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Vertrauen ist alles

von

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Kapitel 12

Titel: Vertrauen ist alles

Teil: 12/18+Extrateil

Autor: schuchan, Tusgumi

E-Mail: Kamayima@gmx.de, jennyBreidenbach@yahoo.de

Fanfiction: Weiß Kreuz

Disclaimer: Die Jungs von Weiß Kreuz gehören leider nicht uns, auch wenn wir sie gerne behalten würden ^__^. Die Rechte liegen bei Kyoko Tsuchida und dem Projekt Weiß, und wir wollen mit der FF keinen Profit machen.

Rating: PG-16

Warnung: Angst, Lime, Lemon, Sap, Com

Pairing: Schuldig x Ken

Kommentar: Das soll einen Versuch eines RPGs darstellen und wir hoffen, dass es euch gefallen wird. Leider ist uns Schu etwas OOC geworden, aber ich hoffe, ihr stört euch nicht dran. Zur genauen Erläuterung: Tsugumi spielt Ken und meine Wenigkeit (schuchan) spielt unseren süßen Deutschen^^
 

So, hier is das nächste Kapitel, ihr habt es nicht anders gewollt...

Unsere armen Schnuckies werden noch etwas mehr terrorisiert von uns ^__^

Vergebt uns!!
 


 

Inzwischen war eine Woche seit ihrem kleinen Ausflug vergangen. Eine ziemlich lange Woche. Waren die Tage mit Schu noch wie im Flug vergangen, schien die Zeit nun einfach nicht verstreichen zu wollen. Außerdem hatte der Telepath sich nun seit einer Woche nicht gemeldet, was es für Ken noch viel langweiliger machte. Aber es war ja nicht ungewöhnlich für Schu. Bestimmt hatte ihm Crawford als Strafe jede Menge Arbeit aufgehalst, so dass er keine

Zeit fand, sich zu melden. Ken schmunzelte in sich hinein. Bestimmt würde er den armen, geschundenen Schu trösten müssen, der von seinem Leader auf's schändlichste misshandelt und als Mädchen für alles missbraucht wurde. Er konnte sich genau dessen Gesicht vorstellen, wenn er sich bei ihm über die Ungerechtigkeit seines Lebens beschwerte. Wirklich niedlich! Wann würde er sich wohl wieder melden? Na, wie auch immer, Ken hatte Geduld, er konnte

warten, auch wenn es noch zwei Wochen dauern sollte. So war Schu halt.
 

Schuldig hingegen wäre froh gewesen, wenn ihm Crawford viel Arbeit aufgehalst hätte. Aber das tat dieser nicht mehr. Lag wohl daran, dass der Deutsche schon alle Arbeiten für die nächsten Wochen erledigt hatte. Aber er wollte einfach nicht nachdenken. Und das tat er nur, wenn er nichts zu tun hatte. Nagi hatte ihn schon gefragt, ob er nicht krank wäre, geistig total durchgeknallt, wie es der Telekinese ausgedrückt hatte. Doch anstatt von Schuldig deswegen angemotzt zu werden, hatte dieser nur traurig gelächelt. Vielleicht sollte er wenigstens mit Nagi reden, damit er überhaupt jemanden hatte. Aber, ob der Junge ihn auch verstehen würde? Wahrscheinlich nicht. Jetzt saß er auf seinem Bett und dachte wieder an sein Kätzchen. Irgendwie traute er sich nicht einmal, in dessen Gedanken zu gucken. Alles war so kalt. Ihm fehlte nicht nur der Junge, sondern auch die Wärme seiner Präsenz, die er mit viel Kraft abwehrte, damit er nicht auf die Idee kam, doch wieder mit ihm in Kontakt zu treten.
 

Eine weitere Woche verstrich, noch eine... ihr letztes gemeinsames Treffen lag nun drei Wochen zurück. Oder auch 21 Tage. Oder auch 504 Stunden. Na ja, der neue Tag hatte ja schon angefangen, also kamen noch mal 7 Stunden hinzu, das machte also 511 Stunden... <<Argh, was denke ich hier eigentlich!>> Ken hatte Frühschicht im Laden. Es war noch früh, aber es machte ihm nichts aus, er hatte eh kaum geschlafen. Allerdings ärgerte er sich darüber. Warum war er so unruhig. Hey, es war nichts das erste Mal, dass Schuh sich nicht meldete... bestimmt hatte er eine wichtige Mission oder so. Aber warum meldete er sich nicht wenigstens telepathisch mal kurz, nur um Bescheid zu sagen? Vielleicht hatte er ja wieder untertauchen müssen? Das waren nur zwei der vielen Gründe, die Kens Vernunft ihm vorschlug, jedoch gelang es ihm einfach nicht, das schlechte Gefühl zu vertreiben, das mit jedem Tag mehr und mehr Besitz von ihm ergriff. Wenn es nach ihm gegangen wäre, er hätte Schu am liebsten bereits am nächsten Tag nach ihrem Ausflug wieder gesehen, aber er wusste, dass das ziemlich egoistisch war und außerdem in ihrer Situation kaum zu realisieren. Aber drei Wochen waren eine verdammt lange Zeit, wenn man sich so sehr nach jemandem sehnte. Oder... ob Schuldig vielleicht etwas Abstand von ihm wollte? Immerhin hatten sie zwei Tage lang fast komplett aufeinander gehangen, es wäre kein Wunder, wenn das einem Einzelgänger wie Schuldig auf die Nerven ging... nein, was dachte er denn da? Schu würde doch nicht einfach so sang- und klanglos verschwinden, doch nicht nach allem, was gewesen war. So sehr konnte

er ihn doch nicht genervt haben... oder doch?!
 

Laute Musik hallte nun schon seit Stunden durch das Schwarz-Haus und nicht mal ein Brad Crawford konnte etwas dagegen tun. Es war grad so, als würde Schuldig alles blocken, was nur an Gedanken durch die Gegend schwirrte, denn auch er schaffte es nicht, zu dem Telepathen durchzudringen. Und selbst Nagi konnte nichts machen. Egal, wie oft er mit seinen Kräften versuchte, die Anlage auszustellen, nach ein paar Sekunden lief diese wieder. Aber Schuldig kam nicht mal raus, um ihn anzuschnauzen. Er stellte sie einfach immer wieder an. Die laute Musik ermöglichte es ihm wenigstens annähernd, seine Blockaden richtig zu verstärken und auch zu erhalten. Sein Kopf war einfach nur leer... unendlich leer. Nur der stechende Schmerz in seinem Herzen erinnerte ihn noch, dass er etwas verloren hatte, etwas, das ihm viel bedeutete, mehr als nur viel... Leise fluchend stellte Schuldig seine Anlage aus und stürmte aus seinem Zimmer, hätte beinahe einen völlig verwirrten Nagi überrannt, während er Crawford ein //Bin in meiner Wohnung.// hinterher blökte. Da das Orakel keine Einwände erhob, flüchtete Schuldig geradezu in seine eigenen vier Wände. Als er durch die Tür trat, wehte ihm noch ein schwacher Duft entgegen, den er als den von Ken identifizierte... zumindest dachte er es... oder spielte ihm sein Herz einen Streich? Schwer aufseufzend ließ er sich auf die Couch im Wohnzimmer fallen und steckte sich eine Zigarette an. <<Vielleicht war es

wirklich keine gute Idee, herzukommen...>> dachte er noch, bevor er seine Zigarette im Aschenbecher ausdrückte und auf der Couch zur Seite sank, in einen unruhigen Schlaf driftete.
 

Die Schicht war bereits beendet und Ken schloss den Laden für diesen Tag. Dann schlurfte er langsam in Richtung Küche. Die trüben Gedanken ließen ihn kaum noch los. So sehr er es auch versuchte, er konnte einfach nicht aufhören, nach einem Grund zu suchen dafür, dass der Deutsche sich nicht mehr meldete. Mit gesenktem Kopf betrat er die Küche, in der Yohji und Omi bereits das Abendessen vorbereitet hatten. Wortlos ging er zum Kühlschrank, um sich

eine Dose Cola zu nehmen, merkte dabei nicht mal, wie die beiden ihn aufmerksam beobachteten, dabei einen Blick wechselten. Dann begann Omi zu sprechen: "Hey, Ken-kun, was ist denn los mit dir? Seit Tagen schiebst du jetzt so ein Gesicht. Welche Laus ist dir nur über dir Leber gelaufen? Etwa Liebeskummer?!" Omi wollte ihn auf diese Weise etwas aufheitern, erntete dafür aber einen stechenden Blick von Yohji und mit einem mal wurde ihm bewusst,

wie ernst die Sache war. Ken war seit einiger Zeit irgendwie nicht mehr derselbe. Besagter Junge blickte ihn nur wortlos an, als würde er aus seinen Gedanken gerissen, sagte dann aber mit leiser Stimme: "Nein, dass ist es nicht. Ich schätze, ich hab einfach nur einen schlechten Tag. Mach dir nicht immer so viele Gedanken." Bei diesen Worten sah er zu Yohji hoch, der seinen Blick erwiderte. Wahrscheinlich konnte er sich denken, was mit Ken los war. Aber er wollte nicht von ihm darauf angesprochen werden. Immerhin gab es ja auch eigentlich gar kein Problem. Alles würde sich sicherlich bald aufklären. Wozu darüber reden und unnötig die Pferde scheu machen? Darum setzte er ein strahlendes Lächeln auf, zumindest soweit ihm das gelang und meinte nur: "Hey, bin ich hier der Playboy oder Yo-kun? Ich treibe mich schließlich nicht mit so vielen Weibern rum, also kann mir so was wie Liebeskummer nicht passieren. Da läuft unser Megaplayboy ja wohl eher Gefahr, was?! Also, was gibt's zu essen?"
 

Schuldig kehrte erst nach drei Tagen in die Schwarz-Behausung zurück. Crawford hatte ihn zurückgerufen. Wer auch sonst? Wahrscheinlich war er den lieben langen Tag mit nichts anderem beschäftigt, Ken und ihn im Auge zu behalten. Nur damit sie sich nicht trafen... Wieder ließ er sich auf sein Bett fallen, doch bevor er in den Schlaf abdriften konnte, hämmerte jemand an seine Tür. Wütend wollte er den Störenfried schon anblaffen, als Nagis Kopf durch

die Tür lugte und ihn traurige Augen ansahen. Auch wenn der kleine Telekinet immer so unnahbar tat, er war doch eigentlich ein heiteres Gemüt, machte so ziemlich jeden Stuss mit, den Schuldig ausheckte. Doch jetzt sah er nicht danach aus. Er setzte sich neben den Deutschen auf's Bett und beobachtete diesen von der Seite aus. "Was willst du?" "Fragen, was mit dir los ist." "Nichts, was dich was angeht." "Es hat was mit dem Weiß zu tun, oder? Siberian oder so ähnlich?" "Er heißt Ken und selbst wenn er was damit zu tun hätte, es ginge dich nichts an." Damit hatte Schuldig sogar noch mehr gesagt, als ihm recht war. Nagi sah, dass es seinem Freund nicht gut ging. Aber er fragte nicht weiter. Stattdessen lehnte er sich nur mitfühlend an die Schulter des Deutschen und sie schwiegen, beide in Gedanken versunken. //Danke, Kleiner.// //Kein Problem, Schuschu.//
 

"Ken, hallo?! Wenn du weiter den Boden fegst, hast du bald die Fliesen durch!" Yohjis Stimme riss Ken aus seinen Gedanken. Sie waren beide allein im Laden. "Oh, tut mir leid," kam die schwache Antwort. "Sag mal, wie lange willst du dich denn noch so ausschweigen? Jeder hier im Haus bemerkt, dass es dir dreckig geht. Das kann doch nur etwas mit diesem netten Schwarz-Telepathen zu tun haben, oder?" In dem Moment wirbelte Ken herum und hielt ihm die Hand vor den Mund, sah sich dann suchend im Laden um, um erleichtert festzustellen, dass sie wirklich allein waren. "Wie oft soll ich dir noch sagen, dass du seinen Namen nicht aussprechen sollst? Wenn Aya oder Omi das mitkriegen!" "Also, seinen Namen, habe ich ja nicht ausgesprochen... aber im ernst: Du verschwindest zwei Tage, kommst überglücklich wieder und auf einmal siehst du aus, als würde die Welt untergehen. Was ist passiert? Hat er dir irgendetwas getan?" Ken seufzte, ließ den Kopf sinken. "Nein, dass ist es ja gerade. Er meldet sich plötzlich nicht mehr... ich habe seit drei Wochen kein Lebenszeichen mehr gehört... Dabei hatte ich doch gedacht... ich meine, ich war doch so sicher..." Ken schluckte hart. Jetzt, wo er es aussprach, klang es noch viel schmerzvoller, als wenn er nur vor sich hin spekulierte. Und plötzlich konnte er nicht mehr hier stehen bleiben. Nicht vor Yohji, nicht hier im Laden in Tränen ausbrechen. Also wandte er sich nur schnell ab und noch bevor Yohji ihn festhalten konnte, war er aus der Tür raus. Eine ganze Zeit lang irrte er durch die Straßen, sein Kopf war leer, er spürte nur noch diese Angst, die ihn plötzlich eiskalt überfiel. Und dazu immer diese Frage... <<Warum? Warum Schuldig? Es muss doch einen Grund geben!>> Irgendwann blieb er stehen, weil er merkte, wie seine Beine langsam müde wurden. Wo war er hier eigentlich? Er war in einer Einkaufsstraße gelandet, er stand direkt vor der dekorierten Schaufensterscheibe eines Buchladens. Er ließ seinen Blick zufällig über die Auslage streifen, bis er plötzlich etwas entdeckte, was seine Aufmerksamkeit fesselte. Einige Minuten starrte er auf das hübsch aufgebaute Set, dass mehrere Bücher und Heftchen, dazu eine Kassette enthielt. Dann setzte er sich kurz entschlossen in Bewegung, betrat den Laden und kramte seinen Geldbeutel aus der Hosentasche.
 

Schweißgebadet schreckte Schuldig aus seinem Traum auf. Schon seit Nächten träumte er immer wieder das Selbe. Und er wusste, wenn er nicht wollte, dass das in Erfüllung ging, dann musste er Ken aufgeben. Warum hatte er nicht von Anfang an auf seine Vernunft gehört, wie es Crawford es ihm immer sagte? Warum hatte er sich überhaupt mit diesem Weiß eingelassen? Warum tat sein Herz so weh, obwohl er doch schon so lange keine wahren Gefühle mehr gehabt hatte? Warum hatte er aus den Fehlern der Vergangenheit nicht gelernt? Er hätte

es doch wissen müssen... hätte wissen müssen, dass es nicht gut gehen würde... <<Vielleicht... sollte ich das endlich vergessen... und ihn als das ansehen, was er schon immer hätte bleiben sollen... ein 'Zeitvertreib'... mehr nicht...>> Und doch hatten diese Gedanken nicht den gewünschten Erfolg. Er sah auf den Tisch vor sich, auf dem sich Akten nur so stapelten. Er hatte

Crawford gefragt, ob er nicht mehr Arbeit für ihn hätte. Anscheinend hatte er den Amerikaner damit echt überrascht, denn dieser hatte nur große Augen gemacht und ein paar Sekunden überhaupt nichts gesagt, bevor er dennoch genickt hatte. Wenigstens ließ ihm die Arbeit keine Zeit zum Nachdenken. Also stürzte er sich mit mehr oder minder viel Elan hinein.
 

Die unbestimmte Ahnung, die Ken versucht hatte zu verdrängen, hatte sich mittlerweile zu einer Gewissheit verfestigt. Kein Sterbenswort hatte er von Schu gehört und mittlerweile war es Anfang September, also eineinhalb Monate seit ihrer letzten Begegnung. Es war nun klar, dass es sich nicht nur um Zeitmangel oder Stress oder eine Mission handelte. Schuldig... hatte den Kontakt zu ihm abgebrochen... und zwar bewusst. Aber warum? Diese Frage verfolgte Ken nun Tag und Nacht, sogar bis in seine Träume hinein. Immer wieder sah er Bilder ihrer gemeinsamen Erinnerungen. All die Dinge, die sie zusammen erlebt hatten. Ihre Begegnung bei jener verhängnisvollen Mission, ihr erstes Date, der Schuss auf Kens Schulter, die Aussprache im Regen, ihre ersten gemeinsame Nacht, das Hotel am Strand... alles schien im Traum so nah, aber sobald er die Augen aufschlug, war alles plötzlich in weite Ferne gerückt. Wie konnte das passieren? Was war falsch gelaufen? Es war doch alles so gut gewesen, so perfekt. Was hatte Schu noch gesagt? Sie wollten doch wieder zusammen ans Meer fahren. Und ihm hatte das alles doch auch gefallen, oder nicht? Konnte es wirklich sein, dass er Ken so sehr hatte täuschen können. Herrgott, wenn er wenigstens einen Hinweis hätte! Aber er schaffte es nicht, zu Schu Kontakt herzustellen. Unzählige Male hatte er ihn in Gedanken gerufen, immer und immer wieder, aber nie hatte er auch nur den Hauch seiner Präsenz gespürt. Und schließlich war er ja auch kein Telepath. Aber warum schottete er sich denn nur so ab, er musste doch seine Gedanken irgendwie wahrnehmen! Hatte er nicht immer gesagt, dass er Kens Gedanken kaum ignorieren konnte? Dass er seine Präsenz als warm empfand?! Alles krampfte sich in ihm zusammen, bei dem Gedanken an dessen Worte. Ken saß ins seinem Zimmer, es war schon spät abends, aber er konnte und wollte nicht schlafen gehen. Nicht,

wenn er befürchten musste, wieder diese Erinnerungen zu sehen. Also saß er, wie sooft in letzter Zeit, im Schneidersitz an seinem niedrigen Holztisch, vor sich ausgebreitet die Bücher, die er sich vor ein paar Wochen gekauft hatte. In seinen Ohren befanden sich die Ohrstöpsel seines Walkmans, in dem die Kassette lief. Er hörte die Worte der monotonen Stimme auf dem Band, formte sie leise mit den Lippen nach. "Guten Morgen... Guten Tag... Guten Abend... Mein Name ist... Wie geht es ihnen" Ein Klicken, das Band war zu Ende. Laut seufzend nahm Ken die Stöpsel aus dem Ohr und verschränkte die Arme auf dem Tisch, bettete den Kopf darin. Mit halb geöffneten Augen überflog er den Titel des vor ihm liegenden Heftes. "Deutsch für Anfänger" <<Warum tue ich das hier eigentlich? Ich muss wirklich verrückt sein!>> Aber der Grund war ihm durchaus bewusst. Als er diese Lehrbücher im Schaufenster gesehen hatte, war automatisch Schuldigs Gesicht vor ihm aufgetaucht, er erinnerte sich an

die Worte, die er so oft geflüstert hatte, die seine Hände auf seinen Rücken gezeichnet hatten, die er nicht verstanden hatte. Und allein bei dem Gedanken dabei, verspürte er einen gewissen Trost, hatte zumindest den Hauch von Hoffnung. Es konnte doch nicht alles gelogen gewesen sein! Und wie sooft in letzter Zeit schlief er an seinem Tischchen ein, während ein paar Tränen aus seinen Augenwinkeln rannen.
 

Gelangweilt saß Schuldig auf seinem Balkon und sah auf die Stadt unter sich. Kurz schwirrte ihm der Gedanke durch den Kopf, dass er immer dort gesessen hatte, wenn er mit Ken gesprochen hatte. Doch der Gedanke ging so schnell, wie er gekommen war. Er tat noch den letzten Zug seiner Zigarette, bevor er diese ausdrückte und sich erhob. Nagi war seit drei Tagen krank und musste das Bett hüten. Einen Umstand, den ein Brad Crawford zwar vorhersehen, aber nicht verhindern konnte. Ein Grinsen schlich über Schuldigs Gesicht, als er sich an

die Standpauke des Leaders erinnerte, die den Kleinen aber nicht erreicht hatte. Der Deutsche ging in die Küche und bereitete das Abendessen für Farfarello. Der Ire war erstaunlich normal für seine Verhältnisse geworden, tobte sich in den Missionen aus, anstatt sich selbst Wunden zuzufügen. Irgendwann hatte er mal gesagt, dass sie schon zu viele Narben hatten. Da musste er sich nicht noch mehr verletzen. Zumal das ja nicht Gott wehtat. Schuldig hatte darüber nur den Kopf schütteln können. Aber er war froh, dass Farf sich nichts mehr tat. Irgendwie mochte er den Irren ja doch. Als er in den Keller kam, saß Farfarello auf seinem Bett und blickte ihm entgegen. Als er das Tablett entdeckte, stürzte er sich schon fast wie ein Hund auf ihn,

der beinahe am Verhungern war. Schuldig wartete ruhig, bis der Ire aufgegessen hatte und wollte schon mit dem Tablett in der Hand den Raum wieder verlassen, als ihn der andere zurückhielt. "Warum tust du dir selbst weh?" "Ich tu mir nicht weh, Farf." "Aber Kätzchen tut es weh." Verwundert drehte sich Schuldig um, während Farf ihn ruhig musterte. "Kätzchen wird sich dran gewöhnen müssen," meinte er nur leise, bevor sich die Kellertür wieder schloss

und Schuldig sich wieder in sein Zimmer begab. Irgendwo im Hintergrund hörte er, wie Crawford mit Nagi schimpfte, weil dieser wieder an seinem Computer saß, anstatt sich auszuruhen. Er schloss seine Zimmertür und setzte sich wieder auf den Balkon. Auch wenn er immer noch versuchte, Ken zu vergessen, es gelang ihm nicht immer. Ganz im Gegenteil. Er musste noch viel zu oft an ihn denken. Es war ihm anfangs schwer gefallen, dessen Gedanken zu blocken. Sie kamen immer mal wieder. Doch jetzt war das kein Problem mehr. Er hatte es

geschafft, diese ganz zu blocken, die warme Präsenz als eine von vielen kalten zu verdrängen. Jetzt musste er nur noch seine Erinnerungen vergraben. So, wie er auch die anderen alle vergraben hatte. Und hoffen, dass sie nie wieder hervorgeholt werden würden.
 

Nicht nur Yohji und Omi machten sich zunehmend mehr Sorgen um Ken, auch Aya beschäftigte der veränderte Gemütszustand seines Teamkameraden. Sie saßen momentan alle am Küchentisch versammelt und warteten auf Manx, die ihnen einen neuen Auftrag bringen sollte. Es war totenstill in der Küche. Erst jetzt fiel Aya richtig auf, wie sehr Ken sie alle mit seiner ausgelassenen Stimmung immer beeinflusst hatte. Jetzt überschattete seine traurige Ausstrahlung auch die anderen, drückte die Stimmung massiv nach unten. Dabei erledigte er seine

Arbeit im Laden wesentlich sorgfältiger als sonst und auch auf Missionen war er nach wie vor verlässlich, schien es auf gewisse Weise sogar zu begrüßen, sich austoben zu dürfen. Obwohl, die Sache mit den Missionen in letzter Zeit... Es war jetzt Ende September, seit fast zwei Monaten. Was konnte der Auslöser dafür gewesen sein? In den zwei Tagen, die er weg gewesen war, musste irgendetwas passiert sein, oder danach? Der Junge war kaum noch wieder zu erkennen. Er saß mit gesenktem Kopf am Tisch und wirkte verletzlicher als der Weiß-Leader ihn jemals gesehen hatte. Doch wurde Aya abrupt aus seinen Gedanken gerissen, als es an der Tür klopfte. Omi stand auf, um die Tür zu öffnen. Manx trat ein, begrüßte die Anwesenden freundlich und führte sie in den Besprechungsraum. Sie holte das Video aus ihrer Tasche. "Weiß, wir haben eine neue Mission..." In diesem Moment klingelte ihr Handy und man hörte

Yohji schon schnaufen und Omi schüttelte leicht den Kopf. Manx meldete sich, hörte dem Sprecher am anderen Ende der Leitung zu, sagte aber nichts als "Ja." und "Habe verstanden." Dann legte sie auf und blickte die vier Männer verdrossen an. "Das war Kritiker. Die Mission ist..." "...abgeblasen worden", ergänzte Yohji mit einem schiefen Lächeln. "Das ist nun schon das sechste mal in den letzten Wochen. Was soll das? Wer ist dieser Verrückte, der uns die

ganzen schrägen Typen vor der Nase wegkillt?" fragte Aya nun gereizt. Langsam ging ihm das wirklich auf die Nerven. "Tut mit leid, aber es ist sehr schwierig, etwas über ihn herauszufinden. Der Typ ist verdammt gut. Aber wir arbeiten dran. Ich melde mich. Macht euch einfach einen schönen Abend, ja?" Etwas verlegen verabschiedete sie sich und ging. Es war ihr offensichtlich sehr peinlich. Na, Aya konnte es recht sein, den anderen auch. Einzig Ken

wirkte etwas wütend, über diese ganze Sache, man sah es an seinem Gesicht. Er hätte sich gerne abgelenkt, wovon auch immer er sich ablenken wollte.
 

Schuldig hingegen saß im Wohnzimmer auf der Couch und sah irgendeinen Film. Vor sich auf dem Boden stapelten sich weiterhin Akten in zwei Haufen. Der eine, größere Stapel hatte überall rote Haken auf den Aktenhüllen. Von dem kleineren Stapel daneben nahm er sich wieder eine Hülle, schlug diese auf und überflog sie kurz. <<Wieder ein Drogenhändler... na ja.>> Er zuckte mit den Achseln, konzentrierte sich kurz auf die Präsenz der Person, die auf

den Blättern gekennzeichnet war und... <<... wieder einer weniger...>> Der Film war gerade zu Ende und es lief der Abspann, als sich der Deutsche gähnend streckte, den Fernseher ausschaltete und in sein Zimmer ging. Die beiden Stapel jeweils unter einen Arm geklemmt. Da sich Nagi auf Crawfords Befehl immer in den Kritiker-Computer einhakte und die Profile der Opfer von Weiß runter sog und ausdruckte, war es für Schuldig ein Leichtes gewesen, diese

sich mal kurz zu stibitzen und zu kopieren, während der Jüngere in der Schule gewesen war. Crawford hatte davon zum Glück nichts mitbekommen oder aber ihn störte das nicht. Schuldig sollte es egal sein. So makaber es auch klang, aber wenigstens hatte er etwas zu tun und gleichzeitig ersparte er Weiß ein Haufen Arbeit. Damit reduzierte sich auch die Wahrscheinlichkeit, dass Weiß und Schwarz vielleicht irgendwo oder irgendwann mal auf einer Mission sich über den Weg laufen würden. Auch wenn Crawford immer versuchte, keine Überschneidungen zu verursachen, sicher gehen konnte man bei so was nie. Und so lange Weiß nicht gerade einen Auftrag bekamen, den auch Schwarz bekommen hatte, sollte es Schuldig recht sein.
 

Auch nach drei weiteren Tagen hatte es für Weiß keine neuen Aufträge gegeben. Kritiker hatten sich nicht gemeldet, sie waren mit ihren Ermittlungen offenbar auch nicht weitergekommen. Es war Nachmittag und Aya war gerade in der Küche beschäftigt, um sich nach der Frühschicht einen Kaffee zu machen. In dem Moment kam Ken dazu. "Hast du für mich auch noch einen?" fragte er mit Blick auf die Kaffeemaschine. "Klar," meinte Aya nur und goss ihnen beiden eine Tasse ein. Ken sah immer schlechter aus. Er schien nicht mehr viel zu

schlafen. Gerade überlegte der Weiß-Leader, ob er nicht wenigstens versuchen sollte, den Jüngeren darauf anzusprechen, als seine Aufmerksamkeit vom Radio gefesselt wurde, dass die ganze Zeit lief und nun die Nachrichten sendete. Der Radiosprecher wies auf einen weitern Todesfall eines gesuchten Verbrechers hin, ein weiterer Fall der Serie, die nun seit einigen Tagen anhielt. Auch Ken horchte auf. "...wurde tot in seiner Wohnung aufgefunden, als die Polizei eine Razzia durchführte. Hinweise auf den Täter gibt es nicht, auch wies der Mann

keine äußeren Verletzungen auf. Dem Bericht der Gerichtsmedizin zufolge, handelte es sich um einen plötzlichen Hirntot. Die Gründe dafür sind allerdings unbekannt. Das ist nun schon der elfte Todesfall dieser Art und..." Aya schaltete das Gerät aus. "Das ist wirklich verrückt. Anfangs dachte ich, es wäre nur Zufall und irgendjemand sei auch auf die Idee gekommen, Selbstjustiz zu üben. Aber dass es immer genau die Typen trifft, auf die wir es abgesehen haben... langsam scheint es so, als würde der Täter es darauf anlegen, uns die Tour zu vermasseln." Ken horchte auf. "Aber wie kann das möglich sein? Niemand ist in der Lage, die Daten von Kritiker zu knacken. Obwohl..." In dem Moment kam ihm ein Gedanke, nein, viel mehr eine Erkenntnis. Die Art, wie die Toten ermordet wurden, dieses bestimmte Schema... es gab

doch nur einen, der dahinter stecken konnte... Er schauderte. Warum sollte Schu so etwas tun? Konnte das wirklich sein?
 

Ein lautes Klopfen an Schuldigs Tür riss diesen aus seinem nicht sehr ruhigen Schlaf. Sein Kopf dröhnte schon seit zwei Tagen und nichts konnte er gegen diese vermaledeiten Kopfschmerzen tun. <<Da hab ich mich wohl doch etwas übernommen...>> Wieder setzte das Klopfen ein, das für ein paar Minuten aufgehört hatte. "Was denn?" fragte der Deutsche, leider nicht so bedrohlich klingend, wie er es wollte. Aber dafür war er einfach zu schwach. Nagis brauner Haarschopf lugte durch die Tür herein und stahlblaue Augen bedachten den Telepathen mit einem mitleidigen Blick. "Was willst du, Chibi?" fragte dieser nur gähnend, während er sich auf die andere Seite drehte und dem Jüngeren somit den Rücken zu wand. "Brad sagt, du sollst aufhören, die Aufträge alleine zu erledigen. Wir haben in zwei Tagen eine Mission und brauchen dich. Und zwar ohne Kopfschmerzen. Du tust dir damit doch nur selber

weh." Schuldig wusste, dass der Kleine Recht hatte. Auch wenn er dank seiner Telepathie eigentlich jeden Menschen auch über größere Entfernungen töten konnte, ihm schadete das zunehmend. Er musste sich einfach zu stark auf die jeweilige Person konzentrieren, da sich die Präsenzen der Menschen ähneln. Schließlich wollte er nicht jemand unschuldigen killen... Zumindest nicht mehr. Daher auch die Kopfschmerzen, die ihn plagten. Ein schwaches Handzeichen deutete Nagi an, dass er verstanden hatte und ein leises Klicken des Türschlosses sagte Schuldig, dass er wieder alleine war. Den Schmerz in seinem Kopf kurz ignorierend, konzentrierte er sich auf seine mentalen Barrieren, die sich schon allmählich in Wohlgefallen auflösten. Es kostete ihn viel Kraft, diese soweit zu verstärken, dass ihn keine fremden Gedanken mehr erreichten. Doch nur so konnte er sicher gehen, in zwei Tagen wieder auf dem Posten zu sein. Ohne diese starken Barrieren würde er sich wohl noch eine weitere Woche

quälen müssen und darauf hatte er echt keine Lust. <<Mit Ken war das anders. Bei ihm war mein Kopf auch ohne diese blöde Barriere so herrlich leer...>> Doch der Gedanke ging so schnell, wie er gekommen war und Schuldig fiel in Ohnmacht. Er hatte sich einfach zu sehr verausgabt.
 

Aya bemerkte Kens entsetztes Gesicht. "Ken-kun, alles klar?" "Hm?" Der Angesprochene sah abrupt fragend auf. Der Weiß-Leader musterte ihn scharf. "Du... weißt nicht zufällig etwas über diese Mordserie, oder? Wenn ja, dann solltest du es besser sagen." Für eine Sekunde bleib Kens Herz stehen. Aya durfte auf gar keinen Fall was davon mitbekommen. Also zwang er sich, möglichst ruhig zu bleiben. "Woher soll ich das wissen? Wir sind halt mit Sicherheit nicht die einzigen, die ein Problem mit solchen Kerlen haben. Vielleicht ist es ja auch eine von Kritikers anderen Killergruppen, die sich selbstständig gemacht hat. Wie auch immer, es ist Kritikers Problem, nicht unseres." Damit wandte Ken sich ab und ging mit dem Kaffee in sein Zimmer, hoffte dabei, so überzeugend wie möglich gewirkt zu haben. Im Zimmer angekommen, beschloss er zu duschen, die Schicht heute früh war echt schweißtreibend gewesen. Er öffnete seinen Schrank, um nach ein paar Klamotten zu suchen, dachte dabei nach. Wenn es wirklich Schuldig oder Schwarz allgemein waren, die dahinter steckten, dann hatten sie sich wirklich ganz konkret zum Ziel gemacht, Weiß die Missionen abzunehmen. Es konnte kein Zufall sein, dass sie genau die gleichen Personen angriffen! Aber was nur war der Grund? Ken wühlte weiter durch die unendlichen Weiten seines Kleiderschrankes, war so in

Gedanken, dass er gar nicht darauf achtete, was er in die Finger bekam. Doch plötzlich fiel ihm ein blauer Zipfel ins Auge, der aus den anderen Klamotten hervorragte. Und plötzlich kam ihm die Erinnerung wieder. Wie hatte er das vergessen können? Er zog an dem Stoff und zog den blauen Pulli hervor, den Schuldig ihm damals gegeben hatte, als sie sich am Morgen nach ihrer ersten Nacht getrennt hatten. Der weiche Stoff roch sogar noch ganz leicht nach

Schu, nach seiner Wohnung... und wieder kam alles in Ken hoch, was er tagsüber so verzweifelt zu unterdrücken versuchte. Er sank vor seinem Kleiderschrank auf die Knie und blickte ins Leere, während ihm immer wieder die Worte im Kopf nachhallten, die Schu ihm gesagt hatte, nachdem er ihm das Teil geschenkt hatte. << "Damit du mich nicht vergisst...">> Ken schloss die Augen. <<Ich vergesse dich nicht Schu, dass kann ich nicht mehr. Aber es scheint so, als hättest du dafür mich vergessen...>>
 

Todmüde viel Schuldig in sein Bett. Die Mission war zwar nicht schwer gewesen, doch sie waren in einen Hinterhalt gekommen. Und ausgerechnet in diesem Moment hatte ihn seine Fähigkeit im Stich lassen müssen. Mit Grauen erinnerte er sich noch an die starken Schmerzen, die ihn einfach so überkommen waren. Nur dem guten Zusammenspiel ihres Teams war es zu verdanken, dass er nicht mehr als ein paar tiefe Schnittwunden davon getragen hatte. Ganz zu seinem Erstaunen hatte Crawford auf die übliche Standpauke verzichtet und war sofort in seinem Zimmer verschwunden, während Nagi ihn und Farfarello verbinden durfte. Und

jetzt lag er hier und hätte am liebsten geheult. Doch es kamen wieder keine Tränen... Die Hälfte des nächsten Tages verschlief er, konnte sich nur mit Mühe und Not am Nachmittag aus seinem Bett bequemen, da ihm sein Magen offen Kund tat, dass er seine veränderten Essgewohnheiten überhaupt nicht akzeptierte. Doch so hungrig der Deutsche auch war, er bekam fast keinen Bissen runter... wie schon seit jenem verhängnisvollen Tag vor fast drei Monaten. <<Ist es wirklich schon so lange her? Dabei kommt es mir vor wie gestern. Was macht Ken wohl? Ob es ihm gut geht? Wahrscheinlich hat er mich schon vergessen... Ist vielleicht auch besser so. Ich wollte ihm nie mehr wehtun und was mache ich...>> Ganz in diesen Gedanken versunken, merkte er nicht, wie er sich langsam anzog und das Schwarz-Haus verließ. Ziellos irrte er durch die Straßen, dachte nur kurz, dass Crawford ihn sicher warnen würde, wenn es Ärger geben würde. Vorsorglich ließ er dafür auch einen Link offen. Denn, obwohl er am liebsten zum Koneko gegangen wäre und Ken in seine Arme geschlossen hätte, er wollte nicht, dass diesem etwas passierte. Und er würde dafür sorgen, dass seinem Kätzchen

nichts geschah... auch wenn es ihm das Herz aus dem Leibe reißen würde, er würde alles für Ken tun. Schuldig blickte erst wieder auf, als er im Park stand, den turtelnden Pärchen zusah, die Händchen haltend überall rum liefen oder saßen. Obwohl es schon Anfang Oktober war, war es noch warm. Der Altweibersommer verwöhnte die Menschen mit einer warmen Sonne und strahlendblauem Himmel. Das Wetter passte ganz und gar nicht zu Schuldigs Gefühlszustand und noch weniger wollte er in dem Park bleiben. Zu viele Erinnerungen strömten hier wieder auf ihn ein. Hinter den Bäumen lang laufend, wo es ruhiger war, drang Kinderlachen

an das Ohr des Deutschen, ließ ihn einen Blick auf die Wiese werfen, die sich durch den ganzen Park zog. Kinder spielten ausgelassen Fußball und ein brauner Haarschopf erweckte seine Aufmerksamkeit.
 

Natürlich war es Ken nicht gerade behaglich, in diesem Park Fußball spielen zu müssen, wo er doch hier mehr als sonst wo an Schuldig erinnert wurde. Aber es war auch die einzige Möglichkeit, mit den Kids zu spielen und sich so abzulenken. Und Ablenkung war das einzige, was ihm das ganze etwas erträglicher machte. Schon den ganzen Tag war er dabei, mit den Kindern zu trainieren, er hatte immerhin heute frei. Langsam wurde es Nachmittag, die Sonne stand schon etwas tiefer am Himmel. Es wurde langsam etwas kühl und er beschloss, sich doch langsam auf den Heimweg zu machen. Er verabschiedete sich von den Kids, die noch munter weiter tollten und ging zu einer kleinen Holzbank, auf der er seine Sachen abgelegt hatte. Er öffnete seinen Rucksack und holte die Wasserflasche hervor, um daraus zu trinken. Dann steckte er sie zurück und sein Blick fiel auf den blauen Pullover, den er eingesteckt hatte. Genau genommen nahm er ihn in letzter Zeit überall mithin, warum, konnte er selbst nicht genau sagen, vielleicht, weil er wirklich zum Masochismus neigte, denn jedes Mal, wie auch jetzt, wurde er traurig, dieses Stück Stoff überhaupt zu sehen. Er nahm ihn hoch und drückte ihn etwas an sich, atmete noch einmal dessen Duft ein. Genau in diesem Moment hatte er das unbestimmte Gefühl, als würde irgendwer ihn beobachten. Er blickte sich um, konnte aber zunächst niemanden entdecken. Hatte er sich das nur eingebildet? Er hätte schwören können, dass jemand ihn beobachtete... jemand mit einem ganz bestimmten Blick, den er noch immer so genau im Gedächtnis hatte, als hätte er ihn gerade erst wieder gesehen.
 

Schuldigs Augen wurden mit jeder Minute größer, die er Ken bei Fußballspielen zusah. Und es schmerzte immer mehr. Er konnte auch ohne Telepathie sehen, dass es dem Jüngeren nicht so gut ging, wie er anfangs gedacht hatte. Der Blick aus den türkisfarbenen Augen wirkte traurig und irgendwie fehlte ihm das freudige Glitzern, welches immer da gewesen war. Oder bildete sich Schuldig das nur ein? Wollte er vielleicht, dass es Ken genauso wehtat, dass sie sich nicht mehr sehen konnten? <<Vielleicht... Aber ich will, dass es ihm gut geht. Er soll

nicht wegen mir leiden. Das hat er nicht verdient, genauso wenig, wie ich ihn verdient hatte.>> Sich noch etwas enger an den Baum drückend, der ihm als Schutz vor den Blicken des anderen diente, sah der Deutsche Ken nach, wie er den Rasen verließ und auf eine Bank zusteuerte. Am liebsten hätte er sich jetzt an den Jungen ran geschlichen und ihn fest umarmt. Er musste sich regelrecht zwingen, in seinem Versteck zu bleiben und nicht eine telepathische

Verbindung aufzubauen oder sich gar zu zeigen. Etwas Blaues erregte Schuldigs Aufmerksamkeit, mit der er Kens Gesicht die ganze Zeit bedacht hatte. Geschockt weiteten sich seine Augen, als er den Pullover erkannte, den er Ken nach ihrer ersten Nacht geschenkt hatte. <<Warum hat er den noch? ... Ich meine... wieso?>> Ohne es zu merken, krallten sich seine Fingernägel in das Holz vor sich, rissen sich blutig und doch konnte er nicht davon ablassen, als wäre der Baum das letzte, was zwischen ihm und Ken stand. 'Warum lässt du ihn dann

nicht los und gehst zu ihm? Es sind doch nur ein paar Schritte. Der Baum wird dich nicht aufhalten.' Diesmal war es nicht die kleine Stimme seines Gewissens, die zu ihm sprach. Schuldigs Herz begehrte gegen diese auf. Er liebte Ken doch! Warum gönnte man ihnen ihr Glück nicht?! Zaghaft löste er sich nun doch von dem Baum, wollte diesen gerade umrunden, als er einen ziehenden Schmerz in seinem Kopf spürte und gleich darauf ein lautes //Wag es nicht!// Crawford! Er hatte den geöffneten Link ganz vergessen, aber wahrscheinlich hätte er den Amerikaner sowieso nicht blocken können. Schnell suchte er wieder Schutz hinter dem Baum, lehnte sich schwer atmend an diesen, während eine einzige Träne seine Wange hinab rann. //Ich liebe dich, Ken!// flüsterte er leise mental im Kopf des Jüngeren. Es war nicht mehr, als eine kleine versteckte Stimme im Hinterkopf Kens. Damit schloss Schuldig den

Link endgültig, schottete sich ganz von seiner Umwelt ab. <<Mach's gut, Ken.>> Fast fluchartig verließ Schuldig den Park. Er hielt es einfach nicht mehr aus. Ken war zum Greifen nah und er durfte nicht zu ihm! Im Schutz der Bäume rannte er aus dem Park.
 

Ken hatte sich gerade mit dem Gedanken abgefunden, dass es hier niemanden gab, der ihn beobachtete und hatte sich wieder seinem Rucksack zugewandt, als etwas ihn zusammenschrecken ließ. Es war... ein Luftzug? Nein, es war eine Stimme, ein leises Wispern, dass er ganz sicher hörte, dessen Ursprung er aber nicht ausmachen konnte. Leise formte die Stimme diese drei Worte und sein Herz machte mit einem mal einen Satz. Schlagartig drehte er sich um, suchte hektisch mit den Augen noch einmal die Umgebung ab, konnte aber wieder absolut nichts entdecken. Aber hatte ganz sicher was gehört! Er schulterte seinen Rucksack und lief los, durchsuchte die unmittelbare Umgebung um sich herum. Doch es half nichts. Mindestens zehnmal war er nur im Kreis gerannt, hatte hinter jeden Busch und jeden Baum gesehen, fand aber niemanden. <<Kann... kann das wirklich er gewesen sein? Oder halluziniere ich jetzt wirklich schon?>> Dennoch wollte er nicht aufgeben, lief weiter durch den Park, bis er dessen Ende erreichte. Eine breite Straße führte hier am Park vorbei. War es nicht die, auf der Ken damals fast von einem Auto angefahren worden wäre, hätte Schu ihn nicht gerettet? Gedankenverloren blickte er auf die andere Straßenseite, auf die vielen Menschen, die sich um diese Uhrzeit noch tummelten. Und da hinten, an der Ecke, was war das? Für den Bruchteil einer Sekunde meinte Ken, einen orangenen Haarschopf zu erkennen, der gerade hinter einer Ecke verschwand. Augenblicklich hechtete Ken los, rempelte versehentlich Leute an, bemerkte es aber kaum, als er sich hektisch seinen Weg durch die Menge bahnte. Als er endlich die Ecke erreicht hatte, blickte er sich suchend um, konnte den Haarschopf jedoch nicht mehr entdecken. Alles, was er sah, waren die Menschenmassen, die an diesem sonnigen Nachmittag an ihm vorbeigingen. So sehr er auch suchte, Schuldig, wenn er es gewesen war, war wie vom Erdboden verschluckt. Und mit einemmal fühlte Ken sich einsamer als jemals zuvor.
 

Völlig abgehetzt kam Schuldig in der Schwarz-Behausung an. Eigentlich wollte er nur noch in sein Bett und sterben. Oder am besten gleich hier auf der Stelle. Warum tat es nur so weh? Er hatte doch schon mehrere Rückschläge einstecken müssen. Warum machte ihn dieser so viel aus? <<Reiß dich zusammen!>> versuchte er, sich in Gedanken selbst zur Ordnung zu rufen. Eine Hand auf seiner Schulter ließ ihn aufschrecken und er sah sich mit seinem Leader

konfrontiert. Auf die Standpauke wartend, die ihm sein gedankenloses Verhalten sicher eingebracht hatte, schaute er nur verwundert, als Crawford mit einem Nicken in Richtung seines Büros deutete. Dort angekommen, ließ sich Schuldig in den Sessel gegenüber des großen Mahagoni-Schreibtisches drücken. Seit wann war Crawford, der kaltschnäuzige, gefühlskalte Brad Crawford, denn so fürsorglich? "Wir haben in drei Tagen eine Mission," verkündete

dieser, nachdem er hinter seinem Schreibtisch Platz genommen hatte. Er sah den fragenden Blick des Telepathen. Natürlich war es ungewöhnlich, dass er Schuldig das persönlich sagte. Aber schließlich hatte er auch seine Gründe. "Es wird Komplikationen geben. ... Wir werden auf Weiß treffen. Dummerweise können wir das auch nicht vermeiden." Bei dieser Nachricht

krampfte sich alles in Schuldig zusammen. Was, wenn sich die verhängnisvolle Vision jetzt schon erfüllte? Konnte er denn gar nichts tun? Ruhig sah Crawford Schuldig an, bevor er fort fuhr. "Ich werde noch mit Nagi und Farfarello reden. Wenn sich alles so entwickelt, wie ich es geplant habe, wird sich meine Vision noch nicht erfüllen und mit viel Glück wird die Wahrscheinlichkeit auch sinken, dass sie sich jemals erfüllt." Auch wenn das gar nicht so schlecht klang, wusste Schuldig aus Erfahrung, dass es da einen Haken gab. Er musste nicht erst nachfragen, denn Brad ergriff wieder das Wort. "Während der Mission werden du und Siberian von uns getrennt. Der Plan sieht vor, dass wir Weiß solange aufhalten, bis du mit ihm gesprochen hast. Du wirst alles leugnen, was ihr bisher gemacht habt. Sag ihm einfach, du brauchtest wieder ein neues Spielzeug oder so. Wichtig ist, dass er dir das auch abnimmt. Verstanden!" Crawford konnte regelrecht sehen, wie sich Schuldigs Inneres versuchte, einen

Weg nach oben zu bahnen. Egal, wie gelassen er diese Worte ausgesprochen hatte, es tat ihm leid. Er sah, wie der Deutsche unter der radikalen Trennung zu dem Weiß-Jungen litt, doch es gab keine andere Alternative, wenn sie nicht alle sterben wollten. Schuldigs erste Reaktion wäre es gewesen, Brad seine Faust ins Gesicht zu rammen. Doch er besann sich eines besseren. Der Amerikaner hatte Recht. Wenn er jemals von Ken wegkommen wollte, dann nur so.

Und für den Jüngeren wäre es auch besser. Er würde Schuldig hassen und irgendwann vergessen können. Das war die einzige Möglichkeit. Wie in Trance nickte der Deutsche und verließ das Büro, nachdem Crawford ihn gebeten hatte, Nagi und Farfarello zu ihm zu schicken. Doch seine Füße trugen Schuldig nicht in sein Zimmer, sondern zum Bad. Erst, als die Tür ins Schloss gefallen war, erwachte er aus dieser Trance. Sofort meldete sich sein Mittagessen, welches er heute so mühsam runter bekommen hatte, wieder. Er schaffte es gerade noch bis zur Toilette, bevor diese auch schon Bekanntschaft damit schloss.
 

Endlich war es soweit, sie hatten tatsächlich mal wieder eine Mission! Bis Manx das Video abgespielt und die genauen Instruktionen gegeben hatte, hatte schon keiner mehr damit gerechnet, dass sie diese Mission jemals würden antreten können, bevor ihnen wieder die Tour vermasselt wurde. Aber jetzt war es doch soweit. Sie hatten das Zielgebäude infiltriert und sich durch die Unmengen von Securities gekämpft, die ihren Boss mit dem Leben verteidigten, was ihnen allerdings nicht besonders gut gelang. Besonders Ken ließ keinem die Chance zur Flucht. Sie hatten sich bereits bis zur vorletzten Etage vorgekämpft. Sie hatten jedoch nicht nur den Auftrag, den Boss zu erledigen, sondern auch noch Informationen über seine Hintermänner zu erlangen. Dazu war es nötig, die "rechte Hand" dieses Mannes zu finden und die Informationen aus ihm rauszukriegen. Daum durchkämmten sie nun das Gebäude, bis sie den gesuchten Mann schließlich fanden, der völlig unvorbereitet gewesen war. Ihre Argumente waren durchaus schlagkräftig, sie brauchten nicht lange, um ihn zum Reden zu bringen. Nachdem sie ihn gefesselt und passend drapiert hatten, dass die Polizei ihn später finden konnte, machten sie sich auf den Weg, den Big Boss zu finden. Sie stromerten auf die oberste Etage des Gebäudes zu. Aya blickte immer wieder besorgt zu Ken hinüber. Er machte sich Sorgen, dass dieser einen Fehler begehen würde, wenn man seine Verfassung bedachte. Er

schien kaum noch gegessen oder geschlafen zu haben. Allerdings verhielt er sich bei diesem Auftrag wie sonst auch immer, schien seine Pflicht und Verantwortung nicht eine Sekunde zu vergessen. Hätte er gewusst, dass dies hier das einzige war, was Ken noch einigermaßen in der Realität festhielt und ihn vom vielen Grübeln entlastete, hätte er sich nicht so sehr gewundert.
 

Auch Schwarz hatte wenig Probleme, sich bis in den obersten Stock vorzukämpfen. Die Wachen waren wirklich ein Witz! Crawford hielt die ganze Zeit gespannt die Zeitlinie im Auge. Er wollte nicht, dass sie zu früh auf Weiß trafen. Das hätte vielleicht seinen Plan ruiniert. Während die damit beschäftigt waren, ihre Informationen zu bekommen, waren Nagi und Farfarello bereits in das Büro ihres Opfers gestürmt. Während der junge Telekinet den Mann ohne Mühe an der Wand festnagelte, ging der Ire seelenruhig auf diesen zu, betrachtete das angstverzerrte Gesicht des Mannes mit Genugtuung, bevor er ihm einen seiner Dolche gezielt ins Herz jagte und das Leben schon nach wenigen Sekunden aus dem Körper vor sich entschwunden war. Ganz gegen seine eigentliche Manie wand er sich von dem leblosen Körper ab, der auf dem Boden in sich zusammenfiel, als Nagi ihn nicht mehr mit seinen Kräften hielt.

So leise, wie sie gekommen waren, verschwanden Schwarz wieder aus dem Büro, nicht aber von der Etage. Crawford hatte das so geplant. Sie brauchten nicht lange auf Weiß warten, die den Gang von der anderen Seite her stürmten. Als die vier in dem Büro verschwunden waren, trat Crawford aus dem Schatten einer Ecke, stellte sich ihnen auf der einen Seite des Ganges mit Schuldig in den Weg, während die andere Seite von Nagi und Farfarello versperrt wurde.

Die beiden hatte es schon gewundert, dass ihr Plan so sehr gegen ihre sonstige Vorgehensweise verstieß, aber nachdem Crawford ihnen einen Wink zu Schuldig gegeben hatten, konnten sie es sich schon zusammenreimen. Zumal Crawford nie etwas ohne Grund tat.
 

Weiß fanden den Zielraum, dass Büro des Opfers, schnell. Zu viert betraten sie in den Flur, in dem der Raum lag, bemerkten die Anwesenheit von Schwarz zunächst nicht. Sie stürmten in Raum, in der Annahme, den bewaffneten Mann und eventuell noch ein paar Wachen vorzufinden, waren also dementsprechend überrascht, dass Opfer bereits tot am Boden vorzufinden. Aya rümpfte die Nase. "Wer auch immer das hier war, er kann noch nicht weit sein, wir sollten versuchen ihn oder diejenigen zu erwischen, die uns hier offenbar immer in die Quere kommen." "Ach komm schon, Abyssinian, als ob du nicht schon längst wüsstest, wer dahinter steckt. Die Art, wie dieser Typ umgebracht wurde, spricht doch Bände," meinte Yohji nur mit einem Schnauben und warf dann Ken einen Blick zu. "Das hier ist doch Schwarz' Handschrift." Ken schluckte bei dem Gedanken, dass Schwarz gerade vor ihnen hier gewesen sein mussten und unter Umständen noch hier im Gebäude waren. Dass er noch hier im Gebäude

war. "Dann sollten wir versuchen, sie zur Rede zu stellen, warum sie uns immer wieder in die Quere kommen," meinte Aya entschlossen und gab ihnen ein Zeichen zum Aufbruch. Sie verließen den Raum und... staunten nicht schlecht, als sie sich von Schwarz von beiden Seiten umzingelt sahen. Aya, Omi und Yohji hatten den ersten Schreck schnell überwunden und gingen in Kampfposition, in ihrem Beruf musste man schnell lernen, mit überraschenden Situationen umzugehen. Nur Ken blieb wie angewurzelt stehen, als er rechts von sich Brad Crawford und daneben... Schuldig erblickte. Tausend Gedanken wirbelten durch seinen Kopf und

doch konnte er keinen davon wirklich erfassen. Da war er also. Drei Monate hatte er ihn jetzt nicht mehr gesehen. Den Menschen, den er sich mehr als jeden anderen in den letzten Wochen so herbeigesehnt hatte. Aber etwas in seinen Augen, in seinem Gesicht, ließ sein Herz sich zusammenkrampfen. Was... war nur los mit Schu? Ken hatte so viele Fragen, sie alle blieben jedoch unausgesprochen, denn seine Stimmbänder versagten ihm den Dienst. Wie

durch eine Wand hörte er Ayas aufgebrachte Stimme. "Wie praktisch, dass wir uns hier über den Weg laufen. Da könnt ihr uns doch gleich mal erzählen, was das ganze Theater soll. Warum erledigt ihr unsere Aufträge?"
 

Schuldig bemühte sich redlich um seine kalte Fassade, doch in dem Augenblick, als er Kens Gesicht gesehen hatte, wäre sie beinahe in sich zusammengefallen. Doch er riss sich zusammen. Schließlich war er Profi und für sie beide wäre das sowieso besser. Er hatte den Jüngeren viel zu nah an sich ran gelassen. Das würde ihm nicht wieder passieren. Crawford hingegen musterte die Mitglieder von Weiß nur mit einer hochgezogenen Braue und einem überheblichen Lächeln, wie es seine Art war. "Was denn, Abyssinian? Stört dich wohl, dass du

niemanden mehr aufschlitzen kannst, oder?" Das Grinsen wurde noch etwas breiter, während seine grauen Augen mit Spott auf die Vier in der Mitte schauten. Und seine Taktik schien aufzugehen. Er hatte nur den Rotschopf aus der Reserve locken müssen, alles andere ergab sich von alleine.
 

Aya kniff die amethystfarbenen Augen zu Schlitzen zusammen. Was bildete sich dieser Kerl eigentlich ein? Glaubte er, sich über Weiß lustig machen zu können? Das hatte ja heute gerade noch gefehlt, seine Stimmung war eh gegen Null gewesen, nicht zuletzt wegen ihrem Ex-Profifußballer, der übrigens aussah, als würde er jeden Augenblick in sich zusammenklappen. War ja klar, dass dieser in seiner momentanen Verfassung mit so einer Situation nicht fertig werden würde. Aya sah rot. "Ich zeig dir gleich mal, wen ich hier alles aufschlitzen kann," grollte Aya, während er mit gezücktem Katana auf Crawford zustürmte. Omi und Yohji nahmen das als Zeichen. Sie beide gingen auf Farfarello und Nagi los, um Aya wenigstens den Rücken frei zu halten. Ken hingegen blieb noch immer wie angewurzelt stehen, reagierte nicht im Geringsten auf die Kampfszenerie, die um ihn herum ausbrach.
 

Crawford wich gekonnt dem Katana aus. Seinen Fähigkeiten dankend, konnte er jeden Schlag von Abyssinian parieren, trieb diesen damit noch mehr an. Schließlich kämpfte er ohne eine Waffe und dennoch konnte der Weiß ihn nicht treffen. Zufrieden mit der sich entwickelnden Situation blickte Crawford in einer kurzen Atempause zu den anderen, bevor Abyssinian wieder seine ganze Konzentration verlangte. Nagi und Farfarello machten sich eher einen Spaß

daraus, mit Balinese und Bombay zu kämpfen. Die beiden hatten nicht wirklich eine Chance gegen die beiden Schwarz. Doch Crawfords Order lautete, keinen von Weiß ernsthaft zu verletzen. Außerdem war Siberian Tabu für die beiden. Abschätzend sah Schuldig Ken an, ließ seinen Blick über den Körper vor sich wandern. Sein Gesicht zeigte keine Emotion, genauso, wie es in seinem Inneren momentan auch der Fall war. Er musste sich an den Plan halten. So einfach war das. Mit einer einzigen schnellen Bewegung stand der Deutsche vor dem Jüngeren, der sich bisher noch nicht einmal gerührt hatte. Mit seiner Rechten verpasste er diesem einen Schlag in den Magen, nicht zu grob, aber auch nicht zu sanft. Ihn an den Haaren mit der Linken packend, zog er Kens Kopf nahe an seinen heran, flüsterte mit kalter Stimme: "Ich dachte, du wärst Profi, Siberian." Mit einem spöttischen Grinsen ließ er den Braunhaarigen los, wartete auf dessen Reaktion, während er sich, unbeeindruckt von dem Kampfgeschehen um sich herum, an eine Wand lehnte und den Jüngeren anfunkelte.
 

So schnell, wie es geschah, konnte Ken kaum folgen. Er sah nur Schuldig blitzschnell vor sich auftauchen, dann spürte er den heftigen Schlag in den Magen. Im ersten Moment war er zu sehr vom Schmerz übermannt, krümmte sich reflexartig, aber schon hatte Schu ihn am Schopf gepackt und zu sich ran gezogen. Kalte, grüne Augen waren alles, was Ken sah, was sich in sein Gehirn einbrannte, während er die Worte vernahm, gesprochen mit einer Stimme, wie er

sie so kühl noch nie gehört hatte. Als er losgelassen wurde, taumelte er zurück. Fassungslos blickte er den anderen an, der ihn nur kalt musterte. "Schuldig... was... warum... ich versteh das nicht... warum?" <<Warum, warum, warum...>> Das war das einzige, was durch seinen Kopf schwirrte. Außerdem versuchte sein Gehirn krampfhaft eine Erklärung für dieses Verhalten zu finden, so wie es das schon getan hatte, als Schu sich die ersten Wochen nicht gemeldet hatte. <<Er will die anderen nur täuschen, er will nicht, dass Aya was erfährt.>> redete er sich ein, klammerte sich daran wie ein Ertrinkender an einen Strohhalm.
 

Mit einem Wink gab Crawford Nagi und Farfarello zu verstehen, dass sie Weiß weiter weg von den anderen beiden treiben sollten. Anscheinend war Siberian zu überrascht, um so auf Schuldig zu reagieren, wie er es gehofft hatte. Aber diese kleine Änderung würde den Plan nicht gefährden. Das war das einzige, was zählte. Schuldig bemerkte nur aus den Augenwinkeln heraus, dass sich Schwarz und Weiß weiter entfernten. Anscheinend hatte Brad die Situation richtig erfasst. Er war halt der geborene Stratege. Als der Deutsche die anderen außer

Hörweite wähnte, grinste er Ken nur kalt an. "Wie naiv kannst du eigentlich sein, Siberian? Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich hier nur wegen diesem Abyssinian so ne Show abziehen würde, oder? Wer glaubst du, wer du bist?" Er stieß sich von der Wand ab und trat auf Ken zu, packte diesen bei seinem Kinn und zog ihn an sein Gesicht heran. Kurz flammte in seinem Inneren der Gedanke auf, dass er einfach Crawfords Plan über Bord werfen sollte, besann sich aber eines besseren, als er immer noch die Stimmen der anderen im Hintergrund

hörte. So kalt wie möglich blickte er Ken in die Augen. "Glaubst du wirklich, du würdest mir so viel bedeuten?" fragte er scharf.
 

Langsam lösten sich Kens Hoffnungen in Luft auf, als Schuldig seinen eben noch erdachten Grund für das ganze hier sofort wieder zunichte machte. Und langsam driftete sein Verstand wieder an die Oberfläche, die Starre und die Bewegungslosigkeit durch den ersten Schock ließen nach. Schuldigs kalter Blick katapultierte ihn schlagartig in die Realität, stärker als der Schlag in den Magen. Mechanisch hob er seine Hand, legte sie um die Hand Schuldigs, die

ihn am Kinn gepackt hatte und schlug sie weg. Dann brachte er ein wenig Abstand zwischen sie beide. "Was bin ich denn? Sag es mir...!" sagte er mit ruhiger Stimme, die ein wenig zitterte. Konnte das wirklich wahr sein? Jedes von Schuldigs Worten zerriss ihn innerlich in Stücke.
 

Belustigt stellte Schuldig fest, wie sich Ken von ihm entfernte, alles allmählich zu realisieren begann. Grinsend umschlich er Siberian, während er sich (augenscheinlich) den Spaß machte und Bilder in Kens Kopf packte von ihrer gemeinsamen Zeit. "Glaubst du wirklich, ich hab das alles ernst gemeint? Ich dachte, du wüsstest, wer ich bin. Sagen dir die Worte Spieler nichts? Hast mich doch auch immer Sadist genannt. Warum denkst du, dass ich mich verändert haben sollte? So hat es nur mehr Spaß gemacht. Schließlich wollte ich nicht zu kurz kommen. Aber wie es nun mal jedes Spielzeug so an sich hat... irgendwann langweilt es mich." Demonstrativ gähnte Schuldig und kratzte sich am Hinterkopf, während er weiter belustigt die Reaktionen des anderen betrachtete. //Schuldig! Rückzug.// erklang es kurz in seinem Kopf und er wand sich gelangweilt von Ken ab. "Hat Spaß gemacht," lachte er noch abfällig, bevor er sich in Bewegung setzte und den Gang entlang Richtung Treppe ging. Innerlich zerriss es ihn fast. Er hatte Kens Hoffnung in dessen Augen gesehen, wie sie Unglauben wich. Sein Herz krampfte sich immer weiter zusammen. Doch der Gedanke, dass Ken nun überleben würde, wenn er sich nur von ihm fern hielt und ihn hassen würde, erleichterte e ihm etwas, ließ ihn diese Show hier durchziehen.
 

Schmerz breitete sich in Ken aus, nichts als stechender Schmerz. Jedes Wort schnitt sich tiefer in sein Innerstes. Er sah die Bilder, die Schuldig ihm schickte, hielt sich mit beiden Händen den Kopf, um sie zu verscheuchen, konnte es aber nicht. Er fühlte sich einfach nur ausgeliefert. "Hör auf, hör auf!" brachte er nur heraus, während der Schwarz-Telepath um ihn herumschlich. Aber als dieser sich nun mit diesen letzten Worten abwandte, brach es jedoch aus ihm hervor. Er stürmte auf ihn zu, packte ihm am Arm und zog Schuldig zu sich rum, sah ihn jetzt zum ersten Mal mit festem Blick an. "'Hat Spaß gemacht'?! Ist das das einzige, was du dazu zu sagen hast? Du weißt genau, dass ich dir vertraut habe, du weißt es ganz genau!" schrie er ihn nun an, wurde dann wieder leiser. "Am Anfang konnte ich nicht glauben, dass du es ernst meintest. Für mich bist du immer nur ein Spieler gewesen, ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass du echt etwas für jemanden empfinden könntest. Aber nach allem was geschehen war... du hast mir das Leben gerettet und all die Dinge, die du gesagt hast... sieh mich an, sieh mich an und sag, dass du das alles mit Absicht gemacht hast, um dir mein Vertrauen zu erschleichen!"
 

Innerlich aufschreiend, als Ken ihm hinterher lief und ihn dann am Arm festhielt, wollte sich Schuldig schon losreißen und einfach weglaufen. Doch er rief sich innerlich zur Ordnung. Wenn er das jetzt machen würde, hätte er alles verspielt. Er würde wieder schwach werden und das konnte, durfte er sich nicht erlauben! Ruhig drehte er sich zu Ken um, immer noch bar jeglicher Emotion. Wie gewünscht sah er dem Jüngeren in die Augen, konnte sogar ein

spöttisches Glitzern aufbringen, während das obligatorische Lächeln wieder seinen Platz auf seinen Lippen fand. "Natürlich. Warum hätte ich es sonst tun sollen? Glaubst du wirklich, ich hätte mich so sehr geändert?! Du hältst zuviel auf dich, Siberian!" Damit wand er sich nun ganz von dem Jüngeren ab, konnte nur gerade so seine Tränen unterdrücken und ging gemächlichen Schrittes den Gang entlang, bog um die Ecke und lief die Treppe runter. Weiß begegnete er nicht. Wahrscheinlich hatten die anderen von Schwarz diese auf die andere Seite gelotst und diese abgeschüttelt. Draußen blickte er auf und sah Nagi ihm zuwinken. Schnellen Schrittes ging er zum BMW von Crawford, wo die anderen schon warteten. Die Fahrt zurück ins Schwarz-Haus verlief ruhig. Dort angekommen, ging Schuldig wie paralysiert in sein Zimmer, ließ sich gegen die Wand neben seinen Balkon fallen, glitt daran herunter, bis er auf dem Boden saß. Nur mühsam konnte er seine Übelkeit unterdrücken. Doch die Tränen nicht.

Schluchzend verbarg er seinen Kopf in seinen angezogenen Knien und konnte endlich weinen.
 

Wie paralysiert stand Ken nun auf dem Gang, blickte Schuldig an, wie er sich umdrehte. Die Kälte seiner Augen sagte ihm mehr als tausend Worte. Sie machten ihm klar, dass Schu... nein, dass der Schwarz-Telepath jedes seiner Worte ernst meinte. Und doch... als dieser sich abgewandt hatte, war da nicht für den Bruchteil einer Sekunde ein trauriges Glitzern in den grünen Augen zu sehen gewesen? Oder bildete er sich das doch nur ein? Ja, er wollte es einfach nur nicht wahr haben und deswegen spielte sein Gehirn ihm nun diesen Streich. Wortlos sah er Schuldig nach, wie er langsam vor ihm verschwand, sich praktisch mit jedem Meter mehr ins Nichts auflöste. Und schließlich war er ganz verschwunden, dennoch starrten Kens Augen weiter auf den Fleck, an dem er ihn zuletzt gesehen hatte. Dann, ganz leise und unmerklich, stahl sich ein Lächeln auf seine Lippen. Ein starres Lächeln war es, es formte sich von alleine, während sein Verstand zum ersten Mal realisierte, was hier eigentlich geschehen war. Langsam sank er auf die Knie. <<Es war wirklich nur ein Spiel. Er hat dich nur benutzt. Er ist Telepath, er wusste genau, wovor du am meisten Angst hast. Und er hat das bewusst ausgenutzt. Es war eine Herausforderung, ein Spiel. Du bist wieder verraten worden, Ken. Schon wieder...>> Starr vor sich hin lächelnd blickte er zu Boden, als er zum ersten mal seit langem wieder einen klaren Gedanken fassen konnte. Alles in ihm brach zusammen, aber die

Tränen blieben aus.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2004-02-04T20:49:28+00:00 04.02.2004 21:49
*heul* ich heul wirklick schon ab der mitte der geschichte standen mir die tränden aber jetzt heul ich richtig *sniff*
der immer fröhliche ken ist total depremiert und gebrochen jetzt denkt er er wurde wieder verraten ihr seit so fies, aber die story ist schön war einbisschen kitschich mit dem blauen pullover trotzdem voll traurig schreibt schnell weiter bin gespannt wie es weiter geht

*sichlangsamwiederberuigthat* hoffentlich auf bald cu tenshi-engelchen


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