum nächsten chap

die_gefallene
Von:  death-angel
2008-03-27T18:47:02+00:00 27.03.2008 19:47
wow soo dramatisch und traurig
einfach klasse!!
kapi war der Hammer
freu mich wenns weitergeht
lg schnuckal


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