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Normalität mit Biss

von

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Schwingungen

“Hier ist es doch wesentlich annehmlicher, als auf dem zugigen Turm.” Lächelnd entledigt Severus sich seines Umhangs, indem er ihn im Schrank aufhängte.

Nickend streifte sich Harry die Schuhe von den Füßen oder hängte auch seinen Umhang in den Schrank. “Aber wenigstens brauchen wir uns keine Sorge um eine Erkältung machen. Kälte und auch Hitze machen uns wesentlich weniger aus.” Der Zauberstab landete auf dem Wohnzimmertisch und genüsslich streckte Harry sich. “Ich mache uns erst mal einen leckeren Tee.” Sprachs und verschwand fröhlich pfeifend in die Küche.

  Und Severus? Der stand da und starrte einfach baff hinter dem Jüngeren her. Was war das denn gerade? Der Junge verhielt sich, als wäre nichts gewesen. Kein Streit, keine Offenbarung über veränderte Dasein und all das, was in kurzer Zeit geschehen war. Man sollte zudem nicht meinen, dass Harry hier eigentlich nur Gast war. Das ganze Verhalten des Gryffindor war viel zu selbstverständlich und ähnelte viel mehr einem nach Hause kommen. Ein Gedanke, bei dem Severus sich gut gelaunt auf die Couch setzte und den Blick auf den momentan leeren Sessel heftete. So lange war es nicht gar nicht her, dass sie wie Fremde hier die Zeit beziehungsweise die geforderte Menge Blut absaßen. Und doch ... doch fühlte es sich an wie eine Ewigkeit oder gar ein anderes Leben. Nein, er bereute es wirklich nicht, dass er sich gegen Remus und stattdessen für Hogwarts entschieden hatte. Dort wäre er wahrscheinlich nie wirklich glücklich geworden. Jetzt jedoch, kam ihm das alles schon wie Glück vor. Und das alles einfach nur, weil Harry mit seiner unbändigen, wieder gefundenen guten Laune auf ihn abfärbte. Schmunzelnd schüttelte er den Kopf bei diesem Gedanken, er klang wie Romantiker. Über diese absurde Feststellung lachend, legte er den Kopf in den Nacken und schloss die Augen.
 


 

Mehrere Sekunden stand Harry einfach nur mit den Teetassen in der Hand neben der Couch und beobachtete den entspannt wirkenden Werwolf. Nach Normalität, Akzeptanz und Freundlichkeit hatte er gesucht und durch Severus im Übermaß bekommen. Wie sollte er es dem jemals zurückzahlen? Nicht anders war es auch mit Lucius, er hatte dem Mann so viel zu verdanken.

So sah er den Professor wirklich lieber, als wütend und beinahe verzweifelt herumbrüllend. Wenn es sich dabei nicht um Severus gehandelt hätte, dann wäre er beim besten Willen auch nicht so verrückt gewesen und hätte den Weg versperrt. Er wusste ja nicht mal, wie gut Werwölfe und Vampire miteinander kompatibel waren.

   “Sag mal, was würde eigentlich passieren, wenn du mich beißt?”, fragte er laut, stellte die Tassen auf den Tisch und setzte sich kurze ntschlossen neben Severus.

“Hmm?”, war alles, was dieser von sich gab, und drehte langsam den Kopf in seine Richtung.

“Na, ich meine, läuft es eher so Twilight oder Vampire Diaries mäßig ab?”  

Eine Augenbraue wanderte in die Höhe.

“Hab ich einfach nur saumäßig Schmerzen und ‘ne verdammt schlecht heilende Wunde, oder hab ich Schmerzen, Halluzinationen und sieche langsam und qualvoll dahin?”

Die zweite Augenbraue wanderte empor. “Ich weiß weder wie du darauf kommst, noch was du mit diesen Namen meinst.”

“Achso … äh, ja. Also das sind Muggelserien. Es ist sehr interessant, wie sich Muggel all die magischen Wesen vorstellen. Jeder hat da seine eigenen Vorstellungen, Ängste und Wünsche zu dem Thema und jeder touchiert ein bisschen die Wahrheit. Ich habe sie damals geguckt um irgendeine Vorstellung zu bekommen, was mich erwartet. Lehrmaterial, wenn du so willst.”

Schnauben von Severus.  

“Nun, ich hab mich gerade gefragt, was passieren würde, wenn du mich beißen würdest. Sterben, also ich meine so richtig, würde ich inzwischen nur ungern und erst recht nicht durch dich. Von daher, wäre das doch wirklich gut zu wissen, oder nicht?”

   Langsam richtete sich der Ältere auf, die Stirn stark gefurcht. “Ehrlich gesagt, habe ich keine Ahnung. Ich kann mich auf die Schnelle auch an kein Buch erinnern in dem das genau drin stand. Dass wir für euch todbringend sind, ja. Aber in welchem Sinne genau, keine Ahnung.” Nach einem unsicheren Schulterzucken ergriff Severus die dampfende Teetasse und genehmigte sich einen Schluck. “Gut gemacht. Sehr lecker.”

“Danke, aber hast du nun keine Antwort auf meine doch recht wichtige Frage?” Um seine Aufregung zu überspielen, trank auch er etwas von dem heißen Gebräu.

“Ich könnte dich ja einfach mal anknabbern und wir gucken was passiert.” Überlegend tippte sich Severus ans Kinn.

Schnell hob Harry die freie Hand hoch. “Danke, ich verzichte.”

“Ach wirklich? Na dann knabber ich dich halt nicht an.” Schulterzuckend wandte sich Severus wieder seiner Tasse zu.

“Vielleicht knabber ja auch ich dich an? Was ist dann?”, forschte Harry nun neckend nach.

“Dann tut es weh, je nach Stärke des Bisses, aber ich sterbe nicht daran. Lucius hat mich einmal ausversehen bei einem Ausraster erwischt und wie du siehst, sitze ich hier in Fleisch und Blut. Zum Anbeißen quasi”, antwortete Severus und schnurrte den letzten Satz schon beinahe. Keck zwinkerte der Werwolf ihm zu, während Harry sich auf die Innenseite seiner Wange biss, um jetzt ja nichts falsches zu sagen.
 

Die Wahrheit war nämlich, dass er sich eigentlich gar nicht so sehr gegen diese Vorstellung sträubte, wie er es sollte.

Während der Rückreise hatte er intensiv über Severus nachgedacht. Besser gesagt darüber, warum er selbst keine Probleme mit dessen Nähe hatte. Es war genug zwischen ihnen vorgefallen, dass er den Mann hassen könnte. Oder wenigstens alles dafür tun könnte, dass der Kontakt zwischen ihnen niemals über das Lehrer-Schüler-Verhältnis hinausging. Doch stattdessen freute er sich darüber, wie es jetzt war. Er genoss es, dass sich so etwas wie eine Freundschaft zwischen ihnen aufbaute und vor allem ehrte es ihn, dass Severus ihm gegenüber so offen war.

In seiner Grübelei war ihm bewusst geworden, dass er Severus mochte, wirklich mochte und sehr gerne die Zeit mit ihm verbrachte.  Er fühlte sich auf unerklärliche und irgendwie nervige Weise hingezogen zu dem Älteren. Harry glaubte langsam nicht mehr daran, dass es Dankbarkeit, Respekt oder so etwas einfaches wie Heldenverehrung waren, denn dafür spielten seine Hormone einfach genau so oft verrückt, wie auch seine Fantasie ins Reich des Schlüpfrigen wanderte.

  Zudem war der schwarzhaarige Erwachsene leider wieder ein wandelndes Vorbild, so wie dieser mit der Werwolf Geschichte umging. Wie sollte man ihn da nicht mögen und bewundern? Energisch trank er die Tasse leer. Er klang wirklich wie ein Teenager vor dem ersten Date, wie peinlich. Dass man sich so sehr für die eigenen Empfindungen fremdschämen konnte, hatte Harry bis jetzt auch nicht für möglich gehalten.
 

“Sag mal, Severus … würdest du mich noch mal begleiten?”, wechselte er lieber das Thema um das langsam seltsame Schweigen zu unterbrechen. Es war einträchtig und wurde doch von Minute zu Minute angespannter. Zwischenzeilige Worte und Bedeutungen schwebten herausfordernd in der Luft.

“Wohin denn? Solange es keine dämliche Ministeriumsveranstaltung ist …”

Schnell schüttelte Harry den Kopf, stellte die leere Tasse ab und setzte sich bequemer hin um den Gesprächspartner anzusehen.

“Nein, damit will ich nichts zu tun haben. Ich habe alle Einladungen von Winky verbrennen lassen. An sie geht meine Post als erstes um sie auf Schädliches zu untersuchen. Man sollte nicht meinen auf was für niederträchtige und lebensgefährliche Ideen einige kommen.” Kopfschüttelnd dachte er an die vergifteten oder mit magischen Waffen bestückten Briefe, welche ihn unter all der Fanpost erreicht hatten.

“Das ist das Naturell von Menschen. Jeder ist zu Bösem fähig, sobald er nur einen richtigen Antrieb hat. Der Krieg hat auch viel Gram und Hass hervor gebracht. Nicht nur bei übrig gebliebenen Todessern.”

“Und die brauchen halt einen Sündenbock.” Ein resigniertes Seufzen entwich ihm. “Naja, damit muss ich leben und halt aufpassen. Nichts was ich nicht bereits kenne, von daher passt das schon so. Ich wollte dich eigentlich fragen, ob du mit mir zusammen noch mal zu Remus reisen würdest.”

Kurz runzelte der Ältere die Stirn, bevor er sich erkundigte, warum Harry dahin wollte.

“Ich möchte einfach noch mal mit ihm reden. In Ruhe. Ihm sagen, dass ich enttäuscht war und all das. Einfach die Situation klären und wenn man es ganz drastisch sehen will, im Guten auseinander gehen. Er lebt sein Leben und ich meins.”

Einen Moment schien der Professor zu überlegen, doch dann nickte er langsam. “Einverstanden. Ich werde aufpassen, dass ihr zwei euch nicht gegenseitig um die Ecke bringt.”

Leise erleichtert lachend ließ Harry sich einfach zur Seite fallen, sodass sein Kopf auf dem Oberschenkel von Severus zum Liegen kam. “Danke, Severus.”

  Er spürte, wie verkrampft die Muskeln des Anderen waren und bereitete sich innerlich schon darauf vor weggeschoben zu werden. Doch dann stieß der Ältere ein tiefes Seufzen aus und eine Hand landete vorsichtig auf Harrys Kopf. Finger strichen langsam durch seine Haare und der Vampir hatte alle Mühe ein wohliges Gurren zu unterdrücken. Glücklich schloss er seine Augen. “Erzählst du mir was? Wie hast du dir dein verlängertes Leben vorgestellt?”

Und so drifteten sie in leichten Small Talk ab, genossen die Ruhe und lästerten zwischendurch wie alte Klatschweiber.
 

Klopfen, nein, eher ein lautes, die dunkle Wohnung durchdringendes Hämmern an der Wohnungstür riss Harry aus dem Schlaf. Auch Severus ging es da nicht viel besser, nur dass dieser schneller wach war als er selbst.

“Merlin, was soll denn das?”, knurrte der Mann ungehalten.

“Weiß nicht”, nuschelte Harry und kuschelte sich wieder an. Moment, an? Das hier unter ihm war kein Kissen, sondern Severus auf dem er mehr oder weniger lag.

Wieder bollerte der ungebetene Gast gegen das Stück Holz.

“Wird schon wieder verschwinden”, murrte Severus, und zog die Decke ein Stück höher, ehe er Harry wieder in die Arme schloss.

“Ähm … Severus … warum liegen wir hier so?”, erkundigte sich der Vampir, war jedoch nicht gewillt seinen Posten zu verlassen.

“Du bist irgendwann einfach eingeschlafen. Ich habe mir ein Buch her beschworen und war letztendlich zu faul aufzustehen. Also bin ich liegen geblieben, hab ne Decke her- und uns Schlafanzüge angezaubert.”

“Du … du hast was?”, quietschend hob Harry die Decke an und brach augenblicklich in Gelächter aus. “Ein Pyjama mit Fledermäusen, ernsthaft?” Darüber, dass ihn sein Lehrer eventuell nackt gesehen hatte, wollte er jetzt besser nicht genauer nachdenken.

“Also stört es dich nicht, dass ich dich nicht geweckt habe?” Der Grünäugige hörte die schlecht versteckte Unsicherheit in dieser Frage.

Lächelnd schloss er sie Augen und legte seinen Kopf wieder auf Severus Brust. “Nein … überhaupt nicht.”

  “ICH KANN HÖREN DAS JEMAND DA IST. MACH AUF VERDAMMT!”, brüllte es von der Tür her.

Seufzend richtete sich der Wohnungsbesitzer etwas auf und schnippte in Richtung Tür. “Das ist Draco, der verschwindet nicht einfach. Vorher weckt er das ganze Schloss. Wir hören ihn uns an und dann schlafen wir weiter.”

“Will nicht”, murrte Harry knatschig und versteckte sich unter der Decke. Anscheinend arbeitete sein Gehirn wirklich noch nicht richtig. Dies wurde ihm auch prompt zum Verhängnis, kaum das Draco in den Raum gestolpert war.
 


 

Draco hatte schlechte Laune. Richtig schlechte, rabenschwarze Laune, um es ganz genau zu sagen.

   Begonnen hatte es in der Nacht, als ein Brief durch eine Elfe an sein Bett gebracht wurde. Nur mit Mühe hatte er ein panisches Schreien unterdrücken können, als das Wesen ihn geweckt hatte und er schlaftrunken in das knautschige Gesicht geblickt hatte. Für eine Sekunde hatte er gedacht Voldemort würde neben seinem Bett stehen und daher einen Moment gebraucht, ehe sein rasendes Herz nicht mehr in den Ohren dröhnte und der Verstand sich wieder einschaltete.

  Nachdem er die Kreatur zusammengestaucht und den Brief gelesen hatte, war er stöhnend wieder in die Kissen gesunken und hatte die Decke einfach über den Kopf gezogen. Dass sein Vater ihm schrieb, kam selten vor. Dass der Mann es in der Nacht tat, nur ein einziges Mal und das während des sechsten und schwersten Schuljahres. Da war es allerdings mehr oder weniger um Leben und Tod gegangen und somit vollkommen in Ordnung. Jetzt jedoch ging es wiedermal um Potter und Severus, welche beide höchstwahrscheinlich hier durch Hogwarts streiften. Kurzerhand war der Brief in Flammen aufgegangen und Draco genervt wieder ins unruhige Reich der Träume abgetaucht. Er war doch kein verdammter Babysitter!

   Tja, und jetzt stand er doch hier und würde wohl gleich mit blutiger Hand da stehen, wenn Severus nicht bald die Tür aufmachte, denn sein Vater hatte ihm noch mal geschrieben und gefordert, dass er die Gesuchten auftrieb.

Er konnte ganz schwach Geräusche wahrnehmen, also wurde er schlicht und ergreifend ignoriert und DAS trieb seinen Puls in die Höhe. Die hatten doch allesamt nicht mehr alle Federkiele beisammen. Wenn Harry nicht bei Severus war, dann fraß er einen Besen, denn die hatten ja irgendwie alle einen Narren an Narbengesicht gefressen. Wieder einmal, wohlgemerkt!

   Knurrend trat er einen Schritt zurück und dass seine Augen die Tür nicht in Brand setzten, war wahrlich ein glückliches Wunder.

“Was bin ich froh, wenn ich hier abhauen kann”, murmelte er sich selbst zu und wollte zum gefühlten hundertsten Mal gegen das störrische Stück Holz schlagen, als sich die Tür leise klickend öffnete und Draco in die Wohnung stolperte. Pate hin, Pate her, er würde den Mann jetzt zurechtweisen und all seine schlechte Laune abladen. Dies war nur gerecht in seinen Augen.
 

   “Sag mal, seit wann schläfst du denn so lange? Du hast mein Klopfen doch genau gehört und auch dass es dringend war. Weißt du wie wenig ich geschlafen, nur weil du …” Doch kaum hatte Draco die Schwelle zum Wohnzimmer übertreten, stoppte nicht nur sein Körper in der Bewegung, sondern auch die Zurechtweisung. Mit großen Augen starrte er auf das Szenario vor sich. Wann genau noch mal war sein Leben eine schlechte Komödie geworden?

“Was hast du … äh, was wird das, wenn es fertig ist?”, erkundigte er sich stotternd und mit fuchtelnden Händen. Mühsam darum bemüht, das Kinn nicht hinunter zu klappen und wie ein Troll zu glotzen.

“Wenn du weg bist, schlafen wir wieder weiter”, überging Severus einfach den anklagenden Tonfall.

“Ah, das beantwortet eine meiner Fragen zu wenigen Prozent. Harry ist also hier. Hättest du vielleicht die Güte da wegzukommen? Merlin, ihr macht mich verrückt! Harry, verdammt, was machst du da überhaupt?” Es war nicht die Frage warum Potter in dieser Wohnung war, sondern warum er mehr oder weniger auf Severus lag. Auf jeden Fall sah es trotz - oder wegen - der Decke so aus. Und überhaupt, seit wann schlief sein Patenonkel auf der Couch?

“Mich vor dir verstecken”, kam es nuschelnd unter dem Stück Stoff hervor. “Verschwinde und hör auf so zu brüllen.”

   Wütend stampfte er mit dem Fuß auf. “Hör auf mich zu verarschen. Ich bin auch nicht zum Spaß hier, sondern weil Vater mich wahnsinnig macht mit seinen Briefen. Wenn er euch sucht, soll er seinen Arsch doch selber herbewegen, aber neeeiiin. Mister Obervampir muss ja im Manor hocken und mir auf den Zeiger gehen.”

“Draco, mäßige deine Zunge”, kam es streng von Severus, doch sich aufzusetzen sah der Mann anscheinend nicht ein, sondern er blieb mit Harry im Arm einfach liegen. Sollte Draco jetzt glücklich sein, dass ihm überhaupt der Kopf zugedreht wurde?

    Wenigstens Harry schien Manieren zu haben und kam aus seinem schlechten Versteck hervor. Gähnend streckte sich der Schwarzhaarige und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Eine Geste, welche nicht nur Severus ein Schmunzeln auf die Lippen brachte, denn Harry sah gerade nicht aus wie ein quasi Erwachsener und der Held Englands, sondern einfach nur wie eine Katze, welche man aus dem wohligen Mittagsschlaf geholt hatte.

  “Ich mach uns mal Kaffee”, murmelte der Verschlafene und krabbelte von der Couch, um in Richtung Küche zu wanken.

Mühsam kniff Draco die Lippen zusammen, als er sah, was sein Mitschüler an hatte. “Hübscher Pyjama, Fledermaus”, rief er dem Wankenden hinterher und brach in Gelächter aus. Was ihm einen erhobenen Mittelfinger einbrachte, jedoch hatte er das kurze Stocken genau gesehen. Harry hatte wohl komplett vergessen, welch peinlichen Auftritt er hier hinlegte und Draco hatte nicht vor es so schnell in Vergessenheit geraten zu lassen.

“Willst du dich vielleicht auch herrichten?”, erkundigte er sich mit hochgezogener Augenbraue bei seinem Paten, während er sich erschöpft in einen Sessel fallen ließ.

Einen genervten Blick später stand auch Severus kommentarlos auf und verschwand nach einem Abstecher ins Schlafzimmer in Richtung Bad.

  Seufzend lehnte sich Draco zurück. Immerhin hatte er die beiden gefunden, sie waren heile und zudem aus dem Bett - äh von der Couch gekommen. Leider stellte er fest, dass ein Großteil seiner Wut verraucht war. Nichts gönnten die einem!
 

“Hier der Kaffee. Frühstück kommt gleich.” Damit landete ein Tablett mit drei Tassen voller Kaffee, sowie Zubehör, auf dem Tisch. “Severus, ich benutze mal eben dein Bad.” Es war keine Frage, sondern eine Feststellung, wie Draco überrascht bemerkte. Er war schon gespannt, wie sein Pate dies zu verhindern wusste.

“Mach mal. Solange du es nicht wie ein wild gewordenes Tier verwüstest”, antworte der sonst so scharfzüngige Mann jedoch nur mit den Schulter zuckend, und schnappte sich eine der dampfenden Tassen. Jetzt klappte Dracos Kinn doch gen Boden, während Harry nach einem “Bis gleich” in Richtung Bad verschwand.
 

“Was bei Morganas Stringtanga geht denn mit euch ab?”, platzte es dann doch aus ihm heraus. So ganz kam er nicht mehr mit.

“Man nennt es glaub ich Waffenstillstand und Freundschaft. Dürfte dir doch bekannt sein, oder soll ich ein Lexikon holen?”

  Süffisant grinsend nippte Severus an seiner Tasse und das sich gerade wieder an seinem vorgesehenen Platz befindende Kinn rutschte wieder gen Boden. Einen Augenblick war Draco wirklich sprachlos.

“Wer bist du und was hast du mit Severus Snape gemacht? Der Mann, welcher Potter nicht ausstehen kann und überhaupt keinen Gryffindor? Der immer beherrscht wirkt, als würde alles an ihm abprallen, auch jeglicher Humor. Habt ihr irgendwelche Kräuter geraucht, oder was?”

“Draco …”, seufzend stellte der Ältere die Tasse wieder ab und blickte ihm direkt in die Augen. “Draco, warum führst du dich eigentlich so auf? Du hast doch ebenso mit Harry einen Waffenstillstand vereinbart, so ich mich richtig an die hitzigen Diskussionen im Slytherin Gemeinschaftsraum erinnere. Nicht jeder war davon so begeistert, dass die beiden Aushängeschilder der beiden Häuser einträchtig nebeneinander in der Bibliothek saßen.”

“Aber das ist doch was ganz anderes”, brauste Draco umgehend auf.

Nun war es an Severus eine Augenbraue hochzuziehen und der Jüngere wusste, sein Pate erwartete eine Erklärung.

“Na, bei uns ist es Gewohnheit gewesen. Es fing am ersten Tag an und ist dann für jeden Normalität geworden. Es hat die Rivalität aufrecht erhalten und auch, dass jedes Haus besser als das andere sein wollte.”

“Ich frage ganz direkt: Wo ist der Unterschied?”

“Na … das hab ich doch gesagt!”, rief Draco frustriert aus.
 

  Das plötzliche Auftauchen von einer großen Menge Essen, auf dem mit einem Mal viel zu klein wirkenden Tisch, ließ Draco genauso zusammenzucken, wie das unbemerkte Auftauchen von Harry. Welcher sich einfach ungefragt auf die Armlehne von seinem Sessel setzte.

“Ah, die Elfen haben wirklich ganze Arbeit geleistet”, kommentierte der Gryffindor das reichhaltige Mahl. “Na los, greift schon zu.”

“Potter, erschreck mich nicht so und setz dich gefälligst woanders hin”, schnappte Draco mit einer scheuchenden Handbewegung. Doch natürlich ignorierte Harry ihn einfach, impertinent wie der Kerl nun mal war.

“Nö, hier sitzt es sich doch recht angenehm”, kam es von dem nun grinsenden Jungen, welcher sich gerade Blut in den Kaffee mischte.

“Boar, das ist so ekelhaft, ernsthaft!”Angewidert schaute er dabei zu, wie Harry das Gesöff mit Genuss zu sich nahm. Die Schokodrops, welche er heute Morgen aus Frust gegessen hatte, überlegten sich, ob sie nicht die Rückreise antreten sollten.

Von Harry kam nur ein Schulterzucken und Severus war dabei ein Brötchen mit noch ziemlich roh wirkenden dünnen Fleischstreifen zu belegen.

“Ihr seid doch beide nicht mehr ganz klar im Kopf.”

“Nein … das sind wir wohl nicht, Draco”, stimmte Harry zu und leerte nun ein Glas Blut “Hab ich Hunger. Sag mal Severus, kannst du mir was erklären?”

“Worum geht es?”

  Stöhnend legte Draco den Kopf in den Nacken, ehe er sich ebenfalls am Essensangebot bediente. Das abrupt abgebrochene Thema mit der Waffenruhe war nicht vergessen, nur verschoben! Auch wenn er sich nicht mehr ganz so sicher war, warum er damit ein Problem hatte.
 


 

  Harry hatte selbst im Bad jedes Wort verstanden, während er sich wieder anzog.

Er hatte Winky in Severus Küche gerufen und die Elfe um ein reichhaltiges Frühstück, sowie frischer Kleidung für ihn gebeten. Schließlich konnte er ja nicht ewig in diesem Pyjama herumrennen. Es war schon peinlich genug gewesen, dass Draco es mitbekommen hatte und Harry war sich sicher, Malfoy würde das noch gegen ihn verwenden.

  Ja, es stimmte, dass er mit Draco - dem Haus Slytherin - Frieden geschlossen hatte. Das war einer seiner ersten Taten gewesen, kaum dass Hogwarts wieder aufgemacht hatte. Er hatte schlicht und ergreifend keine Lust mehr auf dieses Kindertheater und daher die Freundschaft oder wenigstens Ignoranz angeboten. Das hatte noch einmal zu einer lauten Unterhaltung zwischen dem Slytherinprinzen und ihm geführt - wenn man es genau nahm, hatten sich beide angeschrien - und letztendlich war Ruhe eingekehrt. Harry war sich bewusst, dass die Schmach, welche er dem Blonden unbewusst im ersten Jahr zugefügt hatte, noch nicht vergessen war, aber er glaubte fest daran, dass die Zeit in dem Punkt für sie arbeiten würde. Im Bereich ‘Neustart’ war der Großteil der Schlangen positiver eingestellt, als die eigenen Hauskameraden. Nur warum Blondie jetzt solch ein Problem damit hatte, dass zwischen Severus und ihm ebenfalls Ruhe eingekehrt war, erschloss sich Harry momentan nicht. Jedoch war er gewillt dies raus zu bekommen, wenn Draco sich etwas beruhigt hatte.
 

“Sag mal …”, grübelnd legte er die Stirn in Falten und blickte den Wohnungsinhaber an. “Es gibt etwas, das ich mir beim besten Willen nicht erklären kann und ich fürchte, das wird mir sonst den Schlaf rauben, ehe ich die Antwort nicht weiß.”

  Fragend zog Severus eine Augenbraue hoch.

“Warum, komme ich mir in deinem Bad so vor, als wäre ich in die Beautyabteilung eines Muggelsupermarktes geraten?” Neugierig legte er den Kopf schief und musste sich bei den Emotionen auf Severus Gesicht ein Lachen verkneifen. Draco hatte damit eindeutig mehr Probleme und versuchte das Lachen als Husten zu tarnen.

  Bei den letzten Besuchen war er hier nie ins Bad gegangen und bei einem Mann, wie Severus Snape, war es ja wohl nur angebracht dies zu fragen, wenn man sich plötzlich zahlreichen Cremen, Lotion, Pinzetten und anderen Dingen gegenübersah. Den Tränkemeister brachte man nunmal mit vielem, aber nicht einem Muggelrasierer in Verbindung.

Kurz weiteten sich die dunklen Augen, ehe Severus unter einem leichten Rotschimmer ertappt den Blick abwandte.

“ … ius Schuld”, nuschelte der Mann in den nicht vorhandenen Bart.

Mit einer Hand am Ohr lehnte Harry sich nach vorne. “Bitte? Ich hab dich nicht verstanden.”

“Alles Lucius Schuld”, knurrte der Ältere nun ungehalten.

  Es war Draco, der Severus davor rettete, selber eine genaue Erklärung abliefern zu müssen. “Harry, geh mal in das Bad meines Vaters, dagegen ist Sev echt mau ausgestattet.”

“Wie jetzt?” Neugierig drehte Harry sich herum, um den Jungen besser anzusehen.

“Na, mein Vater könnte locker seine eigene Beautylinie vom Bad aus verkaufen, ohne das er schnell in Not geraten würde. Der hat da wirklich alles Mögliche und das nicht nur aus der magischen Welt. Da sind Dinge bei, welche er nie benutzt hat und glaube ich nicht mal weiß, wozu sie da sind. Aber jedes Mal, wenn er in der Muggelwelt war, hat er irgendein anderes Schönheit versprechendes Zeug mitgebracht. Mein Vater ist fürchterlich eitel, falls du es noch nicht gemerkt hast.” Seufzend strich Draco eine blonde Haarsträhne zurück.

“Ach … daher hast du das also”, gab Harry halblaut zurück und tippte sich ans Kinn. Was natürlich augenblicklich eine empörte Reaktion seitens Dracos hervorrief.

“Blödmann”, grummelte der Blonde offensichtlich beseitigt und biss fest in ein Brötchen.

Grinsend schüttelte Harry den Kopf. Waffenstillstand hin oder her, mit Draco zankte es sich doch einfach am besten.

“Also hat Lucius dich mit seinem Schönheitswahn und der Eitelkeit angesteckt? Hätt ich nicht gedacht.”

Als Severus ihm einen finsteren Blick zu warf, biss Harry sich auf die Unterlippe.

“Warum? Weil ich die ‘schleimige Kerkerfledermaus’ bin?”

“Äh …”, beschämt kichernd zuckte Harry mit den Schultern und Draco freute sich einen Wolf darüber, dass Harry in ein Fettnäpfchen getreten war.
 

  Seufzend betrachtete der Erwachsene eine Haarsträhne, welcher er wieder und wieder um den Finger drehte. “Es war einerseits ein Teil meiner Tarnung. Ich bin lang genug Lehrer, um zu wissen, dass an Internaten wie Hogwarts Schülerinnen und auch Schüler schneller mal ihr Herz an eine Lehrkraft hängen. In dem ich mich unansehnlich ‘kleide’ und auch unausstehlich benehme, verschrecke ich gleich schon ein Großteil. Der Hauptgrund ist jedoch: Schutz. Ich hantiere jeden Tag mit potenziell gefährlichen Stoffen und unterrichte dazu noch Klassen voll mit untalentierten Schülern. Daher sind meine Haare immer mit einer öligen, nicht brennbaren, Paste eingerieben. Daran hab ich mich so gewöhnt, dass ich diese in der Regel täglich, selbst am Wochenende, auftrage.”

Verstehend nickte Harry ob dieser Erklärung und ein kleines bisschen ergriff ihn das schlechte Gewissen. Aber wenn er ehrlich mit sich war: Woher hätte er das wissen sollen?

“Und Haare abschneiden kommt nicht infrage, weil damit nicht nur das Ego leiden würde, sondern auch das Ansehen”, kam es monoton von Draco, welcher an einem Stück Obst herumknabberte.

  Verwirrt zog Harry die Stirn erneut in Falten. “Und … warum? Also klar, es steht dir, und auch Lucius, und ich kann mir euch gar nicht mit kurzen Haaren vorstellen, aber warum?”

Jetzt war es Severus, welcher nach einer weiteren Scheibe Fleisch ohne Brot, eine Erklärung lieferte. “Was fallen dir als Erstes für drei Wörter ein, wenn du an langes Haar denkst?”

“Alter, Dumbledore, weiße Haare”, kam es auch prompt von Gefragten.

“Da hast du schon ein Teil der Antwort. Zauberer lassen oft Magie in ihre Haare, und auch in ihren Bart, fließen. Schneidest du also einem Zauberer sein langes Haar ab, nimmst du ihm auch einen Teil seiner Magie und gilt daher auch als Foltermethode. Es sind zwar nur minimale Teile, selbst bei so alten Zauberern wie Dumbledore, aber es ist dennoch ein Verlust. Da ist das Wissen darüber, wichtiger, als die wirkliche Verlustmenge. Lange Haare und ein guter Bart stehen in manchen Kreisen immer noch für Macht, Alter und damit Weisheit.”

“Ok, das ergibt irgendwie Sinn.” Zwar hatte er noch zahlreiche Fragen und Bemerkungen dazu auf der Zunge, aber er schluckte sie runter. Irgendwie waren Schönheitsideale nicht das richtige Thema für den Frühstückstisch. Auf jeden Fall nicht für ihn.
 

  Irgendwie war das zwischen Severus und ihm auch komisch, seit Draco da war. Die Stimmung war so … künstlich und irgendwie distanziert. Als würden sie umeinander herumtanzen. Grübelnd goss er sich ein weiteres Glas Blut ein. Er hatte heute wirklich Hunger, mehr als sonst. Woran das wohl lag? Instinktiv wanderte sein Blick zu Dracos Hals, fixierte sich auf das Pochen der Blutgefäße.

  “Harry, komm her.”

Blinzelnd löste sich der Junge von dem verführerischen Anblick des schlanken Halses und spülte den Kloß mit einem großen Schluck Lebenssaft herunter. Langsam erhob er sich und schritt zu Severus herüber. Doch da sollte er gar nicht erst ankommen.
 


 

“So, da du jetzt stehst, und wir alle mehr als Süßkram im Magen haben, können wir ja los. Ich hab schließlich noch anderes zu tun.” Entschlossen stand er auf und richtete sich die Kleidung.
 

“Wovon sprichst du, Draco?”, erkundigte sich Harry stirnrunzelnd und legte den Kopf schief.
 

Harry hatte ihm vor Kurzem dieses Muggelsprichwort ‘Leichte Schläge auf den Hinterkopf erhöhen das Denkvermögen’ erklärt. Jetzt fragte er sich gerade ernsthaft, ob es auch half, fest zuzuschlagen. So kräftig, dass nur so gerade noch der Kopf auf der Schulter blieb.

“Sag mal, habt ihr mir vorhin eigentlich zugehört? Dad sucht euch, weil ihr wohl mal wieder irgendeinen kindischen Mist gebaut habt und abgehauen seid.”

  Als Harry verschwunden war, hatte er mitgeholfen weil es einerseits Abwechslung vom tristen Schulalltag bot und zum anderen, weil ihn das Verhalten von den Erwachsenen nervte.
 


 

“Aber ich hab ihm doch gesagt, wo ich hingehe”, versuchte sich Harry zu rechtfertigen. Er hatte zwar vorhin verstanden, dass Lucius sie suchte, aber er hatte es nicht richtig dringend angesehen. Schließlich wusste Lucius ja, dass er Severus suchte und auch, dass er nach Hogwarts gereist war. Oder? Somit hatte er Dracos Ansprache vorhin einfach auf die Draco typische Melodramatik geschoben.

Severus schien ebenso grüblerisch auszusehen und murmelte etwas von übermäßig besorgtem Vampir, welcher den Instinkt unterdrücken sollte.
 

“Los, hopp, hopp. Ich weiß nicht, was heute Nacht hier abgelaufen ist - und will es auch wirklich nicht genauer wissen - oder ob nur noch Watte in eurem Hirn übrig ist, mein Vater hasst es jedoch zu warten. Also ZACK!” Energisch schritt Draco zum Kamin und warf Flohpulver hinein um augenblicklich nach Malfoy Manor zu reisen.
 

“Wie der Vater, so der Sohn”, grummelte Severus. “Na los, lass uns auch dahin flohen und uns anhören, was Lucius Problem ist. Wie ich ihn kenne, macht er mal wieder einen auf beleidigte Diva, das kann er nämlich sehr gut.”
 

Lachend harkte Harry sich bei dem spöttelnden Werwolf ein. “Manchmal weiß ich wirklich nicht, ob ihr nun Freund oder Feind seid, so wie ihr übereinander redet."
 

“Beste Freunde”, korrigierte Severus und zog Harry in die Flammen.
 

Interessanterweise musste Harry feststellen, dass kaum, dass sie alleine waren, diese spielerische Atmosphäre wieder auftauchte und sie aneinanderhingen. Tief blickte er Severus in die Augen, während sie so in den Flammen standen, und das leichte Lächeln des Älteren, zauberte auch ihm eines auf die Lippen.
 

“Na dann, stellen wir uns mal dem Vampirproblem”, kam es gut gelaunt von Severus, woraufhin Harry ob dieser Zweideutigkeit kichern musste.



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