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Hidden Faculty Nalia

von

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ll. Chapter: Vast Night - Wie ein einsamer Stern am Firmament

Warme Sonnenstrahlen und das Zirpen der Grillen weckten das blonde Mädchen heute nun schon zum zweiten Mal und mit einem kleinen Schock öffnete sie ruckartig die Augen. Nalia befand sich in ihrem Haus, sogar in ihrem Bett, und starrte mit verschwommenem Blick die Decke an. Tträge und begann sich langsam aufzurichten. Dabei fiel ihr auf, dass sie einen albernen Verband um den Kopf gewickelt hatte, der ihr nun vor die Augen rutschte. Ihr Herz raste so schnell, das es schon weh tat und ein Schwindelgefühl stieg in ihr auf. Allmählich versuchte sie ihre zitternde Hand unter der wohlig warmen Bettdecke hervor zu bekommen. Mit dröhnendem Kopf richtete sie sich vollends auf und schob den Verband zurecht.

Völlig verwirrt schaute das Mädchen sich um. Alles lag unverändert vor ihr; die verstreuten Bücher, die sie am Anfang des Tages umgestoßen hatte, lagen noch immer wild verteilt im Raum umher. Ein paar ihrer achtlos beiseite geworfenen Kleider leisteten ihnen dabei sogar Gesellschaft. Ihr Blick wanderte den Boden entlang, hin zu den großen und mächtigen Balken, die das Dach über ihren Kopf stützten. Aus dem Augenwinkel erkannte sie noch die Kerben in den beiden Balken, an denen jeweils ihre und Jasanos Größe gemessen wurde. Ihr war nie aufgefallen, dass ihr Bruder fast um einen ganzen Kopf größer war als sie...

Dann sah sie etwas derartig fremdes in ihrem Zimmer, dass sie es schon früher hätte bemerken müssen. Sie war nicht allein in im Raum! In der am weitesten von ihr entfernten und dunkelsten Ecke stand ein fremder, schwarz gekleideter Mann. Mit einem leeren Gesichtsausdruck starrte Duke zu ihr hinüber. Er trug noch immer seine mit grünem Blut durchtränkten Sachen, die im warmen Licht der untergehenden Sonne an manchen Stellen so wie der Blitzpanzer des Drachen funkelten und glitzerten. Seine muskulösen Oberarme hatte er verschränkt vor sich. Mit dem Gesicht zu ihr gerichtet, lehnte er an der Steinwand und schien nicht einmal zu blinzeln oder gar zu atmen. Dukes finsterer Blick fixierte irgendeinen Punkt neben ihrem Kopf, als er sich plötzlich durch die Haare fuhr und somit das erste Zeichen gab, dass er nicht zur Salzsäule erstarrt war. Er blinzelte ein paar Mal müde, als hätte er die ganze Zeit über so Wache gestanden, dann ging er zu ihr hin. Ein paar Schritte vor ihrem Bett blieb er stehen und blickte herablassend wie immer zu ihr. Nalias Herz begann zu rasen, als er sich einen Stuhl griff und sich so hinsetzte, dass sie beide jetzt auf einer Augenhöhe waren.

Sie konnte fühlen wie ihr Gesicht glühend rot wurde. Rasch schaute sie den Stapel an Büchern zu ihrer rechten an und versuchte sich zu beruhigen und ihren dämlichen Verband wieder ordentlich hin zu rücken. Sie konnte ganz deutlich spüren, dass er sie nicht für eine Sekunde unbeobachtet ließ und schluckte einmal schwer. Verstohlen blickte sie aus den Augenwinkeln so unauffällig es ging zu ihm. Tatsächlich saß er wie ein Wachhund vor ihr und verfolgte jede ihrer Bewegungen mit seinen schwarzen Augen. Nalia schluckte noch einmal schwer und nahm dann den Mut zusammen, ihn direkt anzuschauen.

"Wo ... ?", setzte sie an, doch er unterbrach sie schon mit seiner rauen Stimme: "Vor der Tür, sie warten auf dich.", antwortete er kurz und knapp, als ob er ihre Gedanken lesen könnte. Von dem plötzlichen Gespräch aufgeschreckt, öffnete sich die Tür schwungvoll und einige Sekunden später fielen ihr Marika und Jasano in die Arme. "Du lebst! Mein Gott, ich hatte schon gedacht ... !", weinte ihre Mutter ihr ins Ohr und drückte das Mädchen fest an sich, so dass sie fast keine Luft mehr bekam. "A ... u ... a!", stöhnte Nalia kurz unter Schmerzen auf und erschrocken lockerte ihre Mutter die Umarmung, ließ sie aber dennoch nicht ganz aus den Armen. "Wie geht es dir?", fragte Jasano. Er setzte sich direkt neben Marika und unterbrach so den endlosen Blickkontakt zwischen ihr und Duke. Erwartungsvoll starrte ihre Familie sie an und Nalia musste erstmal ihre verwirrten Gedanken ordnen.

"Ähm ... gut! Denke ich zumindest...", stotterte sie vor sich hin, während sie wieder mit dem Kopfverband zu kämpfen hatte. "Was ... ist passiert?", fragte sie. "Einer der Solvans hätte dich beinahe mit ins Grab genommen.", hörte sie Dukes tiefe Stimme hinter Jasano sagen und sie wandte sich ihm zu. Nur widerwillig schenkte Jasano ihm auch seine Aufmerksamkeit und musterte seine blutverschmierte Erscheinung mit einer unverhohlenen Abscheu. Ohne ihrem Bruder weiter Beachtung zu schenken, legte sie fragend die Stirn in Falten. "Ein Tsolfahn ... ?", sie grübelte kurz, so weit das mit ihrem dröhnenden Schädel überhaupt ging, "Du meinst ... diesen Drachen?" Mit einem Stich ins Herz erinnerte sie sich wieder an dieses schreckliche Ereignis. 'Dann war es also doch kein Traum...'

"Nalia. Es gibt da etwas, über das wir mit dir reden müssen.", hörte sie ihre Mutter sagen und das Mädchen wandte sich überrascht zu ihr um. Der rothaarigen Frau liefen nun Tränen an der Wange entlang und selbst Jasano senkte niedergeschlagen den Blick. Ein ziemlich mulmiges Gefühl entstand in Nalias Magen und wieder begann ihr Herz wie wild zu rasen. "Was ... was habt ihr denn?", fragte sie mit staubtrockener Stimme ihre Mutter und ihren Bruder. "Wir...", fing Marika an, doch sie wandte rasch den Blick ab und hielt sich eine Hand vor den Mund. Tränen liefen weiter an ihrem Gesicht hinab und sie unterdrückte ein Schluchzen. Besänftigend legte Jasano ihr seine Hand auf die Schulter und sprach für sie weiter: "Wir haben miteinander geredet.", sagte er mit einem nicht unbedeutenden Augenrollen zu Duke hin. "Jaah, scheint ja nicht sehr erfreulich gewesen zu sein das Gespräch.", sagte seine Schwester langsam, ohne auf das hinaus zu kommen, was er meinte. "Kein Grillabend mehr für ein paar Wochen ... ?" "Nalia! Wir haben darüber gesprochen, ob du mit ihm mitgehen sollst!!"

Die Worte trafen Nalia wie ein schwerer Schlag ins Gesicht. Für einen Moment hätte sie schwören können, dass ihr Herz aufgehört hatte zu schlagen. Mit weit aufgerissenen Augen und offenem Mund starrte sie ihren Bruder an, der wütend und verzweifelt aufgesprungen war und sie von oben anblickte. Sein Brustkorb hob und senkte sich fast genauso schnell wie ihr Herz nun schlug und plötzlich fiel ihr wieder ihre Mutter in die Arme und drückte sie wild schluchzend an sich. Jasano fiel vor ihr auf die Knie und umarmte das blonde Mädchen und ihre Mutter ebenfalls.

"Bitte, geh nicht!"

Umhüllt von ihren zerzausten langen Haaren und den Wärme spendenden Körpern ihrer Familie schloss Nalia die Augen. Sie war wie gelähmt. Kein einziger richtiger Gedanke wollte ihr kommen. Sie wusste nicht, ob das Warme, das sie an ihrem Gesicht fühlte, ihre Tränen waren oder die ihrer Mutter. Stumm saß sie da und hörte das eindringliche Beten Marikas und ihre schnellen Herzschläge. War es ihr eigener Körper, der so bebte? Zitterte sie selbst? Allmählich begannen die Gedanken in ihrem Kopf Gestalt anzunehmen. 'Nein ... was ... was soll das alles nur? Was soll ich tun? Ich ... will nicht weg! Ich...'

" ... und er stand dar mit ausgebreiteten Armen und rief: Jeder der Euren, der sein Leben das eines Sohnes meines Königreiches verdankt, soll von nun an auf Erden mit ihm wandeln und ihm dienen, sofern der Retter sich seiner Hilfe zu Nutze machen gedenkt und braucht.", sprach Duke plötzlich in die Stille hinein und Nalia schaute ihn unter einem Arm ihrer Mutter hinweg an. Er saß nicht mehr wachsam vor ihr, sondern hatte sich auf seinem Stuhl zurückgelehnt und das linke Bein verwegen auf das andere gelegt und bewegte seinen Fuß in einem langsamen Takt hin und her. Seine Arme waren wie immer verschränkt und mit einem dämonischen Lächeln sah er zur Familie hinüber, die ihn erstaunt anblickte. Nalia brauchte nicht lange zu überlegen, was er eben zitiert hatte. "Die Alten Gesetze...", flüsterte Jasano wütend vor sich hin und über die Köpfe der Frauen hinweg sah er finster zu ihm. "Aber... !", schaltete sich Marika, nachdem sie ihre Tränen weggewischt hatte, ein. "Sie ist doch meine einzige Tochter! Bitte, nehmt sie mir nicht weg!", sprach sie mit zittriger und schwacher Stimme, während sie Nalias Kopf unaufhörlich streichelte und erneutes Schluchzen unterdrückte. Sie sah ihn mit flehenden Augen an und redete in ihrer wohlklingenden Stimme, doch dieses Flehen ließ Dukes Lächeln nur größer werden. Er zeigte seine weißen Zähne und neigte den Kopf nach unten, ohne sie aus den Augen zu lassen: "Nein, sie ist nicht mehr deine Tochter.", sagte er in einer ungewöhnlich belustigten Tonlage, die trotz allem noch seine Kälte zum Ausdruck brachte. "Ab dem heutigen Tag ist sie mein Eigentum."

Entsetzt und geschockt starrte die Familie den kaltblütigen Mann vor ihnen an. Keiner konnte seinen Ohren trauen. "Du ... elender Bastard!! Sie wird nicht mit dir fortziehen!", sprang Jasano auf einmal auf. Er hatte die Hände zu Fäusten geballt und sein Gesicht war feuerrot. Mit bester Laune stand Duke ebenfalls auf und musterte ihren Bruder von oben bis unten. "Es war zu erwarten, dass Herr Hase einmal im Leben zumindest aggressiv wird.", spottete Duke. "Komisch nur, dass er dem Solvan nicht so die Zähne zeigte." "Halt dein Maul!!", rief Jasano in purer Raserei und wollte sich auf ihn stürzen, wäre da nicht seine Mutter dazwischen gesprungen und hätte ihm am Arm gepackt. "Jasano! Beruhige dich!", flehte sie ihn mit Tränen in den Augen an. Sie musste ihre ganze Kraft aufbringen, ihn in Zaum zu halten. Kochend vor Wut senkte der Mann nur langsam seine Hand und fixierte Duke weiter grimmig. Sein Nicken war kaum wahr zu nehmen, so wie sein Körper bebte.

"Wenigstens einer hat hier Verstand.", zuckte Duke mit den Schultern. Sein Lächeln war wie weggewischt und fast schon enttäuscht stand er nun da. "Nun gut, wir brechen auf!", sagte er an Nalia gewandt und öffnete schon die Tür. Völlig aufgelöst schaute Marika zu ihm. Immer noch liefen Tränen an ihrer Wange entlang und sie gab einen kleinen Schrei von sich. "Nein! Nicht jetzt!", sagte sie völlig aufgelöst und machte Schritte auf ihn zu. Mit gerümpfter Nase wich Duke kurz zurück und sah sie dann mit seinen kalten Augen und berechnenden Blick an. "Sie gehört jetzt zu mir - und ich sage, wir gehen." Weinend sank Marika zusammen und zitterte am ganzen Leib. "Neiii~n ... !", schluchzte sie erneut. Wieder musste Jasano schützend seine Arme um sie legen und schaute zu Duke hinauf, als hätte er selbst ihre Mutter zu Boden gestoßen.

"Und mich fragt hier keiner?", meldete sich Nalia plötzlich zu Wort. Die ganze Zeit über hatte sie stumm die Szene beobachtet und ihre Hände fest um die Bettdecke geschlossen, so dass schon das Weiß der Knöchel hervor trat. "Du hast nichts...", setzte Duke an, doch sie unterbrach ihn Kopfschüttelnd, "...zu sagen, ich weiß. Aber doch bitte nur für eine Nacht!" Ihre grasgrünen Augen schauten ihn weder flehend noch fordernd an. Sie mied bewusst den Blickkontakt zu ihrer Mutter oder ihrem Bruder und wollte einfach nur alles zu Ende bringen. Sie konnte ihre Mutter nicht noch länger weinen sehen. Es zerriss ihr beides das Herz; Marikas Tränen, Dukes Wunsch... Es war so oder so aussichtslos...

Schweigend schaute Duke zu ihr hinüber und dann zum Fenster. Die Nacht senkte sich langsam nieder und ein kühlerer Wind zog auf, der sich in kleinen Böen durch das offene Fenster schlich. Das Orange der Sonne färbte nur noch schwach den Himmel und selbst die Grillen wurden immer leiser. Dafür jedoch war ein unentwegtes Lärmen der Menschen jenseits dieses Hauses zu hören. Er hörte sie klagen und jammern; keiner von ihnen war froh, dass er sich selbst die Haut retten konnte. Sie waren tot unglücklich, obwohl sie selbst doch noch am Leben waren. Duke schloss kurz die Augen und drehte sich dann wieder Nalia zu. "Einverstanden.", sagte er und Marika schluchzte noch ein letztes Mal, doch diesmal vor Freude. "Aber ich werde hier oben bei dir übernachten.", sprach er dann und Jasano schoss schon wieder in die Höhe. "Nie im Leben wirst du das tun!!" "Damit sie dann heimlich von hier verschwinden kann? Nein, ich bleibe hier."

Trotz allen Jammern und Fluchens kam es dann so, dass nach dem großen Abendmahl - Marika hatte so viel gekocht, dass Nalia sich nur ächzend die Treppe wieder hoch schleifen konnte - Duke mit hinauf in ihr Zimmer ging und Nalia ihn nun keinen Augenblick außer Acht ließ. Misstrauisch beobachtete sie ihn, wie er sich an der Stelle direkt vor der Tür niederließ und sie ebenfalls nicht aus den Augen ließ. Schweigend betrachteten sie einander und dem Mädchen wollten einfach nicht die Wangen aufhören rot zu glühen. 'Ich bin mit einem Fremden allein in einem Zimmer! Bei Nacht!! Mit ... Duke!!!'

"Was starrst du mich eigentlich so blöd an?", raunte er plötzlich mit seiner tiefen Stimme, die Nalia aufschrecken ließ. Das Blut schoss ihr nur noch mehr in den Kopf und verlegen räusperte sie sich. "Warum? Du starrst mich doch auch an!" Er schnaubte genervt auf und bohrte sich mit seinem Blick weiter an ihr fest. "Du hast doch nicht etwa Angst, dass ich über dich herfalle?" Er stellte die Frage in so einer Tonlage, dass Nalia sich selbst bei dem Gedanken dumm vorkam. "Natürlich nicht!", sagte sie prompt und verjagte jede aufkommende Vorstellung daran. Schnell versteckte sie ihr Gesicht hinter ihren ran gezogenen Beinen und guckte ihn wütend an. "Und selbst wenn du es auch nur versuchen würdest...", fügte sie schnippisch hinzu, "...kommt mein Bruder rein und schmeißt dich raus. Dann kannst du sehen wo du bleibst." Sie hörte ein heiseres Lachen aus seiner Ecke kommen und sah ihn wieder dämonisch grinsen. Ein eiskalter Schauer lief ihr über den Rücken und sie versteckte sich noch ein wenig mehr hinter ihren Beinen. "Du meinst diesen Feigling, der sich hinter uns auf dem Flur versteckt? Oh, ja. Natürlich würde er mich achtkantig rauswerfen." "Hör gefälligst auf, so über ihn zu reden!!", schrie Nalia ihn nun an und sein Grinsen wurde wieder breiter, je mehr man sich aufregte. "Für dich ist das alles natürlich nur urkomisch!!", brüllte sie und schleuderte ihm ihr Kissen ins Gesicht, welches er jedoch geschickt auffing. "Du bist wirklich widerwärtig ... !"

Duke schien ihr jedoch gar nicht zuzuhören und legte sich das Kissen auf dem Boden zu Recht. "Was immer du meinst, ich werde jetzt schlafen." Mit großem Erstaunen sah sie ihn aus seinem Schneidersitz aufstehen und das Schwert abschnallen. Es war in einer langen ledernden Scheide und mit großer Sorgfalt lehnte Duke es gegen ihren Bücherschrank. Das Schwert hatte einen wunderschönen bearbeiteten silbernen Griff. Viele kleine Verzierungen wanden sich an ihm und an seinem Ende funkelte sie ein kleiner schwarzer Stein an. Im flackernden Licht der Kerzen um sie rum schien er wie eine dunkle lebende Flüssigkeit auf dem Schwert umherzuwandern. Fasziniert von dem Stein beachtete Nalia Duke nicht mehr und war umso erstaunter, als sie ihn plötzlich nur noch in einer Hose bekleidet vor sich sah.

"Kyaaaaaaa~!! Oh mein Gott!!! Zieh dir gefälligst wieder was aaaaa~n!!!", kreischte sie hysterisch und hätte ihm am liebsten ein weiteres Kissen entgegengeschleudert, wenn sie noch eines gehabt hätte. Verwundert und mit einer Augenbraue fragend in die Höhe gerichtet, sah er zu ihr, wie sie verzweifelt versuchte ihn nicht angucken zu müssen, aber trotzdem immer wieder ihre Augen auf ihn warf. Er kam provozierend näher und blieb neben ihr stehen, die Hände in die Hüfte gestützt. "Noch nie einen göttlichen Körper gesehen?", fragte er sie und sein Blick glitt an ihr hinunter in der festen Überzeugung, dass sie mit ihrem Körper sicher noch nie so jemanden vor sich hat stehen sehen. Wütend funkelte sie ihn an und wandte dann rasch den Blick. Sie hoffte inständig, ihr Bruder würde einfach so reinplatzen. Auch wenn es nur zum Überbrücken dieser überaus peinlichen Szene war, jemand sollte ihr jetzt schnellstens helfen!! Mit pochendem Herzen starrte sie die Tür an, doch nichts regte sich.

Plötzlich fühlte sie Fingerspitzen an ihrem Kinn und merkte, wie sie leicht mit dem Kopf wieder zu ihm gedreht wurde. Mit ernstem Blick schaute Duke zu ihr hinab. Nalia wollte zwar nicht, aber dennoch guckte sie an seinem Oberkörper hinunter. Ihr Mund öffnete sich vor Erstaunen und sie kräuselte die Stirn. Sie wusste, dass es sich überhaupt nicht gehörte, aber sie fasziniert von seiner Erscheinung. Unzählige Narben bahnten sich ihren Weg auf seinem trainierten Körper entlang und waren Schuld, dass sie ihren Blick nun nicht mehr abwenden konnte. Als er noch weiter weg stand, hatte Nalia diese Wunden im Kerzenschein gar nicht wahrgenommen. Ohne erkennbares Muster zogen sie sich über seinen gesamten Körper. Einige waren sogar oberhalb seiner Arme oder gefährlich nahe an der Kehle. Erstaunt folgte sie jeder einzelnen Narbe bis zum Ende und wunderte sich, wie um alles in der Welt er so was nur an seinem Körper sammeln konnte?

Sie hörte Duke wieder aufschnauben und schaute ihm dann erschrocken in die Augen. "Gefällt dir etwa, was du sieht?", fragte er wieder mit einer sonderbar tiefen Stimme, die so gar nicht hier hin passte. Nalia schluckte einmal schwer und wandte dann beschämt den Blick ab. Sie konnte wieder die Hitze in ihrem Gesicht fühlen und noch immer lagen da seine Finger an ihrem Kinn... Dann hörte sie wie das Bett leise knarrte und plötzlich war sein zweiter Arm neben ihr gestützt. Sie traute sich gar nicht sich ihm wieder zu zuwenden und anzusehen. Als sie aber seinen warmen Atem an ihrer Wange spürte, konnte sie nicht anders, als sich ihm zu zudrehen. Er war nur einige Zentimeter vor ihrem eigenen Gesicht und schaute ihr direkt in die Augen. So still wie es im Raum war, hätte man in diesem Moment eigentlich ihr Herz bis zum Hals schlagen hören müssen. Noch nie war ihr jemand so nahe gekommen! Matt zählte hier natürlich nicht, denn schließlich hatte er sich noch nie so vor ihr entblößt ... !

Nalia wusste nicht, ob er ernsthaft eine Antwort auf diese Frage verlangte, aber auf jeden Fall passte ihr diese Anmache seinerseits gar nicht! Das erinnerte sie tatsächlich viel zu stark an Matt und sie hasste sich für dieses Herzklopfen. "Ich dachte, der hochverehrte Herr mir - gehört - jetzt - dein - Leben wollte schlafen gehen?", fragte sie und versuchte dabei möglichst gleichgültig zu klingen. Dieses Prickeln in ihr verwirrte sie so sehr, dass sie ganz unbewusst ihren Körper versteifte. Leider ließ sich Duke aber nicht so leicht abwimmeln. "Und was ist, wenn ich mich nun doch entschlossen habe hier zu schlafen?", fragte er in einer ganz anderen Tonlage, die Nalia einen Schauer über den Rücken jagte. Obwohl sich ihre Augen erschrocken weiteten, wandte sie trotzdem nicht den Blick von ihm ab. "Ich bin nicht des Herren kleiner Beischlaf!", sagte sie scharf. Sie sah nur noch kurz aus den Augenwinkeln ein kleines Aufblitzen eines Grinsens in seinem Gesicht. "Nein, das nicht.", sprach Duke nun leise zu ihr, so dass Jasano, falls er wirklich noch auf dem Flur war, nichts mehr hören konnte. "Aber du bist mein Eigentum.", erinnerte er sie und verhinderte noch im letzten Moment eine Ohrfeige von ihr. Mit festem Griff hielt er ihre Hand in der Luft, die noch vor ein paar Sekunden an ihrem Kinn lag. "Tse tse tse.", schüttelte er den Kopf. "Wer rebelliert denn da gleich? Du hattest doch vorher nichts dagegen gesagt." Wütend starrte Nalia ihn weiter an und versuchte ihre Hand aus seinem festen Griff zu bekommen.

"Belieb ganz ruhig..." Er ließ ihre Hand frei, doch klangen seine Worte eher wie eine dahingehauchte Drohung. Mit wildem Herzrasen spürte sie nun seine Hand an ihrer rechten Schulter und wie er sie vorsichtig und mit einer unerwartet sachten Geste zurückdrückte. Völlig verwirrt starrte Nalia zu ihrer Schulter hin. Sie bemerkte kaum, dass ihre Beine sich ungewollt ein wenig streckten und nicht mehr eine schützende Grenze zwischen ihr und Duke bildeten. Ihrer ganzen Unschuld bewusst hielt sie den Atem an. Mit zitterndem Körper schwor sie sich, nie mehr den Mund aufzumachen oder auch nur einen weiteren Atemzug im Leben zu tun. Sie biss sich auf die Lippen, um das Gefühl seiner nur auf sie gerichteten Augen zu verdrängen. Duke drückte mit seiner schweren Hand leicht zu und sie konnte nicht anders, als doch wieder Luft zu holen. Sie schaute auf, um ihren Peiniger eine Verwünschung entgegenzuschleudern, als er bereits seine Lippen auf ihre legte. Rein instinktiv wich Nalia mit dem Kopf zurück, landete dann aber auf dem Kissen. Als sie unter dem unheimlichen Kribbeln überall in ihr merkte, was gerade wirklich passierte, versuchte sie sich zu wehren. Verzweifelt versuchte sie unter einem Ansturm von jeglichen Gefühlen ihn zu fassen und von sich zu stoßen. Duke zwang sich ihr jedoch noch mehr auf, so dass sie nun seinen ganzen heißen Oberkörper auf ihren spüren konnte. Verzweifelt stiegen in ihr die Tränen auf, aber sich zu wehren hatte gegen ihn keinen Sinn. Sie konnte seine unglaubliche Wärme auf sich spüren...seinen feinen Duft wahrnehmen...seinen Kuss... Sekunden dehnten sich zu kleinen Ewigkeiten, verstrichen in erdrückender Stille.

Duke küsste sie, während Nalia vom Schock noch immer nicht recht wusste, was zu tun war. An seiner Brust konnte er ihren schnellen Herzschlag spüren, wo sein eigenes so ebenmäßig wie immer schlug. Er versteifte seine Hand fester um ihre Schulter, um sich ihr nicht vollkommen aufzudrängen. 'Das hat Zeit.', musste er in sich hineingrinsen, wo er das unwissende - und nun auch gefügige, wie er dachte - Frauenzimmer unter sich spürte. Er hob seine Hand von ihrer Schulter und schmiegte seine Handfläche an ihren Hals, während er zart mit seinen Daumen an ihrer Kehle hinauf strich. Als er ein unverkennbares Beben in ihr spürte, hätte er am liebsten aufgelacht. Er hatte es geschafft; ab jetzt an würde das Mädchen nicht mehr so einfach von ihm loskommen, wie es gerne möchte.

Einzig allein der volle Mond war Zeuge, als sich ihre Lippen nach schier endloser Zeit wieder voneinander lösten. Es hatte alles genauso plötzlich aufgehört, wie es begann. Wortlos blickte Duke auf sie hinab, dann wandte er langsam und mit ernstem Gesichtsausdruck seine Augen zum Fenster, als ob auf etwas lauern würde. Die Tatsache, dass dem Mädchen die Tränen in den Augen standen, kümmerte ihn wenig. Angestrengt lauschte er in die Nacht hinein und sein Gesichtsausdruck verfinsterte sich zusehends. Nur allmählich merkte Nalia selbst mit nebelhaften Gedanken, dass draußen inzwischen ein starker Regen eingesetzt hatte. Wie in einem Kugelhagel prasselte er laut gegen das Fenster und vereinzelte Blitze erhellten für Sekunden das in schwaches Kerzenlicht gehüllte Zimmer. Als auch sie ihren verweinten Blick Richtung Fenster wandte, sah sie die Bäume unheimlich im Licht der aufzuckenden Blitze glänzen und mit ihren Ästen gegen die Wände klopfen.

Schweigend stand Duke auf einmal auf, lauschte noch ein letztes Mal dem Regen und ging dann raschen Schrittes zu seinem Platz vor der Tür und ließ das blonde Mädchen verwirrt da liegen. Nalias Atem ging so rasch, dass ihr die Lunge schon weh tat und sie wieder das Gefühl hatte, als würde ihr das Herz aus der Brust davonlaufen wollen. Was hatte er da nur getan? Ein Schwall unglaublicher Reue und Scham suchte sie heim und bestürzt senkte sie den Blick. Wie konnte sie so etwas nur zulassen? Wie konnte sie sich von ihm nur so behandeln lassen?! Zornig vergrub sie ihre Finger in der Decke.

"Nutzt du Frauen immer gleich so aus?", fragte sie im scharfen Tonfall und richtete sich auf. Sorgsam, doch mit viel zu zittrigen und aufgebrachten Händen, strich sie sich ihr grünes Kleid zu Recht. Mit ganzer Abscheu sah sie ihn nun genauso an, wie es ihr Bruder schon vor ihr tat und sogar noch viele weitere Personen vor ihnen. Duke jedoch ignorierte sie und zog sich ein gefüttertes Wams aus dunkelgrün gefärbten Leder an und gurtete sein Schwert fest. "Keine Zeit, wir müssen los." "Was?! Aber du hattest doch zugestimmt noch..." "...hier zu übernachten, ja. Aber wir müssen jetzt verdammt noch mal los!!", fuhr er aus der Haut drehte sich kurz noch mal zum Fenster. Der Regen schien noch mehr an Intensität zugenommen zu haben und nun platschte er regelrecht gegen das Haus. Er murmelte noch irgendeinen Fluch und machte dann die Tür auf. Zu Nalias Überraschung stand da kein Jasano.

'Wahrscheinlich ist er schon längst Schlafen gegangen.', grübelte sie kurz mit verletztem Stolz, denn Duke hätte hier sonst was mit ihr anstellen können und niemand hätte es bei diesem Gewitter bemerkt! "Los, nun komm schon!", zischte er ihr aufgebracht zu, doch Nalia rührte sich nicht vom Fleck. "Was ist? Wird's bald?!" Doch Nalia machte noch immer keine Anstalten zu ihm zu kommen und schaute ihn mit ihren strafenden grünen Augen an. Duke fluchte wieder auf. "Hast du jetzt etwa Angst, mit mir allein zu sein?!", fragte er mit seinem rauen Tonfall und dem kalten Blick, wie es für ihn üblich war. Dieser normale Wesenszug an ihm machte das Mädchen wieder etwas entspannter und sie nickte nur, während sie ihn weiter mit ihrem Blick durchbohrte. Wütend sah man wieder seine Augenbraue hin und her springen, doch er versuchte sich zurückzuhalten und dieses Mädchen nicht gleich K.O. zu schlagen, um sie dann hinter sich herschleifen zu können. Das wäre ihm dann doch ein wenig zu anstrengend gewesen. "Also gut...", seufzte er angespannt und hob die Hand wie zum Eid, "...ich werde so was in absehbarer Zeit nicht mehr mit dir machen."

Trotz einem enormen Anschwall von bösen Augengefunkel ihrerseits, fragte sie noch kleinlaut nach: "Versprochen?" "Jaah, versprochen!", sagte er rasch und wunderte sich über die Einfältigkeit und Naivität des Mädchens. "So lange du es nicht auch willst ...", fügte er für sich selbst hinzu, doch glücklicherweise hatte sie seine letzten Worte nicht mehr verstanden oder gehört und stand endlich auf. Er ignorierte gekonnt eine weitere Reihe von misstrauischen und wütenden Augengefunkel von ihr und sie traten in den Flur.

"Was machst du da?!", zischte er plötzlich, als Nalia in die entgegengesetzte Richtung der Treppe ging. Mit ihren Fingerspitzen berührte sie schon die Klinke einer Tür und wollte sie runterdrücken, als sie innehielt. "Mich verabschieden, was sonst!", zischte sie ebenso zornig zurück, doch Duke kam schnellen Schrittes zu ihr und packte sie grob am Handgelenk. "Spinnst du?! Dafür haben wir nun wirklich keine Zeit! Die werden dich schon nicht vermissen!!" Mit diesen Worten schleifte er sie ungehobelt zur Treppe und stieß sie hinunter. Mit einem leisen Aufschrei, der in einem plötzlichen Donner unterging, konnte sich das Mädchen gerade noch so aufrecht halten, stolperte aber bis zum Ende der Stufen. Keuchend kam sie zum Stehen und schaute zu ihm hinauf. "Was fällt dir... !?", wollte sie ihn anschreien, doch rasch war er schon zu ihr gegangen und zerrte sie weiter mit zur großen Tür.

Grob schubste er sie hinaus ins Freie und Nalia fühlte den eisigen Windhauch der Nacht, jedoch war ihr Kopf weiter glühend heiß. Der Regen schlug ihr unbarmherzig ins Gesicht und eine Gänsehaut breitete sich auf ihrer Haut aus. "Was geht denn bitte schön in dir vor!?", schrie sie jetzt in die Nacht hinein. Sie bebte vor Zorn und wäre ihm am liebsten an die Kehle gesprungen. 'Er lässt mich nicht einmal ordentlich Abschied nehmen von meiner Familie!!' Duke jedoch schenkte ihr nicht einmal einen Blick und schaute sich suchend im Dorf um.

'Aaaaaaaaaaaaaaaa~rgh!!!! Was soll das alles denn bitte?!', fragte sie aufgebracht in sich hinein und noch mehr Blut schoss ihr in den Kopf, während sie quälende Gedanken heimsuchten. Unbewusst fasste sie sich an ihren Hals, wo vor kurzem noch seine warme Hand lag. 'Wie kann er eigentlich nur so etwas Unanständiges mit mir machen?! In meinem Haus! Gegen meinen Willen!! ICH HASSE IHN!!!!', stiegen erneut die Tränen in ihr hoch, während sie eine Richtung einschlugen und im Dorf umher schlichen. Der durchnässte Boden patschte lauthals unter ihren wütenden Stampfschritten, während Duke neben ihr kaum einen Laut von sich gab und sie wütend anzischte. 'Tssssssch dich doch selber an!!', schrie sie wieder aufgebracht in Gedanken zurück und patschte lauter als zuvor in den Pfützen umher. "Wenn du nicht sofort ruhig bist, schlag ich dich doch noch K.O. und schleif dich im Dreck hinter mir her!", raunte Duke sie wieder an. Er hatte sich im Regen wieder seinen dunklen Umhang übergezogen und die Kapuze verdeckte sein wütendes Gesicht samt der kreuzförmigen Narbe. Während er so vor dem restlichen kleinen Schauer geschützt wurde, durchweichte Nalias Kleid immer mehr und sie fing an, auf dem Boden umher zu schlingern.

"Ich bin leise wann ich will, du perverser Frauenverachter!!!", schrie sie nun plötzlich in die Nacht hinein und Dukes Gesicht nahm Staunen und Entsetzen zugleich an. Doch am Überragensten war wieder diese Wut in ihm. "Du gottverdammtes kleines Gör!", konnte er sie nur noch anschreien, als er sie auch schon auf den Arm nehmen musste, um vor den aufgeschreckten Wachmann dicht hinter ihnen flüchten zu können. "Etwas Besseres fiel dir wohl nicht ein, als direkt vor dem bissigen Hund mit einem Knochen anzutanzen!?", keuchte er unter ihrem Gewicht und dem enormen Tempo, dass er hatte. "Lass lieber endlich deine sinnfreien Redewendungen und bieg dort vorne rechts ab!", wies sie ihn wütend an, "Das ist eine Abkürzung zu ... !"

Doch bevor das Mädchen ausreden konnte, war Duke plötzlich schon hoch in die Luft gesprungen, so wie er es auch bei dem Drachen getan hatte, und sie konnte unter ihren Füßen die Stadt von oben immer kleiner werdend sehen. "Kyaaa~!!!", schrie sie aufgebracht und krallte sich an Dukes angespannten Armen fest. "Lass mich jetzt bitte bloß nicht fallen ... !", flehte sie unter einem starken Schwindelgefühl Duke an, während dieser zur Landung hinter der Stadtmauer ansetzte. "Nur, wenn du liebenswürdigerweise die Freundlichkeit hättest, deine Fingernägel aus meinem Arm zu entfernen!", gab er wieder ruppig von sich und schon hatten sie auch wieder festen Boden unter den Füßen. Keuchend setzte Duke sie erneut mehr schlecht als recht ab und stützte sich in die Hüfte. "Gott ... ! Du musst dringend ein paar Kilo loswerden!" "Waaa~s?! Erst grabscht du, dann vergewaltigst du mich fast, entführst mich von zu Hause und nun ziehst du auch noch über mich her???!!! Du bist wirklich unausstehlich!!!!" "Das Kompliment kann ich nur zurückgeben!" "Ekel!" Dukes scharfe Erwiderung ging in einem lauten Donner unter und wütend und außer Atem schauten sie sich gegenseitig feindselig an.

Sie waren in einem modrigen Gebiet des Mabela Garden gelandet und der Geruch von nasser Erde und verrotteten Bäumen stieg ihnen in die Nase. Nalia wandte sich von Duke ab und sah sich um. Überall dicht um sie verteilt standen mannshohe dünne Bäume, die allesamt schwarze Blätter hatten. Dies war kein Trick der Dunkelheit, die den Augen so oft einen Streich spielt. Die Bäume um Miriton herum hatten wirklich alle schwarze Blätter, die nun unheimlich im schwachen Mondlicht nass glänzten. Dies war schon immer eine besondere Eigenart des Mabela Garden; er erstreckt sich über den gesamten Kontinent, aber in jedem Gebiet sind die Farben der Blätter anders. Laut einer Legende war der gesamte Wald einmal der Garten der Götter gewesen, bevor die Monster und Menschen diese Erde beherrschten und anfingen sich zu bekriegen. Da flohen die Götter und versteckten sich auf dem heiligen Berg Eros, bis die Zeit gekommen war und sie den Frieden auf der Welt einleiten konnten. Alte Geschichten über alte Zeiten. Sie waren alle längst ein Mythos. Genauso wie die Alten Gesetze, die aber trotzdem noch jeder befolgte, wie das Paradebeispiel zeigt.

"Los, gehen wir hier entlang.", schreckte Duke sie aus ihren Gedanken hoch. "A - aber mir ist so kalt! Und ganz durchnässt bin ich auch! Ich habe Hunger ... !" Dukes Augenbraue sprang wieder wütend hin und her und er musste alle Kraft aufbringen, jetzt nicht wieder umher zu brüllen. "Guuuu~t...", flüsterte er mit pochender Braue so ruhig es ging und deutete mit der Hand Richtung Westen. "Dort hinten habe ich vorhin von oben aus eine kleine Lichtung gesehen. Ein kleiner Fußmarsch und wir können rasten."

Unter Stöhnen bemerkte Nalia erst zu spät, dass dieser kleine Fußmarsch zwei Stunden in Anspruch nahm, bis sie endlich einen geeigneten Platz erreichten. "Ich ... kann nicht mehr!", keuchte sie und fiel auf die Knie. Sofort benetzte das Moos ihr gerade getrocknetes grünes Kleid mit Wasser und färbte es an der Stelle wieder dunkel. Ihre Kehle brannte und sie spürte ein erneutes leichtes Schwindelgefühl aufkommen. "Warum um alles in der Welt mussten wir denn jetzt bitte so plötzlich weg?!", giftete sie ihn erschöpft an und strich sich ihr zerzaustes Haar zurück.

"Das verstehst du sowieso nicht.", gab er eine seiner knappen Antworten und sammelte etwas Kleinholz zusammen. "Zum Glück versuchst du es ja nicht einmal!", gab sie wieder eine beißende Antwort und wieder funkelten sie sich kurz an. Duke fluchte halblaut vor sich hin, wie schön es doch noch war ohne eine Göre am Hals zu haben und Nalia konterte damit, dass ja nicht jede Frau den Charme eines Chauvinisten erliegen kann. Wieder ein böses Augengefunkel. "Ich hasse dich.", beendete das Mädchen schlicht ihre Konversation und verbarg dann ihr Gesicht auf den Knien.

Leise knisterte inzwischen das kleine Feuer zwischen ihnen - Nalia fragte ihn gar nicht erst, wie er denn nasses Holz entzünden konnte - während die unzähligen Sterne am Firmament langsam zum Vorschein kamen. Ein kalter Wind zog auf und Nalia begann zu frösteln. Sie hasste diesen Ort, sie hasste diesen Mann, sie hasste diese ganze Situation!! 'Wäre ich doch bloß zu Hause geblieben ...'

"Bitte ...", flüsterte sie kaum hörbar in die Nacht hinein. "Was?", drehte sich Duke ihr zu. "Bitte, erzähl mir den Grund für all das!", sagte sie fordernd und richtete ihren Blick wieder fest auf den schwarzen Krieger. Einige Vögel flogen aufgeschreckt fort, doch er blickte sie unbewegt an. Sie glaubte erst, er wolle ihr nicht antworten, doch dann kramte er in seinem zerlumpten Umhang und holte einen Fetzen Papier hervor. Offen blickte er sie an und hielt ihr ein Pergamentpapier hin. Zögernd nahm sie es an und betrachtete ihn ehrfürchtig. Der Brief war zerknittert und an einigen Stellen auch schon zerrissen; anscheinend hatte sein Besitzer nicht gut auf es Acht gegeben. Man konnte kleine Schriftzeichen erkennen, die besagten, dass es an Nalia van Aurum im Dorf Miriton gesandt war. Beim Lesen ihres Familiennamens stockte sie. 'Aurum ... wie ich diesen Namen auch hasse ... !' Jeder der so genannten Chemiker, die in ihrem Dorf kurz Rast machten, machten sich lustig über sie, weil Aurum auf Latein Gold hieß und sie dann mit ihrer Haarfarbe aufzogen.

"Du heißt Aurum?", Dukes Aussage war mehr eine Feststellung als eine richtige Frage. 'Er hatte scheinbar das Pergament vorher ständig angeguckt gehabt, dass er den Namen weiß.' "Jetzt mach dich auch noch lustig! Los!! Ich hab' schon jeden Spruch gehört!", sprach Nalia wütend und erinnerte sich wieder zurück an all die klugen Sprüche, von denen ihr Bruder auch noch die meisten erfunden hatte. 'Tse, von wegen Blut ist dicker als Wasser!', schlich es ihr durch den Kopf. Duke schaute sie kurz verdutzt an und stocherte ein wenig im Feuer umher, das leise vor sich hin knisterte. "Wieso? Ich finde der Name passt doch ... Goldlöckchen.", grinste er vor sich hin über seinen eigenen Witz. "Ekel!"

Nalia wandte sich ärgerlich von ihm ab und sah weiter das Pergamentpapier an. Ein kleines rotes Siegel aus Wachs bedeckte die Öffnung und sie war schon dabei es vorsichtig aufzumachen, als Dukes Stimme plötzlich wieder dazwischen kam.

"Warte noch!", hielt er sie im herrischen Tonfall von ihrer Tat ab und entnervt schaute sie zu ihm. "Was gibt es denn sonst noch so zu sagen ... Struwwelpeter?" Als seine Augenbraue wieder vor Wut hin und her tanzte und er auch noch den passenden Gesichtzug dazu machte, fiel Nalia in schallendes Gelächter. "Jetzt lach mich nicht aus, verdammt!!", schrie er sie aufgebracht an, doch das Mädchen hörte wieder nicht auf ihn. Unentwegt kugelte sie sich am Boden umher. Als Nalia kurz aufblickte, sah sie ihn mit wilder Miene aufstehen und zu ihr rüberkommen. "Nein! Bleib da, du Perverser!", bekam sie plötzlich Panik von ihrem Trauma, das ihr noch allzu deutlich vor den Augen lag. "Jetzt stell dich nicht so an!" "Tu ich aber!" Und mit weit aufgerissenen Augen sah sie ihn neben sich hinsetzen und wieder dichter rücken. "Nein!!", wimmerte sie und krabbelte langsam zurück. "Verdammt, jetzt bleib doch mal hier!", sagte er wütend und beugte sich zu der schreckhaften Nalia hinab. Ungehobelt nahm er ihre linke Hand. "Neeiiiin!!!", schrie sie wie am Spieß. "Ich will nicht! Ich bin noch nicht ganz 17 und kann so was doch nicht einem Fremden machen! Auch wenn ich dir was schulde ... ! Ich will nicht!!!!"

"Was redest du da für wirres Zeug?!", fragte Duke völlig durcheinander. "Verdammt, ich will doch Nichts von einem Gör wie dir!" "Das sah vor wenigen Stunden aber noch ganz anders aus...! Was machst du da bitte schön mit meiner Hand?!", fragte sie ihn empört, als sie plötzlich wollenen Stoff und festes Leder auf ihren Fingern fühlte. "Ahhh, verdammt! Lass mich!!" Hilflos versuchte sie ihm ins Gesicht zu kratzen, doch er ergriff auch diese Hand und legte sie auf die Stelle, an der auch schon Nalias Linke lag.

Schniefend sah sie nun, dass er ihre beiden Hände gegen seinen rechten Brustkorb gedrückt hielt. Das Mädchen war viel zu geschockt um zu Schreien und blickte ihn nur verdutzt an. So schnell er ihre Hand auch ergriffen hatte, ließ er sie auch wieder los und setzte sich ein paar Schritte entfernt wieder ans Feuer. "Was ... was zum ... ?", stammelte sie mit kleinen Tränen in den Augen. "Jetzt sind wir quitt. Ich habe deine Brust berührt und du nun meine.", sagte er gleichgültig und schaute in den Himmel, an dem schon die Sterne blinkten. "Wie?", fragte sie sich und erinnerte sich dann, nach sehr, seeehr langem Grübeln an den Grabscher beim Drachen. "Du verdammter Idiot! Bei dir ist das ja wohl etwas völlig anderes!!!", schrie sie ihn wütend an, doch er ignorierte ihren Protest gekonnt.

Schnaufend rappelte sich Nalia wieder hoch. 'Wieso nur ... rast mein Herz so? Für so einen ekligen Typen möchte ich keinerlei Gefühle hegen!!' Irgendwo im Wald schuhute eine Eule und die zarten Blätter der Bäume raschelten unheimlich im Wind. 'Lenk dich einfach ab, Nalia!', schallte sie sich selbst und bemerkte das neben ihr kullernde Pergament. Es kullerte und kullerte und ...

"Kyaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa~!!!", schrie sie auf einmal den Wald zusammen. "Ich hab doch gar nichts getan!", fuhr Duke sie an, der bis eben noch in die Sterne geguckt hatte und nun aufgeschreckt war. "Das Pergament ... es ist ins Feuer gerollt!!!" Bei diesen Worten schien Dukes Braue ihm schier aus dem Gesicht springen zu wollen: "Es ist ... was?!?!?! Warum hast du es nicht aufgehalten?!" "Ich hatte schon immer Reflexe wie eine Holzkatze ... ! Hack jetzt bloß nicht darauf herum!" Mit aufgescheuchter Erregung trampelten beide nun wie wild auf das Feuer ein, bis Duke schließlich mit einem überaus geschickten Griff das kleine Stückchen verbrannten Elends hervorholte, das einst ein Brief gewesen war. Mit geschockter Miene starrte er darauf, bis Nalia es vorsichtig in die Hand nahm. Sie begutachtete es von oben bis unten, doch man konnte es nicht mehr retten. Mit einem Seufzer schmiss sie das Pergament wieder ins Feuer. Eine kleine, leuchtend rote Flamme entstand noch kurz, dann prasselte das Feuer wieder friedlich vor sich hin.

Entgeistert schaute Duke sie an, dann verfinsterte sich sein Blick so sehr, dass es selbst Nalia das Blut zum Gefrieren brachte. "Was - hast - du - getan ... ?!", zischte er bedrohlich vor sich hin, ohne auch nur einmal den Blick von ihr abzuwenden. Entsetzt wich Nalia einen Schritt zurück und stotterte vor sich hin: "Es ... es war doch nicht mehr lesbar! Es war unnütz ..." "UNNÜTZ?! Das war ein gottverdammter Brief von deinem Vater, du kleine ... !", schluckte er wütend das unsittliche Wort hinunter und setzte sich fluchend auf den Boden.

Nalia blieb reglos stehen. 'Von ... meinem Vater ... Vater' Unbewusst füllte sich ihr Herz mit Wut und sie starrte auf das Feuer hinunter. Ihr Vater... Zum Glück hatte sie das Pergament verbrannt!! Sie hasste ihren Vater noch mehr als jede Situation, in die sie hätte geraten können. 'Vater' Dieses Wort kreiste in ihrem Kopf umher, ohne jegliche Erinnerung daran zu verknüpfen. Sie hatte ihn nie gesehen ... sie wusste nichts von ihm. Wenn er etwas mit dieser Sache hier zu tun hat - und das hat er, schließlich gab Duke ihr den Brief auf ihre Frage nach einem Grund für all das - war es eindeutig gut, dass sie den Brief verbrannt hatte!!

Mit schüchterner Miene blickte sie Duke an. Sie machte den Mund auf, doch fielen ihr keine passenden Worte ein. Sie hatte so eben etwas aus ihrer beider Vergangenheit ausgelöscht. War das überhaupt zu entschuldigen ... ? Der Inhalt des Briefes war nun für immer verloren gegangen... Beschämt wandte sie wieder den Blick zu Boden und setzte sich auch hin. Für einen langen Moment schwiegen sie sich an und starrten in die halbherzig scheinende Glut des ausgehenden Feuers. Als Nalia die Augen gen Himmel richtete, bemerkte sie den langsam angrauenden Tag und nur ein einziger kleiner Stern beobachtete sie noch von oben herab.

"Es wird gleich hell.", stellte Duke zeitgleich mit ihr fest, ohne in den Himmel schauen zu müssen. "Ruh dich aus. Wir müssen bald weiter.", wies er sie zurecht und wandte ihr den Rücken zu. Mit einer beklemmenden Kälte um sich blieb Nalia jedoch reglos sitzen und schaute den Stern am Himmel an, der nun genauso einsam war wie sie und verloren dort oben am Himmel funkelte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Nalia
2006-10-10T13:21:47+00:00 10.10.2006 15:21
So, da hab ichs doch glatt mal durchgelesen =3
Wie kamst du eigentlich auf den Namen Nalia, wenn ich mal fragen darf?! ^^

Auf jeden Fall gefällt mir die Geschichte! Irgendwie echt amüsant... diese Wortgefechte xDDD, ich könnt mich wegschmeissen.....°xD
Und das 2.Kapitel ~awwww x3
Aber man weiss echt nicht, was man von Duke halten soll
*ihn muster* *unauffällig rüber schiel*
<____________<°
*schnell wieder weg schau* xD

Achja, genau, machst du mal Bilder zu den Charas oder hast du schon welche?! x3


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