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Become Numb

Hinter dem Friedhof
von

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und es schmerzte so tief in meinem Herzen+++ dass meine Finger zu zucken begannen

Become Numb/ Prolog
 

Ich werde gefühllos, weil ich nicht mehr weiß, was Gefühle sind.

Ich werde gefühllos, weil ich es nicht mehr ertragen konnte, dich so zu sehen.

Ich werde gefühllos, weil man sag, Gefühle könnten sterben.

Ich werde gefühllos, weil ich dich traf und fortan für niemand anderen mehr Gefühle hegen wollte, außer für dich.
 

Ich habe vergessen, was es heiß Gefühle zu haben.

Doch ich fühle dich, und langsam erinnere ich mich wieder.

Wo bist du nur?
 

In einem Raum, der so kalt ist, dass man seinen eigenen Atem sehen kann, da sitze ich nun.

Ich spürte nichts, die Kälte hat sich schon längst durch meinen Körper gefressen, und alles eingefroren, selbst mein Herz. Jetzt spüre ich nichts mehr und das ist auch gut so.
 

In einem Raum, der von mir selbst bewohnt wird, ist es so kalt, dass meine Finger anfangen zu kribbeln. Ich spürte wie aufgeregt sie sind.

Es ist schon krank. Ich bin krank, und keiner kann mich heilen.

Die Kippe neben mir glüht langsam vor sich hin. Sie schmeckt mir nicht mehr.

Vielleicht liegt es auch daran das ich nichts mehr schmecke. Meine Gefühle, selbst für den Nikotin, habe ich vergessen. Es kam plötzlich über mich. Seither sitze ich Tag für Tag an einer Wand gelehnt, in diesem dunklen kalten Zimmer und lausche dem Klang der Stadt.
 

In einem Raum, in dem ich sitze, schon seit Wochen und Tagen, wird es plötzlich hell.

In einem Raum, in dem ich sitze, schon seit Wochen und Tagen, wird es plötzlich laut. So laut, dass ich aufschrecken musste, und mein Körper langsam wieder warmes Blut durch meine Adern pumpte.
 

Ich erwachte aus meinem kalten, leblosen Schlaf.
 

------Become Numb------

+Behind the cemetery+

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Autor: Little_Destiny

Mail: Destinyangle@hotmail.com

Date:17. Okt. 04

Page: www.little-destiny.de.tf

Note: Alles meine (Chara sowie Story und Dingsbums alles meine)

" +++++++ zeigt an wann Erzählerwechsel ist++++++"
 

Teil 1/ und es schmerzte so tief in meinem Herzen+++ dass meine Finger zu zucken begannen
 

"Verdammt noch mal, die Heizung kann auch heizen. Stell das Ding gefälligst an, es ist Schweine kalt! Willst du dich etwa wieder umbringen. Idiot"!!

Umbringen?

Ob ich weitere 3 Stunden in der Kälter überlebt hätte?

"Wenn ich einen Selbstmordgedanken hegen würde, säße ich sicherlich nicht in meinem Zimmer, sondert auf einer Brücke".

Es war so verdammt besorgt um mich, dass mir davon regelrecht schlecht wurde.

Benjamin trug die ganze Zeit diesen eklig schleimigen fürsorglichen Drang mit sich herum. Machmal salbte er mich damit regelrecht ein, so dass ich plötzlich erprobt einfach keine Luft mehr bekam, und ihn aus Notwehr niederschlug. Das er immer noch mit mir in ein und der selben WG wohnt, zeugt von sehr viel Charakter. Ich kann trotz meiner Wutausbrüche behaupten, dass Ben mein bester Freund ist, auch wenn er das nicht, oder nie, wirklich zu spüren bekommt.

Er griff nach meiner Schulter und zerrte mich aus meinem leeren Raum. Psychologen meinen, dass die eigenen vier Wände den Charakter eines jeden widerspiegeln. In diesem Falle scheint man anhand von meiner Zimmer davon auszugehen, dass ich einen kalten, leeren und verkommen Charakter besitze. Ich selbst kann das nicht einschätzen. Um ehelich zu sein ertrage ich es kaum in den Spiegel zu schauen. Es macht mir Angst. Ich fürchte mich oft, obwohl ich es nie zugebe.

Ben schubste mich auf den Couch und ließ mich für etwa 10 Minuten alleine dort verweilen. Es war so schön ruhig, wenn er mal ausnahmsweise nicht in der Nähe war.

Wieder ließ ich mich zurückfallen und horchte dem Lärm, der sich durch die Fernster unsrer Wohnung drückte und mein Trommelfell etwas vibrieren ließ. Der Lärm der Stadt war so trostlos und schmutzig. Ich mag das leise Zischen und Brummen sehr. Irgendwie wirkt es beruhigend. Ich stellte mir vor, auf der Straße zu gehen, ganz allein, ohne Menschen an meiner Seite. Nur der Lärm fegt um die Ecken und weht mir durchs Haar.

Wie schön muss das sein, so ganz allein.
 

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
 

Ich sah ihn das erste mal, als er an der Kirche vorbei ging. Sein Blick war starr auf ein Grab gerichtet. Ich lief in schwarz nach draußen. Neben mir meine Mutter, ich musste sie stützen. Noch immer versuche ich die Tränen in mir zu unterdrücken. Niemanden hatte ich gezeigt, wie verzweifelt und traurig ich war. Ich wollte nicht, dass man es sieht. Ich schämte mich dafür.

Als kleines Mädchen schwor ich mir, stark und schön zu werden.

Ich bin nicht stark, auch nicht schön, und doch versuchte ich verzweifelt mein eigenes Ich zu überspielen. Musik drang an mein Ohr. Fürchterlich traurige Musik. Sie schmerzte höllisch in meinem Herzen. Ich fühlte mich so unter Druck, konnte meine Tränen noch immer zurückhalten.

Es wird schon gehen.

Mutter schluchzte neben mir und meine Hände krallten sich in ihren Arm. Sie sollte damit aufhören, ihr Geschluchzt war so unerträglich für mich. Es schmerzt höllisch in meinem Herzen.

Auf dem Weg zur Grabstätte schweift mein Bild herum und fand ihn. Sein Kopf war starr zu Boden gerichtete, seine weißen Haare hingen ihm in Gesicht. 2 bis 3 schwarze Strähnen wehten im Wind. Er sah sehr verletzte aus, obwohl er es nicht zeigte. Das erinnerte mich an mich selbst.

Der Rasen unter meinen Füßen war so grün und so gesund und stramm. Die vielen Toten auf diesem Friedhof steckten wohl ihre letzte Kraft in dieses Gras, unter dem sie lagen. Was haben sie denn noch anderes zu tun? Sie waren ja tot.

Der Sarg wurde langsam in die Grube gehievt. Wieder dieses schreckliche Geschniefe und Gewimmere. Dann spracht der Pfarrer Worte, die ich nicht höre, weil ich sie einfach nicht hören wollte. Sie schmerzen so höllisch tief in meinem Herzen.

Am liebsten hätte ich mich neben ihn stellen. Dann hätte ich diese Gräber vielleicht noch ertragen können. Er umging sie einfach und geschickt, ließ sich nicht anmerken das er trauerte und das bewunderte ich, denn so wie es aussah, war ich nicht einmal halb so stark wie er.

Nasse Tränen rollten über meine Wangen. Sie schmerzten so höllisch in meinem Herzen. Es tat weh. Ein letztes mal sah ich hinunter zu dem Sarg, dann verschwand er unter Bergen von Sand.

Endlich, wie Balsam legte sich der Sand auch auf mein Gemüt.

War es nun endlich vorbei?
 

+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
 

Es ist Herbst, doch der Winter haucht mir an die Wange. Ich spüre es deutlich. Der Oktober ist noch nass und grau. Ich liebe ihn, er täuscht keinem eine schöne warme Welt vor, und wahrlich, die Welt ist nicht schön, und auch nicht warm. Wieso sonst hatte sie mir mein Gefühl genommen, und es unter der Erde vergraben. Ich gehe oft auf den Friedhof, erst neulich sah ich einen Sarg im Boden verschwinden. Ich hörte eine leise traurige Musik. Sie war schrecklich falsch und heuchelte nur herum. In Wirklichkeit ist es der Musik doch egal zu welchem Anlas sie ihre traurige Melodie spielt. Und auch wenn es zum Anlas eines Todes ist, so wird der Betrauerte nur für eine Sekunde bemitleidet. Leute sterben halt, da ist dieser Sarg nun nicht der einzige. Viele vergessen im laufe der Jahre den Tod eines Menschen einfach wieder. Irgendwann werden auch sie sterben.

Unter den Trauernden lief ein Mädchen. Ich habe ihren Blick gespürte. Ihre Miene war verschlossen und kalt. Sie versuchte ihre Trauer zu verbergen aber sie warf förmlich damit herum. Mich selbst hatte ihre Trauer zerschnürt und an mich selbst erinnert. Ihre langen Blonden Haare sahen stumpf und krank aus. Ihre vollen Lippen schienen schon lange weit nach unten gezogen zu sein. Ich frage mich wann sie das letzte mal gelächelt hatte. Wahrscheinlich hatte sie es eben so wie ich schlichtweg einfach vergessen. Ich halte eine rote Rose in der Hand. Sie fällt langsam und schwer auf den Berg von Erde, kurz vor dem aus Marmorstein gemeißelten Kreuz.

Dieses Kreuz, ich hatte in den 3 Monaten kaum den Mut einmal die Inschrift zu lesen, die so fein und maschinell in den Marmor hineingemeißelt wurde. Neben dem Grab, wovor ich stehe, stehen weitere Kreuze, unzählig, aber Hunderte weitere Kreuze, und unter ihnen verweste Leichen, die einst einmal betrauert , jetzt allerdings vergessen wurden, da das Gras so hoch in den Himmel wächst das man kaum erkennen kann, dass es sich um ein Grab handelt. Es ist traurig und ich weiß, früher oder später wird auch dieses Grab, wovor ich stehe, in Vergessenheit geraten. Keine Frage, ich werde es nie vergessen, ich liebe dieses Grab und die reine Erde, die sich unter ihr befindet. Doch wenn ich sterbe, dann stirbt dieses Grab ein zweites mal. Wahrscheinlich hat man sie jetzt schon, in den 3 Monaten, längst vergessen.

Ich warten noch eine Weile, denn das tu ich immer. Hier auf dem Friedhof ist es still. Keine Vögel singen und auch keine Autos oder Menschen oder Häuser. Die Stadt ist weit entfernt, man hört ihren weichen und kalten trostlosen Ton hier nicht. Das macht mich unruhig und nachdenklich. Ohne zu zögern zünde ich mir eine Zigarette an und schmecke den staubig herben Geschmack der polnischen Billigmarke. Hier ist es so und es wird wohl auch immer so blieben, dass ich den Geschmack des tödlichen Giftes wahrnehme, meine Gedanken häufe und über mein Leid klage, weil ich sie so sehr liebe, das ich an ihrem Grabe fast zugrunde gehe. Dieser Friedhof ist eigentlich pures Gift für mich.

Ich sollte nicht mehr hier her kommen, es schaden meiner kaputten Seele nur noch mehr.

Von weitem höre ich Schritte, und durch den stillen Hof fegt eine schwarze Gestalt. Ihre Blonden Haaren haben keineswegs an Glanz gewonnen. Ihre Arme binden sich um ihren Leib und ihre Gesicht vergrub sie in einem grün-pink karierten Schal. Sie lief sehr schnell und hastig. Sie... die ihre Gefühle hier auf dem Friedhof auch einfach nicht mehr unterdrücken konnte. Ihr Weg endet bei dem frischen Grab. Die Blütenblätter der Trauersträuße wehen über den geharkten Weg fast hinüber zu mir. Sie kniet sich nieder und blickt zum Grabstein.

Eine ganze Weile starrt sie so vor sich hin, ihre Wangen bleiben trocken, aber ich weiß, dass ihr Herz innerlich fast verblutet.
 

+++++++++++++++++++++++++++++++++++
 

Er blickt mich stumm an. Seine Augen sind so starr und mahnend, leblos und ohne Freude. Sie sehen zu mir hinüber und ich traue mich nicht ihnen zu antworten. Wahrscheinlich sind es nur bemitleidende Blicke, die zum Beileid und Tost aufrufen, aber so etwas habe ich nicht nötig. Allein ist der Schmerz zwar groß, aber immer noch am besten zu ertragen. Meine Hände frieren, die Kälte hier auf dem Friedhof ist so leblos und ernst. Auch dringt kein einziger Laut an mein Ohr. Früher fürchtete ich mich immer vor Friedhöfen, jetzt sind sie zu einem Zufluchtsort geworden. Mehr oder weniger dieser hier, mit diesem Grab, vor dem ich stehe. Ich hätte ihm so gerne noch einmal ein Abschiedsgruß entgegen geschrien, bevor er mit dem Auto davon fuhr, ich hätte ihm an diesem einen Tag so gerne keine verhassten Worte an den Kopf geworfen, hätte ihn so gerne in den Arm genommen und ihm gebeichtet, dass ich ohne ihn einfach nichts wäre. Er gehörte wie eine zweit, bessere Hälfte zu mir, doch nun bleibt nur noch eine Hälfte übrig, die so sehr nach dem ganzen schreit, dass sie fast durchdreht.

Eine rote Rose legte sich auf das Gras, dich neben dem frischen Grab nieder. Ich blicke erschrocken hinauf und sehe seine braunen, warmen Augen, die mir entgegen sehen.

Kein Mitleid, kein Beileid, nur eine kleine, noch nicht einmal hübsche rote Rose.

Ich will etwas sagen, doch er wendet sich von mir.

Dann geht er wieder. Auf seinem Grab liegt auch eine rote Rose. Sie ist kaum schöner als diese hier.

Sein schwarzer Mantel schleift fast auf dem Boden, er geht langsam und geduckt, noch einmal bleibt er stehen, ehe er sich umdreht. Er sieht blass aus.

Seine Augen werde starr, seine Lippen bleich und seine Beine geben nach, als er in den feuchten Boden fällt und bewusstlos liegen bleibt.
 

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Ich weiß nicht wieso ich gerade hier aufwache. Wieder einer dieser Anfälle, aber dieses mal sehe ich warme Wände um mich herum, nicht wie sonst die trostlose Arzteinöde, namens Krankenhaus.

Es ist still, kein Laut dringt an mein Ohr, und ich glaube kurz, dass ich noch immer im feuchten Gras des Friedhofes liege und dem Nichts lausche. Dann ertönt ein Summen.

"Was..", murmle ich und drehe mich langsam auf die Seite.

Hier, in diesem gelben Raum, schimmern ihre Haare so prachtvoll wie Gold. Sie saß auf einem morschen Stuhl und blickte in ein Buch. Aus ihrem Mund drang ein sanfter Laut. Sie summte.

"Was liest du da"? Will ich schnell wissen, bevor sie bemerkte, dass ich sie beobachte. Schnell klappte sie das Buch zu und ihr Summen verstummte dabei.

"Ich... du bist wach"?

Ihre Stimme war klar und traurig. Sie sang wie ein Vogel vor dem Sonnenuntergang. Ich versuchte langsam meine Körperbeherrschung wiederzuerlangen. Das ist nach solch einem Anfall immer sehr schwer. Sie kommen und gehen wann sie wollen, der einzige Faden, an den ich mich klammern kann, sind Teller große Pillen, die es teuer beim Apotheker zu ersteigern gilt. Mein Kopf schreckte nach oben und plötzlich saß ich senkrecht in ihrem Bett.

"Wieso hast du mich hier her geschleppt", murmelte ich verbissen. Es war zu peinlich, wie konnte ein Mann in meiner Größe und Statur einfach umfallen?

"Bist du krank oder so"? Wollte sie ruhig wissen und stand langsam auf. Sie trug ein Kleid, und unter diesem eine schwarze Stumpfhose, was nun gar nicht rein optisch zueinander passte.

"Wie hast du mich hier her gebracht, und überhaupt, wo bin ich hier"?

Ich wollte nicht unbedingt auf ihre Frage eingehen. Und eigentlich ging sie dieses Thema nun gar nichts an. Sie war mir völlig fremd, mal ausgenommen, dass sie mich wohl gerettet hatte. Aber ich hätte ebenso gut im verwesten Gras des Friedhofes vor mich hin verrotten können. So oder so rotte ich schon Jahre liegend vor mich hin, und jetzt auch noch in einem fremden Bett.

"Du.... scheinst gerne die Fragen zu stellen, hab ich nicht recht"?

Ihre blauen Augen rollen hin und her und sie öffnet das Fenster.

Wieder kein Laut, selbst als der frische Winterduft von draußen durch das Zimmer wehte.

"Du befindest dich kaum 100 m von deinem letzten Liegeort entfernt".

Sie wohnte genau neben dem Friedhof ? Das musste das Paradies sein.

"Sag, geht es dir wieder besser"? Wollte sie wissen und lief vom Fenster die kurze Strecke hinüber zu mir.

"Das geht dich nichts an".

"Ich verstehe. Mir geht es nicht anders".

Wir sahen einander an, und wussten, dass der wirkliche Schmerz nicht von einer Krankheit ausging.

Ich stellte meine Füße wieder auf den Boden und erhob mich schwach. Dieses Dröhnen, selbst wenn ich nichts getrunken hatte.

"Du bist oft hier.... bei dem Grab... und auf dem Friedhof", murmelte sie und musterte meine verkümmerten Gehversuche.

"Sicher nicht so oft wie du..."!

"...aber schon viel länger", viel sie mir ins Wort und ich nickte nur müde.

"Ich werde gehen. Danke das du auf mich aufgepasst hast".

Sie hasstete vor meine Füße und legte ihre Hand auf die Türklinke, als ich im Begriff war, ihr Zimmer zu verlassen.

"Bist du dir sicher..."?

Ich wurde das Gefühl nicht los, dass sie auf meine Anwesenheit brannte. War sie etwa so allein, dass sie regelrecht um Gesellschaft bettelte?

Mit einer Hand schob ich sie beiseite und suchte mir meinen eigenen Weg. Mir war es so unangenehm vor ihr zu stehen, nachdem sie mich wahrscheinlich über die Schulter genommen und bis hier her transportiert hatte. Ich hasste mich von mal zu mal immer mehr.

Als ich den Flur des mir unbekannten Hauses betrat, bot sich mir kurz danach eine lange, vergoldete Barocktreppe.

"Was ist das hier"? Fragte ich unsicher. Es kam mir wie ein Prinzessin Puppenhaus vor, so ziemlich wie in Disneyland, aber irgendwie auch alt und warm.

"Mein Vater hat es gebaut. Das ganze Haus wurde dem Französischem Gutshof ins Orange nachempfunden".

Mich interessierte es zwar nicht so recht, aber ich ließ das Mädchen ausreden, damit noch etwas Zeit verstreichen konnte. Die Wände waren mit kringeln und kreisen tapeziert worden. Dunkels Holz auf dem Boden und am Sockel der Wände tauchten diesen ganz in eine warme und beruhigende Farbe. Kein einziges Fernster war zu sehen, nur die seichen, künstlichen Kerzenleuchter fuhren den Weg hinunter ins Erdgeschoß.

Sie redete eine ganze Weile über Frankreich und über den Barock und deren Baustil. Ich nahm keines ihrer Informationen auf, lauschte nur ihrer traurigen Stimme die eigentlich mehr mit Freude und Begeisterung über dieses Thema hätte sprechen sollen. Aber so wie es klang, war sie es leid, über unwichtige Dinge zu reden. Vielleicht sprach sie auch nur, um sich abzulenken.

Irgendwann verstummte sie und stand still neben mir. Ich lehnte mich über das Gellender und blickte hinunter.

"Ich werde dann gehen".

Auch wenn ich gerne noch hier, in diesem warmen Haus, in der Nähe des Friedhofes geblieben wäre, so befürchtete ich, das Mädchen hinter mir, könnte mir zu nahe kommen. Ich unterhielt mich nicht oft mit fremden Menschen, hatte keine Freunde und keine Zuhörer, außer Ben. Aber Ben war mein Mitbewohner, und wohl oder übel liefen wir uns täglich in der selben Wohnung mal über den Weg.

Ich hörte keinen Widerspruch auf meinen Beschluss. Sie stand an der Wand gelehnt und beobachtete mich mit ihren blauen traurigen Augen. Sie war sehr geduldig und wohl erzogen. Das merkte man an ihrem Verhalten und an ihrer Umgebung, in der sie wohnte. Ich selbst fühlte mich in ihrer Gegenwart auf einmal wie eine Küchenschabe. Ich lief die Treppe hinunter und suchte die Tür nach draußen. Etwas ratlos blickte ich mich im unteren Geschoss um. Sie lief langsam, fast stolz wie ein Pfau die Treppe hinunter. Ihre Arme hatte sie steht's eng an sich gedrückt.
 

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Wie selten es war, einmal nicht allein in diesem großen Haus zu sein. Ich befürchtete, dass ein nächster Besuch weitere Monate dauern würde. Der Junge brachte in die durchgeplanten, und sorgfältig restaurierten Wände dieser Villa etwas leben. Ich selbst hatte keine Kraft mehr, um hier fröhlich leben zu können. Es war wie ein goldener Käfig, deren Tür lediglich in andere goldenen, verrostete oder verrottete Käfige führten. Das ganze Leben, in dem ich spielte, war für mich ein Käfig. So hatte ich für einen Moment das Gefühl gehabt, in diesem Käfig etwas frische Luft eingeatmet zu haben. Der Junge sah sich immer noch suchend um. Ihm war meine Anwesenheit nicht sehr angenehm, das spürte ich. Seine Hände zuckten, vielleicht war das normal bei ihm, aber er machte einen sehr nervösen Eindruck. Und ich schob die Schuld auf mich. Langsam kam die Vermutung auf, ich selbst wäre der Grund, wieso keiner meine Anwesenheit wünschte.

"Entschuldige", murmelte ich in mich hinein und lief schnell vor ihn, um hinter einer Säule die Haustür zu öffnen.

"An den Türen muss dein Vater aber noch feilen, oder wenigstens ein riesen Schild vorstellen".

Ich nickte. Was hätte ich sagen sollen? Ich war nicht witzig oder einfallsreich und redegewandt. Ich war eine Puppe, die brav nickte und nach jeden Befehl zu tanzen anfing.

"Machs gut", sagte er noch, ehe er die Treppe hinunter hopste und auf dem Kiesweg dem großen und schweren Stahltor entgegen ging.

Ich wusste das ich ihn wiedersehen würde.

Gleich den nächsten Tag, da stand er wieder auf dem Friedhof. Das Grab an dem er stand, war mit einem weiblichen Namen versehen. Elaine hieß sie und starb im Frühling dieses Jahres.

Ich wusste nicht ob dieses Mädchen seine Freundin oder Schwester war, aber ihm hatte es das Herz gebrochen, denn sein Gesicht war so traurig und allein, wenn er die Zeilen las, die auf den Grabstein gemeißelt waren. Ich sah ihn jeden Tag auf dem Friedhof, ich beobachtete ihn schon seit Monaten, und er wusste noch nicht einmal etwas davon. Während er wieder einer rote Rose auf das Grab legte, presste ich meine Wangen gegen die Scheibe des großen Fensters der Bibliothek. Irgendwann ging er, und auch ich verließ das Zimmer. Er kam immer um die selbe Zeit. So gegen drei Uhr. Kurz danach trank ich einen Kaffee und setzte mich an meine Aufgaben. Allein, in einem großen Haus, saß ich den ganzen Tag. Irgendwann würde ich es kurz und klein hauen, irgendwann, wenn ich vor Einsamkeit den Verstand verloren habe.
 

Auch in der Schule war es nicht anders. Sie war groß und leer. Zwar lernten an meiner Privatschule viele Schüler, aber für mich waren sie nicht mehr als Luft und Gas, die durch die großen Gänge und Räume tanzten. Ich hatte keine Freunde in der Schule, nein, ich saß jeden Tag alleine. Keiner sprach mit mir, weil sie dachten ich wäre verzogen und eingebildet, hätte es nicht nötig mit anderen zu reden. Reden, das tat ich nur sehr selten wenn ich unter Menschen war. Ich wusste das sie alle hinter meinen Rücken über mich redeten, aber nie mit mir selbst.

Es war an einem kalten Wintertag im November, als ich ihn das erste mal außerhalb des Friedhofes sah.

Er hatte einen seltsamen Mantel an, und er schleifte fast auf dem Boden. Sein Blick war nach unten gerichtet, und er lief an mir vorbei, ohne aufzuschauen. Das war ich ja gewöhnt, weil wirklich keiner mich beachtete. Aber irgendwie machte es mich traurig. An der Straße blieb er nicht stehen, seine Füße trugen ihn ohne Gewissen über den Asphalt, als ein Hupen durch die Schluchten der Hochhäuser dröhnte, und alle Menschen sich zu ihm umdrehten.

Es war ein rotes Auto. Die Spitze berührte den Jungen fast. Er lag auf dem Boden, die Hände auf die Straße gestützt, und schaute mich großen Augen in die Lampen der Maschine.

"VERDAMMT DU ARSCH, HAST DU KEINE AUGEN IM KOPF"!!
 

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Das auch noch. Herr Gott, warum hatte der Kerl denn auf die Bremse gedrückt? Dann wäre ich jetzt eine Sorge los. Nämlich mein Leben.

"Halt's Maul Alter, is doch leider nichts passiert"! Erwiderte ich genervt. Diese alten, verbitterten Männer, die außer Geld und Arbeit nichts anderes mehr kannten.

"Du kranker Junkey, kriecht bloß wieder unter eine dreckige Brücke zurück. Du hättest fast meine Wagen zu Schrott gemacht"!!

Ich versuchte mich langsam auf die Beine zu hieven, doch plötzlich spürte ich völlige Wut in mir. Wie konnte er mich als Junkey bezeichnen? Dieser fette Sack hatte ja keine Ahnung was es hieß Tabletten zu nehmen, ohne wirklich davon befriedigt zu werden. Wenn sie wenigstens eine berauschende Wirkung auf mich haben würden, dann hätte ich wenigstens ein Hobby, und würde auf der Straße nichts sinnlos meine Zeit mit solchen blinden Fast Food Markler vertrödeln.

"WAS IST MIT DIR, ARSCH HOCH, SONST FAH ICH WIRKLICH MAL DRÜBER"!! Ich hörte wieder die schrille Hupe durch die Gegend dröhnen, doch mein Körper gehorchte mir mal wieder nicht mehr. Ich spürte dieses unentwegte Zucken in meinen Händen. Wieso konnte ich es nicht abschalten?

"Warten sie, ich mach das schon"!

Mit den zwei traurigsten Augen, die sie je gemacht hatte, blickte sie den Mann im Wagen entgegen, und schlang einen Arm um mich. Sie hatte eine Falten freie Schuluniform an. Ihre Haare lagen wie einzeln angeklebt auf ihren Schultern und umspielten ihr Gesicht, als sie in meines blickte und gleichzeitig mit einem Ruck versuchte mich auf die Beine zu stellen.

"Was... machst du hier"? Murmelte ich fast verlegen.

Das musste wohl Schicksal sein. Dieses Mädchen war sicherlich so etwas wie mein Pflegeengel. Kaum zu glauben, dass sie immer zur Stelle war, wenn ich mal wieder nicht Herr über meinen Körper war.

Wir erreichten zusammen den Bürgersteig. Um uns herum hörte ich die vielen Schaulustigen Leute tuscheln. Meine Hand lag noch immer auf ihrem Rücken und zuckte unentwegt.

Ich hatte zwar noch viel Wut auf den Autofahrer in mir, aber diese lenkte sich plötzlich auf mich selbst.

"Alles o.k. bei dir"? Hörte ich sie fragen.

"Klaro...". Sie sah nicht sehr überzeugt aus, aber das war mir egal. Sie kannte mich schließlich nicht und es sollte sie auch nichts angehen. Mit einem Ruck stieß ich sie von mir und steckte meine Hände in die Taschen. Wie immer lässig und cool musterte ich sie noch einmal, so also ob das Geschehende einfach gar nicht passiert war und wir uns gerade zufällig hier auf dem Bürgersteig über den Weg gelaufen sind.

"Mir gehst wie ein frisch gekochtes Ei. Seltsam das wir uns dieses mal nicht gegenseitig auf dem Friedhof anstarren".

Sie lächelte leicht. Das war wahrscheinlich nur ein Symmetrie lachen, weil ihr einfach der Humor fehlte, um es gelassener zu nehmen. Ich warf meine Hand in die Luft und setzte zu einem letzten Abschiedswort an, und zischte ohne weiteres an ihr vorbei. Das musste ja nicht wirklich in einem Gassengespräch, mitten in der Innenstadt enden. Dazu hatte ich keine Nerven. Als ich an ihr vorbei ging, spürte ich wie sie zusammenzuckte, wie ihren Augen langsam wieder traurig wurden, und ihre Mundwinkel von jeglichen Spannungen befreit wurden und schlaff nach unten glitten.

Ohne darüber nachzudenken blieb ich stehen und wandte meinen Kopf zu ihr. Auch sie blickte nach hinten. Ihr Hals versuchte sich nicht etwa mit aller macht ein paar Runden um sich selbst zu drehen, nein, es sah so aus, als ob sie auf die Straße, mit ihren unwahrscheinlich traurigen Augen, blickte, und nicht zu mir. Aber man spürte, dass ihre blauen Augen nur eins beobachteten. Und genau mit diesem Blick verursachte sie in mir so etwas wie Mitleid und Reue sie ignoriert zu haben. Ich schlürfte wieder näher zu ihr heran und blickte schließlich zurück auf die Straße, dort, wo ich noch eben mit meinem Hintern auf dem Asphalt gesessen und dort, wo sie mir ihre Hand gereicht hatte. Jetzt hatte ich glatt vergessen, mich dafür bei ihr zu bedanken.

"Das war doch selbstverständlich", hörte ich sie sagen. "Du brauchst mir nicht zu danken. Geh einfach, dass ist nicht weiter wichtig". Man könnte meinen, so wie sie redete, dass ihre Heldentaten so etwas wie Routine für sie waren. Dabei versuchte sie zu überspielen, dass sie sicherlich enttäuscht war. Sie lebte ganz allein in einem so großen Haus, sie war so still und ruhig, man sah sie nie in Begleitung. Sie musste sehr einsam sein. Und das ich sie in ihrer Einsamkeit alleine lassen wollte, dass tat mir auf einmal mehr als leid. Jeden hätte ich alleine stehen lassen, dass war bei mir so üblich und nichts Ungewöhnliches, aber bei ihr rief es Gefühle hervor. Und auch das letzte mal, als wir uns in ihrem Haus begegnet sind, hatte ich es bereut, sie allein gelassen zu haben.

"Lass uns gehen, ich werde dich ein Stück begleiten", meinte ich und nahm ihre Hand.
 

Teil 1 /End
 

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Für alle die traurig, schaurige Kurzgeschichten mit verschlossener Romantik mögen.
 

Ich weiß, es ist vielleicht etwas ungewöhnlich für "Little_Destiny" solche humorlosen, und traurigen Seelenräuber zu schreiben, aber das Wetter ist so fürchterlich kalt und traurig, dass man sich am liebsten in eine dicke Decke kuschelt und dem Wind lauscht, wärend man solch eine Geschichte schreibt.

Mir ist wirklich nichts lustiges zu diesem Anfang eingefallen. Ich hätte mir vielleicht noch ein paar coole Sprüche für den jungen Herren ausdenken können, aber da kam nur witzloser Schrott heraus (was ist mit mir los?)

Ich hab noch nicht einmal die Namen der Beiden erwähnt...**Kopf kratzen(muss sich erst noch einen ausdenken)



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von:  capricious
2004-11-06T19:59:30+00:00 06.11.2004 20:59
wunderschöne storyline.......wie auch anders zu erwarten???
ich werde natürlich gleich mal das 2.kapitel lesen und mich bestimmt weiter so freun
ist mal eine schöne neue art vond ri zu schreiben=)
gefällt mir sehr
und auch, dass es mal traurig ist macht nciht viel passt zum wetter;)
hoffe du schreibst hier schnell weiter udn natürlich auch bei tie up=);););)
Von: abgemeldet
2004-10-26T13:26:58+00:00 26.10.2004 15:26
o.0....*sprachlos* wooooow. Das is wirklich eine der besten, die du jemals geschribselt hast!!! Respekt! G.E.N.I.A.L. ! ! !

Amönschen
Von: abgemeldet
2004-10-26T12:52:04+00:00 26.10.2004 14:52
wow.... wow....
ich weiß gar nicht was ich sagen soll... klar ist es was ungewöhnlich für dich sowas zu schreiben aber ich find es einfach... wow.... wie du es schaffst die ganzen gefühle da rein zu bringen und.... ach gott.... und einfach die ganze Stimmung da ist super... auch dass man am ANfang noch gar nicht weiß was jetzt genau vorgefallen ist außer so andeutungen.... also ich find es echt super...die story is echt super schön.... schreib unbedingt schnell weiter!!!!!
bye bye yuma
Von:  Lady_Eternal
2004-10-24T10:28:35+00:00 24.10.2004 12:28
Man, das war vieleicht schön!*träum*
So traurig aber wunderschön geschrieben, das ist echt mal was neues!^^ *beeindrucktist*
Hoffentlich geht es bald weiter, die Story ist einfach atemberaubend!*hihi*

Bis denne;o))
Von:  Mirumy
2004-10-24T10:04:04+00:00 24.10.2004 12:04
Ja, das ist echt mal was Neues, da muss ich dir Recht geben. Ist wirklich ungewöhnlich, dass du so traurig und trostlos schreibst, und das die ganze Zeit über. Aber die FF bringt einen zum Nachdenken.
Aber die Story ist echt wunderschön geschrieben, haste klasse hinbekommen, bin ganz überwältigt davon!

Ich hoffe du schreibst bald weiter
HDL Mirumy
Von: abgemeldet
2004-10-23T21:49:27+00:00 23.10.2004 23:49
Ich bin platt.
Das ist meiner Meinung nach die beste FAnfic die du bis jetzt geschrieben hast.
Ich meine alle deiner Fics sind super aber die hier macht einen nur noch sprachlos.
Ich denke es braucht keine coolen Sprüche vin dem Kerl, das würd auch überhaupt nicht passen weils irgendwie die Atmosphäre der Story kaput machen würde.
Als ichs gelesen hab hab ich acuh noch en langsameres, etwas melancholisches Lied gehört, so dass mir echt die Tränen in die Augen gekommen sind und es mir schwer ums Herz geworden ist, das klingt jetzt vllt. bescheuert aber war echt so.
Ich finde das ganze spiegelt das derzeitige Wetter wirklich wieder und einen echt schön deprie (jett bitte nicht falsch verstehen)
also ich bin echt geplättet wie du sicher merken wirst wenn du den Kommi hier mit meinen übrigen vergleichst.
Hoffe du schreibst schnell weiter und mischst das ganze nicht mit deinem "alten Stil" der mir zwar auch super gefällt aber nicht zur Story passt.
*immernoch sprachlos ist*
Baerchen


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