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Die Herzensbrecherin

Hermine x Draco
von

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Schleim im Überfluss

Schleim im Überfluss
 

Okay. Immer mit der Ruhe. Bloß Ruhe bewahren. Atme einfach tief ein und aus, das beruhigt dich doch immer sofort in solchen Situationen, sage ich innerlich zu mir selbst.

Ich schließe die Augen und atme also tief durch. Während ich mich darauf konzentriere meinen Blutdruck wieder in den grünen Bereich zu senken, nehme ich passiv die Gerüche in der Küche der Weasleys wahr. Es riecht nach Kohl und Tee, aber trotzdem sind meine Nerven gespannt wie Drahtseile. Ich atme fleißig noch ein paar Mal ein und aus, aber es bringt nichts. Gleich flippe ich aus. Ob ich es noch einmal durch die Nase versuchen sollte?

Mit einem verstohlenen Seitenblick auf Ginny stelle ich fest, dass auch sie kurz davor ist zu explodieren. Ihre Nasenspitze ist gefährlich rot und ich sehe wie sie fest die Zähne zusammen beißt.

Eigentlich geht mich die ganze Sache ja nichts an. Eigentlich ist das die Sache der Familie Weasley. Aber irgendwie bin ich da mittlerweile auch reingerutscht, seitdem ich heute hier angereist bin.

Spulen wir das Ganze mal eben zurück:

Vor zwei Jahren fand in Hogwarts das Trimagische Turnier statt, und für die französische Zaubererschule Beauxbatons trat Fleur Delacour an. Fleur verliebt sich in unseren Bill. Bill verliebt sich, wie auch alle anderen Jungs, in Fleur. Tadaa, alles ist perfekt und jetzt wollen sie heiraten. Meiner Meinung nach ein wenig zügig, aber was soll's. Ist ja deren Ding. Fakt ist, dass es wirklich ein wenig schnell mit der Hochzeit geht!! Und deshalb ist Fleur seit einiger Zeit bei den Weasleys zu Besuch, um die Familie besser kennen zu lernen. Ich glaube es wäre alles besser gewesen, wenn diese Person niemals hierher gekommen wäre. Erstens ist es im Fuchsbau sowieso schon eng genug, und diese Person nimmt unglaublich viel Platz für sich alleine in Anspruch. Das ist schon alleine ein Grund gewesen, weshalb sie bei Ginny und Mrs Weasley keine Pluspunkte sammeln konnte. Zweitens ist es ihre Art. Sie redet mit uns, als wären wir gerade erst aus dem St. Mungo entlassen worden. Deshalb hat sie bei mir auch nicht direkt gepunktet. Ron dagegen scheint selig vor Glück, dass Fleur im Haus ist. Nicht, dass es mich interessieren würde, aber es nervt! Gott, er nervt mich so! Kaum betritt sie den Raum, laufen ihm Seiberfäden aus den Mundwinkeln. Okay, sie ist eine Veela, aber ist das normal? Harry verhält sich doch auch nicht mehr so kindisch? Gott, hatte ich erwähnt, dass es mich nervt? Punktabzug für Fleur!

Ja, und jetzt sitzen wir hier. Ginny und ich am Küchentisch, beide ein wenig aufgewühlt, jeder einen Berg Kartoffeln vor uns, den wir schälen sollen. Zaubern dürfen wir noch nicht außerhalb der Schule, weil wir noch keine siebzehn sind. Mit siebzehn ist man in der Zauberwelt volljährig und - haha! - ich bin es bald! Nur noch ein paar Wochen, dann bin ich volljährig. Meine Laune bessert sich schlagartig bei diesem Gedanken. Den kann mir auch keine Fleur - oder Schleim, wie Ginny und ich sie mittlerweile nennen - verderben. Ich könnte mir vorstellen, dass die Kartoffel, die ich gerade in der Hand halte, Fleur ist. Böser Gedanke. Sehr böse. So bin ich normalerweise gar nicht. Ehrlich. Aber die Situation ist einfach zum Überkochen. Oh, da kommt sie.

" 'ermine, was tut ihr da? Soll isch euch die pommes de terre eben mit meine Sauber -"

" Nein danke, Fleur!" sagt Ginny säuerlich lächelnd. "Mach dir keine Mühe, wir schaffen das bis zum Abendbrot!"

Damit wendet sie sich wieder dem Messer und der Kartoffel in ihrer Hand zu und ich glaube, ihre Handbewegungen werden energischer. Hoppla, da fliegen ja schon ganze Bröckchen von der Kartoffel mit ab! Ich verkneife mir ein Grinsen und starre konzentriert auf meine Kartoffel. Mein Kopf fühlt sich leer an. Krummbein schmiegt sich an meine Beine und springt schließlich auf meinen Schoß. Ich seufze und lehne mich zurück, strecke mich und sehe zu, wie Krummbein an den Kartoffeln rumschnuppert.

"Iiiiiiiih! Die Katz sitzt im Essen! Fürschterlich!"

War mein Kopf leer? Ich glaube das war's. Mein Blutdruck schießt exponentiell in die Höhe. Ich spüre, wie meine Schläfen wummern. Nicht, dass diese Person ständig an uns was auszusetzen hat, jetzt wird sogar schon mein Kater Opfer ihres Mobbings! Pfeilschnell schießen wieder böse Gedanken durch meinen Kopf und wie von einer unsichtbaren Macht getrieben schäle ich hektisch, ja man könnte es schon leicht hysterisch nennen, mehrere Kartoffeln in absoluter Rekordzeit. Krummbein hat sich auf Grund dieses Temperamentausbruchs meinerseits wieder in seine Ecke verflüchtigt und blinzelt mich mit seinen großen gelben Augen an. Ich blinzle zurück und kann ein leises Schnurren vernehmen, was mein Herz zum Hüpfen bringt. Diesen Kater als Haustier zu haben ist ein Geschenk Merlins! Ich glaube wir sind Seelenverwandte. Er ist bis jetzt der einzige, der mit einem Blick in meine Augen, mich derart weich klopfen kann. Bei solchen verliebten Blicken, kann ich einfach nicht widerstehen! Er ist aber auch ein kleiner Charmeur. Und er beruhigt mich. Noch während ich so über ihn nachdenke, nimmt mein Kartoffelschältempo rapide ab. Fantastisch. So ein Haustier ist doch klasse. Therapeut, Beruhigungspille, Einschlafhilfe, Kuscheltier und vieles mehr in einem. Mit Krummbein habe ich wirklich nichts falsch gemacht. Das einzige männliche Wesen in meinem Umfeld, das normal geblieben ist. Na ja, wenn Harry demnächst kommt, werd ich ja sehen, was die Ferien bis jetzt so aus ihm gemacht haben. Fragt sich nur wann er kommt. Das er hierher zum Fuchsbau kommt, das steht ja fest. Aber wann, das ist in diesen Zeiten schwer zu sagen. Ich hoffe es geht ihm gut.

Ginny schnaubt verächtlich und wirft Fleur einen vernichtenden Blick zu, den sie in ihrer Selbstverliebtheit gar nicht registriert. Ist wohl auch besser so. Wir brauchen ja nicht mehr Unruhe, als hier sowieso schon herrscht.

" Was meinst du wann Harry hier aufschlägt?" frage ich Ginny beiläufig, und als sie gleichgültig mit den Schultern zuckt, den Blick abwendet und ihr rein zufälliger Weise die Haare ins Gesicht fallen, da ist mir alles klar. Ich hab's ja immer gewusst. Ich hatte mal wieder Recht. Wieso habe ich überhaupt an mir gezweifelt? Natürlich ist sie noch heimlich in Harry verknallt. Man das beruhigt mich irgendwie tierisch. Ich versteh zwar noch nicht ganz wieso, aber irgendwie beruhigt mich es ungemein. Ich tu also so, als ob ich ihre Reaktion nicht mitbekommen hätte und halte jetzt auch die Klappe. Obwohl mein innerliches Triumphgeschrei darum bittet, sich in irgendeiner Art und Weise entfalten zu dürfen.

Meine Ohren klingeln. Ich hab doch jetzt nicht wirklich laut geschrieen? Hab ich nicht, oder? Als Freundin ist man doch so taktvoll und ignoriert liebeskrankes Verhalten? Was bin ich für eine Freundin? Ich -

"'Arry! Er kommt tatsächlisch 'ier'er? Wann?"

Ich bin eine blendende Freundin. Merlin sei Dank, ich hab doch meine Klappe gehalten. Ich war doch tatsächlich derart in Gedanken versunken, dass ich gar nicht registriert habe, wer da geschrieen hat!

Fleur stürzt sich förmlich in unsere Kartoffeln, als sie uns mit großen Augen ansieht und ihre Frage in hysterisch verzücktem Ton wiederholt. Gott, ich denke sie ist mit Bill verlobt? Oder warum ist sie so heiß darauf "'Arry" zu sehen? Mann, die Frau glüht ja schon förmlich vor Aufregung!

"Lass gut sein Fleur, wir wissen es auch nicht", winke ich ab. "Er könnte jetzt gleich hier auftauchen oder aber kurz vor der Abreise, was ihm allerdings nicht ähnlich sehen würde."

"Oh", piepst sie leise. "Das 'abe isch nischt gewusst!"

Ja, wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Klappe halten! Sie krabbelt aus dem Kartoffelberg wieder heraus und ich verkneife mir eine Bemerkung über Veelas, die im Essen sitzen.

Nach kurzer Zeit haben Ginny und ich unsere Arbeit erledigt und schlendern die Treppe hoch zu Rons Zimmer. Seine Sachen stehen kreuz und quer im Raum verteilt und wir bahnen uns unseren Weg in die Richtung aus der die seltsamen Geräusche kommen. Ron liegt in einer unglaublich unbequem aussehenden Verrenkung auf dem Bett und für einen Moment glaube ich, dass er vom Cruciatus-Fluch getroffen wurde. Mit einem Kopfschütteln verwerfe ich diesen schrecklichen Gedanken und rüttele meinen besten Freund wach.

"Los steh auf, du Faulpelz! Es gibt gleich Abendbrot."

Ein so verknautschtes Gesicht habe ich lange nicht mehr gesehen. Er reibt sich die Augen und schaut verwirrt durch die Gegend. Für einen Moment muss ich mich echt beherrschen, ihn nicht in den Arm zu nehmen und kräftig zu drücken. Na, weil er ja jetzt gerade irgendwie niedlich ausschaut. Ansonsten käme mir derartiges nicht in den Sinn. Niemals. Seit dieser Sache mit Viktor bin ich da etwas vorsichtiger geworden. Seine Briefe werden auch immer seltener. Okay, ich hab's ja kapiert. Es ist einfach verdammt schwer einen normalen Brief zu schreiben, zu versenden und überhaupt ist alles komplizierter geworden seit Du-weißt-schon-wer wieder aufgetaucht ist. Aber ich denke, das weiß sowieso jeder. Deswegen bin ich froh über jeden Tag und jede Stunde, die ich bei meinen Freunden sein kann und ungestört mit ihnen verbringen kann. Ich bin froh, hier bei Ginny und Ron zu sein, im Fuchsbau bei den Weasleys. Froh darüber, einen schönen Abend zu erleben, ein leckeres Essen zu bekommen und mich wohl zu fühlen.

Als ich später im Bett liege denke ich lange über all diese Sachen nach. Ginny schläft bereits schon und ich höre ihre gleichmäßigen Atemzüge. Wie lange werden wir noch so beisammen sein können? Lauert der dunkle Lord jetzt gerade da draußen und wartet förmlich darauf einen von uns zu bekommen? Ob es Harry gut geht? Ob er sich ein wenig erholt hat nach der Sache im Zaubereiministerium? Ich hoffe es sosehr für ihn. Wir haben uns heute Abend noch lange darüber zerrissen, was nun mit Harry ist und was er gerade tun könnte. Wir wissen, dass Dumbledore persönlich ihn herbringt, was uns schließen lässt, dass er noch irgendetwas mit ihm vorhat! Wir haben wild spekuliert und schließlich gewettet, was Harry und Dumbledore zusammen erlebt haben. Ich glaube, ihm wurde beigebracht sich in ein Tier zu verwandeln. Ron wettete allerdings, dass Harry und Dumbledore auf Todesserjagd gegangen sind. Schwachsinn, wenn man mich fragt. Meiner Meinung nach hat er das alles einfach nicht verdient. Und während ich mir die Träne aus dem Augenwinkel wische, gerade noch mitbekomme wie ich zu schlafen beginne, festigt sich mein Entschluss nicht tatenlos zuzusehen, alles zu geben und am Ende nicht alleine zu sein...

Ich träume...

Ich träume von dunklen Gängen und irgendjemand verfolgt mich. Ich drehe mich nicht um, weil ich Angst habe vor dem was ich sehen würde. Also renne ich. Durch unzählige Gänge und Türen, über Treppen und Brücken. Ich kenne dieses Labyrinth nicht. Ich bin total aufgeschmissen, wo ist bloß mein Zauberstab? Im Rennen versuche ich meinen Zauberstab zu finden, aber er ist nicht da. Oh mein Gott, ich werde verfolgt und bin auch noch so gut wie nackt. Das Gefühl ist in etwa so zu beschreiben, wie sich Muggel ohne ihre Armbanduhr fühlen. Oder vielleicht noch schlimmer: ohne Fernseher oder Internet. Ich fühle mich jedenfalls verdammt hilflos und merke, wie mir ein Lichtstrahl entgegen schießt. War das etwa ein Fluch? Was passiert nun mit mir? Ich hab jedenfalls die Schnauze gestrichen voll. Wenn ich jetzt schon sterben muss, dann will ich auch sehen, wer mich da ins Jenseits befördert!

Mit einem unterdrückten Schrei öffne ich meine Augen und es dauert einen Augenblick, bis ich wahrnehmen kann, dass ich in Ginnys verwundertes Gesicht schaue. Sie steht am Fenster und hält noch den Vorhang in der Hand, den sie gerade eben zurückgezogen hat. Aha. Der Lichtblitz in meinem Traum wäre damit also logisch erklärt.

"Ich hab seltsam geträumt. Liegt wohl daran, dass wir gestern die ganze Zeit von Harry, Dumbledore und Verfolgungen geredet haben und uns in zu viele Dinge reingesteigert haben", rechtfertige ich mich. Ginny lässt den Vorhang los und setzt sich zu mir aufs Bett.

"Was hast du denn geträumt?" fragt sie neugierig. Klar. Es kommt nicht oft vor, dass ich seltsame Dinge träume und total verwirrt und halb schreiend wach werde. Schon gar nicht wenn sie dabei ist.

"Oh. Weißt du... Irgendwie ist das alles recht verschwommen. Aber ich glaube ich habe im Traum gekämpft. Das Licht vom Fenster war ein auf mich losgelassener Blitz.", schließe ich. Ich schau sie an und ich glaube, ich kann sehen, wie es in ihr arbeitet. Was denkt sie jetzt? Oh man, sie hält mich für verrückt. Vielleicht bin ich's ja auch. Ginny zieht eine Augenbraue hoch und ihr Blick wird immer skeptischer. Jetzt sieht sie mich an, als ob mir Tubler aus der Nase quellen. Jetzt reicht's mir. Ich schlage die Bettdecke zurück und schwinge meine Beine über die Bettkante.

"Ach, hör auf so zu gucken! Gönn mir doch auch mal ein spannendes Abenteuer!"

"Das ich nicht lache!", schießt es aus Ginny hervor, " ,Gönne mir mal ein spannendes Abenteuer' ", zitiert sie mich jetzt mit pikanter Stimme, und ich weiß was jetzt kommt. Hätte ich doch mal lieber meinen Rand gehalten.

"Wenn hier eine von uns beiden ein Abenteuer nötig hat, dann bin ja wohl ich es! Du löst in deinem ersten Schuljahr ein Rätsel, im zweiten Schuljahr kommst du auf die tolle Idee, den Basilisken zu entlarven, im dritten Schuljahr haust du Malfoy eins die Fresse und, ach, soll ich weiter aufzählen? Ja?"

Ihre Stimme ist zum Ende hin ganz schrill geworden und ich komme mir ganz elendig vor.

"Aber im zweiten Schuljahr wurdest du von Tom Riddle entführt und musstest befreit werden", piepse ich kleinlaut und blicke geradeaus auf den Boden. Man, das ist mir ihr gegenüber jetzt richtig peinlich. Ich glaub sie ist neidisch auf mich. Oh weia, ich will das nicht. Sie weiß ja gar nicht, wie das immer ist! Natürlich ist es spannend und spaßig viel zu erleben, aber so was von stressig mittlerweile. Und vor allen Dingen ernst. Ich hätte nie geglaubt, dass es irgendwann einmal so kommt in meinem Leben. Na ja, ein Zurück gibt jetzt auch nicht mehr. Wie schon gesagt bin ich in ein paar Wochen endlich siebzehn, und kann endlich tun was ich will. Dann kann ich Fleur auch endlich ein paar Pickel auf die Nase hexen. Bei dem Gedanken muss ich unwillkürlich grinsen.

"Was ist denn jetzt schon wieder?" fragt Ginny mit gestresster Miene.

"Ich musste gerade daran denken, dass ich in ein paar Wochen volljährig werde und somit der lieben Fleur bei Belieben ein paar Pickel auf die Nase hexen kann!"

"Oh jaaa! Oder eine richtig fette Warze!" Ginnys Augen strahlen vor Freude über diese Aussicht. Man sind das Stimmungsschwankungen, hat sie etwa ihre Tage?

"Tut mir Leid, dass ich dich gerade so angefahren habe. Wollen wir frühstücken?"

Ich glaube sie menstruiert wirklich.

"Ja, ich hab vielleicht einen Hunger! Ich würde sogar Hagrids Kekse essen", meine ich. Und das meine ich echt so. Mein Magen krampft sich so zusammen, dass er auch die steinharten Kekse von Hagrid liebend gern verdauen würde. Mit einem Blick auf die Uhr stelle ich fest, dass es erst viertel vor acht ist. Ich greife nach meinem Morgenmantel und schlüpfe hinein. Der Spiegel zeigt mir, dass meine Haare in alle Richtungen abstehen. Ich kann da nichts für. Die sind einfach so. Groar. Ich bin ein echter Löwe. Ich binde sie zu einem Pferdeschwanz zusammen und fühle mich gleich eine Ecke menschlicher.

Zusammen schlendern wir nach unten in die Küche, wo eine gut gelaunte Fleur den Abwasch beaufsichtigt und eine genervte Mrs. Weasley die Einkäufe in die Schränke zaubert.

"Guten Morgen, Mum", sagt Ginny und reckt sich. Mit einem grimmigen Seitenblick auf Fleur setzt sie sich an den Küchentisch. Oh weia. So unhöflich KANN ich einfach nicht sein!

"Guten Morgen Mrs. Weasley, guten Morgen Fleur!" sage ich und setze mich zu Ginny, die mich nun auch mit ihren Blicken durchbohrt. Egal, Höflichkeit hat noch keinem geschadet!

Ich nehme mir einen von den Toast, die Mrs. Weasley uns reicht und streiche mir eine Zentimeter dicke Schicht Marmelade darauf. Warmer Toast mit Marmelade ist doch großartig! Ich greife in die Schüssel mit den Würstchen und werfe Krummbein eine vor die Pfoten.

"Da, mein Dicker, guten Appetit!"

Er fängt an tief zu schnurren und mir wird warm ums Herz. Wehe, diese Frau lässt jetzt einen Spruch los. Dann hängt der Haussegen hier aber schiefer als er sowieso schon hängt. Aber kein Kommentar kommt. Stattdessen kommt Ron die Treppe herunter gepoltert und setzt sich mit verquollenen, müden Augen zu uns an den Tisch.

"Guten Morgen Ron", sage ich und nehme ihn mir näher unter die Lupe. "Hast du gestern Abend noch irgendwas unternommen, von dem wir nichts wissen, oder warum siehst du so fertig aus?"

"Hä?"

Er schaut mich aus seinen Augenschlitzen heraus an und ich muss unwillkürlich grinsen. Manchmal kann ich wirklich nicht mehr. Manchmal weiß ich nicht, woran ich an ihm bin. Eine Zeit lang habe ich gedacht, ich sei in ihn verknallt. Aber dann habe ich Viktor getroffen und irgendwie war dann alles anders. Jetzt weiß ich gerade selber nicht so recht, ob ich vielleicht noch in ihn verknallt bin. Das ist nämlich gar nicht so einfach! Wir sind seit Jahren die besten Freunde, und stellt man sich dann vor, dass so eine Liebschaft in die Hose geht, was dann? Und was würde Harry dazu sagen? Da hab ich mir aber schon öfters Gedanken drüber gemacht, und bin zu dem Schluss gekommen, dass Ron mich nur fragen braucht. Ja, wenn er fragt, bin ich mir sicher, dass ich nicht nein sagen werde.

"Was ist? Sehe ich so schlimm aus?" sind die ersten Worte, die Ron herausbringt und hoppla, ich hab ihn die ganze Zeit angestarrt!

"Äh, nein! Ach Quatsch! Ich war gerade in Gedanken versunken, das ist alles!" rechtfertige ich mich und ich merke förmlich, wie mein Gesicht anfängt sich zu verfärben. So ein Mist aber auch, wieso kann ich das mittlerweile nicht kontrollieren? Wo ausgerechnet er ständig Fleur hinterher schaut, und da! Er starrt ihr schon wieder auf den Hintern! Sollte mich eigentlich nicht ärgern, tut es aber, weil es nervt.

"Und ich dachte schon..., ach Hermine, gib mir mal die Butter bitte!" sagt Ron und streckt mir seine Hand entgegen, den Blick immer noch auf Fleurs Hinterteil gerichtet. Ich reiche ihm kommentarlos die Butter und mampfe mein Brot weiter. Ginny und Ron langen kräftig zu und es herrscht eine gemütliche und friedliche Atmosphäre in der Küche. Bis sich Mrs. Weasley zu Wort meldet.

"Ach ja, meine Lieben, unser guter Harry ist heute Nacht hier eingetroffen. Er sieht wahnsinnig unterernährt aus, ich bringe ihm erst einmal Frühstück hoch!"

Für eine Sekunde scheint die Zeit in der Küche der Weasleys still zu stehen, und man kann förmlich hören, wie es in unseren Gehirnen arbeitet. Ich hab mich also nicht verhört. Harry ist endlich da! Früher als erwartet! Ein Gefühl von Freude breitet sich in mir aus, und ich verspüre den Drang ihn zu sehen und ihn herzlich zu begrüßen. Schließlich haben wir uns Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Und dann geht alles ganz schnell. Ginny springt auf und schreit: "Ich werde ihm das Frühstück ans Bett bringen!"

"Nein! Das tue isch!" kreischt Fleur hysterisch in Ginnys Richtung und zaubert sich mehrere Toast vom Frühstückstisch auf einen Teller. Ron springt von seinem Platz auf und hetzt die Treppen hoch. Während Ginny und Fleur sich noch um das Rührei streiten, setze ich Ron hinterher.

"Ron, warte! Nicht so hastig, du machst einen Lärm!" keuche ich, da ich immer zwei Stufen auf einmal nehme, um hinter ihm her zu kommen. Er stürmt in die Richtung von Fred und Georges altem Zimmer und schmeißt sich mit Karacho gegen die Tür. Weiß er denn nicht, dass Türen Klinken haben? Er stürzt in das Zimmer und reißt die Vorhänge zur Seite, so dass das ganze Zimmer mit dem blendenden Sonnenlicht geflutet ist, mit dem ich heute auch schon Bekanntschaft gemacht hatte. Schnaufend erscheine ich im Türrahmen und vernehme ein verwirrtes "Wasnlos?" vom linken Bett. Der arme Harry. Ron, dieser Tölpel hätte ihn auch etwas schonender wecken können.

"Wir wussten nicht, dass du schon da bist!" ruft Ron laut und gibt Harry eine Kopfnuss.

"Ron, hau ihn nicht!", sage ich empört. Das kann ja wohl nicht wahr sein, dass hat Harry ja nun wirklich nicht verdient! Er sucht blinzelnd nach seiner Brille und setzt sie sich auf, um besser sehen zu können. Ich grinse ihn an und halte mich zurück, ihm nicht um den Hals zu fallen zur Begrüßung. Nachher fasst Ron das noch irgendwie falsch auf.

"Alles klar?" grinst Ron ihn an und Harry lässt sich in die Kissen zurückplumpsen.

"Bestens. Und bei dir?"

"Geht so. Wann bist du gekommen? Mum hat es uns eben erst gesagt!"

Ron setzt sich auf einen der rum stehenden Kartons und starrt Harry an.

"Heute Nacht, gegen eins."

"Waren die Muggel okay? Haben sie dich anständig behandelt?"

Oh man, das Zimmer sieht aus wie ein Abstellraum, seitdem Fred und George nicht mehr hier wohnen. Ich kämpfe mich durch den ganzen Krimskrams auf Harrys Bett zu und setze mich auf die Bettkante.

"So wie immer", meint Harry. "Sie haben nicht viel mit mir geredet, aber das ist mir sowieso lieber. Wie geht's dir, Hermine?"

"Oh, mir geht's gut" sage ich und unterziehe Harry einer skeptischen Musterung. Er sieht aus wie immer. Ich dachte, die Sache im Ministerium nimmt ihn sosehr mit, dass er total verwahrlost aussieht und sich vielleicht hat gehen lassen. Aber ich habe mich wohl geirrt.

"Wie viel Uhr ist es? Hab ich das Frühstück verpasst?" fragt er und ich fühle mich ein wenig seltsam. Ich glaube, es war ihm unangenehm von mir so angestarrt zu werden. Ich nehme mir vor, nie wieder jemanden derart anzustarren, dass es für beide Seiten peinlich wird.

"Kein Problem, Mum bringt dir ein Tablett hoch, sie findet, dass du unterernährt aussiehst. Also, was war bei dir los?"

Hat Ron was verpasst? Hat er nicht mitgekriegt, wie Ginny und Fleur sich um das Frühstückstablett gestritten haben, als ginge es um Leben und Tod? Bin ich im falschen Film?

"Nicht viel, ich saß ja bei meiner Tante und meinem Onkel fest, oder?"

"Hör schon auf damit! Du warst mit Dumbledore unterwegs!" sagt Ron ein wenig vorwurfsvoll. Jetzt bringt er unsere gestrigen Spekulationen auf den Tisch. Ob ich von meinem Traum erzählen soll?

"Das war nicht sonderlich spannend. Er wollte nur, dass ich ihm helfe, diesen alten Lehrer zu überreden, dass er aus dem Ruhestand zurückkommt. Er heißt Horace Slughorn", erzählt Harry mit gelangweilter Miene. Slughorn, Slughorn - hab ich doch schon mal irgendwo gehört? Oder irre ich mich? Na ja, war ja wirklich nicht spannend. Da haben wir uns gestern Abend aber echt andere Szenarien ausgemalt. Zum Beispiel, dass Harry und Dumbledore in den Sommerferien die Todesser jagen gehen, oder Harry zu seinem Schutz beigebracht bekommt sich in ein Tier zu verwandeln. Oder irgendein Geheimnis um die Prophezeiung löst. Und dann haben wir darum gewettet.

"Oh. Wir dachten -" setzt Ron an, aber ich werfe ihm einen warnenden Blick zu. Harry muss ja nicht gleich wissen, dass wir ihn als Wetteinsatz missbraucht haben! Zum Glück hat keiner gewonnen, denn mit dieser Geschichte hat niemand gerechnet.

" - wir dachten uns schon, dass es um so was Ähnliches ging." stammelt Ron und ich atme erleichtert auf. Gerade noch die Kurve gekriegt.

"Tatsächlich?" lacht Harry und ich glaube er ahnt irgendwie, dass wir uns ein paar Gedanken zuviel gemacht haben.

"Jaah ... ja, jetzt wo Umbridge weg ist, brauchen wir natürlich einen neuen Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste, nicht wahr? Also, ähm, wie ist er?"

Hervorragend, Ron. Hätte nicht gedacht, dass ihm so spontan eine Ausrede einfällt.

"Er sieht ein bisschen wie ein Walross aus und war mal Hauslehrer von Slytherin. Ist irgendwas, Hermine?"

Boah, was ist nur los mit mir? Er hat sich wirklich nicht verändert, warum muss ich ihn dann doch so anstarren? Worauf warte ich eigentlich? Es ist doch immer noch der alte Harry! Gott, ich könnte mich selber ohrfeigen! Erstmal wieder beruhigen und lächeln, als ob nichts wäre.

"Nein, natürlich nicht!" meine ich hastig. "Also, ähm, sieht Slughorn nach einem guten Lehrer aus?"

Oh, bitte. Lass ihn gerecht sein. Snape in Zaubertränke reicht schon, da brauch ich nicht noch einen in VgddK.

"Weißnich. Schlimmer als Umbridge kann er nicht sein, oder?" grient Harry.

"Ich kenn jemanden, der schlimmer ist als Umbridge. Hi, Harry."

Ginny steht im Türrahmen und sieht ziemlich verärgert aus. Anscheinend hat sie das Gefecht um das Frühstückstablett verloren. Sie stapft mürrisch ins Zimmer und lässt sich auf Harrys Bett fallen. Wenn das mal keine Masche ist, um an ihn ranzukommen. Ich durchschau so was doch sofort! Ansonsten hätte sie sich auch zu mir auf die Bettkante setzen können.

"Was ist mit dir?" fragt Ron Ginny und schaut sie verwundert an. Der Junge schaltet manchmal wirklich langsam...

"Es ist wegen IHR. Sie macht mich wahnsinnig." schnauft Ginny und starrt wütend an die Decke. Oh weia, das kann ja noch heiter werden.

"Was hat sie denn jetzt wieder getan?" erkundige ich mich und Ginny setzt sich mit zerzausten Haaren auf.

"Es ist die Art, wie sie mit mir redet - man könnte meinen, ich wär gerade mal drei!" sagt sie giftig und fixiert die Zimmertür mit ihrem Blick.

"Ich weiß", sage ich mitfühlend und führe in besänftigtem Ton fort: "Sie ist so was von eingebildet."

Mitfühlend tätschle ich ihre Hand. Ich glaub, ich würde auch durchdrehen, wenn so eine Person in meiner Familie wäre.

"Könnt ihr beide sie nicht mal fünf Sekunden lang in Ruhe lassen?" grollt Ron uns beide an, und mir bleibt für einen Moment die Luft weg. Ich erkläre ihn hiermit offiziell für hirntot.

"Oh, alles klar, verteidige sie nur! Wir wissen alle, dass du nicht genug von ihr kriegen kannst", faucht Ginny ihren Bruder an und ich beherrsche mich, ihn nicht zu schütteln. Einfach einatmen und ausatmen. Ganz ruhig, Hermine.

"Über wen - ?" beginnt Harry, doch im gleichen Moment fliegt die Tür auf und Fleur steht wie eine Lichtgestalt im Türrahmen. Rons Augen fangen an zu glänzen und Harry zieht sich die Decke bis ans Kinn hoch. Okay, gelungener Auftritt, Fleur. Abladen und abhauen!

"'Arry, es ist suu lange 'er!"

Sie rauscht über die Schwelle mit dem beladenen Tablett, und eine erschöpfte, aber mürrische Mrs. Weasley kommt hinter ihr her.

"Es wäre nicht nötig gewesen das Tablett hochzubringen, das wollte ich gerade selber tun!" meint sie außer Atem.

"Es war mir ein Vergnügen!" sagt Fleur meiner Meinung nach ein wenig zu patzig und stellt Harry das Tablett auf die Knie. Und dann stürzt sie sich auf ihn und küsst ihn auf beide Wangen. Ginnys Augen funkeln vor Zorn und auch ich bin empört über soviel Unhöflichkeit. Hallo? Ich hab ihn ja noch nicht mal zur Begrüßung umarmt, und diese... diese Fremde küsst ihn einfach! Boah, mir bleibt die Spucke weg!

"Isch 'ab misch danach gesehnt, ihn su se'en. Erinnerst du disch an meine Schwester Gabrielle? Sie redet dauernd nur von 'Arry Potter. Sie wird entsückt sein, disch wiedersuse'en" säuselt sie mit ihrer klangvollen Stimme.

"Oh ... ist sie auch hier?" fragt Harry leicht verängstigt, und ich kann es ihm nicht mal übel nehmen. Bei Merlin, diese Frau wird mir immer unsympathischer!

"Non, non, dummer Junge" lacht Fleur, "isch meine nächsten Sommer, wenn wir - aber weißt du das nischt?"

Muss es denn die ganze Welt wissen, dass diese Kuh Bill heiratet? Ginny und ich schauen uns an und verdrehen gleichzeitig die Augen. Jetzt geht's gleich hier ab. Das spür ich im linken kleinen Zeh. Fleur schaut Mrs. Weasley entsetzt an, die nur meint: "Wir sind noch nicht dazu gekommen, es ihm zu sagen."

Wow, so eiskalt wie sie diese Worte gesagt hat, könnte sie die Erde in eine zweite Eiszeit verwandeln. Ich bin beeindruckt.

"Bill und isch werden 'eiraten!" verkündet Fleur und schaut Harry erwartungsvoll an.

"Oh. Wow. Ähm - gratuliere!" bringt er monoton heraus. Ich glaube er hat mittlerweile gemerkt, dass der Haussegen schief hängt. Ich starre auf den Boden und versuche dieses Kribbeln im kleinen Zeh loszuwerden. Ich höre Ginny mit den Zähnen knirschen, als Fleur sich ein weiteres Mal auf Harry stürzt und ihm einen Schmatzer auf die Backe drückt.

"Bill ist im Moment sehr beschäftigt, er arbeitet sehr 'art, und isch arbeite nur Teilseit bei Gringotts für mein Englisch, also 'at er misch für ein paar Tage 'ier'er gebracht, damit isch seine Familie rischtisch kennen lerne. Isch 'ab misch so gefreut, als isch ge'ört 'ab, dass du kommst - es gibt 'ier nischt viel su tun, außer man mag Kochen und Küken! Also - genieß dein Frühstück, 'Arry!"

Wahnsinn. Ich hab noch nie jemanden so schnell reden hören, ohne auch nur mal Luft zu holen. Hat sich angehört wie ohne Punkt und Komma. Jetzt wirbelt Fleur elegant aus dem Zimmer und schließt die Tür hinter sich, wie eine Mutter, die ihre unartigen Kinder zusammen sperrt damit sie sich zusammenraufen und wieder vertragen. Erleichtert atme ich aus und Mrs. Weasley gibt ein lautes, aggressives Geräusch von sich.

"Mum hasst sie", flüstert Ginny und schielt zu Harry herüber, dem immer noch die Wangen glühen.

"Ich hasse sie nicht!", keift Mrs. Weasley leise zurück. "Ich meine nur, dass sie es mit dieser Verlobung zu eilig hatten, das ist alles!"

"Sie kennen sich seit einem Jahr", sagt Ron einem genervten Tonfall und starrt auf die verschlossene Zimmertür. Dieser Verräter! Nur weil er sich ständig von Fleur becircen lässt, fällt er jetzt uns allen in den Rücken? Ich glaub ich muss mal ein ernstes Wort mit ihm reden.

"Also, das ist nicht sehr lang! Ich weiß natürlich, warum es passiert ist. Wegen dieser ganzen Unsicherheit, seit Du-weißt-schon-wer wieder zurück ist, die Leute denken, dass sie morgen schon tot sein könnten, also treffen sie alle möglichen überstürzten Entscheidungen, mit denen sie sich normalerweise Zeit lassen würden. Als er das letzte Mal mächtig war, war es genau dasselbe, wo du hinkamst, haben sich die Leute gegenseitig an den Hals geworfen -"

"Auch du und Dad", unterbricht Ginny sie mit einem verschmitzten Grinsen. Ich wusste gar nicht, dass Mrs. Weasley genauso ohne Luft zu holen reden kann wie Fleur. Ich werde sie mal nicht auf diese Gemeinsamkeit hinweisen.

"Na ja, dein Vater und ich waren füreinander geschaffen, wieso hätten wir warten sollen? Während Bill und Fleur ... nun ...was haben sie denn wirklich gemeinsam? Er ist ein fleißiger, bodenständiger Typ, sie dagegen ist - "

"Eine Kuh" plappert Ginny wieder dazwischen und nickt heftig mit dem Kopf. "Aber Bill ist gar nicht so bodenständig. Er ist ein Fluchbrecher, stimmt's, er mag's gern ein bisschen abenteuerlich, ein bisschen glamourös ... Ich glaube, deshalb fährt er auf Schleim ab."

Ich muss unwillkürlich lachen, als sie diesen Spitznamen erwähnt und auch Harry kann sich ein Lachen nicht mehr verkneifen. Ron guckt betröppelt vor sich her und scheint die Unterhaltung nur halb wahrzunehmen.

"Hör auf, sie so zu nennen, Ginny. Also, ich geh jetzt besser ... Iss dein Rührei, solang es noch warm ist, Harry."

Seufzend und anscheinend unter großem psychischen Stress stehend, verlässt Mrs. Weasley das Zimmer und lässt uns alleine zurück. Ron schüttelt den Kopf, als ob er gerade aus einem Tagtraum aufgewacht wäre. Ich glaube eher, er schüttelt gerade den Zauber von Fleur von sich ab. Bitte, lass ihn wieder normal sein.

"Gewöhnt man sich nicht an sie, wenn man im selben Haus wohnt?" meldet Harry sich als erster wieder zu Wort. Armer Harry, er ist ja auch erst seit ein paar Stunden hier und hat sie gerade mal zehn Minuten lang erlebt. Gewöhnt man sich irgendwann daran, wenn man immer in bestimmten Abständen einen Dolch in die Seite gejagt bekommt? Ich glaube nicht, oder?

"Doch, schon", meint Ron grübelnd und weicht meinem Blick schnell aus. "Aber wenn sie sich überraschend auf dich stürzt, wie vorhin ..."

"Es ist erbärmlich!" schießt es aus mir raus und ich lasse es mal so dahingestellt, wie man diese Aussage interpretiert. Ginny und Harry werden das bestimmt auf Fleur beziehen, aber Ron dürfte ganz genau wissen, wie ich das gerade meine! Er findet es doch toll, wenn Fleur sich auf ihn stürzt und wie ich darüber denke weiß er auch. Er soll die Situation nicht verharmlosen, weil es mich echt wütend macht. Verdammt, ich bin ja so was von eifersüchtig! Er will es einfach nicht kapieren, glaube ich. Er ist zu naiv, um es zu kapieren. Sonst wären wir schon längst ein Paar! Schnaubend stehe ich auf und stapfe ans andere Ende des Zimmers. Mit verschränkten Armen blitze ich Ron giftig an. Hoffentlich denkt er mal drüber nach.

"Du willst sie doch nicht im Ernst ständig um dich haben?" Ginny schnappt nach Luft und schaut ihren Bruder ungläubig an. Was für eine Frage! Jetzt bin ja mal wirklich gespannt. Ron zuckt mit den Schultern und starrt an die Decke. Ich könnte ihn würgen.

"Also, Mum wird dem ein Ende bereiten, wenn sie kann, da geh ich jede Wette mit dir ein." Sagt Ginny überzeugt zu Ron und verschränkt die Arme vor der Brust.

"Wie will sie das schaffen?" fragt Harry und rückt sich die Brille auf der Nase zurecht. Ehrlich gesagt, das hab ich mich auch schon gefragt. Wie wird man Fleur los? Es ist gar nicht so einfach, wenn sie immer an einem dran klebt wie... Schleim halt.

"Sie bemüht sich ständig, dass Tonks zum Abendessen kommt. Ich glaube, sie hofft, dass Bill sich dann stattdessen in Tonks verliebt. Das hoffe ich auch, ich hätte viel lileber Tonks in der Familie.", sinniert Ginny und ich glaube, sie malt sich gerade schon die Hochzeit der beiden aus.

"Jaah, das wird sicher funktionieren", sagt Ron sarkastisch und wendet sich Ginny zu. "Hör mal, kein Typ, der sie noch alle hat, wird sich in Tonks verknallen, solange Fleur in der Nähe ist. Ich meine, Tonks sieht okay aus, wenn sie nicht gerade blödsinnige Sachen mit ihrem Haar und ihrer Nase anstellt, aber - "

"Sie ist verdammt viel netter als Schleim", giftet Ginny Ron an und ich bin auch kurz davor überzubrodeln. So ist das also. Angenommen, Ron und ich wären ein Paar, dann müsste ich also jedes Mal um seine Nerven und Treue bangen, wenn Fleur in der Nähe ist? Er benimmt sich ja jetzt schon wie der letzte Trottel und sogar Harry kann ihr noch besser widerstehen als er! Wenn Tonks an Fleurs Stelle wäre, wäre alles besser irgendwie.

"Und sie ist intelligenter, sie ist ein Auror!" fällt es mir blitzschnell ein, und schiebe Tonks auf der Favoritenliste um einen Punkt nach vorne.

"Fleur ist nicht dumm, sie war so gut, dass se es bis ins Trimagische Turnier geschafft hat", sagt Harry und ich fühle mich, als hätte man mir gerade in den Bauch getreten.

"Du nicht auch noch!" stöhne ich und fasse mir an den Kopf. Kerle! Sind doch alle gleich!

"Ich schätze, du magst die Art, wie Schleim immer ,'Arry' sagt, was?" bemerkt Ginny verächtlich und stiert Harry böse von der Seite her an. Ich glaube sie hat gerade das gleiche Problem mit Harry, das ich auch gerade mit Ron habe.

"Nein", erwidert Harry hastig und ich glaube er wünscht sich gerade, sich in Luft aufzulösen. "Ich hab nur gesagt, dass Schleim - ich meine, Fleur -"

"Ich hätte viel lieber Tonks in der Familie. Sie ist wenigstens lustig.", zickt Ginny die beiden Jungen an und ich seufze leise, denn ich weiß, was jetzt kommt.

"In letzter Zeit war sie gar nicht so lustig", meint Ron, "Jedes Mal, wenn ich sie getroffen habe, sah sie eher aus wie die Maulende Myrte."

Ha! Ich wusste es. Er hätte das jetzt nicht sagen sollen, wo ich doch sowieso schon aggressiv bin. Wieso provoziert er mich immer nur?

"Das ist nicht fair! Sie ist immer noch nicht über das weggekommen, was passiert ist ... du weißt ... ich meine, er war verwandt mit ihr!" fauche ich Ron an. Das hat Tonks nicht verdient. Genauso wenig wie Harry, aber im Gegensatz zu Harry kann Tonks sich jetzt nicht verteidigen. Wie auf Kommando fängt Harry an das Rührei in sich rein zu schaufeln. Ich glaub, ich hab gerade einen wunden Punkt angeschnitten, aber ich bin so sauer, dass es mir egal ist.

"Tonks und Sirius kannten sich kaum! Sirius war ihr halbes Leben lang in Askaban, und davor haben sich ihre Familien nie getroffen -"

"Darum geht's nicht!", tobe ich, "Sie meint, es war ihre Schuld, dass er umgekommen ist!"

Bei Merlin, gleich geh ich raus, bevor mir ein Unverzeihlicher über die Lippen huscht.

"Wie kommt sie denn darauf?" fragt Harry verblüfft.

"Na ja, sie hat schließlich gegen Bellatrix Lestrange gekämpft.", sage ich wieder in einem etwas ruhigerem Ton. "Ich glaube, sie denkt, wenn sie Bellatrix nur erledigt hätte, dann hätte Bellatrix Sirius nicht töten können."

"Das ist Unsinn", erwidert Ron und schüttelt den Kopf. Typisch, natürlich muss er mir widersprechen.

"Das ist das Schuldgefühl der Überlebenden", erkläre ich zähneknirschend. "Ich weiß, dass Lupin versucht hat, ihr das auszureden, aber sie ist immer noch ziemlich fertig. Sie hat sogar Schwierigkeiten mit ihrem Metamorphosieren!"

"Mit ihrem - ?"

"Sie kann nicht mehr wie früher ihr Aussehen verändern. Ich glaube, ihre Kräfte sind wahrscheinlich durch einen Schock oder irgendwas angegriffen worden.", diagnostiziere ich und ich überlege ernsthaft, ob so was wirklich passieren kann.

"Ich wusste nicht, dass so was passieren kann", sagt Harry wie aufs Stichwort.

"Ich auch nicht", sage ich schnell, "aber ich nehme an, wenn du wirklich deprimiert bist..."

Wir schweigen uns alle ein paar Sekunden an, und ich glaube, ich habe die anderen gerade richtig zum Grübeln gebracht. Die Tür geht wieder auf und Mrs. Weasley steckt ihren Kopf ins Zimmer.

"Ginny, komm runter und hilf mir mit dem Mittagessen!"

"Ich unterhalte mich gerade!", sagt Ginny und schnappt empört über diese Störung nach Luft.

"Sofort!" zischt Mrs. Weasley und verschwindet wieder.

Trotzig steht Ginny vom Bett auf und fährt sich genau wie Fleur mit der Hand durchs Haar.

"Sie will mich nur unten dabeihaben, damit sie nicht mit Schleim allein sein muss!"

Und dann fängt sie an durchs Zimmer zu tänzeln und Fleur nachzuäffen. Ich muss unwillkürlich grinsen.

"Ihr solltet besser auch schnell runterkommen", meint sie beim Gehen.

Ich schnaufe und schaue beiläufig in einen der rumstehenden Kartons. Harry futtert weiter, und Ron starrt dümmlich auf die geschlossene Tür. Hey, da in dem Karton blitzt was! Ich greife hinein und hole das blitzende Etwas, das wie ein kleines Teleskop aussieht heraus.

"Was ist das denn?", frage ich verwundert. Ron wendet seinen Blick von der Tür ab und schaut sich das Objekt in meinen Händen an.

"Keine Ahnung, aber wenn Fred und George es hier gelassen haben, ist es wahrscheinlich noch nicht fertig für den Scherzladen, also sei lieber vorsichtig."

Danke, Blödmann. Hätte ich mir auch selber denken können. Wer von uns beiden ist denn besser im Denken?

"Deine Mum meinte, dass der Laden gut läuft", sagt Harry. "Fred und George hätten ein echtes Händchen für gute Geschäfte."

"Das ist untertrieben.", sagt Ron kopfschüttelnd. "Die schwimmen in Galleonen! Ich kann's gar nicht erwarten, bis ich den Laden mal sehe. Wir waren noch nicht in der Winkelgasse, weil Mum will, dass Dad sicherheitshalber mitkommt, und der hatte in letzter Zeit bei der Arbeit so viel zu tun, aber es hört sich absolut spitze an."

"Und was ist mit Percy? Redet er wieder mit deiner Mum und deinem Dad?"

Ouh! Rotes Tuch. Percy ist ein rotes Tuch in der Familie, Harry. Weißt du doch.

"Von wegen", murrt Ron.

"Aber er weiß, dass dein Dad die ganze Zeit über Recht hatte, wegen Voldemort, dass er jetzt zurück ist -"

"Dumbledore meint, dass es den Menschen viel leichter fällt, anderen zu verzeihen, wenn sie sich geirrt haben, als wenn sie Recht hatten. Ich hab gehört, wie er das zu deiner Mum gesagt hat, Ron.", sage ich und werfe das kleine Teleskop in meinen Händen hin und her.

"Klingt ganz nach Dumbledore, diese Art von Weisheit", sagt Ron.

"Er will mir dieses Jahr Einzelunterricht geben", wirft Harry beiläufig ein und ich schnappe nach Luft. Wow, er bekommt Einzelunterricht bei dem größten Zauberer aller Zeiten! Ich beneide ihn. Ich kann nichts dagegen tun, aber ich beneide ihn. Was würde ich für so einen qualitativen Unterricht geben!

"Das hast du uns verschwiegen!", ruft Ron und irgendwie wünsche ich mir gerade, Harry hätte es auch für sich behalten. Das Gefühl in meinem Magen ist nicht gerade angenehm.

"Ist mir eben erst wieder eingefallen", rechtfertigt Harry sich, "Er hat es mir letzte Nacht in eurem Besenschuppen gesagt."

"Wahnsinn ...Einzelunterricht bei Dumbledore!" sagt Ron fasziniert und ich knabbere an meinem Daumennagel, um meine Nervosität zu verbergen. "Ich frag mich, warum er ...?"

Ich schmeiße ihm einen vorwurfsvollen Blick zu, und seine Stimme erstirbt. Vollidiot. Warum gibt Dumbledore Harry wohl Einzelunterricht? Ich beherrsche mich, um nicht gleich in hysterisches Gelächter auszubrechen. Das war hoffentlich nur ein schlechter Witz.

Harry legt Messer und Gabel beiseite und ich spüre förmlich, dass er uns jetzt was Wichtiges zu sagen hat.

"Ich weiß nicht genau, warum er mir Unterricht geben will, aber ich denke, es muss wegen der Prophezeiung sein."

Ui. Ich wusste, dass irgendwie so was jetzt kommt. Heikles Thema, gut, dass er es von alleine anspricht. Ich dachte schon, er erzählt uns nie, was jetzt wirklich war.

"Ihr wisst schon, die sie versucht haben aus dem Ministerium zu stehlen."

"Aber keiner weiß, wie sie gelautet hat. Sie ist zerbrochen.", sage ich aufgeregt. Jetzt bin ich neugierig auf was Harry sagt. Ich spüre, dass dies ein besonderer Moment ist.

"Der Prophet behauptet allerdings -" beginnt Ron, doch ich unterbreche ihn mit einem lauten "Schhh!". Wie ein kleines Kind, also ehrlich. Taktgefühl muss der auch noch mal lernen!

Diesen Schwachsinn, den der Prophet immer schreibt, glaubt doch eh kein vernünftiger Mensch!

"Der Prophet hat Recht.", sagt Harry und ich zucke zusammen. Wie bitte? Ich fasse es nicht. Woher...wieso...warum...? Das macht mir ein wenig angst. Ich ...

"Die Glaskugel, die zerbrochen ist, war nicht die einzige Aufzeichnung der Prophezeiung. Ich hab alles in Dumbledores Büro gehört, ihm gegenüber wurde die Prophezeiung ausgesprochen, also konnte er es mir verraten. Der Prophezeiung zufolge bin ich wohl derjenige, der Voldemort erledigen muss ... zumindest sagte sie, dass keiner von uns leben kann, während der Andere überlebt."

Es herrscht Stille im Raum, und meine Gedanken überschlagen sich. Heißt das, dass Harry etwa sterben muss um Voldemort zu vernichten? Oder stirbt er etwa, wenn er ihn nicht erledigt? Hat er Angst? Oh mein Gott, ich hänge in einer Denkschleife fest! Hilfe, ich komm da nicht mehr raus! Ich starre die beiden an und in meinem Kopf kreisen immer wieder die gleichen Gedanken. Unbewusst hebe ich das kleine Teleskop an mein Auge und schaue durch. Hey! Es ist ein Kaleidoskop! Klasse Idee, ich drück gleich mal drauf, um zu sehen, was für ein Muster als nächstes herauskommt, ich - Aua!

Ich merke wie mein Kopf nach hinten zurückgestoßen wird und ich spüre einen dumpfen Schlag auf mein Auge, an das ich das Kaleidoskop gepresst hatte. Nebenbei gibt es noch einen lauten Knall und eine schwarze Rauchwolke umgibt mich plötzlich. Ich taumle und sacke in den Knien ein.

"Hermine!" rufen Harry und Ron, und ich höre das Tablett auf den Boden scheppern. Ich muss husten, denn der schwarze Rauch in meinen Lungen brennt wie Hölle. Wie konnte ich bloß so dumm sein? Ich wusste doch ganz genau, dass irgendwas schief laufen muss. Mein Kopf dröhnt und ich rappele mich wieder auf.

"Ich hab es gedrückt und es - es hat mir einen Schlag verpasst!" keuche ich und fuchtele mit den Händen in der Luft rum, um den Rauch zu vertreiben. Vorsichtig öffne ich mein Auge, aber es geht nicht ganz. Es pocht und ich merke, wie es zu schwillt. Mit einem Auge betrachte ich das Kaleidoskop genauer und sehe, wie eine winzige Faust an einer Feder aus dem Kaleidoskop herausragt. Hoffentlich sehe ich nicht zu schlimm aus.

"Keine Sorge", sagt Ron, der sich offensichtlich das Lachen verkneifen muss, "Mum kriegt das schon wieder hin, kleinere Verletzungen kann sie prima behandeln -"

"Ach was, ist jetzt nicht so wichtig!" sage ich rasch. Bloß schnell vom Geschehen ablenken und zurück zum Thema, das mich wirklich interessiert!

"Harry, oh, Harry ...", seufze ich und setze mich wieder zu ihm auf den Bettrand. "Als wir aus dem Ministerium zurück waren, haben wir uns schon gefragt... Natürlich wollten wir nichts zu dir sagen, aber nach dem, was Lucius Malfoy über die Prophezeiung erzählt hat, dass sie dich und Voldemort betrifft, also, da dachten wir uns gleich, dass es so was sein könnte ... oh, Harry ..."

Ich schaue meinen besten Freund mit einem Knoten in der Brust an und stelle schließlich die Frage, die mir seit Wochen auf der Zunge brennt.

"Hast du Angst?"

"Inzwischen nicht mehr so viel. Als ich sie zum ersten Mal gehört hab, schon ... aber jetzt kommt es mir so vor, als hätte ich immer gewusst, dass ich ihm am Ende gegenübertreten muss..." sagt er und der Knoten in meiner Brust zieht sich noch enger zusammen. Bei dem Gedanken, Harry vielleicht zu verlieren, könnte ich sofort losheulen. Ich bewundere seinen Mut. Ich bin so stolz darauf, seine Freundin zu sein!

"Als wir hörten, dass Dumbledore dich persönlich abholt, dachten wir, dass er dir vielleicht etwas mitteilen oder etwas zeigen will, das mit der Prophezeiung zu tun hat. Und irgendwie hatten wir Recht, nicht wahr?", sagt Ron aufgeregt und schaut mich an. Erzähl ihm jetzt bitte bloß nichts von der Wette von gestern Abend. Das sind doch jetzt schon wieder alte Kamellen. Aber bei Ron weiß ich nie, was als nächstes aus ihm heraus bricht.

"Er würde dir nicht Unterricht geben, wenn er dich schon aufgegeben hätte, er würde seine Zeit nicht verschwenden - er denkt ganz sicher, dass du eine Chance hast!"

Mal wieder nicht gerade taktvoll, aber Ron hat Recht.

"Das stimmt", sage ich, "Was er dir wohl beibringen wird, Harry? Richtig fortgeschrittene defensive Magie wahrscheinlich ... wirkungsvolle Gegenflüche ... Bannbrecher ... und die ganzen Ausweichzauber! Also, wenigstens kennst du ein Fach, das du dieses Jahr haben wirst, das ist eins mehr, als Ron und ich kennen. Wann kommen eigentlich unsere ZAG-Ergebnisse?"

Ich dreh gleich durch! Ich erinnere mich selber an die Hölle. Bis gerade, als das Thema Schulfach angesprochen wurde, hatte ich die Noten komplett vergessen! Ich hatte mich gerade so in die Vorstellung hineingesteigert, was Harry alles bei Dumbledore lernen könnte, und ob er eventuell dazu bereit wäre, uns wieder einen Teil davon beizubringen, so wie im letzten Schuljahr. Oh weia, und jetzt glaube ich wird mir schlecht.

"Kann nicht mehr lange dauern, es ist schon einen Monat her", meint Ron.

Mir wird noch schlechter.

"Augenblick mal", wirft Harry ein. "Ich glaube Dumbledore hat gesagt, dass unsere ZAG-Ergebnisse heute kommen!"

Ich sterbe.

"Heute?" kreische ich, und meine Stimme hört sich ziemlich schrill an. "HEUTE? Aber warum hast du nicht - o mein Gott - das hättest du doch sagen müssen! Ich schau mal nach, ob irgendwelche Eulen da sind ..."

Ich sprinte zur Tür und rase die Treppen hinunter. Mein Herz rast, mein Blutdruck ist astronomisch hoch und ich kriege feuchte Hände. Warum hat er das nicht als erstes gesagt? Wir hätten auf lästige Floskeln verzichten können und uns gleich diesem wichtigen Thema widmen können! Was mach ich nur, wenn die Ergebnisse schon da sind? Was wenn sie da schon die ganze Zeit liegen und ich die ganze Zeit schon hätte wissen können, wie es um meine Zukunft steht? Hoffentlich hab ich nicht alles verhauen, ich hab so ein mieses Gefühl gerade. Ich stürme in die Küche und direkt zum Fenster. Der Himmel ist leer. Keine Eulen.

"Sind die Eulen mit unseren ZAG-Ergebnissen schon hier gewesen?" rufe ich aufgeregt in die Runde und zapple aufgeregt am Fenster auf und ab.

"Hermine, was hast du denn da gemacht? Hat dich einer der Jungs geschlagen? Na, die können was erleben!"

Mrs. Weasley schaut mich an und krempelt sich die Ärmel hoch. Dann kommt sie auf mich zu und nimmt mein Gesicht in ihre Hände. Mein zu geschwollenes Auge wummert und ich zucke zusammen als sie mit dem Daumen darüber fährt.

"Nein, nein. Das war meine eigene Schuld, die beiden haben nichts damit zu tun. Ähm, ein kleiner Fauxpas.", stammle ich. Ich sag ihr lieber nicht, dass Fred und George genau genommen Schuld an dem Veilchen sind. Ich weiß gar nicht wie groß es überhaupt ist!

"Sieht ganz schön heftig aus", meint Ginny und kommt her. Mrs. Weasley hat mein Gesicht wieder los gelassen und holt ihren Zauberstab heraus.

"Accio Heilers Helferlein!", sagt sie und aus irgendeiner Ecke schießt ihr das Buch entgegen.

Ich nehme einen Löffel vom Tisch und betrachte mein verzerrtes Spiegelbild in dem glänzenden Silber. Mir stockt der Atem. Mein Auge ist tiefblau unterlaufen und dick zu geschwollen. Ich versuche zu blinzeln und werde mit einem stechenden Schmerz bestraft. Vorsichtig führe ich den Löffel an die Schwellung und das kühle Metall betäubt den Schmerz ein wenig.

"So, Hermine, jetzt setz dich erstmal hier hin. Ich werde versuchen, dir das Veilchen weg zu zaubern", sagt Mrs. Weasley, die mit dem aufgeschlagenen Buch in der Hand am Küchentisch sitzt. Ich setze mich neben sie und schließe erwartungsvoll die Augen. Beziehungsweise das eine Auge, das andere ist ja schon längst zu. Hahaha.

"Finite Incantatem!" höre ich Mrs. Wealsey sagen und ich spüre ein Kribbeln.

"Und?" frage ich erwartungsvoll. "Ist es weg?"

"Keine Sorge, Schätzchen, das bekommen wir schon hin!", versucht sie mich zu beruhigen, aber irgendwie klappt das nicht. Wieso geht das nicht weg?

"Deletrius!", versucht sie es ein weiteres Mal und langsam werde ich unruhig.

"Jetzt?" frage ich mit einem leichten Anflug von Panik in der Stimme.

"Da tut sich überhaupt nichts", sagt Mrs. Weasley und schaut ein weiteres Mal in ihr Buch.

Mittlerweile sind auch Harry und Ron in der Küche aufgetaucht und mustern die Szene, die sich vor ihnen auftut.

"Das hat doch sonst immer geholfen, ich versteh es einfach nicht.", grübelt Mrs. Wealsey über ihrem Buch und meine Nerven liegen blank.

"Sieht ganz nach der Art von Scherz aus, die Fred und George lustig finden, die würden dafür sorgen, dass es auch ja nicht mehr weggeht!" sagt Ginny und ich fühle mich noch eine Ecke hilfloser als zuvor.

"Aber es muss weggehen! Ich kann doch nicht bis in alle Ewigkeit so umlaufen!"

Das ist definitiv zu viel Aufregung an einem Vormittag für mich. Und immer noch nichts von den Eulen oder den Ergebnissen zu sehen.

"Das wirst du auch nicht, meine Liebe, wir finden schon ein Gegenmittel, mach dir keine Sorgen", versucht mich Mrs. Weasley wieder zu beruhigen, was ihr wieder einmal nicht gelingt. Langsam werde ich richtig panisch.

"Bill 'at mir gesagt, wie sehr amusant Fred und Schorsch sind!" sagt Fleur tröstend, aber gerade von ihr will ich im Moment gar nicht angesprochen werden!

"Ja, ich krieg kaum noch Luft vor Lachen!" entgegne ich bissig und stehe hektisch von meinem Platz auf. Erwähnte ich, dass mir das alles zu viel ist an einem Morgen? Ich laufe ziellos in der Küche umher und fuchtele wild mit den Händen rum. Gott, bin ich nervös.

"Mrs. Weasley, sind Sie sich ganz, ganz sicher, dass heute Morgen keine Eulen angekommen sind?" frage ich mit zittriger Stimme. Ich halte das nicht länger aus. Ich bin ein psychisches Wrack, noch bevor ich volljährig geworden bin, geheiratet habe, Kinder bekomme und all so was! Die werden mich gleich ins St. Mungo einliefern können. Ist wohl besser für uns alle.

"Ja, meine Liebe, das hätte ich bemerkt. Aber es ist noch nicht mal neun, da ist noch genug Zeit ..."

Um durchzudrehen! Ich flippe aus.

"Ich weiß, dass ich Alte Runen vermasselt hab, ich hab mindestens einen schweren Übersetzungsfehler gemacht. Und der praktische Teil in Verteidigung gegen die dunklen Künste ging völlig daneben. Ich dachte zuerst, Verwandlung wäre gut gelaufen, aberb jetzt im Nachhinein -"

"Hermine, halt mal den Mund, du bist nicht die Einzige, die nervös ist!" fährt Ron mich an, aber ich kriege das kaum mit. In meinem Kopf toben die Gedanken nur noch um die Ergebnisse. Bin ich verrückt?

"Und wenn du deine elf ,Ohnegleichen'-ZAGs hast..."

"Hör auf, hör auf, hör auf!" rufe ich und wedele hysterisch mit den Händen durch die Luft. Fesselt mich bitte an einen Stuhl, dann kann ich keinerlei Schaden anrichten!

"Ich bin ganz bestimmt überall durchgefallen!" heule ich und balle meine Hände zu Fäusten.

"Was passiert, wenn wir durchfallen?" fragt Harry blauäugig und ich wirbele zu ihm herum.

"Wir besprechen mit unserem Hauslehrer, wie unsere weiteren Möglichkeiten aussehen; ich hab am Ende des letzten Jahres Professor McGonagall danach gefragt.", antworte ich ihm wie aus der Pistole geschossen.

"In Beauxbatons 'aben wir es anders gemacht.", säuselt Fleur. "Isch denke, es war besser. Wir 'atten unsere Prüfungen nach sechs Jahren Studium, nischt fünf, und dann -"

Ich kreische los, als ich zufällig aus dem Fenster gucke und drei schwarze Punkte am Himmel wahrnehme. Ich werde ohnmächtig. Mir wird schwarz vor Augen und ich fange an zu taumeln.

"Das sind eindeutig Eulen", bemerkt Ron und stellt sich neben mich ans Fenster. Er hält mich an den Schultern fest, und ein wohliges Gefühl durchflutet meinen Körper. Ich versuche es zu ignorieren.

"Und es sind drei!" sagt Harry, der sich an meine andere Seite gesellt. Ich packe beide fest an den Ellbogen und versuche mich selbst zu beruhigen.

"Eine für jeden von uns. O nein... o nein... o nein...", sage ich mit sich vor Panik überschlagender Stimme. Die Eulen kommen mit rasanter Geschwindigkeit näher und als sie im Tiefflug auf das Haus zusteuern, sehe ich den großen rechteckigen Umschlag in ihren Klauen.

"O nein!" schreie ich herzzerreißend und sacke ein paar Zentimeter in mir zusammen. Mrs. Weasley eilt an mir vorbei und öffnet das Fenster, so dass die Eulen herein kommen.

Sie landen auf dem Küchentisch, von dem Ginny gerade noch eine Schüssel Gemüse retten konnte, und ich sehe gleich, dass die rechte Eule den an mich adressierten Brief trägt.

Mein Frühstück hängt mir unverdaut im Hals, als ich mit zitternden Händen versuche, der geduldig wartenden Eule den Brief abzunehmen. Das erweist sich als nicht gerade einfach, da die ganze Eule in meinen Händen zittert. Schließlich kriege ich den verflixten Brief doch noch von ihrem Bein ab und haste in eine ruhige Ecke der Küche. Mein Herz rast und ich atme tief durch, bevor ich in einem feierlichen Ritual den Brief öffne und das darin enthaltene Pergament auseinander falte. In Windeseile überfliege ich die Noten und meine Augen bleiben an einem "Erwartungen übertroffen" in Verteidigung gegen die dunklen Künste hängen. Mein Magen dreht sich um seine eigene Achse und ich fühle mich am Boden zerschmettert. Ich wusste, dass ich alles vermasselt habe. Ich wusste, dass ich schlecht abgeschnitten habe. Ich bin so eine Versagerin.

"Hermine? Wie ist es bei dir gelaufen?", fragt Ginny mich vorsichtig.

Was soll ich nur sagen? Wenn ich sage, dass ich enttäuscht bin lachen sie mich alle aus. Ich habe Bestnoten erhalten, aber trotzdem meine eigenen Anforderungen nicht erfüllt. Von nun an sollte ich mehr lernen.

"Ich -", setze ich an, besinne mich aber noch und bringe ein " Nicht schlecht..." heraus.

"Jetzt hör aber auf!", sagt Ron, kommt auf mich zu und reißt mir das Zeugnis aus der Hand. O Gott, meine Hände sind so nass, ich könnte damit die Wüste bewässern.

"Jepp - zehn ,Ohnegleichen', und ein ,Erwartungen übertroffen' in Verteidigung gegen die dunklen Künste."

Er schaut zu mir herunter und ich schiele mit einem Auge zu ihm hinauf. Ich kann seinen Gesichtsausdruck nicht wirklich deuten. Sein Mundwinkel zuckt so komisch.

"Du bist tatsächlich enttäuscht, stimmt's?" sagt er fassungslos.

Ich schüttele heftig meinen Kopf und leugne diese Anschuldigung, doch Harry bricht in schallendes Gelächter aus. Die kennen mich glaub ich zu gut.

"Also, jetzt sind wir UTZ-Schüler! Mum, sind noch Würstchen da?" ruft Ron fröhlich und ich starre immer noch ein wenig betäubt vor mich hin. Mein Blick fällt auf die Zeugnisse der beiden Jungs, die auf dem Tisch liegen, und ich analysiere sie im Handumdrehen. Wir haben es alle geschafft, aber ich habe sie trotzdem um Längen übertroffen. Aber meine eigenen Ziele habe ich nicht erreicht. Das fuchst mich tierisch. Harry greift nach seinem Zeugnis und schaut sich die Ergebnisse noch mal an. Hmm, mit der versiebten Note in Zaubertränke kann er sich das jetzt natürlich abschreiben mit dem Auror als Berufswunsch. Armer Harry, das wäre gerade für ihn, der perfekte Beruf gewesen. Ich seufze und merke, wie sich zum ersten Mal an diesem Tag meine Muskeln wieder entspannen und mein Blutdruck sich beruhigt. Ich hab's doch noch überlebt. Trotzdem bin ich fix und fertig.

"Sorry, Leute, aber ich brauch jetzt erstmal eine heiße Dusche!" informiere ich die Anwesenden und erhebe mich von meinem Stuhl. Ich ziehe den Morgenmantel eng um meinen Körper und husche durch den Flur ins Bad. Nachdem ich die Tür hinter mir geschlossen habe, scheint jeglicher Stress von mir abzufallen und ich fühle mich schon vor der Dusche wie neu geboren.



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von: abgemeldet
2006-05-23T13:53:53+00:00 23.05.2006 15:53
Gute FF und da sich die Romanze vermutlich über das ganze Schuljahr hinzieht, ist auch die Länge der einzelnen Kapitel gerechtfertigt (wär mir nämlich sonst zu lang).
Auch die Idee, das ganze aus Hermines Sicht zu schreiben find ich super (ich weiß, ich wiederhole die anderen)

ich fände es wirklich toll, wenn du mir eine ENS schreiben könntest, wenn das nächste Kapitel hochgeladen ist!

Fanta^^
Von:  Kachina
2005-12-29T17:56:28+00:00 29.12.2005 18:56
Also ich find die Idee klasse, das ganze aus Hermines Sicht zu schreiben. Ich hab wirklich gelacht...
Und ich finde es gut, dass du am anfang angefangen hast, weil ich es blöd finden würde, wenn du mittendrin angefangen hättest.
Also mach weiter so^^
Freu mich schon auf die nächsten Kaps und werd auch sofort weiter lesen.
*knufz*
Elena-chan
Von:  Van-kun
2005-11-17T16:20:09+00:00 17.11.2005 17:20
es sind fast genau die ersten seiten aus band 6.
Von:  miryo_suru
2005-11-04T06:33:37+00:00 04.11.2005 07:33
also toll geschrieben, aber sind das nicht so ungefähr die ersten seiten vom 6. Band???*soll keine anmache sein^^*
ich würde gerne den teil mit draco lesen, also schreib doch bitte weiter
Von:  Astre
2005-11-02T18:44:58+00:00 02.11.2005 19:44
Einfach super kapi ich hab manchmal so gelacht^^
is dir wirklich gut gelungen schreib ganz schnell weiter ich bin schon gespannt wies weiter geht=)
bis dan
Akra


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