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Bittersweet Symphony

Gut Ding braucht Weile, letztes Kapitel on XD
von

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~The crooked man~

Prolog: The crooked man
 

Wieder ein neues Stück für seine Sammlung. Eine Sammlung, die man wohl in keinem gewöhnlichen Haus oder Museum finden konnte. Es war ein altes Stück, nur noch schwer zu bekommen. Das Metall war schon leicht angelaufen, doch insgesamt war das Gerät noch gut erhalten. Zufrieden grinsend strich er mit einer eleganten Handbewegung über das dunkle Holz. Dieses Mal handelte es sich im eine „Garotte“, die sich zu seiner Sammlung gesellte.

Die „Garotte“ ist ein Folterwerkzeug, sehr beliebt in Südeuropa und definitiv keine schöne Art zum sterben, denn das Opfer wird durch einen Halsring an einem Holzpfahl zurückgezogen und erwürgt. Um die Qual noch zu steigern bohrt sich dabei eine Eisenspitze in den Halswirbel. Das Schönste, oder auch das Schlimmste an dieser Gerätschaft ist die Tatsache, dass der Henker die Tortur nach Lust und Laune verlängern kann. Das Opfer stirbt schließlich an Erwürgen und der Zerstörung des Rückgrats.

Seine violetten Augen leuchteten kurz auf und er leckte sich leicht über die Lippen. Er würde niemals jemanden damit hinrichten. Es sei denn es musste wirklich sein, doch für ihn war es schon ein Kick zu wissen, dass schon einige Leute auf diese Weise ihr Leben lassen mussten. Mitleid empfand er keines.

Wie sich schon erahnen lässt war seine Sammlung keineswegs eine gewöhnliche Ansammlung von Briefmarken oder Porzellan. Nein, so was ist doch uninteressant. Sein Keller war gefüllt mit allen möglichen Kuriositäten, die irgendwann jemandem das Leben gekostet haben. Von der „Judaswiege“ über die „Eiserne Jungfrau“ bis hin zur „Streckleiter“. Es war ein krankes Hobby und anscheinend hatte er einfach zuviel Geld, doch es war wie eine Sucht geworden und über Umwege ließen sich immer wieder neue solcher Folterwerkzeuge locker importieren und die Tatsache, dass viele von ihnen auch noch heute verwendet werden lässt einem zusätzlich Schauer über den Rücken jagen.

Nachdem er sich seine neue Errungenschaft eine Weile angesehen hatte, stieg er die Treppen hinauf zum Erdgeschoss, vorbei an diversen Schandmasken. Mit der Bitte an seine Haushälterin einen Tee zuzubereiten verschwand er in einem kleinen Raum, fast überquellend von Büchern, Büchern über Hexenverbrennung, Inquisition und die Antike. Hin und wieder ließ sich sogar ein Werk von Sokrates oder Aristoteles finden. Er liebte es sich weiter zu bilden. Sein Blick wanderte nach draußen. Regen. Schon wieder sah er diesen Jungen an seinem Fenster vorbei rennen. Schon länger hatte er ihn beobachtet, wirklich ein süßes Bürschchen. Er wirkte fast schon mädchenhaft und das braune Haar, er hatte es bei Sonnenschein beobachten können, schimmerte golden, wenn das Licht gut fiel.

Wahrscheinlich musste er wieder ein neues Schulbuch kaufen. So ging das mindestens einmal die Woche. Nein, der Schwarzhaarige war kein Stalker. Er hatte lediglich zuviel Zeit und vielleicht auch zu wenig Freunde.

Einen Moment lang dachte er nach. Wie lange dachte er schon so über diesen Jungen nach? Bestimmt schon ein paar Monate und mit jedem Tag wurde ihm das Herz schwerer, wenn er ihn sah, doch was ein arroganter Kerl der Oberschicht war, zeigte so etwas natürlich nicht.

Es war ein komisches Gefühl, doch er brauchte den Jungen nur zu sehen und für einen Moment fühlte er sich wie befreit von allen Fesseln der Gesellschaft und seiner Familie. Er war sich sehr wohl dessen bewusst, dass es eine Sünde war einen Mann zu lieben und dass inzwischen auch gerichtlich dagegen vorgegangen wurde um solche Gefühle zu unterbinden, doch das Herz tat, was es wollte und da spielte es keine Rolle, ob es für einen Mann oder eine Frau schlug.

Hinzu kam, dass es genug Vergnügungsviertel gab in denen sich Männer, vorzüglich besonders Jungen als männliche Prostituierte feil boten um sich ihr Brot zu verdienen und einige von ihnen waren schöner als jede Frau in einem Pompadourkleid je sein konnte.

Seufzend beobachtete er wie die Gestalt draußen aus seinem Blickfeld verschwand. Er überlegte schon, ob er ihm einfach nach laufen sollte, doch er entschied sich dagegen, denn seine Stunde würde schon noch kommen und irgendwann würde er bekommen, was er wollte.

Er bekam nämlich immer seinen Willen, ganz egal wie. Seufzend zog er sich ein Buch heran. Er hatte sogar schon von dem Braunhaarigen geträumt, wie er seine sanfte Haut berührte, seine Lippen küsste und sich ganz den Sünden hingab, die ihm sonst verborgen blieben. Eine Ausnahme bildeten die Jünglinge, die ihn gelegentlich ins Theater begleiteten und in der Loge seinem Charme erlagen, doch sie waren nur ein Ersatz, ein schlechter, auch wenn einige von ihnen wirklich attraktiv waren.

Er liebte einfach schmale Hüften und heiße Männerkörper, die sich unter ihm bogen und sich ihm ganz hingaben. Auch schmale Fesseln waren gern gesehen und dieser Junge war einfach die perfekte Symbiose von all seinen Träumen,

doch er schien ihm noch weitaus mehr zu sein, denn dieser Junge war der Einzige, der ihn mit seinem Lachen so verzaubern konnte.

Kurz darauf klopfte es auch schon an der Türe und seine Haushälterin kam mit dem Tee rein. Milde lächelnd nahm er ihn entgegen und trank einen Schluck. „Margaret? Könntest du mir bitte meinen schwarzen Anzug raus legen? Ich bin heute noch auf einer Gesellschaft eingeladen und kann es mir nicht leisten dort zu fehlen.“ Bat er mit kühler Stimme und stellte den Tee beiseite. Ja, heute Abend würde wohl seine Stunde kommen, denn ER würde auch da sein.

~Die erste Begegnung~

I. Erste Begegnung
 

Die ersten Blätter fielen schon von den Bäumen. Der Herbst, Vorbote des Winters, hatte England erreicht und nachdem der vergangene Sommer sehr warm gewesen war, bahnte sich schon jetzt die beißende Kälte an, die auch mir durch Mark und Bein ging.

Als einer der Wenigen hatte ich das Glück in eine wohlhabende Familie hinein geboren worden zu sein. Auch wenn das seinen Preis forderte. Den Kindern reicher Familien wurde eine Menge abverlangt, zwar nicht körperlich, doch das enge Sittenkorsett wurde einem so eng umgeschnürt, dass einem die Luft zum Atmen fehlte. So etwas wie freien Willen gab es nicht. Man war dazu gezwungen zu tun, was einem gesagt wurde. Mein Vater war ein erfolgreicher Politiker und sehr angesehen. So wie unsere ganze Familie, die über Jahre hinweg in der Politik tätig gewesen war. Neben meinem älteren Bruder war ich das einzige Kind meiner Eltern. Schon seit ich klein war musste ich lernen wie man Piano und Geige spielte, da es zum guten Ton gehörte. Natürlich bekam ich auch, so wie mein Bruder, Privatunterricht. Ich hatte meinen Bruder sehr gern, doch ich wurde immer an ihm gemessen und da er die Messlatte sehr hoch legte und ich oft nicht an ihn heran kam, war er der Liebling unserer Eltern. Ich selbst war so eine Art Anhängsel.
 

Wieder einmal war eine dieser Gesellschaften, diese wunderbaren Feste, die einen mehrmals im Jahr heimsuchten. Man konnte es sich nicht leisten nicht hinzugehen, da es ich sofort negativ auf den Ruf ausgewirkt hätte und so waren wir auch auf dieser erschienen. Anlass war der Geburtstag eines guten Freundes unserer Familie. Natürlich war auch dessen Familie wohlhabend und so war auch die Feier reichlich feudal. Wir waren extra zu ihm aufs Land gefahren, da er dort eine Art kleine Residenz hatte, die mit seinen verzierten Säulen vor dem Eingang etwas an die griechische Architektur erinnerte, auch wenn das Gebäude selbst doch eher der englischen Landhausarchitektur zuzuordnen war. Allerdings gehörte es zu der etwas prunkvolleren Sorte. Wenn man das Anwesen betrat stand man erstmal in einer riesigen Eingangshalle. Eine großzügige, leicht geschwungene Treppe, welche sich links befand, führte zur ersten Etage hinauf. Geradeaus ging es direkt zum Wohnzimmer, welches anlässlich des Geburtstages jedoch etwas leer geräumt worden war, da die Anzahl der Gäste doch beachtlich war. Dennoch hatte der Raum nichts von seiner Eleganz verloren. Die Wände waren vor allem mit Portraits bestückt, die Decke mit Stuck verziert. Es wirkte noch teurer und edler als in unserem Anwesen. Fast schon fasziniert schlenderte ich mit meinem nahezu vollen Weinglas durch den Raum und schaute mich etwas um. Nun ging ich stark auf die Siebzehn zu und meine Eltern hielten es nur für richtig mir Alkohol einzuflößen und mich in die Gesellschaft einzuführen. Hin und wieder trank ich ein Schlückchen und besah mir nun eines der voll gestellten Bücherregale. „Kälte in meinem Herzen“. Was für ein bescheuertes Buch konnte nur einen solch melancholischen Titel haben? Auf irgendeine Weise deprimierte mich dieser Buchtitel. Vorsichtig fuhr ich mit zwei Fingern über den Rand des Einbandes. Dann drehte ich mich auf dem Absatz um und ließ den Blick umher schweifen. Überall waren nur diese reichen Schnösel, die reichlich viel von sich zu halten schienen. Jeder beobachtete jeden, fast schon abwertend, doch dann fiel mein Blick auf jemanden der meine Aufmerksamkeit erregt hatte. Sein Haar glänzte wunderschön im sanften Licht und seine Augen hatten die Farbe… ja… was hatten sie denn für eine Farbe? Langsam näherte ich mich dem Herren, aber unauffällig. Wie alt mochte er sein? Anfang zwanzig? Er wirkte irgendwie abwesend, als wenn er mit seinen Gedanken ganz woanders wäre. Lustlos trank er einen Schluck von seinem Wein. Endlich! Ich war nah genug an ihn heran gekommen. Seine Augen, sie- sie hatten die Farbe von Amethysten. In diesem Licht wirkten sie auf eine Weise unheimlich, wie ich es noch nie erlebt hatte. Auf einmal hob er den Blick. Hatte er mich etwa bemerkt?? Sein Blick wanderte langsam und gelassen zu mir herüber. Er schien mich regelrecht zu fixieren! Wie… wie ein Raubtier seine Beute… Sofort schoss mir das Blut in den Kopf und ich konnte spüren wie sich meine Wangen rosarot färbten. So sehr ich es auch versuchte, ich konnte seinem Blick einfach nicht Stand halten. Schnell wandte ich mich von ihm ab. Noch immer pochte mir das Blut in den Ohren und mein Herz schlug mir bis zum Hals. Schnellen Schrittes ging ich nach draußen, auf die große Terrasse, wo ich erstmal frische Luft einatmete. Etwas benommen lehnte ich meinen Oberkörper an die Balustrade und schaute zum Garten hinunter. Dieser Blick… ich konnte ihn einfach nicht vergessen. Als ich nach unten schaute, sah ich, wie mein Bruder dort entlang streifte, allerdings nicht alleine. Ein Mädchen war bei ihm. Ich konnte nur ihre Rückenansicht sehen, doch sie schien hübsch zu sein mit ihren blonden Korkenzieherlocken. Sie wirkte sowieso sehr zierlich und war um einiges kleiner als mein Bruder, der mit seinen 1,85 Metern recht groß gewachsen zu sein schien, doch sie war wohl größer als ich, was nicht sehr verwunderlich war. Für einen Jungen war ich wirklich reichlich klein geraten. Der Mann drinnen war auch groß gewesen… bestimmt hatte er Muskeln. Zumindest stellte ich ihn mir so vor. Du lieber Himmel! Warum musste ich nur soviel an ihn denken? Warum ließ er mich nicht mehr los?? Schnell trank ich noch einen Schluck um mich abzukühlen, doch dann hörte ich Schritte hinter mir. Sie kamen näher und anhand des Klanges, den das Schuhwerk verursachte, wenn es mit dem Steinboden in Berührung kam, konnte ich erkennen, dass es sich um Männerschuhe handelte. An für sich hörte man sie kaum und die Person schien einen leichtfüßigen, eleganten Schritt zu haben, doch da es hier draußen so still war –nur die Grillen zirpten- hörte man so was relativ schnell. Eigentlich wollte ich allein sein. Noch immer kam es mir so vor als wären meine Wangen hochrot. Ich schwitzte. So was war mir wirklich noch nie passiert. Noch nie hatte ein Mann mich derart aus der Fassung gebracht. Was war das nur? Vorsichtig, fast schon wie in Zeitlupe, wandte ich meinen Kopf zur Seite und wieder schoss das Blut in mir hoch und mein Puls fing an zu rasen. Amethystfarbene Augen schauten mich ruhig an. Es war dieser Mann. Er hatte sein Rotweinglas locker in seiner Rechten, während sein Oberkörper entspannt an dem Geländer lehnte. Er schluckte leicht und ich konnte beobachten wie sein Adamsapfel sich kurz hoch und runter bewegte. „Du bist Morringtons Sohn, nicht wahr?“ es kam mir fast unwirklich vor.

Seine Stimme war so… so tief, aber gleichzeitig auch sanft und sie schmeichelte meinem Gehör. Noch immer hielt sein Blick mich fest, doch er nahm mir auch die Luft zum Atmen, sodass ich den Atem kurz anhielt. Meine Kehle fühlte sich so trocken an. Sie war wie zugeschnürt. Auf seine Frage hin konnte ich nur leicht nicken. Wie hatte er das nur erkannt?

„Ich kenne deinen Vater.“ Fuhr er dann fort und ein leichtes Lächeln umspielte seine recht schmalen Lippen. „Wir sind uns letztens erst begegnet. Allerdings war dein älterer Bruder dabei. Er hat mir kurz von dir erzählt. Daher weiß ich, dass du sein Sohn bist.“ Erklärte er mir noch immer völlig gelassen und nippte kurz an seinem Weinglas. Er richtete sich etwas auf und ich blickte zu ihm auf. Wie groß er doch war… und obwohl er mir so riesig erschien wirkte er keineswegs hünenhaft. Im Gegenteil, er wirkte trotz seiner Größe äußerst elegant, fast schon androgyn, doch ihm stand das. Er vollführte eine leichte, fließende Verbeugung und lächelte mich an. „Darf ich mich vorstellen? Mein Name ist Lestat Rénoire.“ Ich beobachtete ihn die ganze Zeit, konnte meinen Blick nicht von ihm nehmen und merkte wohl gar nicht, wie sehr ich ihn anstarrte. Ich vergaß sogar mich ihm vorzustellen, was mir jedoch erst bewusst wurde als ich sah wie er eine seiner Augenbrauen –noch immer lächelnd- anhob. „Tu- tut mir Leid!“ entschuldigte ich mich erschrocken und verbeugte mich dann ebenfalls schnell, was wohl nicht so elegant wirkte wie bei ihm. „Ich bin Ray Morrington! Freut mich sehr.“ Stellte ich mich hektisch vor. Mein Blick wanderte von seinem Gesicht etwas weiter hinunter und fast automatisch ergriff ich seine Hand, welche er mir entgegen streckte. Sie fühlte sich etwas kühl an und sie war weich… fast wie die einer Frau. Er hatte gepflegte Fingernägel. Pianistenhände… ja, das beschrieb seine Hände wohl am Besten. Seine Finger waren lang und schlank, dennoch hatte er einen festen Griff und drückte meine Hand leicht. Wie ein Tier seine Beute fest hielt, so umfing auch seine Hand die meine. Ich schluckte bei dem Gedanken kurz und wand meine Hand schließlich aus seinem Griff. Ich schaute wieder zu seinem Gesicht hinauf, in seine Augen. „Kommen Sie aus Frankreich? Ihr Name… klingt französisch, doch Sie haben keinerlei Dialekt.“ Fragte ich dann etwas neugierig und hoffte, dass es nicht zu aufdringlich war so etwas zu fragen. Lestat lachte kurz auf. „Ich soll Franzose sein? Nein, nein, ich bin Engländer, doch meine Eltern kommen aus Frankreich. Ich wurde jedoch hier geboren. Sie sind ausgewandert.“ Erklärte er mir mit geduldiger Stimme. Sein Lachen hatte mich erschaudern lassen und ich hatte genau spüren können, wie meine Nackenhaare sich aufstellten. „Ach, so ist das…“ gab ich leicht nuschelnd von mir und nippte etwas peinlich berührt an meinem Wein, der nun fast leer war. Was sollte ich in dieser unangenehmen Situation jetzt nur sagen? Ich schluckte leicht und sah zur Seite weg, doch da übernahm Lestat auch schon die Aufgabe des Sprechers für mich. „Du hast mich eben reichlich interessiert angesehen.“ Sagte er amüsiert und versuchte meine Augen mit seinem Blick einzufangen. „Liegt es daran, dass ich dir gefalle, oder war es etwas anderes?“ fragte er mich fast schon unverschämt grinsend. Sofort hob ich den Kopf und starrte ihn an. Mein Unterkiefer war mir runter geklappt. So was fragte man doch nicht! Außerdem, ich meine… er war ein MANN! Mal davon abgesehen war ich auch einer! Na ja, eigentlich will ich mal einer werden, aber Mann ist Mann! „Was- was fragen Sie denn da? Ich interessiere… mich für niemanden, also lassen Sie solche Fragen!“ rief ich entsetzt aus und wich einen Schritt zurück. Dieser Herr war keineswegs so höflich und galant, wie ich vorher vermutet hatte. Er war ein vorlauter, arroganter Mistkerl!

Noch immer sichtlich gut gelaunt kam er zwei Schritte weitere auf mich zu. Wieder fing mein Puls an zu rasen und ich konnte einfach nicht anders als ihn anzustarren. Ich schluckte hart. Mein Blick klebte förmlich an seinen Augen, die in diesem etwas abgedunkelten Licht, das nur schwach vom Anwesen nach draußen drang, förmlich aufleuchteten, was auf einmal ziemlich unheimlich wirkte, noch unheimlicher als vorher.

„Was ist denn los? Hast du etwa Angst vor mir?“ fragte er wieder sanft und das zu Beginn noch diabolische Grinsen schwächte sich wieder zu einem kleinen Lächeln ab. Es beruhigte mich etwas, doch noch immer war mir diese Nähe zwischen ihm und mir unangenehm. Trotzdem schüttelte ich auf seine Frage hin leicht den Kopf. „Nein, hab ich nicht.“ Antwortete ich kleinlaut, ohne den Blick von ihm zu nehmen. „Dann bin ich ja beruhigt.“ Schmunzelte er und streckte fast wie in Zeitlupe eine Hand nach mir aus. Ich starrte auf die selbige und entfernte mich zeitgleich ein bisschen von ihr. Was zur Hölle machte dieser Mann mit mir?? Allerdings kam mir die Zeitlupe, in der all das geschah etwas langsamer vor als es eigentlich war, denn kaum zwei Sekunden später spürte ich seine kühle Hand auf meiner Wange. Aufgrund dieser leichten Berührung erstarrte ich wie Eis. Meine Augen wanderten unruhig zu den seinen. Wahrscheinlich war ich schon wieder rot geworden. „Ich würde niemals jemandem Angst machen wollen, den ich… süß finde.“ Flüsterte er mir zu und schaute mich an. „Du siehst gar nicht aus wie ein Junge… dein Gesicht wirkt eher wie das wie einer jungen Frau, sehr fein definiert und weich…“ Während er sprach hörte ich ihm ruhig zu. Dennoch war ich furchtbar angespannt. Wir haben uns doch gerade erst Kennen gelernt! Und so etwas sagt man doch nicht einfach so! Das gehört sich nicht!

„Lassen Sie das…“ gab ich dann leise von mir, konnte ihn dabei allerdings nicht ansehen. „Ich will… so was nicht von Ihnen hören. Also lassen Sie mich in Ruhe!“ unwirsch schlug ich seine Hand von meiner Wange weg und stürmte schnellen Schrittes nach drinnen.

Noch immer schien meine Wange zu kribbeln. Ich war zu einem Sessel, der mit einer Art dunkelrotem Samt übergezogen war, geflüchtet. Von hier aus konnte ich die Glastüre beobachten, die zur Terrasse führte, doch auch nachdem ich knapp eine halbe Stunde dort gesessen hatte, war nichts passiert. War er etwa immer noch dort draußen? Hatte ich vielleicht doch etwas zu heftig reagiert? Je länger ich über diesen komischen Kerl nachdachte, umso merkwürdiger wurde mir. Als kleines Kind bekommt man immer viel erzählt. Man soll nicht mit Fremden reden, sich nichts von ihnen geben lassen und sich am Besten in Watte packen lassen, damit man ja nicht mit Fremden in Berührung kommt.

Hin und wieder hört man, dass kleine Kinder einfach verschwinden und nicht mehr auftauchen. Manche davon sind auch Jungs. Man erzählt sich dann, dass sie zu fremden Männern in die Kutschen gestiegen sind oder sie einfach mitgenommen werden. Was, wenn dieser Lestat auch so einer von der Sorte war? Ein Perverser?? Wenn er auch auf Jungs stand wohl eher ein schwuler Perverser… Nein, diese Vorstellung war abartig! Ich konnte mir nicht vorstellen, was an einem flachen, harten Männerkörper so anziehend sein sollte. Das entzog sich meinem Sinn für Verständnis gänzlich. Einige dachten sogar Homosexualität sei so was wie eine Krankheit, die man jedoch wieder heilen konnte. Ich fand so was albern. Zwar hatte ich für Kerle nichts übrig, doch mit krank sein hatte es nichts zu tun. Es war meiner Meinung nach nur eine perverse Veranlagung.

Leicht gähnend starrte ich so vor mich hin, klebte mit dem Blick förmlich an der Glastüre fest, doch es passierte nichts. Nur hin und wieder ging mal ein Pärchen nach draußen und kam später wieder rein, doch von Lestat war keine Spur zu entdecken. Hatte er sich vielleicht doch einfach so unbemerkt rein geschlichen? Ich wollte auch nicht raus gehen und nachsehen. Dann hätte dieser unheimliche Schwarzhaarige sich bestimmt sonst was dabei gedacht und mich direkt wieder angegraben. Etwas pikiert erhob ich mich und schlenderte zu dem kleinen Buffet, das mit so ziemlich allen Köstlichkeiten beladen war, da man sich nur vorstellen konnte. Ich stellte mein Weinglas einfach dort ab und nahm mir ein Stück Baguette mit Kaviar darauf. Kaviar… Fischrogen… war bestimmt so eine Modeerscheinung. Etwas lustlos nuckelte ich an meinem Baguette herum und stemmte eine Hand in die Hüften. Diese Gesellschaft war wirklich langweilig und so machte ich mich auf den Weg nach draußen, allerdings über den Hausflur, durch das Hauptportal, doch gerade als ich den Flur mit schnellen Schritten überquerte, wurde ich von hinten am Handgelenk festgehalten und etwas zurück gezogen. Etwas erschrocken zuckte ich zusammen und blieb abrupt stehen. Eine Stimme so leise und sanft wie ein leichter Windhauch streift meinen Hals und mein Ohr, sodass sich sofort meine Nackenhaare aufstellten.

„Du willst schon gehen? Dabei wollte ich mich doch noch etwas mit dir unterhalten…“ flüsterte die Stimme mit einem leicht wehmütigen Unterton. Ich schluckte hart. „I- ich will nur kurz nach draußen…“ stotterte ich und meine Augen wanderten ängstlich umher. Die Hand die mich fest hielt war kühl… und weich! Ich konnte mir schon denken wer das war. Leicht schnaufend entriss ich mich seinem Griff und drehte mich zu ihm um. „Sie sind unverschämt, wissen Sie das eigentlich?!“ fragte ich den unhöflichen Kerl vor mir fast schon fauchend. Amethystfarbene Augen und markante Augenbrauen… Dieser Kerl fiel wirklich immer sofort auf. „Sie… Sie sind das Letzte! Ich will nicht, das Sie noch mal mit mir reden, sonst… sonst klage ich Sie wegen sexueller Belästigung an!“ Was für eine erbärmliche Drohung… so konnte er mich ja auch nicht ernst nehmen, doch im Reflex war mir nun mal nichts Besseres eingefallen. Lestat lachte amüsiert auf und stippte mir überheblich mit dem Zeigefinger vor die Stirn. „Du bist ganz schön vorlaut, weißt DU das?“ fragte er grinsend. „Es ist reichlich unhöflich Ältere auf eine solche Art zu beschimpfen. Das hätte man dir eigentlich beibringen müssen.“ Schmunzelte er, nur um mich etwas zu ärgern, wie ich vermutete. Schon wieder hatte er dieses fast schon dämonische Grinsen auf den Lippen. „ich… über so was muss ich nicht mit Ihnen diskutieren!“ fauchte ich ihn an und verschwand wieder nach drinnen. Den Rest des Abends verbrachte ich in der großen Menschenmenge, weit weg von diesem unheimlichen Kerl. Doch erst als wir nach Hause fuhren konnte ich mich einigermaßen beruhigen.

Dennoch… ich konnte sie einfach nicht vergessen, diese amethystfarbenen, leuchtenden Augen… die Augen eines Dämonen. Die Gedanken an ihn schnürten mir die Brust zu. Noch während der Kutschfahrt schlief ich ein.

~Regenwalzer~

II. Regenwalzer
 

England ist ein Land, das bekanntlich nie lange trocken bleibt, doch vor allem im Herbst regnet es viel und meistens auch tagelang. So wie auch heute. Schon seit Tagen hatte ich von Lestat weder etwas gesehen, noch gehört und so sehr ich auch versuchte ihn zu vergessen… es war schier unmöglich. Was hatte dieser Kerl nur mit mir gemacht?? Ich verstand die Welt nicht mehr und verbrachte die meiste Zeit damit am Fenster meines Zimmers zu sitzen und nach draußen zu starren. Heute blieb mir jedoch nicht viel dafür. Heute war wieder einer der verhassten Tage an denen ich meinen von mir „hoch geschätzten“ Privatunterricht erhielt. „Alors, lis le text à la page trente, s’il te plait.” Meine Französischlehrerin war ziemlich streng. Allerdings war sie gerecht, doch heute hatte ich keine Nerven für sie und ihren Unterricht. Mehr schlecht als recht absolvierte ich den Unterricht. Mademoiselle war eine waschechte Französin und eine Lehrerin der alten Schule. Sie hatte das „typische“, französische Temperament und konnte schimpfen wie ein Rohrspatz, wenn ihr etwas nicht passte. Außerdem hatte sie ein Talent dafür jemandem auf den Zahn zu fühlen, wenn sie merkte, dass etwas nicht stimmte.

„Mince, Ray! Was ist heute mit dir los??“ fragte sie mit einem tiefen Seufzen und rückte sich ihre Brille zurecht. „Tut mir Leid, Mademoiselle… ich… fühle mich nicht wohl heute.“ Entgegnete ich betreten. Dabei war dieser Zustand nur Lestats Schuld! Er hat mich total aus der Bahn geworfen mit seinem bedrängenden Verhalten! „So, so… Monsieur fühlt sich also nicht wohl. Bon, lassen wir es für heute gut sein. Ich habe schließlich noch andere Schüler, die auf mich warten. Allerdings würde ich dich bitten diese Lektüre zu kaufen. Dieses Buch werden wir als nächstes lesen.“ Sie gab mir einen Zettel auf dem man, in filigraner Schrift geschrieben, den Titel „Le comte de Monte-Christo“, lesen konnte. „Werde ich machen. Auf wieder sehen…“ doch da war die Türe schon zugefallen. Seufzend steckte ich den Zettel ein. Die Frau hatte wirklich keine Zeit. Langsam ließ der Regen etwas nach, bis er schließlich ganz aufhörte. Mit einem Blick auf die Uhr stellte ich fest, dass ich noch Zeit hatte bis der Buchladen schließen würde, genug Zeit um schnell die Lektüre zu kaufen. Vielleicht würde ich so auf andere Gedanken kommen. Relativ schnell zog ich meinen Mantel an und legte mir einen Schal um. Immerhin war die Luft draußen kalt. Das merkte man sobald man einen Fuß vor die Türe setzte. Schnellen Schrittes wanderte ich die grauen Straßen entlang und außer mir war kaum jemand unterwegs. Die meisten Leute der Oberschicht verbrachten die Tage jetzt in ihren Häusern vor dem Kamin, statt im Park spazieren zu gehen. Nur hin und wieder konnte man vielleicht einmal ein Dienstmädchen sehen, das seine Einkäufe erledigte, viel mehr nicht.

Nachdem ich eine Weile gegangen war, blieb ich stehen. Ein paar Meter vor mir konnte ich die Silhouette eines hoch gewachsenen Mannes erkennen. Er hatte schwarzes Haar, welches im Wind leicht mitschwang. Auf einmal machte mein Herz einen Satz und fing augenblicklich an schneller zu schlagen. Nein, das bildete ich mir nur ein. Es gab genug Männer mit schwarzen Haaren. Meine Füße begannen sich vorwärts zu bewegen, immer schneller und schneller. Es war, als führten sie ein Eigenleben. Das Problem war, dass er sich von mir entfernte und ich nur seine Rückenansicht sehen konnte. Vielleicht irrte ich mich auch, doch dann blieb der Mann urplötzlich stehen. Da ich meine Füße nicht mehr kontrollieren konnte und alles so furchtbar schnell ging, rannte ich ihm direkt in den Rücken und taumelte leicht zurück. Durch den Zusammenprall drehte er sich um und sah mich verärgert an. Grüne Augen… nein, das war nicht Lestat. „Verzeihen Sie…“ murmelte ich peinlich berührt und lief hastig an ihm vorbei. Meine Wangen waren heiß, glühend heiß sogar. Wie konnte ich nur denken, dass dies Lestat war?? Hatte ich vielleicht gehofft, dass er es war? Unmöglich… als ich außer Sichtweite war, wurde ich wieder langsamer. „Was ist nur mit mir los?“ ein einsamer Monolog und irgendwie fühlte ich mich traurig. Es war schlimm, wenn man nichts mehr um sich herum, nicht einmal mehr sich selbst verstehen konnte. Mit bedächtigen Schritten erreichte ich schließlich den Buchladen um die Lektüre für Französisch zu kaufen und als ich wieder nach draußen kam, musste ich feststellen, dass es wieder angefangen hatte zu regnen. Es war schon komisch… entweder regnete es dann, wenn es wirklich am ungünstigsten war, oder es schien so als würde das Wetter sich der eigenen Stimmung anpassen. Dieses Mal schien es eher Letzteres zu sein, das zutraf, zumindest für mich. Obwohl man sich bei diesem Wetter schnell erkälten konnte hatte ich es nicht sonderlich eilig und es dauerte nicht lange, da tropfte der Regen von meinen braunen Haarspitzen zu Boden. Mein Blick war auf die Straße gerichtet, das Buch hielt ich in Papier eingewickelt in der rechten Hand und irgendwie war es mir einfach egal, dass es nass wurde. Es war ja nur ein Buch und ein französisches noch dazu. So melancholisch war ich wirklich schon lange nicht mehr gewesen und dieser Umstand machte mir selber Angst.

„Solltest du nicht langsam schauen, dass du nach Hause kommst? Du erkältest dich noch.“ Schon wieder eine dieser Halluzinationen. Es war die gleiche tiefe und sanfte Stimme, die auch schon bei der Gesellschaft meine Knie hatte zittern lassen. „Ray? Hörst du mich?“ Moment mal! Das war keine Einbildung! Nach dieser erschreckenden Erkenntnis hielt ich abrupt inne in meinen Schritten und starrte Lestat an, der direkt neben mir stand und mich ansah… neutral. Seine emotionslose Miene ließ ein leichtes Grinsen erkennen und er schaute fast schon belustigt und auch herablassend zu mir hinunter. Er wirkte fast schon wie ein König… ein grausamer König. „Du siehst aus als hättest du einen Geist gesehen. Komm’ mit unter den Schirm, sonst wirst du noch krank.“ Mein Unterkiefer klappte nach unten. Wie konnte er auf einmal so gelassen daher reden?? Letztes Mal hatte er mich noch auf das Übelste belästigt! „Sie… Lassen Sie mich in Ruhe! Ich brauche ihre Hilfe nicht.“ Schnauzte ich ihn unhöflich an, doch zu meinem Erschrecken musste ich feststellen, dass ihn das nur noch mehr amüsierte. Der Kerl machte sich einen Spaß daraus mich zu ärgern!

„Schau mal, Ray… ich will dir wirklich nicht schaden.“ Ergriff Lestat erneut das Wort. „ich will dich nur nach Hause bringen. Dann verschwinde ich wieder.“ Wahrscheinlich nur um rauszukriegen wo ich wohne, damit er mir nachschnüffeln konnte. Das dachte ich mir zumindest bei seiner Erklärung und schüttelte den Kopf. Wie lange würde es denn noch dauern bis er mich endlich in Ruhe lassen würde? „Ich will aber nicht nach Hause gebracht werden. Mit 17 Jahren werde ich doch wohl alt genug sein um auf mich selber aufpassen zu können. In diesem Sinne: Schönen Tag noch.“ Mit dieser nicht gerade freundlichen Verabschiedung ging ich einfach weiter. Was war nur mit mir los? Als ich auf dem Weg zum Buchladen diesen Fremden vor mir gesehen hatte, da erschien es mir selber schon fast so als hätte ich gehofft, dass es Lestat wäre, doch als ich ihm dann begegnet bin, wollte ich einfach nur so schnell wie möglich von ihm weg kommen. Mein inneres Chaos nahm mit jedem Mal mit dem ich in seine Augen sah immer mehr zu und ich konnte nichts dagegen tun. Hieß es nicht, dass Menschen, die viel Geld haben sich alles leisten können und alles tun und lassen können, was sie wollen? Warum können sie also nicht auch für Geld ihre Gefühle kontrollieren lassen? Im Grunde waren wir doch auch nur Menschen und die Erkenntnis, dass wir unserem Selbst gegenüber machtlos waren, machte mich fast schon wahnsinnig.

Noch immer zitterten meine Knie wie Pudding, doch ich versuchte krampfhaft einen eleganten, schnellen Schritt beizubehalten. Ob er mir folgte? Ich vernahm keine Schritte hinter mir und so ging ich fest davon aus, dass er aufgegeben hatte. Es war auch besser so. Der Regen durchnässte meinen Mantel und auch das Wasser an meinen Haaren perlte nicht mehr einfach ab sondern setzte sich in ihnen fest um schließlich in Form von größeren und kleineren Tropfen auf den dreckigen Steinboden zu fallen. Wieder überfiel mich das Gefühl der Melancholie…

Nach einer Weile konnte ich endlich das Haus meiner Eltern am Ende der Straße erkennen und musste leicht lächeln. Jetzt hatte ich es endlich geschafft. Einen Moment blieb ich stehen und sah mich um. Lestat war mir tatsächlich nicht gefolgt, denn ich konnte ihn nicht entdecken, weder ihn, noch sonst irgendwen anders. Zufrieden über diesen Umstand wandte ich meinen Blick wieder nach vorne und rannte zu dem großen Anwesen, durch das eiserne Tor hindurch, den Garten durchquerend mit seinen Rosen. Allerdings war ich erst ganz sicher als ich endlich drinnen war. Kurz nachdem ich die Türe geschlossen hatte, kam auch schon unser Hausmädchen Elisabeth auf mich zugelaufen. „Meine Güte! Wie seht Ihr denn aus? Habt Ihr etwa Euren Schirm vergessen?“ Kopfschüttelnd half sie mir aus dem Mantel. „Soll ich Euch ein Bad fertig machen? Sie erkälten sich bestimmt noch, wenn Sie weiter in diesen nassen Sachen herum laufen.“ Jetzt redete sie fast schon genau so wie ER. „Wieso meinen eigentlich alle, sie müssten sich um mich Sorgen machen??“ fragte ich leise knurrend und erntete auch gleich einen misstrauischen Blick von Elisabeth, was mich aufseufzen ließ. „Ein Bad klingt gut.“ Murmelte ich daraufhin nur und verschwand die Treppen hoch in meinem Zimmer um mich auszuziehen.

Seit dieser Gesellschaft und seit ich diesem Mann begegnet war, war auch meine sonst so gute Laune drastisch in den Keller gegangen, mein Konzentrationsvermögen war gleich Null und meine Gedanken hatten sich selbstständig gemacht. Es war einfach nicht fair, dass eine Begegnung alles umkrempeln konnte. Umso glücklicher war ich über das heiße Bad, welches nach einer halben Stunde fertig war. So konnte ich vielleicht etwas abschalten und an etwas oder jemand anderes zu denken.

Erleichtert ließ ich mich in das warme Badewasser sinken und nachdem Elisabeth einen Moment später das Zimmer verlassen hatte, konnte ich die nun herrschende Ruhe endlich genießen. Mit geschlossenen Augen begann ich zu träumen. Mein Bruder hatte vor kurzem seine Verlobte getroffen. Bald würden sie wohl heiraten und meine Eltern hatten nun damit begonnen auch für mich ein hübsches Mädchen aus reichem Hause zu suchen, damit ich, wenn ich schon nicht so gut wie mein Bruder war, wenigstens eine anständige Ehefrau hätte… wie deprimierend. In der Upper Class gab es wohl wirklich nichts anderes als sehen und gesehen zu werden.

Eine Verlobte… ich hatte nichts gegen Frauen, zumindest nicht viel. Ich mochte es nur nicht, wenn sie so albern waren und hysterisch, doch es gab wirklich viele hübsche Mädchen. Dennoch… ich war noch so jung und fühlte mich nicht bereit dafür schon jetzt einem Menschen fest versprochen zu werden, den ich nicht kannte und von dem ich nicht wusste, ob ich mit ihm überhaupt auskommen würde. Ich versuchte mir den Gedanken an eine arrangierte Heirat schmackhaft zu machen indem ich mir ein hübsches, junges Mädchen vorstellte mit pechschwarzem, langen Haar, einem wohlgeformten Körper, schlanken Fesseln und amethystfarbenen Augen. Moment Mal! Amethystfarbene Augen?? Ich riss jähe meine Augen auf als mir dieses Bild von einem weiblichen Lestat in den Sinn kam. Kerzengerade saß ich in der Wanne und starrte auf das Wasser. „Ach, verdammt!“ und somit war auch dieser kurze Moment der Entspannung hinüber. Warum konnte nicht mal ein Moment vergehen in dem dieser unverschämte Rüpel sich nicht in meine Gedankenwelt und mein Leben einmischte?? Schnaufend entstieg ich dem Wasser, trocknete mich ab und verschwand in meinem Zimmer. Mein Tag war gelaufen und jetzt war es mir auch egal, ob ich noch krank werden würde oder nicht. Vor mich hin grummelnd zog ich mich wieder an und griff nach meiner Geige, ein teures Instrument, das ich wie meinen Schatz behandelte. Vom Regen und meiner schäumenden Wut beflügelt begann ich zu spielen, einfach so, ohne ein bestimmtes Stück im Sinn zu haben.

Es war meine persönliche Art den Stress abzubauen und mit der Zeit wurde ich wieder ruhiger…

In der Nacht blieb ich jedoch schon wieder schlaflos. Mit geöffneten Augen starrte ich an meine Zimmerdecke und zog die Decke etwas höher. „Wieso kann mein Leben nicht einfach wieder normal sein?“ flüsterte ich und stand wieder auf. Wenn das so weiter ging würde ich nie einschlafen können. Das Licht vom Mond und das der Straßenlaternen drang durch das Fenster in mein Zimmer und wie Motten, die vom Licht angezogen wurden, so bewegte auch ich mich ihm entgegen. Der Regen hatte mittlerweile aufgehört. Nur die Straßen waren noch nass und glänzten leicht vom Wasser. Mir war warm. Mit einer langsamen, müden Handbewegung öffnete ich das Fenster und lehnte mich etwas hinaus. Jetzt fiel mir gleich wieder auf wie kalt es hier in England schon wieder war. Auf meinem Körper bildete sich eine Gänsehaut und ich schlang kurz die Arme um meinen Oberkörper. Zwar fühlte sich die Kälte komisch an, doch andererseits prickelte sie auch erfrischend auf der Haut. Vielleicht würde ich schläfrig werden, wenn ich nach diesem Kälteschock wieder in mein warmes Bett krabbeln würde. Mein Blick schweifte über die Straße und erblickte auf einmal eine Silhouette. Weiter weg hörte man ein Baby schreien, was mich allerdings nicht störte, denn mein Blick war auf die Person fixiert. Sie stand nicht unweit von unserem Haus entfernt auf der anderen Straßenseite. Der Statur nach zu schließen handelte es sich um einen Mann. Außerdem trug die Person einen Zylinder und hielt irgendetwas Großes in der rechten Hand. Warum war mir diese Person eben nur nicht aufgefallen? Wahrscheinlich lag es daran, dass sie im Dunkeln stand. Das Licht der Laternen reichte gerade mal bis zu ihren schwarzen, glänzenden Schuhen. Als dieser Mensch sich auf einmal bewegte, zuckte ich kurz zusammen. Sie näherte sich dem Haus, ohne zu mir aufzublicken. Es war zweifelhaft, dass sie mich nicht gesehen hatte, immerhin lag mein Zimmer direkt zur Straße hinaus. Ungeachtet dessen, dass dies ein Privatgrundstück war, kam die Person durch das Tor und bewegte sich auf die Haustüre zu, machte dann aber einen Schwenker nach rechts auf den Rasen, direkt auf die Seite zu, auf der auch mein Zimmer lag. Unter meinem Fenster, ein paar Meter entfern,t blieb sie stehen und hob den Kopf. Sie sah mir direkt in die Augen und ein Schauer raste durch meinen Körper. Noch immer war es mir nicht möglich das Gesicht des Menschen zu erkennen und nun war ich schon drauf und dran ihn zu fragen wer er war, doch da wäre ich Gefahr gelaufen alle aufzuwecken. Auf einmal ging alles ganz schnell. Die Person hob den rechten Arm und warf den Gegenstand in ihrer rechten Hand zu mir hoch. Mehr aus Reflex streckte ich meine Arme nach dem immer größer werdenden Ding aus und fing ihn. Erstmal zuckte ich zusammen. Ich hatte mich gestochen und auf einmal realisierte ich, was ich da überhaupt aufgefangen hatte. Es war ein Strauß roter Rosen. Meine Augenbraue zog sich in die Höhe und ich beugte mich wieder zum Fenster hinaus um die Person zu fragen, was das denn sollte, doch sie war schon weg. Auf meiner Nase spürte ich einen Wassertropfen. Es begann erneut zu regnen. Nachdenklich schloss ich das Fenster und setzte mich mit den Blumen auf mein Bett, nuckelte an meinem leicht blutenden Finger. Wer zum Geier schenkte mir den Blumen?? Ich durchsuchte den Strauß, welcher wirklich herrlich duftete, nach einem Kärtchen oder einem ähnlichen Hinweis, doch ich konnte nichts finden. In Gedanken kam für mich natürlich nur eine einzige Person in Frage, die mir diesen Strauß hätte schicken können, doch ich traute mich nicht diesen Namen laut auszusprechen, da er mir Tausende und abertausende Schauer über den Rücken jagte.

Jetzt brauchte ich noch eine Vase… schweigend und darauf bedacht nur nicht zu viel Lärm zu machen, schlich ich mich aus meinem Zimmer und die leicht knarrende Treppe hinunter. Von diesem Punkt an war es schon wieder einfacher und so flitzte ich in die Küche und befüllte eine Blumenvase mit Wasser, die ich im Dunkeln sicheren Fußes in mein Zimmer brachte. Ich stellte den Behälter mit den Blumen auf meine Fensterbank. Ja, dort stand er perfekt und nachdem ich noch mal etwas von dem wohligen Duft eingeatmet hatte, ging ich fröstelnd ins Bett. Ja, jetzt konnte ich endlich schlafen und auch wenn ich mich noch immer fragte, wer der Mann gewesen war, der mir diese Blumen geschenkt hatte, so fand jetzt doch in gewisser Weise Ruhe, weil ich das Gefühl hatte jemandem etwas wert zu sein.
 

Am nächsten Morgen regnete es schon nicht mehr und die Sonne weckte mich freundlich strahlend auf. Mit dem Regen des vergangenen Tages war auch meine Melancholie auf einmal wie weg geblasen. Mein Blick fiel auf die Rosen. Sie hatten eine schöne dunkelrote Farbe. Rot stand zwar für die Liebe, doch dunkelrote Rosen standen im Volksmund meist für eine der unglücklichen Sorte. Diese hier waren so dunkel, dass sie fast schon schwarz erschienen. Dennoch mochte ich sie und ich würde schon herausfinden wer mir diese Blumen zugeworfen hatte, auch wenn da nur ein Mensch in Frage kommt, nur ein Mensch, der die Dreistigkeit und den Mut besaß mitten in der Nacht auf ein fremdes Grundstück zu schleichen und einem Jungen (man schenke dem Wort „Jungen“ besondere Aufmerksamkeit) Blumen zu schenken. Noch während ich meinen Gedanken nach hing klopfte es an der Türe und mit einem Lächeln wandte ich mich um. Ja, heute ging es mir besser.

~Zwischenspiel~

III. Zwischenspiel: Ein Hauch von Sommer
 

Die Geschichte ist schon uralt und fast hatte ich sie vergessen, doch aus irgendeinem Grund erinnere ich mich wieder daran. Ich habe in dem Moment an sie gedacht als ich mich an der Rose gestochen und das Blut gesehen habe.
 

Es war im Sommer meines zwölften Lebensjahres.

Mein Großvater besaß ein Gut in Hambleton, nördlich von London, wo wir oft den Sommer verbrachten. Das Gut lag direkt an einem großen See, sodass man dort einfach wunderbar schwimmen gehen konnte.

Auch im besagten Sommer haben wir ihn wieder besucht. Man muss dazu sagen, dass ich meinen Großvater sehr gerne hatte. Er war so anders als meine Eltern, die nur meinen Bruder sahen. Mein Großvater war immer für mich da und er hat viel mit mir gespielt als ich noch klein war.

Bei unserer Ankunft war es einfach ein herrliches Wetter. Einen Großteil der Strecke haben wir mit dem Zug zurückgelegt und das letzte bisschen sind wir mit der Kutsche gefahren. Auch mein Großvater besaß einen Rosengarten, welcher allerdings viel größer war als unserer und auch wesentlich bunter. Es war der Ort an dem ich am meisten anzutreffen war während unseres Aufenthaltes.

So auch an einem Nachmittag. Der Tag war einfach herrlich, wunderbar sonnig und keine einzige Wolke trübte das strahlende Blau des Himmels. Mit einem Buch bewaffnet hatte ich mich draußen beim Rosengarten in der Nähe des Hauses auf eine Decke gelegt und gelesen. Die Luft roch nach Sommer und frisch gebackenen Apfelkuchen, der zum auskühlen auf dem Fensterbrett der Küche stand. Bei einem Windstoß wehte gelegentlich ein betäubender Rosenduft zu mir herüber.

Vor nicht allzu langer Zeit hatten meine Großeltern einen jungen Gärtner angeworben, der nun bei ihnen arbeitete. Er war ziemlich groß, um die 18 Jahre alt und hatte rehbraune Augen, die perfekt mit seinem braunen Haar harmonierten, welches leicht golden schimmerte, all je nachdem wie der Lichteinfall war. Auch an diesem Nachmittag arbeitete er wieder und irgendwie tat er mir Leid, weil er sich in dieser Hitze so abmühen musste. Wenn ich ihm mal nicht dabei zusah wie er die Rosen beschnitt oder in der Erde rumbuddelte, war ich vollkommen in mein Buch vertieft und ausgerechnet in einem solchen Moment erwischte er mich. „Entschuldigt die Frage, Ihr seid doch der junge Ray Morrington, oder?“ fragte er lächelnd auf seinen Sparten aufgestützt und sah zu mir herunter. Verwirrt blinzelnd sah ich ihn an und nickte nur. „Hab ich mir gedacht. Euer Großvater hat mir einiges von Ihnen erzählt. Ich bin John, der Gärtner hier. Tut mir Leid, dass ich Euch gerade unterbrochen habe.“ „Nicht so schlimm… ich... wollte so wieso eine Pause machen.“ Winkte ich, nun ebenfalls lächelnd, ab und setzte mich auf um besser zu ihm hoch schauen zu können. “Sie sind aber noch nicht allzu hier, oder?“ fragte ich ihn dann, war mir durchaus dessen bewusst, dass ich einen Angestellten nicht siezen musste, doch weil er älter als ich war schien es mir nur angebracht zu sein. „Nein, ich wurde erst vor kurzem eingestellt und bin jetzt jeden Tag hier. Die Bezahlung ist nicht schlecht.“ Erklärte er und gähnte kurz ohne sich die Hand vor den Mund zu halten. „Sorry, na ja ich muss jetzt weiter arbeiten. Man sieht sich bestimmt noch öfter, wenn Ihr fast den ganzen Sommer hier verbringt.“ Verabschiedete er sich gut gelaunt und verschwand zwischen den Hecken.

Es war wirklich reichlich ungewöhnlich einen Arbeiter zu sehen, der so dermaßen guter Dinge war und auch noch so eine Herzlichkeit dabei ausstrahlte. Die meisten Menschen waren frustriert und schlecht gelaunt, nicht zuletzt wegen der „Großen Depression“ (1873-1896), welche vor allem die Landwirtschaft betraf, doch John schien von alledem nicht stark betroffen zu sein. Als Angestellter beim Adel hatte man es ohnehin leichter, nicht zuletzt aufgrund der recht guten Bezahlung.

Während unseres Aufenthaltes in Hambleton begegnete ich John noch oft genug und wenn wir uns sahen erzählte er mir viel über Pflanzen und ihre Eigenschaften. Wie die Meisten der unteren Schichten konnte er nicht richtig lesen und schreiben, nur das Nötigste, was er für seinen Beruf benötigte, doch dafür hatte er viele andere Talente, die mich wirklich beeindruckten, da er vor allem körperlich eine Menge leistete und durch die ganze Arbeit sehr athletisch gebaut war.

Leider geht auch die schönste Zeit einmal vorbei und so war es auch in diesem Sommer. Den letzten tag verbrachte ich viel mit Schwimmen im See und am Abend, es war schon dunkel, saß ich draußen auf einer Bank, nahe des Gewässers und beobachtete wie die Sonne verschwand. „Ihr müsst morgen schon abreisen, nicht wahr?“ fragte auf einmal eine freundliche Stimme hinter mir, doch aufgrund meiner geistigen Abwesenheit erschrak ich etwas und drehte mich zu der Stimme um. Lächelnd schaute ich in Johns rehbraune Augen und nickte leicht. „Ja, leider. Die Zeit hier ist wieder einmal zu schnell vergangen.“ Antwortete ich seufzend und beobachtete wie er sich neben mich setzte. Dabei fiel mir vor allem seine linke hand auf, die er hinter seinem Rücken versteckt hielt. Hatte er sich bei der Arbeit vielleicht verletzt?

Eine Weile schwiegen wir einander an und beobachteten das Wasser, doch es war keine unangenehme Stille, die sich über uns legte. Erst nach einer Weile ergriff John wieder das Wort und sah mich von der Seite an, beobachtete ich die Beine von der Bank baumeln ließ. „Seid ihr traurig darüber wieder nach Hause zu müssen?“ fragte er schließlich und wandte seinen Blick wieder ab. „Irgendwie schon… ich freue mich immer, wenn ich hier sein kann, aber es ist doch etwas anderes als zu Hause.“ Antwortete ich ihm und sah auf den grasigen Boden. In der Zeit, die ich hier verbracht habe, hatten John und ich uns gewissermaßen angefreundet und es war schon traurig, dass ich nun gehen müsste. Zwar war der Altersunterschied zwischen uns relativ groß, doch es tat unseren freundschaftlichen Gefühlen keinen Abbruch. Auf einmal sah ich etwas Dunkelrotes vor meinen Augen und blinzelte. „Ist das…“ zögerlich nahm ich den schlanken Stängel zwischen die Finger. Es war eine karminrote Rose. Diese stehen bekanntlich für Trauer. Das wusste ich von John, der mir einiges über Rosen erzählt hat und ihre Farbsymbolik. Das Gleiche gilt auch für andere Blumen. Jede Blume hat ihre eigene Bedeutung, selbst die Farbe und die Anzahl der Blumen, die man jemandem schenkt. Eine Blume bedeutete soviel wie: „Du bist mein ein und alles.“ Allerdings nahm ich nicht an, dass ich sein ein und alles war. Bestimmt wollte er nur nicht, dass es zu kitschig wurde. „Ist diese Blume wirklich für mich?“ fragte ich leise, obwohl das ja offensichtlich war. John nickte kaum merklich. „Sicher doch. Ihr werdet ja jetzt eine Weile weg sein und es wäre doch schade, wenn Ihr mich vergessen würdet… oder nicht?“ auch ich nickte leicht und strich den Stängel entlang. Die Stacheln waren abgeknipst worden, damit ich mich nicht verletzen konnte, doch einen hatte er wohl vergessen, denn auf einmal zuckte ich zusammen und nahm den Finger in den Mund. „Ach, Mist…“ grummelte ich und nuckelte an meinem Zeigefinger herum. „Wartet, lasst mich mal sehen.“ Sogleich nahm der Gärtner meine Hand in die seine und schaute sich den kleinen roten Punkt an, der immer größer wurde. „Das tut mir Leid…“ murmelte er. „Ich dachte, ich hätte sie alle abgeschnitten.“ Langsam führte er meine Hand zu seinen Lippen und hauchte einen Kuss auf meinen Finger.

Aus irgendeinem Grund schoss mir die rote Farbe ins Gesicht und ich entzog meine Hand schnell seinem Griff. „Das… ist nicht schlimm!“ entgegnete ich hektisch und stand auf. „Aber ich muss jetzt gehen, weil… weil ich noch meinen Koffer packen muss. Entschuldige mich.“ Das war das erste Mal, dass ich ihn geduzt hatte, doch ich konnte nicht darüber nachdenken. Ich konnte einfach nur rennen und das so schnell mich meine Füße trugen. Die Rose hielt ich fest umklammert. Zwar hatte ich mir in meiner kindlichen Unschuld nichts Schlimmes dabei gedacht, doch es hatte sich komisch angefühlt und die Tatsache, dass ich so rot geworden war, hatte mich zusätzlich verunsichert.

Als wir am nächsten morgen in die Kutsche stiegen musste ich zu meinem enttäuschen feststellen, dass John nicht gekommen war um sich zu verabschieden und auf einmal tat es mir Leid, dass ich am Vorabend einfach weg gelaufen war, doch die Rose hatte ich noch immer.

Mit der Zeit vergaß ich diese Geschichte jedoch und auch John trat immer mehr in den Hintergrund. Im Jahr darauf war er schon nicht mehr da. Als ich fragte wo er sei, erzählten meine Großeltern mir er sei im Winter an einer sehr starken Grippe gestorben. Ich war wirklich betroffen deswegen und es tat mir nur noch mehr Leid, was im Vorjahr passiert war. Trotzdem vergaß im Laufe der Jahre diese Geschichte wieder.

Doch auf einmal erinnerte ich mich wieder an sie und als ich zu dem Blumenstrauß auf meinem Fensterbrett blickte spürte ich einen Hauch von Sommer in meinem Zimmer und das machte mich unendlich glücklich.

~Bloody red rose (Part I.)~

IV. Bloody red rose (Part I.)
 

Sonntag, 30. September
 

“I held a jewel in my fingers, and went to sleep. The day was warm and winds… winds were prosy. I said ‘Twill keep’… I woke and chid my honest fingers. The gem was gone and now an amethyst remembrance is all I own.”

Ihre dünne, leise Stimme hallte durch die kleine abgeschlossene Zelle des Polizeireviers. Betrunken… es war keine Seltenheit, dass Prostituierte sich im Alkohol nahezu ertränkten. Wie sonst sollte man den Frust abbauen? Constable Louis Robinson hatte sie betrunken auf der Straße aufgefunden und zur Ausnüchterung mit aufs Revier gebracht. Seitdem waren etwas über 4 Stunden vergangen und nun erschien sie den Polizisten für nüchtern genug wieder entlassen zu werden.

Mittlerweile war es schon fast 1 Uhr nachts.

Seufzend saß sie auf dem alten Holzstuhl und schaute auf ihren verschlissenen Rock. „Ihr Name? Wonort?“ hörte sie wie aus weiter Ferne die Frage des Beamten und schwieg einen Moment. „Mary Ann Kelly. 6 Fashion Street.“ Wer hätte schon ahnen können, dass dies nicht ihr richtiger Name war und schon gar nicht ihre Adresse? “Hier entlang, gnädige Frau, zieh sie bitte hinter dir zu.“ Wies der müde George Hutts sie wenig später an, nachdem er ihr voran durch die Türe geschritten war um sie hinaus zu bringen. „In Ordnung, gute Nacht, alter Sack.“ Antwortete sie abfällig und ging nach draußen. Wenig später war in der Dunkelheit nichts mehr von ihr zu sehen.

Mary Ann, oder doch besser gesagt Catherine, war Prostituierte im East End Londons und im Gegensatz zu vielen Anderen eine furchtlose Frau. Schon zwei Huren waren vor ihr gestorben. Mary Ann Nichols und Annie Chapman, beide auf brutalste Weise getötet und genau wie sie waren beide Prostituierte im East End gewesen. Der „Whitechapel-Mörder“ ging um, doch sie hatte keine Angst zu sterben. Sie konnte ja nicht ahnen, dass gerade jetzt in dem Moment in dem sie die Polizeistation verlassen hatte, eine neue Leiche gefunden wurde. Nämlich die von Elizabeth Stride.
 

„Wissen Sie… eigentlich bin ich nicht für so wenig Geld zu haben.“ Flüsterte Catherine schmunzelnd und schaute zu dem Mann hoch, der seine Hände auf ihre Hüften gelegt hatte. „So? Dann muss ich mir wohl etwas Besonderes einfallen lassen.“ Entgegnete der Mann mit einer sanften, tiefen Stimme, die jeder Frau die Knie hätte weich werden lassen. Sein Zylinder verdeckte den Großteil seines Gesichtes da sie im Dunkeln standen, direkt bei einem verdeckten Zugang zum Mitre Square. Ihre Hand strich über seine Brust. „Das wäre wohl angebracht, mein Herr, denn ich mache meine Arbeit sehr gut und das sollte Ihnen schon etwas wert sein.“ Mit dieser Masche bekam sie die meisten dieser reichen Schnösel herum. Man musste ihnen nur schöne Augen machen und sie mit leiser Stimme einlullen. Der Mann zog eine dunkelrote Rose hervor und hielt sie ihr galant entgegen. „Nur die schönsten Frauen bekommen die schönsten Rosen.“ Flüsterte er in ihr Ohr. „Man kann es jetzt nicht erkennen, aber wissen sie was das besondere an dieser Blume ist?“ fragte er dann, die Lippen an ihrem rechten Ohr. „Nein, was denn?“ fragte sie kichernd und strich über den schlanken Stängel der Rose. „Ihre Farbe…“ entgegnete er. Seine linke Hand wanderte in seinen Mantel und zog etwas langes, kaltes hervor. „Dunkelrot…Wie das Blut von euch dreckigen Nutten!“ seine Stimme wandelte sich gegen Ende in ein bösartiges Zischen um und es war ein würde Catherine plötzlich von einem eiskalten Luftzug umfangen werden. Erschrocken zuckte Catherine zusammen und schaute den Mann fassungslos an. Ihre Nackenhärchen stellten sich auf „Ihr seid aber-“ doch das Wort blieb ihr förmlich im Halse stecken. Zitternd fasste sie sich an den Hals, die Augen vor Schreck geweitet. Blut… dunkelrotes, glänzendes Blut klebte an ihrer Hand. Panisch schaute sie auf seine linke Hand. Ein langes, rot beflecktes Messer. „Gute Nacht, meine Schöne.“ Flüsterte er noch grinsend, da sie bewusstlos zu Boden fiel. Tot durch Verbluten. Er kniete sich zu ihr hinab und setzte mit dem Messer bei ihrem Unterleib an. „Dieses Mal wird es Kunstwerk…“
 

Wenig später machte Constalbe Edward Watkins seine Strife durch den Mitre Square. Mit seiner Lampe leuchtete er sich den Weg als er in einer Ecke einen Schuh sehen konnte. Es war ein Stiefel. Ein zweiter stand daneben, doch was war das? Der Boden schien dort rot und nass. Vorsichtig ging er näher. Eiskalte Schauer jagten über seinen Rücken. Er leuchtete ein Stückchen weiter nach links. Sein Atem stockte. Direkt vor ihm lag die verstümmelte, vor Blut triefende Leiche von Catherine Eddowes. „Oh mein Gott… oh mein… ich muss Hilfe holen.“ So schnell ihn seine Füße tragen konnten, rannte er die Straße entlang, wo er auf den Nachtwächter Morris traf. Sofort stürmte er auf ihn zu und packte ihn an den Schultern. „Watkins! Um Himmels Willen, bist du noch zu retten??“ fragte Morris geschockt als der Andere ihn so plötzlich gepackt hatte. „Morris, geh zum Mitre Square. Es ist etwas passiert!“ erklärte der noch immer unter Schock stehende Beamte, erntete jedoch nur einen fragenden Blick. „Jetzt beruhige dich doch-„ „ich werde mich nicht beruhigen! Geh einfach!“ „Was zum-“ „Herrgott, Morris! Der Ripper hat wieder zugeschlagen! Also mach schon und steh hier keine Wurzeln in den Boden!“
 

So war Catherine also doch noch das Opfer von „Jack the Ripper“ geworden. Noch in der gleichen Nacht, nicht einmal eine Stunde bevor sie ermordet worden war, war Elizabeth umgebracht worden und sie würden nicht die letzten sein.

Schon kurz nach der Obduktion der Leichen konnte man in allen Zeitungen Londons und sogar außerhalb Englands von den neuen Morden des Rippers lesen, des Mannes der soviel Schrecken verbreitete wie zu der Zeit kein Anderer.

Wie sollte es auch anders sein? Es war natürlich klar, dass auch Ray irgendwann von diesen Morden erfahren würde und auch von der Kleinigkeit, die bei jedem der Opfer gefunden wurde.

~Bloody red rose (Part II.)~

V. Bloody red rose (part II.)
 

“Meine Güte… das ist wirklich unglaublich. Dabei ist doch eine ganze Weile nichts mehr passiert.“ Mutter schüttelte seufzend den Kopf. „Ich habe eben die alte Mrs. Abbingdon getroffen. Angeblich hat es im East End neue Morde gegeben und-“ „Mary, das ist nichts Neues. Es stand schon heute morgen in der Zeitung, aber ihr Klatschweiber musstet euch bestimmt wieder darüber auslassen.“ Unterbach mein Vater sie und schaute von seinem Buch auf. Blinzelnd schaute ich die Beiden an. „Wirklich? Der wievielte Mord war es denn schon?“ „Der Vierte.“ Antwortete meine Mutter direkt. „Allerdings war es dieses Mal ein Doppelmord. Wirklich unglaublich. Man kann von Glück sagen, dass wir hier bei reichen Leuten sind. Bisher hat der Ripper nämlich nur bei diesen Huren zugeschlagen. Von mir aus kann es auch so bleiben. Trotzdem tun sie mir Leid, sind ja alles gescheiterte Existenzen.“ Manchmal war es wirklich schlimm wie abwertend sie über Menschen der unteren Schichten sprach. Es war schwer aufzusteigen, wenn man schon arm geboren wurde. Sie konnte von Glück reden, dass sie reich geheiratet hatte und selber reiche Eltern gehabt hat. Ich schüttelte leicht den Kopf. „Aber es besteht kein Zweifel daran, dass es immer wieder der gleiche Täter gewesen ist, nicht nur wegen der Art wie die Opfer ermordet wurden. Man hat bei jeder dieser Frauen eine rote Rose gefunden. Anscheinend hat man sie auch noch umworben.“ Verwirrt horchte ich auf. „Rote Rosen?“ Mutter nickte leicht. „Ja, dunkelrote Rosen. Ich wüsste nur zu gerne womit diese Bordsteinschwalben das verdient haben… die können teilweise froh sein, wenn sie überhaupt einen Freier abbekommen.“ Dunkelrote Rosen… meine Gedanken schweiften ab, zu dem Blumenstrauß, der auf meinem Fensterbrett stand und augenblicklich wich das Gefühl des Geschmeichelten dem der Panik. Gleich ein ganzer Strauß dunkelroter Rosen! Ich schluckte hart. „Uhm… mir… ist nicht gut… ich werde mich etwas hinlegen…“ murmelte ich und verließ schnell das Wohnzimmer. Meine Beine fühlten sich an wie Pudding und mir war schlecht. „Soll ich Dr. Fitch her holen?“ hörte ich Mutter noch rufen und schnappte kurz nach Luft. „Nicht nötig!“ Vom Gefühl der Ohnmacht beeinflusst tappte ich die Treppe hinauf in mein Zimmer. Auf einmal wirkte der Rosenduft nicht mehr so frisch und sommerlich wie ich ihn zu Beginn empfunden hatte. Er war nun vielmehr erschlagend und schwer und das Gefühl der Angst und der Unwissenheit machten mich in dem Moment unempfänglich für die Schönheit dieser Pflanze. Ich wusste nicht einmal wer mir diese Rosen geschenkt hatte und auch nicht weshalb. Ich wusste nur, dass diese Person sich etwas dabei gedacht haben musste.

Vielleicht war ja doch eine versteckte Nachricht in den Blumen versteckt und ich hatte sie nur nicht gesehen. Wie von Geisterhand wanderten meine Füße zum Fensterbrett und meine Finger begannen gleich den Strauß zu untersuchen. Als ich ihn bekommen hatte, habe ich ihn mir gar nicht genau angesehen, doch zunächst war auch nichts Ungewöhnliches zu sehen. Erst bei näherem Hinsehen konnte ich ein Haar entdecken, welches sich in einem der Blütenköpfe verfangen hatte. Mit hoch gezogener Augenbraue hielt ich es gegen das Licht.

Es war Schwarz. Schwarz wie Lestats Haar. Meine Güte! Das konnte doch nicht sein! Na gut… Lestat war vielleicht aufdringlich. Eigentlich sogar ziemlich unverschämt und auch ein bisschen unheimlich, aber zu so etwas konnte er doch nicht in der Lage sein. Nein, das würde er nie tun!

Doch, Moment mal! Warum verteidigte ich diesen unhöflichen Eisklotz auch noch?? Er war mir doch selber nicht einmal geheuer und nur weil da ein schwarzes Haar in den Blumen fest hing hieß es doch noch lange nicht, dass es von Lestat abstammte! „Ach, das ist doch zum Mäuse melken…“ grummelte ich und starrte wütend auf den Blumenstrauß. Die Angst wich einer gewissen Wut, wenn auch auf mich selber, als es auf einmal an der Türe klopfte. „Ja?“ „Ray? Alles in Ordnung mit dir?“ wieder war es Mutter, die das Zimmer betrat. „Geht es dir besser?“ „Ja, ich… mir war nur etwas schwindelig. Jetzt geht es wieder.“ „Sehr schön. Ray, bevor ich es vergesse, morgen Abend sind wir bei Mr. Mayfield eingeladen. Er feiert seine Kupferhochzeit und hat uns eingeladen. Es werden recht viele Menschen dort sein also schau, dass du dich entsprechend benimmst. Halte dich einfach an deinen Bruder. Er weiß sich gut in der Öffentlichkeit zu verhalten.“ „Ja, Mutter. Das werde ich.“ „Sehr schön. Also dann, wenn noch etwas sein sollte, sag einfach Bescheid.“ Und weg war sie. Diese Frau war wirklich unmöglich! Dein Bruder hier, dein Bruder dort! Ich konnte es nicht mehr hören! Genervt verdrehte ich die Augen. Ich würde wohl immer in Ethans Schatten stehen und das nur, weil er der Ältere war und ich das Nesthäkchen…
 

Da stand ich also schon wieder hier. Artig hatte ich Mr. Und Mrs. Mayfield zu 32 Jahren Ehe gratuliert, auch wenn ich mir keinen Reim darauf machen konnte wie sie es wohl so lange miteinander aushalten konnten. Angeblich stritten sie nämlich recht häufig.

Mein Bruder war wieder mit dem blonden Mädchen verschwunden. Man munkelte schon sie wären so etwas wie ein heimliches Paar und während alle Gäste sich gegenseitig heuchlerische Komplimente machten stand ich einfach nur in der Ecke rum. Lustlos nippte ich an dem furchtbar trockenen Rotwein und versuchte keine Miene zu verziehen. Trotzdem stellte ich das Glas schnell weg. Ich konnte nicht nachvollziehen wie die Leute so einen Wein einfach so trinken konnten. „Na? Ist dir auch so langweilig wie mir?“ hörte ich eine leise, anzügliche Stimme hauchen und ich nickte zur Antwort leicht. „Es ist zum wahnsinnig werden.“ Murrte ich und zog dann eine Augenbraue leicht hoch. Hatte gerade wirklich jemand mit mir gesprochen oder war ich tatsächlich dabei den Verstand zu verlieren?? Völlig irritiert schaute ich mich um und blickte geradewegs in ein amethystfarbenes Augenpaar, welches mich vergnügt anlächelte. „S- sie schon wieder!“ „Ich schon wieder?“ fast schon enttäuscht legte Lestat die Stirn in Falten. Natürlich war das nur gespielt. Er war der geborene Schauspieler! „Also einen etwas höflicheren Empfang hätte ich schon erwartet. Dein Bruder weiß wenigstens sich zu benehmen.“ Feixte er und wartete gespannt auf meine Reaktion. Mittlerweile kam es mir tatsächlich so vor als würde dieser Kerl mir nur nachrennen, damit er mich ärgern konnte bis ich schwachsinnig wurde. „Ja, ja, die Geschichte kenne ich schon.“ Murmelte ich und entfernte mich kurzerhand von ihm, hörte jedoch wie seine leichten eleganten Schritte mir folgten. Musste das denn sein? Merkte er denn nicht, wie sehr er mich bedrängte? Wahrscheinlich wusste er es nur zu gut. Er war halt ein Sadist. Nach einer Weile kam ich draußen im Garten an. In der Dunkelheit war es recht unheimlich, nicht nur weil man kaum etwas erkennen konnte, sondern auch wegen den antik anmutenden Steinstatuen, die hier und da von Rankpflanzen bewachsen waren. Die Schritte hatten sich verflüchtigt. Seufzend ging ich etwas weiter und eine Statue erregte meine volle Aufmerksamkeit. Es war ein aus Stein geschlagener Engel, aber einfach wunderschön. „Natürlich“ war er nackt und er war so aufgestellt, dass man seine Rückenansicht sah. Nicht dass ich auf einmal etwas für Männer übrig hätte, aber ich mochte es einfach wie detailliert die Figur ausgearbeitet war. Sie war einfach nur unglaublich schön. Meine Finger strichen kurz die Wirbelsäule hinab und es erschien mir fast als würde ich echte Knochen unter dem kalten Stein spüren können. „Eine schöne Statue, was?“ schon wieder diese Stimme! Schnell drehte ich mich um und begegnete Lestat von vorne herein mit einem abwehrenden Blick, doch er ging gar nicht erst darauf ein. Sein Blick studierte den Engel und blieb ausgerechnet an dessen… schön geformten Hinterteil hängen. Wie pervers! „Ich finde sie wirkt sehr ästhetisch. Es gibt meiner Meinung nach zu wenig schöne Statuen. Bei den meisten macht das Gesicht alles kaputt.“ „So, tut es das.“ Murrte ich und ging demonstrativ ein Stück weiter. „Ja, tut es.“ Auf einmal spürte ich einen festen Griff an meinem rechten Handgelenk und einen Ruck, der mich wieder zurück zog. Ich vollführte eine halbe Drehung und stand nu direkt vor Lestat, die Augen vor Schreck weit geöffnet. Noch immer hielt er mich fest und fixierte mich mit seinen Raubtieraugen. „Hmmmm…“ nachdenklich legte er die Finger seiner freien Hand unter mein Kinn und hielt es leicht hoch. „Von dir müsste man einmal eine Statue machen…“ säuselte er. „Bitte was??“ „Du hast mich schon richtig verstanden.“ Lestats Stimme wurde ernster und noch während ich wie erstarrt vor ihm stehen blieb, spürte ich wie seine Hand, die vorher noch mein Kinn hoch gedrückt hatte, über meine Wange strich. „Eine Statue von dir wäre einfach perfekt… genau das makellose Gesicht wie du es hast…“ er schnurrte leise und ließ von meiner Wange ab. „Aber wenn du so eine Schnute ziehst, würde selbst die beste Statue grässlich aussehen.“ Grinste er und ließ mich wieder ganz los. „Sie sind unverschämt! Lassen Sie mich doch einfach in Ruhe!“ fauchte ich ihn mit hochrotem Kopf an und versuchte an ihm vorbei zurück zum Haus zu gehen, doch er stellte sich mir ständig in den Weg. „Ich weiß gar was du hast. Ich habe dir eben nur ein Kompliment gemacht.“ Murmelte er gespielt beleidigt und hielt mich an den Armen fest. „Gut, wie du willst.“ Er sah mir fest in die Augen. „Ein Kuss.“ „Bitte???“ „Ein Kuss. Wenn du mich einmal küsst, lasse ich dich in Ruhe.“ Was für ein unmoralisches Angebot! Das war ja wohl mal mehr als dreist! „Um nichts in der Welt würde ich jemals einen Kerl küssen und dich sowieso nicht!“ fauchte ich ihn unwirsch an und stieß ihn von mir weg. Schnell lief ich an ihm vorbei, wurde jedoch wieder zurück gehalten und mit dem Rücken gegen den nächsten Baum gedrückt. Augen rollend schaute er mich an. „Jetzt stell dich mal nicht so an. Als wenn ein Kuss etwas so besonderes wäre.“ Murrte er und schaute mich herausfordernd an. „Nun komm’ schon. Mit einem einzigen Kuss kannst du all das beenden und du bist mich los.“

Das war ein Argument! Ein sehr gutes sogar, denn einen Moment dachte ich tatsächlich daran ihn zu küssen. Ich zuckte die Schultern. „Versprichst du es mir?“ fragte ich skeptisch und sah ihn entschlossen in die Augen. „Ich schwöre es hoch und heilig. Also? Ein zärtlicher Kuss und wir sind beide zufrieden.“

Völlig hin und her gerissne zwischen vorzeitig einsetzendem Ekel und der Vorfreude ihn schon bald los zu werden nickte ich. „Uhm... okay… aber nur einer…“ murmelte ich und drückte ihm einen kleinen Kuss auf die Lippen. Mit hoch gezogener Augenbraue schaute Lestat mich an. „Was war das denn?“ „Ich.. hab dich geküsst. Das wolltest du doch.“ Entgegnete ich gelassen und sah somit meinen Teil der Abmachung als erfüllt an. „So halbherzig küsst man seine Großmutter.“ Gab Lestat etwas pikiert von sich und sah mich belehrend an. „Wenn schon denn schon. Wenn du deine Ruhe haben willst, dann musst du auch dazu bereit sein etwas dafür zu tun.“ Erklärte er und ich schaute ihn einen Moment geschockt an. „Ganz oder gar nicht.“ Dann besser gar nicht! Es folgte ein betretenes Schweigen meinerseits, was mit einem erneuten Augenrollen Lestats zur Kenntnis genommen wurde. „Du hast schon zugestimmt. Also gibt es ohnehin kein zurück mehr.“ Erklärte er ernst. Genervt rümpfte ich die Nase. Was erlaubte der sich eigentlich?! „Sie sind unmöglich…“ murmelte ich und sah zur Seite weg. Wenn uns jetzt einer so sah war alles vorbei. „Hör auf mich zu siezen. So alt bin ich auch wieder nicht.“ Grummelte der Schwarzhaarige und verfestigte seinen Griff um meine Schultern. „Und jetzt schließ einfach die Augen.“ Sagte er nun mit fast schon sanfter Stimme und schaute mich an. Widerwillig schloss ich die Augen, konnte nicht mehr sehen, was er tat. Wie im Traum spürte ich nun wie seine rechte Hand von meiner Schulter abließ und sich unter mein Kinn legte. Er drehte mein Gesicht vorsichtig zu sich hin und schon wenig später spürte ich seine warmen, weichen Lippen, die die meinen einfingen.

Ob es sich genau so anfühlte, wenn man ein Mädchen küsste? Hatten Mädchen auch so weiche Lippen? Bestimmt! Ich erschrak furchtbar über meine Gedanken, doch noch mehr erschrak ich, als ich auf einmal Lestats weiche Zunge spürte, sie sich wie ein wendiger Aal ihren Weg in meinen Mund bahnte und meine eigene anstupste, als würde sie sie zum Kampf heraus fordern. Ich war wie erstarrt, konnte auf diesen recht intimen Annährungsversuch gar nicht reagieren und öffnete die Augen wieder. Lestats Gesicht wirkte ganz ruhig und entspannt, versuchte weiter mich anzutreiben, doch ich ging nicht darauf ein. Auf einmal öffneten sich seine Augen, woraufhin ich meine schnell wieder schloss.

Wahrscheinlich hatte er keine Lust mehr gehabt, denn er ließ von meinen noch immer prickelnden Lippen ab und blickte mich einen Moment nur an. „Du bist wirklich ziemlich steif.“ Meinte er ganz ungeniert und ließ mich langsam ganz los.

„Lässt du mich jetzt in Ruhe?“ war das Einzige, was ich noch sagen konnte. Ich hoffte inständig er würde mich nun endlich einfach leben lassen und mich nicht weiter belästigen. „So war es abgemacht.“ Antwortete er und strich sich durch das weiche Haar. Zumindest vermutete ich, dass es weich war… und glatt wie Seide.

Beschämt blickte ich zu Boden. Ich hatte mich von einem Kerl küssen lassen! Von dem wohl dreistesten und arrogantesten Mistkerl, dem ich überhaupt hätte begegnen können! Es war absolut erniedrigend und das Schlimme and er Sache war, dass sich dieser Kuss so sehr in mein Gedächtnis gebrannt hatte, dass ich ihn einfach nicht mehr vergessen konnte.

„Le-Lestat?“ fragte ich dann leise und schaute ihn zögerlich an. „Was denn?“ „Hast du… ich meine… vor ein paar Tagen… da hab ich…“ Himmel war das kompliziert! Normalerweise glitten mir die Worte doch so leicht von den Lippen! „ich hab einen Rosenstrauß bekommen… war der von dir? Ich hab da ein schwarzes Haar drin gefunden.“ Nuschelte ich und war froh endlich ein paar Sätze ohne Stottern hervor gebracht zu haben. „Wieso, hast du dich gefreut?“ fragte er unverschämt grinsend und sah auf mich hinab. „Das geht dich gar nichts an!“ fauchte ich knallrot um die Ohren und schaute wieder zu Boden. „Denk einfach scharf nach.“ Setzte er wieder an. „Wer sonst hätte dir noch solche Rosen schenken können? Ob ich es war? Kann schon sein. Lass dich überraschen...“ Was sollte denn jetzt der Mist? „Lestat?“ „Ja, Ray?“ „Hast du… hast du etwas mit diesen Morden zu tun, die im East End?“ kurzes Schweigen beider Fraktionen. „Du vertraust mir wohl immer noch nicht, oder?“ fragte Lestat nun doch etwas enttäuscht, woraufhin ich wütend aufschnaufte. „Wie soll ich dir denn vertrauen, wenn du mich ständig bedrängst??“ fauchte ich und funkelte ihn böse an. „Diese dunkelroten Rosen und das schwarze Haar sind schon mal sehr verdächtig und dann auch noch diese Morde! Bei jeder, wirklich jeder der Leichen wurde eine dunkelrote Rose gefunden und ich bekomme gleich einen ganzen Strauß?? Woher soll ich denn wissen, dass ich dir vertrauen kann, wenn du mir keinen Grund dazu gibst??“ jetzt sprach die pure Wut aus mir. Im Grunde musste ich nur Eins und Eins zusammen zählen und ich könnte Lestat als Serienmörder hinstellen, doch irgendwie wollte ich das nicht.

„Weit du was?“ fragte ich nun wieder etwas ruhiger. „Lass mich einfach in Ruhe, so wie es abgemacht war. Dann können wir beide ein ruhiges Leben führen. Ich werde mich auch nicht in dein Leben einmischen.“ Seufzend wandte ich mich von ihm ab, ging an ihm vorbei in Richtung Anwesen. Schon wieder spürte ich einen Ruck, wurde jedoch nur fest gehalten. Eine Wärme stieg von hinten in mir hoch. Lestat hatte sich hinter mich gestellt. „Ich weiß, dass du böse auf mich bist und dass du denkst ich wäre der größte Mistkerl, der jemals auf Erden gewandelt ist.“ Der kann ja Gedanken lesen! „Aber glaub mir wenigstens in diesem Punkt: Es gibt wesentlich schlimmere Menschen als mich und die werden auch nicht zögern dir weh zu tun. Wenn ich von dieser Sorte Mensch wäre hätte ich dich schon längst vergewaltigt, aber ich bin nicht so Ray. Vielleicht bin ich kein guter Mensch, aber ich werde niemandem wehtun an dem mein Herz hängt.“ Auf einmal war Lestats Stimme ganz sanft, fast schon traurig und auch wenn ich es nicht wollte, ich musste schon zugeben, dass es mich in gewisser Weise berührte,

was er da sagte. Langsam wurde mir wieder kalt. Lestat hatte von mir abgelassen, doch mein Herz wummerte noch immer so heftig in meiner Brust als würde es kollabieren.

Schnell nutzte ich meine Chance und rannte nach drinnen. Es wäre fast schon klischeehaft gewesen, wenn ich jetzt hingefallen wäre, doch es passierte nichts. Lestat folgte mir auch nicht. Das Einzige, was mir jetzt noch blieb war das gruselige Kribbeln auf meinen Lippen und die Erinnerung an seine Stimme, die eben so weich geklungen hatte.

Es war schon merkwürdig. Den ganzen Abend über sah und hörte ich nichts mehr von ihm. Dennoch konnte ich nicht aufhören an ihn zu denken und das regte mich innerlich furchtbar auf. Doch nicht nur das. Es wühlte mich auch auf! All das, was geschehen war hatte sich unwiderruflich in mir verankert und ich wurde es einfach nicht mehr los. Wahrscheinlich war das die Intention des Ganzen gewesen. Es hätte mich nicht gewundert, wenn Lestat gewusst hätte, dass ich ihn nicht mehr vergessen kann. Immerhin war er nicht dumm... er war nur ein Charakterschwein. Es war kein schönes Wort, aber für Lestat dafür umso treffender.

Erst recht spät konnte ich meine Eltern dazu überreden nun endlich nach Hause zu fahren, allein mit der Begründung, dass es mir nicht gut ginge und das war noch nicht einmal gelogen. Mir ging es wirklich schlecht! Ein Mann hatte mich geküsst! Mein Herz konnte sich nicht beruhigen und mir war flau im Magen, wirklich ganz ernst zu nehmende Symptome. So stiegen wir mit meinem Bruder in die Kutsche und fuhren heim.
 

Diese Nacht konnte ich nicht schlafen. Ich musste zuviel Nachdenken und wälzte mich ständig von einer Seite auf die Andere. Diese Runde ging eindeutig an Lestat, denn mir war nun absolut klar, dass er sein Etappenziel erreicht hatte:

Er hatte sich in mich hinein gefressen und nu konnte ich ihn nicht mehr vergessen.

~Amethyst Remembrance~

VI. Amethyst Remembrance
 

Es war wie verhext. Schon seit Tagen hatte ich nichts mehr von Lestat gehört. Es war wie bei unseren letzten Begegnungen: Wir sahen uns einmal und dann hörten wir, wie mir schien, fast eine halbe Ewigkeit nichts mehr voneinander. Nicht, dass es schlimm wäre, aber es war schon irgendwie komisch und mittlerweile kam es mir fast so vor als würde ich mir wünschen, ich könnte ihn wieder sehen… und das obwohl ich noch immer Angst hatte er könnte der Ripper sein. Bis jetzt war nichts mehr passiert, doch ein Seriemörder hört nicht einfach auf und es sollen Briefe bei der Polizei erschienen sein, und zwar vom Mörder höchstpersönlich! Auch wurden immer wieder dunkelrote Rosen vereinzelt im East End gefunden. Man vermutete, dass der Ripper einen damit in die Irre führen will. Wieder Andere behaupteten, es wären die Fundorte der neuen Leichen.

Ich selbst wusste nicht mehr, was ich glauben sollte und was nicht. Der Rosenstrauß fing langsam an zu welken, aber trotzdem wollte ich ihn nicht weg schmeißen. Ich konnte es einfach nicht und jedes Mal, wenn ich über die trockenen Blüten strich, durchfuhr ein Schauer meinen Körper.
 

Es war Sonntagnachmittag und die ganze Familie saß im Wohnzimmer, selbst mein Bruder war anwesend, zusammen mit dem blonden, zierlichen Mädchen. Mit vor Stolz geschwellter Brust sah er zuerst meine Eltern an, dann mich. „Vater, Mutter…“ begann er und ergriff die weiße Hand des Mädchens. „Ihr wisst sicherlich, dass ich seit längerem gedenke zu heiraten um die Blutlinie unserer Familie fort zu führen.“ Allein schon bei diesen Worten konnte ich das Funkeln in den Augen meiner Mutter erkennen und rollte kurz mit den Augen. Das Mädchen, dessen Name ich noch nicht kannte, hielt sich noch höflich zurück.

Mein Vater schaute Jack und das blonde Wesen an. „So… das ist wirklich löblich von dir, mein Sohn.“ Sagte er und auf seinen Lippen zeichnete sich ein leichtes Lächeln ab, was meinen Bruder nur noch mehr grinsen ließ. Er hielt sich jedoch noch zurück und nickte leicht. „Freut mich Vater… nun, dies ist Elizabeth Montgomery. Schon seit längerem treffen wir uns regelmäßig und denken nun darüber nach eine eigene Familie zu gründen. Dafür brauchen wir deinen Segen.“ Die Montgomerys waren eine nicht weniger angesehene Familie als die unsere und die Aussicht durch diese Verbindung noch mehr Einfluss zu gewinnen, war für Vater schon eine Menge wert. Lächelnd stand er auf, woraufhin sich auch mein Bruder und Elizabeth erhoben.

Er ergriff die Hand meines Bruders und umschloss sie mit seinen eigenen. „Selbstverständlich hast du meinen Segen, mein Sohn.“ Verkündete er zufrieden und wandte sich dann der Verlobten zu. „Und du Elizabeth, mach meinen Sohn glücklich, Er ist nicht immer ganz umgänglich, aber er wird gut für dich sorgen.“ Sie nickte leicht und auf ihren Lippen zeichnete sich ein fast schon engelsgleiches, erleichtertes Lächeln ab. „Ich danke Euch.“ Ihre Stimme war zart und schmeichelte den Ohren. Ich hoffte nur, dass Jack dann auch möglichst schnell ausziehen würde, wenn er nun bald heiraten würde. Meine Mutter war fast außer sich vor Freude, sodass sie ein paar Tränchen verdrücken musste. Sie umarmte ihren älteren Sohn und nahm dann anschließend Elizabeths Hände, verkündete noch einmal wie stolz sie sei und wie hübsch sie ihre Schwiegertochter in Spee doch finden würde, etc, etc.

Es war einfach zum wahnsinnig werden und die Tatsache, dass mein Bruder bald heiraten würde bedeutete auch für mich, dass meine Eltern bald nach einem Mädchen für mich suchen würden, eines, das ganz und gar ihren Idealen entsprach und SIE würden es für MICH aussuchen, weil ich von selber nie auf Frauenjagd gehen würde und irgendwer musste schließlich die Ehre unserer Familie retten. Dabei wollte ich mich doch noch gar nicht fest an jemanden binden. Aus Höflichkeit beglückwünschte ich meinen Bruder natürlich und dann auch seine hübsche Verlobte mit den Korkenzieherlocken.

Dann verzog ich mich so schnell wie möglich in meinem Zimmer und spielte etwas auf meiner Violine. Es war eine Melodie, die ich noch nie vorher gespielt hatte. Ich spielte einfach drauf los. In letzter zeit tat ich das öfter, denn so konnte ich mich einfach von meinen Gefühlen leiten lassen und sie formten und komponierten dann ihr eigenes Stück.

Manchmal würde ich diese persönlichen Musikstücke gerne zu Papier bringen, doch ich vergesse sie meistens direkt nachdem ich sie gespielt habe… eigentlich ein Jammer.

Auf einmal hörte ich dumpfen Lärm an meiner Fensterscheibe. Was war das? Ich schaute zu meinem Fenster und sah wie etwas dagegen geworfen wurde. Schnell lief ich hin und öffnete es. Die ganze Fensterbank war übersäht mit dunkelroten Rosen! Ein paar waren herunter gefallen und lagen unten auf dem Rasen vor meinem Zimmer. Ich sah mich um. Niemand war zu sehen. Bestimmt hatte die Person sich ins Gebüsch geflüchtet. Mein Blick wanderte wieder zu den Rosen. Eine von ihnen fiel mir dabei besonders ins Auge. Sie hatte einen recht großen, gefüllten Blütenkelch und duftete besonders stark. An dem schlanken Stiel war ein kleiner Zettel befestigt.

Einen Moment biss ich mir auf die Unterlippe. Dann holte ich die alten Rosen aus der Vase und warf sie weg, füllte den Behälter mit frischem Wasser und stellte die neuen Blumen von meiner Fensterbank rein, alle, bis auf die mit dem Zettel. Ich schloss das Fenster wieder und setzte mich mit der Rose auf mein Bett, löste den kleinen Zettel und rollte ihn auseinander um ihn lesen zu können.

„Irren ist menschlich und vielleicht irrst du dich. Pass auf, dass du nicht dem Falschen in die Arme läufst.“

Das Ganze war schon ziemlich verwirrend, denn seit ich Lestat zum ersten Mal begegnet war, war so viel passiert… diese Mordserie, diese Erinnerungen und dieses merkwürdige Kribbeln im Bauch. Es irritierte mich immer mehr und machte mich ganz diesig im Kopf.

Seufzend spielte ich mit der Rose in meiner Hand herum, streichelte über die samtenen Blütenblätter. Sie erinnerten mich stark an John und irgendwie war es noch immer traurig, dass ich mich nicht richtig hatte verabschieden können und jetzt war er tot…
 

Die Hochzeitsplanung ging schnell voran. Meine Mutter und die der Braut trafen sich oft um noch letzte Details zu besprechen, die das Brautkleid betrafen, die Torte und all die Dinge von denen Männer nichts verstanden. Von Lestat gab es immer noch kein Lebenszeichen. Eigentlich hätte ich zufrieden damit sein sollen, immerhin war das mein Wunsch gewesen, doch irgendwie fühlte ich mich unwohl dabei. Fast einen Monat lang geschah nichts… keine Morde, keine Rosen, gar nichts, außer der Hochzeitsstress und Anfang November geschah dann etwas, das ich nie für möglich gehalten hätte: Ich sollte zu einer Gesellschaft… ALLEIN! Meine Eltern und mein Bruder waren so beschäftigt, dass ich als Ersatz dorthin musste. Ich kannte nicht einmal den genauen Anlass, aber es gab wohl immer einen Grund zum feiern, was mir persönlich als reichlich verschwenderisch erschien.

Ob ich wollte, oder nicht, am Abend des 9. Novembers stand ich schon wieder in einer Masse von Menschen, von der ich niemanden kannte außer einer einzigen Person und das war ausgerechnet die Person, die ich am wenigsten sehen wollte. Diese Person trug auch noch den Kopf einer dunkelroten Rose am Jackett! Lestat schien wirklich nichts zu tun zu haben. Ständig war er auf genau den gleichen Veranstaltungen wie ich. Vielleicht war er ja auch ein Psycho, der mich beobachtete und mich abhorchte. Kopfschüttelnd schlug ich mir diesen albernen Gedanken aus dem Kopf und nippte an meinem Wein. Das war einfach unmöglich! Der Kerl sagte nichts, tat nichts, er ignorierte mich auf ganzer Linie!

Eigentlich störte es mich ja nicht, aber ich empfand es einfach als unhöflich. Immerhin kannten wir uns auch schon etwas und da war es nur angebracht mich wenigstens zu grüßen.

Auch als ich wie zufällig an ihm vorbei ging und mir mit krampfhaften Lächeln ein: „Guten Abend.“ abzwang, schaute er an mir vorbei… oder eher über mich hinweg.

Der hielt sein Wort tatsächlich! Es war schon merkwürdig, aber eigentlich hatte ich ihn nicht als jemanden eingeschätzt, der der auch seine Versprechen hielt, doch sogar ein Mistkerl wie er schien noch etwas Ehre zu haben.

Da es sowieso keinen Sinn zu haben schien ihn anzusprechen und er auch keine Anstalten machte mit mir zu reden, ließ ich es einfach bleiben und auf einmal war er verschwunden.

Es dauerte nicht sehr lange und ich hatte endlich einen Gesprächspartner gefunden. Es war ein junger Herr mit blondem Haar und braunen Augen, vermutlich Anfang 20. Sein Name war George Mc Kensy und vom Charakter her war er ziemlich aufgeweckt. Wir waren schnell ins Gespräch gekommen, da er angeblich ein Freund meines Bruders war und natürlich wollte er gleich alles über die anstehende Hochzeit erfahren. Wie es aussah hatte sich das Ganze recht schnell herum gesprochen und während die Zeit dahin floss, floss in unsere Körper hingegen immer mehr Alkohol. In der gelösten Stimmung war es wesentlich leichter ein Glas nach dem anderen zu trinken.

„mit Sicherheit habt Ihr doch auch schon ein Mädchen im Auge, oder nicht?“ fragte er dann grinsend und nippte an seinem Weinglas. Schnell schüttelte ich den Kopf. Heiraten?! Nicht doch! Ich war doch selber noch fast ein Kind! Dabei waren frühe Eheschließungen keine Seltenheit. „Nein, noch nicht. Ich werde mir wohl etwas Zeit lassen. Für`s erste ist der Fortbestand unserer Familie immerhin gesichert.“ Erklärte ich ihm dann etwas höflicher, wobei George wissend nickte. „So… etwas Zeit lassen…“ wiederholte er leise flüsternd und schwieg einen Moment, ehe er wieder das Wort ergriff. „Wisst Ihr, es geht schon seit längerem das Gerücht um, dass Lestat Rénoire Interesse Euch gegenüber gezeigt hat, ist das wahr?“ fragte er dann etwas leiser und fixierte mich mit seinen dunkeln Rehaugen. Sofort spürte ich wie meine Wangen und Ohren rot würden. Schnell senkte ich den Blick wieder. „Nein, da müsst Ihr euch irren. Ich habe mit ihm lediglich ein paar Worte gewechselt. Mehr war da nicht.“ Erklärte ich ihm schnell, doch George zog nur eine Augenbraue hoch und schob mich beiseite. Seufzend schaute er zu mir runter. „Es ist gefährlich…“ begann er mit bedächtiger Stimme. „In der heutigen Zeit eine homosexuelle Beziehung zu führen ist strafbar und zwar schon seit drei Jahren. Wenn Ihr nicht aufpasst könnte es mit Ihnen schneller bergab gehen, als Ihnen lieb ist.“ Ich schluckte leicht. Als wenn ich homosexuelle Neigungen hätte! Ich war eindeutig nicht schwul und dann erzählte mir dieser Kerl so ein komisches Zeug?? „Ich kann nur noch einmal wiederholen, dass zwischen diesem Lestat und mir nichts ist und um ehrlich zu sein kann ich ihn nicht ausstehen!“ meine Stimme war wohl etwas lauter geworden als eigentlich gewollt, denn auf einmal hatten sich einige der anwesenden Gäste zu mir umgedreht. Betreten schaute ich die Leute an und schielte dann wieder zu George. „Vielleicht sollten wir das Thema wechseln.“ Nuschelte ich, woraufhin er leicht nickte. „Wie Ihr wollt.“

Im Laufe des Abends musste ich fest stellen, dass von Lestat auf einmal jede Spur fehlte, doch das Schlimme an der Sache war, dass ich ihn suchte! Ich suchte den Mann, den ich auf den Tod nicht ausstehen konnte! Nebenher wurde ich noch ordentlich von George abgefüllt, der wirklich einer von der trinkfesten Sorte zu sein schien und mich mit irgendwelchem Zeug zubrabbelte. Hin und wieder hörte ich etwas mit Whitechapel-Morden, Theater und Frauen heraus, doch wirklich zuhören tat ich nicht, auch wenn er noch so nett war.

Am Ende wusste ich nicht einmal wie spät es war, doch ich schien einer der Letzten zu sein als ich mich entschloss endlich nach Hause zu gehen. “Soll ich Euch mit meiner Kutsche nach Hause fahren?“ fragte der Blonde freundlich, der mich den Abend über schon „betreut“ hatte, doch ich schüttelte nur den Kopf. „Nein, das wird nicht nötig sein. Ich schaffe das schon, aber trotzdem vielen Dank.“ Er schaute mich skeptisch an, nickte am Ende aber doch. „Gut, wie Ihr meint. Kommt gut nach Hause…“ er brachte mich noch zur Türe und ich machte mich mit vom Alkohol schweren Füßen auf den Weg.

Da Alkohol jedoch nicht nur die Füße schwer machte, sondern auch die Sinne vernebelte, verlor ich schon bald die Orientierung. Ich hatte keine Ahnung wie betrunken ich war und welchen Weg genau ich gegangen war, doch eines wusste ich: Auf einmal wurde es dunkel.

Ich war in einem der schlimmsten Elendsviertel gelandet, dem East End. Schon seit einigen Tagen hatte es keine neuen Morde mehr gegeben, doch noch immer war die Angst der Leute in der Luft zu spüren und ein widerlicher Gestank stieg einem in die Nase. Es roch nach Urin, Krankheit und Schmutz. In meiner geistigen Abwesenheit merkte ich jedoch nichts davon. Nach einer Weile blieb ich stehen und fasste mir an den Kopf. Wo zum Teufel war ich denn nur gelandet?? Mein Blick schweifte etwas weiter nach oben und ich konnte verschwommen die Umrisse eines Schildes sehen. „Miller’s Court“ war darauf zu lesen.

Auf einmal zuckte ich zusammen. Ein erstickter Schrei erfüllte die fast menschenleere Gasse, dann herrschte Stille… eine unheimliche Stille und es wurde kalt. Mit langsamen, etwas unbeholfenen Schritten schlich ich mich vorwärts. Es war die Stimme einer Frau gewesen, die da so geschrieen hatte und man hatte deutlich die Worte: „Oh, Mord!“ heraus hören können. Hier war es mittlerweile keine Seltenheit mehr, aber trotzdem machte es mir Angst. In meinem Viertel ging es da etwas anders zu. Auf einmal ging eine der Türen leise knarrend auf und ein blasser Lichtschein fiel auf die Straße. Bemüht etwas zu erkennen, kniff ich die Augen zusammen, dich konnte nur eine Person erkennen, ganz in schwarz gekleidet und mit einem Zylinder auf dem Kopf. Mir stockte der Atem. Dieses Bild, was sich mir da gerade bot… der Mantel, der Hut, einfach alles! Die ganze Gestalt ähnelte den Beschreibungen des Rippers!

Auf einmal fing mein Puls an zu rasen und eine jähe Panik überfiel mich. Was sollte ich tun?? Hatte er mich gesehen?? Wieso blieb er denn auf einmal stehen?? Bestimmt sah er mich an! Er fing an zu rennen, rannte genau auf mich zu und ein langer Gegenstand, der kurz aufblitzte wurde in seiner linken Hand sichtbar Nur kurz sah man etwas dunkelrotes Blut von der Spitze tropfen. Dann wurde es wohl am Mantel abgewischt. Mir war nicht klar, dass er mich in der Dunkelheit nicht sehen konnte, doch ich hatte zu große Angst. Auf einmal kam der Aufprall.

Wir waren ineinander gelaufen, der mögliche Mörder und ich! Das Herz schlug mir bis zu Hals und ich erwartete den Gnadenstoß…. Doch nichts passierte. Ich hörte nur meinen eigenen, keuchenden Atem, der wirre Blick auf den Boden gerichtet. Ich konnte seine Schuhe im Mondschein erkennen, schwarz glänzend und ziemlich neu. Er ging nicht weg! Warum ging er nicht?? Mit zitternder Unterlippe wanderte mein Blick weiter hoch und dann sah ich sie! Amethystfarbene Augen, die unter dem Zylinder aufblitzten!

Ich spürte eine plötzliche Übelkeit aufsteigen. Lestat war der Mörder?? Ich hörte ein leises Keuchen seitens des Mannes, der mir gegenüberstand. Seine freie rechte Hand ergriff die Meine und ich spürte etwas langes Schmales in meinen Händen. Auf einmal entfernte er sich wieder, schien zu rennen? Meine Güte! Warum hatte ich nicht einfach geschrieen? Meine Kehle war noch immer trocken und wie zugeschnürt von einem zu engen Korsett. Völlig unter Schock wanderte mein Blick auf meine rechte Hand und wie von selbst wanderten meine Füße zur kaputten Laterne, die vor sich hin flackerte. Eine dunkelrote Rose…

Was danach passierte, wusste ich nicht mehr und alles war mir von dieser Nacht noch blieb war die rote Rose und die Erinnerung an zwei amethystfarbene Augen...

~The Devil`s Trill~

VII. The Devil’s Trill
 

Grässlich… es war schon fast wie ein Alptraum, denn jedes Mal, wenn ich meine Augen schloss sah ich diese violetten Augen in der Dunkelheit aufblitzen.

Man hatte mir gesagt, dass ein Polizist mich bei seinem Rundgang gefunden und nach Hause gebracht hätte. Ich traute mich nicht auch nur mit irgendjemandem darüber zu sprechen, dass ich möglicherweise dem Serienmörder begegnet war.

Mein Verdacht erhärtete sich nur noch mehr, als ich kurze Zeit später in der Zeitung einen Artikel las. In der Nacht in der ich diesem Unbekannten begegnet war, hatte sich nämlich ein neuer Mord ereignet und zwar im Miller’s Court 6. Das Opfer war die Prostituierte Mary Jane Kelly und wieder handelte es sich um eine Tat von Jack the Ripper. Die genaue Todesuhrzeit wurde nicht bekannt gegeben, doch alleine die Tatsache, dass ich wohl fast Hundertprozentig dem Mörder begegnet war, reichte aus um mir Tausende eiskalte Schauer über den Rücken zu jagen.

Hinzu kam, die Vermutung, dass Lestat dieser Mörder war, was die Sache nur noch schlimmer machte. Na gut, er war nicht unbedingt ein Engel mit einem Heiligenschein, doch ich hätte ihm eigentlich nicht zugetraut, dass er Menschen töten würde und das ohne ersichtlichen Grund.

Bestimmt hatte er noch mehr Leichen im Keller…

Nach nicht allzu langer Zeit hatte ich mich einigermaßen erholt. Sowohl vom Alkohol, als auch von dem Schock, doch noch immer war mir flau im Magen und ich hatte Angst im Dunkeln alleine draußen zu sein. Immerhin könnte ja Gott weiß was passieren. Verstecken konnte ich mich jedoch auch nicht. Das wäre wirklich zu absurd.

So wagte ich mich eines Nachmittags doch raus, zusammen mit dem Rest der Familie und der Schwiegertochter in Spee, Elizabeth, die natürlich voll und ganz mit meinem Bruder beschäftigt war. Mir war mittlerweile klar, das jedes Mal, wenn ich nach draußen ging irgendetwas passieren würde und es kam mir fast schon wie eine Art Fluch vor, der auf mir lastete seit ich Lestat zum ersten Mal begegnet war.

Etwas abseits meiner Eltern und von meinem Bruder mit seiner Auserwählten, schlenderte den Kiesweg entlang. Es war kalt und jedes Mal, wenn ich atmete, konnte ich diesen weißen Dunst sehen, wirklich unangenehm. Mittlerweile hatten sich bei dem Wetter auch einige Andere hinaus getraut, sodass man vereinzelt ein paar Menschen begegnete, doch nur eine Person stach wirklich hervor, so sehr, dass sich alle nach ihr umdrehten und ihr nachsahen. Das lag wohl an dem Zylinder. In der Dunkelheit hätte man sie wohl für den Ripper gehalten, doch bei Tage wirkte sie eher wie ein eleganter Graf, ein Count, oder ähnliches. Schon wieder breitete sich in mir dieses Gefühl des absoluten Unbehagens aus und ich wusste nicht was ich tun sollte. Der Mann kam direkt auf uns zu, immer näher und näher. Leicht schluckend drängte ich mich in den Zwischenraum, der zwischen meinen Eltern herrschte und ihrem ältesten Sohn, der etwas weiter hinten ging. Da sah ich ihn auch schon und mein Blick wollte einfach nicht von ihm lassen. Ich wollte wissen, was für ein Gesicht unter diesem Hut steckte. Auf einmal blieb er stehen und fasste meinen Vater am Arm. „Mr. Morrington?“ fragte er mit der gewohnt tiefen, aber fast schon sinnlichen Stimme und schon diese einen Worte reichten völlig aus um mir zu sagen wer dieser Mensch war.

Ich hätte ihn immer und überall wieder erkannt, allein schon anhand eines Wortes.

Etwas verwirrt wandte sich mein Vater dem Mann zu und fing dann herzlich an zu lachen und reichte ihm die Hand. „Lestat, mein Lieber! Ihr wisst doch wie gefährlich es ist zu solch einer Zeit mit Mantel und Zylinder in London zu verkehren. Die Presse berichtet einiges und wenn ich es nicht selbst besser wüsste, so hätte ich Euch doch tatsächlich für den diesen berüchtigten Serienmörder gehalten!“ lachte er, während Lestat seinen Hut abnahm und vornehm die hand meiner Mutter küsste. „Mylady…“ schnurrte er und schaute fast schon ergeben zu ihr hinauf. „Ihr seht heute hinreißend aus, wenn ich das so sagen darf. Dieses Kleid steht Euch wirklich ausgezeichnet!“ Weiberheld! Und meine Mutter fiel auch nicht darauf herein! Bei den Worten des jungen Mannes war sie sofort errötet und gab ein belustigtes Kichern von sich. Da wandte sich Lestat aber auch gleich wieder meinem Vater zu, während er MICH einfach ignorierte! „Wohl wahr… die Zeitungen berichten so einiges. Whitechapel-Mörder, Jack the Ripper… mittlerweile hat man ihm sogar den Spitznamen ‚Rosenmörder’ gegeben.“ Sagte er nachdenklich, aber keineswegs beunruhigt. „Die Namen einiger angesehener Bürger dieser Stadt könnten nun in Verruf geraten.“ Mein Vater nickte leicht. „Ihr kennt doch mit Sicherheit diesen Michael Ostrog, nicht wahr? Man erzählt sich er sei einer der Verdächtigen.“ erzählte er und schaute kurz auf seine Taschenuhr. „Es wird viel erzählt, wenn der Tag lang ist und die Ermittlungen nicht vorankommen. Da ist es nicht verwunderlich, dass die Polizei jeden als potenziell Verdächtigen einstuft, der auch nur entfernt mit den Morden zu tun haben könnte. Selbst Joseph Merrick wird angeblich mit dem Mörder in Verbindung gebracht.“ Lestat rollte gelangweilt mit den Augen, doch Mutter schien nun ganz in ihrem Element zu sein: Klatsch und Tratsch.

„Joseph Merrick?“ fragte sie aufgeregt. „Das ist doch dieser Elefantenmensch, nicht wahr?? Mrs Andrews, eine gute Freundin von mir meinte, sie hätte ihn einmal gesehen… wirklich ein armer Tropf, aber was will man machen? Ich persönlich könnte ihn mir sehr gut als Mörder vorstellen. Mit solchen Entstellungen am ganzen Körper würde mit Sicherheit nicht einmal eine von diesen Prostituierten mit ihm schlafen wollen. Da entwickelt man doch schnell Menschenhass.“ Sie war wieder lebendig wie immer, doch Lestat schüttelte gleich den Kopf, schien sich bestens auszukennen. „Merrick kann nicht der Mörder sein. Als solcher wäre er zu langsam. Er muss höllische Schmerzen haben und in so einem Zustand kann man unmöglich solche Morde begehen, geschweige denn schnell genug laufen um der Polizei zu entkommen.“ Auf einmal schaltete sich mein Bruder ein, der mit Elizabeth das Gespräch verfolgt hatte. „So, so…“ murmelte er nachdenklich. „Ihr scheint bei diesem Thema ganz gut bewandert zu sein, aber woher kommt das nur?“ ein kurzes Grinsen legte sich auf sein Gesicht. Ich wusste, dass Jack Lestat nicht ausstehen konnte. Er war ihm zu arrogant. Plötzlich fuhr er fort. „Soweit ich weiß ist das Wappen eurer Familie doch eine dunkelrote Rose, nicht wahr? Da ist es schon etwas merkwürdig, dass einer wie Ihr sich auch noch so eingehend mit diesen Morden beschäftigt, die allesamt durch eine dunkelrote Rose gekennzeichnet sind.“ Er strich sich kurz überheblich mit der Hand durch das glatte Haar. „Wollt Ihr damit sagen, dass ich aufgrund dessen ebenfalls in das Fadenkreuz der Polizei geraten könnte?“ fragte Lestat nüchtern und eine seiner Augenbrauen zog sich leicht hoch. „Und nichts anderes, mein Lieber.“ Entgegnete Jack „Ich will damit natürlich nicht sagen, dass ich euch verdächtige, doch man kann sich nie sicher sein., nicht zu solch schweren Zeiten.“

„Aber er würde nie andere Menschen umbringen!“ sprudelte es auf einmal erzürnt aus mir heraus und vor Schreck hätte ich mir fast die Hand vor den Mund geschlagen. Was war das denn gewesen?? Sofort schauten mich alle verwundert an, bis auf Lestat natürlich. Dieser hatte ein zufriedenes Grinsen auf den Lippen. „I- ich meine… also, was ich sagen wollte war… man sollte… keine voreiligen Schlüsse ziehen, genau!“ ich nickte kräftig um meine Aussage zu bestärken. „Immerhin… könnte jeder etwas mit diesen Mordfällen zu tun haben…“ meine Stimme wurde leiser. „Es muss nicht unbedingt Lestat sein, der darin verwickelt ist.“ Einen Moment herrschte eine unangenehm drückende Stille. Der Erste, der das Wort ergriff war Lestat, der auf einmal anfing zu lachen. „Das war wirklich sehr edelmütig von dir mich zu verteidigen, aber ich denke, dass ich sehr wohl in der Lage bin für mich selber auszusagen.“ Schmunzelte er, blickte mich trotzdem dankbar an und irgendwie machte mich dieser kurze, warme und freundliche Schimmer in seinen Augen glücklich.

„Wie dem auch sei.“ Er verbeugte sich kurz vor den Damen um dann meinen Vater wieder anzusehen. „Ich muss langsam weiter, da ich noch eine wichtige Verabredung habe. Auf bald.“ Mit wehendem Mantel und aufgesetzten Zylinder setzte er seinen Weg an uns vorbei vor, streifte mich dabei kurz. Ich fühlte etwas kaltes, dünnes in meiner Hand. Meine Eltern waren schon weiter gegangen.

Als ich den Blick senkte konnte ich eine Karte erkennen. Es war eine Spielkarte und zwar die des „Herzkönig“. Ich seufzte tief und drehte mich noch mal um, doch Lestat war schon fast gänzlich verschwunden. „Dummkopf…“ nuschelte ich und steckte die Karte in die Hosentasche. Dann rannte ich meinen Eltern schnell hinterher.
 

Wie verhext… so konnte man mich im Moment ganz gut beschreiben. Lestat ließ mich nun weites gehend in Ruhe…. Theoretisch zumindest. Wenn man sich zufällig begegnete dann wurde geschwiegen und er ignorierte mich und das machte mich einfach nur rasend!

Dieser Kerl wusste doch auch nicht, was er wollte! Vor nicht allzu langer zeit schien er noch verrückt nach mir zu sein und was ist jetzt? Nichts mehr! Keine überheblichen Kommentare mehr, keine anzüglichen Blicke… im Gegenteil, er sah mich überhaupt nicht mehr an! Es schien mir fast schon unerträglich und mittlerweile hatte ich die Nase gestrichen voll und es war es schon fast klar, dass ich ihn sehen musste, dass ich mit ihm reden musste, denn ich hatte da so einiges, was ich nicht verstand und was einer Antwort bedarf. Allerdings hatte ich ein Problem: Ich kannte seine Adresse nicht und hatte auch sonst keine Anhaltspunkte bezüglich seines aktuellen Aufenthaltes.

Da gab es also nur noch eine einzige Möglichkeit: Im Büro meines Vaters war ein Adressbuch und mit Sicherheit war dort auch Lestats Adresse vermerkt, denn immerhin kannten sie sich schon eine Weile und hatten etwas engeren Kontakt. Mit Sicherheit hatten sie da auch ihre Adressen ausgetauscht. Ich nutzte meine Chance als meine Eltern nachmittags eingeladen waren und mein Bruder war bei Elizabeths Eltern.

Die einzige Panne, die mir jetzt noch passieren konnte war, dass mich einer der Hausangestellten beim herumschnüffeln erwischte, doch das war sehr unwahrscheinlich. So leise ich konnte schlich ich mich in das Büro meines Vaters.

Es war voll gestellt mit Regalen und Schränken voller Bücher und Dokumente. In der hinteren rechten Ecke stand ein großer Globus, doch wenn man ihn in der Mitte aufklappte befand sich sein persönlicher Vorrat an alkoholischen Getränken, vorzugsweise Whiskey, darin. Insgesamt war es wie immer sehr ordentlich. Voller Anspannung und mit leicht zitternden Fingern durchsuchte ich die Schubladen des Schreibtisches. Noch nie in meinem ganzen Leben hatte ich in den persönlichen Sachen meines Vaters herum geschnüffelt und wenn er herausfinden würde, dass ich sein Arbeitszimmer durchsucht hatte, dann wäre ohnehin alles vorbei. Umso vorsichtiger kämpfte ich mich durch die Bücher und Mappen, die ich finden konnte, bis ich endlich ein in dunkelbraunes Leder gebundenes Buch fand. Nach kurzem Durchblättern war schon klar, dass es das Buch war, das ich suchte.

Alle Namen waren ordentlich sortiert und so war es auch nicht schwierig Lestat ausfindig zu machen. Schnell schrieb ich mir seine Anschrift auf, legte das Buch in die Schublade zurück, schloss dieselbige und lief schnell zur Türe. Mit schnell klopfenden Herzen legte ich die Hand auf die Türklinke, als diese sich ohne mein Zutun von selber nach unten drückte. Die Türe ging auf und mein Bruder stand vor mir. Mit vor Schreck geweiteten Augen schaute ich zu ihm hoch, sah mich nicht in der Lage etwas zu sagen. Das hatte mir gerade noch gefehlt! Mit einem fast schon triumphierenden Grinsen schaute er auf mich hinab und zog mich aus dem Arbeitszimmer. Den Zettel hatte ich zuvor noch in die Hosentasche stecken können. „So, so… Ray, du weißt doch, dass es verboten ist in Vaters Zimmer herum zuschnüffeln.“ Sagte er gespielt enttäuscht und schüttelte den Kopf. Seine Hand legte er fest um meine Hüfte und schob mich zu seinem Zimmer. „W-was machst du denn schon hier, Jack? Müsstest du nicht bei den Eltern deiner Verlobten sein??“ fragte ich hektisch, während ich mit ansehen musste wie sein Grinsen nur noch breiter wurde. „Es ist etwas dazwischen gekommen.“ antwortete er lässig und schloss die Türe hinter sich als wir in seinem Zimmer waren.

Das grinsen verschwand sofort und sein Gesicht verzog sich zu einer fiesen Grimasse. Augenblicklich rutschte mir das Herz in die Hose und ich wich einen Schritt zurück. „Als Ray, was hast du in Vaters Büro gemacht? Wir wissen es beide. Es bringt also nichts es zu verheimlichen.“ Noch bevor ich antworten konnte sprach er auch schon weiter. „Als wir diesem Lestat letztens begegnet sind hast du ihn ja ganz schön in Schutz genommen. Du ergreifst doch sonst nicht derart Partei für jemanden. Was ist der Grund dafür?“ ich schluckte hart. Was erwartete er denn von mir?? Wie sollte ich ihm Antworten auf Fragen geben, von denen ich die Antwort selber nicht wusste?? „Jack, ich…ich will dich wirklich nicht anlügen, aber… ich weiß es wirklich selber nicht. Ich fand es nur ungerecht, dass du ihn so in die Mangel genommen hast!“ entgegnete ich schnell und sah wie die Augenbraue meines Bruders kurz gefährlich zuckte. „Du weißt genauso gut wie ich, dass Lestat zu den Verdächtigen gehören kann. Gründe gibt es genug und es ist nicht falsch einen solchen Verdacht einmal anzuschneiden.“ Antwortete er ernst und ging um mich herum, was mich nur noch nervöser machte. Das war nicht mein Bruder, das war der Teufel höchstpersönlich! „Ich glaube aber wirklich nicht, dass er etwas damit zu tun hat. Lestat ist kein schlechter Mensch, denke ich… er ist nur etwas exzentrisch und vielleicht auch unheimlich, aber bestimmt kein Mörder.“ Ich seufzte tief.

„Ich kann verstehen, dass du ihn vielleicht nicht leiden kannst, aber meinst du nicht, dass dein Hass auf ihn mittlerweile etwas zu weit geht? Du kannst ihn doch nicht wegen solchen Dingen verdächtigen… ich meine, es gibt bestimmt genug Menschen, die ebenfalls wissen, dass sein Familienwappen eine dunkelrote Rose besitzt und wollen dieses wissen ausnutzen und ihm somit schaden.“ Ich wusste selbst, dass das, was ich da sagte absolut absurd war, denn immerhin war ich dem Mörder selbst begegnet. Ich hatte seine Augen sehen können und sie hatten exakt die gleiche Farbe gehabt wie die Lestats. Im Grunde bestand nun kein Zweifel mehr, dass er der mysteriöse Whitechapel- Mörder war, doch eigentlich wollte ich gar nicht, dass er es war, so sehr ich ihn und seine perverse Art auch verabscheute.

Einen Moment herrschte Schweigen zwischen meinem Bruder und mir, dann fing er wieder an zu sprechen:“ Weißt du, Bruderherz.“ Er legte mir eine Hand auf die Schulter. „Du hättest einmal dein Gesicht sehen sollen als wir ihm begegnet sind, wie rot zu geworden bist und wie deine Augen förmlich geglitzert haben. Bestimmt hat es dich rasend gemacht, dass er dich nicht beachtet hat.“ Der Kerl kann ja Gedanken lesen! „Wenn du dich nicht so sträuben würdest, dann wüsstest du, was mit dir los ist und dann würdest du auch nicht so einen Mist erzählen, wie gerade eben, doch du weißt genauso gut, dass Homosexualität eine Sünde ist und dass es hier verboten ist. Du würdest dich, Lestat und deine ganze Familie in den Dreck ziehen, wenn das ans Tageslicht kommt. Wir alle würden mit in die Sache hinein gezogen und das willst du doch nicht, oder?“ seine Stimme wurde immer leiser und bei den letzten Worten konnte ich sogar spüren wie seine Lippen ganz hauchzart die meinen streiften. Ängstlich kniff ich die Augen zusammen ehe ich mich von ihm los riss. „Ich bin nicht in ihn verliebt, klar??? Es ist alles seine Schuld, dass es momentan so mies läuft und dass ich mich so komisch fühle, aber ich bin nicht in ihn verliebt und ich habe auch nichts mit ihm zu tun! Also lass mich damit in Ruhe!“ wütend stürmte ich aus seinem Zimmer, rannte die Treppen runter und riss meinen Mantel vom Haken. Hastig zog ich ihn mir über und flitzte nach draußen, die Straße entlang. Jetzt wollte ich erst recht mit ihm sprechen, damit dieser Horror endlich ein Ende nimmt.

Unruhig rannte ich die Straße runter, als mir einfiel, dass ich gar nicht wusste, wo ich hin musste. Ich blieb abrupt stehen und kramte den Zettel hervor auf dem Lestats Adresse zu lesen war.

Es war ziemlich schwierig diese Straße ausfindig zu machen und ich musste einige Leute ausfragen bis ich sie gefunden hatte, doch dann war ich endlich da. Leicht schluckend ging ich die gepflasterte Straße entlang. Alle Häuser hier waren ziemlich groß und teilweise geprägt vom Renaissance-Stil. Schließlich blieb ich vor einem besonders großen Haus stehen und verglich die Hausnummern. Tatsache! Hier wohnte er also… Das Haus wirkte ziemlich wuchtig mit den großen Fenstern und seiner dunkelbraunen, fast schon riesig erscheinenden Türe. Im Vorgarten standen ein paar Rosensträucher und andere Blumen. Alles wirkte sehr gepflegt. Eigentlich wirkte das Anwesen recht ansprechend und freundlich, doch ich hatte nun trotzdem Angst zu klopfen. Was, wenn er mich weg schicken würde? Was, wenn ich plötzlich nichts heraus bekam? Bestimmt Zehn Minuten stand ich vor der Pforte seines Hauses, unschlüssig, ob ich gehen, oder anklopfen sollte. Mein Blick war fest auf das dunkelbraune Holz gerichtet, als auf einmal die Türe aufging. Es war eigentlich zu erwarten gewesen. So lange wie ich dort schon stand, hatte man mich bestimmt entdeckt. Als die Türe aufging sah ich eine älter wirkende Dame mit grauem Haar und einer weißen, am Saum leicht gerüschten Schürze, passend zum langen schwarzen Kleid. Sie hatte ein freundliches Gesicht und trug eine Brille mit runden Gläsern. Als sie meinen geschockten Gesichtsausdruck sah, fing sie an zu lachen und sah mich gutmütig an. „Verzeiht, wenn ich Euch erschreckt habe, aber ich habe gesehen, dass Ihr schon seit einigen Minuten hier vor der Türe steht. Kann ich Euch irgendwie helfen?“ fragte sie mit einer lieben Stimme und noch immer schaute ich sie einen Moment wie erstarrt an, ehe ich wieder zur Besinnung kam. „Ich… uhm…“ begann ich stotternd. "Tut mir Leid, wenn ich störe. Mein Name ist Ray Morrington und ich wollte fragen, ob Lestat Rénoire zu sprechen wäre.“ Ich sah wie ihr Gesichtsausdruck etwas überrascht wirkte. Dann nickte sie jedoch schnell. „Sicher doch, ich… werde fragen, ob der Herr gerade verfügbar ist. Wartet hier einen Moment.“ Die Frau verschwand und die Türe schloss sich. Schon stand ich wieder alleine hier… direkt vor Lestats Haus.

~Bonus: A Christmas Carol~

VIII: A Christmas Carol
 

So, hier ist mein Bonuskapitel passend zu Weihnachten. Da die Story bis jetzt nur aus Rays Sicht erzählt wird dreht sich hier alles mal um Lestat. Genauer gesagt um Weihnachten bei ihm zu Hause als er noch klein war. Ich hoffe es gefällt euch, denn es ist sozusagen mein kleines Geschenk an alle, die diese OF so treu mitverfolgen. Vielen Dank und frohe Weihnachten euch allen!
 

Es ist schon komisch… so viele Menschen haben gar nichts, während andere alles haben. Heute war ich wieder mit Mutter und Vater in der Kirche um zu Weihnachten mit allen Anderen zu beten. Es hat geschneit und wir sind zu Fuß gegangen. Da waren ganz viele Menschen, die in dunklen Ecken saßen und froren. Sie hatten weder etwas Richtiges zu essen noch vernünftige Kleidung. Alle sahen, dass es ihnen schlecht ging, doch niemand tat etwas damit es auch ihnen wenigstens an Weihnachten besser ging…

Wurde nicht immer gesagt, dass Weihnachten das fest der Liebe sei? Immerhin ist doch Jesus Christus an diesem Tag geboren wurden, doch im Grunde nimmt das doch niemand ernst. Es machte mich wirklich unglaublich traurig und so konnte ich mich nicht einmal freuen als wir in der Kirche waren, wo alle zusammen sangen und dem Priester lauschten. Alles war schön dekoriert, doch der Gedanke daran, dass es vielen anderen Menschen so schlecht ging quälte mich einfach. Es ging sogar so weit, dass ich fast anfing zu weinen in dieser Menge von fröhlichen Menschen, doch ich riss mich zusammen. Immerhin war ich schon 9 Jahre alt und da weint man nicht mehr einfach so!

Als die Messe zu Ende war gingen wir nach Hause und ich sah eine Frau mit ihrem kleinen Kind im Arm in einer Gasse sitzen. Blinzelnd blieb ich stehen und schaute hinein. „Lestat, was tust du denn da? Komm schnell mit, sonst fängst du an zu frieren.“ Sagte meine Mutter seufzend und kam zu mir zurück. „Mutter?“ fragte ich leise und schaute zu ihr hoch. „Darf ich dieser Frau etwas Geld geben? Sie sieht so hungrig aus… das würde ihr bestimmt helfen.“ Das Gesicht meiner sonst so friedfertigen Mutter verfinsterte sich als sie in die schmutzige Ecke schaute. Das Baby fing an zu schreien.

Sofort fasste sie mich an der Hand und zog mich mit. „Solche Menschen verdienen es nicht anders. Lestat, merk dir: Nur mit ehrlicher Arbeit kann man es zu etwas bringen. Man muss hart sein im Leben und wenn man etwas will, dann muss man es sich erkämpfen.“ Erklärte sie mir mit ernster Stimme, doch ich verstand es einfach nicht und schüttelte traurig den Kopf. „Aber heute ist doch Weihnachten…“ murmelte ich betrübt und schaute auf den vom Dreck und Schnee ganz grauen und nassen Boden.
 

Am Abend gab es wie jedes Jahr ein von unserer Köchin bereitetes Weihnachtsessen. Es war üppig und wie immer viel zu viel, doch es schmeckte wahnsinnig gut. Die Frau mit dem Kind hatte bestimmt nicht so etwas Gutes zu essen…

„Lestat, was ist los? Hast du keinen Hunger?“ fragte Vater mich mit nüchterner Stimme und ich schüttelte den kopf. „Nein, tut mir Leid…“ seufzte ich und schaute auf meinen noch halbvollen Teller in dem ich mittlerweile nur noch herum stocherte. „Dann lass’ es sein, Schatz. Geh dich lieber waschen, dann bekommst du gleich auch deine Geschenke.“ Sagte Mutter lächelnd und streichelte mir kurz über den Kopf. Ich nickte leicht und stand schweigend auf. Schnell lief ich nach oben in mein Zimmer und wusch mir das Gesicht und die Hände. Als ich fertig war und mich abgetrocknet hatte, merkte ich, dass meine Wangen trotzdem noch immer nass waren. Ich weinte.

Leise schluchzend schmiss ich mich auf mein Bett und vergrub das Gesicht in den Händen um nicht laut zu werden. „Das… ist doch gemein…“ schluckte ich unter Tränen und kniff die Augen zusammen. „und das soll Weihnachten sein??“ Jeder hatte nur Augen für sich und seine eigene Familie, doch wenn es darum ging auch Anderen ein schönes Fest zu bereiten, dann kümmerte sich keiner darum. Es dauerte einige Minuten bis ich mich beruhigt hatte, doch da wurde ich auch schon nach unten gerufen. Langsam ging ich die Treppe wieder hinunter und ins Wohnzimmer. Auch dort war alles festlich geschmückt, selbst der Weihnachtsbaum und auch wenn es noch so schön war, so konnte ich mich im Moment nicht darüber freuen. Vor dem Baum waren ganz viele größere und kleinere Päckchen aufgestellt. Mutter und Vater standen glücklich lächelnd daneben. „Na los, mach sie schon auf.“ Drängte Mutter mich und schaute schon ganz erwartungsvoll. So setzte ich mich also vor den Tannenbaum und öffnete ein Geschenk nach dem Anderen. Neue Schuhe, ein neuer Mantel, ein Teddybär, ein neues Buch und zu guter Letzt eine Geige. Alles waren hochwertige Geschenke und ich freute mich auch darüber, dass meine Eltern sich eine solche Mühe gemacht hatten, doch ich musste immer wieder an diese junge Frau mit dem Kind denken.

Das Gesicht meiner Mutter wurde besorgt. Sie kniete sich zu mir und nahm mich in den Arm. „Was ist denn los?“ fragte sie mit leiser, sanfter Stimme und küsste meine Stirn, während sie mich an ihren warmen Körper drückte. „Freust du dich denn gar nicht? Gefallen dir die Geschenke nicht?“ ich schluckte kurz und schaute beschämt zu Boden. „Das ist es nicht…“ murmelte ich traurig. „Ich freue mich wirklich über die Geschenke. Vielen Dank, aber… ich muss an de ganzen Leute denken, die gar nichts haben.“ Sofort war ein verächtliches Schnaufen meines Vaters zu hören, der an seiner Pfeife zog. „Mein Sohn, denk nicht an diese Menschen, denn sie haben es nicht verdient.“ Das Gleiche, was Mutter zu mir gesagt hatte. „ich habe hart gearbeitet für das, was wir haben und nun will ich auch, dass ihr es genießt.“ Nun wurde ich ernsthaft wütend und riss mich von meiner Mutter los. „Und warum soll es nur uns gut gehen?? Das ist unfair! Wir haben viel mehr als Andere und dann sollen wir alles für uns behalten?? Das ist ganz gemein, ist das!“ schrie ich ihn an und rannte wieder auf mein Zimmer zurück. Ich verkrümelte mich wütend und schluchzend unter meiner Bettdecke und klammerte mich an das kuschelige Kopfkissen. Schließlich schlief ich ein.

Als ich wach wurde war es schon 9 Uhr Abends. Mir mit dem Ärmel über die Nase wischend schlich ich mich ins Wohnzimmer, wo noch immer die Geschenke lagen. Ich hob den Teddy hoch und drückte ihn fest an mich. „Tut mir Leid, Bär, aber du verdienst jemanden, der dich mehr braucht als ich…“ flüsterte ich und schlich dann noch in die Küche. Dort standen noch Reste von unserem Abendessen, das schon kalt war, doch mit Sicherheit konnte man es noch essen. So lud ich etwas davon auf einen Teller und legte eine Gabel dazu. Ich flitzte in den Flur und zog mir meine Schuhe, meinen Schal und meinen Mantel über.

Mit dem Teddy und dem Essen bewaffnet rannte ich die Straße runter zu der Gasse in der ich die Frau mit dem Baby gesehen hatte. Keuchend blieb ich stehen und blinzelte in die Dunkelheit. Wie erwartet war sie noch immer da und schlief, das Kind fest an sich gepresst damit es nicht fror. Leise kam ich in die dunkle Straße geschlichen und hockte mich dann hin. „Entschuldigung?“ fragte ich leise und tippte ihr vorsichtig an die Schulter, woraufhin sie blinzelnd aufwachte. Lächelnd sah ich sie an. „tut mir Leid, wenn ich Sie wecke… es ist zwar schon kalt, aber ich dachte Sie hätten vielleicht Hunger.“ Ich hielt ihr den Teller hin, woraufhin sie mich erstaunt ansah. „Ist das… darf ich… ist das wirklich für mich?“ fragte sie überrascht und ich nickte sofort. Schnell nahm sie den Teller und begann gierig zu essen. Sie schien wirklich hungrig zu sein. Dabei teilte sie das Essen mit ihrem Kind indem sie die Kartoffeln zu Brei stampfte und ihrem Kind zu essen gab. Es freute mich zu sehen wie gut es ihr tat und hielt ihr dann den Teddy hin. „Ich weiß, es ist vielleicht albern, aber ich hab mir gedacht Sie könnten ihn vielleicht brauchen…“ sie nahm den Bären entgegen und nickte sofort. „ich danke dir…“ flüsterte sie lächelnd, während das Baby mit seiner kleinen Hand nach einem Ohr des Teddys griff. „Nichts zu danken…“

Als ich nach Hause ging fühlte ich endlich, dass Weihnachten war und dass ich etwas Gutes getan hatte.

Es begann zu schneien.
 

Ja, dieses Kapitel ist kitschig und Lestat war als Kind wirklich ganz anders als jetzt, aber ich denke solche Geschichten gehören zu Weihnachten einfach dazu und Lestat ist im Grunde auch kein schlechter Mensch.
 

Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr wünscht euch,
 

Erdbeermuffin

~Sieg und Niederlage~

IX. Sieg und Niederlage
 

Da stand ich nun… hier in diesem großen Flur mit hohen Decken und dieser herrlichen Holzvertäfelung an den Wänden. Insgesamt sah alles recht teuer und edel aus, fast schon ein bisschen verschwenderisch, doch ich konnte mir gut vorstellen, dass ein Kerl wie Lestat hier lebte. Ich ließ mir von der Haushälterin den Mantel abnehmen und sah mich um. „Wenn Ihr mir bitte folgen würdet.“ Sagte sie lächelnd und ich nickte nur kurz, hektisch als hätte sie mich aus einem Traum geholt. Tatsächlich war ich in Gedanken versunken gewesen. Ich folgte ihr die dunklen Holztreppen hinauf, als wir vor einer Türe stehen blieben. Lächelnd blieb sie stehen und entfernte sich etwas. „Der Master wartet schon auf euch. Wenn Ihr etwas brauchen solltet, dann lasst es mich wissen.“ Wirklich eine nette Dame. Mit schnellen, tippelnden Schritten verschwand sie wieder die Treppe hinunter. Leicht schluckend blieb ich vor der Türe stehen und umfasste langsam die kalte Metallklinke. Noch einmal tief durchgeatmet… Auf einmal ging die Türe auf, ganz ohne mein Zutun. Völlig entgeistert hob ich den Blick und starrte direkt in das grinsende Gesicht des Hausherrn. „Sieh an, sieh an.“ Sagte er schmunzelnd. „Hattest wohl doch Angst hierher zu kommen, was? Aber keine Panik, dich beißt keiner.“ Noch bevor ich etwas sagen konnte fasste er mich am Handgelenk und zog mich nach drinnen. Die Türe fiel direkt hinter mir ins Schloss. So viele Bücher… alle Regale waren voll davon. Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass er so belesen ist, doch als ich ein paar der Buchtitel sah musste ich doch schlucken. „Inquisition“, „Sex und Folter in der Kirche“, „Foltermethoden des Mittelalters“, all diese Bücher und noch mehr davon befanden sich in diesen Regalen.

„Also? Was führt dich zu mir? Du bist doch sicher nicht hergekommen um mir meinen wohlverdienten Liebesdienst zu erweisen, nachdem ich dich derart umworben habe, oder?“ fragte er grinsend. Mittlerweile hatte er sich auf dem mit dunklen Leder überzogenen Stuhl hinter seinem Schreibtisch niedergelassen. Seine amethystfarbenen Augen blickten mich erwartungsvoll an. Sofort spürte ich wie mir die Röte ins Gesicht stieg. Sofort schüttelte ich den Kopf. „Nein, bin ich nicht!“ fauchte ich und er hob sogleich abwehrend die Hände. „Man darf doch wohl mal fragen.“ Unverschämt wie immer! „Aber ganz im ernst: Warum bist du hier? So weit ich weiß, hast du doch nichts für mich übrig.“ Ich schnaufte ihn trotzig an. „hab ich auch nicht.“ Antwortete ich gleich. „ich bin hier, weil ich ein paar Fragen an dich habe.“ Sein Gesicht wurde ernster und er schlug die Beine übereinander. Trotzdem sein Gesicht nun diese derart kalten Züge annahm, wirkte er immer noch auf seine eigene Weise anziehend, doch davon durfte ich mich nicht beeindrucken lassen. „Dann stell’ sie doch, oder ist es dir so peinlich?“ „N- nein, das ist es nicht. Also, was hast du mit den Morden im East End zu tun?“ fragte ich schließlich aufgeregt und einen Moment herrschte Stille.

Dann verzog sich Lestats Gesicht plötzlich und er fing herzhaft an zu lachen. „Das… Ist ein Witz, oder??“ fragte er keuchend und zwischen fast endlosen Lachern. „Als wenn ich mit so etwas scherzen würde!“ blaffte ich ihn an. „Dunkelrote Rosen, Lestat! Sie sind das Zeichen deiner Familie und bei jedem Opfer wurde eine solche Rose gefunden und falls es dich interessiert: Ich bin dem Mörder selbst begegnet und weißt du was?! Er hatte amethystfarbene Augen, haargenau wie du!“ auf einmal nahm sein Gesicht undefinierbare Züge an. War es Entsetzen? Sorge? Wut? Ich wusste es nicht, da ich diesen Ausdruck noch nie an ihm gesehen hatte. Er erhob sich von seinem Stuhl und kam mit schnellen Schritten auf mich zu. Er fasste mich fest an den Schultern und sah mich eindringlich an. „Was hast du genau gesehen, Ray?? Sag’ es mir!“ „Lestat, lass mich los! Willst du mich zerquetschen??“ „Sag’ mir erst, was du gesehen hast!“ ich atmete erneut tief durch, damit ich genug Sauerstoff bekam. Mein Blick senkte sich gen Fußboden. „Nicht viel…“ sagte ich leise. „Ich habe seine Augen gesehen. Wir sind direkt ineinander gelaufen und…. Und er trug einen Zylinder und einen Mantel… glaube ich. Ich weiß es nicht mehr genau, weil ich wenig später zusammen gebrochen bin.“ Ich schluckte kurz. „Sag’ mir bitte, dass du es nicht warst.“ Murmelte ich mehr zu mir als zu ihm.

Obwohl er so unverschämt und pervers war, so war er mir doch auf gewisse Art und Weise irgendwie… na ja, sympathisch wäre zuviel des Guten, aber ich mochte ihn trotzdem irgendwie. Ich spürte wie sein Griff sich etwas lockerte. „Wann bist du ihm begegnet?“ fragte er leise und schaute mich weiterhin eindringlich an. „In der Nacht auf den 9. November.“ Antwortete ich nun noch kaum hörbar. Ich vernahm sein tiefes Seufzen. „Ich habe ein Alibi. In dieser Nacht war ich bei einem Bekannten. Sein Name ist Dr. Fitch. Wir haben Karten gespielt und ich habe anschließend die Nacht bei ihm verbracht, weil ich betrunken war.“ „Dr. Fitch??“ fragte ich ihn aufgeregt. „Ja, der Gleiche, warum? Kennst du ihn?“ ich nickte sofort. „Er ist unser Hausarzt, aber woher kennst du ihn bitteschön?“ „Aus genau den gleichen Gründen. Schon seit Jahren ist er der Arzt unserer Familie.“ Er strich sich kurz durch` s Haar und ließ ganz von mir ab. Auf einmal wirkte er irgendwie… traurig, oder melancholisch. „Stimmt was nicht?“ „Hm?“ schnell schüttelte er den Kopf und lächelte leicht.

Es war nicht das übliche, fiese und verheißungsvolle Grinsen, sondern ein einfaches und schlichtes Lächeln und ich musste mir eingestehen, dass es ihm ausgezeichnet stand. „Nein, es ist alles in Ordnung. Ich finde es nur amüsant wie viele Zufälle uns doch miteinander verbinden… mehr oder weniger erfreuliche.“ Schmunzelte er und trat an das große Fenster von dem aus er auf die Straße schauen konnte. Wir waren vollkommen vom Thema abgekommen, doch Lestat kam gleich darauf zurück. „Du verdächtigst mich also immer noch… trotzdem du mich vor deinem Bruder noch verteidigt hast.“ Ich schluckte kurz. Ich war mir vollkommen im Klaren darüber, dass ich Lestat schon einmal gefragt hatte, ob er mit den Morden im Zusammenhang stand und obwohl ich es nicht wollte, dass er der Mörder war, so erhärtete sich doch immer mehr der Verdacht, dass er es sei. „Du lässt mir halt keine andere Wahl.“ Sagte ich seufzend. „Das alles ist so verwirrend und da sind so viele Hinweise, die man auf dich zurückführen kann und mittlerweile habe ich Angst mitten in diese Mordsache hinein gerutscht zu sein. Ich will lediglich die Wahrheit wissen, damit das alles endlich ein Ende hat.“ Erklärte ich ihm und er kam erneut auf mich zu. „Dann denkst du also eigentlich nicht, dass ich dieser Mörder bin, oder willst du es nicht glauben?“ „Eher letzteres.“ Murmelte ich kleinlaut und schaute weiterhin auf den Boden. Es war so verdammt peinlich! Ich kam mir nun selbst eher wie bei einem Verhör vor, wobei ich selbst doch eigentlich derjenige sein sollte, der ihn verhört.

„Dann vertraust du mir also immer noch nicht.“ Es war genau die gleiche Erkenntnis wie beim letzten Mal als wir darüber gesprochen hatten.

„Ray, hast du auch schon mal daran gedacht, dass da einfach jemand ist, der den ganzen Verdacht auf mich lenken will, damit er selbst nicht als Mörder erkannt wird?“ fragte er seufzend und sah mich scheinbar enttäuscht darüber an, dass ich ihm immer noch zu glauben schien. „Schon, aber wer sollte so was tun?“ „Glaub mir, es gibt genug Leute, die mich nicht leiden können. Du kannst mich doch auch nicht besonders gut leiden, oder irre ich mich da auf einmal?“ er zog eine Augenbraue hoch und schon wieder spürte ich wie mir die Röte ins Gesicht stieg.

„Also… ich hasse dich nicht, falls du das meinen solltest.“ Gab ich kleinlaut zu und wieder würde Lestats fieses Grinsen sichtbar. Wie konnte er in einer solchen Situation nur so unverschämt bleiben?? „So, dann… magst du mich also?“ fragte er weiter und ging um mich herum. „So weit… würde ich nicht gehen.“

Er seufzte tief und entfernte sich ein Stück von mir, scheinbar enttäuscht über meine Antwort. “Ray, du denkst wahrscheinlich, dass ich es nicht ernst mit dir meine. Ich beobachte dich schon eine ganze weile und ich hatte dich auch schon vor unserem ersten Treffen im Auge gehabt. Als ich dich das erste Mal gesehen hab, da hat es einfach… na ja, du hast gelacht und wirktest so unbeschwert.“ Er schaute mir seufzend ins Gesicht. „Aber in Wirklichkeit bist du doch nur ein kleiner Giftzwerg.“ Wie bitte?? Ich hatte mich wohl verhört! Bei meinem entsetzten Gesicht fing er wieder an zu lachen. „Jetzt nimm` doch nicht alles so ernst, was ich sage, oder legst du etwa so viel wert auf meine Worte?“ er kam zu mir zurück um mich in den Arm zu nehmen. Ich versuchte mich noch von ihm zu entfernen, doch da war es schon zu spät und zu meinem Missfallen musste ich feststellen, dass es sich irgendwie gut fühlte.

Normalerweise waren die Männer diejenigen, die ihre Frauen beschützten und sie in den Arm nahmen, doch selber einmal in den Arm genommen zu werden hatte auch etwas für sich. Bevor ich das jedoch offen zugeben würde, ließ ich mir lieber die Zunge abschneiden. Also stemmte ich meine Hände gegen seinen Oberkörper und versuchte ihn von mir weg zu drücken, doch er hielt mich immer noch fest an sich gedrückt, so dass ich seinen Herzschlag hören konnte und spürte wie eine angenehme Wärme in mir aufstieg. Dabei wollte ich das doch gar nicht! Er war ein Kerl, genau wie ich und er war ein Mistkerl!

“Lestat, wir hatten eine Abmachung!“ rief ich dann schnaufend, woraufhin er mich tatsächlich los ließ. Er stand zu seinem Wort. „Das passt nicht zu dir…“ murmelte ich und ging schnell ein paar Schritte von ihm weg. „Also, dass du… hältst, was du einem versprichst. Du bist doch sonst so rücksichtslos und egoistisch.“ „Du kennst mich halt nicht gut genug.“ Entgegnete er gelassen. „Dabei wäre es doch langsam mal an der Zeit, oder nicht?“ fragte er, doch ich sagte nichts dazu. Ich war immer noch verwirrt. Wie es aussah war Lestat wirklich nicht der Mörder, doch wer sollte es dann sein? Wer würde den Verdacht auf ihn lenken wollen und warum? Was hatte diese Person davon?

„Ray?“ ich hob den Blick und zog eine Augenbraue leicht hoch. „Was willst du?“ fragte ich etwas bockiger als ich eigentlich gewollt hatte. Ich war dabei eine große persönliche Niederlage zu erleben, indem ich mir nach und nach eingestand, dass ich Lestat gern hatte, mehr als ich eigentlich wollte, weil er so einen fiesen Charakter hatte und dann wollte er auch noch, dass ich ihm irgendwelche belanglosen Fragen beantworte.

Erneut kam er auf mich zu, dieses Mal zielstrebiger als zuvor. „Darf ich… dich küssen? Das ist doch nicht gegen die Abmachung, wenn ich dich vorher frage, oder?“ er blieb vor mir stehen und ich spürte wie seine große, kalte hand meine mittlerweile kochend heiße Wange streichelte. Ich schüttelte den Kopf. „Nein, ist es nicht…“ nuschelte ich beschämt. „Also darf ich?“ bestimmt Zehn Sekunden lang schwieg ich ihn an, Zehn Sekunden in denen er geduldig auf eine Antwort wartete ohne mich zu bedrängen. Fast schon automatisch nickte ich und ich sah wie er sich langsam, ganz, ganz langsam zu mir hinab senkte. Die Hand, die gerade noch meine Wange gestreichelt hatte, wanderte langsam zu meinem Kinn und hob es leicht an. Wie in Zeitlupe legten sich seine Lippen auf die meinen und seine Zunge schob sich dabei ganz leicht in meinen Mund. Es war so glitschig, dass ich die Augen zusammen kniff. Lestat war wirklich kein schlechter Küsser. Es war nur so ungewohnt. Seine freie hand hatte sich mittlerweile in mein Kreuz gelegt um mich mehr an ihn zu drücken. Nicht ganz so zielsicher und selbstbewusst schlang ich meine Arme um seinen Nacken. Nun hatte ich keine Chance mehr. Ich musste mich geschlagen geben.

Lestat war halt nicht nur ein Mistkerl, sondern auch irgendwie sanft und einfach lieb. Ich wusste gar nicht wie lange wir in seinem Arbeitszimmer standen und uns küssten, aber eigentlich war es mir auch egal. Es war einfach zu schön und nun konnte ich erst recht nicht glauben, dass Lestat tatsächlich jemanden umbringen würde. Er würde so was nie tun…

Nachdem wir den Kuss gelöst hatten, machte ich mich noch immer völlig benommen auf den Weg nach Hause. Meine Wangen glühten trotz der Kälte und meine Lippen prickelten, sodass ich mehrmals hin drüber leckte. Der heutige Nachmittag war für mich in jeder Hinsicht sowohl ein Sieg, als auch eine Niederlage und beides würde mich noch lange verfolgen.

~Darkness~

X Darkness
 

Mittlerweile wusste ich nicht, ob ich glücklich, oder am Boden zerstört sein sollte. Es waren ein paar Tage vergangen seit Lestat und ich uns so leidenschaftlich geküsst hatten. Mittlerweile konnte ich, so sehr ich es auch wollte, nicht mehr leugnen, dass ich ihm nicht ganz abgeneigt war. Der Kerl hatte es geschafft mich so sehr in seinen Bann zu ziehen, dass ich nun aufpassen musste. Es war gefährlich in dieser Zeit eine solche Neigung zu entwickeln und mein Bruder hatte mich schon so gut wie durchschaut.

Für ihn war ich wie ein offenes Buch und er konnte mich wohl nicht wirklich leiden, so wie ich ihn ebenfalls nicht besonders leiden konnte. Ich war nun mal eifersüchtig auf ihn. Zwar wusste ich, dass unsere Eltern mich auch liebten, dennoch bekam er die größere Anerkennung für alles, was er tat, während ich mir alles erkämpfen musste. Es war nicht gerecht, aber was in der Welt war schon gerecht? Seit ein paar Tagen war das Verhältnis zwischen Jack mir jedoch noch angespannter als es ohnehin schon war. Es war so ähnlich wie ein beidseitiges Auflauern. Er hatte Geheimnisse vor mir, große Geheimnisse sogar und diese Tatsache beunruhigte mich, da er auch einige Dinge von mir zu wissen schien, die auch mir zum Verhängnis werden könnten. Allein schon die Sache mit Lestat war schwerwiegend genug um mich aus der Gesellschaft auszugrenzen. Also war es eigentlich doch zum heulen.

Die Morde hatten mittlerweile aufgehört, doch noch immer liefen die Ermittlungen auf Hochtouren. Zwar gab es noch Todesfälle, doch die passten absolut nicht ins Schema des Whitechapel-Mörders, doch um die Presse weiter anzuheizen wurden sie natürlich auch mit diesem in Verbindung gebracht, was wilde Spekulationen hervor rief. Mittlerweile war es schon Abend. Ich hatte am Morgen wieder eine Rose bekommen, die ich in eine schmale Vase mit Wasser gestellt hatte. Momentan war ich mir nicht mehr ganz so sicher, ob die Rosen von Lestat oder dem Mörder, oder von beiden gekommen waren, geschweige denn, wer mir zuerst welche geschickt hatte. Heute war ich ausnahmsweise wieder alleine. Ich lag krank zu Hause im Bett, weil es die letzten Tage so viel geregnet hatte und es so furchtbar kalt war. Ich hatte leicht erhöhte Temperatur, aber es würde wohl wieder bergauf gehen. Außer Lesen konnte ich trotzdem nichts machen. Die Haushälterin war noch da, falls es mir wieder schlechter gehen sollte, doch wo mein Bruder war, wusste ich nicht. Allerdings hatte ich das merkwürdige Gefühl, dass heute etwas passieren würde, ob es gut oder schlecht war, konnte ich noch nicht sagen.

Wider erwarten schien ich jedoch nicht so allein zu sein wie ich zunächst vermutet hatte. Ich war mehr oder weniger tief am schlafen als auf einmal leise Schritte auf dem Holzfußboden meines Zimmers zu hören waren. Es waren nicht die vorsichtigen, leicht tippelnden Schritte einer Frau sondern die zielstrebigen Füße eines Mannes, die schwer und kontrolliert auf dem Boden aufkamen. Da ich aufgrund meiner Krankheit sowieso nicht besonders fest schlief, wachte ich von den leisen Geräuschen auf. Blinzelnd öffnete ich meine schweren und vor allen Dingen müden Augen und blinzelte in die Dunkelheit. Für einen Moment war nichts mehr zu hören. Keine Schritte und auch kein fremdes Atmen, was bei mir das plötzliche Gefühl des Unbehagens auslöste. Eingebildet hatte ich mir das garantiert nicht. Die unangenehme Stille hielt einen Moment an, als die Schritte plötzlich wieder hörbar wurden. Sie waren schneller als vorher und noch bevor ich mich aus dem Bett hatte hieven können, spürte ich wie sich eine Hand fest auf meinen Mund presste. Ich wurde zurück auf die Matratze gedrückt. Erschrocken und mit einem Anflug in Panik versuchte ich mich am Arm der Person entlang zu tasten als eine nur zu bekannte Stimme ganz nah in meinem Ohr widerhallte, so nah und so unheimlich, dass es mir durch Mark und Bein ging. „Sei bloß still, Brüderchen. Wobei…“ ich hörte ein leises Lachen. „…jetzt hört dich ohnehin keiner.“ Als die Hand langsam weggenommen wurde riss ich den Mund auf um zu Schreien, doch die Hand würde gleich durch einen feuchten Lappen ersetzt. Ich schnappte nach Luft, atmete das Chloroform, welches sich auf dem Tuch befand tief ein und das war der entscheidende Fehler. Der Lappen wurde mir fest aufgedrückt und so dauerte es nur wenige Augenblicke bis ich in eine Art Trance fiel. Was ich nicht wusste war, dass das Gemisch unter Anderem auch aus Laudanum bestanden hatte, ein Opiat, welches ebenfalls zu einer Art von Wachkoma führte. Ich bemerkte gar nicht wie mein Bruder mich aus dem Bett hob. Dazu war ich auch viel zu benommen. Der Zustand dieser Trance hielt aufgrund der Dosierung eine Weile an und ich begann zu träumen…

~Bonus: Wet dream~

Bonuskapitel: Wet dream
 

Wahrscheinlich würde ich mich selber ohrfeigen, wenn Lestat jemals von diesem Traum erfahren würde, den ich hatte während ich weg gebracht wurde.

Eigentlich war Lestat noch nie hier gewesen, doch ganz anders war es als ich in meinem Traum in meinem Zimmer auf dem Bett lag und ein Buch las. Es war das Buch, welches ich mir für den Französischunterricht gekauft hatte. Auf einmal klopfte es an der Türe und ich hob den Kopf. Eines der Hausmädchen kam rein und knickste kurz. „Junger Herr, da ist ein Lestat Rénoire, der mit Euch sprechen möchte.“ „Lass’ ihn rein.“ Antwortete ich schon gespannt und stellte mich hin, legte auch schnell das Buch weg. Was wollte der Kerl jetzt nur von mir. Schnell verschwand das Hausmädchen und kurz nach ihr kam auch er auch schon rein. Seine violetten Augen fixierten mich sofort, so wie er es getan hatte, als wir uns zum ersten Mal gesehen hatten. Vorsichtig schloss er die Türe hinter sich und schritt auf mich zu. „Also? Weswegen bist du hier?“ fragte ich ihn direkt und ohne große Umschweife, doch seine Lippen verzogen sich nur zu einem leichten Grinsen. Einen Moment sagte er auch nichts sondern näherte sich mir nur ganz langsam bis er direkt vor mir stand. Meine Augenbraue zog sich leicht in die Höhe und ich sah ihn verwirrt an. „Was ist los? Stimmt etwas nicht?“ er schüttelte leicht den Kopf und einen Moment herrschte erneut Stille im Raum. Als es schon fast drohte mich zu zerreißen mit meiner Ungeduld, schlang er seine recht starken Arme um meinen Körper und zog mich nah an sich heran. Ich spürte wie sein Gesicht sich meinem Ohr näherte, da ich seinen Atem daran hören konnte. „Ich wollte dich sehen…“ flüsterte er mit fast schon ungewohnt sanfter Stimme. So anhänglich kannte ich ihn eigentlich nicht und vor allem nicht derart zärtlich wie er jetzt war. Er leckte kurz anzüglich über mein Ohrläppchen, was einen leichten Schauer durch meinen Körper mit sich zog, so dass ich in seiner Umarmung zusammen zuckte. „Mmmh… du sollst so was nicht machen!“ zischte ich ihm zu und sah ihn betont mahnend an, doch er hatte dafür nur ein müdes Lächeln übrig. „Was soll ich denn dann machen, hm?“ fragte er, dreist wie er war, und strich mit seinem rechten Daumen über meinen Lippen. Fast schon reflexartig schnappte ich danach, nicht fest, aber so, dass ich seinen Finger mit den Zähnen leicht fest halten konnte. Lestat fing an zu lachen. „Du bist süß!“ schnurrte er und sah mich mehr amüsiert als erschrocken an. Dabei hatte ich doch gehofft ihn durch diese Aktion etwas zu verunsichern, doch er schien nun nur noch mehr darin bestärkt zu sein, Dinge mit mir anzustellen, von denen ich wohl wirklich nur zu träumen schien.

„Weißt du…“ flüsterte er dann leise. „Du solltest nicht so viel darauf geben, was Andere dir sagen oder was sie über dich denken könnten. Fang erstmal an zu leben und löse dich endlich aus dem Schatten deines Bruders.“ Ich sah wie er mich aufmunternd anblickte und nickte leicht. Seufzend ließ ich von seinem Finger ab. „Du weißt nicht wie es ist, wenn dein Bruder bevorzugt wird nur weil er alles perfekt zu machen scheint.“ Murmelte ich, woraufhin er leicht den Kopf schüttelte. „Da hast du Recht. Das weiß ich wirklich nicht, aber ich weiß wie es sich anfühlt fehl am Platze zu sein.“ Entgegnete er und küsste mich erneut sanft. „Mein Bruder…“ seufzte ich leise als er sich wie ein Vampir an meinem Hals zu schaffen machte und dort leicht saugte. Er schaute auf und sah mich an. „Was ist mit ihm?“ „Wenn er das hier raus kriegt, dann haben wir beide ein ziemlich großes Problem…“ murmelte ich schaute ihn unsicher an. Das Ganze würde sich jedoch nicht nur auf uns, sondern auch auf unsere Familien auswirken.

„Mach dir darüber jetzt keine Gedanken.“ Lestat schien kein bisschen beunruhigt. Er schien vor wirklich nichts Angst zu haben, nicht einmal davor von der Gesellschaft geschnitten zu werden. Irgendwie wünschte ich mir schon alles so leicht nehmen zu können wie er. „Es ist egal, was die Anderen sagen, vor allem aber, was dein Bruder sagt, denn der hat nichts zu melden. Merk dir das einfach.“ Hauchte er gelassen in mein Ohr und streichelte meinen Kopf wie den eines kleinen Kindes. Wahrscheinlich wollte er mich damit beruhigen.

Ohne groß Zeit zu verlieren, ging Lestat nun zielstrebig auf mein Bett zu, mich an der Hand haltend. Er ließ sich einfach darauf fallen und zog mich mit sich, sodass ich letzten Endes auf seinem Schoß saß. „Weißt du…“ begann er und legte sich mit mir zurück, streichelte langsam meinen Rücken hinab, zu meinem Hintern. Himmel, wie peinlich! „Ich war schon mal verliebt, in ein Mädchen. Sie war wirklich hübsch und klug noch dazu.“ Er schloss die Augen und streichelte mich weiter an dieser Stelle, die ich nicht noch mal erwähnen möchte. „Sie war aber schon einem Anderen versprochen und ist mit ihm nach Amerika gegangen. Ich hab sie nie mehr wieder gesehen. Du hast sehr viel mit ihr gemeinsam. Sie hat dieselben schönen Augen wie du gehabt.“ Er lachte kurz. „Meine fand sie immer unheimlich, wie sie so eine unnatürliche Farbe haben.“ „Ich finde sie schön…“ endlich hatte ich etwas raus bekommen, doch dieser Satz war so sinnlos und ich kam mir dumm vor ihn auf einmal in gewisser Weise anzuhimmeln. Er schien sich jedoch über diesen belanglosen Kommentar zu freuen. „Danke, das bedeutet mir viel.“ Er schien nicht mehr viel Zeit verschwenden zu wollen und streichelte auf einmal unter meine Hose um das heiße Fleisch, welches sich dort befand zu berühren. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich peinlicherweise nur einen Schlafanzug trug. Immerhin war es schon Abend und dunkel draußen und da hatte ich nicht mehr mit Besuch gerechnet, vor allem nicht mit DIESEM! Ich schluckte leicht. „Du… machst jetzt ernst, oder?“ nun wollte ich es doch genau wissen. Immerhin erschienen mir seine Gesten doch recht eindeutig. „Du etwas nicht? Es scheint dir jedenfalls zu gefallen. Sonst würdest du nicht so vor dich hin schnurren wie ein kleines Kätzchen.“ Ich schnurrte?? Na, das wurde ja immer besser! Peinlich berührt stieg mir die Röte ins Gesicht und ich streichelte etwas zögerlich sein dunkles Haar. „Na ja… ich weiß nicht. Das alles ist so unwirklich…“ „Das ist alles nur ein Traum, Ray und das weißt du auch. In deinen träumen kannst du alles machen, was du willst.“ Da hatte er Recht! Ich konnte mich also darauf einlassen, denn es war nun mal ein Traum, mehr nicht. Er schien wohl zu merken, dass ich auf einmal meine Meinung „geändert“ hatte, denn er rollte sich urplötzlich mit mir auf dem Bett herum, damit er oben lag und mir das Oberteil meines Schlafanzugs ausziehen konnte. Er grinste zufrieden bei dem, was er sah. „ein bisschen mager bist du… aber das macht ja nichts. Bist trotzdem süß.“ Schnurrte er frech und küsste selbstsicher meinen Hals um sich gleich weiter runter zu arbeiten, zu meinen Brustwarzen. Es war schon unglaublich, wie viele verschiedene Gefühle sich da in mir vermischten! Scham, Lust, Erregung und auch etwas Angst paarten sich zu einem dämonischen Cocktail und ich konnte ein leises Keuchen nicht unterdrücken. Zumindest nicht, als Lestat auf einmal anfing an mir zu knabbern! An meinen Brustwarzen! Ich war doch keine Frau… aber Lestat schien genau zu wissen was er tat und wie er es tat. „Ich hätte nicht gedacht, dass du derart sensibel bist. Ich hatte schon befürchtet du würdest dich mir komplett verweigern.“ Verriet Lestat mir und ließ eine seiner Hände an meinem Oberkörper hinab wandern um sich auf meinen Schritt zu legen und diesen leicht zu massieren. Ich schluckte leicht. „red nicht soviel, sondern mach was!“ grummelte ich trotzig und die Ungeduld in meiner Stimme verriet, dass es mir gefiel. Ich wollte nun selbst nicht mehr viel reden, sondern einfach nur mit Lestat erleben, was wohl so ziemlich das Intimste war, was zwei Menschen überhaupt tun konnten. Er schüttelte amüsiert den Kopf und zwirbelte meine rechte Brustwarze leicht. „Wie Ihr wünscht.“ Und schon war die verbale Kommunikation zwischen uns abgebrochen und die Ungeduld, die sich in mir aufgebaut hatte, drohte nun auszubrechen. Völlig besessen zerrte ich ihm das Hemd vom Leib um meine Arme um seinen Nacken zu schlingen und ihn fest an mich zu ziehen. Auch wenn wir nicht mehr richtig miteinander redeten, so sprachen unsere Körper doch für sich und verrieten, was gefiel und was nicht.

Es dauerte nicht lange bis wir beide nackt waren. Unsere Kleidung lag überall auf dem Boden verstreut und wir selbst umschlangen uns eng in unserem Treiben. Alles schien hinter einem Hitzeschleier zu verschwinden und ich fühlte mich leicht fiebrig, doch diese ständigen Schauer, die durch meinen Körper fuhren waren wie Stromstöße, die mich immer wieder zurück holten.

Dieses Keuchen und Stöhnen… es war mir furchtbar peinlich vor ihm, vor allem weil er ein Mann war. Natürlich hatte ich mich schon mal selbst berührt, doch das jetzt, war etwas völlig neues und auch wenn es schön war auch wahnsinnig nervenaufreibend. „Wenn du die ganze Zeit nachdenkst, dann ist es für keinen von uns beiden schön…“ flüsterte Lestat mir unverschämt zu und küsste meine Stirn. Auch er keuchte. Sein Atem war ganz heiß, mindestens ebenso wie meiner und ich spürte wie unsere Oberkörper sich berührten, wie seine Brust die meine streifte, während wir atmeten. „Lestat….“ Hauchte ich ihm sinnlich zu als es plötzlich klopfte und die Türe aufging.

Ich öffnete die Augen.

~Once upon a time~

XI. Once upon a time
 

„Es war einmal vor langer Zeit eine wunderschöne Prinzessin. Glücklich lebte sie unter der Obhut ihrer Eltern im Schloss, bis sie einen jungen Mann Kennen lernte. Er war ein Edelmann von hoher Herkunft, ein Prinz. Die Prinzessin, stolz und naiv wie sie war, wollte sich ihre innigen Gefühle für den Anderen nicht eingestehen.

Eines Tages, als die Prinzessin in ihrem Bett lag, erschien auf einmal ein böser Zauberer. Er entführte das Mädchen und verschleppte es mit Gewalt in seine Gemächer, weit weg im Wald. Die Prinzessin wusste, dass sie ihren Prinzen nie wieder sehen würde und weinte bitterlich. Was sie nicht wusste war, dass ihr Prinz von dieser schändlichen Entführung erfahren hatte und nach ihr suchte, doch würde er sie finden und würde sie ihren Stolz überwinden können um ihm zu gestehen, was sie für ihn fühlte? Vielleicht hat nicht jedes Märchen ein Happy End.“

Ich konnte ihn lachen hören, doch weil ich noch so benommen war, konnte ich nicht erkennen, wo ich mich befand. Es war stockduster. Ich versuchte mich aufzusetzen, doch ich schaffte es nicht mich auch nur einen Millimeter zu bewegen. Meine Hände schienen über meinem Kopf gefesselt zu sein und ich lag. Das war das Einzige, was ich wusste. „Tja, Bruderherz, dieses Märchen kommt dir bestimmt bekannt vor. Es ist genau das gleiche Märchen, was Mutter uns früher immer erzählt hat, wenn sie uns zu Bett gebracht hat als wir noch klein waren. Das waren noch Zeiten.“ Ich hörte ihn seufzen und dann seine leichtfüßigen Schritte. Er war elegant wie immer. Nun konnte ich verstehen, weshalb er immer der Beliebtere von uns beiden gewesen ist und das ärgerte mich fürchterlich. „Du hast sicherlich gemerkt, dass ich das Märchen abgebrochen habe, denn eigentlich hat es ein Happy End, aber weißt du woran ich plötzlich denken musste?“ ich spürte seine kalte Hand an meiner Wange und zuckte zusammen. Wahrscheinlich grinste er jetzt. „Nein, woran denn?“ fragte ich leise. Er hatte mir die Augen verbunden. Das war mir jetzt klar, dieser Mistkerl! „Dass diese Geschichte wie auf dich zugeschnitten ist. Du als die holde Prinzessin, Lestat als der Prinz und ich… na ja, das kannst du dir jetzt wohl schon denken.“ Er machte eine künstlerische Pause. Es sollte wohl dramatisch wirken und mir Bedenkzeit geben, was das alles denn zu bedeuten hätte, doch ich bekam das alles einfach in keinen sinnvollen Zusammenhang. Warum sollte er mich entführen? Was hatte er davon? „Was bringt dir das?“ es war deutlich ein genervtes Seufzen in meiner Stimme zu hören, doch ich war bemüht ihn nicht spüren zu lassen, dass ich Angst hatte. „Du hattest schon immer alles: Den Respekt unserer Eltern, die Schwärmereien sämtlicher Mädchen und ohnehin alles, was du wolltest. Also wieso willst du mir dann wehtun, oder dieses Märchen inszenieren? Das ist völlig unsinnig… warum merkst du das denn nicht?“ Er schien sich neben mich zu setzen, weil die Unterlage auf der ich mich befand, sich leicht senkte. Es schien etwas Weiches zu sein.

„Vielleicht weil es mir Spaß macht? Weil ich deinen Prinzen nicht leiden kann? Vielleicht auch weil ich Langeweile habe? Fällt dir ein besserer Grund ein?“ er löste seine Hand, die mich leicht gestreichelt hatte, von meiner Wange.

War er denn jetzt völlig errückt geworden? Je mehr Fragen er mir stellte, desto krisseliger wurde ich im Kopf, weil ich einfach nicht verstand, was er von mir wollte und vor allem, was er von Lestat wollte. „Also für mich hört sich das wirklich nicht plausibel an. Da kannst du mir erzählen, was du willst.“ Murrte ich und drehte den Kopf von ihm weg, zumindest entgegen der Richtung in die sich die Unterlage gesenkt hatte.

„Du bist wirklich dumm. Deswegen haben Mutter und Vater mich immer mehr gemocht als dich.“ Schnurrte er und fühlte sich wohl gegenüber meiner Unwissenheit überlegen. Ich merkte langsam wie sich mein Geist wieder klärte. Ob er etwas von meinem Traum mitbekommen hatte? Der war immerhin wirklich nicht ohne gewesen und es hätte mich nicht gewundert, wenn er etwas davon mitbekommen hätte. Vielleicht hatte er mir ja deswegen noch das Laudanum mit untergemischt. „Aber soll ich dir mal etwas verraten?“ die Unterlage beugte sich unter der Gewichtsverlagerung zu mir leicht runter. Er war nun ganz nah an meinem Ohr, denn ich konnte ihn atmen hören. „Genau das habe ich immer an dir gemocht, diese Dummheit, diese Naivität und die Art wie du früher immer geweint hast, als du noch klein warst. Ich habe es gemocht wie du Klavier gespielt hast und geflucht hast, wenn etwas falsch war und außerdem mochte ich es schon immer wie verzweifelt du versuchst französisch zu sprechen und mal ganz ehrlich: Wenn du in der oberen Schicht diese Sprache nicht beherrschst, hast du dort auch nichts zu suchen, aber gut.“ Die Unterlage auf der ich lag hob sich wieder etwas an. Er war wohl aufgestanden. „Du hast keine Ahnung worauf ich hinaus will, oder was ich dir zu sagen versuche, nicht wahr?“ fragte er hörbar amüsiert und auf einmal nahm ich einen widerlichen Tabakgeruch wahr. Eine parfümierte Zigarette, irgendeine teuere Marke, die er hin und wieder zu rauchen pflegte. Ich schüttelte schnell den Kopf. „Nein, ich weiß es wirklich nicht und jetzt klär mich endlich mal auf!“ jammerte ich und fing an zu husten, weil mir ein Schwall Rauch direkt ins Gesicht geschwebt war und meine Lungen gereizt hat.

„Gut, dann erzähle ich dir die Geschichte von Anfang an, aber… ich möchte dabei lieber deine Reaktion sehen, also….“ er kam mit leisen Schritten auf mich zu und es wurde Tag. Einen Moment blinzelte ich, weil der Raum ganz gut beleuchtet war. Es war das Schlafzimmer meines Bruders. Mein Verdacht hatte sich bestätigt. Ich lag auf seinem Bett. „Das hätten wir. Dann wollen wir mal beginnen.“ Er begann im Raum beschwingt auf und ab zu gehen und wirkte dabei äußerst glücklich. Hin und wieder zog er an seiner Zigarette. „Wie du vielleicht schon geahnt hast, hege ich eine besondere Art der Zuneigung für dich und deine kleinen Eigenarten. Wahrscheinlich hast du sie selbst noch nicht einmal gekannt. Nun, und eben wegen dieser besonderen Zuneigung war ich umso bestürzter als ich davon erfuhr, dass dieser Lestat damit begonnen hatte dir den Hof zu machen.“ Er seufzte tief und machte eine künstlerische Pause. Ich mochte es nicht, wenn er so überschwänglich geschwollen daher redete. „Weißt du, Bruderherz, ich habe diesen Kerl schon immer verabscheut und ich habe mir nie etwas sehnlicher gewünscht als ihn völlig am Ende und am Boden zerstört zu sehen. Wir waren auf der gleichen Universität und haben uns von Anfang an aneinander gemessen, wollten den Anderen verlieren gehen und noch immer hat dieser Kampf nichts von seinem Reiz verloren. Ich wusste, dass du mir gehörst, zumindest dachte ich das, bis er damit begann dich zu umschwirren wie eine Motte das Licht. Er will mich rasend machen vor Wut, das weiß ich, doch ich habe mir etwas einfallen lassen.“ Ein leichtes Grinsen hatte sich auf sein Gesicht geschlichen, doch je weiter er sprach, desto breiter wurde es und mittlerweile wirkte er nicht mehr wie mein Bruder, sondern eher wie ein Fall für die Nervenheilanstalt. Ich traute mich nicht auch nur irgendwas zu sagen, doch das war auch gar nicht nötig, denn er sprach schon weiter.

„ Ich hatte recherchiert und ihn genau studiert, noch lange bevor ihr euch überhaupt Kennen gelernt habt. Irgendwann stieß ich auf sein Familienwappen. Eine dunkelrote Rose… Ich habe es mir einfach zu Nutze gemacht und ein Theaterstück inszeniert, das seinen Ruf endgültig ruinieren würde. Diese Morde im East End sind alle mir zu verdanken. Die roten Rosen waren Hinweise auf seine Person.“ Meine Augen weiteten sich augenblicklich. Wie konnte das sein?? Mein eigener Bruder war ein Serienmörder?? Ein Verrückter? „Aber das kann nicht sein!“ rief ich. „Ich… ich bin dem Mörder selbst begegnet! Ich habe seine Augen gesehen! Sie waren violett und er hatte noch das blutige Messer in der Hand!“ er schüttelte über meine Unwissenheit nur den Kopf. „Tja, das Wunder der Medizin.“ Er ging zu seinem Schreibtisch und holte ein kleines Fläschchen hervor und hielt es mir entgegen. Dieses Mittelchen hab ich mir von unserem Hausarzt, dem guten alten Dr. Fitch. Es reizt die Augen, besonders die Iris an und durch diese besondere Reizung ändert sich kurzweilig ihre Farbe.“ „Aber Dr. Fitch ist doch auch Lestats Arzt!“ ich erinnerte mich daran, da er ihn erwähnt hatte, als ich bei ihm zu Besuch war. Jack nickte wissend und stellte das Fläschchen wieder weg. „Ich weiß, aber du hast ja keine Ahnung wie bestechlich Mediziner sind. Unter anderem habe ich es ihm zu verdanken, dass ich so viele Informationen erlangen konnte und jetzt erzähle ich dir mal etwas über deinen Märchenprinzen und seine mysteriöse Augenfarbe: Sie ist ein Gendefekt. Seine Eltern waren Geschwister, Ray! Er ist das Produkt einer übersteigerten Geschwisterliebe! Deswegen ist er mit seinen Eltern nach England gekommen! Weil man sie verstoßen hat!“ er lachte irre. „Man hat sie verstoßen, so sieht es aus. Ja, langsam schließt sich der Kreis. Nachdem ich also genug über seine Person und Herkunft herausgefunden hatte, konnte ich ihn den Abgrund hinab stürzen lassen. Ich suchte mir ausgewählte Opfer aus, allesamt Prostituierte denen er mal Geld gespendet hatte und hinterließ als Hinweis eine Rose, was ihn gleich ins Fadenkreuz der Ermittlungen der Kriminalpolizei brachte. Ich wusste, dass auch er dir Rosen geschickt hatte und ahnte schon, dass er mir auf der Spur war. Aber gut…“ er zuckte gelassen mit den Schultern und drückte seine Zigarette im Aschenbecher aus. „Jetzt habe ich dich hier und er ist weit, weit weg, mein Bruderherz.“ Er setzte sich wieder zu mir, streichelte meine Wange. Angewidert drehte ich den Kopf von ihm weg, doch er blieb unbarmherzig und fasste mich grob am Kinn um mich anzusehen. Grinsend hauchte er mir einen kleinen Kuss auf die Nasenspitze. „Ich werde dich ernsthaft vermissen, Kleiner, nicht nur weil ich dich so gerne habe, aber wenn ich ihn schon mit meiner kleinen Theateraufführung nicht beeindrucken konnte, werde ich wohl mit etwas Dramatischeren auffahren müssen um ihn endgültig zu brechen. Es wird auch nicht sehr wehtun. Das verspreche ich dir.“ Wie kam es nur, dass ich ihm nicht glaubte? Mein Bruder war völlig übergeschnappt. Das sah man schon in seinen Augen, die wirr und ziellos schienen, obwohl sie mich die ganze Zeit ansahen. Seine Eifersucht und seine Wut hatten ihn innerlich so sehr zerfressen, dass er nicht mehr wusste, was er tat. Es war schrecklich und ich fühlte mich furchtbar, vor allem weil ich immer ein stilles Misstrauen gegenüber Lestat gehegt hatte, völlig unnötig wie sich jetzt heraus stellte.

„Du bist doch vollkommen blind, Jack…“ wimmerte ich und beobachtete wie er eine kleine, kunstvoll verzierte Phiole herausholte. „Noch ein kleines Geschenk von Dr. Fitch.“ Grinste er und ignorierte mein Jammern einfach. „Es ist ein relativ schnell wirkendes Nervengift. Ich will Lestat zwar am Boden zerstört sehen, aber wenn du schon dafür geopfert werden musst, sollst du wenigstens nicht wie ein Hund geschlachtet werden.“

Ich spürte wie mein Atem schneller und unregelmäßiger wurde. In mir machte sich Panik breit. Ich zog an meinen Händen, doch die Bänder mit denen er mich am Bettgestell fest gemacht hatte, schnitten mir in die Haut und es brannte fürchterlich. Auch an den Füßen hatte er mich fest gebunden und für mich bedeutete dies eine ausweglose Situation. „Bitte, Jack, komm wieder zur Besinnung! Du hast keinen Grund dich mit ihm zu messen und es wäre auch gar nicht nötig gewesen, dass Andere wegen deinen Wahnvorstellungen sterben müssen! Bitte hör auf mit diesem Wahnsinn!“ flehte ich ihn an, doch er war vollkommen verblendet. Was sollte ich nur tun? Konnte ich mich einfach so meinem Schicksal ergeben? War das überhaupt mein Schicksal? Hatte das Leben nicht eigentlich viel mehr für mich bereitgehalten? Ich schloss die Augen und meine Lider fühlten sich so schrecklich schwer ein wie ein dichter Theatervorhang, der kurz vor dem letzten Akt noch mal zugezogen wird. Das würde wohl meiner werden… ohne es zu wollen spürte ich heiße Tränen an meinen Wangen hinab laufen. Wieder lachte Jack. Das war doch nicht mehr mein Bruder! „Brüderchen, es wird wirklich nicht weh tun.“ Sprach er dann mit süßlich sanfter Stimme. In dieser Situation klang es schon fast ein bisschen sarkastisch.

„W-willst du es dir nicht wenigstens noch mal überlegen? Du vergeudest nur deine Zeit und Nerven indem du diesen Kleinkrieg bis zum Äußersten fortführst!“ verzweifelt versuchte ich mir Worten ihn von seinem Vorhaben abzubringen, doch es schien alles nicht mehr zu helfen. Ich sah mich innerlich schon tot unter der Erde liegen und Lestat, der vor meinem Grab stand und dunkelrote Rosen auf die Erde legte.

Auf einmal ging alles ganz schnell. In einem Anfall von abrupter Panik und mich zerreißender Angst schrie ich, so laut und kräftig ich konnte. „LESTAT!!“ noch einige zeit später glaubte ich, dass es sich an diesem Abend um eine Art göttliche Fügung gehandelt hatte. Jack hielt mir schnell den Mund zu damit ich aufhörte zu schreien, doch ich biss ihm in die Hand, als auf einmal die Türe aufflog und Lestat keuchend im Raum stand. Sowohl mein Bruder als auch ich, die wir beide unter Strom gestanden hatten, zuckten abrupt zusammen. Die Phiole fiel mit einem Klirren zu Boden und der Inhalt ergoss sich auf dem Holzboden. So sehr hatte Jack sich also erschrocken. Lestat schien außer Atem als hatte er sich wohl beeilt, nur wie hatte er es geschafft im rechten Moment hier zu erscheinen? Die Frage würde sich bald klären. „Jack, Jack, Jack….“ Sagte der Dunkelhaarige mit einem Kopfschütteln und trat auf meinen Bruder zu. “So tief bist du also schon gesunken. Ich hatte eigentlich vorgehabt unseren Streit auf sich beruhen zu lassen und dich einfach zum finalen Sieger zu erklären, aber du musst gleich wieder über die Länge schlagen.“ Er warf mir einen kurzen Seitenblick zu und in dem Moment machte mein Herz einen kleinen Hüpfer, nicht vor Schreck, sondern vor glück. Er war wegen mir hier, weil er mich retten würde. Es war wie in Mutters Märchen… nur wahr und ich war ein Teil dieses Märchens, das hoffentlich mit einem Happy End ausgehen würde.

Jack wich einen Schritt von Lestat zurück und grinste. Er grinste, weil diese Situation so absurd war, weil er so nah dran gewesen war sein Werk zu vollenden und weil er wahnsinnig geworden war. Es machte mir Angst, denn auch wenn ich immer eifersüchtig auf meinen Bruder gewesen war, so hatte ich ihn doch immer in gewissen Maßen bewundert, weil er auf mich immer so perfekt gewirkt hatte. Die Illusion war ihm jedenfalls gelungen. Ich sah wie mein Bruder schluckte, weil sein Adamsapfel sich kurz zuckungsartig auf und ab bewegte. Der Schweiß stand ihm auf der Stirn. Mein Blick wanderte zu Lestat. Er wirkte völlig ruhig, im Gegensatz zu meinem Bruder, und ging langsam auf diesen zu. Auch er grinste, doch bei ihm kam es mir nicht wie das Grinsen eines Wahnsinnigen vor, sondern wie das eines kaltblütigen Mörders, jemand, der alles, einfach alles, tun würde um das zu bekommen, was er will und jetzt wollte er mich beschützen. Ich hätte weinen können vor Glück.

Und gerade als der böse Zauberer die arme Prinzessin vollends in ihr Unglück treiben konnte, erschien der Prinz. Er erstach den Zauberer mit seinem Schwert und floh mit der Schönen aus dem Turm. Voller Glück brachte er sie zu seinem Schloss und schon wenig später heirateten sie und bekamen einen prächtigen Sohn. Nicht einmal der Zauberer hatte ihre, anfangs, zarte Liebe brechen können und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.

Ich hörte einen dumpfen Aufprall und sah schreckte jähe aus meinen Gedanken hoch. Jack war zu Boden gegangen. Wie es aussah, hatte Lestat ihn mit einer Figur, die auf dem Nachttisch stand niedergeschlagen. Also war die Verletzung wohl nicht tödlich. Schnell setzte er sich zu mir auf das Bett und schickte sich daran meine Fesseln zu lösen. „tut mir Leid, dass es so lange gedauert hat.“ Hauchte er und nestelte schnell an den Bändern herum. „Ist schon in Ordnung… ich dachte schon es sei aus mit mir. Deswegen bin ich froh, dass du überhaupt hier bist, aber woher wusstest du davon?“ er hatte meine Fesseln von den Händen gelöst und machte sich an meine Fußfesseln. „ich habe dich bespitzeln lassen, weil ich schon länger den Verdacht hatte, dass etwas nicht stimmte. Mein Informant kam vor kurzem bei mir an und erzählte mir von dem, was sich hier zutrug und ich machte mich sofort auf den Weg.“ Als er mich los gemacht hatte, hob er mich in seine Arme. „Er wird bald wach werden, also beeilen wir uns. Du schläfst heute Nacht bei mir.“ Er hauchte mir einen kurzen sanften Kuss auf die Stirn und trug mich die Treppen hinunter durch den Eingangsbereich und zu seiner Kutsche. So muss sich die Prinzessin in dem Märchen auch gefühlt haben… Leise seufzend schmiegte ich mich an ihn als wir in dem gemütlichen Gefährt saßen und schloss die Augen. „Was wird mit meinem Bruder geschehen?“ fragte ich leise und Lestat streichelte sanft mein Haar. „Ruh dich jetzt aus.“ Antwortete er nur mit matter Stimme und legte seinen Arm um mich, um mich an ihn zu drücken. Ich konnte mir schon denken, was meinem Bruder widerfahren würde, wenn nicht der Tod, doch schon war ich eingeschlafen und träumte abermals mein eigenes Märchen.

Bittersweet Symphony

XII. Bittersweet Symphony
 

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, befand ich mich einem mir völlig fremden Raum. Es war nicht mein Zimmer, dazu war es viel zu dunkel eingerichtet und vor allem hatte ich keine schweren Vorhänge aus Samt an meinem Bett, geschweige denn einen Betthimmel. Es roch auch ganz anders. Es roch nach… nach… Rosen, sehr aromatisch und benebelnd zugleich. Gähnend rieb ich mir mit den Händen, die ich zu Fäusten ballte, über die Augen. „Nicht reiben, sonst werden sie noch ganz rot.“ Hörte ich eine ruhige Stimme neben mir und zwei Hände griffen bestimmt nach den meinen und zogen sie etwas weg. Dann spürte ich leichte Küsse auf meinen schweren, geschlossenen Augenlidern. „Der Tag gestern war anstrengend gewesen. Wie fühlst du dich?“ erst jetzt öffnete ich meine Augen wieder und bemerkte nun auch Lestat. Er lag direkt neben mir und lächelte mich leicht an.

Es war ungewöhnlich ihn so zu sehen, da ich eigentlich nur sein fieses Grinsen gewohnt war, doch nun lernte ich eine völlig neue Seite an ihm Kennen und ich muss gestehen: Ich mochte diese neue Seite. Die war so unheimlich lieb und entschlossen zugleich, romantisch, ganz ohne kitschig zu sein und diese Mischung war es, die mich so sehr an ihm faszinierte. „Ganz gut… denke ich…“ murmelte ich noch etwas müde. Langsam stiegen die Erinnerungen an gestern wieder in mir hoch und ließen mich zucken, was auch Lestat zu spüren bekam, der sofort zu verstehen schien, was in mir vorging. „Du willst sicher wissen, was mit deinem Bruder passiert ist, nicht? Es steht in der Zeitung. Man hat ihn bewusstlos in seinem Zimmer gefunden, auch die zerbrochene Phiole und die Fesseln, die noch auf dem Bett gelegen haben. Man ist sofort von eine Verbrechen ausgegangen, doch was genau geschehen ist, weiß noch keiner.“ Er sprach ganz ruhig um mich nicht zu überfordern.

Mein Bruder, der Verbrecher… ich zweifelte nun stark daran, dass Jack wirklich noch der Lieblingssohn unserer Eltern sein würde. „Du solltest gegen ihn aussagen.“ Meinte Lestat plötzlich und ließ meine Hände los. „Nur so kann man diesem Wahnsinn ein Ende bereiten. Das Problem ist, dass nach einem solchen Skandal der Ruf deiner Familie stark angeschlagen sein wird.“ Dabei hatte er doch selber einen Ruf zu verlieren. Ich nickte leicht. Ich wusste selber, dass es das Beste sein würde, gegen Jack vor Gericht auszusagen, doch die Hochzeit mit Elizabeth ist somit vollkommen unmöglich. Ihre Eltern würden die Verlobung sofort auflösen und ihre Tochter jemand Anderem aus einer „besseren“ Familie versprechen. Insgeheim dachte ich einfach, dass Jack nur verwirrt und nicht im vollen Besitz seiner geistigen Kräfte gewesen war. Ich wusste, dass er hin und wieder zu einer dieser Opiumhöhlen gegangen war und vielleicht waren die nicht ganz unschuldig an seinem Verhalten.

„Was meinst du denn, was sie mit ihm machen werden?“ fragte ich leise und schaute Lestat müde und etwas überfordert an. Die Situation war für mich einfach noch nicht fassbar. „Na ja, was bleiben da für Möglichkeiten? Im schlimmsten Fall die Hinrichtung, wobei ich das schon von vorne herein ausschließe. All je nachdem wie er sich bei seinem Aufwachen verhalten hat, kommt er vielleicht auch nur in die Psychiatrie um dort den Rest seines Lebens zu verbringen, aber er hätte es nicht anders verdient. Er ist doch völlig übergeschnappt und sollte von der Außenwelt in jedem Fall fern gehalten werden, denn meiner Meinung nach ist er ein Verrückter.“ Erklärte Lestat und meinte diese harten Worte tatsächlich ernst. Langsam setzte ich mich auf und strich mir durch’ s Haar. Ich wollte mir jetzt erstmal nicht allzu sehr den Kopf wegen meinem Bruder zerbrechen. Erstmal musste ich das alles ein bisschen verarbeiten und zur Ruhe kommen, mich wieder etwas sammeln. Was meine Eltern wohl sagen würden? Wie konnte mein Bruder nur die ganze Familie ins Verderben reiten?? Dann fiel mir jedoch mein eigenes Vergehen ein: geheime Gefühle für einen Mann! Wenigstens tötete ich damit keine Menschen. Plötzlich spürte ich eine Hand in meinem Nacken, die mich dort kurz kraulte. „Entspann dich…“ hörte ich Lestat hauchen, der noch immer zu liegen schien. Seine Hand wanderte an meinem Rücken hinab und sein Arm schlang sich um meinen Rumpf um mich wieder zurück zu ziehen. „Hast du Hunger?“ fragte er leise und ich nickte leicht. Sofort ließ Lestat seine Haushälterin kommen und ein üppiges Frühstück für uns Beide bringen. Dieses Mal setzte er sich als erstes auf. Selbst morgens schienen seine Haare einfach perfekt zu sitzen! „Für gewöhnlich esse ich nicht im Bett, aber für dich mache ich mal eine Ausnahme.“ Grinste er mich an und nun setzte auch ich mich auf. „Wenn du krümelst und kleckerst, kann du es aber sauber machen.“ Sagte er dann schon etwas ernster, wobei klar war, dass er nur scherzte… Gott sei dank, denn die Decke schien teuer zu sein und sie war herrlich weich und glatt.

Das Frühstück mit Lestat verlief relativ schweigsam. Auch er schien in Gedanken zu sein. Der Prozess würde nicht schwer zu führen sein, wenn man einen guten Anwalt besaß, denn sämtliche Beweisstücke sprachen gegen meinen Bruder und dessen Verrücktheit war alleine schon Grund genug ihn weg zu sperren. Nach dem Essen richteten wir uns her, Lestat hatte extra einen Anzug für mich bringen lassen, und danach dauerte es auch nicht lange bis die Polizei vor der Türe stand. Sie hatten meinen Bruder vorläufig in Haft genommen um ihn zu beobachten. Wie es aussah, hatte Lestat alles eingefädelt während ich geschlafen hatte, doch nun musste ich Rede und Antwort stehen und von dem berichten, was ich wusste. Es war relativ schwer schon jetzt über die vergangenen Ereignisse zu reden, die sich derart überschlagen hatten.

Ordnungsgemäß notierte einer der beiden Beamten, was für die Ermittlungen von wert sein könnte und nach ungefähr einer Stunde verabschiedeten sie sich schon wieder.

Ich fühlte mich ein bisschen überfordert. Wenn alles glatt ginge, würde meinem Bruder in wenigen Tagen der Prozess gemacht und er selbst abgeschleppt werden. Der Ruf meiner Familie wäre ruiniert und wenn das mit meinem Verhältnis zu Lestat auch noch heraus käme, wäre die Katastrophe perfekt.

Ich verzog mich in Lestats Schlafzimmer, weil ich meine Ruhe haben wollte. Zuvor gab ich jedoch noch der Haushälterin Bescheid, falls Lestat mich suchen sollte.

In Lestats Schlafzimmer angekommen ließ ich mich auf den gemütlichen Sessel fallen und schloss die Augen.

Mit einem tiefen Seufzer lehnte ich mich zurück und fühlte mich einfach miserabel. Lestat war einfach in seinem Arbeitszimmer verschwunden und hatte sich zwischen seinen Büchern verkrochen. Allerdings hatte er wohl mitbekommen wie die Beamten verschwunden waren und so dauerte es nicht lange bis er leise das Zimmer betrat. Da ich so in Gedanken war, hörte ich ihn nicht und bekam auch nicht mit wie er sich hinter den Sessel stellte. Erst als er von hinten seine Arme um mich legte und meinen Kopf küsste, wusste ich, dass er da war. „Sei nicht so angespannt…“ murmelte Lestat und legte seine Stirn auf meinem Kopf ab. „Es wird alles bestens verlaufen und du kannst so lange hier bleiben wie du willst. Ich bin auch kein Unmensch, Ray, auch wenn ich manchmal so erscheine…“ Ray… so wie er meinen Namen sagte, hörte er sich ganz anders an, als wenn ihn meine Eltern oder meine Lehrer sagen würden. Es gefiel mir. Sehr sogar. „Deiner Familie wird auch nichts passieren… dein Bruder ist derjenige, den es im Moment am Schlimmsten trifft… zu recht allerdings. Man wird eine weile über euch reden, aber wenn diese Phase vorbei ist wird alles wieder seinen gewohnten Gang nehmen.“ Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass Lestat derart optimistisch sein konnte und auch wenn die Worte, die er sprach so zuversichtlich waren… ich konnte ihnen keinen Glauben schenken. Was, wenn es nicht besser werden würde? Ob wir auswandern müssten? Ich schluckte bei dem Gedanken. Ich liebte London, selbst bei all seiner Doppelmoral und Lestat wollte ich auch nicht verlassen, nicht jetzt nachdem ich mir nächtelang den Kopf über ihn zerbrochen hatte um zu erkennen, dass er mir wichtig war.

„Lass mich mal bitte los.“ Meinte ich trocken, woraufhin er etwas verdutzt von mir abließ. Er hatte wohl nicht damit gerechnet, dass ich so einen harschen Ton anschlagen würde. Ich stand also auf und kam um den Sessel herum auf ihn zu. „Was ist los? Fühlst du dich nicht wohl?“ fragte er und strich mir durch’ s Haar. Ich schüttelte den Kopf und sah zu ihm hoch, wurde urplötzlich knallrot. „Sag meinen Namen.“ Lestat starrte mich an. „Deinen Namen?“ fragte er und ich nickte sofort. „Ja, meinen Namen. Ich… ich… möchte es hören, wenn du ihn sagst…“ Die Verwirrung wich sofort aus Lestats Gesicht und er fing an so fies und überheblich zu grinsen wie eh und je. „Ach, jetzt weiß ich wo der Hase lang läuft.“ Lachte er und schaute mich fast schon triumphierend an. „Du hörst es gerne, wenn ich ihn sage, was? Gib es zu. Jetzt bist du mir endgültig verfallen.“ Feixte er, stolz wie Oscar und tätschelte mir die Wange, was mich wieder wütend machte. Als wäre ich ein kleines Kind… „Hör auf damit! Ich möchte ihn einfach nur hören…“ knurrte ich, klang gegen Ende doch eher zögerlich als fordernd. Es war mir unheimlich peinlich, dass ich die Art mochte in der er mit mir sprach und vor allem die Art mit der er mich beim Namen rief. Jedes Mal, wenn ich nach und nach zugab, was mir an ihm gefiel und je mehr ich von mir Preis gab, desto mehr fühlte es sich wie eine Niederlage für mich an und zugleich wie ein Verrat an meine Männlichkeit. Es war überhaupt nicht männlich in einen Kerl verliebt zu sein, der darüber hinaus auch noch dominanter zu sein schien als man selbst! Es war doch im Grunde der Traum eines jeden Mannes ein hübsches Mädchen zu heiraten und es zu beschützen, doch anscheinend schien in dieser Beziehung meine Wenigkeit das Mädchen zu sein.

Ich war vollkommen in meinen trotzigen und wütenden Gedanken versunken, als ich spürte wie sich diese starken Arme um mich legen. Er näherte sich mir, denn ich konnte seinen Atem an meinem Ohr hören. „Ray…“ es war nicht viel mehr als ein Hauchen, doch es war laut genug um bis zu mir vorzudringen und mich rot werden zu lassen. „Ray… Ray…. Ray… Ray…“ immer und immer wieder hörte ich Lestat meinen Namen sagen und es lullte mich förmlich ein.

Langsam drängte er mich zurück in Richtung Bett, doch so weit kam ich letzten Endes nicht, da er plötzlich stehen blieb und mich hoch hob. Als ich die Augen öffnete, befand ich mich in einer Pose, die eigentlich nur eine Braut hat, wenn sie über die Türschwelle getragen wird. Ich lief augenblicklich rot an und boxte Lestat gegen die Brust. „Was soll das denn?? Lass mich runter! Ich bin doch nicht deine Braut!“ fauchte ich ihn an, doch er lachte nur, was mich nur noch wütender machte. Grinsend trug er mich zum Bett. „Doch, heute bist du es.“ Schmunzelte er und legte mich auf die weiche Bettdecke. „Heute bist du meine Braut und ganz egal wie lange du dich auch wehren magst, irgendwann wirst du einsehen, dass du schon längst gegen mich verloren hast. Überwinde doch endlich einmal deinen Stolz.“ Während er sprach, hatte er sich über mich gebeugt und meine Handgelenke über meinem Kopf fixiert, damit ich ihn nicht mehr schlagen konnte. „Du gehörst mir Ray. Ich will dich für nichts auf der Welt hergeben…“ flüsterte er in mein Ohr und küsste dann meinen Hals. „Das ist doch lächerlich…“ murmelte ich mit zitternder Stimme. „Absolut, lächerlich, Lestat. Du weißt genau so gut wie ich, dass unsere Beziehung keine Chance hat. Irgendwann vielleicht, aber nicht jetzt und nicht hier. Wir sollten uns keine Hoffnungen machen. Sobald jemand heraus findet in was für einem Verhältnis wir zueinander stehen, wird uns der Prozess gemacht und dein Ruf ist Geschichte.“ Sagte ich leise und Lestat schaute mich nur unverständlich an, lächelte dann aber. „Das heißt also, dass du meine Gefühle erwiderst.“ Sagte er triumphierend. „Du hast nur Angst vor der Zukunft, aber weißt du was? Ich hab keine Angst, denn wenn ich wüsste, dass ich dich bei mir hätte, wäre für mich jede Strapaze der Welt kein unüberwindbares Hindernis. Mein Ruf ist die eine Sache. Im Grunde ist er doch vollkommen unwichtig. Du hingegen bist für mich von Bedeutung. Also, du hast die Wahl. Entweder du springst endlich über deinen Schatten und gestehst dir deine Gefühle zu mir ein, oder aber du weist mich ab. Wenn der letzte Fall eintritt, werde ich die Prozesskosten gegen deinen Bruder tragen und einen guten Anwalt besorgen. Danach verschwinde ich und du hörst nie wieder von mir. Ich meine das ernst, Ray, also überleg dir gut, was du sagst und hör auf daran zu denken, was Andere sagen könnten und was männlich ist und was nicht. Liebe hat nichts mit dem Geschlecht zu tun.“

Ich war, milde gesagt, überwältigt. Noch nie hatte ich Lestat so offen und ernst sprechen hören und irgendwie machte es Angst, dass er aus Liebe zu mir dazu bereit war so viel auf’’s Spiel zu setzen. Ich schluckte hart, doch meine Gefühle konnte ich dadurch wie sonst auch nicht hinunter schlucken. In diesem Moment brach einfach alle saus mir heraus, die Anspannungen der letzten Tage und auch die Gefühle Lestat, die es mir gegen Ende immer schwerer gemacht hatten. „D-du Idiot!“ schluchzte ich und endlich ließ er meine Hände los. Beschämt hielt ich die mir vor mein Gesicht und fing an zu weinen. „Du bist der größte Idiot, den ich je getroffen hab und… und mittlerweile hab ich das Gefühl… auch nicht besser zu sein! Du bist mir mehr wert als mir lieb ist und wenn du gehst, dann hau ich dich, hörst du?? Wenn du mich alleine lässt, dann… dann prügle ich dich windelweich und sperr dich in einen Käfig!“ je mehr ich sprach, desto lauter wurde mein Schluchzen und desto mehr Tränen flossen.

Schon früh hatte ich einsehen müssen, dass ich Lestat unterlegen war, doch erst jetzt realisierte ich das Ausmaß dessen, was er mit mir angestellt hatte. „Du hast mich schon eingesperrt.“ Flüsterte er und nahm meine Hände von meinem Gesicht, sodass er direkt in mein tränennasses Gesicht blicken konnte. „Ich komme einfach nicht von dir los. Du hast mich in deinen Käfig eingesperrt, Ray… und ich werde ihn nie wieder verlassen…“ kaum hatte er zu ende gesprochen, legte er seine Lippen auf die meinen und dieser Kuss war unglaublich sanft. Er war nicht fordernd und ich erwiderte ihn dieses Mal aus eigenem Antrieb. Vorsichtig strich er mir die Tränen vom Gesicht. Seine Hand war so angenehm kühl auf meiner heißen Wange.

Nein, es ging einfach nicht mehr ohne ihn. Er hatte meine Hände inzwischen los gelassen und so schlang ich meine Arme um seinen Nacken, wollte ihn einfach nicht mehr los lassen. Lächelnd löste er den Kuss. „Und? Hast du mir etwas zu sagen, Ray Morrington?“ ich schaute ihn aus roten Augen an und noch immer waren meine Augen so furchtbar feucht, dass ich ihn gar nicht richtig ansehen konnte. Wie peinlich. Allerdings nickte ich schniefend, denn ich hatte ihm wirklich etwas zu sagen. „Ich liebe dich… ich liebe dich Lestat, Rénoire, dich und niemand anderen…“ flüsterte ich und spürte wie mir ein riesiger Stein vom Herzen fiel. Auch Lestat wirkte unheimlich erleichtert und küsste mich erneut, innig und voller Leidenschaft. Er ließ mich mit jeder Faser seines Körpers spüren wie glücklich er war und auf einmal… war ich es auch.

An diesem Morgen verlor ich meine Unschuld und auch, wenn es weh getan hatte, war es eines der schönsten Erlebnisse in meinem Leben und ich wusste, dass egal, was auch kommen mag, ich meine Gefühle für diesen Mann nicht mehr verleugnen würde.
 

Wenn unsere Liebe ein Musikstück gewesen wäre, dann wäre es mit Sicherheit eine bittersüße Symphonie geworden, mit all diesen Höhen und Tiefen, die wir schon jetzt hatten erleben müssen. Ich weiß nicht, ob der Zuhörer es lächerlich oder schön finden würde, wenn die Musik mal vor Gefühlen überschäumen würde und ein anderes Mal vollkommen teilnahmslos erscheinen würde. Es wäre mir auch egal, ob dieses Stück ihm gefallen würde, oder nicht, denn es ist UNSER Stück und es ist unmöglich es so wiederzugeben wie wir es empfunden haben.

Es ist allein unser Stück und ich nenne es „Bittersweet Symphony“.



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Kommentare zu dieser Fanfic (58)
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Von:  Suesabelle
2012-08-07T03:15:50+00:00 07.08.2012 05:15
Omg man muss die art in der du deine FFs verfasst einfach anschmachten*-*mein herz klopft wild...spannung treibt mich dazu mir die venen aus den armen zu reißen...und dann kommt wieder ein spruch der den paradoxen zusatand der gefühlsmäßigen situation heraufbeschwört und mich lauthals lachen lässt^^
Dann sind wieder momente an denen ich meine Uki-freudenkreischerein loslasse und mein schäfchenkissen auf mein oralakustisches folterwerkzeug drücken mussXD

Ich bin gestern um 06.15Uhr aufgewacht und war so gebannt von deinem meisterwerk dass ich bis jetzt las weil ich ansonsten gestorben und anschließend sofort von bakterien zersetzt worden wäre>.<

Ich hoffe mein hohles mundwerk ist nicht allzu fremdverbalXD wenn ich müde bin denke ich kaum und zügle mich noch wenigerXD

Deine Suesabelle-<3
Von:  Utakata
2008-08-11T23:26:38+00:00 12.08.2008 01:26
Einer der schönsten FF die ich gelesen habe. Mir gefällt deine Art zu schreiben. Die wahl deiner Worte lässt einen fast schon das London um 1888 spüren.
Die Charaktere sind wunderbar durchdacht und man kann sich von den Gefühlen her in beide gut hineinversetzen und ich muss gestehen das ich, die ersten Kapitel, durch die Art wie du Rays Gefühlschaos beschrieben hast mich selbst verwirrt hast.
Allgemein ist die Story sehr spannend und du hast ein Talent dafür Geschehnisse herauszuzögern ohne das man daran das Interesse verliert.
Ich freue mich jedenfalls schon auf weitere FF von dir^^
Von:  Mel_Vineyard
2008-07-08T15:57:32+00:00 08.07.2008 17:57
>>Liebe hat nichts mit dem Geschlecht zu tun.<<
ich finde den satz iwie toll!beeindruckend wie der das so sagt!

>>Wenn du mich alleine lässt, dann… dann prügle ich dich windelweich und sperr dich in einen Käfig!<<
sooo süüß!wie ein kleines kind!

ich find das ende gut gelungen, der bruder ist 'erledigt' und ray ist mit lestat zusammen!

Mel
Von:  Riafya
2008-07-08T13:49:33+00:00 08.07.2008 15:49
Och mennno, warum ist das denn schon zu Ende? Jetzt bin ich aber wirklich traurig. Denn es ist aus. Vorbei. Und wird nicht weitergehen. Mist, dabei hätte ich doch so gerne meeeehhhrrr gelesen.
Tja, da kann man nichts machen.
Der letzte Absatz hat mir besonders gut gefallen. Jetzt weiß ich endlich, was mit "Bittersweet Symphonie" gemeint ist. XD
Aber diese Geschichte war wirklich toll. Von der ersten bis zur allerletzen Zeile. ich hab mich immer aufs nächste Kap gefreut, wenn ich ein anderes fertig gelesen hatte und bin froh, sie endeckt zu haben.
Ich hoffe auf jeden Fall, dass du bald mal wieder was schreibst. ^^
Dann wäre es nett, wenn du Bescheid sagst, dann les ich das auch ma durch. XD
Also, mach ja weiter. Ich freu mich schon.
Baba,
Ayako
Von:  _Haruka_
2008-07-08T09:05:27+00:00 08.07.2008 11:05
neinnnnnnnn ich will mehr mehrrrrrrrrrrrrr
die geschichte is so toll
und das letzte stück hat mich tief beruhrt.^^
Von:  ReinaDoreen
2008-07-08T07:31:48+00:00 08.07.2008 09:31
Schade, schon zu ende.
Aber die Geschichte hat eine glücklichen Ausgang. Ray hat sich für Lestat entschlossen.
Das ist gar nicht so üblich in dieser Zeit. Und es erfordert doch sehr viel Mut.
Reni
Von:  kanashimi
2008-07-08T06:57:49+00:00 08.07.2008 08:57
Und wieder merkt man, dass du gern schreibst(finde ich)
der gebrauch von worten, nicht nur um etwas zu sagen, sondern um etwas auszudrücken. gefühle, beobachtungen, handlungen…das macht schreiben aus. nicht die fehlerfreie rechtschreibung, sondern fließende bilder
trotzdem hab ich wieder nen kleinen vertipper zu bemängeln ^^°°
>Schnell verschwand das Hausmädchen und kurz nach ihr kam (auch er auch) schon rein.<
So und nun rein ins geschehen XD
>„Ich finde sie schön…“ endlich hatte ich etwas raus bekommen, doch dieser Satz war so sinnlos und ich kam mir dumm vor ihn auf einmal in gewisser Weise anzuhimmeln.<
ray schafft es immer wieder sich romantische momente selbst kaputt zu denken
selbst in seinen träumen kann er sich nicht richtig fallen lassen
daran merkt man wie stark er bemüht ist, ein redlicher und vernünftiger mann zu werden, bodenständig, geradlinig…und er schaffts nicht, weil er eigentlich ein kleiner träumer mit viel herz ist, der mehr will, als stupide vor sich hin zu leben. ihn reizt das verbotene und du hast ihm ja was sehr verbotenes vor die stupsnase gesetzt XD*lestat in den arsch zwick* musste mal sein *höhöhöhö*
aber wenn er erstmal sicher ist, dass keiner was davon erfährt(is ja nur ein traum) dann is der entdeckerdrang doch schneller geweckt XD
> „ein bisschen mager bist du… aber das macht ja nichts. Bist trotzdem süß.“<
*lol* es ist rays traum und er lässt sich immer noch von lestat ärgern XD
da sollte er sich vllt. Noch mal gedanken drüber machen, wenn er wieder zu sich kommt
> zu einem dämonischen Cocktail< sehr schöner ausdruck
> „red nicht soviel, sondern mach was!“ grummelte ich trotzig…*gg* eine ruppige, kleine knabberstange ^.~
Dadurch bringst du immer wieder seine unsicherheit gut zum tragen, die er mit flappsigem, leicht zickigem verhalten zu überspielen versucht

Mir tut er nur grad schrecklich leid, dass du kurz bevor er mal so richtig entspannen dürfte, den kleinen aus dem traum holst @.@
Am so is das mit träumen. wenns am schönsten ist klingelt irgendwo ein wecker…

Von:  kanashimi
2008-07-08T06:15:04+00:00 08.07.2008 08:15
moin ^^
ich mal wieder(falls du dich noch erinnern kannst XD)
bei diesem kapitel bin ich etwas zwiegespalten
es wirkt irgendwie gehetzt, weil du so viele informationen in dieser kürze verpackt hast und man hat so bissl das gefühl, dass du einfach schneller voran kommen wolltest
gerade der bezug zu jack, der jetzt plötzlich so knall auf fall kommt(vorher hast du ihn ja eher so am rande immer wieder eingebaut
was mir aber sehr gefallen hat war die stelle mit den schritten, die war wieder wunderschön bildhaft beschrieben
ray ist ein aufmerksamer beobachter
und man spürte dieses unheimliche atmosphäre in der er sich gerade befindet
die frage aller fragen: wieso tut der bruder das?
vllt schaff ich ja gleich noch ein kapitel, das mir die auflösung wohl aber noch nich bringen wird, wenn ichs recht überblicke
einen vergesser hab ich noch gefunden >Seit ein paar Tagen war das Verhältnis zwischen Jack (und) mir jedoch noch angespannter(,) als es ohnehin schon war.<
aber auch wenn ich immer was zu meckern hab, finde ich du machst das gut(falls man das noch nich so rauslesen konnte) dir fehlt manchmal ein wenig die struktur, aber du kannst sehr schöne bilder herausbeschreiben und bemühst dich um eine abwechslungsreiche wortwahl
lg kana chan^^
Von:  kanashimi
2008-06-08T06:09:09+00:00 08.06.2008 08:09
sodele da bin ich wieder^^
*wink*
gleich bissl kritik zu anfang " Lächelnd blieb sie stehen und entfernte sich etwas." den satz finde ich irgendwie verwirrend oO
so und nun zu den putzigen seiten des lebens ^^
ich kann nicht anders, als ray süß zu finden
er hat so was unschuldig, energisches an sich, da versteht man wieso lestat fasziniert bleibt und ihn umwirbt *gg*
>„Glaub mir, es gibt genug Leute, die mich nicht leiden können."
ich glaubs ihm -____-°°°°° schwierige charakter hatten schon immer das problem, oftmals unerwünscht zu sein. ich finde seine büchersammlung übrigens klasse XD
und er verdreht dem kleinen schon wieder die worte im mund *___* so lob ich mir ein liebenswertes arschloch ;P

und jetz mal ein lob an dich
die stelle is zum schießen:
>"Als ich dich das erste Mal gesehen hab, da hat es einfach… na ja, du hast gelacht und wirktest so unbeschwert.“, da denkt man noch *hach* *seufz* sooo romantisch...
und dann
>„Aber in Wirklichkeit bist du doch nur ein kleiner Giftzwerg.“
LOOOOOOOOOL also wenn dem kleinen da nich alle gesichtszüge entglitten sind, dann weiß ich auch nich...
wirklich herrlich und so liebenswert arschig *_*
und
"Bevor ich das jedoch offen zugeben würde, ließ ich mir lieber die Zunge abschneiden."
so lob ichs mir! XD ein kuschelseme knuddelt mal fix sein kampfuke
der kleine is so schön gefühlsverwirrt und versucht hier seine männlichkeit zu retten
>„Darf ich… dich küssen? Das ist doch nicht gegen die Abmachung, wenn ich dich vorher frage, oder?“
@.@ okay jetzt brauch ich insulin! arg ist das...ich kann nicht umhin schon wieder das wort "süß" zu verwenden
und nochmal ein lob an dich
diese kussszene war sehr schön nachvollziehbar
nicht dieses überkitschte, wilde, hungrige, alles über den haufen werfende kunstgeknutsche, sondern die darstellung eines noch recht ungeküssten, der sich eben nicht perfekt verhalten kann, weil es an erfahrung mangelt...wirklich schön
so durch^^
jetzt kann ich mich zufrieden auf meinen kaffee stürzen XD
bis bald^^
Von:  Reiko_Akanami
2008-05-15T13:58:00+00:00 15.05.2008 15:58
Ich muss sagen, ich mag diese Story XD
Hab mal etwas bei meinen RPG-Playern rumgeschnüffelt, weil ich was neues zu lesen brauchte ^.~
Ist wirklich gut geworden und ich bin gespannt, wie's weiter geht.
Dass Jack der Mörder war, hatte ich während den letzten Kappis geahnt, aber ich war mir noch nicht sicher.
Als er dann aber Ray entführt hat, wusste ich es XD
Ich mag deinen Schreibtstil, der ist echt gut
Und die Story ist richtig gefühlvoll *-*
Mal sehen, wie's weiter geht.
lg Reiko


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