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Neue (und alte) Abenteuer

Szenen, die es nicht in die Hauptfic geschafft haben
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallöchen,

heute geht es weiter mit noch einer Runde Babysitten ;-)
Nächste Woche bin ich unterwegs, da wird es also kein neues Kapitel geben.

Habt ein schönes Wochenende Komplett anzeigen

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Extrakapitel 23 - Der Jungbrunnen - Teil 2

Der Jungbrunnen – Teil 2

 

-Zorro-

Mit verschränkten Armen betrachtete er den Himmel. Es hatte aufgehört zu regnen, kaum dass sie das Bad verlassen hatten, aber die Nacht war immer noch dunkel, die schweren Wolken ließen kaum Licht hindurch.

Der Tag war seltsam verlaufen. Er wollte sich darüber nicht wirklich den Kopf zerbrechen, aber so ganz ignorieren konnte er auch nicht, was passiert war. Er hoffte, dass Robin Recht hatte, dass Dulacres… Zustand nur vorübergehend war, ansonsten würde es wohl noch echt nervig werden. Sie war der Meinung gewesen, dass es besser wäre, das Spiel mitzuspielen und Dulacre nicht unnötig damit zu verwirren, dass die Welt schon über dreißig Jahre weiter war als er, und obwohl Zorro es nicht gerade toll fand, folgte er ihren Vermutungen und hoffte darauf, dass es das Richtige war.

Aber Robin war sich ziemlich sicher und Zorro vertraute auf ihre Einschätzung. Der seltsame Marterpfahl war ihm nicht geheuer, er hätte schwören können, dass der hohle, aufgeschnittene Schädel mit Regenwasser gefüllt gewesen war, aber als sie nach Dulacres Verwandlung gemeinsam nochmal gucken gegangen waren, war der Regen einfach aus den leeren Augenhöhlen des Schädels wieder hinausgelaufen, sodass sich nichts ansammeln konnte. Auch darüber wollte Zorro nicht zu viel nachdenken, aber er war echt kein Fan von körperlichen Verwandlungen, die durch übernatürliche Umstände herbei…

„Und wo soll’s hingehen?“

Die Spitze Kitetsus ruhte unterhalb des Kinns Dulacres. Dieser stand nun im Türrahmen des Krankenzimmers.

„Bist du ein Wachhund, oder warum hockst du hier auf Deck?“, entgegnete er herablassend. „Man wird doch wohl noch auf Toilette gehen dürfen.“

Zorro sah noch nicht mal zu ihm auf.

„Ganz recht, ich halte Wache“, erklärte er und beobachtete das Meer in der Dunkelheit. „Und anders als manche Crewmitglieder werde ich nicht leichtsinnig, nur weil der Fremde an Bord ein Kind ist.“

Er war sich noch nicht sicher. Er wusste, dass Dulacre als Kind anders gewesen sein musste, nicht ganz so hart und verbittert wie als Erwachsener, aber er war mit Sicherheit genauso manipulativ, herablassend und gerissen gewesen. Zorro wusste nicht, ob dessen Aufblühen während des Abendessens echt oder nur gespielt gewesen war. Aber ganz gleich ob erwachsen oder noch ein Kind, Zorro würde nicht zulassen, dass Dulacre etwas Dummes anstellen würde, wie zum Beispiel seine Crewmitglieder angreifen.

„Du bist nicht gerade der Hellste, was?“, urteilte der andere harsch, doch Zorro konnte seiner Stimme anhören, dass er von der Klinge an seinem Hals nicht ganz so unbeeindruckt war, wie er gerade tat. „Es ist offensichtlich, dass ich auf eure Mithilfe angewiesen bin, und die meisten von euch sind mir kräftetechnisch überlegen. Es wäre dumm, das Misstrauen mancher von euch durch unbedachte Handlungen zu bestätigen und dabei meine Sicherheit zu gefährden.“

Zorro entging es nicht, dafür kannte er Dulacre mittlerweile zu gut. Er sagte kräftetechnisch, er wusste, dass einige an Bord stärker waren als er, aber er sagte eindeutig nicht, dass er generell unterlegen wäre. Wie der Erwachsene wusste auch der Bengel gut über seine eigenen Stärken und Schwächen Bescheid. Vielleicht sollte Zorro also direkt mal die Fronten klären.

„Du bist ziemlich überzeugt von dir, was?“ Er sah zu Dulacre auf, der seine Gefühle nicht so gut verbergen konnte, wie er wohl wollte. „Du solltest uns nicht unterschätzen, Mini-Mihawk. Nicht alle Piraten sind strohdumme Raufbolde und du bist weder dein Vater noch deine Schwester. Also lass dein doppeltes Spiel mit dreifachem Boden am besten direkt bleiben, sonst machst du es dir nur schwerer.“

Dulacre schluckte, doch dann grinste er, nicht ganz so, wie Zorro es kannte, aber besser als dieses gespielte Selbstvertrauen. „Aber du bist einer dieser strohdummen Raufbolde, oder?“

Zorro erwiderte sein Grinsen. „Ich bin auch nicht derjenige, vor dem du dich in Acht nehmen solltest. Ich zeige mein Misstrauen ganz offen und sage dir ins Gesicht, was ich von dir halte und über dich weiß. Die Klügeren sagen weniger, wissen aber mehr. Also wenn ich dich hier jetzt aufhalte, beschütze ich eigentlich dich vor ihnen und nicht umgekehrt.“

Für einen Moment sah der andere ihn noch an und dann lachte er auf, mit dieser kindlichen Stimme, offensichtlich verblüfft.

„Und warum solltest du mir helfen wollen? Du sagst doch selbst, dass du mir misstraust.“

„Nah, vielleicht habe ich einfach nur ein weiches Herz für unerzogene Gören, die alleine auf offener See unterwegs sind“, entgegnete er und steckte sein Schwert weg. „Du bist ein Mihawk, deshalb weiß ich, zu was du fähig sein kannst, aber du bist halt auch ein behüteter Bengel, der plötzlich auf einem Piratenschiff gestrandet ist. Warst wahrscheinlich noch nie so weit weg von Zuhause und willst so schnell wie möglich zurück.“

Doch zu seiner Überraschung erhielt er darauf keine Antwort und als er aufsah, wandte Dulacre den Blick ab, starrte gezielt aufs Meer, wich ihm aus.

„Oder etwa nicht?“, hakte Zorro nach.

„Keine Ahnung“, murrte der Junge dann und verschränkte die Arme, ging offensichtlich in die Defensive. „Ich denke nicht, dass mich irgendwer vermisst. Sonst hätten sie längst bemerkt, dass ich verschwunden bin, und wären mir hinterher.“

„Das Meer ist groß, woher sollten sie wissen, wo sie zu suchen haben?“

Doch Zorro erkannte diese Tonlage sofort. Er mochte nun ein Kind sein mit der Stimme eines Kindes, mit dem Gesicht eines Kindes, aber dieser Tonfall hatte sich kein bisschen geändert.

„Ich denke nicht, dass mein Vater nach mir sucht.“ Es war keine Vermutung, sondern resignierte Akzeptanz. „Er kann mich nicht leiden.“

„Kein Wunder, bei dem Charakter.“ Ups, das war wohl etwas harsch gewesen, als Kind war er noch deutlich weicher, als Zorro es gewohnt war. „Aber du hast doch nicht nur deinen Vater. Was ist mit deiner Mutter? Und ich hab gehört, deine Schwester sei ganz vernarrt in dich. Außerdem hast du doch mit Sicherheit… vielleicht Freunde, oder?“

Nun sah der andere ihn wieder kühl an.

„Du bist nicht besonders gut darin, jemanden aufzumuntern, weißt du das, Pirat?“

„Ich heiße Zorro.“

„Sicher? Der Koch eurer Crew nennt dich etwas ganz anderes.“

„Ja, und dafür darf er sich regelmäßig ein paar Schläge einfangen. Ich bin mir nicht sicher, ob du das auch riskieren solltest.“

„Naja, so fest können sie nicht sein, wenn der Koch sich davon nicht aufhalten lässt.“

„Du kannst es gerne mal ausprobieren.“

Die Mundwinkel es anderen zuckten. „Du bist ziemlich schlagfertig, für einen Piraten.“

Zorro grinste, als Junge mochte Dulacre bereits ähnlich gerissen sein, aber er sprach deutlich schneller aus, was er dachte, war längst nicht so misstrauisch, wie Zorro ihn kannte.

„Naja, was bleibt einem anderes übrig? Ich bin nicht so schlau wie du oder andere aus meiner Crew, da muss ich mir mit anderen Mitteln zu helfen wissen.“

„Du denkst, ich sei schlauer als du?“ Ach, das hatte ihm mit Sicherheit gefallen. „Ich bin doch noch ein Kind.“

„Na und? Was hat das Alter denn damit zu tun? Chopper ist auch deutlich jünger als ich und viel klüger – er ist ein verdammter Arzt, ich kann die Worte noch nicht mal aussprechen und er weiß sogar, was sie bedeuten – und du bist nun mal ein Bengel aus gutem Haus. Dass die Mihawks alle kluge Köpfchen sind, ist jedem Schwertkämpfer bekannt und du hast in deinem Leben mit Sicherheit mehr Bücher gelesen als ich, dafür werden deine Eltern schon gesorgt haben.“

„Du weißt ganz schön viel über meine Familie.“

„Ich bin ein Schwertkämpfer, überrascht dich das?“, entgegnete er schlicht, legte eine Hand an seine Schwerter. Josei trug er bewusst nicht bei sich, wollte diese Verwirrung vermeiden.

„Warum habe ich dann noch nie von dir gehört?“ entgegnete Dulacre. „Du scheinst stark zu sein. Warum hat mein Vater dich noch nicht eingeladen, um gegen meine Schwester zu kämpfen.“

„Ach je, er lädt Leute ein?“ Das hatte Zorro nicht gewusst. „Wieso das denn? Ist ja schräg.“

Nun zeigte der Bengel ein angeberisches Grinsen.

„Na, weil meine Schwester so gut ist“, erklärte er mit stolzer Brust. „Mittlerweile traut sich kaum noch irgendwer, sie herauszufordern, und deshalb lädt mein Vater die Besten ein, damit meine Schwester trainieren kann. Aber keiner kann ihr das Wasser reichen! Sie ist die Beste!“

Zorro sah wieder zum Meer hinauf.

„Ich würde wirklich gerne mal gegen sie kämpfen“, gestand er sich leise ein. „Je mehr ich über sie höre, desto neugieriger werde ich. Aber ich bin mir sicher, ich würde sie besiegen.“

„Nie im Leben!“, brüllte Dulacre fast schon, grinste noch breiter. „Ich habe noch nie von dir gehört und du glaubst, meine Schwester besiegen zu können?“

„Ich komme aus dem East Blue“, bemerkte Zorro, „vielleicht kennst du mich deshalb nicht.“

„Oh, aus dem schwächsten Meer.“ Neugierig begutachteten ihn diese stechenden Augen, ein fast schon vertrautes Gefühl. „Und du glaubst wirklich, dass du mit meiner Schwester mithalten kannst?“

„Willst du dich selbst überzeugen?“, grinste Zorro.

„Ich?“

„Na, du bist doch auch Schwertkämpfer, oder nicht?“

Der andere wandte erneut den Blick ab. „Ich bin noch ein Kind.“

„Na und? Das eine schließt das andere doch nicht aus.“

„Warum würdest du das überhaupt wollen? Ich kann bei weitem nicht mit meiner Schwester mithalten und wenn du denkst, dass du sie besiegen kannst, wäre ich doch nur eine Zeitverschwendung für dich.“

„Und was stört es dich, womit ich meine Zeit verschwende?“

Mit einem Mal starrten ihn diese Augen an, doch Zorro genoss diese Überraschung.

„Ich hab keine bestimmten Vorlieben, was meine Gegner angeht. Mir ist nur wichtig, dass sie es ernst meinen. Aber ich bin neugierig, was ein Mihawk in deinem Alter kann. Also, warum nicht?“

„Du willst… du willst gegen mich kämpfen?“

„Ja.“

„Aber… ich bin nicht meine Schwester, ich bin nur ein Kind.“

„Offensichtlich.“ Zorro beugte sich vor und legte seinen Arm auf dem aufgerichteten Knie ab, um besser zu Dulacre aufsehen zu können. „Aber bist du nicht auch neugierig, Mini-Mihawk? Zu sehen, wie stark du wirklich bist? Zu sehen, wie man im echten Leben kämpft? Wenn es um mehr geht? Ist doch viel spannender als diese langweiligen Trainingskämpfe oder diese öden Trockenübungen.“

Immer noch sah der andere ihn mit so großen Augen an, sie leuchteten fast in der Dunkelheit der Nacht. Dann wurden sie von Schritten abgelenkt. Robin kam daher, zeigte ein subtiles Lächeln.

„Na, ihr zwei. Was macht ihr denn hier draußen um diese Uhrzeit? Es ist mitten in der Nacht.“

„Ach, ich hab nur Wache gehalten.“ Schwerfällig erhob Zorro sich und klopfte seine Hose ab. „Und unser Gast hier wollte nur schnell auf Toilette, nicht wahr?“

Kurz sah er auf Dulacre hinab, der ihn immer noch mit diesen kindlichen, riesigen Augen ansah und dann nickte.

„Oh, dann will ich gar nicht weiter stören. Ich wollte nur die Wache ablösen.“ Zorro begegnete ihrem Blick, verstand.

„Gut, dann geh ich mal pennen. Gute Nacht.“ Er winkte kurz und entschied dann, seiner Koje tatsächlich einen Besuch abzustatten. Er wusste nicht genau, was Robin vorhatte, aber es wäre schon sehr lustig zu sehen, wie sich der kleine Dulacre an ihr die Zähne ausbeißen würde.

 

-Sanji-

Er wusste nicht genau, was passiert war, aber irgendetwas musste die Nacht über vorgefallen sein, denn der Junge, der gerade beim Frühstück saß, hatte wenig mit dem gemein, was Sanji gestern gesehen hatte. Er wirkte gar nicht so, wie der Falkenauge, den sie alle kannten.

Gerade kicherte er verstohlen mit Ruffy, Lysop und Chopper auf. Sie hatten – nicht gerade unauffällig - Salz in Zorros Kaffee gemischt und dieser schien es noch nicht mal zu bemerken. In diesem Moment wirkte Falkenauge eigentlich wie ein ganz gewöhnlicher, verwöhnter Bengel und jetzt, ohne diesen hochnäsigen Blick oder sein herablassendes Getue, schien er beinahe schon… wie ein liebes Kind. Gar nicht so, wie sein Klon damals gewirkt hatte. Gar nicht so, wie er als Erwachsener immer dreinschaute. Dieses Lachen war echt, das Verhalten nicht gespielt.

Während der Marimo sich seinen Kaffee in den Rachen kippte, ermahnte Jinbei die anderen, keine Streiche zu spielen, doch er lachte dabei, ohne sich selbst ernst zu nehmen.

„Okay“, murrte Zorro dann und erhob sich schwerfällig, „wie sieht’s aus, Mini-Mihawk? Bist du bereit?“

„Was?“, starrte dieser ihn mit großen Augen an. „Du… du meintest das ernst?“

Zorro grinste, dieses hässliche Grinsen, wann immer er einen interessanten Gegner ausgemacht hatte. „Na klar, hab’s doch gesagt. Außerdem würde ich jetzt eh trainieren gehen.“

„Aber ich hab doch noch nicht mal ein Schwert?“

Was?

Sanji war verwirrt und nicht nur er.

„Worum geht es?“, fragte Nami ebenso misstrauisch nach. Auf Robins Anraten hin, hatten sie entschieden, die Schmierenkomödie erstmal weiterzuspielen mit der Hoffnung, dass Falkenauge sich in ein paar Tagen einfach wieder zurückverwandeln würde. Aber gerade bei ihren beiden Hohlbirnen – namentlich Zorro und Ruffy – bestand immer die Gefahr, dass sie sich verplappern würden.

„Kein Problem, du kannst eins von meinen haben“, entgegnete der Marimo nur und ignorierte Namis Frage komplett.

„Zorro“, zischte sie dann auch zugleich. „Du kannst doch nicht…“

„Mach dir nicht ins Hemd, ja? Es ist nur ein kleiner Übungskampf.“

„Nein, Zorro! Er ist noch ein…“

„Er ist ein Mihawk, Nami, ein Schwertkämpfer, und Schwertkämpfer kämpfen nun mal. Aber keine Sorge, ich weiß schon, was ich tue.“ Damit wandte er sich einfach um und schritt zur Türe. „Aber sie hat Recht, Mini-Mihawk. Du bist noch ein Kind und es wäre keine Schande, wenn du nicht gegen mich kämpfen möchtest.“

„Natürlich will ich das!“ Falkenauge1/3 war aufgesprungen, klang so drängend und energiegeladen, wie Sanji ihn erst recht nicht kannte. „Warte! Ich komme mit!“

Beim Vorbeilaufen neigte er noch schnell den Kopf in Sanjis Richtung: „Danke für das Essen!“, dann eilte er durch die Türe, die Zorro ihm aufhielt, ehe dieser ebenfalls hindurchging und sie hinter sich zuzog.

„Was macht er nur?“, knurrte Nami verzweifelt auf und raufte sich die Haare. „Mann, der Typ macht mich echt noch fertig. Was denkt er sich dabei?“

„Oh, ich denke, das dürfte offensichtlich sein“, bemerkte Robin mit einem leisen Schmunzeln. „Er sieht einen Schwertkämpfer, gegen den er noch nicht gekämpft hat, und möchte gegen ihn kämpfen, so einfach ist das.“

„Ja“, murmelte Sanji nachdenklich und brachte neuen Kaffee zum Tisch, „vermutlich denkt dieser Schwertheini wirklich nicht viel weiter als bis zu seinem nächsten Kampf.“

„Aber er hat gegen den Erwachsenen schon besiegt, was will er jetzt mit dem Dreikäsehoch? Ist doch klar, dass der ihn nicht besiegen kann?“, bemerkte Franky.

„Ich glaube nicht, dass es ihm um einen echten Kampf geht", warf Lysop nachdenklich ein. „Er ist wohl einfach neugierig, wie stark Fallenauge wohl bereits als Kind ist."

„Unverbesserlich", grummelte Nami kopfschüttelnd und griff nach der Kaffeekanne. „Er ist und bleibt ein Schwertfreak."

„Aber genau damit scheint er Zugang bei unserem jungen Mihawk zu haben", warf Jinbei lachend ein. „Hatte mir schon Sorgen gemacht, wie wir die nächsten Tage überstehen wollen, wenn wir immer mit einem Messer im Rücken rechnen müssen, aber scheint, die Sorge war unnötig. Wer weiß, vielleicht wird es sogar ganz lustig."

 „Jinbei hat sich gerade also freiwillig zum Babysitten gemeldet, ist notiert", kam es von Nami nur trocken. „Ich verlass mich also darauf, dass du aufpasst, dass diese zwei schwertschwingenden Kindsköpfe keinen Schaden anrichten."

„Nun, also... ich…"

„Vielen Dank, Jinbei." Ach, was ein wunderschönes Lächeln Nami doch hatte.

Doch während Franky, Ruffy und Brook über das bedröppelte Gesicht ihres Steuermanns lachten, tauschte Sanji einen Blick mit Lysop aus, ehe er aus dem Bullauge lugte, doch nicht wirklich etwas sehen konnte.

Er stimmte Nami zu. Die Situation war eher nervig als lustig, im besten Fall. Sanji bezweifelte, dass sie diese Charade mehrere Tage durchhalten würden. Schließlich war Falkenauge selbst als Dreikäsehoch klüger als die Hälfte der Crewmitglieder.

 

Aber vielleicht hatte er sich nur unnötige Sorgen gemacht. Die nächsten zwei Tage vergingen ziemlich ereignislos und Robins Vermutung schien sich zu bestätigen. Jeden Morgen leerte sie eine Gießkanne über dem Marterpfahl aus und jeden Tag ließ ein Totenkopf mehr das Wasser auslaufen. Daher war die Hoffnung groß, dass der Fluch sich lösen würde, sobald auch Wasser aus dem untersten Totenkopf fließen würde. Damit hatten sie noch drei Tage durchzuhalten. Drei Tage, in denen sie die Zeitung verstecken mussten, auf ihre Wortwahl achten mussten, Babysitten mussten.

Wobei, zur Wahrheit gehörte auch, dass der Marimo sich diesem Part angenommen hatte, und Sanji wusste nicht, ob es daran lag, dass dieser Bengel niemand anderes als Falkenauge selbst war, doch irgendwie… konnte Zorro anscheinend ganz gut mit Kindern. Aber das war nicht das einzige Überraschende, das andere war, wie viel er redete. Selbst jetzt waberte seine Stimme übers Deck, ruhig aber bestimmt, und das hatte genau einen Grund. Sanji wusste nicht genau, wie es dazu gekommen war oder warum Zorro es tat, aber gerade unterrichtete er genau die Person, die einst ihn unterrichtet hatte. Dabei wusste er doch auch, dass Klein-Falkenauge in drei Tagen höchstwahrscheinlich wieder sein altes Ich sein würde. Warum also tat er das? Nur, um irgendwie die Zeit totzuschlagen? Um Mini-Falkenauge abzulenken?

Sanji kapierte es nicht wirklich, aber was auch immer es war, es war gut so, schließlich beschäftigt er so den verwöhnten Bengel über den Tag hinweg. Und auch, wenn der Bengel sich oft beschwerte und viel jammerte, so machte er doch die ganze Zeit weiter und tat, was Zorro ihm erklärte.

„Echt verrückt, oder?“ Er sah auf, genoss gerade seine Zigarette nach dem Abendessen, während er Franky und Lysop zum Abwaschen verdonnert hatte. Nami trat zu ihm an die Reling am Heck des Schiffes. „Wenn es nicht für das Sargboot wäre, könnte man glatt vergessen, dass…“ Sie sprach nicht weiter, schüttelte nur den Kopf. „Hätte nicht gedacht, dass die Tage so ruhig sein würden.“

Mit einem leisen Seufzen nickte Sanji und nahm noch einen Zug, betrachtete die Sonne, welche durch die Schleierwolken hindurchschien. Nach dem verhängnisvollen Sturm war es nun beinahe windstill, aber Nami vermutete, dass das nächste Unwetter nicht lange auf sich warten lassen würde, vielleicht ein paar Tage, und dann würde der Wind kommen. Die Sonne stand nahe nun über dem Horizont, und dennoch hatten diese zwei Wahnsinnigen den ganzen Tag trainiert. Von ihrem Marimo waren sie ja nichts anderes gewöhnt, aber Sanji hätte Falkenauge tatsächlich nicht so fleißig eingeschätzt.

„Naja, egal welches Alter, sie sind und bleiben nun mal Schwertfreaks. Auch, wenn ich echt nicht kapiere, warum der Marimo meint, ihn trainieren zu müssen. Nicht so, als würde es ihm was bringen, oder? In drei Tagen ist der ganze Spuk doch so oder so vorbei.“

Nami zuckte mit den Schultern.

„Wer weiß. Ich glaube, Robin hat Recht und dass er wirklich nicht groß darüber nachdenkt. Wahrscheinlich macht es ihm einfach Spaß. Am Anfang hatte ich echt Sorge, weil er einen so harten Ton angeschlagen hat, aber mittlerweile scheinen die zwei sich echt gut zu verstehen, und wenn sie nicht trainieren, fachsimpeln sie die ganze Zeit über irgendwelche Schwertkämpfer oder was auch immer.“

„Ich sag’s ja, Freaks“, meinte Sanji nur grob und sah aufs Meer hinaus.

„Ich hab gestern Abend mit Zorro gesprochen“, meinte Nami dann.

„Huh?“ Er sah zu ihr hinüber. „Willst du jetzt auch über verschiedene Schwerter fachsimpeln.“

„Ach, Schwachsinn!“ Sie schlug ihm leicht gegen die Schulter. „Nur eine kleine Kontrolle.“

„Huh?“, machte er erneut und sie rollte mit den Augen.

„Mann, manchmal bist du genauso dämlich wie Ruffy und Zorro, weißt du das? Sanji, dieses ahnungslose Küken da drüben ist eigentlich Zorros Partner.“ – „Küken?“, fragte er belustigt nach, was sie mit einem Augenrollen quittierte – „Bleib mal ernst. So eine Situation würde jeden irgendwie belasten, selbst einen Holzkopf wie Zorro. Aber normalerweise spricht er, wenn überhaupt, nur mit Falkenauge über sowas und, naja, er hat ja gesagt, wenn wir etwas wissen sollen, sollen wir fragen.“

Überrascht sah er sie an. „Und was hat er geantwortet?“, fragte er nach einem Moment.

Doch Nami antwortete nicht, sah aufs Meer.

„Müssen wir uns Sorgen machen?“, fragte Sanji daher nach.

„Noch nicht“, entgegnete sie. „Ich denke, solange Falkenauge sich am Ende zurückverwandelt, wird alles gut, aber… ich glaube, es belastet Zorro, ihn anlügen zu müssen. Vermutlich käme er besser mit der Situation klar, wenn er einfach ehrlich sein könnte.“

„Kann ich gut verstehen“, meinte Sanji mit einem sachten Seufzen, „aber mal ehrlich, würde er uns die Wahrheit überhaupt glauben? Wahrscheinlich würde es ihn eher fertig machen, und uns vertrauen würde er danach wohl auch nicht mehr. Ist zwar hart, aber wir müssen die Schmierenkomödie wohl noch ein bisschen durchhalten.“

„Mhm“, stimmte sie ihm wortlos zu.

„Aber danke.“

Nun war sie es, die ihn überrascht ansah.

„Naja, wenn ich ihn sowas gefragt hätte, wäre das nur wieder in einem Streit geendet oder er blockt alles ab. Ist gut zu wissen, dass er sich wenigstens dir anvertraut, wenn du ihm keine andere Wahl lässt.“ Er musste lächeln. „Außerdem war ich von der ganzen Sache so genervt, dass ich mir tatsächlich keine Gedanken darüber gemacht habe, wie sehr es ihn belasten muss.“

Jetzt lächelte auch Nami und sie schüttelte den Kopf. „Ich sag’s ja, du bist auch so ein Vollpfosten.“

Er konnte ihr nicht mal wiedersprechen.

„Aber ist dir aufgefallen“, bemerkte sie dann. „Ich weiß nicht, ob es an unserem Küken liegt, aber Zorro redet, so unglaublich viel, und irgendwie, mag ich das.“

„Ach, ich weiß wirklich nicht, ob diese Crew noch eine Quasselstrippe ertragen an“, meinte er scherzhaft, ehe er leicht den Kopf schüttelte. „Ganz ehrlich, er wirkt zufrieden. Vielleicht hab ich mir deshalb keine Gedanken gemacht. Wer weiß, vielleicht gibt unser Mooskopf ja irgendwann einen richtig guten Lehrmeister ab. Wenn er schon mit einem so verwöhnten Bengel klarkommt…“

„Naja, er kommt ja auch mit der arschigen Erwachsenenversion klar.“

„Stimmt auch wieder.“

Kurz sahen sie einander an, dann lachten sie. Wer wusste, wofür diese ganze Sache gut war, schließlich war der Marterpfahl ja ein Geschenk gewesen.

 

-Zorro-

„Okay, noch einmal und dann war’s das für heute.“

„Das hast du eben schon gesagt“, jammerte der andere.

„Ja, aber da hast du deine Form verloren und dich nicht mehr richtig angestrengt. Mach es noch einmal richtig und dann sind wir durch.“

Es war seltsam, aber es machte auch irgendwie Spaß. Zorro hatte ja gewusst, dass Dulacre Wiederholungen und Trockenübungen einfach nur ätzend fand, daher hatte er nicht erwartet, dass sich die Dinge so entwickeln würden.

Eigentlich war er nur neugierig gewesen, wie gut Dulacre als Bengel gewesen war. In diesem Alter hatte Zorro damals noch regelmäßig gegen Kuina verloren, Dulacre auf der anderen Seite brachte schon eine beachtliche Verhärtung zustande und seine Fähigkeiten waren in allen Bereichen etwa gleichgut entwickelt. Er war wirklich ein krasses Gegenteil von Zorro, der damals vor allem auf körperliche Kraft und solide Ausführung gesetzt und alles andere eher vernachlässigt hatte.

Der Kampf hatte auch Spaß gemacht und Zorro war beeindruckt, wie weit Dulacre schon war, gerade weil er ja wusste, wie der andere als Kind trainiert – oder eben nicht trainiert – hatte, aber viel beeindruckender war dieser Blick. Er war es gewohnt, dass Dulacre viel beobachtete und noch mehr erfasste, doch als Erwachsener machte er das eher unauffällig. Aber wie diese kindlichen Augen jede seiner Bewegungen, seine Atemzüge, seine Blicke verfolgten, war schon fast gruselig.

Aus einem Kampf war ein zweiter geworden, und ein dritter, und ein vierter. Irgendwann zwischendrin hatte Zorro angefangen, ihn zu korrigieren, so wie sie es eigentlich immer miteinander machten während Übungskämpfen – während echter Kämpfe musste das bis danach warten, außerdem wollte da jeder gewinnen – und genau wie als Erwachsener setzte dieser Dulacre jede Kritik innerhalb eines Wimpernschlages um. Es machte wirklich Spaß, innerhalb von wenigen Kämpfen war er schon deutlich besser geworden und Zorro hatte absolut nicht verstanden, was sein Vater damals gesagt hatte; es konnte wohl keinen einfacheren Schüler geben als Dulacre.

Das hatte Zorro gedacht, bis er dann erklärt hatte, nochmal zum üblichen Training zurückkehren zu wollen und Dulacre überhaupt kein Interesse gezeigt hatte, mitzumachen. Eigentlich sollte es Zorro egal sein, eigentlich war es ihm egal, aber irgendwie hatten die Worte von Mihawk Senior im Hinterkopf seinen Ehrgeiz geweckt, als müsste er hier irgendjemandem etwas beweisen müssen. Dabei wusste Zorro doch ganz genau, dass er als Lehrer überhaupt keine Erfahrung hatte, dazu auch nicht wirklich taugte und Dulacre sich in ein paar Tagen wahrscheinlich eh wieder zurückverwandeln würde. Und dennoch, irgendwie wollte Zorro sich jenen Worten nicht beugen.

Also hatte er entschieden, nur noch dann gegen den Bengel in seiner Obhut zu kämpfen, wenn dieser auch mittrainierte, und es war ein hartes Stück Arbeit und eine unglaublich anstrengende Diskussion gewesen, aber seit dem Abendessen machte Dulacre nun mehr oder weniger engagiert die Grundübungen, die jeder Schwertkämpfer verinnerlicht haben musste. Sie waren schon nahezu perfekt, aber nur, wenn Dulacre wollte, ansonsten wurden sie schnell schludrig, also zwang Zorro ihn dazu, sie gut machen zu wollen.

Und innerlich stieg dieses Gefühl in ihm hoch. Wie gut wäre Dulacre wohl, wenn seine Schwester nicht gestorben wäre? Wenn er jemanden gehabt hätte, der seinen Ehrgeiz nach vorne gepeitscht hätte? Der seine Faulheit und seine Arroganz ausgehalten hätte? Wegen dieses Talents, wegen alledem, was darunter lag.

Vielleicht war das ja auch gar nicht die Aufgabe eines Lehrmeisters, Zorro wusste das nicht, aber er wusste, dass Dulacre sehr viel mit Zorro ausgehalten hatte, dass Meister Koshiro viel mit Zorro ausgehalten hatte, und nur deshalb stand er jetzt hier und er fragte sich, ob nicht jeder Schüler das verdiente.

„Urgh! Du bist ein richtiger Sklaventreiber!“, beschwerte Dulacre sich und ließ sich auf den Boden fallen. „Bring mir wenigstens Wasser.“

„Dann wäre ich wohl eher dein Sklave“, bemerkte Zorro trocken. „Außerdem hast du selbst entschieden, mitzumachen. Ich zwinge dich nicht, zu trainieren.“

„Du hast gesagt, du würdest nicht mehr gegen mich kämpfen, wenn ich nicht diesen Unsinn mitmache.“

„Dieser Unsinn, von dem du da sprichst, sind alte Weisheiten, die Generationen an Schwertkämpfern ausgebildet haben.“

„Na und? Sie sind gemacht, um den Durchschnitt etwas Glanz zu bringen. Ich benötige solch Schabernack nicht. Alles, was ich brauche, ist ein Kampf.“

Für einen Bengel sprach er verdammt noch mal wie ein alter Mann, aber Zorro kannte den erwachsenen Dulacre, dagegen war dieser Dickschädel fast schon butterweich.

„Und dennoch hast du die Übung bis um Ende durchgeführt.“

Die grellen Falkenaugen starrten ihn an.

„Ja! Aber nur weil du…“

„Ist egal“, unterbrach er den anderen direkt mit einer verwerfenden Handbewegung. „Ist egal, was dein Motiv ist, es war deine Entscheidung, diese Einheit mitzumachen, also steh auch dazu, wie ein echter Schwertkämpfer, und jammer nicht herum wie ein verwöhntes Gör.“ Dann grinste er böse. „Ach, mein Fehler, ich vergaß, du bist ein ja ein verwöhntes Gör.“

Er hielt dem Bengel eine Hand hin.

„Na komm, steht auf, trink was und dann ab ins Bad mit…“ Huh, es war wirklich seltsam.

Dulacre begutachtete seine Hand kurz mit herablassend hochgezogenen Augenbrauen, dann erhob er sich, ohne Zorro eines Blickes zu würdigen.

„Du hast noch nie jemanden unterrichtet, oder?“

„Und woran machst du das nun wieder fest?“, fragte Zorro, ignorierte die übliche Arroganz und rollte mit dem Auge.

„Na, woran schon - mal abgesehen von deinem begrenzten Vokabular - du bist viel zu gutmütig“, urteilte Dulacre mit blasiertem Unterton. „Lehrmeister sind hart, kompromisslos und unnachgiebig, ihr Wort ist Gesetz und der Schüler hat zu gehorchen. Du hingegen grinst die Hälfte der Zeit und hast mich wohlwollend zum Training überredet. Du bist einfach viel zu nett.“

Einen Moment beobachtete Zorro ihn, wie er seine Kleidung richtete, Klamotten, von Chopper geliehen. Wie auch als Erwachsener kam auch der Bengel nach etwas körperlicher Betätigung ins Plaudern, aber anders als die Erwachsenenversion wurde er auch etwas weniger misstrauisch, etwas ehrlicher in seinen Worten.

„Also das hat mir wirklich noch niemand gesagt“, lachte Zorro leise auf, während sie Richtung Bad schritten. „Ich gelte allgemein eher als ernst und finster.“

„Aber so wirkst du nur auf den ersten Blick“, entgegnete der Bengel dreist, doch dann änderte sich seine Tonlage. „Bei meiner Mutter ist das auch so. Ich beneide das. Wenn man Leute nur mit einem Blick auf Abstand bringen kann.“

Die Ironie dieser Worte.

„Na, das kannst du doch sicherlich auch“, bemerkte Zorro mit den Gedanken an die Gegenwart.

„Von wegen!“, widersprach der Bengel ihm laut, als sie durch die Bibliothek schritten, nun war gar nichts mehr von seiner Vorsicht zu sehen. „Niemand hat Respekt vor einem Kind, geschweige denn Angst. Ich kann es kaum erwarten, erwachsen zu sein und nicht mehr auf fremde Hilfe angewiesen zu sein, nicht dauern vorgeschrieben zu bekommen, was ich zu tun und zu lassen habe. Dann werde ich Admiral und habe meine eigene Flotte unter mir und…“ Er verstummte, hatte vermutlich nicht so viel plappern wollen.

„Admiral also, hm?“, machte Zorro und griff die Leiter zum Badezimmer. „Dann wirst du Piraten wie mich jagen wollen, nicht wahr?“

„Natürlich!“, sprach der Bengel direkt drauf an. „Piraten verstoßen gegen das Gesetz und müssen bestraft werden. Sie sind alle böse! Sie plündern, morden und zerstören. Mein Vater sagt…“ Wieder verstummte er und als Zorro nach unten sah, begegnete ihm ein seltsamer Gesichtsausdruck, den er tatsächlich noch nicht kannte. „Sag mal, Zorro, seid ihr böse?“

„Hast du dir die Antwort gerade nicht selbst gegeben? Du hast gesagt, alle Piraten sind böse. Wir sind Piraten.“

„Ja, aber…!“

Zorro wandte sich um und stieg die Stufen hoch. „Nun komm, die anderen wollen später auch noch ins Bad. Wir sollten uns beeilen.“

„Zorro!“ Er mochte es wirklich nicht. „Antworte mir!“

„Wie du weißt, springe ich auf diesen Befehlston mal so gar nicht an. Wir sind Piraten. Ob wir deshalb die Bösen sind, ist mir egal, können andere entscheiden. Wir gehen einfach nur unseren Weg.“

Oben, im Vorraum des Badezimmers angekommen, begann er sich auszuziehen und seine Sachen in den Korb zu werfen.

„Na komm schon, beeil dich mal langsam.“

Dumpf erklomm der andere die Leiter.

„Ich verstehe deine Worte nicht“, sagte er nachdenklich. „Warum lässt du andere darüber entscheiden, ob du gut oder böse bist?“

Zorro lachte leise auf. „Die Leute denken eh über dich, was sie wollen. Aber ich sehe nicht ein, meinen Weg von der Meinung anderer abhängig zu machen. Ich tue das, was ich für richtig halte, und wenn andere mich dafür hassen sollten, dann ist das halt so.“

Schulterzuckend zog er sich weiter aus. Dulacre schwieg eine lange Zeit, ehe er schließlich ebenfalls begann, sich auszuziehen. Am ersten Abend war es sehr schwierig gewesen, er hatte sich ziemlich angestellt, sich mit anderen ein Bad zu teilen, mittlerweile hatte er es entweder akzeptiert oder war vom Thema abgelenkt.

„Hast du schonmal jemanden getötet?“

„Ja.“

„Viele?“

„Ja.“

„Würdest du es wieder tun?“

„Ja.“

Der andere schwieg. Zorro warf sich ein Handtuch um die Hüften und ging ins Bad. Dulacre folgte nur kurze Zeit später und sah ihn nachdenklich an.

„Meine Schwester sagt immer, dass sie jeden Kampf gewinnen will, aber dass sie nie jemanden töten will“, sagte er dann und wie so oft hatte Zorro keine Ahnung, in was für eine Richtung sich dieses Gespräch entwickeln würde. „Wenn ich ehrlich bin, für mich klingt das… naiv. Ich glaube nicht, dass man ein Leben lang Kämpfe auf Leben und Tod führen kann, ohne zu töten. Wir sind Schwertkämpfer, wir wollen mit dem Schwerte kämpfen, und unabhängig von der Bestimmung, jedes Schwert ist dazu geeignet, zu töten. Aber heißt das, dass, wenn ich kämpfen will, ich auch jemanden töten will? Macht mich das dann nicht böse? Mein Vater ist bei der Marine und hat schon Piraten getötet, ist er dann nicht auch böse? Sind dann nicht…?“

„Und das ist der Grund, warum ich mir über so einen Mist nicht den Kopf zerbreche“, murrte Zorro und schrubbte sich das Haar schaumig. „Keine Ahnung, wann man gut oder böse ist oder ob die Ansicht deiner Schwester naiv ist. Ich kämpfe, weil ich gerne kämpfe, und der Einsatz für einen jeden Kampf ist nun mal das Leben, das eigene oder das eines anderen.“

Dann wusch er sich das Haar aus und erst, als er sich erhob, bemerkte er, dass Dulacre ihn mit diesen riesigen, kindlichen Augen anstarrte.

„Ist was?“

Nach einer weiteren Sekunde schüttelte der andere den Kopf und stellte dann schnell das Wasser an, vergaß ganz Seife und Shampoo. Schulterzuckend ging Zorro zum Bad hinüber und ließ sich ins heiße Wasser sinken.

„Irgendwie… seid ihr ganz anders, als ich mir Piraten vorgestellt habe.“

„Ach?“ Zorro grinste und hörte, wie der andere ins Wasser stieg, hatte die Augen geschlossen, sich nach hinten gelehnt.

„Ja, ich meine, dein Kapitän ist ein Vollidiot und niemand hier scheint ihn wirklich ernst zu nehmen und ihr seid alle…“

„Was sind wir alle?“

„Naja, nett.“

Zorro sah auf und begegnete diesem offenen, neugierigen Blick.

„Klar, ihr streitet ziemlich viel und die meisten von euch sind eher schlicht und nicht besonders stark, aber…“ Er senkte den Blick. „Warum trainierst du mich? Warum gebt ihr mir Essen und Kleidung? Warum habt ihr mich an Bord geholt? Könnt ihr wirklich böse sein oder falle ich gerade auf euer Spiel herein und ihr benutzt mich, um meine Eltern zu erpressen?“

Zorro seufzte.

„Ich denke, du denkst zu viel nach“, meinte er salopp. „Egal, was ich dir sage, niemand kann dir 100% versichern, dass es die Wahrheit ist. Also bleibt dir wohl nichts anderes übrig, als auf dein Bauchgefühl zu vertrauen.“

„Mein Bauchgefühl?“, wiederholte der andere kritisch. „Das ist wirklich dumm.“

„Dann mach es nicht.“ Zorro zuckte mit den Schultern. „Dann halt dich halt an die Fakten oder was auch immer du nutzt, um eine Entscheidung zu fällen.“

Mit diesen Worten schwiegen sie und Zorro genoss das warme Wasser.

„Sag mal, kann ich dich etwas fragen?“

Er hob eine Augenbraue an, ohne sein Auge zu öffnen.

„Woher stammt diese Narbe.“

Nun sah er doch auf und setzt sich aufrechter hin.

„Diese hier?“, meinte er und strich über sein linkes Schlüsselbein. Dulacre nickte.

Zorro senkte den Blick auf seine Brust, begutachtete den Strich unebener Haut, wie dieser im Wasser versank.

„Sie ist von meinem ersten Kampf gegen den ehemaligen besten Schwertkämpfer der Welt.“

„Wow!“

„Ja, beeindruckend nicht? Aber der Kampf war es nicht gerade. Ich war noch ziemlich naiv damals.“

„Dann musst du noch jung gewesen sein, oder? Also das war, bevor meine Schwester die beste wurde, oder?“

Zorro begegnete diesem Blick nicht. „Ja, ich war damals noch ziemlich jung.“

„Hat meine Schwester auch gegen ihn gekämpft? Hat sie ihn besiegt? Wie hieß er.“

Zorro sah ihn an.

„Ich denke nicht, dass du ihn kennst, du bist noch zu jung. Aber ja, deine Schwester hat gegen ihn gekämpft und von seinen Erzählungen schließe ich darauf, dass sie ihn auch besiegt hat.“

Dulacre schluckte, aber die Neugierde stand ihm ins Gesicht geschrieben.

„Du… du sagtest, dein erster Kampf gegen ihn, und dass er dir von meiner Schwester erzählt hat. Habt ihr… öfters gekämpft.“

„Ein paar Mal“, meinte Zorro, musste über diese seltsame Gespräch grinen, und rieb sich den Nacken, „und nach dem Kämpfen kommt er immer schnell ins Plaudern.“

„Und… und hast du ihn je besiegt?“

„Ja.“ Er grinste. „Ein paar Mal, aber er hält immer noch gut mit und wenn ich nicht aufpasse, dann haut er mich richtig um. Kein Wunder, er ist ein genialer Stratege und er… er kennt meine Schwächen ziemlich gut.“

„Du kämpfst gerne gegen ihn, oder?“

Zorro hielt inne, war unaufmerksam gewesen, hatte sich angreifbar gemacht. „Warum denkst du das?“

„Na, weil du schon gegen ihn gekämpft hast und ihn nicht tötest, selbst, wenn du gewinnst. Das heißt doch, dass du noch öfters gegen ihn kämpfen willst, oder?“

Er betrachtete seine Hände und nickte, wusste nicht, wie er sich diesem Gespräch entziehen sollte… und ob er das überhaupt wollte. „Ja, wenn ich kann, dann will ich noch ganz oft gegen ihn kämpfen und ihn besiegen. Gegen ihn zu kämpfen… nichts kann damit mithalten.“

„Hm“, machte der andere und es klang fast wie ein Auflachen. „Das verstehe ich. Training finde ich langweilig, aber gegen meine Schwester zu kämpfen… das könnte ich den ganzen Tag machen.“

„Mhm“, stimmte Zorro leise zu. Es wäre ein leichtes, nun mit der Wahrheit herauszurücken, er sollte es tun.

„Was ist denn jetzt mit dir los, Zorro?“ Überrascht sah er auf, Dulacre sah ihn fast schon besorgt an. „Du sagtest, wenn du kannst, und irgendwie… siehst du gar nicht so dämlich drein wie sonst. Ist er gestorben?“

Ah…

„Nein, er lebt noch.“

„Dann, was…?“

„Er… er erinnert sich nicht an mich“, erklärte Zorro ruhig.

„Oh, und wieso das?“, fragte Dulacre naiv nach.

„Ich weiß es, um ehrlich zu sein, nicht wirklich.“

„Ist er etwa alt?“

Misstrauisch zuckte Zorro mit den Schultern. „Ja, ist er, aber warum…?“

„Meine Gouvernante sagt, dass alte Menschen manchmal anfangen, alles zu vergessen, wo sie ihre Brille hinlegen, welcher Tag ist, und manchmal… auch Namen und Gesichter, sogar sich selbst. Vielleicht… vielleicht ist es das bei ihm.“

Tief atmete Zorro ein.

„Kann sein, zumindest… zumindest ist er nicht so, wie ich ihn kannte.“

„Das tut mir leid. Er scheint dir sehr wichtig zu sein.“

„Ja, das ist er“, seufzte Zorro, ehe er sich kopfschüttelnd erhob. „Aber sei es drum. Ob er sich erinnert oder nicht. Ich habe die Hoffnung, nochmal gegen ihn kämpfen zu können, irgendwann.“

Schwerfällig schritt er aus dem Wasser, mochte dieses Gespräch ganz und gar nicht.

„Ich glaube, ich verstehe dich, Zorro.“

Ach, wirklich?

„Wenn meine… Wenn Sharak mich vergessen würde... Sie wäre immer noch die beste Schwertkämpferin der Welt und das Kämpfen würde immer noch Spaß machen, aber… aber… sie ist nicht nur die beste Schwertkämpferin der Welt, sondern auch meine Schwester.“ Er konnte hören, wie der andere sich ebenfalls erhob. „Es muss weh tun, vergessen zu werden, oder? Es muss ganz schrecklich sein.“

Oh, er konnte also doch so sein, so naiv und kindlich, wie er gerade war, so fröhlich und empathisch, wie er gerade war, dennoch erfasste er zu gut.

„Nein.“ Zorro lächelte den Jungen an. „Ganz gleich, ob er sich an mich und unsere Kämpfe erinnert oder nicht, das ändert nichts an meinen Erinnerungen. Ja, es tut weh, aber ich bin dankbar, dass er lebt, dass ich gegen ihn kämpfen durfte, ihn kennenlernen durfte, und diese Dankbarkeit überwiegt.“

Er hatte das Ende des Bads erreicht und blieb im Türrahmen stehen.

„Wir sollten uns langsam beeilen. Die anderen werden auch ins Bad wollen.“

„Sag mal, kann ich dich noch etwas fragen?“

Dulacre war ihn ins angrenzende Zimmer gefolgt. Misstrauisch sah Zorro zu ihm hinab, während er sein Handtuch griff. Diese Fragerei war gefährlich.

„Du sagtest, bei jedem Kampf muss man bereit sein, das Leben als Einsatz darzubieten, das eigene oder das des anderen, und diese Narbe wäre von eurem ersten Kampf, als du noch jung und naiv warst und der Kampf alles andere als gut war.“

Zorro nickte nur, wusste nicht, worauf Dulacre hinaus wollte.

„Aber… Warum hat er dich dann damals, als du noch jung und naiv warst, verschont?“

Zorro öffnete den Mund, sagte jedoch nichts, sah einfach nur diese kindlichen Falkenaugen an. Dann neigte er leicht den Kopf und sah auf sein Handtuch.

„Ich weiß es nicht. Ich… ich habe ihn nie gefragt.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: RuffysKreationen
2023-08-20T09:03:09+00:00 20.08.2023 11:03
Klein-Mihawk ist schon irgendwie süß, so ganz anders als Erwachsener XD
Ich mag den Story-Strang :D bin gespannt, was passiert, wenn er wieder erwachsen ist. Ob er sich an diese Gespräche und das Training erinnern wird?
Antwort von:  Sharry
21.08.2023 20:52
Naja, so unglaublich es klingen mag, aber selbst Mihawk war mal irgendwann ein Kind, eingebildet und arrogant zwar, aber dennoch ein Kind ;-)
Freut mich, dass es dir gefällt, ich fand es auch irgendwie ganz lustig, insbesondere, weil unsere Strohhüte nochmal dabei sind.

Liebe Grüße^^


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