Kapitel3: Liebesbriefchen und die Folgen...
Ich zucke leicht zusammen, als etwas nur knapp an meinem Ohr vorbei fliegt. Dann sehe ich,
dass es nur ein Zettel ist. Schnell falte ich ihn auf und lese Zoe's Antwort. Ich lächele, aber
nur ein wenig. Lächeln habe ich so oder so verlernt. Nur bei Koichi habe ich oft gelächelt, aber
sonst nie. Niemals! Denn Gefühle zeigen, heißt Schwäche. Schnell nehme ich nun einen neuen
Zettel, dieses Mal aber etwas größer. ~+~Mir geht's soweit gut. Naja... Etwas neu das alles
hier, aber ich bin das ja gewohnt! Wie wär's, wenn ich dich nachher nach Hause bringe?~+~ Ich
habe so oder so nichts anderes vor, wieso soll ich sie also nicht nach Hause begleiten? Ich gebe
ihr den Zettel wieder nach hinten. Während sie antwortet schaue ich mich im Klassenzimmer
um. Erst jetzt bemerke ich, dass ich ständig Blick von den Mädels zu geworfen bekomme. Sie
tuscheln die ganze Zeit und als ich so herum schaue, beginnen sie plötzlich Briefchen zu
schreiben. Mit einem Mal werde ich gerade zu mit Zettelchen bombadiert. >>Was wird das
bitte?<<, denke ich verwirrt. Dennoch öffne ich jeden einzelnen Zettel und lese ihn. Mir klappt
fast der Unterkiefer weg, als ich bemerkte, dass alles Liebesbriefchen sind. Alle wollen
wissen, ob ich vergeben bin, oder ob ich mal Zeit hätte. Ein angenehmes Gefühl macht sich in mir
breit. Noch nie habe ich Liebesbriefchen bekommen, oder zumindest nicht von allen Mädchen
der Klasse. Alle, wenn man Zoe außen vor nimmt! Auf jeden der Briefchen antworte ich antworte
ich. Jedes Mal schreibe ich, dass ich noch nicht vergeben sei und das Zoe nur eine Freundin von
mir ist. Anscheinend haben sie gedacht, ich hätte etwas mit ihr, weil ich sie so angestarrt hatte.
Ich seufzte leise. Als ich erneut auf den neuen Anschwall von Zettelchen antworte, steht der
Lehrer direkt neben mir. >>Mist, er hat mich erwischt!<<, denke ich noch reumütig bei mir.
Dann verkündet er auch schon, dass ich der Erste wäre, der bei ihm gleich an seinem ersten
Schultag nachsitzen bekommen hätte. Ein genervter Seufzer entkommt meinem Mund und ich
werde gleich nocheinmal zusammen gestaucht. Nun muss ich heute Mittag zum Nachsitzen
kommen und darf den Schulhof säubern. >>So ein Mist!<<, denke ich bei mir. Und schon
kommen neue Zettelchen angeflogen. Die ganzen Mädchen bieten mir ihre Hilfe und Gesellschaft
an, doch ich lehne ab. Irgendwie macht es mir doch ein wenig Angst, so beliebt zu sein. Wer
weiß, was die vor haben! Nun sitze ich hier und danke Gott im Himmel, dass heute nur zwei
Stunden Unterricht statt finden. Endlich klingelt es auch zum Unterrichtsende. Bevor ich meinen
Strafdienst antrete, drehe ich mich zu Zoe um. 'Tut mit Leid, aus dem nach Hause bringen
wird jetzt wohl doch nichts!', meine ich nur knapp und setzte ein entschuldigendes Gesicht auf.
Dann renne ich auch schon los. Mit dem Lehrer scheine ich es mir bereits verspaßt zu haben,
also möchte ich nicht auch noch zu spät zum Nachsitzen kommen. Als ich am Lehrerzimmer
ankomme, öffnet mein Klassenlehrer die Tür. Er drückt mir eine leere Mülltüte und einen Stock
zum einsammeln des Mülls in die Hand. 'Wenn ich nur einen Dreckkrumen auf dem Hof sehe,
machst du das die ganze Woche durch!', droht er mich. Nach dieser Predigt gehe ich hinaus
und beginne den Hof zu säubern. Zu meinem Leidwesen ist der Schulhof wirklich groß und vor
allem stark zugemüllt. Obwohl wir nur eine große Pause gehabt hatten, sieht es hier schrecklich
aus. Nach geschlagenen drei Stunden habe ich den Schulhof endlich gesäubert. Langsam
überquere ich ihn zum Abschluß, damit ich ja keinen Dreck vergessen habe. Die
Einschüchterung des Lehrers zeigt eindeutig Wirkung. Als ich mich vergewissert habe, dass kein
Dreck mehr herumliegt, begebe ich mich ins Lehrerzimmer. Es macht keiner auf. Das
Sekretäriat ist ebenfalls verlassen. Keiner ist mehr da. Ich seufze schwer. >>Na toll... Mich
lässt man schuften und selbst haut man ab!<<, denke ich wütend und schmeiße die Mülltüte
und alles vor die Tür des Lehrerzimmers. Dann trete ich langsam meinen nach Hause Weg an.
Auf dem Weg krame ich die ganzen Zettelchen aus meiner Hosentasche. So viele Namen und
ich kann keinen einzigen zuordnen. Um meine Wut los zu werden, knülle ich sie alle zu einer
großen Papierkugel und werfe sie geschickt in den nächsten Mülleimer, der ungefähr drei Meter
von mir entfernt steht. Dann gehe ich weiter. >>Ob Zoe mir böse ist, weil ich das mit dem nach
Hause bringen verpatzt hab?<< Innerlich hoffe ich, dass dem nicht so ist. Endlich komme ich
daheim an. Es ist gerade mal kurz vor eins. Meine Stievmutter kocht gerade, ich sage ihr, dass
ich nichts essen würde und sie meint, dass ich viel zu wenig esse und noch abmagere. Aber ich
habe nunmal keinen Hunger, so bin ich eben! Ich begebe mich nach oben und mache meine
Anlage an. Während ich eine E-Mail an Koichi tippe, spiele ich meinen Lieblingsordner mit Musik
ab. Dieser besteht nur aus Liedern von Nightwish! >>Die Frau hat einfach eine super
Stimme!<<, denke ich so bei mir. Schon bald habe ich zwei Seiten Text fertig. Ich überfliege
den Text, es steht alles drin, was passiert ist. Auch das ich Zoe wieder getroffen habe und
gleich am ersten Tag Nachsitzen musste. Dann schicke ich sie ab. Gelangweilt lege ich mich auf
mein Bett und starre die Decke an. Mir ist langweilig und so gehe ich nach draußen. Vorm Haus
spiele ich ein wenig Fußball. Einige jüngere Jungs aus der Nachbarschaft beobachten mich und
bestaunen mein Können. Für sie ist es anscheinend gut, ich halte mich für schlecht. Auch wenn
meine Schüße in der alten Heimat berüchtigt waren und ich sowohl Glas, als auch ein Tornetz
kaputt schießen konnte, glaube ich, das ich besser sein könnte. Aber egal! Ich spiele mir
einfach weiter den Ball zu und warte darauf, dass die Zeit verfliegt.