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Zerrissene Herzen

von

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Vier

~*~ Teil 4 ~*~
 

Super, das war jetzt wirklich perfekt gelaufen!! Wütend schaute Michael seinen Schwager an.

„Hättest du nicht einfach wieder rausgehen können? Ist das eigentlich zu viel verlangt? Musst du überall deine Nase reinstecken? Du hast ja wohl gemerkt das du unerwünscht warst, oder? Du allein bist schuld, dass er weg ist!“

Er wusste, es hätte keinen Sinn gehabt, Andre hinterher zu laufen.
 

Christian sah ihn überrascht an.

„Hey, reg dich wieder ab! Warum bist du so wütend auf mich? Ich habe dich eben gesehen, wie du Andre in den Sanitätsraum getragen hast“, er betonte das Wort getragen. „Ich wollte nachschauen, ob alles in Ordnung ist, mehr nicht.“
 

„Nachschauen, ob alles in Ordnung ist? Glaubst du, ich komme mit Andre nicht klar? Ich halte ihn wenigstens nicht für einen Idioten! Ich versuche ihn zu verstehen, was man von dir ja nicht behaupten kann!“

Michael verschränkte die Arme vor seiner Brust und schaute auf den Boden. Wenn er sich nicht langsam wieder einbekommen würde, würde er Christian wirklich noch den Hals umdrehen.

Langsam atmete er ein und aus und versuchte sich so zu beruhigen. Er war aber auch wirklich kurz davor gewesen, ein bisschen zu Andre vorzudringen…

„Du hättest zumindest wieder rausgehen können!“
 

„Schrei mich nicht so an. Warum hätte ich wieder rausgehen sollen? Damit du dich weiter an ihn ranmachen kannst, oder was?!“, sagte Christian hitzig, doch dann tat es ihm sofort wieder leid. Michaels Gesicht nach zu urteilen, hatte er ihn damit wirklich verletzt. „Tut mir leid, das war nicht fair!“, er fuhr sich durch die Haare und warf Michael einen entschuldigenden Blick zu. „Das hätte ich nicht sagen dürfen. Entschuldige. Aber so wie du da mit ihm gesessen hast... und eben so von ihm erzählt hast, da... Ach, ich weiß auch nicht!“
 

Plötzlich wurde sich Michael schlagartig seiner Gefühle zu Andre bewusst. Man konnte zwar nicht von Liebe sprechen, aber er musste zugeben, dass er sich von diesen Jungen angezogen fühlte. Diese traurigen Augen und diese Art faszinierten ihn einfach. Er würde ihm so gerne helfen und ihn besser kennen lernen.

Bei dem Gedanken, dass dies erst sein erster Tag auf dieser Schule war, musste er unwillkürlich grinsen. Sich zu verlieben ging eben immer wahnsinnig schnell.

Wieder etwas beruhigt sah er seinen Schwager auch schon wieder freundlicher an.

„Wäre das denn so schlimm? Ich meine, wenn ich mich an ihn heranmachen würde?“
 

Verblüfft starrte Christian ihn an.
 

„Das meinst du nicht ernst, oder? Ich meine, ein Schüler, das ist schon schlimm genug, aber Andre?! Was findest du bloß an ihm?“
 

„Ich kann’s dir nicht richtig erklären. Ich glaube einfach, dass hinter dieser Maske ein ganz anderer Junge steckt. Ich hab’ mich einfach in ihn verguckt. Komm, wir fahren nach Hause. Auf der Fahrt kannst du mich ja weiter nerven.“

Fröhlich sprang Michael von der Liege herunter. Es tat ihm gut, seine Gedanken und Gefühle klar auszudrücken, auch wenn ihn sein Schwager jetzt mit heruntergeklappter Kinnlade anstarrte.
 

Christian nickte nur und schweigend begaben sie sich zu Michaels Auto. Für Christian war es unheimlich praktisch, dass sein Schwager mit dem Auto von Düsseldorf zur Schule kam und er nur einen Block entfernt wohnte. So nahm Michael ihn von jetzt an mit hin und zurück; und das war allemal besser als K-Bahn zu fahren!

Christian schnallte sich an und wartete, bis Michael vom Schulhof gefahren war, ehe er ihr Gespräch erneut aufnahm.

„Sag mal, habe ich das wirklich richtig verstanden? Du hast dich in Andre verliebt? Nimm es mir nicht übel, ich finde es ja gut, dass du dich endlich mal wieder verliebst, aber so schnell? Darf ich dich daran erinnern, dass du ihn erst seit heute morgen kennst?“
 

Michael beschleunigte seinen Wagen, um die Ampel noch zu bekommen und lenkte ihn jetzt auf die Autobahn. Er liebte es schnell zu fahren und überholte erst einmal einen kleinen Ford. Nachdem er sich nicht mehr so konzentrieren musste, begann er wieder zu sprechen.

„Das weiß ich auch. Aber wo die Liebe hinfällt…“ Er lächelte seinen Schwager an und begann wieder ein Überholungsmanöver zu starten.

„Ich kann es schließlich auch nicht beeinflussen. Es ist einfach so passiert, ganz plötzlich. Ich hab nur in diese traurigen Augen gesehen und… Ach, was red’ ich da?! Andre ist bestimmt nicht schwul.“
 

Christian schüttelte nur den Kopf.

„Du bist verrückt“, murmelte er dann.

„Aber was bringt dich auf die Idee, dass hinter Andres Idiotie ein völlig anderer Mensch steckt? Mal ganz abgesehen davon, dass ich auch nicht glaube, dass er sich zu Männern hingezogen fühlt.“
 

„Ich weiß nicht. Es ist nur so ein Gefühl. Er wirkte so traurig. Du hättest ihm nur einmal richtig in die Augen schauen müssen und du wüsstest, was ich meine…“

Michael wollte nun wirklich nicht mehr die Geschichte von heute Mittag aufwärmen, er hoffte einfach, dass auch Christian es vergessen würde.

Außerdem konnte er sich Andres Verhalten selber nicht erklären. Wäre Christian nur nicht gerade zu diesem Zeitpunkt hereingekommen…
 

„Richtig in die Augen schauen...“, wieder schüttelte Christian den Kopf.

„Mein Gott, du bist auch ein hoffnungsloser Träumer, Michael. Egel in wem, du findest in jedem Menschen etwas Gutes, nicht wahr?“
 

„Man muss jedem eine Chance geben und vor allem als Lehrer hast du diese Pflicht. Du kannst Andre nicht in eine Schublade stecken und ihn als doof abstempeln. Er ist nicht so, ich glaube er hat einfach ein großes Problem…“ Michael musste sich auf die Straße konzentrieren, damit seine Gedanken nicht auch noch während des Fahrens abschweiften.

Er würde Andre so gerne helfen, aber dafür musste er doch wissen, was ihn bedrückte. Außerdem konnte er sich das, was heute morgen mit Andre passiert war, nicht erklären.

Aus welchem Grund liegt man mit heruntergelassener Hose weinend auf dem Hof? Michael musste einfach mehr über ihn erfahren. Vielleicht wusste Christian ja etwas näheres, schließlich hatte er Andre schon seit Jahren in seinem Unterricht.

„Du, Christian? Erzähl mir doch mal was von Andre. Er war doch nicht schon immer so, oder?“
 

Christian legte die Hände zusammen.

„Tja, da fragst du mich was. So lange kenne ich ihn nun auch noch nicht, aber ich glaube, er war schon immer so – sagen wir es mal freundlich – aktiv. Sehr aktiv und auch nie besonders helle, jedenfalls habe ich diese Erfahrung gemacht!“, fügte er schnell hinzu. „Manchmal kommt er mir vor wie ein kleines Kind, und dann wieder wie ein Aufreißer, oder Macho wenn du so willst. Erst letztens hat er seiner Spanischlehrerin eine rote Rose geschenkt und seine Physiklehrerin gefragt, ob sie ihn nicht heiraten wolle.

Kannst du dir vorstellen, dass wir bis vor kurzem zwei von dieser Sorte bei uns auf der Schule hatten? Sogar in der gleichen Klasse?“, er schlug die Finger leicht gegeneinander. „Ich bin schon froh, dass Mark weg ist, aber Andre scheint seitdem noch viel aufgedrehter zu sein. Er neigte schon immer zu Extremen, aber seit sein Zwillingsbruder weg ist, scheint es noch extremer geworden zu sein“, er lachte bei diesem Wortspiel belustigt auf.
 

„Wieso ist sein Bruder denn weg?“

Michael glaubte zwar nicht mit Christians Hilfe Andres Geheimnis herauszufinden, aber fragen konnte man ja mal.
 

„Das kann ich dir nicht sagen. Ich weiß, dass seine Eltern geschieden sind und jetzt Andre bei seiner Mutter und sein Bruder bei seinem Vater wohnt, aber genaues weiß ich nicht. Vielleicht war Mark die Schule hier zu schwer und er hat deshalb gewechselt. Keine Ahnung.“
 

Entrüstet schüttelte Michael den Kopf. Nein, er würde niemals so grausam sein und seine Kinder trennen, egal wie viel Streit er mit seinem Partner auch hätte. Und dann auch noch Zwillinge, die wie man ja wusste, immer besonders aneinander hingen.

Er versuchte nachzuvollziehen, wie einsam sich Andre in dieser Zeit gefühlt haben musste.

Etwas schneller als eigentlich erlaubt fuhr er auf die Ausfahrt nach Düsseldorf. Wenn er einmal diese Eltern zu Gesicht bekommen würde, dann… Michael schüttelte seinen Kopf. Was hatte er schon mit den Problemen anderer zu tun? Er sollte sich nicht überall einmischen, aber trotzdem.

„Wer trennt eigentlich Zwillingsbrüder? Das ist doch wirklich pervers!“

Christian zuckte die Schultern.

„Ich finde es auch ziemlich hart. Und ich glaube, Andre hat daran wirklich zu knabbern. Er tut zwar so, als würde es ihm nichts ausmachen, aber ich glaube, er vermisst seinen Bruder. Dieses eine Mal muss ich dir im Bezug auf Andre also recht geben.“
 

Schnell huschte Michael über die schon tieforange Ampel und steuerte zu Christians Wohnung. War ja auch wirklich ein toller Service, viel besser als mit der K-Bahn zu fahren.

„Ich finde du könntest mir ruhig auch ein bisschen für meine Dienste geben, schließlich sparst du jetzt dein Geld für ein Ticket und ich könnte es wirklich gut gebrauchen. Betrachte mich doch mal als deinen persönlichen Chauffeur, der würde es schließlich nicht umsonst machen. Du könntest dich ja zum Beispiel ein wenig im Lehrerzimmer umhören, was die alles so über Andre sagen. Das würde deinen Schwager wirklich sehr glücklich machen und glückliche Schwager sind auch gute Fahrer.“
 

Christian lachte nur. Das war typisch für Michael!

„Ich werde darüber nachdenken!“

Michael hielt an und er stieg aus dem Wagen.

„Willst du nicht noch mit raufkommen?“, fragte Christian und stützte sich mit einem Arm am Autodach ab.

„Denk über mein Angebot nach!! Ist doch wirklich schön, so bis vor die Haustür gefahren zu werden, oder?“ Michael grinste seinen Schwager an, während er begann sich ein Stück Schokolade aufzumachen. Das hatte er sich nach diesen Tag aber redlich verdient.

„Bestell Maria und dem Baby noch viele Grüße. Ich tu mir heute nicht mehr ihre Stimmungsschwankungen an, davon hatte ich schon zu viele. Aber trotzdem wünsche ich dem werdendem Vater viel Vergnügen.“
 

Christian grinste nur. Er wurde endlich Vater, da konnte er die Launen seiner Frau in der Schwangerschaft auch mal ganz gut aushalten; es waren ja nur neun Monate.

„Mach ich“, versprach er. „Wir sehen uns dann morgen!“

Michael nickte und Christian schlug die Tür zu. Zum Abschied winkte er noch einmal kurz und wartete, bis Michael um die Ecke verschwunden war, bevor er sich langsam auf den Weg in seine Wohnung machte.
 

~*~*~
 

Müde schloss Andre die Haustür auf.

Schon wieder so ein beschissener Tag in der Schule. Den Tag nach dem Fiasko mit seinem Bruder, das war gestern gewesen, hatte er erst mal geschwänzt, um sich wieder zu erholen. Heute war er hingegangen, weil er nicht zu viele unentschuldigte Fehlstunden auf seinem Zeugnis haben wollte, aber der Tag war genauso beschissen gewesen wie alle anderen. Mark war ihm jedoch nicht über den Weg gelaufen und er war nicht sicher, ob er froh oder enttäuscht darüber sein sollte.

Achtlos warf er seine Jacke auf den Boden und schloss hinter sich die Tür wieder.

„Hallo Mama!“, rief er, da er wusste, seine Mutter war in der Küche. „Bin wieder da!“
 

Andres Mutter kam aus ihrer Küche und wischte sich die Hände an ihrer Schürze ab, bevor sie auf ihren Sohn zu kam und ihn küsste. Sie spürte sofort, dass wieder irgendetwas mit ihm los war, aber sie hatte nicht mehr die Kraft über seine Probleme zu sprechen. Nicht mehr seitdem…

Insgeheim hoffte sie, dass nun alles besser würde, vielleicht könnte sie die schrecklichen Bilder vergessen und ihn wieder als ihren Sohn ansehen. Sie wollte es ja wirklich, aber es war so schwer…

„Essen ist fertig, aber wasch dir vorher noch die Hände.“

Die kleine Frau drehte sich auf dem Absatz um und ging zum Küchentisch. Es würde zwar hart für ihn werden, aber vielleicht könnte man so die Familie noch retten.

Sie war glücklich über Marks Entscheidung und konnte nur hoffen, dass Andre es positiv aufnehmen würde. Vielleicht könnte er ja seine Fehler einsehen. Sie atmete noch einmal tief durch. Es würde wieder ein schwieriges Gespräch werden.

Was hatte sie nur falsch gemacht?
 

Andre nickte und wusch sich artig die Hände, bevor er sich zu ihr an den Tisch setzte.

Die Küche war ein kleiner, aber gemütlicher Raum. An der linken Wand befanden sich Kühlschrank, Herd und Spüle, sowie die Schränke. Auf der rechten Seite war eine kleine Essnische, bestehend aus einer Eckback, zwei Stühlen und einem Eichenholztisch mit einer dunkelblauen Tischdecke, passend zur Weihnachtszeit. Licht spendete eine altmodische Hängeleuchte, an der seine Mutter so hing, weil sie ursprünglich Andres Oma gehört hatte.

„Und, was gibt es heute zu essen? Gibt’s sonst noch was neues?“, fragte Andre dann, stützte die Ellbogen Auf den Tisch und legte seinen Kopf auf seine verschränkten Hände.
 

„Mark hat eine Freundin! Und ich halte das für ausgesprochen gut!“, platzte sie heraus.

Sie konnte sich einfach nicht zurückhalten und so war ihr Plan zunichte gemacht. Eigentlich hatte sie vorgehabt es ihm schonend beizubringen. Aber irgendwie hatte sie das Gefühl, so schneller es ging, so schneller wäre dieser böse Spuk vorbei.

„Mark liebt dich nicht, er hat dich nie geliebt, oder wenn, dann nur brüderlich. Sieh das doch endlich ein. Er hat jetzt eine Freundin und alles wird wieder normal werden. Es war alles nur eine Phase, ihr wart in der Pubertät und wusstet nicht wohin mit eurer Sexualität… Aber alles wird wieder gut werden. Ich verspreche es dir!“
 

Zuerst verwirrt und dann geschockt sah Andre seine Mutter an und riss die Augen auf. Er hatte ja mit vielem gerechnet, aber nicht damit!

„Wie bitte?! Sag das noch mal!“
 

„Er hat eine Freundin!! So ist es richtig und es wird das Beste für alle sein!“

Um ihrer Aussage den nötigen Ausdruck zu verleihen, schlug sie einmal kräftig auf die Tischplatte.

„Diese Perversion ist ab sofort zu Ende!“
 

Andre zuckte zusammen.

„Er... er hat eine Freundin?“

Aber wie konnte das sein? Erst vorgestern hatte Mark doch mit ihm... im Kunstraum...

Er verkrampfte sich, als er das Gesicht seiner Mutter sah.

/Sie lügt!/, dachte er. Seiner Mutter war außer sich gewesen, als sie von dem intimen Verhältnis ihrer Söhne erfahren hatte und seither versuchte sie alles, um ihre Söhne zu therapieren. Sie wollte ihn bestimmt wieder nur umstimmen.

Doch ein Restzweifel blieb.
 

Schnell löffelte sie ihrem Sohn ein paar Kartoffeln und Fleisch auf seinem Teller und nahm sich selbst etwas, während sie verzweifelt versuchte ihn nicht anzuschauen. Sie konnte nicht mehr in dieses traurige und verzweifelte Gesicht schauen.

„Wie oft soll ich es dir noch sagen! Er hat eine Freundin, und sogar eine sehr hübsche. Ich glaube, sie heißt Karen und geht auf deine Schule. Sei doch glücklich, dass alles vorbei ist!“
 

„Karen? Das kann nicht, die war doch letztens noch mit... Du lügst!“, brauste er auf. „Und wie kannst du nur von mir verlangen, ich solle jetzt glücklich sein?!“ Ohne dass er es verhindern konnte, traten ihm Tränen in die Augen. Warum verstand ihn nur niemand? „Du verstehst überhaupt nicht, wie ich fühle und du willst es auch gar nicht! Ich liebe ihn, verdammt noch mal! Und daran hast und wirst du auch nichts ändern können!“

Er stand so unvermittelt auf, dass sein Stuhl nach hinten umkippte.

„Ich glaube dir nicht! Du lügst!“, damit drehte er sich um und stürzte auf den Flur, um sich seine Jacke wieder anzuziehen. Wütend riss er die Haustür auf. Er würde sich persönlich davon überzeugen, ob seine Mutter die Wahrheit sprach oder nicht. Er würde Mark zur Rede stellen, und zwar jetzt. Entschlossen trat er aus der Tür und stürmte auf sein Auto zu.
 

Die kleine Frau rannte ihrem Sohn hinterher und versuchte ihn zurückzuhalten. Sie kannte ihn, er würde sofort zu seinem Bruder fahren und sich selbst davon überzeugen wollen. Damit würde er alles nur noch schlimmer machen! Sie konnte ihn gerade noch am Ärmel seiner Jacke packen, bevor er sich in sein Auto setzten konnte. Wütend starrte sie ihn an und schüttelte immer wieder mit ihrem Kopf. Wieso musste er sie alle unglücklich machen?

Hysterisch begann sie Andre anzuschreien, weil ihr nichts besseres einfiel. Sie kam anders überhaupt nicht mehr an ihren Sohn heran.

„Liegt dir eigentlich gar nichts an deiner Familie? Hasst du mich so sehr, dass du uns ins Unglück stürzen möchtest? Was habe ich nur fasch gemacht?“

Sie schlug die Hände vor ihr Gesicht und begann zu schluchzen.
 

Andre riss sich los, doch auch ihm tat es weh, seine Mutter so zu sehen. Hatte er sie wirklich so unglücklich gemacht? Aber er konnte doch nichts dafür, dass er Mark liebte, und das nicht nur auf eine brüderliche Art.

Ohne noch etwas zu sagen, stieg er ins Auto, ließ seine Mutter allein zurück. Sie konnte das nicht begreifen. Sie konnte nicht verstehen, wie er fühlte.

Er blinzelte die Tränen fort und startete den Wagen.
 

Sie versuchte noch die Türe des Wagens aufzureißen, aber da fuhr ihr Sohn bereits an. Mit der Wut der Verzweiflung trat sie einmal kräftig gegen den Wagen und traf den Kotflügel.

Er konnte doch jetzt nicht fahren! Warum sah er nicht endlich ein, dass es pervers war seinen eigenen Bruder zu lieben? Doch sie konnte nichts mehr tun, außer zuzuschauen, wie ihr Sohn sich und die Familie ins Unglück stürzte. Unwillkürlich begann sie dem davonfahrenden Wagen hinterher zu brüllen.

„Bleib hier! Bitte, bitte!“

Ihr Geschrei verwandelte sich schlagartig in Weinen. Sie hatte gar nichts mehr auf dieser Welt!
 

Andre sah nicht mehr zurück, sondern konzentrierte sich nur noch auf die Straße und die bevorstehende Konfrontation mit seinem Bruder.
 

Es schien ihm eine Ewigkeit zu dauern, bis er endlich angekommen war. Andre zögerte kurz, als er in seinem Auto vor dem Haus saß, in dem sein Bruder mit seinem Vater lebte.

Was war, wenn Mark wirklich mit dieser Karen... Er wollte gar nicht daran denken! Entschlossen stieg er aus seinem Auto, schloss ab und trat vor die Haustür.

Nur kurz zitterte seine Hand über der Klingel, bevor er sich wieder unter Kontrolle hatte und sie herunter drückte. Er konnte die helle Glocke hören und hielt gespannt den Atem an. Wie lange war er schon nicht mehr hier gewesen? Hoffentlich würde ihn sein Vater nicht einfach wieder wegschicken. Denn obwohl er nicht hysterisch wie seine Mutter reagiert hatte, war auch er zutiefst dagegen, dass seine Söhne regelmäßigen Kontakt hatten.

/Bitte lass sie lügen!/, dachte er noch flehend, als sich die Tür vor ihm öffnete.
 

Mit kalten Augen betrachtete er Andre. Er hatte schon lange aufgehört von ihm als seinen Sohn zu denken. Mit einer entschlossenen Geste öffnete er die Türe weit und ließ Andre herein.

„Du bist spät dran, ich hätte eigentlich schon vorher mit dir gerechnet. Sie sind oben.“

Er hatte schließlich dafür gesorgt, dass seine Ex-Frau es wusste, damit sie Andre informieren konnte.

Mit einem abwertenden Blick betrachtete er ihn. Andre war immer noch der gleiche verträumte Perverse. Glaubte er denn tatsächlich, er könnte immer mit seinem Bruder vereint sein?

„Alles hat einmal sein Ende. Schau es dir an und verschwinde wieder!“
 

Andre sagte nichts, starrte seinen Vater nur an, bis er überhaupt realisierte, was der gerade gesagt hatte.

‚Sie sind oben. Alles hat einmal sein Ende.’

Er riss die Augen auf und stürzte an seinem Vater vorbei die Treppe hinauf, die zu Marks Zimmer führte. Seinen Vater würdigte er keines Blickes mehr.

Drei Stufen auf einmal nehmend hechtete er die Treppe hinauf und machte nicht einmal vor Marks Tür halt. Mit Schwung riss er sie einfach auf, ohne angeklopft zu haben und glaubte im selben Moment, sein Herz würde stehen bleiben.

„Nein!“, keuchte er entsetzt.

Da lag sein Bruder, mit entblößtem Oberkörper auf einem blonden, hübschen Mädchen, deren Bluse geöffnet war und deren Haare sich aus einer Hochsteckfrisur gelöst hatten. Und gerade war sie dabei, Mark leidenschaftlich zu küssen.

Andre fühlte einen so gewaltigen Stich in seinem Herzen, dass er den Schrei, der sich in seiner Kehle formte, nicht zurückdrängen konnte.
 

Erschrocken blickte Mark zur Tür und erkannte seinen Bruder. Andre standen die Tränen in den Augen und er gab als Ganzes ein ziemlich trauriges Bild ab.

Sofort war Karen vergessen; sie war ja sowieso nur für zwischendurch gut. Mark richtete sich auf und blickte ihn an.

„Lässt du dich auch noch mal hier blicken, Kätzchen. Hast mich wohl vermisst, was?“
 

Andre krallte seine Hand um die Türklinke.

Es musste ein Traum sein! Genau, ein ganz schrecklicher Alptraum!

Doch leider war es keiner. Seine Mutter hatte nicht gelogen.

Sein Bruder und... Karen.

Wie konnte er ihm das nur antun? Und Mark tat noch nicht einmal so, als täte es ihm leid. Er merkte, wie eine Träne seine Wange hinunter lief, doch er machte sich gar nicht erst die Mühe, sie wegzuwischen.

„Du... Arschloch...“, flüsterte er leise, starrte Mark dabei an.
 

Scheiße, er war wirklich sauer!! Verdammt!! Zuerst einmal musste Mark die kleine Schlampe loswerden, bevor er sein Kätzchen wieder beruhigen konnte.

War ja klar, alles blieb wie immer an ihm hängen. Er wechselte die Schule, klaute die Schlüssel für den Kunstraum und nahm auch noch in Kauf erwischt zu werden. Das alles nur für sein Kätzchen!! Und dann wollte Andre ihn am Ende noch nicht einmal mehr.

Nur um sich ein bisschen abzuregen nahm er sich die Schlampe und dann musste Andre ihn so traurig angucken. Das war echt nicht fair. Mark hatte doch nichts Schlimmes gemacht!

Er wollte doch einfach nur sein Kätchen, und was er wollte, das würde er auch bekommen!!

„Verpiss dich, Karen, und das sofort!“

Mark schaute Karen mit einen todesverheißenden Blick an und schubste sie aus dem Bett, während er sich wieder sein Hemd überstreifte. Für die hatte er jetzt nun wirklich keinen Kopf!
 

Andre schenkte Karen nur wenig Beachtung und hört nur am Rande, wie sie erst ungläubig dreinschaute und dann immer wütender begann Mark zu beschimpfen und zu verfluchen. Mit einem sehr undamenhaften Schnauben raffte sie schließlich ihre Bluse zusammen und rauschte, als sie sah, dass Mark es ernst meinte, an ihm vorbei aus der Tür. Den hasserfüllten Blick, den sie Andre zuwarf, bemerkte er nicht einmal.

Er konnte nur Mark anstarren.

/Wie konnte er nur.../

Als er sah, wie Mark einen Schritt auf ihn zutrat, wich er sofort zurück und konnte nicht verhindern, dass er aufschluchzte.
 

Langsam streckte Mark die Hand nach seinem Bruder aus und zog ihn einfach an sich. Er achtete nicht weiter darauf, dass Andre sich wehrte und schloss ihn in seine Arme.

Wie er es doch liebte, wenn sich sein kleines Kätzchen zu einer ausgewachsenen Wildkatze verwandelte.

Er blickte ihn an und begann die Tränen wegzuküssen. Trotzdem hasste er es, wenn Andre weinte.

Andre schaffte es doch tatsächlich, dass sich Mark schuldig fühlte, obwohl er nichts Unrechtes getan hatte. Schließlich war da gar nichts mit dieser Schlampe! Sie war halt nur zu seiner Unterhaltung da.

„Du wolltest mich nicht mehr!! Da hab ich mir eben jemanden zu meinem Zeitvertreib gesucht. Jetzt mach hier keine Szene!!“
 

Sofort versteifte sich Andre.

„Keine Szene?“, kreischte er fast schon hysterisch und trommelte mit geballten Fäusten gegen Marks Brust. „Du bist so ein Arsch! Wie kannst du nur...“
 

Mark fing die Hände seines Bruders auf und schaute ihn belustigt an. Spielerisch kam er mit seinem Gesicht näher an Andre heran und biss ihn zärtlich in die Nase. Er wollte, dass sein Bruder sofort aufhörte zu weinen. Das konnte doch keiner ertragen. Außerdem hasste er es mit Andre Streit zu haben.

Sie hatten schon so wenig Zeit, die sie miteinander verbringen konnten, wahrscheinlich würde jede Sekunde ihr Vater zur Tür reinkommen und Andre rausschmeißen.

„Jetzt mal ganz ruhig. Es ist ja alles in Ordnung, Kätzchen. Ich schließe erst mal die Tür ab, damit Papa nicht reinkommt.“
 

Andre schluchzte nur noch. Warum lief denn nur alles schief?

„Warum tust du das?“, flüsterte er heiser und unter Schluchzern; natürlich meinte er nicht das Türabschließen.
 

„Warum ich das tue? Ich brauchte nur einen kleinen Zeitvertreib. Nicht mehr und nicht weniger! Aber du musst mir eins glauben. Ich liebe dich!“

Mit diesen Worten zog er ihn an sich und küsste ihn zärtlich.
 

Andre hatte nicht die Kraft sich gegen den Kuss zu wehren, also ließ er sich darin fallen.

Wie gerne wollte er ihm glauben!

„Kleiner Zeitvertreib?“, fragte er und ließ sich kraftlos in Marks Arme sinken. „Warum tust du mir weh? Du weißt, dass ich dich liebe und dass ich dich will!“
 

Mark drückte ihn fester an sich und wollte ihn nicht mehr gehen lassen.

„Ich verspreche dir, dass es nicht mehr vorkommt. Ehrlich, ganz ehrlich. Weißt du, ich war so sauer und fühlte mich irgendwie einsam.“
 

„Und warum bist du dann nicht zu mir gekommen?“

Irgendwie wehrte sich etwas in seinem Innern dagegen, Mark zu glauben.

„Warum brauchtest du in den zwei Tagen schon eine Neue? - Außerdem hätte ich ja wohl mehr Grund als du gehabt, sauer auf dich zu sein! Nachdem du mir solche Sachen an den Kopf geworfen hast“, er wandte unversöhnlich den Kopf ab und versuchte sich von Mark zu lösen, doch dieser gab ihn nicht frei.

„Lass mich los! Ich kann nicht denken, wenn du mir so nah bist!“, unwillig schüttelte er den Kopf und versuchte erneut, Mark von sich zu schieben.
 

Aber ein Mark ließ sich natürlich nicht so einfach loswerden! Mit einer schnellen Handbewegung beförderte er Andre auf sein Bett und legte sich über ihn.

Warum musste er eigentlich so ein Theater machen?

Karen war weg und sie beide waren allein. Also, wo war das Problem? Mark hatte die berühmten drei Worte gesagt, also sollte sein Bruder doch zufrieden sein! Er hatte es sogar ehrlich und aufrichtig gemeint!! Andre müsste doch eigentlich einen Kniefall machen. Aber nein, dass wäre ja zu einfach. Andre wollte wohl mal wieder erobert werden. Zärtlich begann Mark ihn zu küssen und fuhr langsam mit einer Hand unter das Oberteil seines Bruders.
 

Erschrocken japste Andre nach Luft, als er aufs Bett geworfen wurde und spürte auch schon sofort die flinke Zunge seines Bruder, die sich zwischen seine Lippen schob.

Doch dieses Mal würde er nicht klein bei geben!

Entschlossen presste er die Lippen zusammen und drehte den Kopf weg.

„Lass das! Nicht jetzt!“, fauchte er und starrte Mark trotzig an.
 

„Nein? Bist du dir sicher, Kätzchen?!“

Mark streichelte sanft über die Wange seines Bruders und zwang ihn so, ihm in die Augen zu sehen. Er presste sich immer fester an Andre und zeigte ihm so deutlich seine Absichten. Er fuhr unwillkürlich durch die braunen Haare und wollte ihn gerade küssen, als er Andres wütenden Blick wahrnahm, der ihn dazu veranlasste, sich ein Stück zurückzuziehen.

„Was erwartest du jetzt eigentlich von mir? Soll ich dir ein Liebesgedicht schreiben? Oder soll ich mich für meine furchtbar schlechten Taten entschuldigen? Also, ich dachte immer, aus diesem Alter wären wir raus!“
 

Andre verengte die Augen zu Schlitzen.

„Das sage ich doch gar nicht! Aber mit Sex lassen sich auch nicht alle Probleme aus der Welt schaffen!“
 

Mark setze sich auf und starrte seinen Bruder einen Augenblick lang an.

„Gut, dann lass uns mal reden!“
 

Andre blinzelte überrascht.

„Wirklich?“

Sonst ließ sich Mark doch auch nicht so schnell überzeugen.

Seltsam, was war nur heute los mit ihm?
 

Vorsichtig streichelte Mark über den warmen Bauch seines Bruders und zog seine Beine an sich heran. Was dachte Andre eigentlich von ihm? Hatte er nicht schon bewiesen wie sehr er ihn liebte? Reichte das immer noch nicht?

„Was erwartest du eigentlich von mir? Ich verstehe einfach nicht, was ich noch machen soll, damit du glücklich bist! Denkst du, ich kann noch nicht einmal mit dir sprechen? Glaubst du eigentlich, dass ich dich nicht verstehe?“
 

Sofort schüttelte Andre den Kopf.

„Nein, so meinte ich das nicht“, sagte er. „Du bist der einzige, der mich wenigstens ansatzweise versteht, aber...“, er stockte kurz. „Aber wenn du mich wirklich glücklich machen willst, warum machst du dann mit Karen rum? Warum wolltest du mit ihr schlafen, wenn du mich doch liebst, wie du es gesagt hast?“
 

„Mein Gott, ich lass mich eben nur nicht von dir verarschen. Außerdem war da gar nichts bei!! Sie bedeutet mir nichts!“

Mark sprang auf und begann unruhig im Zimmer auf und abzugehen. Warum musste eigentlich alles zwischen ihnen so kompliziert sein? Dabei hatten sie doch schon soviel zusammen durchgestanden, da war doch so was eine Lappalie!

„Weißt du eigentlich, was ich alles für dich riskiere? Oder glaubst du Papa hasst nur dich? Kannst du dir eigentlich vorstellen, wie es ist mit ihm zusammenzuwohnen? Aber das vergisst du natürlich zu gern, ist ja auch einfach. Soweit kannst du nicht denken. Das wird dann völlig nebensächlich. Das einzige, was für dich zählt ist, ob ich jetzt mit ihr rummache oder nicht.“
 

„Das ist nicht wahr! Ich habe genauso große Probleme mit Mama; für mich ist das auch nicht einfach! – Und natürlich ist es für mich wichtig, ob du mit ihr rummachst oder nicht!“
 

„Wie oft soll ich dir das eigentlich noch sagen? Sie bedeutet mir rein gar nichts. Wir haben schon so viel durchgestanden. Meinst du, ich schmeiße alles weg? Wenn es mir doch nicht ernst mit dir wäre, würde ich wohl kaum Himmel und Hölle in Bewegung setzen, nur damit ich bei dir sein kann. Kannst du mir nicht einfach vertrauen? Ich liebe dich!“

Erschöpft ließ sich Mark auf seinen Schreibtischsuhl fallen und schloss kurz die Augen. Er hatte doch auch nur diesen einen Menschen auf der Welt!

„Können wir mit diesem Gespräch nicht Schluss machen? Noch ein Liebesgeständnis bekommst du nämlich nicht mehr!“
 

Andre schluckte. Nur ganz selten ließ Mark einmal eine Schwäche anmerken, auch wenn sie von noch so kurzer Dauer war. Er musste es einfach ernst meinen.

Noch einmal warf er Mark einen kurzen Blick zu, bevor er ebenfalls aufstand und sich langsam auf ihn zu bewegte. Ein warmes Lächeln lag auf seinem Gesicht, als er sich rittlings auf den Schoß seines Bruders fallen ließ und ihm die Hände um den Nacken legte.

„Ich verzeihe dir“, sagte er leise. „wenn du versprichst, dass du es nie wieder tun wirst. Denn teilen will ich dich ganz bestimmt mit niemandem!“

Er beugte sich vor und streifte kurz Marks Lippen mit seinen.

„Ich liebe dich auch!“
 

Mark versteckte sein Gesicht in Andres Halsbeuge und atmete einmal tief durch. Er musste sich wieder unter Kontrolle bringen, sonst würde sein Kätzchen irgendwann noch mal denken, er könnte ihm auf der Nase herumtanzen.

Vorsichtig legte er die Arme um seinen Bruder und zog ihn so noch näher zu sich. Wer war schon Karen?

Spielerisch fuhr er mit seinen Fingerspitzen über Andres Rücken und begann, jeden einzelnen Wirbel zu zählen. Dieses Mal verspürte er nicht den Drang, seinen Bruder einfach nur ins Bett zu ziehen. Mark genoss einfach nur die Geborgenheit und das Vertrauen zwischen ihnen, während er sich noch fester an ihn drückte. Diesmal war Andre wirklich sauer gewesen und kurz davor, sich von ihm zu trennen. Aber Mark würde ihn bestimmt niemals gehen lassen und alles, was sich jemals zwischen sie stellen würde, auslöschen.
 

Andre schmiegte sich glücklich an Mark und schloss die Augen. Ja, er hatte ihm verziehen, und er glaubte ihm. Sie gehörten einfach zusammen.

Liebevoll hauchte er ihm einen Kuss auf die Wange und kicherte als Mark sich mit dem Fuß abstieß, und sie zusammen auf dem Schreibtischstuhl durch das Zimmer rollten.
 

Dann jedoch hörten sie ein lautes Poltern aus Richtung Tür und Mark blickte erschrocken auf. Irgendjemand war doch da draußen.

Unwillkürlich drückte er Andre noch fester an sich, als ihn auch schon ein aufgebrachter Schrei zusammenfahren ließ. Immer wieder sah er, wie die Türklinke hinuntergedrückt wurde und hörte das laute Schnauben seines Vaters sogar durch die Tür.
 

„Macht sofort die Tür auf, ihr kleinen Bastarde! Oder ich komme rein!“
 

„Verdammt“, Andre zuckte zusammen. „An den hatte ich gar nicht mehr gedacht.“

Hilfesuchend blickte er Mark ins Gesicht. „Was machen wir jetzt? Wenn er-“, er stockte und keuchte erschrocken auf, als die Tür nachgab und aus den Angeln brach und ihr Vater sich wutschnaubend vor ihnen aufbaute.
 

Sofort versteifte sich Mark, schob Andre schnell von seinem Schoß und stand auf. Hasserfüllt blickte er seinen Vater an, während er sich langsam vor seinen Bruder stellte. Noch einmal streichelte er zärtlich über Andres Bauch, bevor er die Hände zu Fäusten ballte, bereit, sie beide zu verteidigen, sollte ihr Vater wirklich handgreiflich werden.
 

„Du!“

Ihr Vater trat einen Schritt vor und packte Mark drohend am Hemdkragen.

„Ich dachte, du hättest endlich eine Freundin und wärst auf dem Wege der Besserung!“, er schnaubte und zog Mark näher zu sich heran. „Und dann sehe ich das hier! Ich habe mich schon gefragt, warum das nette Mädchen so wutentbrannt aus dem Haus gestürzt ist! Jetzt weiß ich ja warum! – Und du“, er zeigte mit dem Finger der freien Hand auf Andre. „Verschwinde sofort aus meinem Haus, du Perverser!“
 

Blitzartig riss Mark sich los und stellte sich erneut vor seinen Bruder. Solange er noch einen Funken Leben in sich hatte, würde niemand, absolut niemand seinem Bruder auch nur ein Haar krümmen dürfen. Nicht einmal sein Vater. Niemand rührte sein Kätzchen an!

Er wollte gerade auf seinen Vater losgehen, als er merkte, dass Andre ihn zurückhielt.
 

„Nicht! Warte!“ Andre packte seinen Bruder am Arm. „Ich will keinen Ärger, ich werde gehen.“

Er wollte nicht, dass Mark sich noch mehr mit seinem Vater zerstritt, oder dass sie noch aufeinander losgingen. Er hatte es ja schon schwer mit seiner Mutter, aber ihr Vater war noch schlimmer, wenn er einmal wütend war.

Wenn Mark ihn wirklich so sehr liebte, wie er ihn, würden sie es auch so schaffen, ohne eine Prügelei mit ihrem Vater. Hauptsache, sie hatten sich!

Schnell trat er vor und drückte Mark einen Kuss auf die Lippen, bevor ihr Vater reagieren konnte und hoffte, dass diese Geste Mark ein wenig beruhigen würde.

„Er ist es nicht wert“, flüsterte er ihm ins Ohr. „Lass ihn, er kann gegen uns nichts ausrichten, solange wir zusammen halten. Wir sehen uns morgen. Ich liebe dich!“

Kurz strich er Mark beruhigend über die Wange, bevor er aus der Tür huschte, zu flink für seinen Vater, als dass der ihn hätte festhalten können. Er beachtete ihn gar nicht mehr. Er hatte sich wieder mit Mark vertragen, da konnte selbst sein Vater seine Freude nicht trüben!
 

Verdammt! Mark fluchte innerlich. Warum war Andre jetzt abgehauen? Ihnen konnte es doch wirklich egal sein, was ihr Vater von ihnen dachte! Er hasste sie ja sowieso, ein bisschen mehr oder weniger Ablehnung war eh egal, das machte den Braten nicht fett!

Provozierend kam Mark auf seinen Vater zu, dessen Gesicht immer noch wutverzerrt war.

„Verschwinde aus meinem Zimmer, bevor ich mich vergesse!“ Mit diesem Worten setzte er sich langsam wieder auf seinen Schreibtischstuhl und fokussierte seinen Vater, der nach kurzem Zögern jetzt ruhiger das Zimmer verließ.
 

Gegen diese undankbare Brut war er machtlos.
 


 

~Ende Teil 4~



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Egnirys
2006-08-08T17:52:58+00:00 08.08.2006 19:52
heyho~! ^-^
ich hab zerrissene herzen schon bei jadekaisers gelesen und hab dir dort glaub ich gar kein kommi geschrieben...
hm~...nein, denk nicht!
ich muss sagen: <3~
ich finde deine story echt genial!*-*
*fan bin*


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