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Devil's Blood

von

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Meeting again

"Toya-sama!", rief eine Frauenstimme. Toya hielt die Luft an. Er lugte unter seinem Bett hervor und sah die Beine einer Frau, die auf ihn zu kam. Dann bückte sie sich. Ihr Gesicht sah wütend aus. Ihre Wangen waren gerötet. Sie hatten in etwa die gleiche Farbe, wie ihr hochgestecktes Haar. "Hier seid ihr also! Wieso müsst ihr euch eigentlich immerzu irgendwo verkriechen." Toya kicherte. Die Frau nahm seine Hand und zerrte ihn unter dem Bett hervor. Sie befanden sich in einem großen Zimmer. Neben dem Bett, vor den Schränken, überall am Boden lagen irgendwelche Spielsachen. Durch ein einziges, kleines Fenster fiel ein fahler Lichtstrahl in das Zimmer. Die eigentliche Lichtquelle waren einige, altertümlich aussehende Lampen, mit großen Lampenschirmen. "Euer Vater hat schon vor einer halben Stunde nach euch gerufen, junger Herr", sagte die Frau und schleifte Toya hinter sich aus dem Raum. Während sie einen langen, hell erleuchteten Flur entlang gingen, hörte Toya die Frau in dem schwarzen Kleid, leise murmeln: "Wieso könnt ihr euch nicht ein Beispiel an euerem Bruder nehmen?" Ihr Blick war auf den roten Teppich unter ihnen gerichtet. Toya sagte nichts. Sie gingen eine lange Treppe herunter. Sie war breit, und das Geländer aufwendig verziert.
 

In der Halle, mit dem riesigen Kronleuchter an der Decke, erwarteten sie seine Eltern. Ein großer, kräftiger Mann, mit Bart. Sein Haar musste einmal schwarz gewesen sein. Nun war es größtenteils weiß. Neben ihm stand eine große, schlanke Frau. Sie war trotz ihres Alters sehr hübsch, mit ihren langen, blutroten Haaren, die wie Seide glänzenden. "Toya, da bist du ja!", sagte Toya's Mutter. "Wo hast du dich wieder herumgetrieben?" Erst jetzt ließ die junge Frau, die Toya hergebracht hatte, ihn los. "Er hat sich versteckt", schnaufte sie. "Wie immer."

"Na, ist ja jetzt auch egal", sagte Toya's Vater mit seiner tiefen, rauchigen Stimme. "Toya, wir möchten dir jemanden vorstellen." Er ging einen Schritt zur Seite. Erst jetzt sah Toya, dass hinter ihm die ganze Zeit jemand im Schatten gestanden hatte. Ein Junge, etwa in seinem Alter. Er blickte auf den Boden. Der Pony seiner blonden Haare verdeckte seine Augen. Seine Kleidung sah ziemlich schäbig aus, fand Toya. Die Kinder die er bis jetzt kennengelernt hatte, waren genau wie er aus reichem Hause gekommen. Natürlich nicht so reich, wie er selbst, aber dennoch wohlhabend. "Das ist Hiro", stellte sein Vater den Fremden vor. "Er wird ab jetzt bei uns wohnen, also sei nett zu ihm." Toya blickte sein Gegenüber fragend an. Er bückte sich, um sein Gesicht sehen zu können. Hiro blickte weiter unverwandt auf den Boden. "Hallo!", sagte Toya. Erst jetzt blickte Hiro auf. Sein Blick sah verängstigt aus. Seine Augen waren giftgrün und braun gesprenkelt. "Ich bin Toya", sagte Toya lächelnd. "Freut mich, dich kennen zu lernen." Hiro wandt schweigend den Blick ab.
 

Toya drehte sich zu seinen Eltern um. "Wo ist Yue?", fragte er. "Er ist heute morgen schon früh aufgebrochen", erklärte seine Mutter. "Er hat eine Einladung aus dem Menschenreich bekommen." Toya's Augen weiteten sich. "Sumi", murmelte er verärgert. "Hab ich recht?" "Ja", antwortete seine Mutter. "Ihre Eltern haben Yue auf ihr Schloss eingeladen." Toya sagte nichts. Wortlos rannte er die Treppen hinauf. "Toya, warte!", hörte er seinen Vater rufen. "Komm sofort zurück!" Oben wurde eine Tür zugeschlagen. Toya's Mutter seufzte. Sie drehte sich zu Hiro um. "Hab keine Angst", sagte sie mit mütterlicher Stimme. "Komm mit, ich zeig dir erst mal dein Zimmer." Sie legte den Arm um Hiro und führte ihn die Treppen nach oben aus der Halle. "Es ist gleich neben Toya's. Mach dir wegen ihm keine Sorgen. Er ist nur manchmal etwas launisch."
 

˜*˜*˜*˜*˜*˜
 

In diesem Moment fuhr Toya aus dem Schlaf hoch. Sein Kopf fühlte sich an, als würde er gleich zerplatzten. Mit einem tiefen Seufzer setzte er sich im Bett auf. Licht fiel durch die dünnen Vorhänge in sein Zimmer. "Hiro hat die Jalousie nicht zu gemacht", murmelte er verschlafen. Er rieb sich die Augen und blickte auf seinen Wecker. "Lohnt sich gar nicht, sich noch mal hinzulegen", stellte er fest und kroch aus dem Bett. "Ich hab von meiner Vergangenheit geträumt", dachte er. "Stimmt, ich war immer sauer, wenn Yue zu Sumi ist. Ich mochte Sumi, aber wenn Yue ihretwegen keine Zeit für mich hatte..." Er blickte auf das eingerahmte Foto auf seinem Schreibtisch und nahm es in die Hand. Darauf waren er, Mariko und Hiro. "Ich war am Anfang wirklich nicht besonders nett zu ihm", erinnerte er sich und stellte das Foto zurück.
 

˜*˜*˜*˜*˜*˜
 

Als Hiro an diesem Morgen ihren üblichen Treffpunkt erreichte, stand Toya bereits da und wartete auf ihn. "Guten Morgen", sagte er. "Morgen", keuchte Hiro völlig außer Atem. "Tut mir leid. Ich weiß, ich bin spät dran." "Ach was, du warst schon später dran", meinte Toya lachend.
 

˜*˜*˜*˜*˜*˜
 

"Weißt du", begann Hiro auf ihrem Weg zur Schule. "Du musst nicht jeden Morgen auf mich warten. Meinetwegen kommst du dauernd zu spät." "Ach was, bis jetzt haben wir's immer rechtzeitig geschafft." Zögernd fügte Toya hinzu: "Na ja... fast." "Siehst du, und dieses fast meine ich", bohrte Hiro weiter. "Ist doch egal." Eine Weile schwiegen sie beide. Dann fragte Hiro: "Wie geht's dir eigentlich?" "Den Umständen entsprechend, würd ich sagen gut", antwortete Toya. "Ich hab gestern Nacht von damals geträumt." "Ich weiß", sagte Hiro. Toya blickte ihn fragend an. "Du hast im Schlaf nach Yue gerufen." Toya wurde rot und wandt den Blick schnell wieder ab. "Ähm", stotterte er. "Wann... bist du gegangen?" "Spät", sagte Hiro knapp. "Bin selber eingenickt. Weißt du, dein Schnarchen steckt an." Prompt wurde Toya noch röter. "Ich hab noch nie geschna...", protestierte er. "Woher willst du das wissen?", unterbrach Hiro ihn. "Schon mal 'ne Nacht mit dir selber verbracht? Also glaub mir, ich weiß wovon ich rede. Hab ja schon oft genug bei dir gepennt." "Ja, als wir noch kleiner waren und du dich bei Gewitter nicht getraut hast nach Hause zu laufen, oder wenn du später unerlaubt Alkohol getrunken hast und nicht in der Lage warst, noch heim zu..." "Ja ja, ist ja gut!" unterbrach Hiro ihn. "Jedenfalls hattest du bis jetzt immer 'nen anderen Vorwand und soweit ich mich erinnern kann, warst immer DU derjenige, der so laut ge..." "Sei - endlich - still!", bat Hiro. "Halt die Klappe. Ich weiß, ich bin mal wieder der Böse und du das Engelchen." Toya musste lachen.
 

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"Morgen!", schrie Mariko schon von weitem. Sie stand wild gestikulierend am Schultor. "Mariko, seit wann wartest du hier auf uns?", fragte Hiro sie. "Weil ich dich vorwarnen will", sagte sie aufgebracht. "Herr Sewaru hat gestern mitgekriegt, was du gemacht hast. Dafür wirst du mächtig Ärger kriegen, das garantier ich dir!" "Schei...", murmelte Hiro. Mariko ging mit den beiden Jungs zum Schultor. "Hat gesagt Wenn Sakasa was passiert, ist Masanaru schuld daran! Er war ziemlich wütend." Mariko hatte Sewaru's Stimme wirklich gut imitiert. Toya sagte nichts. Gerade als sie auf dem Weg in die Aula waren, ertönte eine Durchsage, als hätte Sewaru nur darauf gewartet: "Masanaru Hiro bitte sofort ins Sekretariat. Ich wiederhole: Masanaru Hiro..." "Jeiks", sagte Hiro. "Also, dann wünscht mir mal viel Glück, ja?" Er wollte gerade gehen, als Toya ihm nachging. "Warte", sagte er. "Ich komme mit. Ich sag ihm, dass es meine Schuld ist. Ich hab dich ja darum gebeten, dass du mich..." "Nein", unterbrach Hiro ihn. "Aber..." Hiro legte die Hände auf Toya's Schultern und sagte leise, so das Mariko ihn nicht hören konnte: "Was willst du ihnen sagen, wenn sie dich fragen, warum du nicht in die Krankenstation wolltest, hä?" Toya antwortete nicht. "Dass du nicht krank bist, sondern nur die Erinnerungen an dein Leben als Dämon zurück kehren?!" Er drückte Toya von sich weg. "Also, lass mich das nur machen, ja?" Mit diesen Worten ging er die Treppe nach oben. "Masa", seufzte Toya. "Ich hätte doch einfach sagen können, dass ich gleich nach Hause wollte. Das wäre ja auch nicht gelogen gewesen." "Mach dir keine Sorgen", meldete sich Mariko zu Wort. Sie legte ihm tröstend die Hand auf die Schulter. "Masa hatte noch nie Angst vor 'nem Lehrer, oder? Er wird sich schon irgendwie raus reden." Gemeinsam gingen die beiden in die Aula.
 

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Während in der Aula des Schulgebäudes die tägliche Versammlung begann, erreichte Hiro gerade das Ende des Ganges. Vor der Tür zum Sekretariat stand bereits Herr Sewaru. "Ich schätze, sie wissen, warum sie hier sind", sagte er trocken. "Kann's mir denken", gab Hiro trotzig als Antwort. "Was haben sie sich eigentlich dabei gedacht? Dem Jungen muss es wirklich sehr schlecht gegangen sein. Er hätte umgehend auf die Krankenstation gebracht werden müssen. Was, wenn sich sein Zustand ihretwegen noch verschlimmert hätte? Wo haben sie ihn überhaupt...?" "Ich hab ihn nur heim gebracht, okay?", unterbrach Hiro den Lehrer genervt. "Und zwar nur, weil ER es so wollte." "Ich werde mir ihre Aussage natürlich von Sakasa selbst bestätigen lassen." "Tun sie, was sie nicht lassen können", brummelte Hiro.

"Trotzdem ist das natürlich keine Ausrede. Sie hätten ihn trotzdem nicht einfach wegschleppen dürfen. Und glauben sie mir, bei allem was sie in den letzten fünf Jahren, wenn man die Mittelstufe dazuzählt, alles angestellt haben, werde ich sie diesmal sicher nicht so einfach davon kommen lassen." Hiro verdrehte die Augen. Als ob er etwas anderes erwartet hätte. "Ich würde sagen, Nachsitzen", fuhr Herr Sewaru fort. "Eine Woche, ab nächsten Montag." "WAS?", schrie Hiro. "Eine Woche?" "Ganz richtig, eine Woche. Wenn man die Gefahr bedenkt, die von ihrem Handeln ausging, ist eine Woche Nachsitzen eindeutig angebracht. Und glauben sie mir, Masanaru, ich werde mir sicher für jeden Nachmittag was hübsches für sie ausdenken." Der Lehrer verzog seine schmalen Lippen zu einem hinterhältigen Grinsen. "Wenn Miroi was anstellen würde, dann würden sie ihm sicher nicht...", begann Hiro. Doch Herr Sewaru unterbrach ihn. "Teruko Miroi ist ein erstklassiger, zuverlässiger und äußerst vernünftiger Schüler, Masanaru", sagte er mit bebender Stimme. "Er würde nicht einmal auf die Idee kommen, sich auf ihr Niveau herab zu lassen. Wir brauchen also gar nicht zu vergleichen, was wäre wenn. Und nun gehen sie umgehend in ihre Klasse. Melden sie sich Montagnachmittag bei mir." Hiro hatte bereits den Mund geöffnet, um Widerspruch zu leisten, schloss ihn dann jedoch ohne ein Wort und stapfte wütend Richtung Klassenzimmer davon.
 

˜*˜*˜*˜*˜*˜
 

Zur selben Zeit kamen Toya und Mariko mit den anderen ihrer Klasse von der morgendlichen Versammlung zurück. "Und was hat er gesagt?", fragte Mariko neugierig. "EINE WOCHE NACHSITZEN!", schrie Hiro so laut, dass es sich die Schüler vor ihnen nach ihm umdrehten. "Die ganze nächste Woche!" "Tja Masanaru", ertönte plötzlich eine Stimme. Als Hiro sich umdrehte, sah er Teruko Miroi mit seinen Kumpels an sich vorbeilaufen. "Es kann ja nicht jeder Sewaru's Liebling sein." Er lachte spöttisch und folgte dann seiner Klasse, deren Klassenzimmer in einem anderen Gang war. Hiro blickte ihm wütend nach. "Wenn ich diesen widerlichen Schleimer auch nur einmal in die Finger krieg!", zischte er. "Dann polier ich ihm ma so richtig schön seine hübsche, kleine Fresse!" "Lass ihn doch einfach reden", versuchte Mariko ihn zu beruhigen. "Damit würdest du dir nur noch mehr Ärger mit Sewaru einhandeln." "Ouh, glaub mir, dass nehm ich dafür gern hin." Toya sagte kein Wort. Er fühlte sich immer noch schuldig. Hätte er sich einfach ins Krankenzimmer bringen lassen, müsste Hiro jetzt nicht seinetwegen nachsitzen.
 

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Den ganzen Tag über hatte sich Hiro's schlechte Laune nicht gelegt. Nach der Schule gingen die drei Freunde gerade über den Hof, als Mariko eine Idee kam. "Hey, habt ihr beide nicht Lust auf Karaoke?", schlug sie vor. "Vielleicht hebt das deine Stimmung ein bisschen, Masa." Hiro sah sie beinahe empört an. "Wo ich ja auch ein so begnadeter Sänger bin", sagte er. Natürlich meinte er das ironisch. "Klar", lachte Mariko. "Deswegen ja! Ich denke, es wär ganz lustig, dich mal wieder singen zu hören." Hiro warf ihr einen beleidigten Blick zu. "Na gut, dann eben nicht." Einen Moment lang schwiegen sie. Dann begann Mariko erneut: "Wie wär's dann mit der Spielhalle?" Als ihr niemand antwortete, fügte sie hinzu: "Ach kommt, Jungs! Wir haben schon so lange nichts mehr zu dritt unternommen!" "Von mir aus", stimmte Hiro ihr zu. Seine Stimme klang allerdings nicht sehr überzeugt. "Prima", freute Mariko sich und klatschte in die Hände. "Was ist mit dir, Toya?", fragte sie an Toya gewandt. "Mir egal", murmelte Toya. "Dann ist ja gut. Also, gehen wir!" Sie rannte durch das Haupttor und...
 

KRACH! Die beiden Jungen sahen nur, wie Mariko rückwärts auf den Hintern fiel. Sie rannten zu ihr und sahen, dass sie mit einem anderen Mädchen zusammen gestoßen war. "Tut... tut mir leid", sagte das Mädchen und strich sich die seidigen, schwarzen Haare aus dem Gesicht. Hiro zog Mariko etwas unsanft auf die Beine. "Nein, nein", sagte diese. "Ist schon okay. War meine Schuld." "Entschuldige", sagte das andere Mädchen erneut, verbeugte sich und rannte dann rasch an ihnen vorbei über den Schulhof. "Hmm, ob sie was in der Schule vergessen hat?", dachte Mariko laut und schaute ihr nach.
 

Plötzlich riss Toya die Augen auf. Gerade war Yue aus dem Schulhaus gekommen. "Ouh shit", sagte Hiro leise und beobachtete ihn. Das Mädchen, mit dem Mariko zusammengestoßen war, lief direkt auf Yue zu. "Kennt sie ihn?", fragte Toya. "Was? Wie?", fragte Mariko verwirrt und blickte abwechselnd Toya, dann wieder Hiro an. "Oh, der Typ von neulich!", sagte sie, als sie Yue erblickte. In diesem Augenblick drehte Yue sich nach ihnen um. Toya zuckte zusammen. Ihm schien es, als würde der Blick seines Bruders ihn durchbohren. Es bereitete ihm ein unerklärliches Stechen in der Brust, ihn zu sehen. Obwohl er ihn direkt ansah, war es ihm nicht möglich den Blick abzuwenden. Plötzlich spürte er Hiro's Hand auf seiner Schulter. "Komm, Toya", sagte er mit ernster Stimme.

Yue sagte etwas zu dem Mädchen, dann ging er über den Schulhof auf sie zu. "Komm schnell!", sagte Hiro nun etwas eindringlicher und zerrte Toya mit sich. "Was ist...?", fragte Mariko und rannte ihnen nach. "Warte! Masa!", protestierte Toya und drehte sich immer wieder um. "Ich werd nicht warten, vergiss es!", sagte Hiro bestimmt und zog Toya weiter. "Aber er ist doch... er ist mein..." "Halt die Klappe, Toya!", schrie Hiro ihn an und blieb stehen. Toya sah ihn erschrocken an. Es geschah selten, dass Hiro ihn anschrie. "Er wird dich umbringen, wenn er dich kriegt!" "Masa...", wisperte Toya. "Ich bin echt eine Memme", dachte er. "Ich bin ja schon wieder kurz vor 'm los heulen." "Komm jetzt!", sagte Hiro und ging weiter. Mariko legte wortlos den Arm um Toya. Toya war froh, dass sie jetzt keine Fragen stellte. Jedes andere Mädchen hätte das wohl getan. "Hey, ist ja gut", sagte sie nur. "Er... meint es sicher nicht böse. Komm, lass uns gehen."
 

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Kurz darauf waren sie in der Spielhalle angekommen. Obwohl es offensichtlich war, dass er eigentlich keine Lust dazu hatte, ging Hiro schnurstracks an einen der Spielautomaten. "Sag mal", begann Mariko, die mit Hiro neben dem Eingang stehen geblieben war. "Was hat dieser Typ dir vorgestern antun wollen?" "Ach Mariko", seufzte Toya. "Das is 'ne ziemlich komplizierte Geschichte." Toya war sich nicht sicher, ob Hiro so begeistert sein würde, wenn er Mariko alles erzählen würde. Aber er hätte es liebend gern getan. "Toya", sagte Mariko leise. Sie senkte den Blick. "Ähm, kann es sein, dass... also, dieser Typ... sein Name ist Yue, oder?" "Ja", antwortete Toya. "Woher...?" "Dann lieg ich also doch richtig!", sagte Mariko, als wäre sie selbst überrascht. "Er ist dein Bruder, hab ich recht?" Toya stockte der Atem. "Wo...her...?", stotterte er erneut. Mariko lächelte und schüttelte dabei ungläubig den Kopf. Ihr Blick sah glasig aus und war nach wie vor ins Leere gerichtet. "Ich fass es nicht. Dann bist du... du bist wirklich... und Masa ist..." "Mariko", sagte Toya eindringlich und zerrte sie in eine Ecke, wo sie niemand belauschen konnte. Mariko setze sich auf einen der beiden quietschroten Stühle, die an einem runden, ebenfalls roten Tisch standen. "Woher weißt du das?", fragte Toya sie und setzte sich an den anderen Stuhl. "Ach, ist schon gut", sagte Mariko seufzend und blickte von der Tischplatte auf. Sie sah Toya lächelnd an. "Ist nicht so wichtig", meinte sie. Dann lehnte sie sich herüber und schlang sie die Arme um Toya. "Ma...riko", stotterte Toya verwirrt.
 

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"Game over!", murmelte Hiro und blickte von dem Automaten, vor dem er stand, auf. "Ich - fass - es - nicht!", sagte er entrüstet, als er Toya und Mariko erblickte. Seine Hände zitterten. "Hör schon auf, Hiro!", sagte er zu sich selbst. "Das ist völlig normal." Er zwang sich dazu weg zu schauen. "Mariko ist schließlich ein Mädchen. Es ist völlig okay, wenn sie..." Er versuchte es, sich selbst gegenüber abzustreiten, doch er war wirklich eifersüchtig. Nicht etwa auf Toya. Nein, dass wäre ja auch normal gewesen. Aber er war nicht normal. Er war tatsächlich eifersüchtig auf Mariko.
 

"Ich hab dich wirklich gern, Toya", wisperte Mariko. "Egal was passiert, wir bleiben zusammen. Du,... Masa und ich, wir drei..." "Mariko, was ist los?", fragte Toya verwirrt. Mariko ließ ihn schweigend los. "Ach nichts", meinte sie Schulter zuckend. "Ist schon okay. Vergiss es einfach, ja?" Toya sah sie ungläubig an. Sie lächelte, doch ihre Augen sahen aus, als würde sie gleich weinen. Ein gespieltes Hüsteln ertönte hinter ihnen. "Tut mir ja sehr leid, wenn ich störe", sagte Hiro, der plötzlich neben ihrem Tisch stand. "Tust du nicht", erwiderte Mariko. Toya blickte wortlos ins Leere. Seine blassen Wangen waren gerötet. "Wieso werd ich denn jetzt rot?", fragte er sich selbst. "Wieso macht es mir nichts aus, wenn Mariko mich umarmt? Wieso... nur wenn er...?"
 

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"Uah!", schrie Mariko plötzlich. Sie blickte erschrocken zum Eingang. Hiro und Toya drehten sich um. Gerade war Yue in die Spielhalle gekommen. "Scheiße!", sage Hiro und packte Toya an den Schultern. Er zerrte ihn vom Stuhl unter den runden Tisch. Dann kroch er ebenfalls darunter. Mariko tat es ihm nach und drückte sich etwas verängstigt ins Eck. Hiro blickte an der großen Stehpflanze vorbei, die ihnen Deckung gab. "Er sucht dich sicher", sagte er leise. Die beiden Mädchen, die an dem Tisch neben ihnen saßen, hatten das verdächtige Verhalten der drei bemerkt und blickten fragend zu ihnen hinunter. Hiro legte den Finger auf den Mund, um ihnen zu zeigen, dass sie sich nicht verraten durften. Die Mädchen kicherten, wandten den Blick jedoch wortlos ab.
 

"Masa, lass mich zu ihm", bat Toya. Anders als Hiro bemühte er sich nicht, leise zu sprechen. "Ich will mit ihm reden, hörst du?" "Klappe!", zischte Hiro nur, hielt Toya mit der Hand den Mund zu, und drückte ihn an sich. Toya's Herz begann schlagartig zu rasen. "Masa", dachte er. In diesem Moment hatte Yue sie erblickt. Er starrte Toya mit diesem ausdruckslosem, gefühlskaltem Blick an. Niemand sagte ein Wort. Toya spürte, wie Hiro's Griff fester wurde. Seine Hände zitterten, wie seine eigenen. Mariko, die zwischen den beiden hervor lugte, krallte sich mit den Fingern in Toya's Hemd. Ein paar Sekunden schien die Zeit still zu stehen. Das Geschehen um sie herum ging unentwegt seinen Gang. Yue blickte Toya schweigend an. Dann ganz plötzlich kam das schwarzhaarige Mädchen, mit dem Mariko zusammengestoßen war, zur Tür herein. Sie sagte etwas zu Yue und blickte dann ebenfalls zu Toya und den anderen herüber. Sie nahm Yue am Arm und zerrte ihn aus der Spielhalle. Yue blickte ein letztes mal zu Toya herüber. Dann kehrte er ihnen den Rücken und verließ die Spielhalle.
 

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"Was?", flüsterte Mariko, obwohl es völlig sinnlos war, zu flüstern. Bei dem Lärm, der in der Spielhalle herrschte, hätte sie auch so niemand gehört. "Ist er weg?", fragte sie. Hiro krabbelte unter dem Tisch hervor und ging ein paar Schritte nach vorn. "Ich denk schon", sagte er dann. Toya und Mariko krochen ebenfalls aus ihrem Versteck hervor. "Aber er hat uns doch gesehen", sagte Mariko verwirrt. "Ja, ganz sicher", stimmte Hiro ihr zu. Offenbar wusste er auch nicht, warum Yue gegangen war. Mit dieser Reaktion hatte er nicht gerechnet.
 

"Wir sollten noch ein bisschen warten, bis wir gehen", schlug er vor. "Für den Fall, dass er uns irgendwo auflauert." "Ähm hallo?", sagte plötzlich jemand. Hiro drehte sich um. Die beiden Mädchen am Nachbartisch blickten zu ihm auf. "Hab ihr etwa Ärger mit dem?" "So könnte man's ausdrücken", sagte Hiro. Erst jetzt fiel ihm auf, dass die Mädchen die Schuluniform ihrer Schule trugen. "Ihr solltet euch besser nicht mit dem anlegen. Er soll angeblich echt gefährlich sein", riet das Mädchen ihnen. "Wissen wir", seufzte Mariko. Nun meldete sich das andere Mädchen zu Wort. "Das ist doch dieser Yue, oder?", fragte sie. "Yue Garasu aus der 3 F." Toya hielt den Atem an. "Was?", schrie Hiro auf. "Wie hast du ihn gerade genannt?" Das Mädchen wich eingeschüchtert, offenbar in dem Glauben, etwas Falsches gesagt zu haben, zurück. "Garasu", wiederholte sie zögernd. "Yue Garasu. So heißt er doch." Toya griff nach Hiro's Hand. Er wusste nicht wieso. Er hatte es einfach so, vielleicht aus Reflex, getan. Hiro drückte seine Hand fest. Toya's Herz schlug schneller und schneller. War es, weil er gerade diesen Namen gehört hatte? Oder weil Hiro seine Hand hielt? Er wusste es nicht. "Ähm, ja", stotterte Hiro. "Ja, also. Wir gehen dann mal." "Vielen Dank", sagte Mariko und verbeugte sich. Dann lief sie Hiro nach, der Toya aus der Spielhalle zerrte.
 

"Hast du das gesehen?", fragte das eine Mädchen ihre Freundin. "Er hat seine Hand gehalten!" Sie begannen zu kichern. "Wie süüüß!", meinte das zweite und fügte schnell hinzu: "Das war doch Sakasa-san, oder? Er ist total beliebt bei den Mädchen. Jetzt, wo ich ihn mal aus der Nähe gesehen habe, weiß ich auch, warum." Sie kicherte erneut los. "Wirklich niedlich", seufzte die erste.
 

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Sie waren erst ein paar Schritte von der Spielhalle entfernt, als Hiro plötzlich stehen blieb. Erst jetzt ließ er Toya's Hand los. Er blickte sich nach allen Richtungen um. "Du solltest nach Hause gehen, Toya", riet er diesem. "Find ich auch", stimmte Mariko ihm zu, während sie sich immer noch an Toya's Rücken festkrallte. Sie blickte sich ebenfalls suchend um. Offenbar bekam sie es auch langsam mit der Angst zu tun. Hiro warf ihr einen genervten Blick zu. Hätte sie es gesehen, hätte sie daraus die Worte "Nimm gefälligst deine Finger von ihm!" lesen können. "Also, gehen wir", sagte er und ging einfach weiter. Toya hatte Probleme ihm nachzukommen, so schnell lief er davon.
 

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Den ganzen Weg über waren die drei ziemlich schweigsam gewesen. Erst als sie die Straßenecke erreichten, an der Mariko abbiegen musste, wurde das Schweigen gebrochen. "Also, seid vorsichtig", sagte sie besorgt. "Pass auf ihn auf, Masa!", fügte sie an Hiro gewandt hinzu. Eben so plötzlich, wie sie es vorhin bei Toya schon einmal gemacht hatte, umarmte sie nun Hiro, welcher sichtlich zu überrascht war, um überhaupt etwas zu tun. "Lass ihn bloß nicht aus den Augen!", sagte sie eindringlich und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Hiro blickte sie irritiert an. Toya ebenso. Er stand da wie angewurzelt. Doch noch bevor er sich auch nur bewusst werden konnte, hatte Mariko Hiro auch schon losgelassen und ihn angesprungen. "Und du passt mir gefälligst auch auf, klar?", sagte sie. "Bei jedem Schritt den du machst!" Sie gab auch ihm einen beiläufigen Kuss auf die Wange und ließ ihn dann los. "Ich hab euch lieb, Jungs", sagte sie noch. Sie benahm sich wirklich, als würde sie das jeden Tag tun. Aber das tat sie nicht. Toya war sich ziemlich sicher, dass das Verhältnis von Küssen und Schlagen, was sie und Hiro betraf, etwa eins zu eine Million betrug. "Bis Morgen." Mit diesen Worten kehrte sie den beiden den Rücken und rannte in ihre Richtung davon.
 

"Sie...", begann Hiro und hielt sich die Hand an die Wange. "...benimmt sich irgendwie komisch, oder?" "Hmm", murmelte Toya und blickte in die andere Richtung. Natürlich! Mariko hatte sie BEIDE geküsst. Also hatte es nichts zu bedeuten. Oder hatte sie einen von ihnen nur geküsst, um ihre Gefühle für den anderen zu verbergen? "Gehen wir", sagte Hiro und riss ihn damit aus den Gedanken.
 

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Wenig später standen sie vor Toya's Haus. "Deine Eltern sind noch nicht da", seufzte Hiro. "Das heißt, du... bist allein." "Ja", antwortete Toya. Er überlegte einen Moment, ob er Hiro bitten sollte, hier zu bleiben. Er zögerte, weil er ihn gestern schon gefragt hatte. "Also", sagte Hiro leise. "Pass auf dich auf!" "Mach ich", versicherte ihm Toya. "Bis... bald." Und damit kehrte er ihm den Rücken.
 

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Als Toya kurz darauf alleine in dem großem, verlassenem Haus war, wünschte er sich, er hätte Hiro doch gefragt. Doch dafür war es jetzt zu spät. Also ging er hoch in sein Zimmer und zog sich um. Den restlichen Tag hatte er gelangweilt vor dem Fernseher verbracht. Er versuchte sich irgendwie abzulenken, doch er konnte nicht aufhören, über das Geschehene nachzudenken.
 

Eigentlich war es noch viel zu früh, um schlafen zu gehen, zumal morgen Samstag war. Doch vielleicht würde er im Schlaf endlich Ruhe finden. "Vielleicht auch nicht", dachte er, während er die Bettdecke bis zum Kinn hochzog. Und nachdem es eine ganze Weile gedauert hatte, bis er eingeschlafen war, fand er sich dann tatsächlich in einem seiner Träume wieder.
 

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Er öffnete eine Tür, ohne angeklopft zu haben. Leise schlich er in das Zimmer. Hiro stand am Fenster und blickte hinaus. Er hatte ihn nicht bemerkt. Toya durchquerte den Raum und klopfte Hiro auf die Schulter. Erschrocken fuhr dieser herum und blickte ihn mit seinen grünen Augen an. "Tut mir leid", sagte Toya lachend. "Ich wollte dich nicht erschrecken." Hiro's Augen waren gerötet. "Hey, hast du etwa geweint?", fragte Toya besorgt. "Quatsch", antwortete Hiro und fuhr sich mit dem Ärmel über das Gesicht. "Hast du Heimweh?", wollte Toya wissen. "Vermisst du deine Familie? Oder deine Freunde?" Hiro antwortete nicht. "Hab keine Angst. Ab heute werde ich dein Freund sein, ja?" Hiro sah ihn fragend an. Toya lächelte. Es war dieses Lächeln, was Hiro ansteckte. Hiro musste lachen. "Klar", sagte er.
 

˜*˜*˜*˜*˜*˜
 

"Du magst diese Sumi nicht besonders, oder?", fragte Hiro ihn, während Toya ihm im Schloss herumführte. "Doch", widersprach Toya. "Ich mag sie sehr. Aber mein Bruder hat seit er sie kennt viel weniger Zeit für mich. Früher hat er viel mehr mit mir gespielt."
 

˜*˜*˜*˜*˜*˜
 

Es war spät Nachts. Toya tapste in seinem Schlafanzug den Flur entlang. Auf dem Boden schleifte er einen großen Teddybär hinter sich her. In einem Zimmer brannte Licht. Durch den offenen Türspalt sah Toya seine Eltern im Raum sitzen. "Meinst du wirklich, er kann Yue und Toya beschützen?", fragte seine Mutter. Ihre Stimme klang besorgt. "Natürlich. Er soll von Geburt an über eine sehr starke Magie verfügen. Seine Eltern sind beide Magier erster Klasse", versicherte Toya's Vater ihr. "Dieser Hiro ist genau der Richtige und er weiß wie wichtig seine Aufgabe ist. Als Leibgarde unserer Söhne." Toya ließ die Kinnlade herunterfallen. Der Teddy rutschte ihm aus der Hand. "Sie haben ihn... einfach von seiner Familie getrennt?", dachte er empört. "Und ich dachte, seine Eltern wären nicht mehr am Leben. Ich dachte, sie hätten ihn aus Mitleid aufgenommen. Dabei..." Er hob den Teddy vom Boden auf und rannte zurück in sein Zimmer. "Dabei soll er nur die Leibgarde für Yue und mich spielen!"
 

˜*˜*˜*˜*˜*˜
 

Toya riss die Augen auf. Er stand auf und setzte sich aufs Bett. "Das war wirklich nicht besonders nett von meinen Eltern", dachte er.
 

Plötzlich ertönte ein lautes Klirren. Glasscherben flogen durch den Raum. Toya sprang auf. Die Fensterscheibe war zerbrochen. Toya riss die Augen auf. Vor ihm im Zimmer stand sein Bruder Yue. Er richtete das golden verzierte Schwert auf ihn, dass er schon auf dem Pausenhof bei sich hatte. Toya drängte sich gegen die Wand neben dem Kleiderschrank. "Du...", begann Yue. Er schritt auf Toya zu und packte ihm am Kragen seines Pyjamas. "Du elende Ratte", hauchte er. "Du hast sie getötet!" Er knallte Toya gegen die Wand und ließ ihn dann los, so dass Toya an der Wand in die Knie sank. "Yue, wieso tust du das?", fiepte Toya verängstigt. "Wir sind doch... Brüder!" "Brüder!", wiederholte Yue bei weitem lauter, als Toya es gesagt hatte. "Schöner Bruder, bist du mir", sagte er zähneknirschend. "Du hast Sumi umgebracht!" Toya stockte der Atem. "Nein!", dachte er. Obwohl er sich nicht daran erinnerte, wusste er, dass Yue log. Er musste lügen! Garasu hatte Sumi getötet. Das hatte Hiro ihm doch erzählt! "Dafür wirst du sterben!", schrie Yue nun und holte mit dem Schwert aus. Toya kniff die Augen zusammen.
 

Doch plötzlich hörte er Yue aufschreien. Als er die Augen wieder öffnete, sah er Hiro vor sich. Er hielt sein Katana an Yue's Hals. "Wage es, ihn auch nur noch einmal anzufassen, und du bist tot!", sagte er. Yue grinste hämisch. "Hiro", sagte er. "War es nicht DEINE Aufgabe, uns zu beschützen? Und jetzt willst du mich töten?" "Bevor du Toya kalt machst?", meinte Hiro. "Ganz ehrlich, da nehm ich DEINEN Tod doch lieber hin!" Yue lächelte siegessicher. Dann schlug er blitzschnell mit dem Schwert nach hinten und traf Hiro in die Seite, woraufhin dieser ihn los ließ und sich die Hand an die besagte Stelle hielt. "Es ist gar nicht so leicht, dich mal alleine anzutreffen, Brüderchen", sagte Yue an Toya gewandt. "Das hab ich heute Mittag in der Spielhalle schon gemerkt. Aber keine Sorge." Er wandt sich wieder Hiro zu. "Du kannst ihn nicht ewig beschützen", hauchte er und sprang rückwärts aus dem Fenster. Hiro blickte ihm nach. Er sah gerade noch seinen Schatten, der über die Äste der Bäume huschte und dann in der Dunkelheit verschwand. "Verdammt", zischte er.
 

Toya saß noch immer zusammengekauert in seinem Eck. Seine großen Augen blickten angsterfüllt ins Leere. Hiro drehte sich um und ließ sein Katana fallen, welches sich daraufhin in Luft auflöste. "Toya", sagte er und sank vor seinem Freund in die Knie. Er schlang die Arme um ihn und drückte ihn an sich. "Es tut mir so leid", wisperte er. "Ich hätte dich niemals alleine lassen dürften. Niemals. Bitte verzeih mir!" Toya legte die Arme um ihn und schmiegte den Kopf an seine Brust. Hiro's Hemd war halb offen und sah ziemlich zerknittert aus. Er musste schon geschlafen haben. Er schlief fast immer mit Klamotten. Wie spät war es eigentlich? Woher hatte Hiro nur gewusst, dass Yue ihn, Toya, angreifen würde? "Masa", sagte er leise. "Dein Herz... schlägt ja so schnell." "Was?", fragte Hiro erschrocken. Toya seufzte. "Ich kann es hören", fügte er in Gedanken hinzu. "Ich kann spüren, wie es schlägt. Hast du dir solche Sorgen um mich gemacht?" Wie gern hätte er seine Gedanken ausgesprochen. Statt dessen murmelte er nur: "Masa, bleib bitte hier. Lass... mich nicht wieder allein, bitte!" Hiro wurde rot. Er schwitze. War es, weil er den ganzen Weg zu Toya's Haus gerannt war? Wegen der Auseinandersetzung mit Yue? Oder... wegen Toya's Worte? "Ich wusste, er würde es irgendwann merken", dachte er. "Wie schnell mein Herz schlägt, wenn ich bei ihm bin. Aber in diesem Fall kann er wenigstens denken, ich hätte mir nur Sorgen gemacht." "Masa?" "Was? Äh, ja, ist gut. Ich bleib hier", sagte er, ließ Toya los und zog ihn auf die Beine.
 

In diesem Augenblick spürte Hiro wieder den stechenden Schmerz in der rechten Seite. "Er hat dich verwundet, stimmt's?", fragte Toya besorgt. "Zeig mal her." Er öffnete die restlichen Knöpfe an Hiro's blutverschmiertem Hemd und zog es ihm vorsichtig aus. Hiro's Atem raste. Seine Hände zitterten. "Ach was", sagte er. "Nur ein Kratzer." Als Toya die Wunde jedoch aus Versehen berührte, zuckte er zusammen. "Autsch", wisperte er. "Ich hol dir 'n Pflaster", sagte Toya und ging zur Tür. "Du hattest mehr Glück als Verstand. Er hätte dich viel schlimmer treffen können." Mit diesen Worten ging er aus dem Zimmer. Hiro ließ sich seufzend auf dem Bett nieder.
 

˜*˜*˜*˜*˜*˜
 

Einen Moment lang blieb Toya vor der Zimmertür stehen. Sein Atem schien sich zu überschlagen. Er fühlte sich als wäre er gerade meilenweit gerannt. "Masa", wisperte er. "Mein Herz... es hört nicht auf. Wieso lässt es mich so völlig kalt, wenn Mariko mich umarmt und bei ihm... Allein sein Anblick oben ohne bringt mich zum schwitzen."
 

˜*˜*˜*˜*˜*˜
 

Wenig später kam er mit einem Pflaster in der Hand wieder ins Zimmer zurück. Er setzte sich neben Hiro aufs Bett und schnitt mit einer Schere ein ziemlich breites Stück von der Rolle ab. "So, das dürfte reichen", meinte er und klebte es vorsichtig auf die Wunde. Hiro blickte wortlos auf ihn herunter. Er zögerte und hob die zitternde Hand. "Denk doch einfach nicht drüber nach!", befahl er sich selbst. Dann legte er die Hände links und rechts auf Toya's Wangen, zog ihn noch näher zu sich heran, senkte den Kopf und berührte leicht seine Lippen. Toya riss erschrocken die Augen auf. Er blickte in Hiro's geschlossene Augen. Er stützte sich mit den Händen auf dessen Knien ab. In diesem Moment schien es, als würde sein Gehirn einfach ausschalten. Er schloss ohne groß zu überlegen, die Augen. Sein Puls raste. Nur ein paar Sekunden später lösten sich ihre Lippen von einander. Sie blickten sich schweigend an. Hiro's Hände zitterten wie Espenlaub. "Ich, ähm...", stotterte er. "Äh, also... lass uns schlafen gehen." Toya schwieg. Hiro wollte keine Erklärung zu seinem Handeln abgeben, also würde er, Toya, auch nichts dazu sagen. "Ich...", begann er. "Ich hab keinen Schlafsack oder so was da. Du musst also..." Nach diesem Vorfall fiel es ihm überhaupt nicht mehr leicht, es Hiro zu sagen, obwohl es vorher schon oft so gewesen war. "...bei mir... im Bett schlafen." Hiro murmelte nur ein "Hmm", in sich hinein. Er hatte den Blick abgewandt.
 

˜*˜*˜*˜*˜*˜
 

Kurz darauf lagen sie schweigend nebeneinander. Toya hatte sich auf die Seite gedreht, so dass Hiro nur seinen Rücken sah. "Ob er sauer ist?", dachte dieser. "Was hab ich mir nur dabei gedacht?" In Gedanken schimpfte er mit sich selbst. "Das hätte mir nie passieren dürfen. Ich muss mich in Zukunft besser beherrschen." Er blickte zu Toya herüber. In der Dunkelheit sah er nur dessen Umrisse. Er sah, wie sein Brustkorb sich in kurzen Abständen hob und wieder senkte. Toya's Atem raste noch immer. "Wieso hat er das gemacht?", fragte er sich. "Masa..." Sein Herz schlug wie wild. Wie gern hätte er sich einfach zu Hiro umgedreht. Doch irgend etwas in ihm, hielt ihn davon ab. "Du bist unnormal, Toya!", sagte er zu sich selbst. "Du bist voll krank! So etwas für ihn zu empfinden. Für einen MANN! Das ist nicht normal!"
 

Er hatte nicht daran geglaubt, in dieser Nacht noch einmal Schlaf zu finden, doch ohne dass er es bemerkte, war er wenig später vor Erschöpfung eingeschlafen. Hiro lag noch eine Weile länger wach. Er lauschte Toya's, nun gleichmäßigen, Atem. Was für ein beruhigendes Geräusch. "Toya", flüsterte er. "Es war gelogen. Du hast noch nie geschnarcht."
 

~tbc~



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2004-08-22T11:07:02+00:00 22.08.2004 13:07
:D *ggg*
mach weita xD


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