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Our Darkness / Unsere Dunkelheit - Abschnitt I: Sonnenuntergang

Dystopische Nah-Zukunftsvision nach der Apokalypse. Hintergrund nach dem Rollenspiel D.E.A.D!!
von

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Verschwörung

Az lag auf dem kalten Erdboden in dem dunklen Keller. Er realisierte nur langsam, dass er wach wurde. Sein Körper fühlte sich heiß und taub an, angeschwollen, und er bekam schlecht Luft. Er öffnete die Augen, sie waren ganz verklebt. Der kleine Junge war furchtbar durstig. Langsam kehrte sein Bewusstsein zurück, aber das Fieber sorgte dafür, dass er nicht vollständig zu sich kam.

Die kühle Stahlkette lag fest um seinen Hals, die scharfen Kanten des Würgehalsbands schnitten in seine Kehle. Als er es bemerkte, musste er husten, was sehr schmerzhaft war. Seine Zunge fühlte sich trocken an. Er zwang sich, die Augen zu öffnen und nach der Wasserschale Ausschau zu halten.

Sie war umgestoßen. Er erinnerte sich. Gestern hatte er sich wieder gewehrt, als sein Vater zu ihm kam. Dabei hatte er die Schale umgestoßen. Obwohl ... war es wirklich gestern gewesen?

Az kroch zu der Schale hinüber. Jede Bewegung verursachte ihm höllische Schmerzen, aber sein Durst war größer; die Hoffnung noch etwas Wasser zu finden. Er erreichte die Blechschale und streckte seine Zunge heraus so weit er konnte, die Schmerzen waren ihm egal. Sein Stiefvater sagte immer, er habe eine Zunge, wie ein Hund, er solle sie benutzen, wie ein Hund. Doch in der Schale war kein einziger Tropfen mehr. Der lehmige Boden hatte alles aufgesogen.

Erschöpft viel Az zurück und hob seine kleinen Hände um sich verzweifelt die Augen zu reiben, die brannten. Es war keine Tränenflüssigkeit mehr da, aber sein Körper wollte weinen. Mit diesem Kind stimmte etwas nicht, es ist nicht in Ordnung, Mutter, Vater, helft mir! Bei mir ist etwas nicht in Ordnung!

Plötzlich schwang die Tür auf. Das helle Licht blendete Az, und erschreckte ihn und er stürzte zurück in seine Ecke, mit der alten modrigen Pferdedecke. Die große schwarze Silhouette seines Stiefvaters warf sich bedrohlich über die Szenerie und er verkroch sich zitternd in den Schatten des alten Holztisches unter dem sein Lager war.

"Wo bist du, du Missgeburt?", hörte er den Mann brüllen. Die Tür viel knarzend wieder ins Schloss und schwere Schritte kamen die Treppe herunter. Az zitterte. Sein Vater kam näher und sah unter den Tisch. "Da bist du!"

Er griff nach der Kette, die einen Meter weiter mit schweren Scharnieren in die Wand gedreht war und zog heftig daran. Az würgte, sein kleiner Hals wurde eingedrückt, als er mit einem Ruck unter dem Tisch hervorkam. Er rappelte sich auf und sah seinen Stiefvater an, doch er konnte sein Gesicht in der Dunkelheit nicht erkennen.. "Da!" Er stellte angewidert irgendetwas auf dem Boden ab. Az sah, hörte und roch, dass es sich um Wasser handeln musste. Seine Augen leuchteten und er stürzte sich auf den Hundenapf aus rotem Plastik. Gierig leckte er das kühle Wasser aus der Schale, während die große Silhouette angewidert zusah. Als Az die Schale leer getrunken hatte, sah er mit einem seltsamen Ausdruck in den Augen zu seinem Vater auf. Unbarmherzig fiel der Schatten auf ihn herab, aber die Emotion, die in dem Kind aufkam, war vollkommen eigenartig und verdreht.

"Was willst du eigentlich?" donnerte die Stimme von oben herab und ließ das eigenartige Gefühl verschwinden und in Angst umschlagen. Az zuckte zusammen.

"WAS WILLST DU EIGENTLICH?" Az verstand nicht, er kauerte sich zusammen und wollte weglaufen, aber er wusste, dass er seinem Vater nicht entkommen konnte. Und schon rupfte die riesige Hand an der Kette. Dann traf ein heftiger Schlag den kleinen Kopf und das Kind knallte unsanft auf den Boden.

"Sag mir...was du willst." Az schüttelte den Kopf und sah mit seinen großen, roten Augen verwirrt zu seinem Stiefvater auf. Da hob sich die riesige Hand wieder. "WAS willst du?!"

"Das es aufhört!" entwich aus der Kehle des jungen Blüters. Er traute sich nicht die Augen zu öffnen, doch als der erwartete Schlag nicht kam, wagte er sich, nachzusehen, was geschehen war. Sein Stiefvater hatte sich von ihm abgewandt und fasste sich an den Kopf. "Gut. Das ist gut." flüsterte er und Az sah ein geradezu verzerrtes, weißes Grinsen in dem schwarzen Gesicht. Dann wandte sich das unkenntliche Antlitz wieder zu dem kleinen Jungen. "Du musst lernen, zu sagen, was du willst."
 

Az wachte auf. Er schreckte hoch und fasste sich an die schmerzenden Augen. Er bemerkte wie seine Schwingen leicht zitterten, fasste sich jedoch augenblicklich. Es wollte nicht so recht funktionieren, zu viele Bilder in seinem Kopf, ein Schrei, der Schrei eines Kindes... Az packte an die Kette und zog heftig, mit aller Kraft an dem Würgehalsband. Er riss seinen Kopf nach unten und hustete heftig, die Stimmen verschwanden und er wurde ruhiger. Er atmete ein und aus, wurde sich bewusst, wo er war und dass er stark war. Er war stark, er war kräftig, er war... Kassandra blickte zu ihm herüber. Az ergriff ihren Blick und starrte ihr kalt in die Augen, direkt in die Augen, als wolle er ihre Gedanken zerstören, und sie sah hastig in ihren Schoß. Er hustete.

Der Schmerz war gut, er zeigte ihm, dass er lebte. Er beugte sich nach vorne, streckte seinen Körper und schlug klackernd mit den Flügeln. Dann sprang er auf. Er hatte seine Schuhe noch an und hatte immer noch auf dem Sessel gesessen. Keine Worte verklangen in seinem Geist und als er den Raum wieder wahrnahm sah er, dass Slizer auf der Couch saß.

"Gut geschlafen, Gräte?"

"Geht so." gab Az ohne jede Betonung zurück. "Warst du beim Arzt?"

"Yep. Hats wieder geflickt, aber... Die nächste Woche is nix mit Verwandeln."

"Dann lass es auch." Wieder dieser emotionslose Ton. Man konnte es nicht interpretieren. Slizer hasste es, wenn Az so redete und das tat er oft.

"Man weiß hier drinnen nicht einmal ob Tag oder Nacht is! Ich werd noch bekloppt hier!", grummelte Slizer um das Thema zu wechseln.

"Schau doch ob Vampire rumlaufen. Dann wird's schon Nacht sein," gab Az zurück und schüttelte sich, wobei das Halsband klingelte. Er zog die Stiefel aus und dehnte sich. Er ignorierte Slizers drohenden Blick und begann Liegestütze zu machen. Die Flügel faltete er dafür ganz straff auf den Rücken. Seine Wunde schmerzte, aber er wollte sich trotzdem ein wenig trainieren. Er belastete seine Bauchmuskeln nicht so stark und hoffte, die Nähte würden halten.

Als er bei 52 angekommen war schwang die Tür auf und ein Bediensteter brachte das Essen. Az fragte sich, ob sie es immer zur gleichen Zeit brachten, oder vielleicht gerade nicht, um sie zu verwirren. Slizer machte sich weniger Gedanken und inspizierte das Menu mit der gleichen Freude wie am ersten Tag. Az stand auf und setzte sich auf die Couch gegenüber um ebenfalls zu essen. Kassandra wirkte verträumt und drehte irgendetwas in ihren Händen. Az schaute neugierig zu ihr hinüber um zu sehen, was sie vom Essen ablenkte.

Es war ein kleines Plüschtier, ein Hund mit weißer Brust und dunkelbraunem bis grauem Fell. Das Tierchen schien ein altes zu sein, von vor dem Krieg. Aber es war nicht besonders schmutzig und gut verarbeitet. Es hatte kaum offene Nähte und immer noch schauten beide braunen Glasaugen in das Kindergesicht.

"Woher ist das denn?" fragte Az, während er das Essen in sich hineinschaufelte. Er hatte erstaunlich großen Hunger.

"Hab ich ihr mitgebracht," stammelte Slizer zwischen zwei gehäuften Gabeln.

Az hielt überrascht inne und zog eine Augenbraue hoch. "Wieso das?"

"Keine Ahnung wollte ihr einfach was mitbringen."

Az grinste dreckig. "Na da hast du ihr ja was Süßes ausgesucht. Sieht dir sogar `n bisschen ähnlich." Slizer grummelte.

"Sehr witzig, Gräte. Hätt ihr auch nen abgenagten Fisch mitbringen können, oder wie? Dann hätte sie dich knuddeln können."

"Ganz ruhig, Köter." Az bedachte ihn mit einem Blick der aussagte genug jetzt. Slizer grinste nochmals dreckig und mampfte weiter. Dann hob er plötzlich den Kopf und nahm einen weiteren Teller, auf dem er verschiedene Nahrungsmittel aufhäufte. Er stand auf und brachte den Teller Kassandra, die verdutzt zu ihm aufschaute. "Für dich, Kleine."

Az schüttelte den Kopf und aß zuende, setzte sich dann wieder in den Sessel mit den Kerzen im Rücken und streckte sich. Seine Jeans spannte und er wurde sich bewusst, dass sie nicht mehr richtig saß, weil die Werwolfsklauen ein großes Stück an der Hüfte herausgerissen hatten. Zum Glück war der Gürtel noch in Ordnung. Az beugte sich zu seinem Rucksack und holte eine neue Bluejeans heraus, die er in der Stadt gekauft hatte. Er stapfte durch die kleine Tür hinter dem Sessel und sah etwas Seltsames. Er ging zurück und deutete mit dem Daumen über die Schulter.

"Ey, Köter, hast du das gesehen?"

"Was denn?" fragte Slizer mit vollem Mund.

"Die ham hier `n komisches Klo. Aus so weißem Keramikzeugs. Und ein seltsames Becken mit nem Hahn und nem Spiegel drüber."

"Watt?" Essen flog. "Ich dachte aus Keramik macht man Rüstung und Waffen."

"Ich auch." Az kratzte sich am Kopf und inspizierte die neu entdeckten Objekte. Er fand ziemlich schnell heraus, dass der Hahn genauso funktionierte, wie auch der über der Badewanne. Nur war das Wasser hier kalt. Az holte sein Pillendöschen und nahm einen Schluck Wasser um seine Tagesdosis einzunehmen. Das Wasser schien sehr sauber zu sein. Es hatte keinerlei Eigengeschmack.

Er nahm beide Handflächen zusammen und spritzte sich das kühle Nass ins Gesicht, danach drehte er den Hahn wieder zu und sah sein Gesicht im Spiegel an. Die großen, ausdruckslosen, kalten, roten Augen blickten zurück. Az grinste und seine messerscharfen Fänge grinsten zurück. Er streckte seinem Spiegelbild die Zunge heraus und das lange rosablasse Ding wand sich vulgär und anzüglich um den Spiegel zu berühren. Er leckte über sein Spiegelbild und genoss es das kühle Glas zu spüren und zu schmecken. Seine Zunge war sehr empfindsam und ein Kribbeln durchfuhr seinen Körper.

Dann zog er die Hose aus und faltete sie zusammen. Er ging und holte sich frische Shorts aus seinem Rucksack, Slizer schien wieder bei Cassandra zu sitzen, schaute aber kurz skeptisch zu Az herüber, als er dessen vulgäres Grinsen sah.

"Ich mag Spiegel," meinte dieser nur und ging wieder in das kleine Badezimmer. Er zog sich die neuen Shorts an, ebenfalls die Jeans und zog den Gürtel wieder fest. Er drehte sich geschickt und betrachtete dabei sein Spiegelbild, dann besah er sich seine Wunde. Ein Verband war nicht mehr nötig und er nahm ihn ab. Aber die Fäden sollten noch an Ort und Stelle bleiben. Er drückte ein bisschen an dem rosafarbenen Wundrand herum, kein Eiter, Az war zufrieden. Dann erregte die Toilette plötzlich seine Aufmerksamkeit.
 

Slizer drehte sich verdutzt um, als er das plötzliche Rauschen von Wasser aus dem kleinen Nebenraum hörte. "Was machst du da?" nölte er gereizt. Das Geräusch hatte ihn ein bisschen erschreckt. Az kam kichernd aus der Toilette.

"Das glaubst du nicht, das ist so geil! Aber ich verrat's dir nicht!" Der Blüter warf sich auf die gegenüberliegende Couch und kicherte. Der Wagen mit den Essensresten war schon entsorgt worden.

"Dann eben nicht," grummelte Slizer beleidigt und wandte sich wieder Kassandra zu, der er anscheinend gerade irgendetwas erzählte. Az schlug die Beine übereinander und grinste.

Wenige Minuten später klopfte es an der Tür. Az sprang auf und nahm Haltung an. Er hatte heute gute Laune. Während Slizer noch verdutzt guckte, sagte er schon fest: "Ja bitte?"

Die Tür schwang auf, ohne ein Geräusch zu machen und Arthur schritt herein. Er trug einen altmodischen Anzug, der aus Samt zu sein schien und dessen Schnitt Az irritierte. Die langen dunkelbraunen Haare lagen offen über seinen schmalen, kräftigen Schultern. Seine stechenden, ausdruckslosen Augen ruhten erst auf Az, dann auf Slizer und er nickte zur Begrüßung.

"Wie ich sehe, scheint es euch bereits besser zu ergehen, das freut mich. Ich hätte einen Auftrag für euch. Wie sieht es mit der Kondition aus? Seid ihr bereits in der Verfassung? Die Wunden sind verheilt?"

Az sah in Slizer die Panik aufsteigen, weil er Mist gebaut hatte. Schnell antwortete er mit fester Stimme: "Ich bin einsatzbereit, aber Slizers Verletzung war erheblich schlimmer, als wir dachten. Ich denke er ist nicht in der Lage einen Auftrag anzunehmen. Ich mache es alleine." Militärisch strammstehend sah Az seinem momentanen Vorgesetzten nicht in die Augen sondern stierte stur geradeaus. Aus dem Augenwinkel heraus sah er, wie Slizer zusammensank und Arthur ihm neugierig die Augenbraue hebend, seine vollste Aufmerksamkeit schenkte.

"Nun gut. Ich denke einer von euch wird mir ausreichen. Wir erledigen das sofort, wenn es recht ist?" Der Vampir sah Az mit seinen toten, schneegrauen Augen herausfordernd an und ein bisschen Spot lag Az Meinung nach in dem Eiswind, der seine Tonlage ausmachte.

"Natürlich. Wird für den Auftrag besondere Kleidung von Nöten sein? Meine Lederjacke wird noch repariert."

"Nein, ich denke nicht, komm einfach mit, ich gebe dir deine Instruktionen auf dem Weg in die Stadt."

Az nickte knapp und der Vampir drehte sich geschmeidig in der Tür, um in den Flur zu treten. Der Blüter schenkte Slizer noch einen vorwurfsvollen Blick, den der Köter leidend und entschuldigend erwiderte, dann schnappte er seine BlackFox im Hüfthalfter und das Bastardschwert und stapfte hinter Arthur her, wie ein scharfer Wachhund.
 

In den Ställen hielt der seltsame, stolze Dienerjunge ein pechschwarzes, drahtiges Kutschpferd bereit. Eines jener kräftigen Tiere, die Az schon bei der Ankunft hier gesehen hatte, die mit den roten Augen und dem Behang an den Fesseln. Er fragte sich wirklich was das für eine seltsame Züchtung war. Vampirpferde vielleicht? Er musste innerlich lachen. Soweit, dass Tiere ihr Karma versauen können kommt es noch, vielleicht hat er sie mit seinem Blut gefüttert. Er kam nicht umhin diese Pferde als unglaublich schön zu betrachten. Er war neidisch, denn sie schienen genau die richtige Mischung aus Kraft und Eleganz zu besitzen, die er auch in sich trug. Solch ein Pferd wäre sicherlich der perfekte Partner für ihn.

Az stapfte zielstrebig zu Phaetons Box rüber und zog das Tier hinter sich her in den Gang. Er sattelte ihn und legte die Gamaschen und den Zaum an, den Stirnpanzer ließ er weg. Anscheinend sollte er seinen neuen ,Herren' irgendwohin begleiten, vielleicht als Personenschutz. Auf jeden Fall schien es ihm unangebracht, mit dem Outfit zu übertreiben. Arthur schien es schlicht zu mögen und Az sollte von dessen Stil nicht zu weiten Abstand nehmen.

Zu seinem Erstaunen sattelte und zäumte Arthur das Tier selbst. Der Junge schien es einfach nur fein rausgeputzt zu haben und hielt es fest, während der Untote es fast liebevoll streichelnd reisebereit machte. Die Detailverliebtheit der Vampire war sprichwörtlich, wie Az bemerkte. Sie konnten anscheinend wirklich nicht anders, als bestimmte Abläufe in ihrer Existenz mit pathologischer Akribie einzuhalten, wie man es ihnen nachsagte. In dieser Einteilung des Seins in Strukturen und festgelegte Abläufe lag bei jedem Vampir seine individuelle Schwäche. Wer ewig lebt und eigentlich ein Mensch ist, der muss ja über die Zeit bekloppt werden, dachte Az.

Karkas hatte einmal davon erzählt, dass er in seiner Zeit als Headhunter mal einen Blutsauger zur Strecke gebracht hatte, indem er ihm einen Beutel Reis vor die Brust geworfen hatte, während er selbst verletzt am Boden lag. Der Vampir hatte dem Zwang die versprengten Reißkörner wieder aufzusammeln nicht widerstehen können, obwohl sein Feind noch nicht besiegt war. Der einfachste Kopfschuss seines Lebens, hatte Karkas erzählt und laut gelacht. Az empfand das als etwas unwahrscheinlich. Die Untoten Karmasünder wären nicht so gefürchtet, wenn man sie mit solch einfachen Tricks besiegen könnte. Jeder Vampir war ein Individuum und hatte seinen ganz eigenen Tick, der ihm zur tödlichen Schwäche wurde. Was es bei Arthur war wusste er nicht zu sagen, aber die Besessenheit und Liebe zum Detail, die man seiner Büßerrasse nachsagte, zeigte sich trotz seiner allgemeinen Zurückhaltung in seinen Handlungen.

Az grummelte tonlos in sich hinein. Er stellte sich Vampire als sehr schwierige Kunden vor, ähnlich wie adelige Dämonen konnten sie sich eine Menge erlauben und erwarteten wahrscheinlich neben absolutem Gehorsam auch, dass man ihnen jeden Wunsch von den Augen ablas. Jede in ihren Augen ,unnötige Frage' wurde wahrscheinlich als Respektlosigkeit gewertet. Er beschloss sich bedeckt zu halten.

"Der Auftrag wird leicht", begann Arthur ohne von seiner Tätigkeit aufzusehen. "Hast du schon einmal mit Feen zu tun gehabt?" Er sah Az kurz an, der den Kopf schüttelte.

"Wir werden in die Stadt reiten. Wie du weißt, ist Nürnberg eine freie Stadt, das heißt, sie steht unter der Herrschaft meines Meisters, und dieser bestimmt, dass hier alle Rassen freien Handel betreiben dürfen, solange sie Steuern zahlen. Keine Feindseligkeiten unter den verschiedenen Parteien, alles läuft nach den Gesetzen der Stadt und niemand macht Ärger, sonst fliegt er raus. Die Personen, die wir aufsuchen werden, hielten sich nicht an einige unserer Gesetze, deswegen werden wir sie nun verwarnen."

Az nickte und führte Phaeton hinter Arthur her aus der Boxengasse heraus in die Vorhalle. Der Junge verblieb stumm im Stall und schloss das Tor. Der Vampir stieg auf, Az folgte und das große, gotische Tor wurde von zwei weiteren jungen Dienern geöffnet. Draußen war es dunkel. Sie ritten schweigend den Pfad entlang, der über das Gelände des eingezäunten Anwesens führte und passierten das zweite, schmiedeeiserne Tor, dass sie auf die gepflasterte Straße führte. Arthur hieb dem Tier in die Seiten und galoppierte los, Az hinterher. Das Kopfsteinpflaster war nass und rutschig, aber beide Tiere waren trittsicher. Es nieselte leicht, aber die Sonne schien noch nicht lange untergegangen zu sein, so dass immer noch drückende Schwüle über der Stadt lag.

In den engen Gassen der alten Innenstadt wurde Arthur langsamer und stapfte gemäßigten Schrittes auf dem Rücken des Pferdes am staunenden Volk vorbei. Die Leute schienen ihn zu kennen und genau zu wissen, wer er war. Az ritt links versetzt an seiner Seite und hatte eine eiskalte Miene aufgesetzt.

"Ich werde die Feen einschüchtern, dass sie ihre Spielchen demnächst unterlassen. Dich habe ich als Unterstützung dabei. Du musst nichts weiter tun, als an meiner Seite zu stehen, und sie ein bisschen mit deiner Erscheinung zu erschrecken. Sei ein bisschen grob. Sie werden keinen ernsthaften Ärger machen, aber Feen sind widerlich anstrengende Geschöpfe. Sie spielen gerne Streiche und machen sich lustig, können schwer Dinge ernst nehmen und sie haben Kräfte, die den Geist verwirren. Das wiederum kann gefährlich werden, nimm das hier als Schutz."

Arthur reichte Az eine Schatulle, in der eine kleine verspiegelte Sonnenbrille lag und ein grinsen huschte über sein Gesicht. Eine Sonnenbrille war schwer zu bekommen, und dann auch noch eine verspiegelte. Solch stylische Arbeitsausrüstung konnte Az gefallen. Seine eigene Brille hatte er gar nicht mitgenommen. Sie hatte rote Gläser, etwas, dass er noch nie zuvor gesehen hatte. Sie stammte von seinem ersten Killshot, den er damals bei den Glücksrittern gelandet hatte, einem Typen, der ebenfalls Söldner war und das Pech gehabt hatte, auf der Verliererseite zu stehen. Die Brille war Az' Trophäe gewesen und Karkas hatte sie ihn behalten lassen. Aber diese hier war ebenfalls ziemlich cool. Er fragte sich nur wirklich wozu er die jetzt brauchte. Nun gut, Gegnern nicht in die Augen sehen zu können hatte einen einschüchternen Effekt, weil man ihre nächste Reaktion nicht erahnen konnte. Az liebte gerade seine Brille so sehr, weil das rote Glas dafür sorgte, dass man seine rote Iris durch die Brille nicht mehr ausmachen konnte - sie hob sich nicht mehr von dem Weißen in seinen Augen ab. Aber Arthur, die sich auch eine Sonnebrille aufsetzte, würde ihm schon sagen, wozu genau jetzt die Dinger gut sein sollten.

"Die Feenmagie wirkt nur, wenn sie dir in die Augen sehen können. Nur dann können sie dafür sorgen, dass du Halluzinationen bekommst. Trag die hier, und es ist relativ sicher." Arthur deutet auf Az' Brille, grinste ihn dann kurz an. "Du bist ein eigenartiger Blüter. Deine Flügel sind etwas ganz besonderes, so etwas kennt man nicht. Es wird reichen, dass ich dich dabei habe, und die Feen werden sich nicht lange wehren. Ihr Verstand ist ein bisschen so wie der eines trotzigen Kindes. Du bist ein harter Kerl, du siehst gewalttätig aus, das verkraften sie nicht lange. Ich werde ihren Widerstand brechen."

Az nickte und konzentrierte sich, um die Hautpanzerung aufzulegen. Knirschend zogen sich Adern über seinen freien Oberkörper und seine Haut wurde dunkelbraun, dick und zäh wie Leder. Seine Haare färbten sich schwarz und er wirkte nun noch ein wenig kräftiger. Arthur lächelte zufrieden.

"Brutal", sagte er, "und dennoch elegant. Das gefällt mir. Und das wichtigste ist dein ernster Blick. Feen können mit Ernst nicht umgehen."

Az nickte und Arthur trabte an, um nun etwas schneller durch die Gassen zu kommen. Az folgte in Wachhundmanier. Sie strichen um die finsteren Häuserecken und wurden ehrfürchtig beäugt. Im Hinterhof eines großen Wohnhauses aus rotem Backstein hielt Arthur sein Tier auf dem Ascheplatz vor dem Eingang zu einer kleinen Kneipe. Sie hatte einen Holztreppenaufgang und ein hölzernes, bunt bemaltes, geschnitztes Schild, auf dem "Danaan" stand, hing über der Tür. Vor der Tür standen ein paar Fahrräder und einige bunte Gestalten - höchstwahrscheinlich Feen, wie Az sich dachte - lungerten herum. Auf den ersten Blick waren es alles Teenager in abgefahrenen Klamotten, die in bunten Farben regelrecht zu leuchten schienen.

Als Az und Arthur vor der Tür abstiegen und die Tiere anbanden, guckten die Feen argwöhnisch herüber. Ihre Frisuren waren wild und ihre Haare bunt, ebenso wie ihre Augen, die hatten spitze lange Ohren und auch ihre Haut schimmerte seltsam wie ein bunter Sternenhimmel. Arthur beachtete sie nicht, sondern Schritt an ihnen vorbei. Ein paar bunte, leuchtende Kugeln schwebten in der Luft und Az fragte sich, was das war, hielt sich jedoch nicht damit auf, das Phänomen genauer zu untersuchen.

In der Kneipe gab es eine Theke und mehrere Tische, alles war bunt geschmückt mit viel Kunststoffdreck und Resten von Irgendetwas, sowie mit tausenden von Spiegelscherben Und bunten Plastiksplittern bespickt. Alles war auffällig, leuchtend, grell und knallig. Die Inneneinrichter dieses Etablissements hatten mehr bunten Schrott zusammengesammelt, als man in einer Technomantenbrug finden konnte! Arthur steuerte auf einen Tisch in einer düsteren Ecke zu, an dem mehrere Gestalten saßen.

Leuchtende, bunte Glühbirnen machten die Szenerie nicht heller, sondern psychodelischer. Az hatte den Eindruck, dass sich einige der bunten Lichter selbstständig bewegten. Er wollte sich gerade als durchgetickt einstufen, oder an der Wirkung der Brille zweifeln, da sah er, dass einige dieser ,Glühbirnen' tatsächlich winzige, lebendige Wesen zu sein schienen. Sie sahen aus wie kleine Menschen, nur mir Spitzen Ohren und durchsichtig schimmernden Schmetterlingsflügeln auf dem Rücken, komplett nackt und ihre Körper gaben Licht in je einer bunten Farbe ab. Irrlichter! Sie guckten neckisch und kicherten, als sie den Vampir und den Blüter näherkommen sahen und rotteten sich zusammen, um zu tuscheln. Az konnte ein Grünes und ein Violettes ausmachen und weiter hinten noch ein Dunkelblaues. Sie schienen farblich auf die Feen am Tisch abgestimmt zu sein. Zwei männliche und eine weibliche trugen genau dieselbe Farbe in verschiedensten, glitzernden Nuancen am Körper, sowohl in Haar, Haut, Augen und Kleidung. Noch weitere vier Feen saßen an dem Tisch und ein Flackerlicht wie in einer Diskothek ergoss sich auf den Zuschauer, als sich Pailletten und synthetische Leuchtreflexe zu bewegen begannen. Das Bunte Volk grinste den offensichtlichen Aggressoren entgegen. Die Cocktails und Getränke, sowie die Gläser waren alle in verdrehten Formen und mit bunten Farben versehen. Az kniff gereizt die Augen zusammen und knurrte leise. Er sah Arthur grinsen.

"Meine Damen und Herren, darf ich um Ihre viel geschätzte Aufmerksamkeit bitten?" Arthur klatschte enerviert in die Hände und stellte sich direkt an den Tisch mit dem schnatternden Feenhaufen. Az trat stapfend neben ihn und senkte den Kopf wie ein scharfer Dobermann, die Hände bereit zum Angriff rechts und links neben dem Körper gespreizt, die Schwingen hatte er bislang noch auf dem Rücken zusammengefaltet.

"Natürlich, Euer Hochwohlbegraben, oder sollte ich besser sagen, Euer Unsterblichkeit?" Der dunkelblaue Typ mit den smaragdgrünblauen Augen feixte zu Arthur herüber. In seinem Arm lag ein jüngerer Kerl, der höchstens dreizehn war und eine violette Plüschjacke im Frauenschnitt anhatte. Alle Feen waren unglaublich schön und Az musste sich eingestehen, dass er nicht ungern mit ihnen gespielt hätte. Der kleinere Junge hatte Magentahaar, das wie Flammen nach oben gestachelt war und leckte dem älteren in Dunkelblau am Hals herum.

"Eure Späße sind hier nicht erwünscht. Ihr wisst warum ich hier bin, und mein Herr ist nicht erfreut. Ihr habt sein großzügiges Angebot ausgeschlagen und euch so einiges erlaubt. Ich bin hier um eure Entscheidung zu erfahren. Steht ihr hinter Ceran, ja oder nein?"

Die Feen kicherten und machten sich anscheinend lustig. Der Dunkelblaue schien eine Art Anführer zu sein, an dem bis auf den violetten Jungen, noch ein dunkelgrünes Mädchen herumknabberte. Az kümmerte sich augenscheinlich kaum um das, was Arthur sagte. Aber in Wirklichkeit entging ihm nichts. Anscheinend war Arthur doch nicht unbedingt hier, um das zu tun, was er Az erzählt hatte. Hier ging es um mehr. Aber als Söldner stellt man keine Fragen, wie Az schon zuvor vermutet hatte, waren Vampire mindestens so eingebildete Kunden, wie Dämonen. Wenn Arthur ihm nicht erzählen wollte, worum es ging, sollte ihm das egal sein. Hauptsache, er bekam genug gesagt, so dass er seine Aufgabe richtig machen konnte, und sein Geld bekam.

Der Anführer nahm einen Schluck aus seinem Glas und die anderen Feen sahen sich glucksend und kichernd um. Ein Mädchen in strahlendem Pink versuchte anscheinend Az Blick zu erhaschen, sie starrte ihm direkt vor die Sonnenbrille. Das schien sie zu ärgern, denn nichts geschah. In ihren Augen loderte ein Wirbel von Farben hoch und Az blickte finster drein, doch die Sonnenbrille schien zu halten, was Arthur versprochen hatte.

"Dein Alter kann mich mal", grinste der Blauhaarige und lehnte sich nach vorne, um einen Schluck aus seinem Cocktail zu nehmen, während ihm das grüne Mädchen in das weit auseinanderfallende Hemd griff. "Was erzählst du da überhaupt? Wenn Ceran glaubt er könnte sich mit Faith anlegen, dann..."

Az Faust donnerte auf den Tisch, als der Anführer der Feen mit der Hand gestikulierend näherkommen wollte. Seine Flügel spreitzten sich und er begann sie zu schütteln, wobei die aneinanderreibenden Gelenke ein Geräusch wie von einer zischenden Klapperschlange von sich gaben. Ausnahmslos alle Feen waren zusammengerückt und schauten ziemlich erschreckt drein. Der Anführer fasste sich als erstes wieder und starrte wütend zu Az herüber, der langsam die Hand wieder vom Tisch nahm.

Arthur grinste unendlich zufrieden. "Anlegen, Faith? Du siehst das falsch, wir müssen uns mit euch nicht ,anlegen'. Es ist vielmehr so; du kannst auf der Seite der Gewinner, oder auf der Seite der Verlierer stehen." Arthur beugte sich ganz nah zu den Feen runter, was bei allen Gesten der Abwehr hervorrief, woraufhin Az seine Drohgebärde verstärkte und unmenschlich tief zu knurren begann. "Und wenn ihr euch für die Verlierer entscheidet, werden wir euch ausradieren, denn bald schon," er sah sich verschwörerisch um und grinste mit seinen langen Eckzähnen, "wird Ceran hier das Sagen haben! Und es wird finster für euch aussehen, wenn sein alter Herr nicht mehr da ist, um seine Gesetze aufrecht zu erhalten."

Die Feen folgten Arthur mit zornigen Blicken, als er den Kopf wieder aus ihrer Höhe nahm und sich aufrecht hinstellte. Az stand nun in Schrittstellung und hatte jeden Muskel angespannt. Sein Gesichtsausdruck war wie aus Stein, aber er sah wütend aus und knurrte die ganze Zeit unterschwellig. Das grüne Mädchen sah verschüchtert drein und der Junge mit den Magentahaaren zornig, auch wenn er sich hinter dem blauhaarigen Faith versteckte, der immer noch großkotzig mit gespreizten Beinen am Tisch saß und sehr wütend, aber auch verängstigt aussah.

"Ich wünsche euch noch eine schöne Nacht, meine Lieben. Und teilt uns eure Entscheidung möglichst bald mit, wäre doch schade um so einen schönen bunten Unterschlupf, oder?" Arthur ging leise lachend hinaus und Az spreizte noch einmal drohend die Flügel, wie eine Kobra, die bereit zum Angriff ist. Dann wandte er sich um, um seiner'Schutzperson' hinterher zu gehen, faltete die knöchernen Flügel blitzschnell, mit einem lauten Knall, wie von einem Schuss zusammen und verließ mit Arthur das Lokal.
 

Draußen auf der Straße, als sie den Weg zurückritten, den sie gekommen waren, nahm Az die Sonnenbrille ab, und verstaute sie in der Schatulle. Arthur grinste zufrieden und sah den Blüter dann mit verschlagenem Blick an.

"Das ist gut gelaufen, sehr gut. Du hast dich gut gemacht, ihr Wiederstand wird brechen. Und weil du deinen Job so hervorragend gemacht hast, will ich dir ein Geheimnis verraten." Er schaute verschwörerisch drein und kam näher zu Az, um direkt neben ihm zu reiten. Blickte ihn aber nicht an, und sprach leise weiter. "Mein Erzeuger, Ceran, hat vor die Stadt zu übernehmen. Er will seinen Erzeuger, den Herren dieser Stadt, stürzen. Wir sammeln im Moment Verbündete und ihr beide wärt uns sehr recht. Der Herrscher dieser Stadt hat einige Kinder, mächtige Vampire, die stärker sind, als Alexandra und ich. Aber die Stimmung in der Stadt ist gut. Wir werden es schaffen. Habt ihr zwei Interesse daran, uns zu unterstützen? Wir würden euch natürlich äußerst gut dafür bezahlen. Und ich verspreche euch einen gut bezahlten Job in der Stadt, wenn die Übernahme erst einmal über die Bühne ist."

Az hatte aufmerksam zugehört und seine Miene hatte sich nicht verändert. Innerlich sah das anders aus. In was für eine gottverdammte Scheiße wurde er hier gerade hineinmanövriert? Einen tausend Jahre alten Vampir zu stürzen war nicht die Art von ,Job', die er sich wünschte. Aber was sollte es schon? Die Bezahlung für Kleinigkeiten war gut, wie würde dann erst die Bezahlung für richtige Arbeit sein?

"Ich muss das erst einmal mit meinem Partner besprechen", sagte er ruhig. "Es ist nicht so, als wenn es uns nur im Doppelpack gäbe, aber ich will wissen ob er mitzieht. Ich denke mit mir könnt ihr rechnen. Ich mache fast alles, wenn die Bezahlung stimmt."

Arthur lächelte zufrieden und ritt weiter geradeaus. "Gut. Rede nicht darüber. Der Alte hat seine Augen und Ohren überall, er ist sehr verschlagen und sehr mächtig. Aber es ist Zeit für einen Wechsel. Ceran ist ebenfalls äußerst mächtig. Er wird ihn zerquetschen."

Az nickte nur. Er wusste nicht, was das alles sollte, aber solange das Geld stimmte konnte das hier vielleicht sogar interessant werden. Er verstand nur nicht, wie Arthur zwei völlig Fremde in so eine lang geplante Sache mit einbringen konnte. So gut schien es für diesen Ceran nicht zu stehen, der Werwölfe mit einem Schlag teilte. Vielleicht war das ganze auch nur eine Falle, um die zwei loszuwerden, Az traute hier niemandem, also hielt er sich bedeckt.

Sie ritten an einem kleinen Hotel vorbei, das wie viele andere Häuser schief und charmant in einer der vielen engen Seitengassen stand. Die Dachschindeln waren auffällig hellblau bemalt. Es hatte mehrere Etagen, und sah aus, als habe man ein Haus von normaler Größe zusammengequetscht worauf es Sonnenschirme und Plastikstühle ausgespuckt haben musste, die nun vor der Tür standen. Der beleuchtete Eingang sah aus wie ein warmer Rachen und einige der wenigen Zimmer schienen Balkons mit verspielten, schmiedeeisernen Gittern zu haben. Über der Tür hing ein Schild, mit auffälliger, silberner Farbe bemalt, auf dem ,Pale Moon' stand und im Erdgeschoss befand sich allem Anschein nach eine Kneipe.

Glühwürmchen hingen in der Nacht und der Mond beleuchtete eine Gestalt, die auf dem höchsten der Balkone stand und sich weit über das Geländer gebeugt hatte. Sie war äußerst schlank und hatte sich lasziv und akrobatisch mit dem Oberkörper in die Waagerechte begeben, um anscheinend die Straße unter dem Balkon kopfüber im Blick zu behalten, während sie aus einer Flasche eine klare Flüssigkeit trank. Sie war klein und zierlich, bewegte sich übertrieben geschmeidig und ihre Silhouette hatte keine auffälligen Merkmale, wie Flügel, Hörner oder Schwanz. Anscheinend trug sie eine helle, kurze Frauenlederjacke und enge dunkle Hosen. Az verengte die Augen zu Schlitzen, als sie näher kamen und hatte ein komisches Gefühl. Das Gefühl, diesen Jemand zu kennen, seine Aura schon einmal geschmeckt zu haben.

Die Gestalt drehte sich plötzlich um, sah mit schiefgelegtem Kopf zu Az herüber und grinste plötzlich Schneeweiß, als die beiden vorbeiritten. Ungelenk wie ein Kind und doch geschmeidig wie eine Raubkatze hangelte sich die Gestalt auf das Geländer und hob die Flasche in Az Richtung, während sie mit der anderen Hand hysterisch winkte. Az senkte den Kopf und knurrte leise fluchend. Arthur sah amüsiert zwischen ihm und der Person hin und her.

"Ein Freund von dir?", fragte der Vampir interessiert.

"Nein. Nicht direkt", knirschte Az und sein Dämonenblut geriet in Wallung, als er direkt neben dem Hotel vorbeikam und der kleinen Gestalt keinen Blick schenkte.

"Geht mich ja nichts an", flüsterte Arthur amüsiert und sah sich den winkenden, silberhaarigen Jungen interessiert an.

Az knurrte und preschte einfach los. Phaeton wieherte und Arthur gab seinem Pferd ebenfalls amüsiert die Sporen.
 

Auf dem obersten Balkon des ,Pale Moon' stand ein verdutzt dreinblickender Dämon, der nicht zu verstehen schien, warum er ignoriert wurde. Doch dann wurde sein Blick gerissen und schwarz wie seine Seele und er nahm einen weiteren Schluck Wodka.

"Interessant, dich hier zu sehen, Sohn des Ashmodai", flüsterte Ays der Nacht zu. "Mal sehen wie lange es dauert, bis sich unsere Wege wieder kreuzen."

Von dinnen wurde er gerufen und er verschluckte sich gekünstelt an dem Wodka und hustete. Seine Miene wurde wieder die eines sechzehnjährigen, naiven Jungen und er stolperte ungelenk hinein.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von: abgemeldet
2007-05-12T00:06:45+00:00 12.05.2007 02:06
Nun, dann will ich doch auch mal zumindest ein paar Worte an dieser Stelle von mir geben, nachdem ich alle Kapitel schon vor einiger Zeit goutiert habe ...

Ich bin kein Fachmann in Dystopien - hab da kaum was gelesen, außer Bouille, Matheson und Wells - und ich habe nicht den blassesten Schimmer, inwieweit es eine vergleichbare Szenerie schon gibt. Die Vorstellung einer verrohten Zukunft (abgesehen von der Gegenwart des Übernatürlichen) erscheint mir jedenfalls nicht abwegig - das haben wir ja tendenziell schon in der Gegenwart.
Meine Güte, so recht weiß ich eigentlich nicht, was ich schreiben soll. Deine Detailverliebtheit ist m. E. eines der wichtigen Elemente, die zur Atmosphäre der Handlung beitragen, also bitte schön beibehalten ;). Ich mochte die Farbigkeit, den gelegentlich heftig mitspielenden Zynismus, fand die Action nicht überzeichnet und Humor und Lakonie im richtigen Verhältnis eingebracht (mit mithin beinahe extremen ironischen Brechungen, die mir auch sehr gefielen). Dein Stil hat es mir echt angetan, die Handlung ist gut durchdacht und (ganz offenbar *g*) geeignet, die Leser bei der Stange zu halten, die Charakterzeichnung ist geglückt - so geglückt, daß ich zwischendurch dasitze und mir Gedanken über den Protagonisten mache, ganz abseits vom geschriebenen Wort. Und ja, ich rede da natürlich von Az. Eigentlich würde ich ihn gelegentlich ganz gerne in den Arm nehmen, aber das würde ihm sicherlich nicht gefallen. Ich mag auch Slizer, aber der ist freilich von ... nun ja, schlichterem Gemüt *g*. Das Hündische in ihm hast Du echt gut eingefangen.

Mit Vampiren widerum kenne ich mich ganz gut aus und war deshalb zusätzlich angenehm überrascht, in Deinem Roman über welche zu stolpern. Intrigantes Pack. Deswegen spiel ich die so gerne. *fg*

So, das war jetzt meine "rationale" Betrachtung von "Our Darkness". Auf irrationaler Ebene gesagt: sie hat mich heftigst mitgerissen und ziemlich sprachlos gemacht, ich konnte mit dem Lesen nicht aufhören, und eigentlich bin ich ja Einiges gewöhnt. Wird nicht Jedermanns Sache sein, mutmaße ich, aber was mich betrifft: ich ziehe mit Hochachtung und Vergnügen meinen Hut vor einem Talent, das näherer Betrachtung fraglos wert ist.

/bows deeply

P.S.: Tut mir leid, mein Schreibstil. Direkt nach dem Lesen war ich irgendwie zur Lautäußerung nicht fähig, und nachdem es sich gesetzt hat - nun, da fasele ich wieder. *g*

P.P.S.: Aaaalso ... zumindest zum Teil kann ich mir denken, was es mit dem Knaben so auf sich hat ... *kicher*

P.P.S.2: Und wann geht's endlich weiter? *fg*
Von: abgemeldet
2006-08-02T15:28:06+00:00 02.08.2006 17:28
ok... dann werde ich mal den nächstem kapitel
entgengefiebern. *g*
Von:  Alexej_Axis
2006-08-02T15:17:53+00:00 02.08.2006 17:17
Jaja, das nächste Kapitel ist in Arbeit, wie gesagt. °_^; dummerweise hat mein Rechner einen großteil davon gefressen, was mich sehr hart getroffen hat. Es steckt nunmal sehr viel Arbeit in der Schreiberei... der Junge mit dem silberhaar wird im nächsten Kapitel genauer beleuchtet werden. ;)
Az kennt ihn... sonst hätte er mit gleichgültigkeit reagiert... oh ja er kennt ihn, *fg* ihr werdet schon sehen, warum er so reagiert hat.
Von: abgemeldet
2006-08-02T15:08:17+00:00 02.08.2006 17:08
echt schade, dass du im moment keine zeit hast, weiterzuschreiben! Hoffe du kommst bald mal wieder dazu!!!
Wer is der 16jährige Typ?
Hat Az ihn erkannt, oder hat einfach so wie immer reagiert und ihn ignoriert?
diese feen... kann ich mir so richtig vorstellen... so bunt und schräg... wenn ich die echt sehen würde, würde ich mir denken: Oh mein Gott, oder etwas in die richtung... besonders bei pinken personnen *lol*
Von: abgemeldet
2005-09-13T19:09:18+00:00 13.09.2005 21:09
mmmh das ist ja n wunddertolles kapitel... mal abgesehen davon das ich mir alles mögliche an fortsetzungen ausgedacht habe *fg*.
aber dein schreibstil ist ja einmalig, jaja besonders der anfang war gut...nachdenklich-machend, aber gibt n klein einblick in die geistes zustände von Az^^
jupp ich freu mich auf die fortsetzung und hoff, das sich das hier nich zu sehr nach schleimen anhört XD


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