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Die Herzensbrecherin

Hermine x Draco
von

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Im Angesicht des Feindes

Die Autofahrt war der Horror. Ich meine das ernst, es war nicht schön. Wir saßen zu viert auf den hinteren Sitzen und hatten eigentlich alle genügend Platz. Ron ein bisschen weniger, wegen der Körpergröße, aber ansonsten alles recht geräumig. Aber ich bin echt froh, nicht vorne gesessen zu haben. Der Fahrer war's... Boah! Der hat vielleicht nach Schweiß gestunken, das ging gar nicht mehr! Ich wundere mich, dass mein Geruchssinn noch halbwegs funktioniert. Außerdem war er unfreundlich. Er meinte, sich über mein Veilchen lustig machen zu müssen. Ron hat mich dann aber ganz gentlemenlike in Schutz genommen und er hat es gewagt, körperlichen Kontakt mit mir aufzunehmen. Er hat's endlich kapiert! Ich hätte jubeln können! Er meinte dann nämlich tröstend zu mir: "Hermine, mach dir nichts draus, das Veilchen gibt dir mehr Persönlichkeit!"

Und dann hat er mein Knie getätschelt! Ich hab mich echt gefragt, was er für ein Mittel eingenommen hat, um auf einmal solche Fortschritte zu machen. Jedenfalls hab ich dann nur noch dümmlich gegrinst, weil ich zu perplex war irgendwas anderes zu machen und hab aus dem Fenster gestarrt. Und dann konnte ich nicht anders als nachdenken. Darüber nachdenken, dass die erste gewagte Berührung von Ron an meinem Knie stattgefunden hat! Warum nicht an meiner Brust, in einem einsamen Moment? Das Knie war ja schon nicht schlecht, hat einige elektrisierende Impulse durch meinen Unterleib gejagt, aber eben nicht das Feuerwerk, das ich gerne hätte. Und im Moment hätte ich gerne eine Explosion nach der anderen. Ich bin seit Ewigkeiten nicht mehr wirklich berührt worden, und dann ausgerechnet jetzt, kurz bevor ich meine Schulbücher einkaufen will! Das kann doch echt nicht angehen! Was soll ich denn jetzt machen? Das Auto parkt, Harry wird von Hagrid durchgeknuddelt und ich sitze immer noch total verspannt auf meinem Sitz.

"Hermine, jetzt steig endlich aus!" drängelt Ginny neben mir und schiebt mich vom Sitz herunter, so dass ich keine andere Wahl habe. Unter größten Anstrengungen bewege ich meine Beine Richtung Hagrid, der mich schief angrinst und ich versuche das Verlangen zwischen meinen Beinen zu ignorieren. Ron, du Idiot, du weißt nicht, was du angerichtet hast! Monatelang ging das gut. Ab und zu mal ein verruchter Gedanke an Viktors muskulösen Oberkörper, aber das war's! Herrje, ich wusste ja nicht einmal, dass meine Knie zu den erogenen Zonen gehören! Ich bin hin und her gerissen zwischen Wut und Dankbarkeit für die Aktivierung meiner eingestaubten Gefühlswelt.

"Sag mal, geht's dir gut?" fragt Ginny mich besorgt und ich starre sie einen Moment mit großen Augen an. Die Frau schaltet doch sonst immer so schnell? Ich bin ein sechzehnjähriges Mädchen, das seit einem Jahr nicht mehr angerührt wurde. Also, das letzte Mal war das erste Mal. Natürlich geht's mir gut! Keine Frage!

"Wunderbar!" japse ich und schlendere an Hagrid vorbei in den Tropfenden Kessel. Okay. Denk an was Widerliches, Hermine. An etwas, dass dir jegliche Lust raubt. Zumindest für die Zeit des Einkaufens...

Ich bin verloren...

Ähm...

Hagrid unter der Dusche!

Professor Dumbledore auf dem Klo!

Professor Snape beim Masturbieren!

Schuftende Hauselfen!

Okay. Sollte genügen. Ich bin ein wenig beruhigt. Ich schaue mich um und nehme gerade jetzt erst wahr, wie leer der Tropfende Kessel eigentlich ist. Der war doch sonst immer so gut besucht? Ich gehe ein paar Schritte mit Ginny durch den Raum, als ich bemerke, wie dieser eklige Wirt mich mit seinen Schweinsaugen fixiert und den Blick nicht mehr von meinem Hintern abwendet. Ich kriege eine Gänsehaut. Der steht da und poliert seine Gläser, aber beachten tut er nur meinen Allerwertesten! Kriegt das überhaupt jemand mit, außer mir?

"Ginny", raune ich an ihr Ohr, "der Kerl starrt mir auf den Arsch!"

"Ist nicht wahr? So ein perverses Schwein! Dafür kriegt Ron eine Kopfnuss!" tuschelt sie mir zurück. Bitte? Wie meinen? Ron eine Kopfnuss? Was der damit zu tun?

"Nicht Ron, der Wirt!" flüstere ich hastig und Ginny verzieht angeekelt ihr Gesicht. Meinetwegen kann Ron mir solange auf den Hintern starren, wie er will. Mittlerweile bin ich soweit zu glauben, dass die Tätschelei ein unbewusstes Versehen war. Ron kann doch nicht so blind sein?

"Wir gehen heut nur durch, Tom, verstehst du sicher. In Sachen Hogwarts, weißt du." ruft Hagrid dem Wirt zu, der traurig nickt und ein neues Glas zum Polieren aus dem Regal nimmt. Jaaha, der hätte meinen Hintern wohl gern noch etwas länger beäugt? Warum kann mir kein gut aussehender Kerl auf den Po starren? Womit hab ich das verdient? Wir gehen alle quer durch den Raum zur Hintertür, und ich werde das Gefühl nicht los, von mehr als nur einem Augenpaar beobachtet zu werden.

"Wenn wir wieder zu Hause sind, würd ich gern mal mit dir reden, Hermine", wispert Ginny mir in Volume 3 über die Schulter ins Ohr, und ich denke scharf darüber nach, ob sie wirklich gerade mit mir gesprochen hat, oder ob ich mir das eingebildet habe.

"Unter vier Augen wenn's geht!" fügt sie ein wenig lauter hinzu, und ich bin beruhigt. Mein Gehör ist doch nicht so geschädigt wie ich dachte.

"Alles klar!" sage ich und zwinkre ihr zu. Worüber will sie mit mir unter vier Augen reden? Hat sie gemerkt, dass Ron und ich eventuell... na ja... dass ich halt nur noch auf ein Zeichen warte? Oder will sie mir sagen, dass Ron einfach schüchtern ist? Weiß ich doch, Kind, weiß ich doch... Hmm. Jetzt zermartere ich mir den Kopf. Ich bin manchmal auch einfach nur zu neugierig. Vielleicht will sie ja auch einfach nur so mit mir reden, ohne einen bestimmten Grund zu haben?

So. Konzentration. Ich trete in den Hinterhof zu den anderen und warte darauf, dass sich die Pforte zur Winkelgasse auftut. Hagrid klopft mit seinem hässlichen Schirm (also, ich würde mir NIE einen rosa Schirm kaufen!), gegen die Hinterhofwand und schon verschwinden die Backsteine und geben den Weg frei.

Ich krabbele mit Ginny als letzte durch die Öffnung und wir schauen uns um, denn die Winkelgasse sieht irgendwie komisch aus. So leer. Anders. Düster. Die ganzen Läden, in denen ich mich sonst immer in Ekstase kaufen konnte, sind verriegelt und verrammelt. Jedenfalls sehen sie so aus, da die Schaufenster mit übergroßen Plakaten des Zaubereiministeriums überklebt sind. Alles alte Kamellen. Diese Plakate sind nix neues, die sind überall en masse zu finden. Die Regeln und Ratschläge des Ministeriums kann ich mittlerweile im Schlaf runterbeten. Bellatrix Lestrange klebt in einer peinlichen Endlosschleife auf der Forderfront der Apotheke und versucht böse auszusehen. Ich find diese bewegten Bilder, wo sie alle versuchen in einer gefährlichen Pose absolut schwarzmagisch auszusehen, echt affig. Vor allen Dingen, wenn man denen persönlich über den Weg gelaufen ist. Dann ist auf einmal nichts mehr witzig. Wir gehen in unserer kleinen Gruppe ein wenig die Straße entlang und ich wundere mich, wie leer die sonst so überfüllte Winkelgasse doch ist.

"Da!" sagt Harry und zeigt auf einen mit Brettern zugenagelten Laden. Oh. Das war Fortescues Eissalon. Jetzt ist es eine Schabracke. Überhaupt, es sieht hier so heruntergekommen aus, ich fühle mich richtig unwohl. Einfach nur schnell das Nötige einkaufen und wieder zurück, irgendwie hält mich nicht viel hier. Überall lungern diese Scharlatane rum, die mit ihren "erstarrten Kleinfeen", Amuletten und Plunder Geschäfte machen wollen. Wir schlendern alle ein wenig betroffen, von den neuen Eindrücken, bei Flourish & Blotts vorbei, als plötzlich neben mir und Ginny ein verrückt gewordener Alter auf die Straße springt. Ich greife mir ans Herz, weil er mich dermaßen erschreckt hat, dass ich ihm am liebsten eine knallen würde. Er hat beide Arme voller Silberarmbänder, an denen Talismane in mehreren Lagen befestigt sind, und er rasselt jedes Mal in ohrenbetäubender Lautstärke, wenn er sich einen Zentimeter vorwärts bewegt. Ginny und ich weichen mindestens einen Meter zurück und klammern uns vor Schreck aneinander fest. Mrs. Weasley schiebt sich schützend zwischen uns und dem komischen Kerl.

"Eins für ihr kleines Mädchen, Madam?" ruft er und rasselt auffordernd mit den Armbändern. Er schaut Ginny genauso lüstern an, wie der Wirt im Tropfenden Kessel zuvor meinen Hintern, und lässt seinen Blick an ihr auf und ab wandern. "Damit ihr hübscher Hals geschützt ist?" fragt er mit schiefem Grinsen und ich frage mich ernsthaft, ob er weiß was um ihn herum so passiert? Wir kämpfen gegen keine Vampire. Vampire sind keine wirkliche Bedrohung. Todesser sind keine Vampire. Todesser sind eine Bedrohung. Aber Todesser interessieren sich einen Scheißdreck für einen hübschen Hals, oder ein absolut wertloses Armband. Also? Manche Menschen sind einfach nur blöd, und sind doch wieder so intelligent, die Blödheit anderer Menschen auszunutzen.

"Wenn ich im Dienst wäre..." knurrt Mr. Weasley und schiebt uns weiter, an den ganzen Händlern vorbei. Ginny und ich kleben aneinander wie Magnete, jetzt sind wir erstmal auf der Hut.

"Ja, aber jetzt wirst du niemanden verhaften, Liebling, wir haben's eilig!" beschließt Mrs. Weasley und läuft mit einer eigenen großen Liste im Zickzack über die Straße. Dann bleibt sie stehen und überfliegt die Liste mit gehetztem Blick.

"Ich denke, wir gehen am besten erst mal zu Madam Malkin, Hermine will einen neuen Festumhang und bei Rons Schulumhang schaut unten schon viel zu viel Knöchel raus, und du wirst auch einen neuen brauchen, Harry, du bist so gewachsen - nun kommt alle -"

Wollte eigentlich nur einen neuen Schulumhang haben. Festumhang hört sich aber auch nicht schlecht an. Mal gucken, was ich mir so alles leisten kann.

"Molly, es ist Unsinn, wenn wir alle zu Madam Malkin gehen." bemerkt Mr. Weasley und dreht sich zu Harry, Ron und mir um. "Warum gehen die drei hier nicht mit Hagrid, und wir können inzwischen zu Flourish & Blotts und die Schulbücher für alle besorgen?"

Guuuuut. Mr. Weasley ist ein Held. Wir werden viel schneller hier wieder weg sein können, wenn wir uns aufteilen! Ginny und ich eisen uns gemächlich voneinander los, um so zu demonstrieren, dass wir mit dem Vorschlag einverstanden sind.

"Hier, meine Liste, achte bitte darauf, dass du Exemplare ohne Eselsohren bekommst!" sage ich zu Ginny und übergebe ihr meine Liste.

"Und du schaust mal nach einem roten Cape für mich, ja? Die sind dieses Jahr der Renner!" grinst sie mich schelmisch an, und ich zwinkere zurück.

"Ich weiß nicht", meint Mrs. Weasley nun und schaut von einer Gruppe zur nächsten und zurück zu ihrem Mann. Anscheinend ringt sie mit sich selbst, ob sie uns "alleine" mit Hagrid losgehen lässt. "Hagrid, meinst du -?"

"Keine Bange, Molly, mit mir zusamm' passiert denen nichts!" versichert er ihr und nimmt uns alle drei gleichzeitig in seine großen Arme. Mir bleibt die Luft weg und ich muss niesen, weil Hagrids Jacke staubt.

"Nun gut. Seid aber vorsichtig, ja?" mahnt sie uns alle, und schon huschen wir Richtung Madam Malkin davon. Ich winke Ginny noch kurz zu und höre wie Hagrid schnaufend hinter uns her hastet. Überhaupt ist hier jeder, der in der Winkelgasse seine Einkäufe erledigt, nur am hetzen und Stress verursachen. Diese ganze Hektik wird mir noch mal schlecht auf den Magen schlagen. Ich kenn mich doch. Und wenn ich zuhause bin, wird rückwärts gegessen. Aber ansonsten geht's mir gut. Wir bleiben einen Moment vor Madam Malkins Laden stehen, und die Umhänge im Schaufenster lassen mein Herz höher schlagen. Ich greife euphorisch nach der Türklinke, als Hagrid prustend bei uns angelangt und meint: "Wird vielleicht 'n bisschen eng dadrin mit uns allen. Ich halt draußen Wache, alles klar?"

Ja! Nur endlich rein da! Meine Fingerspitzen kribbeln schon, ich brauche unbedingt eine Tüte, die ich nach Hause tragen kann! Die Jägerin in mir ist erwacht. Als ich in den Laden eintrete, klingelt eine kleine Glocke und meine Nase nimmt den Geruch von Stoff und einigen duftenden Ölen wahr, die Madam Malkin in den Ecken des Ladens gestellt hat. Ich blicke mich um und Stoffe in den schönsten Farben fallen mir ins Auge. Ich seufze selig und lasse mich von Harry und Ron weiter in den Laden schieben, die schon wieder diesen "Jetzt-geht-das-schon-wieder-los"-Blick austauschen. Das ist meine Welt! Hier ist es schön, hier fühl ich mich wohl, die Farben, Stoffe und Kleider und Umhänge und -

"... kein Kind mehr, falls dir das noch nicht aufgefallen ist, Mutter."

- Malfoy???

"Ich bin durchaus in der Lage, meine Einkäufe allein zu erledigen."

Malfoy. Ich wusste es doch. Ich hab es doch geahnt. Verdammt, wieso hab ich Wahrsagen abgewählt? Ich bin doch ein Naturtalent! Ich würde mich jetzt am liebsten hinter einem der riesigen Kleiderständer verstecken. Ich will nicht, dass er mein Veilchen sieht. Ich bin gerade viel zu gut gelaunt. Ich brauch das jetzt nicht! Harry und Ron schauen sich schon mit viel sagenden Blicken an und ich sehe, wie sie unter ihren Umhängen die Zauberstäbe zücken. Oh Gott, sie wollen sich doch wohl nicht hier drin duellieren? Wenn sie wenigstens einen triftigen Grund dazu hätten! Also, ich meine zum Beispiel ein Mädchen oder so. Ob Ron sich mit Malfoy duellieren würde, wenn es um mich ginge? Eher unwahrscheinlich, weil er ganz genau weiß, dass da mit Malfoy nie was wäre. Erstens würde der keine Muggelgeborene mit der Kneifzange anfassen, und zweitens... würde ich wollen? Hermine Granger, würden Sie wollen? Ach du Scheiße. Ich denk doch wohl nicht tatsächlich...? Ich denke darüber nach, ob ich mit Malfoy...? Oh Gott, es kann nur daran liegen, dass er mich im Bad überrascht hatte. Sonst würde ich nie auf solche absurden Gedanken kommen. Ehrlich. Wieso bin ich auf einmal so? Liegt wohl daran, dass ich seit heute morgen wieder an andere Dinge denke, als nur ans Lernen. Im Grunde genommen ist also Ron daran schuld, wenn ich an so was denke, denn er hat damit angefangen, und ja. Da hab ich mich doch gerade noch mal aus der Zwickmühle gerettet. Alleine wären solche Gedanken nämlich nicht in meinen Kopf zu kriegen.

"Nun, mein Lieber, deine Mutter hat vollkommen Recht, keiner von uns sollte mehr allein herumlaufen, das hat nichts damit zu tun, ob man ein Kind ist -"

"Passen Sie auf, wo Sie die Nadel hinstecken, ja!", unterbricht Malfoy Madam Malkin unsanft und ich höre Stoffe rascheln. Einfach so tun, als wäre ich durchsichtig. Einfach so tun. Ich drehe mich langsam um und gehe ein paar Schritte an den Ständern entlang und schaue verstohlen zu Malfoy herüber, der uns noch nicht bemerkt hat. Er steht jetzt vor dem Spiegel und betrachtet sich von oben bis unten. Er trägt einen dunkelgrünen Umhang, der ihm wirklich wahnsinnig gut steht. Ich muss schlucken. Ich beobachte ihn im Spiegel und muss mit Erschrecken feststellen, dass sein Gesicht jegliche kindliche Züge verloren hat. Oh mein Gott, Draco Malfoy hat sich weiterentwickelt! Das ist eindeutig Level 2!! Ich schlucke noch mal und nehme zur Ablenkung einen neuen Umhang vom Ständer. Harry und Ron haben sich immer noch nicht von der Stelle bewegt. Sie stehen da wie Hunde, die nur noch auf den Befehl warten, die Beute zu erlegen. Meine Augen hüpfen zurück zum Spiegel und Malfoys Ebenbild, das mich mit unergründlichem Blick über die eigene Schulter anstarrt, ertappt mich bei seiner Musterung. Ich glaube, in diesem Moment steht die Zeit gerade still. Wir sehen uns eine Ewigkeit lang in die Augen. Jedenfalls kommt es mir so vor. Und ich sehe keinerlei Hass oder Verachtung, sondern nur Erstaunen. Ich fühle mich beobachtet. Ich bin ein wenig erschrocken und senke für ein paar Millisekunden den Blick. Als ich seinem Spiegelbild wieder in die Augen schaue, muss ich feststellen, dass seine Augen traurig wirken. Vielleicht bilde ich mir das ja aber auch nur alles ein, weil ich Malfoy ja sonst nie so ausgiebig betrachte. Aber warum sagt er nichts? Normalerweise würde er jetzt eine Gemeinheit von sich geben, und mich nicht solange mit den Blicken festnageln.

Er schaut mich an.

Er hält mit mir Blickkontakt!

Und ich lasse das zu!

Jesses!

Blitzartig schnellt die Erinnerung an die Begegnung im Badezimmer zurück in mein Gedächtnis und ich glaube meine Wangen werden leicht farbig. Peinlich. Ich flirte mit Draco Malfoy und werde rot. Ich sehe, wie seine Augen ganz schnell an meinem Spiegelbild auf und ab wandern und mir wird irgendwie ganz warm. Und mein Bauch fängt auch an zu kribbeln. Herrlich! Ich fühle mich wie beflügelt, denn ich kenne diesen Blick! Aber warum in Merlins Namen schickt mir Draco Malfoy diesen Blick? Spinnt der jetzt vollkommen? Verdammt, er weiß nicht, was dieser Blick anrichtet. Er ahnt ja nicht, dass ich mich fühle wie ein ausgehungerter Wolf. Abgesehen davon, dass er ein Arsch ist, sieht er gut aus. Also heute irgendwie. Kann auch an meinen Hormonen liegen, aber heute sieht er so gut aus wie noch nie. Er trägt die Haare jetzt auch länger. Und sie fallen ihm strähnchenweise ins Gesicht. Holla, da steh ich irgendwie drauf! Das sieht so verwegen aus! O weh, ich fange an abzudriften und mein Gehirn langsam herunterzufahren. Nicht gut. Werd wach, Hermine!

"Wenn du dich wunderst, was hier so komisch riecht, Mutter - eine Schlammblüterin ist gerade reingekommen.", zischt Draco seiner Mutter zu und sieht mich auf einmal aus feindseligen Schlitzaugen an. Das Kribbeln in meinem Bauch erstirbt postwendend und stattdessen flammt ein Fitzelchen Wut darin auf. Wie konnte ich nur so dumm sein, und Dracos Blicke für meinen Vorteil interpretieren? Wie dösig! Und wie unfair! Meine Funken wurden dadurch nur noch mehr zum Glühen gebracht. Wenn das so weitergeht, erlebe ich niemals mehr ein Feuerwerk, sondern verbrenn mich an mir selbst. Pah. Und schon gar nicht mit Ron. Und mit Malfoy erst recht nicht, aber versteh dann mal einer diesen Flirt? Ja, so was verwirrt ein Mädchen doch, wenn sie danach wieder fertig gemacht wird! Okay, ich weiß. Von dem wird ich ständig fertig gemacht, aber warum dann dieser Blick? Ich raste gleich aus. Ich will endlich wieder 'nen Freund haben. Ich habe gerade das extreme Bedürfnis, in den Arm genommen zu werden, gedrückt, gestreichelt und verstanden zu werden. Und ich glaube gerade ist der absolut ungünstigste Zeitpunkt, nach einer Umarmung zu schreien. Diesen Blick werde ich noch mal gegen dich verwenden, Draco Malfoy. Mistkerl!

"Ich glaube nicht, dass es nötig ist, einen solchen Ton anzuschlagen!" rügt Madam Malkin Draco Malfoy und bleibt wie angewurzelt stehen, als sie Harry und Ron mit wutverzerrten Gesichtern und gezückten Stäben im Raum stehen sieht. Ich muss dazu erwähnen, dass sie die Stäbe mittlerweile auf Malfoy gerichtet haben. Ha! Ein Duell! Es geht um mich! Ich bin wichtig!

"Und ich verbitte es mir auch, dass in meinem Laden Zauberstäbe gezogen werden!"

Richtig.

Kein Duell hier drin.

Lasst uns lieber vor die Tür gehen, da ist mehr Platz und leichter sauber zu machen. Ahemm. Ich atme schwer und theatralisch betroffen ein und aus, und beschließe wieder vernünftig zu sein, und meinen sonst so klaren Verstand zu reaktivieren.

Achtung, jetzt!

"Nein, nicht", flüstere ich mit Grabesstimme zu Harry und Ron, " ehrlich, das ist es nicht wert..."

Ich stehe dicht hinter den beiden und fixiere Malfoy mit einem festen Blick. Ich will auch Leute verunsichern können! Jedenfalls kann er sich die Worte auf der Zunge zergehen lassen... ,das ist es nicht wert'... jaha, ich lass mich doch nicht so schnell von einem dummen Flirt beeinflussen!

"Jaah, als ob ihr es wagen würdet, außerhalb der Schule zu zaubern", sagt Draco bissig und schaut Harry und Ron herausfordernd an. Als er mich wieder ansieht und ich denke, dass ich eigentlich schon gewonnen habe, sehe ich, wie sein Mundwinkel zuckt und seine Augen mich schelmisch angrinsen. O, was kommt jetzt?

"Wer hat dir ein Veilchen verpasst, Granger? Dem würd ich gern Blumen schicken."

Haaa!

Eigentor, Eigentor, Eigentor!

Am liebsten würde ich laut triumphierend und jubelnd durch Madam Malkins Laden hüpfen. Ich würde mich so gerne jetzt vor Malfoy aufbauen und einen coolen Spruch ablassen wie: ,Du würdest einer Schlammblüterin Blumen schicken?' oder ,Glaubst du wirklich, von dir würde ich noch Blumen annehmen?' oder irgendwie so was. Ich könnte platzen vor Triumphgefühle. Ich würde so gerne jetzt Malfoy in die Pfanne hauen, wenn da nicht die Scham über mein violettes Auge größer wäre. Wer verpasst sich schon selber ein blaues Auge? Dämlich. Sehr dämlich sogar! Irgendwann werde ich gelernt haben, in solchen Situationen nicht lange zu fackeln, und richtig spontan ein paar effekthaschende Sprüche von mir zu geben. Trotzdem ist diese Situation, wenn ich sie aufdecken würde, irgendwie desaströs. Weil anstatt Malfoy, würd ich mich ja selber ins Verderben reiten, und als grobmotorisches Etwas darstellen. Aber insgeheim trage ich den Sieg davon. Und irgendwann schmier ich dem das auch noch mal aufs Brot. Dann wird er mir für all diese Demütigungen büßen. Aber im Moment kann ich nichts anderes tun, als mein Veilchen mit einer Hand zu bedecken. Hätte er sich ja auch gleich drüber lustig machen können, und nicht erst dann, wenn ich schon wieder vergessen habe, dass ich wie ein vom Aussterben bedrohtes Tier aussehe.

"Nun ist es aber genug!" faucht Madam Malkin dazwischen, bevor ich entscheiden kann, ob ich nun doch was sagen soll, oder meine ,Bluthunde' loshetze. Ich funkle Malfoy böse an und er schaut nur belustigt zurück. Ha, aber er kann den triumphalen Gesichtsausdruck von meiner einer nicht deuten. Okay, kann ich bei ihm auch nicht, denn so ein großer Triumph war das nun gerade nicht, da hat er schon mal bessere Sprüche gebracht.

"Madam - bitte - " fleht Madam Malkin den Kleiderständer hinter ihr an und ich war gerade noch dabei mich darüber zu wundern, als Dracos Mutter dahinter hervor schreitet. Sie schwebt eventuell. Sieht jedenfalls gruselig aus. Also der Gang, nicht sie selbst. Sie selbst ist eigentlich... echt hübsch. Naja okay, Draco sieht ja heute auch umwerfend aus, aber ich glaube er hat doch ein wenig mehr vom Vater als von der Mutter. Wenn ich recht überlege, brauch er sich nur die Haare länger wachsen zu lassen und er könnte glatt als Kopie seines Vaters durchgehen. Wäre allerdings schlecht, weil er dann ja als Lucius nach Askaban verknackt werden könnte, weil die denken er wäre entkommen. Ja. Also, Dracos Mum ist irgendwie ein wenig wie ein Porzellanpüppchen. Hat auch so eine helle Haut und ist ein bisschen weniger blond als Draco. Bei ihr geht das Blond mehr ins goldstichige, während Draco mehr silbrig schimmert. Und verdammt, sie sieht Bellatrix Lestrange aber auch so was von ähnlich! Die Familienbeziehung können die echt nicht leugnen. Oha, Vorsicht! Nicht so genau hingucken, Hermine, nachher wird das noch falsch aufgefasst. Du hast genug gesehen. Und Malfoy siehst du noch das ganze nächste Jahr!

"Steckt die weg", funkelt Mrs. Malfoy Harry und Ron böse an. Ich ahne schon was gleich kommt, Harrys Halsschlagader pulsiert so unregelmäßig. "Wenn ihr meinen Sohn noch ein Mal angreift, dann sorge ich dafür, dass es das Letzte ist, was ihr jemals tun werdet."

Okay. Zeit zu gehen. Ich hab keine Lust mehr. Mit einem Blick zu Malfoy stelle ich fest, dass ihm der Auftritt seiner Mum ein wenig peinlich ist. Kein Wunder. Jetzt steht er ja als Volldepp da, lässt sich von seiner Mutter vor zwei Halbstarken beschützen. Würd mir auch nicht passen. Ich schicke einen verständnisvollen, bemitleidenden Blick zu Malfoy und nachdem er mich erst hasserfüllt angestarrt hat, weiten sich seine Augen für ein paar Millisekunden und er schaut mich wieder mit diesen großen, traurigen Augen an. Ist ja auch doof, wenn der Vater in Askaban hockt und er den Laden zu Hause schmeißen muss. Also stell ich mir jetzt jedenfalls so vor. Ich weiß ja nicht was da so abgeht, aber als Junge nur noch mit seiner Mutter alle Sachen zu erledigen, ist bestimmt die Hölle.

Na, und jetzt ist es soweit: Harrys Geduldsfaden ist gerissen.

"Wirklich?", stößt er mit einem Unterton der Verachtung aus. Er macht einen Schritt auf Mrs. Malfoy zu, doch sie verzieht keine Miene. Sie bleibt stehen, ohne sich auch nur einen Millimeter zu bewegen. Ihre Augen fixieren Harry und sie scheint vollkommen Herrin der Lage zu sein. Ich glaube, ich an ihrer Stelle hätte einem aufmüpfigen Sechzehnjährigen eher eine geknallt, als so ruhig zu bleiben.

"Sie holen einfach ein paar von Ihren Todesserkumpels, um uns fertig zu machen, was?"

Spätestens jetzt hätte ich ihm eine geknallt. Madam Malkin schreit auf, als sie das Wort ,Todesser' in ihren heiligen Hallen vernimmt und versucht aus einem Meter sicherer Entfernung Harry dazu zu bewegen, sich friedlich zurückzuziehen.

"Also wirklich, diesen Vorwurf solltest du nicht - gefährlich, so etwas zu sagen - die Zauberstäbe weg, bitte!"

Meiner Meinung nach steht Madam Malkin kurz davor zu hyperventilieren. Irgendwie ist mir das gerade auch alles unangenehm. Aber die Situation nimmt lustig weiter ihren Lauf, denn Harry und Ron tun den Teufel ihre Zauberstäbe sinken zu lassen. Man, Harry nimmt sich echt ganz schön was heraus. Ich muss schlucken und werfe einen Blick auf Draco, der Harry voller Hass anstarrt und sich offensichtlich bemüht, nicht einen Unverzeihlichen auf ihn loszulassen. Oh man, ich glaub der hat's gerade echt nicht einfach. Die halbe Familie ist Todesser, der Vater schon im Knast, die Tante noch auf freiem Fuß... Was muss das für ein Gefühl sein, an einem der Plakate vorbeizulaufen und seine Tante darauf zu sehen? Tot oder lebendig... Ich glaub ich könnt's nicht aushalten. Aber für Malfoy war Blut ja eh schon immer dicker als Wasser. Mrs. Malfoy zieht spöttisch eine Augenbraue nach oben und lächelt Harry feindselig mit ihrem Porzellanblick an. Gut, also diesen Blick hat Draco eindeutig von der Mutter. Den kenn ich seit der ersten Klasse!

"Seit Sie Dumbledores Liebling sind, haben Sie offenbar ein falsches Gefühl für Sicherheit bekommen, Harry Potter. Aber Dumbledore wird nicht immer da sein, um Sie zu beschützen.", säuselt sie in einem klingenden Singsang, der meine Nackenhaare zu Berge stehen lässt. Mein Gott, ich glaube, wenn wir jetzt in Hogwarts wären, hätten Harry und Malfoy sich gegenseitig niedergemetzelt. Aber Malfoy steht nur mit blitzenden Augen da, wie eine Statue, und beobachtet das Geschehen. Ich kann mir vorstellen, dass er im Inneren tobt. Und eigentlich müsste ich Harry ja jetzt vollkommen unterstützen, weil die Malfoys ja eh alle plemplem sind und er gerade mal was gegen die angeborene Arroganz unternimmt, aber auf diese Art und Weise? Na ja, ich weiß nicht recht...

Harry schaut sich mit spöttischer Miene im Laden um und dreht sich noch einmal um die eigene Achse.

"Wow... sehen Sie nur... er ist jetzt gar nicht da!" sagt Harry mit schriller Stimme, die sich vor Ironie fast selbst überholt. "Also, warum nicht mal einen Versuch riskieren? Vielleicht findet sich in Askaban ja eine Doppelzelle für Sie und Ihren Mann, den Versager!"

Woooooah! Ich bin geschockt! Ich schlage mir die Hand vor den Mund. Jetzt geht's los. Dem sind total die Sicherungen durchgeknallt. Ich will im Erdboden versinken. Und wie auf Kommando sind auch Dracos Nerven overloaded. Mit einem Ausdruck unendlichen Hasses will er sich auf Harry stürzen, bleibt aber im allzu langen Umhang hängen und kann sich gerade noch fangen, um nicht der Länge nach hinzuknallen. Ich halte mir die Hände vor die Augen, ich will gar nicht sehen, was da jetzt kommt. Oder doch? Ich lünkere zwischen meine Finger durch und schaue betroffen um mich herum. Ron ist über Dracos Missgeschick in schallendes Gelächter ausgebrochen. Draco schickt ihm tödlich Blicke und ist meiner Meinung nach kurz vor einem Ausraster, denn sein Gesicht hat eine unangenehme Farbe angenommen.

"Wag es nicht, so mit meiner Mutter zu sprechen, Potter!" spuckt er die Worte Harry förmlich vor die Füße und schaut mit rotem Kopf und zersausten Haaren wild um sich. Hui, also wenn die Situation jetzt gerade nicht so beschissen wäre, dann würde ich glatt wieder mit meinen Gedanken ins geistige Nirvana abdriften, denn ich glaub, ich steh auf zerzauste Haare.

"Schon gut, Draco." sagt Mrs. Malfoy beschwichtigend zu ihrem Sohnemann und zieht ihn an der Schulter zu sich zurück. Oh man, das war auch echt fies. Wenn ich an seiner Stelle gewesen wäre, ich hätte Rotz und Wasser geheult. Sie fixiert Harry noch einmal mit einem starren Blick und meint dann ganz trocken: "Ich schätze, Potter wird wieder mit dem lieben Sirius vereint sein, noch ehe ich mit Lucius vereint bin."

Und jetzt hat sie Harry auch noch das rote Tuch vor die Füße geworfen. Jetzt ist alles aus. Mit einer aggressiven Geste ruckt sein Arm höher und hält den Zauberstab so hoch, dass er fast in Mrs. Malfoy's Nase bohren kann. Jetzt reicht's mir aber auch. Ist hier eigentlich irgendjemand außer mir noch halbwegs klar im Kopf? Ich hänge mich mit ganzem Gewicht an Harrys Arm und versuche den Stab seitlich wegzudrücken, damit keine Gefahr mehr besteht. Aber der Blödmann versucht sich tatsächlich dem zu widersetzen und kämpft gegen mein Gewicht an!

"Harry, nein!" ächze ich und komme mir vor, als wäre ich von Kleinkindern umgeben, denen man Sprengstoff zum Spielen gegeben hat. "Überleg doch ... du darfst nicht ... du kriegst dermaßen Ärger..."

Ich könnte auch genauso gut mit einer Wand reden und sehe förmlich, wie meine Worte bei Harry, auf der anderen Seite seines Kopfes, aus dem Ohr rausfliegen. Ich lasse langsam von seinem Arm ab, als ich merke, dass er meinem Kampfgewicht von zweiundfünfzig Kilo nicht standhalten kann. Madam Malkin ist derartig aufgedreht und verwirrt, dass sie total planlos zwischen den Fronten steht und nichts Besseres zu tun weiß, als sich wieder Dracos Umhang zu widmen.

"Ich denke, dieser linke Ärmel könnte noch ein wenig kürzer sein, mein Lieber, darf ich mal?"

Sie wuselt an Dracos Arm herum, während wir uns alle halbwegs wieder sortieren. Ich schaue Harry und Ron mahnend an. Auf diesen Schnickschnack hätte ich auch gut verzichten können! Aber die beiden schauen nur mit großen, fragenden Augen zurück. Sie wissen genau was los ist. Ich bin verstimmt.

"Autsch!" grollt Draco Madam Malkin an und schlägt ihre Hand von seinem Arm weg. Madam Malkin schaut wie ein gehetztes Tier um sich, und ich glaube, sie ist am Rande eines Nervenzusammenbruchs. "Passen Sie auf, wo Sie Ihre Nadeln hintun, Frau! Mutter - ich glaub, ich will den nicht mehr -"

Draco zieht den Umhang aus und wirft ihn Madam Malkin vor die Füße. Ihr stehen mittlerweile Tränen in den Augen und sie tut mir wirklich leid. Ich will Malfoy mit einem "Das-musste-jetzt-ja-wohl-nicht-so-hart-sein"-Blick anschauen, als er mich mit einem wütenden "DU-wirst-das-alles-hier-büßen-müssen"-Blick straft. Warum ich schon wieder? Ach ja, ich vergaß. Ich bin die Wurzel allen Übels. Warum auch nicht? Hau rein, lass dir bis zum Schulanfang was Kreatives einfallen!

"Du hast Recht, Draco." schnurrt Mrs. Malfoy ihrem Sohn zu und schenkt mir einen äußerst verächtlichen Blick. Warum das denn jetzt, ich hab doch nichts getan? Ich war doch vernünftig und erwachsen und habe Harry daran gehindert irgendwelche Dummheiten zu begehen?

"Jetzt weiß ich, was für Abschaum hier einkauft ... mit Twilfitt und Tatting sind wir sicher besser bedient."

Oh, ich vergaß schon wieder. Ich bin ja ein Muggel. Schlammblut. Abschaum. Die Wurzel allen Übels. Schon klar. Hab's kapiert. Mrs. Malfoy schwebt an uns vorbei und Draco rauscht hinterher, ohne mich eines weiteren Blickes zu würdigen. Er rempelt Ron im Vorbeigehen fest an, so dass Ron fast hinten über kippt und einen Moment später sind die Malfoys verschwunden.

Es herrscht Stille im Laden und wir schauen uns alle ein wenig verdattert an. Ich habe Bauchschmerzen. Wann erfinden die Zauberer endlich das Homeshopping? Das hätte eine Menge Ärger erspart heute.

"Also wirklich!" stöhnt Madam Malkin betroffen und ich weiß nicht recht, ob diese Beschwerde den Malfoys gilt oder uns. Ich werde jedenfalls nie wieder mit Draco Malfoy flirten, wenn das immer so endet! Kann ja keiner wissen, dass auf einmal das Drachenmuttertier sein Junges beschützt und mit Feuerfunken um sich schmeißt. Rein metaphorisch gesehen...

Madam Malkin räumt den zerknüllten Umhang mit einer Zauberstabbewegung beiseite und sieht uns mit eisigem Blick an. Wir haben also auch verschissen. Bekommen wir jetzt Hausverbot, oder so was? Oder einen kleinen Fluch, zur Strafe?

"Nun, was kann ich für euch tun?" sagt sie gedehnt und schaut jeden von uns mit einem einschüchternden Blick an. Ich räuspere mich und bedenke Harry und Ron mit einem Blick, der ihnen zu verstehen gibt, jetzt endlich die Klappe zu halten. Ich glaube, ich bin um ein paar Nasenlängen diplomatischer, als sie.

"Die beiden brauchen neue Umhänge. Sind gewachsen wie Unkraut. Und ich brauche auch einen neuen, der alte ist etwas zu kurz geworden und oben rum etwas zu eng." erkläre ich schnell.

"Ja, ist auch gewachsen wie Unkraut!" grinst Ron mich frech an und wandert mit seinem Blick hinunter auf meinen Busen, über dem sich mein alter Umhang ein wenig spannt. Ich schnappe nach Luft und bin ein wenig verwirrt. Das ist so gar nicht seine Art. Steht er unter dem Imperius? Was soll das auf einmal? Irgendwie fühl ich mich komisch. Irgendwie passt mir das gerade gar nicht, dass Ron so in die Offensive rennt. Und irgendwie will ich auch gar nicht von ihm angestarrt werden! Was ist mit mir los? Befinde ich mich gerade in meiner premenstruellen Phase, und habe Hormoncocktail durch meine Adern sausen? Auf der Autofahrt war ich doch noch total darauf versessen, neben Ron zu sitzen und war überwältigt von seinem Kniegetätschel, und jetzt mache ich den Rückzieher? Irgendwas stimmt doch da nicht in meinem Emotionshaushalt. Ich weiß nur noch nicht wirklich was. Aber das finde ich auch noch heraus!

"Na, na! Geht ihr beiden da rüber und sucht euch Stoffe aus!" faucht Madam Malkin Ron und Harry an. Sie schüttelt den Kopf, sie kann so viel Dreistigkeit wohl nicht fassen, einem Mädchen so auf die Brust zu starren! Ich allerdings auch nicht. Ich werfe Ron einen bösen Blick zu und wende mich ab. Ich schlendere mit Madam Malkin im Schlepptau an den verschiedenen Stoffen vorbei und bleibe an einem dunkelroten, schweren, samtähnlichen Stoff stehen. Mehr Herz fängt an schneller zu schlagen und ich habe langsam meine Hände und führe sie an den Stoff. Er fühlt sich so gut an. Wir sind füreinander geschaffen. Wir gehören zusammen. Aus dir wird mein neuer Umhang!

"Wie viel kostet dieser Stoff?" hauche ich andächtig und bemerke verzückt, dass sich die Farbe je nach Lichteinfall von Dunkelrot in ein leuchtendes Orange verändert. Ich bin so aufgeregt!

"Eineinhalb Meter kosten 11 Sickel und 17 Knuts." sagt Madam Malkin monoton und ich erbleiche. Das sind 3,37 £!! (Anm.d.Autorin.: sind genau 5,00 Euro zu einem Wechselkurs von 0,6732 GBP) Ja, kann ich denn Geld exkrementieren? Wo soll ich mir das denn herzaubern?

"Wa...wa...was?" stammle ich und starre sie mit großen Augen an. Rational denken, Hermine. Los!

"Wie viel Meter bräuchten Sie denn, um aus diesem Stoff einen Umhang zu machen?"

Sie mustert mich kritisch von oben bis unten und so langsam aber sicher löst sich der neue Umhang in meinen Gedanken in Luft auf. Ich habe insgesamt nur 20 Galleonen, 8 Sickel und 10 Knuts mit, und davon muss ich auch noch die Schulbücher bezahlen! Ich könnte heulen.

"Da ich mir vorstellen könnte, dass du einen einzigartigen Umhang haben möchtest, den du zu allen Möglichkeiten tragen kannst und damit immer aus der Menge heraus stichst... und ich schon einen konkreten Plan in meinem Kopf habe, wie ich dir den Stoff auf den Leib schneidere.... würde ich sagen... Stoff... Arbeitsaufwand... mit zehn Galleonen kommen wir ins Geschäft. Den Kleinkram an Sickeln und Knuts schenken wir uns, was meinst du?"

Mein Frühstück hängt mir wieder im Rachen. Oh Gott. Zehn Galleonen, Moment das sind knapp 50 £. Meine Hände sind schweißnass. Aber sie würde ihn mir auf den Leib schneidern!

"Ähm. Bevor ich mich entscheide..."

Kipp jetzt bloß nicht um, Hermine. Mir wird schon schwarz vor Augen. Ich könnte echt heulen. Meine Stimme zittert, als ich sage: "Könnte ich schon ein paar fertige Umhänge anprobieren?"

Madam Malkin schaut mich verwundert an und ich glaube, ihre Version von mir im frisch geschneiderten Umhang zerplatzt wie eine Seifenblase. Und das Geschäft mit vier Galleonen auch.

"Ähm. Ja, natürlich! Schau dich doch hier ein wenig um, ich komme gleich zu dir. Ich werde dann eben erst den Jungs einen neuen Umhang anpassen." sagt sie verwirrt und eilt zu Harry und Ron herüber, die sich schon auf die Podeste gestellt haben. Ich bekomme noch halbwegs mit, wie Madam Malkin beginnt Ron auszumessen und sich über seine ungewöhnlich langen Gliedmaßen zu beschweren.

Schweren Herzens lege ich den Stoff zurück und schlendere zu dem Ständer rüber, auf den Madam Malkin verwiesen hatte. Ich starre eine Ewigkeit nur auf die dunkel schimmernden Umhänge und überlege, ob sie mir denn stehen würden. Ich komme zu dem Schluss, dass es nicht so sein wird. Es tut mir echt leid, aber es geht wirklich nicht. Das überschreitet meine Vorstellungskraft, nachdem ich gerade schon mein Herz an diesen perfekten, teuren Stoff verloren habe.

"Und? Hast du was gefunden?"

Madam Malkins Stimme reißt mich aus meiner Trance, und ich sehe Harry und Ron hinter ihr stehen, jeder einen Umhang über den Arm hängend. Sie sind also schon fertig. Man ging das schnell!

"Ähm. Ich... vielleicht könnten Sie mir noch ein wenig Beratung geben?"

Ich will den einzigartigen Umhang, der mir auf den Leib geschneidert wird!

Madam Malkin geht auf den Ständer zu und nimmt mehrere Roben vom Bügel. Ich ziehe meinen alten Umhang aus und halte meine Arme nach oben in Luft, damit Madam Malkin mir mit einer Zauberstabbewegung den Umhang anziehen kann. Das erste Exemplar besteht aus einem dunkelblauen, fließenden Stoff. Ich bin unzufrieden. Das kann doch nicht ihr Ernst sein? Ich gehe total unter und komme mir vor wie eine überdimensionale Fledermaus.

"Ähm..."

"Merlin, Kindchen, bloß raus da! Was mach ich denn da, ich hab dir doch tatsächlich einen Umhang für Männer gegeben!"

Ich schaue sie verdutzt an, und Harry und Ron brechen in schallendes Gelächter aus. Ich blicke in den Spiegel und ich sehe Hals abwärts wie ein großer unförmiger Klumpen aus. Na super. In Windeseile habe ich den Umhang ausgezogen und ich reiche in Madam Malkin zurück, die sich kopfschüttelnd die Schläfen reibt. Ich glaube, die Situation mit den Malfoys geht ihr einfach nicht aus dem Kopf. Harry und Ron beruhigen sich wieder und glucksen nur noch vor sich hin. Als Madam Malkin außer Hörweite ist, wende ich mich ihnen zu.

"Was meint ihr, wie viel die Schulbücher kosten werden?" wispere ich voller Verzweiflung. Und nicht nur die, ich brauche auch noch Zutaten für Zaubertränke. Ich bin niedergeschlagen.

"Keine Ahnung, ich denke mal so sechs bis sieben Galleonen?" meint Harry nachdenklich. O Gott! Wie soll ich denn das alles bezahlen? Ich hab nie damit gerechnet, einen Umhang für zehn Galleonen kaufen zu wollen! Das ist so gar nicht meine Art, aber ich bin Feuer und Flamme! Wenn ich diesen Umhang nicht bekomme, sterbe ich, glaub ich.

Ich seufze herzerweichend und probiere einen schwarzen, schlichten Umhang an. Ich komme mit 20 Galleonen bestimmt aus. Ich muss. Dann verzichte ich lieber auf die Enzyklopädie der Heilpflanzen, die ich mir zusätzlich zu den Schulbüchern leisten wollte.

Madam Malkin inspiziert meine Erscheinung in dem schwarzen Umhang und ich schaue mich betröppelt im Spiegel an. Ich will nich... Harry und Ron warten schon, und an den Blicken erkenne ich, dass sie unruhig werden. Typisch Männer!

"Nun... er sitzt natürlich Obenrum perfekt. An der Taille würde ich allerdings noch etwas wegnehmen, ich - "

" - Ich will den Umhang, den Sie mir auf den Leib schneidern!" flenne ich und renne vom Podest zur Stoffbahn, die ich wie ein Kleinkind in den Arm nehme und hin und her wiege. Albern, ich weiß. Aber das ist gerade einfach so. Ich will diesen einzigartigen Umhang haben. Mein Gefühl sagt mir, dass Hexe von Welt so was braucht. Und dieses Gefühl hatte ich schon sooft bei guten Büchern, die mir geholfen haben, warum jetzt nicht auch?

Harry und Ron tauschen Blicke, die mehr oder weniger bedeuten, dass sie mich für verrückt erklären. Ich bin auch besessen irgendwie. Ob der Stoff vielleicht mit einem gemeinen Kaufrauschtrick belegt ist? Egal, haben oder nicht haben, das ist hier die Frage!

Und ich will definitiv!

Madam Malkin strahlt über beide Backen und nimmt mir die Rolle Stoff ab. Kein Wunder. Macht ein Geschäft von zehn Galleonen, die alte Halsabschneiderin. Ich entferne den schwarzen Umhang von meinem Leib und strecke die Arme von mir weg, so dass genau Maß genommen werden kann. Maßbänder, Scheren, Stoff, Nadeln, Fäden und Bänder wirbeln um mich herum und nach zehn Minuten verspanntem Stehen, stecke ich in dem tollsten Umhang, den die Welt je gesehen hat! Ich halte den Atem an und betrachte mich im Spiegel. Sogar meine Haare sehen ordentlicher aus als sonst! Über meine Schulter liegt der dunkelrote Stoff, wie der Umhang einer Königin. An einigen Stellen bricht das saftige Orange heraus und ich könnte platzen vor Glück.

"Deine Augenfarbe kommt durch diesen Farbton sehr schön zur Geltung!" meint Madam Malkin bewundernd und ich lechze förmlich nach mehr Komplimenten. Ich schaue Harry und Ron erwartungsvoll an, die mich seltsam anstarren.

"Hermine, du siehst absolut genial aus!" stammelt Ron. Ich weiß, danke, ich sehe nicht nur so aus, ich bin es auch noch! Ein selbstgefälliges Grinsen breitet sich auf meinem Gesicht aus.

"Wow, der steht dir wirklich supergut!" meint Harry und ich drehe mich noch einmal um mich selbst. Dann schreite ich wie eine Lady vom Podest und nehme prüfend ein rotes Cape in die Hand, das unverhofft in meinen Blickwinkel fällt. Ich sollte für Ginny ja Erkundigungnen einholen, was so ein Biest kostet.

"Wie viel kostet so ein Cape?" frage ich unschuldig und Madam Malkin erbleicht.

"Du willst dich jetzt doch nicht etwa umentscheiden, nachdem ich soviel Herzblut in deinen Umhang gesteckt habe?"

Das Entsetzen ist ihr ins Gesicht geschrieben und ich beruhige sie mit den Worten: "Nein, nein! Käme mir nie in den Sinn! Aber eine Freundin wollte so einen haben, da dachte ich, frag mal wie viel er kostet!"

"Achso, nun, dieses Cape kostet sieben Galleonen. Es ist mit der Eigenschaft belegt, für das andere Geschlecht ungemein anziehend zu wirken. Wird nicht an Kinder unter siebzehn Jahre verkauft."

So ein Mist. Ich bin noch nicht siebzehn. Abgesehen davon bin ich so gut wie pleite. Muss Ginny wohl noch etwas warten.

"Ist mein Umhang auch mit einem Zauber belegt?" frage ich vorsichtig.

"Mit keinem starken Zauber zumindest. Der Stoff an sich tut schon das Meiste. Dieser Umhang unterstreicht in jeglichen Situationen deine Persönlichkeit und du wirst immer Aufmerksamkeit auf dich ziehen."

Oh. Ich werde berühmt, heißt das? Aber na ja, eigentlich will ich gar nicht auffallen. Eigentlich will ich meistens nur meine Ruhe haben.

"Können Sie den Zauber vom Stoff nehmen?" bitte ich Madam Malkin höflich. "Ich möchte nicht um jeden Preis Aufmerksamkeit auf mich ziehen."

Jedenfalls nicht solange ich noch dieses Mega-Veilchen im Gesicht habe.

"Jaja, kein Problem, meine Liebe! Finite Incantatem!" sagt sie hastig und richtet den Zauberstab auf meinen Umhang.

Mein Umhang.

Hört sich toll an, oder?

Ich schaue erneut in den Spiegel und muss feststellen, dass der Umhang auch ohne den Zauber immer noch genug Aufmerksamkeit auf mich ziehen wird. Ich denke, ich lasse ihn gleich an. Wir gehen alle zufrieden zur Kasse und ich überreiche Madam Malkin mit zitternden Händen die zehn Galleonen. Irgendwie tuts mir ja schon ein wenig weh, aber sobald ich mit dem Gesicht den kuscheligen Kragen berühre, ist jegliches schlechtes Gewissen meinem Geldbeutels gegenüber vergessen. Wir bekommen jeder eine große Tüte überreicht, in denen die alten Umhänge gesteckt wurden. Jetzt fühle ich mich gleich besser. Madam Malkin begleitet uns zur Tür und verabschiedet uns mit einer kleinen Verbeugung. Die Erleichterung, uns endlich los zu sein, steht ihr ins Gesicht geschrieben. Ich glaube kaum, dass es schon einmal vorgekommen ist, dass sich jemand in ihrem Laden duellieren wollte.

"Habt ihr alles?" fragt Hagrid, der immer noch treu vor dem Laden auf uns wartet. Ich hab ihn schon fast wieder vergessen gehabt, in der ganzen Aufregung. Ich spüre wie er bewundernd meinen neuen Umhang betrachtet.

"Fast. Hast du die Malfoys gesehen?" raunt Harry ihm zu.

"Jaah, aber die würden's nich wagen, mitten in der Winkelgasse Ärger zu machen, Harry, mach dir keine Sorgen wegen den'n."

Na wer's glaubt, wird selig. Harry, Ron und ich tauschen Blicke untereinander aus und Harry will gerade ansetzen, um Hagrid den guten Glauben zu nehmen, als Ginny auf mich zustürmt. In ihren Händen trägt sie zwei große Bücherpakete, eins für mich und eins für sich. Mit tellergroßen Augen bleibt sie vor mir stehen.

"Ist nicht wahr, Hermine. Das ist ja der Hammer!"

Sie drückt mir mein Bücherpaket - schön, alle ohne Eselsohren und Knicke - in die Hand, und befühlt mit der anderen Hand meinen neuen Umhang.

"Der muss ja ein Vermögen gekostet haben!" haucht Ginny andächtig und starrt mich an, als sei ich Jesus auf Erden. "Wie viel?"

"Erzähle ich dir später!" sage ich, als Mr. und Mrs. Weasley bei uns angelangen. Sie müssen ja nicht unbedingt wissen, dass ich die Hälfte meines Geldes ausgegeben habe. Mit dem Bücherpaket in der einen Hand und der großen Tüte in der anderen, wappne ich mich für den Einkaufsendspurt. In dem neuen Umhang komme ich mir unschlagbar vor. Komm du mir noch mal in die Quere, Draco Malfoy!



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Kachina
2005-12-31T15:51:53+00:00 31.12.2005 16:51
Hach...
Was soll man da noch sagen??
Ich bin richtig vernarrt in deine Geschichte.
Es war wieder einsame Spitze.
Wenn ich jetzt aufzählen würde was mir besonders gefallen hat, wär ich im neuen Jahr noch nich fertig *doof grins*
Also bitte mach schnell weiter.
Die FF ist ein Suchtmittel. Gib mir bitte mehr.
*knuffz*
Elena-chan

P.S.: würdest du mir vllt bescheid sagen, wenn ein neues Kapitel on ist? Bitte, bitte, bitte! *lieb guck*


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