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Bin ich eine Elbe oder was?!

von

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Schlimmer geht's immer

Disclaimer: Tolkien gehört alles und mir nichts, ich verdiene kein Geld mit der Story und die Handlungen sind frei erfunden.
 

17. Kapitel
 

Schlimmer geht's immer
 

Seufzend streckte ich alle Viere von mir und genoss die letzten friedvollen Augenblicke bevor mein hartes, schweißtreibendes Training beginnen würde.
 

Mit Haldir.
 

Wieso zum Teufel mit Haldir? Ich mein, sollte er nicht zurück in den Krieg? Oder hatte Oma mit ihrer ich-misch-mich-in-alles-ein-Telepathie Haldir angewiesen, zusammen mit Elladan und Legolas zurückzukehren?
 

Argh! War ja auch egal. Wichtig war nur, dass ich jetzt ausgerechnet dem unheimlichsten Kerl von ganz Mittelerde ausgeliefert war. Oh Gott...
 

Plötzlich piekste mir etwas in die Seite. Automatisch griff ich nach dem Ungeziefer und bekam einen Stiefel zu fassen.
 

Gegen die Sonne anblinzelnd sah ich hoch in das schelmisch grinsende Gesicht von Elladan.
 

Entnervt ließ ich meinen Kopf zurück ins Gras sinken.
 

„Liebstes Cousinchen, warum so bedrückt?“
 

Ich warf ihm nur einen vernichtenden Blick á la „liebstes Cousinchen“ Cala zu.
 

Grr, war ich so froh, dass er ausgerechnet dann seinen Humor für unsere Verwandtschaft entdeckte, wenn ich es am wenigsten gebrauchen konnte.
 

Ich mein, okay, ich hatte selbst zugestimmt, dass ich dieses Training mitmachen würde, aber, aber, da hatte ich ja noch nicht gewusst, dass mich Haldir unter seine Fittiche nehmen würde...
 

„Was ist denn los? Hast du etwa Angst davor, mit Haldir zu trainieren?“ gluckste er.
 

Am liebsten hätte ich ihm den Hals umgedreht. Wütend richtete ich mich auf. „Ich hab keine Angst! Wie kommst du bloß auf so einen Gedanken? Warum sollte ich denn Angst haben vor ein bisschen Training? Pah!“
 

Elladan grinste immer noch und als ich seinem Blick folgte, ließ ich sofort das Büschel Gras fallen, das ich in meinen Händen zerrupft hatte.
 

„Du hast keine Angst, mmh?“ meinte er nur und ließ sich neben mir ins Gras plumpsen.
 

Ich schmollte. „Findest du ihn etwa nicht seltsam?“
 

Elladan lachte. „Auch nicht seltsamer als alle anderen hier“, meinte er nur.
 

„Aber er tut immer so... geheimnisvoll und allwissend und so... weise.“
 

Elladans Gesichtsausdruck wurde ernster. „Du bist sehr behütet aufgewachsen auf der Erde, während hier Jahrzehnte lang Krieg herrschte. Die Freien Völker lebten ständig in der Angst, ihr Leben oder ihre Freiheit zu verlieren. Männer waren zumeist mehrere Jahre lang von ihren Familien getrennt. Es verändert das Wesen eines jeden.“
 

Ein unheimlicher Schauer rann mir über den Rücken als er so sprach. So hatte ich es noch nicht gesehen...
 

„Hat Haldir eigentlich eine Familie?“ fragte ich.
 

Elladan lächelte etwas traurig. „Galadriel, Celeborn und Legolas – das ist die einzige Familie, die er hat.“
 

Ich runzelte die Stirn. „Oh.“ Da war ein seltsamer Stich in der Nähe meines Herzens, aber ich wusste nicht genau, was es zu bedeuten hatte. „Wie ist es, im Krieg zu sein? Eine Schlacht zu schlagen?“
 

Mir war nie in den Sinn gekommen, über den Krieg nachzudenken. Ich mein, klar, ab und zu hatte ich mich gefragt, wie es unseren Kriegern wohl ging; aber wirklich verstanden, was dieser Krieg bedeutete und welche Konsequenzen er haben konnte, das hatte ich nicht.
 

„Wie ist es im Krieg?“ fragte ich erneut und zupfte verstohlen am Ärmel meines Gewandes herum. „Wies ist es zu kämpfen?“
 

Elladan sah mich überrascht an. „Cala...“ Er räusperte sich. “Du bist nicht dafür verantwortlich, was Haldir und allen anderen im Krieg widerfahren ist und immer noch widerfährt.”
 

„Bin ich nicht?“ fragte ich sarkastisch. „Dieser Krieg wird ja auch nur geführt, weil Lephisto mich haben will... aber hey, das hat ja rein gar nichts mit mir zu tun, sondern nur mit meiner zweiten Persönlichkeit, die zufälligerweise auch Cala heißt.“
 

„So hübsch ist deine zweite Persönlichkeit nun auch wieder nicht, dass deswegen Kriege geführt werden, kleine Cousine“, sagte Elladan und grinste schelmisch.
 

Ich wurde rot und funkelte ihn wütend an. Ich wusste nicht worüber ich mich mehr aufregen sollte: darüber, dass er mich nicht ernst nahm, wenn ich mal meine „Fünf Minuten der Ernsthaftigkeit“ hatte oder darüber, dass er mich für so oberflächlich hielt.
 

„Cala“, sagte Elladan, nun wieder ernst. „Lephisto ist ebenso rachsüchtig und habgierig wie sein Vater es war. Ich bin mir sicher, dass es keinen bestimmten Grund für diesen Krieg gibt abgesehen davon, dass er die Herrschaft über Mittelerde erlangen will. Vor vielen Jahren mochte er ja nach dir und den anderen Königskindern getrachtet haben, aber dies ist nicht länger der Fall. Dieser Krieg ist nicht deine Schuld. Es war nur eine Frage der Zeit bis er fortgeführt würde. Er hat vor langer Zeit mit Sauron begonnen und wird hoffentlich mit Lephisto enden.“
 

Ich schwieg. Ich hatte mich in meinem Projekt „Ich-kümmere-mich-um-Dinge-außerhalb-Klein-Calas-Welt“ wohl etwas übernommen. Das Thema Krieg jedenfalls dämpfte meine Stimmung doch ziemlich stark.
 

Elladan nahm meine Hand und drückte sie, um meine Aufmerksamkeit wieder auf sich zu ziehen.
 

„Genug davon“, sagte er gespielt fröhlich. „Erzähl mir lieber etwas über deinen Freund... Ben war sein Name?“
 

Ich schüttelte kurz den Kopf und vertrieb alle Gedanken an Krieg aus meinem Kopf. „Was willst du wissen?“
 

„Was hat es mit diesem Ben auf sich?“ Elladan runzelte nachdenklich die Stirn. „Ist er nicht einer von deinen Freunden von der Erde? Was macht er dann hier?“
 

Äh, gute Fragen, sehr gute Fragen... auf die ich leider selbst keine Antworten hatte. Mmh, seltsam, das war mir vorher gar nicht so aufgefallen, aber tatsächlich hatte Ben nie diese Fragen beantwortet, aus welchem Grund auch immer.
 

Trotzig hob ich das Kinn, als ich schon wieder Elladans misstrauische Miene sah. „Ja, er ist ein Freund von mir, und ich vertraue ihm vollkommen!“ sagte ich etwas lauter, in der Hoffnung, der Sinn meiner Worte würde dadurch leichter einen Weg durch den Dickschädel meines Cousins finden.
 

Er bedachte mich allerdings nur mit einer hochgezogenen Augenbraue. Ph. Nachmacher.
 

„Ben ist doch der Junge von der... Party, mit dem du getanzt hast“, erinnerte er sich und betrachtete mich mit seinem Pseudo-Laserblick. Den musste er wohl noch ein wenig üben... „In welcher Beziehung stehst du denn nun zu ihm?“
 

Na, wenn das mal kein Déjà-vu Erlebnis war... Und warum waren eigentlich alle daran interessiert zu wissen, ob Ben und ich zusammen waren?!
 

„ER. ICH. SEIN. FREUNDE! DU. KAPIEREN?“ giftete ich.
 

Elladan betrachtete mich, als hätten mich kleine grüne Männchen in einem Zeitraum von einer Minute entführt und einer Gehirnwäsche unterzogen.
 

Hmpf. In Mittelerde musste man ja auch zwangsläufig seinen Verstand verlieren... und bei der Verwandtschaft kam eh jede Hilfe zu spät.
 

Er sah mich zwar immer noch leicht skeptisch und vorsichtig an, wechselte jedoch wohlweißlich das Thema. „Wie ist er hierher gelangt? Mir war nicht bewusst, dass man auf mehreren Wegen von der Erde nach Mittelerde reisen kann.“
 

Verdammt. Wo blieb Haldir eigentlich? Hier war seine Chance, sein Image bei mir gewaltig aufzupolieren, indem er mich vor zu neugierigen Cousins errettete, aber nein...
 

„Äh, ehrlich gesagt, weiß ich das gar nicht so genau... Er hat mir erzählt, dass er von Edoras hierher gekommen ist...“, erwiderte ich lahm. Langsam fühlte ich mich echt unbehaglich. Arwens und Glowys Bedenken kamen mir wieder in den Sinn, und zum ersten Mal bekam ich ernsthafte Zweifel, was Ben betraf... konnte er wirklich Lephisto sein? Immerhin hatte Lephisto ja auch einige Zeit auf der Erde verbracht, bevor er zurück nach Mittelerde kam und mit seiner Armee Rohan angriff und nun versuchte, weiter nach Lothlórien vorzudringen...
 

„Cala, was weißt du eigentlich über Ben? Wie gut kennst du ihn?“
 

Mein Kopf schwirrte. Ben konnte nicht Lephisto sein. Er war viel zu nett, zu aufrichtig und schüchtern, um ein fieser und kaltblütiger Mörder zu sein. Er konnte es einfach nicht sein...
 

„Er ist Klassenbester in der Schule. Und sehr beliebt. Er ist nett und hilfsbereit. Ich wüsste gar nicht, was ich manchmal ohne ihn in Mathe tun würde...“, sagte ich und grinste leicht bei der Erinnerung an eine bestimmte Mathestunde.
 

„Und seine Herkunft?“ hakte Elladan weiter nach. „Was weißt du über seine Familie?“
 

Mmh... „Seine Eltern habe ich nie gesehen; zumindest nie auf irgendwelchen Schulfesten. Aber ich kann mich vage an seinen älteren Bruder erinnern... hässlicher Kerl“ sagte ich und schüttelte mich. „Ich mag ihn nicht. Er ist immer ziemlich fies zu Ben.“
 

Einmal hatte ich es ihm heimzahlen wollen, dass er so fies zu Ben war, und seine Schnürsenkel zusammenbinden wollen. Damals waren wir in der fünften Klasse. Ich dachte, so groß wie Bens Bruder war würde er mich schon nicht sehen, wenn ich mich von hinten an ihn heranschlich, als er nach unserer Klassenaufführung an der Schlange zu den Getränken stand. Ich werde nie vergessen, wie seine Augen mich förmlich durchbohrten, als er mich erwischte...
 

Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken.
 

Plötzlich sprang Elladan wie von der Tarantel gestochen auf die Füße. „Lady Berethniben“, grüßte er mit einem höflichen aber dennoch recht knappen Nicken.
 

Ich stöhnte und verdrehte die Augen. Das wurde ja immer besser.
 

Erst wird mir gesagt, dass Haldir mein Training übernehmen würde; dann schafft Elladan es, mich an Ben zweifeln zu lassen; und nun, kurz vor Beginn meines Trainings, betrat auch noch Lady B rein zufällig den Trainingsplatz!!
 

Seufzend stand ich auf und strich meine Kleidung glatt.
 

Lady B schenkte Elladan ein zuckersüßes Lächeln und streckte ihm in einer seltsamen Ausholbewegung die Hand hin, welche er zu ignorieren wagte – hoch lebe die Familie!
 

Lady B’s Lächeln gefror und sie strich sich mit ihrer zurückgewiesenen Hand betont lässig durchs Haar.
 

Hehe. Blöde Kuh.
 

Dann glitt ihr hochmütiger Blick zu mir, und man konnte genau in ihren Augen lesen, was sie dachte, als sie abfällig meine „Männerkleidung“ (sprich: Hemd und Hose) betrachtete.
 

Ja, ja, Emanzipation war schon was Feines. Arme, vorsintflutliche Lady B... Sollte ich sie je mal auf einen Ausflug zur Erde mitnehmen, würde sie wahrscheinlich vor Schock in Ohnmacht fallen. Mmh, wenn ich’s mir recht überlegte, klang das gar nicht mal so schlecht...
 

„Prinzessin... chrm... Caladeth“, begrüßte sie mich und verschluckte sich dabei fast schon am ersten Wort. Arme Lady B, sie schien wirklich arge Probleme damit zu haben zu akzeptieren, wer ich war. Vielleicht würde es ihr leichter fallen, wenn ich mein Krönchen aufsetzte und damit herumstolzierte so wie sie es tat – nur ohne Krone. Bäh.
 

„Hallo“, sagte ich simpel. Hey, ich konnte mir das erlauben. Ich war die Thronfolgerin von Lothlórien. Irgendetwas Positives musste dieser Status schließlich haben...
 

Elladan lächelte amüsiert.
 

„Ich hoffe, Ihr habt vorhin keinen falschen Eindruck gewonnen“, sagte Lady B. „Von mir und Legolas.“
 

Hinterhältiges Biest. Das könnte ihr so passen, wenn ich ihr zeigen würde, wie sehr mir dieser „falsche Eindruck“ missfallen hatte...
 

Ich klimperte mit den Wimpern. „Nicht doch, Lady Berethniben. Die Situation in Prinz Legolas’ Zimmer war doch ganz eindeutig. Jetzt weiß ich wenigstens, warum Ihr Euch so gut mit – drücktet Ihr es noch mal aus? Oh ja, aufgeschlossen; warum ihr Euch so gut mit aufgeschlossenen Damen auskennt.“
 

Lady B’s Gesicht lief puterrot n, während ihr der Mund auf- und zuklappte wie bei einem elektronischen Nussknacker.
 

Elladan begann zu husten, doch ich sah wie er sein Lächeln hinter seiner vorgehaltenen Hand verbarg.
 

Hehe. 1-0 für Cala.
 

Abrupt machte Lady B auf dem Absatz kehrt und stürmte davon.
 

„Das muss ich Legolas erzählen“, murmelte Elladan, mittlerweile lauthals lachend, und verließ ebenfalls den Trainingsplatz.
 

Und mit einem Schlag harrte Klein-Cala ganz allein der gefürchteten Trainingsstunde und dem noch gefürchteteren Trainer.
 

Na toll.
 

Aber nein, nicht ganz allein...
 

„Gibt es überhaupt eine Person, Lady Caladeth, der Ihr Respekt zollt?“ fragte jemand hinter mir. Und ausgerechnet König Thranduil kam mit gerunzelter Stirn zum Vorschein.
 

„Zumindest ganz sicher nicht Personen, die mir selbst keinen Respekt gegenüber zeigen“, antwortete ich zaunpfahlwinkend.
 

König Thranduil schien den Wink mit dem Zaunpfahl erkannt zu haben, denn er sah auf einmal doch recht unglücklich aus für einen Elben.
 

Ich bekam allerdings den Schock meines Lebens, als er auf einmal seinen Oberkörper nach vorne neigte – zwar nicht ganz so tief wie mein rosagesichtiger Untertan, aber doch so, dass sein Kopf auf gleicher Höhe wie mein Kinn war – und sagte: „Ihr habt Recht. Meine Manieren Euch gegenüber von unserer ersten Begegnung an sind unverzeihlich. Ich entschuldige mich für mein ungebührliches Verhalten. Ihr seid eine offene und ehrliche junge Frau, ohne Arglist oder Hintergedanken. Ich hatte mir ein falsches Bild von Euch gemacht, und mein Verhalten Euch gegenüber wurde durch meine Vorurteile bestimmt. Ich bitte Euch, nehmt meine aufrichtige Entschuldigung an.“
 

Oh.
 

Okay.
 

Was zum Teufel... Hatte er Drogen genommen oder so was?! War ich im falschen Film? Hatte König Thranduil einen Doppelgänger? Oder hatte ich mal wieder was verpasst? Wer ja nichts Neues... Vielleicht hatte ich ja aus Versehen Drogen genommen? Oder Lady B versuchte mich zu vergiften und als Symptome des Giftes bekam ich Wahnvorstellungen...
 

Ah, er machte mir Angst! Vielleicht arbeitete er auch mit Lady B zusammen... Aaaah!
 

,Beruhige dich, Cala. König Thranduil mag ein eigensinniger und sturer Mann sein, doch er ist nicht ungerecht. Er gesteht seine Fehler ein und versucht, sie Wiedergutmachung zu leisten. Sein auffallend negatives Verhalten dir gegenüber gründete nur auf seiner Angst, du könntest seinen Sohn ausnutzen wollen für deinen eigenen Vorteil. Sieh es ihm nach, Cala, denn sein Sohn ist sein Ein und Alles.’
 

Omis Worte machten Sinn. Irgendwie. Das Einzige, das überhaupt nicht in ihre schöne Theorie passte, war die Tatsache, dass König Thranduil von Anfang an seinen privaten Feldzug gegen mich geführt hatte.
 

,Er hatte seine Gründe.’
 

Ich schnaubte. Toll. Und was für Gründe sollen das bitte gewesen sein?
 

,Das wird dir Legolas zu gegebener Zeit erklären. Vielleicht sogar König Thranduil selbst.’
 

Klasse. Jetzt war ich genauso weit wie vorher.
 

Ich warf meiner Oma, die gerade mit Opa und Haldir auf die Lichtung marschierte, einen genervten Blick zu.
 

Dann erst erlöste ich König Thranduil. Trotz Entschuldigung konnte er ruhig ein bisschen leiden...
 

„Erhebt Euch, König Thranduil. Ich nehme Eure Entschuldigung an. Auf das wir in Zukunft bessere Verbündete werden, damit das Bündnis zwischen unseren Völkern noch enger wird.“
 

Ab und zu zahlte es sich aus, Haldir zu kennen...
 

König Thranduil strahlte, wenn auch etwas gequält, als er sich bemüht unauffällig den Rücken massierte. „Ich hoffe doch, wir werden eines Tages mehr als nur Verbündete sein“, sagte er mit einem eigenartigen Unterton in der Stimme.
 

,Das hast du gut gemacht, Cala. Ich bin sehr stolz auf dich.’
 

Hmm.
 

König Thranduil gesellte sich zu meinen Großeltern auf die andere Seite der Lichtung, während sich Haldir vor mir aufbaute.
 

„Dieses Training“, begann Haldir in seiner Einleitung, „dient dazu, Eure Stärken herauszufinden und zu trainieren, sodass Ihr sie, wenn nötig, gezielt und ohne Unsicherheiten einsetzen könnt.“
 

Etwas nervös beobachtete ich, wie auch Elrond, Arwen und Glowy auf dem Trainingsplatz eintrafen. Mussten die denn wirklich alle dabei sein, wenn ich meine erste Trainingsstunde hatte?
 

Haldir legte mir aufmunternd die Hand auf die Schulter. „Konzentriert Euch nur auf Eure Aufgabe. Nichts anderes darf Euch ablenken oder von Eurer Tätigkeit abbringen.“
 

Ich nickte und wandte meinen Blick von den Zuschauern aka Aasgeiern ab.
 

„Im heutigen Training geht es darum zu sehen, welche Fähigkeiten Ihr eventuell schon besitzt und wo Eure Stärken liegen könnten. Aufgrund dessen werdet Ihr sowohl Übungen mit dem Schwert als auch mit Pfeil und Bogen von mir gestellt bekommen.“
 

Mmh, ob er mir wohl auch Noten geben würde? Ich fühlte mich wie in der Schule. Wie im Matheunterricht, um genau zu sein. Zumindest schlotterten mir genauso die Knie.
 

Meine Stärken und Schwächen herauszufinden klang ja gut und logisch, aber das ausgerechnet in Bezug auf Kämpfen... Kämpfen gehörte definitiv nicht zu meinen Stärken, das hätte ich Haldir auch so sagen können. Man erinnere sich nur daran, als ich nach meiner Ankunft in Mittelerde mit den Bruchtalelben gegen eine Horde Orks hatte kämpfen müssen. Nicht nur, dass ich beinahe den halben Kampf verschlafen hatte, nein, ich konnte diesen hässlichen und stinkenden Kreaturen nicht mal eins ihrer fettigen Haare krümmen, selbst als es um mein Leben ging!
 

Na, das waren doch mal wirklich vielversprechende Zukunftsaussichten...
 

Na ja, wenigstens würde ich im Training ja gegen nichts Lebendiges (außer vielleicht Haldir, aber der konnte das schon vertragen) kämpfen.
 

Dachte ich.
 

Es fing alles recht harmlos an. Haldir drückte mir ein Schwert in die Hand, gab ein paar besonders unverständliche Hilfestellungen und Anweisungen von sich, und ließ mich schließlich das Schwert – welches übrigens kein Holzschwert war, sondern eine richtige, scharfe, blitzblank geputzte Klinge – ein paar Mal mit durch die Luft fuchteln.
 

Das hatte noch irgendwie Spaß gemacht. Als ich mit dem Schwert die Luft durchschnitt, machte es ein seltsam zischendes Geräusch, und mehr als einmal war ich auf meinem Allerwertesten gelandet, weil zu viel Schwung geholt, mich mehrmals um die eigene Achse gedreht hatte und schließlich von der Erdanziehungskraft zu Boden gezogen worden war. Ich kam mir ein bisschen vor wie Don Quichote... aber hey, immerhin war er ein Held gewesen – allerdings wohl nur in seinem Kopf – und hatte erfolgreich gegen Feinde – aka Windmühlen, und erfolgreich war vielleicht auch das falsche Wort... – gekämpft!
 

Okay, vielleicht nicht der beste Vergleich...
 

Haldir war unermüdlich in seinem Bemühen, mir einzutrichtern, wie ich das Schwert halten und wie ich damit ausholen und zuschlagen sollte.
 

Irgendwann stand ich Auge in Auge mit einer Strohpuppe mit der Anweisung, auf sie einzudreschen – okay, so hatte Haldir es nicht ausgedrückt; er hatte noch ein paar beschönigendere Wörter benutzt.
 

Mein Eindreschen auf die Puppe war in Wirklichkeit eher ein vorsichtiges Kitzeln mit der Schwertspitze.
 

Haldir verlor kein Wort darüber, doch es wurde klar, dass er den Schwertkampf nicht zu einer meiner Stärken zählte, als er mir kurz darauf Pfeil und Bogen überreichte mit derselben Aufgabe:

Malträtiere wehrlose Puppe.
 

Aber auch das fiel mir schwer. Ich hatte nicht direkt... Berührungsangst, aber Haldir riet mir die ganze Zeit, mir statt der gesichtslosen Puppe einen hässlichen Ork vorzustellen. Nur das half auch nicht gerade viel, denn auch wenn Orks sabbernde, eklige Geschöpfe mit höchstens zwei Gehirnzellen – wenn sie Glück hatten – waren, so hatten sie doch auch Gefühle... irgendwo... tief drinnen...
 

Ich zuckte zusammen, als ein Pfeil die Puppe ins Bein traf.
 

Ich sah zu Haldir und erwischte ihn dabei, wie er bedeutungsschwangere Blicke mit meinen Großeltern tauschte.
 

Mmh. Hieß das, Lothlórien war verloren?
 

Na, mit einer Prinzessin wie mir konnte das Reich ja nur den Bach runtergehen... He. He... Hmpf.
 

Zugegeben, ein bisschen enttäuscht war ich schon, dass ich anscheinend überhaupt keine Stärken zu haben schien, ich mein, eigentlich hatte ich mich nie als eine solche Versagerin gesehen…
 

„Kommen wir zur nächsten Übung“, sagte Haldir.
 

Wir verließen den Trainingsplatz und gingen tiefer in den Wald hinein. Plötzlich blieb er stehen.
 

„Ihr könnt gut mit dem Bogen umgehen“, lobte er unerwartet. „Auch wenn Ihr Euch offenbar davor scheut, auf menschenähnliche Objekte zu zielen.“
 

So konnte man es auch sagen...
 

„Deshalb werdet Ihr Euch bei Eurer nächsten Aufgabe ein Lebewesen aussuchen und es erlegen.“
 

Moment mal. Das meinte er doch jetzt nicht etwa ernst, oder?!
 

„Ist das ein Scherz?“ rutschte es mir heraus, als ich ihn ungläubig anstarrte.
 

Kein Muskel zuckte in seinem Gesicht. „Nein, das ist es nicht, Prinzessin. Ihr müsst lernen, auf bewegliche Objekte zu zielen. Dies ist die einzige Methode.“
 

Ich folgte seinem Blick zu zwei Hasen nicht weit von uns.
 

Ich glaube, es hackt.
 

Geschockt sah ich zu Haldir, der schon wieder Anstalten machte, mir irgendwelche oberschlauen Tipps zu geben.
 

„Ich weigere mich“, sagte ich wütend und warf ihm Pfeil und Bogen vor die Füße, bevor ich vor Wut schäumend zurück zum Schloss stapfte.
 

Der hatte sie ja wohl nicht mehr alle! Als ob ich zu „Trainingszwecken“ unschuldige Tiere töten würde!
 

Aaargh!
 

Ich brauchte dringend was zum Abreagieren.
 

~~~~~~
 

Stunden später, als ich endlich den Weg aus dem Wald heraus und zurück zum Schloss gefunden hatte, war ich schon etwas ruhiger, aber immer noch ziemlich aufgewühlt.
 

Ich konnte ja verstehen, dass ich Kämpfen lernen sollte, aber das Training an diesem Tag, die Übungen; das war mir alles viel zu schnell gegangen! Gut und schön, es blieb wahrscheinlich nicht mehr Zeit als für diesen Crash-Kurs, aber trotzdem.
 

Schon am ersten Tag auf lebende Tiere schießen... das konnte ich nicht. Ich konnte es einfach nicht.
 

Ich seufzte und stieg die Treppe zum Schloss hoch. Eine der Wachen verschwand, als er mich erkannte. Wahrscheinlich um zu melden, dass ich endlich nach hause gefunden hatte.
 

Auf einmal hatte ich keine Lust mehr, in mein Zimmer zu gehen, nur um dort bereits von meinen Großeltern erwartet zu werden und mir eine Predigt darüber anhören zu müssen, wie sehr ich mich im Training doch angestellt hätte.
 

Nein, darauf hatte ich gerade echt keinen Bock.
 

Also änderte ich die Richtung und folgte einem anderen Gang des Schlosses. Fackeln waren rechts und links entlang der Wände entzündet worden, denn draußen wurde es inzwischen schnell dunkel.
 

Vage kam mir der Gang bekannt vor. Es war der Teil des Schlosses, wo die Gäste untergebracht wurden.
 

Daher war es nur eine Frage der Zeit, wann ich an Legolas’ Zimmer vorbeikommen würde; vor seiner Tür blieb ich stehen.
 

Ich erinnerte mich an die Szene mit Lady B; aber auch an das, was Elladan über den Krieg gesagt hatte, beziehungsweise auf welche Gedanken mich der Krieg gebracht hatte.
 

Ich wollte jetzt nicht allein sein. Ich wollte mit jemandem reden, der zur Zeit nicht sauer/ enttäuscht/ neidisch auf mich war.
 

Ich klopfte leicht. „Legolas? Bist du noch wach?“
 

Keine Antwort. Vorsichtig drückte ich die Klinke herunter und stieß die Tür auf. Es war stockdunkel in Legolas’ Zimmer und ich ließ die Tür einen Spalt breit auf, sodass wenigstens etwas Licht den Raum erhellte.
 

Undeutlich konnte ich eine Person auf dem Bett ausmachen. Ich tapste hinüber und ging vor Legolas’ Gesicht in die Hocke, sodass ich sein Profil besser sehen konnte.
 

Seine Augen waren offen und klar, aber unfokussiert. Er musste wohl durch seine Verletzungen ziemlich geschwächt sein, um so müde zu sein, dass er durch mein Eindringen nicht wach geworden war.
 

Nun tat es mir fast leid, wie ich am Nachmittag reagiert hatte. Was auch immer zwischen ihm und Lady B lief, Tatsache blieb, dass er sein Leben aufs Spiel gesetzt hatte in einem Krieg, in dem es nur um mich ging.
 

Wieso beschwerte sich eigentlich niemand? Sollte nicht irgendeiner von meinen Untertanen fordern, dass man ganz einfach mich opfern sollte, um dem Krieg ein Ende zu bereiten?!
 

Jetzt auf einmal waren die alle SOZIAL?!
 

Hmpf!
 

Plötzlich knackte etwas hinter mir.
 

„Cala? Bist du hier?“
 

Ich drehte mich zur Tür und entdeckte Bens Kopf.
 

„Was machst du denn hier?“ zischte ich und ging zu ihm an die Tür. Ich warf einen schnellen Blick über die Schulter zu Legolas, doch er hatte sich kein bisschen bewegt.
 

„Ich wollte mich verabschieden“, erwiderte Ben leise.
 

„Dich verabschieden? Was meinst du damit?“ fragte ich verwirrt.
 

„Ich gehe fort von hier.“
 

„Was?! Aber... warum?“
 

Ben drückte mir einen sanften Kuss auf die Stirn. In diesem Moment kam er mir so viel älter vor als die siebzehn Jahre, die er war.
 

„Frag nicht warum. Ich muss wirklich gehen.“
 

Ich verstand gar nichts mehr. „So plötzlich? Wieso so plötzlich? Und mitten in der Nacht?“
 

Ben lächelte mich traurig an. „Sei mir nicht böse, aber es geht nicht anders. Ich habe lange darüber nachgedacht und je früher ich gehe, umso besser. Vertrau mir.“
 

„Dir vertrauen?“ flüsterte ich hysterisch. „Du sprichst von Vertrauen? Ich weiß nicht mal, wie du hierher gekommen bist nach Mittelerde! Was tust du hier? Wer bist du wirklich?“
 

Statt zu antworten fiel sein Blick auf den Ring an meinem Finger. „Du solltest den Ring nicht tragen, Cala. Du weißt nicht, welche Kräfte er besitzt.“
 

„Was? Kräfte?! Sag mal, wovon sprichst du? Und wechsle gefälligst nicht das Thema!“
 

„Der Ring. Du solltest ihn nicht tragen.“
 

„Warum?“
 

„Pass auf dich auf“, flüsterte er eindringlich und zog mich in eine kurze Umarmung. Bevor ich wusste, was überhaupt geschah, ließ er mich wieder los und küsste mich flüchtig auf die Lippen.
 

„Ich liebe dich, Cala.“
 

Dann schlüpfte er aus der Tür und verschwand.
 

Benommen wie ich war, bemerkte ich nicht, wie Legolas’ kalte blaue Augen jede meiner Bewegungen verfolgten.
 

~~~~
 

Da bin ich wieder! Hehe. Zum Kapitel: Das Training hat einen Sinn... der wird aber erst wahrscheinlich im nächsten Kapitel erklärt.

Bis bald und frohe Ostern! Channah

PS: Bin froh, dass so viele die Story noch lesen. -strahl- Ganz lieben Dank!!



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Kommentare zu diesem Kapitel (10)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Soukaina
2011-03-27T11:20:25+00:00 27.03.2011 13:20
Also diese FF ist der absolute Wahnsinn und ich bitte dringend um eine Fortsetzung. Die hoffentlich auch bald folgen wird. hehe ^^
Cala ist wirklich genial ... Glowy ebenfalls ... und das die mit Eomer zusammenkommt ... süß ... darüber will ich aufjedenfall mehr ERFAHREN UND DESHALB WEITER SCHREIBEN ^^

Lg souka
Von:  ChickenWings
2007-04-14T20:58:33+00:00 14.04.2007 22:58
Schnell weiterschreiben udn ich find calas sarkasmus enfach nru zu geil^^
Goiles chap
chicken
Von: abgemeldet
2007-04-08T12:46:04+00:00 08.04.2007 14:46
Frohe Ostern!
Ein kleiner Nachtrag von der neugierigen Narluin:

Seid wann verstehen sich Elladan und Legolas wieder?

mfg
Von: abgemeldet
2007-04-07T19:46:36+00:00 07.04.2007 21:46
Das ging wirklich schnell! Das Kapi war Klasse, aber ich mag Ben ÜBERHAUPT NICHT! Boah, endlich is der weg! Aber ... ich fänd´s schön, wenn zwischen Cala und Legolas mal was passieren würde ... nicht NUUUUR Fettnäpfchen. Hm?
hdl
Mera-Kitsune
Von: abgemeldet
2007-04-07T19:23:57+00:00 07.04.2007 21:23
^^ *freu* das war wirklich schnell, danke!

Na ja auch wenn du mal nicht an einer "gemeinen" Stelle aufgehört hast ist es bestimmt offensichtlich das ich immer noch mehr will ;o)

Die Szenen im Kapi passen alle zusammen...ich bin (wie immer) sprachlos begeistert^^!

Liebe "knuddelige" Grüße von deiner Sharky
Von: abgemeldet
2007-04-07T12:22:39+00:00 07.04.2007 14:22
Oh man, das ging ja schnell mit dem Kapi! * applaudier*

Juhu! Ich kann einfach nicht genug von der FF bekommen. Du bist eine tolle Autorin.

~~~~

Vielleicht sollte ich meine Meinung über Ben revidieren.
Wahrscheinlich muss er zwangsweise für Lephisto arbeiten und ist dann der Gute unter den Bösen. Oder auch nicht...
Ich mag’s ja kaum zugeben, aber ich glaub Ben wird mir fehlen.
*schnief*
Tschüß Ben!
*Taschentuch schwenk*

Sentimentalität bei Seite.

Was ist den Legolas für ein neugieriger Spanner?
Liegt da rum und tut so als würde er schlafen und dabei beobachtet und belauscht er die beiden.
Gut, ich würde an seiner Stelle das Gleiche tun, aber ich hab sowas noch nie getan. Also:
Pfui! Böser Legolas!

~~~~

Gut, genug vor mich hingesponnen.

Danke für dieses tolle Ostergeschenk.
Und ich musste es nicht mal suchen :)

Weiter so! Ich bleibe dir treu, auch wenn die FF noch zwei Jahre dauert.

*knuddel*

mfg

Narluin
Von: abgemeldet
2007-04-07T08:57:20+00:00 07.04.2007 10:57
Huhu!!!! Wie immer total genial, und wie immer an so ner spannenden Stelle aufgehört. Du willst uns alle quälen???? *grinZ* Du musst ganz, ganz schnell weiter schreiben, will wissen, wie´s weitergeht? Ist Ben Lephisto? Was wird aus ihm???? Und was is mit diesem Ring???? Warte sehnsüchtig!!!
Kagome
*ganzmegadolleliebknuddelknuffäl*
Von:  yoshi_
2007-04-05T11:57:28+00:00 05.04.2007 13:57
gott der arme kerl..
*snief*
ben is doch n arsch irgendwie oder so.. <.<
schleimer xD

mir hat das kapitel sehr gut gefallen *______*
schreib weiter~
bittü~
so von wegen legolas und so >.< xD
nya
hab dir lieb xD
see ya!
yoshi/bea
Von: abgemeldet
2007-04-05T00:46:54+00:00 05.04.2007 02:46
woho, genial!!!!
tschuldigung, bin ein bischen verdreht, weil es schon so
spät ist und ich hmm.... ein bischen vie wein intus
habe??!! egal, das kapitel war klaaaaaaaaaaaaasse. höhö,
dasbtraining war ja mal für nen arsch. *lol aber seit wann,
intresiert sich cala für lego?? un dann das plötzliche
verschwinden von ben un das geständnis??????? versteh
einer die männer -.- *grummel
lg
Von:  Jazzy-Adachi
2007-04-04T16:26:50+00:00 04.04.2007 18:26
WOOOOOOOOOOOOW WIE GENIAL!!!!!!!!!!!
*kreisch*
ich hätte zwar jetzt eine süße szene zwischen Cala und Leggi erwartet aber naja auch net schlimm, höhöhöhö
aber was meintest du mit dem satz:
„ER. ICH. SEIN. FREUNDE! DU. KAPIEREN?“ giftete ich.
denn hab ich net verstanden oder ich bin zu doof ihn zu kapieren XD
schreiiiiiiiiib gaaaaaaaaaaaaaaaanz schneeeeeeeeeeeeel weitar xD
HDGGGGGGGGGGGGGGGGGGGGGGGDL Purin ^^


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