Zum Inhalt der Seite

The Different Ways of Love

oder: Weil die Liebe verschiedene Wege geht... ShikaxTema//NaruxHina//NejixTen//SasuxSaku//InoxSai *Kapitel 33 on*
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Gefühlschaos

Gefühlschaos
 


 

Das Geschenk lag unter der kleinen Tanne. Sakura versuchte, es zu ignorieren, aber sie erwischte sich immer wieder dabei, wie sie zu dem blauen Päckchen hinüberschielte. Zwei Fragen schwirrten in ihrem Kopf herum, wie lästige Stechmücken: Was war in dem Päckchen? Wer hat es gebracht?

Und Sakura ärgerte sich darüber, dass sie auf beides noch keine Antwort hatte. Sie hatte das Paket gedreht und gewendet, geschüttelt und gedrückt, hatte gehört und gelinst. Aber nichts hatte ihr ein Ergebnis gebracht.

Einen Trost gab es allerdings: Nach dem Essen würde sie das Geschenk auspacken und dann zumindest eine Frage beantworten können. Unter der Bedingung, dass Ten Ten endlich zu Ende geschmollt hatte. Alleine würde sie garantiert nicht Weihnachten feiern!

„Ten?“, rief Sakura die Treppe hinauf. „Kommst du runter?“

Keine Antwort.

Sakura seufzte und verfluchte mehrmals ihre Freundin und sich selbst.

//Sie ist genauso ein Sturkopf, wie ich!//

Dann schritt sie die Treppe hinauf, betont langsam, vielleicht kam Ten Ten ja doch von selbst. Doch gleichzeitig wusste sie, dass alle Hoffnung umsonst sein würde.

„Ten! Komm raus!“ Sakura klopfte an die Zimmertür und trat dann ohne Abzuwarten einfach ein.

Ten Ten saß halb, lag halb auf dem riesigen Sitzkissen, stierte verbissen ihre Augenlider von innen an und hatte die Musik aus ihrem MP3-Player so laut aufgedreht, dass Sakura den Text in vier Metern Entfernung hätte mitsingen können. Kein Wunder, dass sie Sakura nicht hörte.

Das Mädchen ging energisch auf Ten Ten zu, riss ihr einen Stöpsel aus dem Ohr und brüllte: „ESSEN IST FERTIG!!!“

Ten Ten zuckte heftig zusammen und konnte nur mit Mühe einen Schreckensschrei herunterschlucken, der dann zu einem Hustenanfall mutierte.

Sakura klopfte ihrer Freundin also erst einmal kräftig auf den Rücken und verkniff sich jegliche sonstige Kommentare, bevor Ten Ten nicht wieder gleichmäßig atmen konnte, war sie ohnehin nicht ansprechbar.

„Was… sollte das… denn?“, krächzte Ten Ten, als sie wieder normal Luft holen konnte und rieb sich das ‚demolierte’ Ohr.

„Anders hättest du mich ja wohl nicht gehört“, meinte Sakura spöttisch.

Ten Ten verdrehte die Augen. „Du hättest dir nicht solche Mühe geben müssen“, entgegnete sie. „Ich hab keinen Hunger.“

„Und ich hab keine Lust, dich die ganzen restlichen Weihnachtsferien mit schlechter Laune ertragen zu müssen. Und ich will nicht alleine feiern!“

Ten Ten sprang auf und funkelte Sakura wütend von oben herab an.

„Ich! Ich! Ich!“, rief sie. „Es geht immer nur um dich, Sakura! Immer muss sich alles um dich drehen! Immer denkst du, du hättest Recht. Oh, allwissende Sakura Haruno, du bist so viel besser und größer und gütiger, als ich armes, kleines, unscheinbares Mädchen!“ Ihr Ton war mehr als nur gereizt und triefte nur so vor Sarkasmus.

Sakura sprang jetzt auch auf.

„Ach, so ist das?“, brüllte sie und ballte die Hände zu Fäusten. „So denkst du also von mir?“

Ten Ten schnaubte.

„Nicht nur ich!“, tobte sie. „Jeder denkt so! Du musst dich immer einmischen, willst immer alles besser wissen, immer allen helfen!“ Sie betonte das letzte Wort extra.

„Was denkt ihr denn noch so über mich?“

„Du bist hältst dich für etwas Besseres! Du denkst, alle Jungs fahren auf dich ab! Aber das stimmt nicht.“

Sakura holte tief Luft, um etwas zu erwidern, doch Ten Ten ließ sie erst gar nicht zu Wort kommen.

„Das ist Inos Part, Sakura! Ino ist hier die Superschlampe! Die Schulschönheit! Aber in einer Sache übertriffst du Ino um Längen…“ Sie machte eine eindrucksvolle Pause und fuhr dann so ruhig fort, als säßen sie bei Kaffee und Kuchen. „Und das ist deine Blondheit!“ (nur so: ich hab nix gegen Blonde, ich bin selber eine ^^)

Fast wären bei Sakura die Sicherungen jetzt vollkommen durchgebrannt, aber sie beherrschte sich. Gerade noch so. Ihre Hände zuckten, ihre Augen blitzten.

„So ist das?“, zischte sie, angriffslustig wie nie. „Wenn das deine Meinung ist, Ten Ten, dann renn doch in dein Verderben mit Neji Hyuga! Ich werde dir ab jetzt auch nicht mehr im Weg stehen! Ich habe meine eigenen Probleme!“

Damit rauschte sie hinaus, hörte wie Ten Ten ihr hinterherlief und schrie: „Du tust es schon wieder, Sakura!“

Ohne weiter nachzudenken stürmte Sakura zum Weihnachtsbaum, packte sich das blaue Päckchen, zog sich Jacke und Schuhe an und jagte aus dem Haus.
 

Ihre Kopfhaut juckte. Das war kein gutes Zeichen, dessen war Temari sich bewusst. Dafür gab es nur zwei mögliche Erklärungen: Entweder zog ein Sturm auf, oder jemand, den sie gern hatte, war in Schwierigkeiten. Und beides machte Temari Sorgen.

Ihre Brüder hatten sie früher immer als eine ‚wandelnde Wettervorhersage’ betitelt – bis zu dem Zeitpunkt, als sie entdeckt hatte, dass Fächer auch hervorragende Waffen abgaben.

Anscheinend war ihre Kopfhaut ein Teil ihrer eingebauten Wetterstation und in manchen Fällen durchaus praktisch, aber dafür auch immer wieder sorgenerzeugend. So auch in diesem Fall. Denn Temari wusste, dass Gaara und Kankuro bei ihren Eltern zu Hause Weihnachten verbrachten und hatte deshalb schon ein schlechtes Gewissen gehabt. Sie sollte unbedingt mal bei ihnen anrufen.

„Hina? Kann ich mal euer Telefon benutzen?“

Hinata trug eine schlichte, weiße Bluse mit schwarzen Stickereien und eine einfache, wenn auch sehr teure, schwarze Jeans. Sie band sich gerade die, seit dem Sommer etwas länger gewachsenen Haare zu einem Pferdeschwanz, als Temari in ihr Zimmer platzte.

„Natürlich“, sagte Hinata ruhig. „Nach dem Essen?“

„Danke.“ Temari war ehrlich erleichtert. So würde sie vielleicht in Erfahrung bringen, was ihre Kopfhaut zum Jucken brachte. Oder war es vielleicht doch nur ein herannahender Sturm?

„Du siehst hübsch aus“, meinte Hinata und lächelte, scheu wie immer.

Tatsächlich hatte Temari, einem Rat Hinatas folgend, auch etwas edlere Klamotten eingepackt. Auch wenn sie sich in der schwarzen Bluse, die bis oben hin zugeknöpft war und in dem schmucklosen, dunklen Rock eher wie auf dem Weg zu einer Trauerfeier fühlte, sah sie doch ganz schick aus. Einfach, aber edel, so lautete wohl die Devise.

„Du auch“, gab Temari das Kompliment zurück. Eine Weile lang starrten die zwei Mädchen sich an, dann lächelte Hinata, schüttelte kichernd den Kopf und auf Temaris Gesicht schlich sich ein breites Grinsen.

„Denkst du auch, was ich denke?“, fragte Hinata glucksend.

„Dass ich mich fühle, als wäre ich zu einer Beerdigung eingeladen, oder das andere?“

„Vermutlich beides.“

Temari lachte auf. „Ino würde jetzt die Nase rümpfen…“

„… sich die Haare raufen und ganz laut schreien…“, setzte Hinata fort und dann fiel Temari mit ein: „… ‚Hilfe! Hier wird gerade gesündigt!“
 

Nur eine halbe Stunde später war Hinata nicht mehr zum Lachen zu Mute. Sie saß mit ihrer Familie und natürlich Temari an einer riesigen, gedeckten Tafel und starrte mit eisernem Gesichtsausdruck die Serviettenhalter an. Manchmal wünschte sie sich, Weihnachten wie eine ganz gewöhnliche Familie feiern zu können. Mit einem leicht überladenen Tannenbaum mit elektrischen Kerzen, damit die Katze sich nicht verbrannte, und einem gemütlichen Essen, bei dem gelacht und geredet und vielleicht sogar gesungen wurde.

Aber das würde für eine Hyuga vermutlich ewig ein Wunschtraum bleiben.

Über dem Tisch hing ein glitzernder Kronleuchter, dessen Licht nur spärlich die gedrückte Stimmung erwärmen konnte. Auf der schneeweißen Tischdecke war Geschirr für ein Drei-Gänge-Menü angerichtet worden und am Weihnachtsbaum im Hintergrund hingen genau richtig portioniert die blauen und silbernen Kugeln, umrahmt vom Licht der echten Kerze, denn die Hyugas hatten keine Katze – oder zumindest keine, die ins Haupthaus durfte.

Neben Hinata saß Temari, ebenfalls sehr aufrecht und ungewöhnlich ernst. Ihr gegenüber thronte Hanabi, als wäre sie die Königin der Welt und starrte Temari so verbissen an, als wollte sie ihre Gedanken lesen. Und neben ihrer kleinen Schwester saß wiederum ihre Mutter. Frau Hyuga war ohne Zweifel schön, allerdings auf ihre ganz eigene Art und Weise, um die Hinata sie fast ein wenig beneidete. Ihr Haar fiel ihr in dunklen Wogen über den Rücken, der sanft violette Hosenanzug betonte ihre Figur perfekt und die ebenmäßigen Züge ihres Gesichts strahlten selbst im kühlen Licht des Raumes. Aber am besten gefielen Hinata die Augen ihrer Mutter. Sie waren nicht weiß, wie die ihrer Tochter, sondern funkelten in einem warmen Braun. Sie war eine sehr ruhige Frau, aber dennoch strahlte sie eine unzweifelhafte Würde aus. Hinata ahnte, warum ihr Vater sich ausgerechnet in sie verliebt hatte.

Hiashi Hyuga selbst saß am Kopfende des Tisches und er wirkte wie das genaue Gegenteil seiner Frau. Kalt, abweisend und streng. In seinem weißen Blick lag nichts von der Güte der Mutter, um seinen Mund schien sich nie auch nur das kleinste Lächeln zu bilden. Und wenn, dann galt es sicher nicht seiner Erstgeborenen.

„Nun.“ Hiashi räusperte sich leicht und wandte dann den Blick zu Temari. „Meine Tochter hat mir nie von Ihnen erzählt, Miss…?“

Es sollte wohl höflich wirken, aber in Hinatas Innerem zog sich etwas schmerzhaft zusammen. Er redete, als wäre sie nicht anwesend. Und außerdem: Wie sollte sie etwas erzählen, wenn sie nie zu Hause war? Oder nur mal mit ihrer Mutter telefonierte?

„Das liegt wohl daran, dass ich erst seit diesem Sommer die Schule besuche.“ Es war erstaunlich, wie sicher Temari mit Herrn Hyuga redete. Wie gewählt ihre Worte waren… „Und mein Name ist Temari Sabakuno, Sir.“

Hiashi hob kurz eine Augenbraue.

„Sabakuno? Ist Ihr Vater zufällig…“

„Mein Vater ist ein angesehener Politiker und Bürgermeister meiner Heimatstadt“, erklärte Temari sachlich. „Übrigens möchte ich mich noch einmal herzlich für Ihre Einladung bedanken.“

Hinata erkannte den leicht energischen Unterton und wusste, dass Temari diese Unerhaltung so zwar etwas abrupt, aber einigermaßen höflich für beendet erklärt hatte.

Hiashi runzelte die Stirn, kam aber nicht dazu, noch etwas zu erwidern, denn in diesem Moment kamen einige Angestellte mit großen Schüsseln herbei und das weihnachtliche Festmahl konnte beginnen.

Eine Weile lang herrschte Stille, nur durchbrochen vom Geklapper des Bestecks in den Schüsseln.

„In der Schule läuft alles gut, Mädchen?“

Hinata zuckte kurz zusammen, als die weiche, aber feste Stimme ihrer Mutter das Schweigen brach, doch Hanabi ging sofort darauf ein.

„Der Geschichtsunterricht ist miserabel“, sagte sie. „Die Lehrerin hat die Klasse nicht unter Kontrolle, die tanzen auf den Tischen. Aber Sport ist phänomenal! Durch die Einnahmen beim Weihnachtsmarkt konnte wir neue Geräte kaufen.“

Da sprach die Klassensprecherin. Die Musterschülerin. Hinata hoffte, dass sie mit fünfzehn nicht auch so streberhaft gewesen war. Obwohl… irgendwie veränderte sich ihre kleine Schwester schon etwas. Vielleicht lag es nur an der Pubertät?

„Sehr schön“, meinte Hiashi und nickte zufrieden.

„Was ist mit dir, Hinata?“

Wieder zuckte sie zusammen.

„Ni-nichts beson… nichts Besonderes, Ma“, murmelte Hinata und starrte in ihre Suppe.

„Sieh deine Mutter an, wenn du mit ihr sprichst!“, herrschte ihr Vater sie an und Hinatas Kopf schoss in die Höhe.

„Es war nichts… nichts Besonderes los, Ma“, wiederholte sie, leicht zittrig.

„Red nicht so einen Unsinn!“

Überrascht sah Hinata Temari an, die sie leicht ärgerlich anfunkelte.

„Hinata hat den besten Aufsatz der Klasse geschrieben. Bei einem sehr schwierigen Thema! Selbst das Genie in unserer Klasse – das Genie, das nicht den ganzen Schultag verschläft – war um eine Viertelnote schlechter!“

Hinatas Herz schlug ihr bis zum Hals. Nicht wegen des Komplimentes, sondern weil sie ahnte, auf welches Fiasko diese Unterhaltung zusteuerte.

„Und wer ist dieses Genie?“, hakte Hiashi nach. Sein Blick war bei dieser Nachricht eine winzige Nuance wärmer geworden, doch Hinata wusste, dass das nicht lange anhalten würde.

Temari machte gerade den Mund auf, um zu antworten, als sie ihr zuvorkam.

„Sasuke Uchiha, Vater!“

Temaris Mund klappte wieder zu und sie runzelte die Stirn.

//Bitte, lieber Gott! Mach, dass sie es verstanden hat! Mach, dass sie ihre Meinung zurückhält, nur dieses eine Mal…!//

„Was redest du da, Hina?“

Hinata flehte innerlich, versuchte, Temari wissen zu lassen, dass sie es nicht sagen sollte. Nur dieses eine Mal! Sonst…

„Uchiha ist in Aufsätzen eine Naturkatastrophe! Das sagt Sakura, das sagen alle!“, meinte Temari und verstand anscheinend nicht. Warum verstand sie ausgerechnet jetzt nicht? Normalerweise war sie doch auch nicht auf den Kopf gefallen.

„Es war Neji, Sir. Neji Hyu…“

Erst jetzt schien Temari zu verstehen, aber es war schon zu spät.

Hinata sah ihren Vater nicht an, versuchte, jemand anderen anzusehen. Hanabi schloss mit einem leisen Seufzer die Augen, anscheinend kämpfte sie gegen den Zwang an, den Kopf auf die Tischplatte fallen zu lassen.

Und ihre Mutter umklammerte mit eiserner Entschlossenheit ihr Besteck, als wollte sie sich für den Kampf rüsten.

„Hiashi, bitte…“, murmelte sie eindrücklich, lächelte zwanghaft.

Doch ihr Mann war schon langsam aufgestanden und marschierte fest entschlossenen Schrittes zur Tür.

„Die sollen sich gefälligst etwas mit dem Hauptgang beeilen!“, knurrte er und in seiner Stimme schwang Wut mit. Als die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, ging ein Aufatmen und gleichzeitig ein Stoßseufzer durch den Raum.

„Hina, ich wusste nicht…“, begann Temari, kaute nervös auf ihrer Unterlippe. „Das war total bescheuert von mir!“

„Machen Sie sich keinen Vorwurf“, entgegnete Frau Hyuga und lächelte nervös. „Er reagiert nur leicht… erzürnt, wenn der Name eines Mitglieds des Unterhauses fällt.“

„Leicht erzürnt?“ Hanabi schnaubte und endlich glaubte Hinata den Teenager zu sehen, der sie eigentlich war. „Er hat vor Wut gekocht!“

Hinata sagte nichts, spürte nur Temaris Blick auf sich ruhen.

„Was soll das heißen? ‚Unterhaus’?“
 

Seit Jahrhunderten schon existierte in der Familie Hyuga eine Art Rangordnung. Dem erstgeborenen Sohn wurde der größte Teil des Erbes vermacht – und das war nicht nur das Vermögen. Es bestand auch aus dem Ruhm und der Ehre, ein Hyuga zu sein und das Familienimperium zu führen. Da es immer nur einen Sohn gab, der den Namen Hyuga weitergeben konnte, gab es damit auch keinerlei Probleme, denn die Töchter des Hauses erhoben zuerst keinerlei Anspruch. Doch mit der Zeit der Emanzipation konnten bald auch Frauen das Unternehmen leiten.

Aber in solch einer Rangordnung gibt es auch immer Verlierer. Und diese waren in der Familie die jüngsten Kinder, insbesondere die Söhne. Sie waren Ausgestoßene der eigenen Verwandten, hatten keinerlei Anspruch auf das Erbe und zudem auch nie die nötige Aufmerksamkeit der Eltern. Und so konnte aus anfänglicher Bruderliebe Neid werden und aus Neid wurde in späteren Jahren Hass. Und wo Hass zuschlug, schlug Verachtung zurück. So wurden aus Brüdern erbitterte Feinde, allerdings im Stillen, denn kein Laut drang je an die Öffentlichkeit, für die Außenwelt war die Familie Hyuga eine Familie ohne Fehler, ohne Makel.

Aber Zeiten ändern sich und die Zeit der Hyugas änderte sich mit der Geburt der Zwillinge. Die Brüder Hiashi und Hizashi hatten nur wenige Minuten nacheinander das Licht der Welt erblickt, aber Hiashi war der Erstgeborene und somit der rechtmäßige Erbe. Waren sie in frühester Kindheit noch die besten Freunde, so änderte sich das bald und wie schon so viele Generationen zuvor, begann der junge Hizashi seinen Bruder zu beneiden und schließlich zu hassen. Aber Hizashi war niemand, der einfach stillschweigend zusah. Er gründete das so genannte ‚Unterhaus’ und wurde der persönliche Leibwächter seines Bruders. Doch der Hass blieb und die Dienstrolle des Unterhauses wurde schamlos ausgenutzt, wie auch schon in den unzähligen Generationen zuvor. Durch mehrere Umstände begann Hiashi seinen Bruder nicht nur seine Verachtung, sondern nun auch den wachsenden Hass seinerseits, spüren zu lassen – und nicht nur ihn…
 

Noch immer prasselte der Regen auf die Erde und Sakura war vollkommen durchweicht, aber sie spürte weder die Nässe, noch die Kälte, die sich durch ihre Klamotten fraß. In ihrem Kopf tobte ein einziges Chaos, wie ein riesiger Wirbelsturm.

Sie musste rennen, einfach nur rennen. Dabei mit dem Denken aufhören und nur wieder ruhig werden. Sie rannte über den riesigen Campus, lief fast eine volle Stunde, bis sie nicht mehr konnte. Aber die Wut war noch immer nicht verraucht.

Sakura sah sich um und fand sich vor den Wohnungen der Lehrer wieder. Doch sie schienen leer zu sein, immerhin war Weihnachten.

Am liebsten hätte Sakura ihre Wut in den Regen geschrieen und weil niemand in der Nähe zu sein schien, tat sie das auch. Sie schrie den Zorn, brüllte den Ärger in den schwarzen Himmel, bis ihre Stimme nachließ und selbst dann konnte sie mit dem Denken nicht aufhören. Zu tief saßen die Worte, die Ten Ten ihr an den Kopf geworfen hatte.

Du hältst dich für was Besseres!

Tat sie das wirklich? Und wie sollte sie sich diese Frage selbst beantworten, ohne dabei in ihren üblichen Hochmut und ihren Stolz zu verfallen.

„Aber wie heißt es so schön?“, murmelte Sakura und ließ sich auf eine er Bänke nieder, die auf dem ganzen Schulhof verteilt waren. „Hochmut kommt vor dem Fall, Sakura!“

Sie starrte in die dunkle, regenschwere Nacht hinauf und schloss schließlich die Augen, spürte nur noch die Tropfen auf ihrem Gesicht und fühlte eine Leere in sich aufsteigen.

Sollte sie zurückgehen und sich entschuldigen? Sollte sie Ten Ten ermutigen, Neji das Geschenk zu geben, selbst wenn es falsch war?

Sakura fluchte leise und vergrub das Gesicht in den Händen. Warum musste alles immer so schwer sein?

„Das ist nicht fair!“, rief sie verzweifelt.

„Das Leben ist nie fair, Süße.“

Sakura fuhr herum und stierte erschrocken auf die Person, die sich neben sie auf die Bank gesetzt hatte und leicht unbeteiligt Löcher in die Luft starrte.

„Herr… Herr Uchiha…“, stammelte Sakura und war mehr als froh, dass es dunkel war und er nicht erkennen konnte, wie sie rot wurde. „Entschuldigung… ich wollte nicht… ich weiß, dass ich nicht hier sein darf, das hier sind die Wohnungen der Lehrer… ich meine, ich gehe jetzt auch gleich, ich…“

Sakura stand auf und wandte sich schon zum Gehen, als sie spürte, wie jemand sehr bestimmt ihr Handgelenk umschloss.

„Kannst ruhig dableiben, ich verpetz dich schon nicht“, schmunzelte Itachi Uchiha.

„Ähm… danke, Herr Uchiha…“, murmelte Sakura unsicher und setzte sich wieder.

„Du kannst mich Itachi nennen. Immerhin… kennst du meinen Bruder jetzt schon sehr lange.“

Sakura wusste zuerst nicht, ob sie über das schwache Lächeln, das sie durch die Dunkelheit erkennen konnte, erleichtert sein sollte oder doch lieber verängstigt. Sie entschied sich für Ersteres, es gab schon genug Gefühlschaos in ihrem Inneren.

Eine Weile lang saßen sie schweigend nebeneinander, dann sprach Itachi: „Warum glaubst, dass es nicht fair ist? Das Leben?“

„Warum glauben Sie… Entschuldigung… Warum glaubst du, dass es nicht fair ist?“, entgegnete Sakura.

Itachi lachte leise.

„Egal, wie viel Glück man haben kann, es gibt immer einen Haken“, antwortete er nach einer kurzen Pause. „Und was ist jetzt mit dir?“

„Ich hab mich mit meiner Freundin gestritten und… wenn ich jetzt zu ihr gehe, dann ist sie vermutlich immer noch wütend auf mich, aber ich kann ihr doch nicht Recht geben, bei dem, was sie tun will, nur um mich wieder mit ihr zu vertragen!“ Die Worte sprudelten aus Sakura heraus, bevor sie es verhindern konnte und innerlich schlug sie sich die Hand vor die Stirn.

„Es… es tut mir Leid, Herr… Itachi… ich wollte… dich nicht damit belästigen, das ist mein Problem, ich…“, stotterte Sakura und brach dann ab. Es hatte sowieso keinen Sinn mehr.

„Schon in Ordnung, Sakura.“

Erstaunt sah Sakura ihn an. Mit dieser Reaktion hatte sie nicht gerechnet, immerhin war er ihr Lehrer… okay, Referendar, aber er unterrichtete und eigentlich mussten ihn die Probleme einer kleinen Schülerin nicht interessieren.

„Vielleicht ist es ganz gut, wenn deine Freundin ihre eigenen Erfahrungen macht“, meinte Itachi schlicht. „Auch wenn es nicht gut für sie ist, sie wird zumindest daraus lernen.“

„So wie ich sie kenne nicht!“, meinte Sakura und schlug sich jetzt wirklich die Hand vor die Stirn. Warum plauderte sie über die Gefühle ihrer Freundinnen mit einem Referendar?

Itachi lachte nur wieder kurz auf.

„Lass es drauf ankommen. Und… du weißt ja nicht, wie schnell manche Menschen ihre Meinung ändern können“, sagte er. „Da wird aus einer schlechten Entscheidung eine gute, aus rot wird blau, aus Freundschaft wird Liebe…“

„Das vergleichen Sie… vergleichst du mit Rot und Blau?“, fragte Sakura entgeistert. „Liebe ist etwas ganz anderes! Das ändert sich nicht so leicht, das sind tiefe Gefühle! Aus Hass wird genauso langsam Liebe, wie aus Freundschaft! Das braucht Zeit!“

//Liebe und Freundschaft. Freundschaft…//

Plötzlich fiel Sakura das Päckchen wieder ein, das immer noch im Inneren ihrer Jackentasche steckte. Sie spürte Itachis Blick auf sich, als sie es hervorkramte.

„Ein Weihnachtsgeschenk?“, fragte er verwundert. „Von wem ist es denn?“

„Keine Ahnung…“, murmelte Sakura. Dann hielt sie kurz inne. „Das heißt, eine Ahnung habe ich schon…“

„Ach?“

Sakura sah auf und Itachis Lächeln erinnerte sie mit einem Mal furchtbar an das Sasukes. Genauso spöttisch.

„Was ist?“, fragte sie und rückte etwas von ihm weg, misstrauisch. Erst jetzt bemerkte sie, wie nah er war. Aufdringlich.

„Warum machst du es nicht auf, dann hättest du vielleicht Gewissheit.“

„Jetzt?“ Sakura starrte in die Finsternis, spürte den Regen und zum ersten Mal auch die Kälte. „Hier?“

„Warum nicht?“, meinte Itachi schulterzuckend.

Sakura seufzte. Irgendwie hatte er Recht, auch wenn sie sich das Geschenkeauspacken dieses Jahr anders vorgestellt hatte. Ihre Finger zitterten, als sie das Papier auseinander riss. Ob vor Kälte oder doch vor Aufregung, das wusste sie selbst nicht genau.

Eine Schachtel kam zum Vorschein, eingekleidet in dunklen Samt.

„Das ist eine Schmuckschatulle“, murmelte Sakura. Wer schenkte ihr Schmuck?

Sie klappte sie vorsichtig auf und erkannte im spärlichen Licht der Lampen, die auf dem Campus aufgestellt waren, das Schmuckstück.

Es war ein Anhänger für eine Kette. Schlicht und einfach, nur eine kleiner, roter Stein in Form einer Träne. Selbst im schwachen Licht glitzerte er verführerisch.

Itachi pfiff leicht durch die Zähne.

„Hast wohl einen Verehrer, was? Darf ich mal?“

Als Sakura leicht nickte, nahm er den Anhänger vorsichtig aus der Schachtel und betrachtete ihn genauer.

„Da hat wohl jemand sein Erbe geplündert“, murmelte Itachi.

„Was?“, fragte Sakura, doch er lächelte nur.

„Ich meinte nur, auf den ersten Blick müsste das ein Rubin sein. Sicher bin ich mir natürlich nicht, das Licht ist schwach und ich bin kein Experte, aber…“

„WAS?“ Ein Rubin? Wer schenkte ihr so etwas Teures? Es gab nur zwei Personen, die wussten, dass das ihr Lieblingsstein war. Einmal Ino und dann…

„Oh nein“, stöhnte Sakura und warf einen Blick auf den Stein, der immer noch in Itachis Hand lag. War er es? Konnte das wirklich sein? Und, wenn ja: Woher hatte er das Geld?

Ihr Gedankengang wurde unterbrochen, als sie spürte, wie jemand an der Kette um ihren Hals zerrte.

„Was… Itachi? Was soll das?“, fragte Sakura entgeistert.

„Warte kurz.“ Itachi öffnete den Verschluss des Silberkettchens, nahm den billigen Anhänger aus Glas ab und fädelte stattdessen den Rubin auf. Dann legte er Sakura die Kette wieder um.

„Sehr schön.“ Er klang zufrieden.

Unsicher schielte Sakura auf den Anhänger hinunter. Es sah fast ein wenig so aus, als würde sie bluten. Aus dem Herzen? Wie ironisch.

„Ich glaube nicht, dass ich das annehmen kann“, meinte Sakura unsicher und umschloss den Stein mit den Fingern, als sie zu Itachi aufsah.

Der schüttelte tadelnd den Kopf. „Aber du kannst das nicht ablehnen! Da hat sich jemand offenbar Gedanken gemacht oder… findest du den Stein etwa nicht schön?“

„Doch! Natürlich. Es ist nur… ich glaube, ich weiß, wer mir das geschenkt hat und… ich kann das nicht annehmen… nicht von ihm!“

„So? Wer war es denn?“

„Mein bester Freund… Naruto… Er ist…“

„Dieser Chaot?“ Itachi klang ehrlich überrascht. „Wie kommst du denn da drauf?“

„Na ja…“ Sakura zögerte. Sie kannte diesen Mann erst seit einem halben Jahr, sollte sie ihm da wirklich all ihre Geheimnisse erzählen.

„Ihr hattet mal was miteinander.“

Sakura zuckte verräterisch zusammen. Woher wusste er das? Dieser Kerl war echt unheimlich.

„Ist schon ne Weile her“, nuschelte sie undeutlich.

„Aha.“ Mehr sagte er dazu nicht.

Dann stand er plötzlich auf, stellte sich direkt vor sie und sah sie an.

„Sakura, du bist eine sehr intelligente, junge Frau und die Arbeit mit dir macht wirklich Spaß. Im Unterricht und bei den Proben für das Musical. Und ich bin mir sicher, dass du das Richtige tun wirst.“

Itachi drehte sich um, winkte über die Schulter und ging davon.

Er ließ Sakura zurück, die diese Worte zwar beeindruckt, aber auch verunsichert hatten und eigentlich hatten sie ihr auch nicht wirklich geholfen. Aber trotzdem musste sie feststellen, dass sie Itachi mochte, auf eine verquere Art und Weise fand sie ihn zumindest sympathischer, als es Sasuke je sein würde.
 

Normalerweise heulte Ten Ten nicht. Aber heute war Heiligabend, sie hatte sich mit einer ihrer besten Freundinnen gestritten und war mehrere Male mit dem Kopf darauf gestoßen worden, dass ihre Schwärmerei genauso sinnlos war, wie die Hoffnung auf eine Olympiade ohne einen einzigen gedopten Sportler. Aber dummerweise wollte sie das nicht einsehen.

Sie hatte sich viel Mühe gemacht, über Neji hinwegzukommen, nur um dann festzustellen, dass sie immer noch in ihn verliebt war.

Sie saß am Küchentisch, vor sich ein duftendes Essen und zwei Teller plus Besteck, aber sie hatte keinen Hunger. Das alles erinnerte sie nur daran, wie viel Mühe Sakura sich gemacht hatte. Wenn sie daran dachte, wie ihre Kochkünste aussahen…

Doch ihr Hauptaugenmerk lag auf der CD. Und mit dieser stand die unbeantwortete Frage im Raum: Verschenken, ja oder nein? Oder besser: Neji, ja oder nein?

Wütend schlug Ten Ten auf die Tischplatte und ließ die Teller darauf klirren.

Neji war so unerreichbar für sie, so in weiter Ferne, wie der Gipfel des Mount Everest. Und vermutlich war der noch leichter zu erklimmen, als Neji Hyugas Gefühle. Warum machte sie sich also noch Hoffnungen?

Sakura hatte doch Recht. Er würde sie verletzen, so wie er schon viele Mädchen verletzt hatte; er würde ihr das Herz brechen. Ein Mal hatte er es schließlich schon geschafft. Es hatte keinen Sinn, es war doch nur eine alberne Verliebtheit, Schwärmerei. Nichts weiter. Sie würde darüber hinwegkommen, besser jetzt, als später. Und vor allem: Aus eigenem Entschluss. Dieser Schmerz würde schneller vergehen, als wenn Neji ihr das Herz brach.

Ten Ten richtete sich auf, wischte sich mit dem Handrücken über die Augen und sah auf die Uhr. Es war halb sieben.

Entschlossen stand sie auf, nahm sich die CD und ging zum Mülleimer.

„Neji Hyuga.“ Ten Ten kam sich ein klein wenig bescheuert vor, aber was machte das jetzt schon? Sie räusperte sich kurz und fing dann noch einmal an.

„Neji Hyuga. Obwohl wir nie zusammen waren, erkläre ich unsere Beziehung hiermit für beendet. Mögest du in Frieden weiterhin Mädchen in die Kiste ziehen, aber mich kriegst du nicht!“ Damit ließ sie die CD in den Abfalleimer fallen.

//Ten Ten, Sakura wäre stolz auf dich!//
 

Temari starrte die Decke an, als wäre sie das Interessanteste auf der Welt. Ihr Kopf war dankenswerterweise vollkommen leergefegt und deshalb nicht voller verwirrender Familienfehden, verschüchterter Freundinnen und wütenden Vätern. Es gab keine verpatzten Unterhaltungen bei Tisch und keine streberhaften Schwestern, die eigentlich gar nicht so streberhaft waren. Nirgends eine Spur zu sehen von schweigsamen Müttern und verschreckten Dienstmädchen oder von kaltem Kronleuchterlicht und täuschender Fassade.

Was wie ein Märchenschloss aussah, war in Wirklichkeit ein hoher Turm ohne Treppen und Türen, dafür aber bewacht von einem grauenerregenden Drachen. Um den Turm rankte sich eine Dornenhecke, die alles Leben erstickte und giftige Äpfel waren das einzige Nahrungsmittel. Die Kleider waren zwar neu, aber unsichtbar und statt einem rettenden Prinzen, flog die Hexe auf ihrem Besen an, den Kopf gefüllt mit fürchterlichen, grausamen Zaubersprüchen und Hexenformeln.

Seufzend drehte Temari sich auf die andere Seite und sah auf den Wecker, die auf ihrem Nachttisch stand.

Es war noch nicht mal sieben Uhr.

Temari fluchte leise und richtete sich im Bett auf.

Nachdem Hiashi Hyuga aus dem Raum gerauscht war, hatte Frau Hyuga ihr Einblick in einen kleinen Teil der Familiengeschichte gewährt. Als Hiashi nicht zurückgekehrt war, hatten sie ohne ihn weiter gegessen, doch die Stimmung war gedrückt und schließlich hatte Temari Kopfschmerzen vorgetäuscht und war in ihrem Zimmer verschwunden.

Sie kam sich schäbig dabei vor, Hinata im Stich gelassen zu haben, aber sie wusste auch, dass die Freundin es ihr nicht übel nahm. Tatsächlich hatte sie Temari sogar einen Tee ins Zimmer gebracht und gemeint, ihr Vater würde sich jedes Weihnachten nach dem Essen in seinem Arbeitszimmer verschanzen, das wäre nicht ungewöhnliches.

Temari hatte sich schlafend gestellt und Hinata sozusagen gegen eine Wand reden lassen. Dabei hatte sie ihr mit dem Tee sogar noch ein Weihnachtsgeschenk auf den Nachttisch gelegt. Und einen kleinen Zettel dran geklebt: Fröhliche Weihnachten! Hinata. Damit war für Temari klar, dass Hinata es nicht allzu tragisch nahm, dass sie nicht mehr unten geblieben war. Temari war ihr dankbar dafür.

Das Geschenk war in grünes Papier eingewickelt, glänzend. Es war länglich und nicht sehr hoch, eine Schachtel. Als Temari sie öffnete, musste sie lächeln. Ein Fächer mit dunkelrotem Stoff, auf dem ein chinesischer Drache abgebildet war. Auf dem dunklen Holz war das Schriftzeichen für Freundschaft eingebrannt.

Freundschaft. Irgendwie ging es ihr jetzt wieder besser.

Sie griff zum Telefon, das in ihrem Zimmer stand und wählte eine Nummer. Lange Zeit kam nur das Freizeichen und Temari wollte schon auflegen, als ein leises „Sabakuno?“ an ihr Ohr drang.

„Kankuro?“, fragte sie in den Hörer und runzelte die Stirn. „Hier ist Temari.“

„Hi, Schwesterchen!“ Kankuros Stimme war nur gespielt fröhlich, er redete noch immer ziemlich leise.

„Was ist los? Kankuro?“

Lange Zeit Schweigen.

„Warte kurz, ich geh schnell in mein Zimmer.“

Temaris ohnehin schon angeschlagene Stimmung rutschte weiter in den Keller. Was war zu Hause los?

„Temari, ich…“

Kankuro seufzte und Temari konnte sich in diesem Moment gut vorstellen, wie er die Augen schloss.

„Streiten sie wieder?“, fragte sie leise und presste den Hörer fester an ihr Ohr.

Eine kurze Pause folgte, dann fiel Kankuro offenbar ein, dass sie ein Nicken durch den Hörer hindurch nicht sehen konnte.

„Ja. Wieder die gleichen Gründe, wie sonst auch, aber… dieses Mal noch schlimmer.“

Temari seufzte jetzt auch.

„Sag Gaara, dass… Sag ihm, dass er nicht Schuld ist und dass es nun mal so ist, wie es ist und…“

„Glaubst du, dass hätte ich nicht schon längst getan?“, knurrte Kankuro sie an.

Temari biss sich auf die Lippen.

„Tut mir Leid, es ist nur… ich bin etwas durcheinander. Hier geht alles drunter und drüber.“

„Schon gut“, meinte Kankuro. Dann schien er kurz zu lauschen.

„Mist!“, fluchte er. „Sie haben gerade… wie ich Gaara kenne, hat er es wieder gehört.“

„Was? Diese ‚Dein-Sohn-hat-Probleme’-Nummer?“

„Freundlich ausgedrückt, ja.“

Wieder herrschte eine Zeit lang Schweigen.

„Ich sollte bei euch sein“, murmelte Temari dann.

„Quatsch“, brummte Kankuro. „Dann würden sie sich auch streiten und Gaara… er ist auch kein kleines Kind mehr, oder?“

„Schon“, meinte Temari gedehnt.

„Er ist fast sechzehn, Tema! Er ist nicht mehr wie früher.“ Kankuros Stimme drang eindringlich an ihr Ohr, doch Temari war nicht wirklich überzeugt.

„Aber er…“ Sie unterbrach sich selbst, als sie erkannte, dass es ohnehin egal war. Sie würde ihrem kleinen Bruder nicht helfen können.

„Ich kümmere mich um ihn, aber es ist schwierig. Er lässt eben niemanden an sich ran“, meinte ihr Bruder und vor ihrem inneren Auge konnte sie sehen, wie er die Augen verdrehte.

„Er hatte es noch nie leicht und seine Insomnie (Schlafstörung) macht das nur noch schlimmer“, verteidigte Temari ihren kleinen Bruder.

„Ich weiß, ich weiß“, grummelte Kankuro. „Könnten wir vielleicht das Thema wechseln?“

„Wenn du meinst“, kam es säuerlich zurück. „Aber…“

„Tema! Bitte! Es ist Weihnachten…“

Kankuro klang erschöpft und Temari konnte es ihm nicht verübeln. Immerhin verbrachte er die Ferien damit, dafür zu sorgen, dass sich ihre Eltern nicht an die Gurgel gingen. Temari konnte sich schönere Beschäftigungen vorstellen.

„Vielleicht kommt Shikamaru noch vorbei“, murmelte sie, beinahe geistesabwesend bei dem Gedanken. Es war das Erste, was ihr eingefallen war. „Wäre zumindest besser für ihn und seinen faulen Dickschädel!“

Stille am anderen Ende der Leitung. Und zwar so lange, bis es Temari zu blöd wurde.

„Kankuro? Was ist jetzt schon wieder los?“

„Nichts“, lautete die gekeifte Antwort.

Temari zog die Augenbrauen hoch und setzte einen äußerst zweifelhaften Blick auf. Nichts?

„Kankuro? Was ist los?“, wiederholte sie eindringlicher und bekam ein gequältes Seufzen zu hören.

„Es ist nur… dieser Shikamaru…“

Temari spürte, wie sich in ihr ein Funke entzündete. Jetzt war es nur ein Funke, aber…

„Was soll das heißen?“

„Na ja… ich kenne den schon länger, als du und besonders seine Freunde. Ich meine… ich glaube nicht, dass diese… Beziehung… dir gut tut“, stammelte Kankuro unsicher.

Der Funke wurde zu einer Flamme.

„Kankuro…“ Temaris Stimme war verdächtig ruhig. „Shikamaru ist garantiert nicht so…“

Ein Schnauben. Sie glaubte zu spüren, wie ihr Bruder die Schultern straffte, als mache er sich zum Angriff bereit.

„Natürlich“, sagte er sarkastisch. „Und Uchiha ist noch Jungfrau!“

Temari brachte dafür nicht einmal ein Lächeln zustande. Die Flamme wurde ein Feuer.

„Ich mag Shikamaru! Wir sind Freunde, verstanden? Einfach nur Freunde!“, fauchte sie in den Hörer und hörte förmlich, wir Kankuro am anderen Ende zusammenzuckte.

„Das kann nicht dein Ernst sein!“, meinte Kankuro schließlich zögernd. Wäre es hier nicht um sie gegangen, hätte Temari ihn entweder für ausgesprochen mutig, oder für lebensmüde befunden. „Dieser Kerl… lange geht das nicht gut. Irgendwann wird da mehr draus und du verliebst dich und dann bricht er dir das Herz…“

Das Feuer entfachte einen Flächenbrand. Jetzt war Kankuro zu weit gegangen.

„Seit wann interessiert dich, was ich fühle? Du hast mich in der schlimmsten Zeit alleine gelassen!“, schrie Temari aufgebracht. „Gut, vielleicht warst du eine Weile da, aber dann bist du einfach weggegangen! Einfach weggegangen! Du hast mich im Stich gelassen! Wenn ich mich jetzt verliebe, ist das auch ganz allein mein Problem und du hast dich da nicht einzumischen! Bekomm erst mal dein eigenes Liebesleben auf die Reihe, bevor du anderen…“

Temari stockte und ihre Augen weiteten sich. Es war, als wäre ein Löschflugzeug über ihr inneres Feuer geflogen und hätte es innerhalb von einem Wimpernschlag besiegt.

„Kankuro… ich… so war das nicht gemeint… ich…“

„Schon gut, Temari.“ Seine Stimme klang seltsam heiser und bitter oder lag das nur an der Verbindung?

„Ich wollte wirklich nicht…“, begann Temari von neuem.

„Es ist gut!“, knallte Kankuro ihr entgegen, dann hörte sie, wie er heftig ausatmete. „Es ist gut, es ist gut.“ Die gemurmelten Worte drangen kaum an Temaris Ohr. Sie hatte sich im Bett aufgesetzt und starrte die Wand an, ohne sie richtig zu sehen, lauschte nur den Geräuschen am anderen Ende der Leitung.

„Du… Hast du es ihnen schon gesagt?“ Sie empfand ihre Stimme selbst als gedämpft. Gedrückt, musste man wohl sagen. Oder: Bedrückt.

Kankuro lachte freudlos auf.

„Natürlich habe ich es ihnen schon gesagt, Schwesterherz.“ Der Sarkasmus triefte nur so aus seiner Stimme. „Unsere Eltern stehen kurz vor der Scheidung und dann kommt jemand daher und sagt: ‚Hey, macht euch nichts draus! Eure Tochter wurde vergewaltigt und ist immer noch nicht darüber hinweg, euer Jüngster leidet nicht nur an Schlafstörungen, er bekommt auch sonst sein Leben nicht auf die Reihe und landet im Knast, wenn ihr nicht aufpasst. Und wusstet ihr schon das Neueste? Euer ältester Sohn steht auf Jungs!“

Temari war bei jedem Wort zusammengezuckt und hatte die Augen geschlossen.

„Kankuro“, flüsterte sie bittend. „Es tut mir Leid! Ich hätte nicht so ausrasten dürfen und das war auch eine bescheuerte Frage. Aber… irgendwann…“

„Ich werde es ihnen nie sagen, wenn ich es vermeiden kann“, unterbrach Kankuro sie. „Sie würden es sowieso nicht verstehen.“ Die Bitterkeit sprach aus seinen Worten und Temari wusste, was er meinte. „Es geht nur um seinen Ruf. Den Ruf des angesehen Politikers Sabakuno!“ Er spuckte es förmlich aus. „Mit jedem unserer Erlebnisse, unserer Taten und Einstellungen, verleugnet er uns mehr. Das hat schon vor diesem Perversen angefangen, aber da ist es erst wirklich deutlich geworden. Was für ein Skandal! Die Tochter des Bürgermeisters wurde vergewaltigt! Und als dann die Sache mit Gaara angefangen hat... Er hat das neue Dienstmädchen geschickt, um ihn von der Polizeiwache abzuholen! Er hat einfach irgendwann aufgehört, sich um uns zu kümmern. Er interessiert sich nicht für uns, wir sind die Schande seines Lebens! Er versteht uns nicht. Er hat deine Angst nicht verstanden, er hat Gaaras Selbstzweifel und seinen Hass auf sich selbst nicht verstanden und er wird auch meine Gefühle nicht verstehen! Ich wäre nur ein weiteres, lästiges Anhängsel in seiner politischen Laufbahn, das er gerne aus dem Weg schaffen und vergessen möchte.“

Temari wusste, dass er Recht hatte. Sie wusste es ganz genau. Aber trotzdem – oder vielleicht gerade deswegen – tat die Wahrheit weh. Denn das hat die Wahrheit nun mal so an sich.
 

*********

Ich habe es getan. Ich habe einen Chara ‚zwangsverschwult’ (das ist übrigens ein überaus bescheuertes Wort!). Für alle, die Shonen-ai nicht mögen: Tut mir sehr Leid! Aber hier geht es um die verschiedenen Wege der Liebe, da passt das einfach.
 

Obwohl jetzt dann Ostern ist, bin ich gerade sehr eingestimmt auf Weihnachten. Was wohl daran liegt, dass es hier schneit. Zumindest ein bisschen. Aber jetzt mal ernsthaft: Warum schneit es jetzt, mitten im März? Anscheinend spielt die Wettermaschine vom lieben Gott ziemlich verrückt, oder unser Planet geht eben den Bach runter…
 

@alle: Vielen, vielen Dank für eure Kommis und Favos und das ganze. Ihr macht mich echt glücklich. Und wenn ich glücklich bin, kann ich besser schreiben ^^ Also noch mal: Danke für 118 Kommentare und 60 Favorisierungen!!!
 

Bis zum nächsten Mal!

GLG

inkheartop



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (11)
[1] [2]
/ 2

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  death-angel
2008-03-26T13:47:45+00:00 26.03.2008 14:47
wooow tolles kapi^^
Total begeistert bin^^
freu mich schon aufs nächste kap
glg schnuckal
Von:  puffi-sama
2008-03-25T20:35:49+00:00 25.03.2008 21:35
ok ich bin geschockt...

wie kann man nur so genial schreiben?? jetzt mal ehrlich, dass is der hammer.. ich glaub das gespräch zwischen kuro und tema fand ich am besten an dem chap.. echt krass..
aber das mit den hyuugas hast du auch echt genial hinbekommen.. ich find das immer total schwierig diese ganzen 'clansachen' in ne real-life ff zu kriegen..

mein fazit: mach weiter so^^

bis zum nächsten chap und thx für die ens^^

die_gefallene
Von:  Emelie
2008-03-24T21:48:01+00:00 24.03.2008 22:48
xD Genau den selben Satz zum Wetter hab ich letztens zu meiner Freundin gesagt ^-^
Also heute war echt irgendwie eher Weihnachten als Ostermontag!Bei uns hat es heute mehr geschneit als die letzten 4 Monate zusammen -_-'
boah,dieser Streit zwischen SAkura und Tenten kommt mir irgendwie bekannt vor!!!! Den Streit hatte ich auch schon mal -_-'
Aber ich hab bei dem Anhänger eher an Sasuke gedacht,nicht an Naruto!
Aber dieses FAmiliendrama bei den Sabakunos find ich passend!
Das klingt so krank, dass es schon wieder realistisch ist !
Aber Hiashi is wieder so richtig ätzend xD *lol*
Wie auch immer ^-^
freu mich schon aufs nächste und mach weiter so^^
Frohe Ostern *knuddelz*
dat Emelie
Von: abgemeldet
2008-03-24T19:35:57+00:00 24.03.2008 20:35
Ich fands auch mal wieder voll toll...klar en bissel traurig aba sonst...
och, warum ist saku nur so dumm und denkt es is von naruto...es ist doch natürlich von sasuke-kun!!!
Aba unsere liebe saku-chan peilt das natürlich nicht!
also, freu mich wenns weiter geht...^^

lg Sayuri_chan7
Von:  Tamatoshi
2008-03-24T17:30:41+00:00 24.03.2008 18:30
ein schones pitel, auch wenn es ein wenig...traurig...? war
irgendwie... ^^
der Rubin war nicht von Naruto , oder? das wäre irgendwie nicht logisch, naja^^
schade, dass TenTen sich dazu entschieden hat die CD wegzuschmeißen - ich hätte sie ihm gegeben ;)
ich bion schon aufs nächste chapilein gespannt
SCHRANK
Von:  NightFoXx
2008-03-24T14:31:44+00:00 24.03.2008 15:31
boah, das kapitel war ja total mitreißend!
ziemlich heftig, du hast das echt super rübergebracht.
das mit der zwangsverschwulung (wasn tolles wort^^) find ich gar net so schlim - es lebe die tolleranz^^
mach weiter so!!!

liebes grüßchen
Von: abgemeldet
2008-03-24T13:15:34+00:00 24.03.2008 14:15
Hihi!
Mir hat das Kapi richtig gut gefallen.
Das mit Kankuro find ich in diesem Zusammenhang irgendwie passend, auch wenn ich so gar nicht auf Shonen-Ai steh. Aber irgendwie passt das in die ganzen Familienprobleme rein. Auch wenn ich diese "Zwangsverschwulung" eigentlich gar nicht gut heiße. (Aber ich hab nichts gegen Homosexuelle! Im Gegenteil, ein guter Bekannter von mir ist schwul und der ist total nett!)
Naja, ich freu mich schon aufs nächste Kapi!
Mfg Jo
Von:  Hangeng
2008-03-24T08:14:40+00:00 24.03.2008 09:14
heii ink^^ haste echt wieder toll gemacht^^ aber ich hoffe sehr das nichts erstes aus itachi und saku wird^^ und ich glaube auch nich dass naru ihr den anhänger geschenkt hat^^ lol das mit kankurou ist lol^^ auch wenn ich shonen-ai nich besonders mag, solange du sasu,naru,ita,neji,shika und alle anderen hauptpersonen so belässt solls mir egal sein^^ aber hast du schön geschrieben, bei mir kommt auch immer mehr weihnachtsstimmung auf... *10cm neuschnee letzte nacht gehabt haben* jaja das is schon irgendwie doof.. dabei fangen jetzt die cons so langsam an, und jetzt muss es schneien.. aber weiße weihnachten? nö...

jaja vielleicht sollte der lebende wetterbericht, sprich tema, mal hierher kommen...
jap, unsere welt geht langsam aber sicher den bach runter...

*sich mehr zu deinen komis äußer aus zu der ff*

*räusper*
also, war aber eine sehr schöne ff *langes kommi schreib*. alsoein sehr schönes kapi, die ff is ja och nich vorbei^^

du kannst echt schön schreiben, mir gefällt dein schreibstil und deine ideen^^

im Übrigen, sehr schöne lange^^ ich mag lange kapis^^ auch wenn ich da meistens unter zeitsruck steh^^

naja noch schöne ostern/weihnachten XD wie auch immer,
liebe grüße akii-chan

bekomm ich dann wieder ne ens?? hehe *immer nachfragen tu auch wenn ich eh eine bekomm wenn ich n kommi schreib*

bis dann^^
Von:  Vertschl
2008-03-24T07:57:47+00:00 24.03.2008 08:57
Hey =)

Fand das Kapitel klasse.
Auch wenn ich keine shonen-ai fan bin, fand ich das nicht schlecht und naja kankuro mag ich nicht unbedingt^^
Hm.. das Päckchen ist das von Sasuke, würde bei Itachis Anspielung mit: da hat wohl jemand das Erbe geplündert passen
Bin schon gespannt wies weiter geht.. und was mit Neji passiert ist/passieren wird...

Liebe Grüße,
Vertschl

Ps: Frohe Ostern
Von: abgemeldet
2008-03-24T03:43:15+00:00 24.03.2008 04:43
aah jau XD
FROHE OSTERN!!! XD
mmh übrigens respekt, in der mehr oda weniga kurzn zeit son langes kappi^^ net schlecht XD
tüdelüü~


Zurück