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Todesengel

"Aus deinem Zorn erschufst du Gabriel, den schrecklichen Gabriel"
von

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Draußen rauschte ein aufgebrachter Hesekiel an dem Baum vorbei, auf welchem Daniel der Urielit es sich bequem gemacht hatte und Erholung vom Kampf suchte. Seine warmen grünen Augen wanderten vom Pfeil, welchen er im Schoß liegen hatte und gerade mit einer neuen Feder versah, zu seinem Schares*-Bruder. Er lächelte, als er das gemurmelte Schimpfen hörte. Der Ramielit war mit mehr Temperament bestückt worden, als seine zerbrechliche Gestalt vermuten ließ. Aber er hatte ein unendlich gutes Herz. Wahrscheinlich machte er sich schon jetzt wieder Vorwürfe für seine Worte und seine wuterfüllten Gedanken. Daniel schüttelte leicht den Kopf. Warum war Hesekiel eigentlich sauer? Daniel war ein hoffnungsloser Träumer und vergaß vor Grübeln und Phantasieren meistens zu handeln. Im Kampf war das natürlich etwas anderes, auch wenn Manuel - der Gabrielit ihrer Schar - ständig das Gegenteil behauptete. Heute hatte er ihm einmal mehr seine Kampftüchtigkeit unter Beweis gestellt.

,Daniel!', schollt er sich in Gedanken selbst. ,Du sitzt ja noch immer hier!'

Nun endlich schwang er sich anmutig vom Baum und schaffte es durch ein geschicktes Manöver in diesem kurzen freien Fall zum Flug überzugehen.

Er fegte wenige Sekunden später knapp über Hesekiels Kopf hinweg. Dieser zuckte aber nicht einmal. Der Ramielit war stets aufmerksam. Ihm entging nur wenig. Als Daniel dann sanft vor ihm landete, hatte er längst sein zurückhaltendes, etwas schüchternes Lächeln aufgesetzt. Daniel aber kannte seine Schares-Geschwister mittlerweile alle ziemlich gut. Die Engelsweihe** und ihre Zusammenkunft war 4 Monate her. Und der Urielit war der wohl kontaktfreudigste Engel, den die Welt je gesehen hatte. Er hatte sich viele entnervte Blicke, scharfe Kommentare und alle erdenklichen anderen Körbe eingefangen. Aber schließlich hatte sich niemand mehr gegen seine angebotene Freundschaft wehren können. Selbst der stählerne Manuel vertraute sich ihm zu manch seltener Gelegenheit an.

Das einzige, was er nun tat, war vor dem Ramieliten stehen zu bleiben, seinen sanften, Vertauen verheißenden Blick in dessen Augen zu richten und mit unerschütterlichem Lächeln aber leichtem, freundschaftlichem Tadel seinen Freund anzusehen.

Es dauerte keine halbe Minute bis Hesekiel das erzwungene Lächeln mit einem Seufzer aufgab und dann hervorsprudelte: "Dieser Gabrielit ist unausstehlich ! Da schüchtert er doch tatsächlich kleine Kinder ein! Und wahrscheinlich ist er da auch noch stolz drauf! Das ist nicht zu fassen ! Das... das ist... ARGH ! Er ist so arrogant, so gefühlskalt, so -" "Hesekiel!" fuhr ihm Daniel dazwischen ohne aber zuviel Härte in seine Stimme zu legen. "Du sprichst von unserem Scharesbruder!" Der Tadel klang eher traurig und enttäuscht als ärgerlich. Mit letzterem aber hätte Hesekiel besser umgehen können. Nun schämte er sich, war aber zugleich noch immer so furchtbar wütend und selbst enttäuscht vom Benehmen des Gabrieliten, der immer wieder Schwierigkeiten machte.

Daniel sah Hesekiel seinen inneren Kampf schnell an, ging zu ihm und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Als der kleinere Engel zu dem Urieliten aufsah, begegneten sich ihre Blicke nicht sofort. Daniel schaute ins Nirgendwo und suchte offensichtlich nach Worten. Schließlich aber blickte er Hesekiel mit seinem einfühlsamsten Lächeln an.

"Die Streiter des Herrn haben es nicht leicht Hesekiel. Sie tragen den Zorn ihres himmlischen Erzeugers Gabriel zur Erde. Und Gabriels Zorn wiederum ist kein geringerer, als der Zorn Gottes selbst. Und dieser ist furchtbarer als jegliches Unheil, da bin ich sicher.

Ihre Aufgabe ist es zu kämpfen, ohne Gnade gegen die Traumsaat vorzugehen doch nicht selten auch Strafe gegen die Menschen zu vollstrecken. Würden sie im Kampf Angst zulassen oder Zweifel, Trauer, Mitleid... sie währen nicht die Krieger, welche die Brut des Herrn der Fliegen zu Hunderten aus unserem heiligen Himmel werfen und von der Erde tilgen bevor ihre Unreinheit alles befleckt, was Gott unserem Herrn lieb und wertvoll ist. Im Kampf müssen sie ihre Gefühle unterdrücken. Und sie kämpfen viel...

Manchmal mag es scheinen, als habe Manuel keine Gefühle. Doch ich glaube viel mehr, dass er Angst hat, wenn er sie einmal zuließe würden sie sich seiner Kontrolle entziehen und sich einen Weg bahnen, wenn seine Klinge gerade wieder einmal über Tod und Leben entscheiden muss, über Gedeih eines zu Beschützenden und Verderb eines Feindes."

Hesekiel schaute zu Boden. Er dachte über Daniels Worte nach, aber Trotz hielt in ihm Einzug.

"Aber... Du zeigst Gefühle! Und trotzdem bist du ein guter Kämpfer. Allein heute hast du 13 der verderbten Kreaturen aus den Lüften geholt!"

Daniel seufzte tief und blickte erneut zu Boden. Diesmal aber vermeinte Hesekiel zu spüren, dass Scham der Grund für diese Geste war. Das war untypisch für den Urieliten. Bald begegnete Daniel dem besorgten und fragenden Blick Hesekiels mit mühsam wiedergefundenem, zaghaftem Lächeln.

"Die Traumsaat ist - ganz wie du sagtest - verderbt. Ihre Existenz allein ist Gott zuwider. Sie zu töten ist eine heilige Pflicht, die ich voll Leidenschaft erfülle, sogar auf gewisse Art ...gerne. Aber das meine Pfeilspitze ihr Ziel jemals in einem Menschen... einem von Gott geschaffenen Geschöpf finden müssen..."

Daniels beschämter Blick sagte Hesekiel, dass der Urielit nicht sicher war eine solche Pflicht erfüllen zu können.
 

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So auch hier ein paar Erläuterungen:

*Schar: Es bilden immer 5 Engel (je ein Engel jedes Ordens) eine Gruppe, die zusammen lebt, wohnt, fliegt, kämpft ... etc. Daher bezeichnet man sich auch oft als Geschwister. Eine Schar bleibt in der Regel für immer in der gleichen Konstellation zusammen.

**Engelsweihe: Der festliche Ritus, bei dem die jungen Engel ihrer Schar zugeteilt werden, also als Schar zusammenkommen und sich kennenlernen



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