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How to kiss a japanese Boy

von

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Lektion 3: Kenne deine Feinde! - Noch wichtiger: Kenne deine Freunde!

Die ersten Wochen des Schuljahres gingen ins Land und Ray verstand sich immer besser mit Shu, vor allem, da sie sich meistens über Games, Konsolen oder Computer unterhielten. Aber Ray erzählte Shu auch Vieles von sich: dass er einen jüngeren Bruder namens Soel hatte, der aber auf eine andere Schule gekommen war oder dass seine Mutter manchmal eine echte Furie sein konnte und sein Vater ziemlich locker war. Somit wusste Shu immer mehr über seinen neuen Mitschüler, aber umgekehrt blieb es das ganze Gegenteil. Auch nach der Zeit, die sie miteinander verbracht hatten, wusste Ray immer noch fast gar nichts über Shu. Er wusste nicht wo er wohnt, wer seine Eltern waren, warum sie eigentlich so reich waren oder sonst irgendetwas. Der Kleine wusste immer, wie er gekonnt um Details herum reden konnte.

Eines war Ray allerdings an seinem neuen Freund schon desöfteren aufgefallen. Er hatte manchmal eine seltsame Art sich auszudrücken, sehr sachlich und fast wie ein Lehrer oder Professor. Auch sein Wissen über Videospiele und Technik im Allgemeinen ging über ganz normales Nerdwissen weit hinaus. Was Schulleistungen anging, war Shu auch außergewöhnlich gut, jedenfalls in Fächern der Fremdsprachen oder in Naturwissenschaften. Umso mehr überraschte es Ray, dass sich Shu in anderen Fächern wie Musik, Sport, Kunst usw. eher unbeholfen zeigte und dementsprechend dort auch nicht die perfekten Leistungen erbrachte wie in anderen Fächern. Sobald es aber um theoretiches, logisches Denken ging, leuchtete Shu förmlich vor Wissen und Enthusiasmus. Ray wiederum hatte die meiste Zeit keine Ahnung, was der Blonde da für Floskeln von sich gab.

Nach einer weiteren Naturwissenschaftsstunde voller Fragezeichen über Rays Kopf, wandte er sich schließlich an Shu und wollte es wissen. „Okay, wie machst du das? Was hast du für 'nen Trick drauf, dass du all dieses Zeug im Kopf hast, was der Lehrer da grade wissen wollte?“

Shu schaute Ray fragend an, dann wanderte sein Blick nachdenklich nach oben, bevor er antwortete: „Ich weiss nicht was du meinst. Die Aufgabe war doch mit etwas Logik leicht zu lösen.“

Ray verzog das Gesicht, schnaubte etwas frustriert und stellte sich hin. Dann beugte er sich zu Shu hintunter, kam mit seinem Gesicht sehr nah an dessen und sagte: „Und wenn ich dich an den Beinen packen und die Infos aus dir raus schütteln muss, ich krieg schon raus wie du das machst! Aber viel wichtiger: Wollen wir heute nach der Schule was zusammen machen?“. Nun hatte sich Rays Gesicht zu einem lächelnden gewandelt. Shu zuckte mit den Schultern und nickte nur.

„Gut, dann komm ich mit zu dir, abgemacht! Meine Mutter hat heute ihren Frühjahrsputztag, den hat sie alle paar Wochen mal. Da kriegt sie 'nen Vollknall und stellt die ganze Bude auf'm Kopf. Glaub mir, du willst da echt nich' anwesend sein.“

Shu zuckte zusammen, schaute dann etwas verunsichert und schluckte. „Äh, zu mir? Aber das geht nicht, weil...“

Ray unterbrach ihn: „Wieso geht es denn diesmal nicht,hm?“. Er richtete sich wieder auf, um etwas Abstand zu dem Kleineren zu gewinnen und schaute etwas zerknirscht drein.

Sein Ärger hatte einen guten Grund, denn die ganze Zeit über, die sich die beiden in letzter Zeit angefreundet hatten, waren sie nach der Schule nur zu Ray gegangen, um zu zocken. Er hatte schon oft nachgefragt, ob sie nicht einmal zu Shu gehen könnten, denn er wollte auch gern wissen, wo sein Freund wohnte. Außerdem versprach er sich von Shus Zuhause ihn noch besser durchschauen zu können.

Der Kleinere wirkte nun ziemlich nervös. Seine Blicke wanderten im Raum hin und her, so als müsste er sich schnell eine Antwort überlegen.

Ray fühlte sich gekränkt von Shus Verhalten, wandte sich ab und nahm seinen Rucksack. „Ist schon gut, wenn du nicht willst...“ sagte er und ging mit diesen Worten aus dem Klassenzimmer, denn sie hatten als nächstes Sport, dafür mussten sie in die Turnhalle gehen. Shu sah Ray etwas traurig hinterher, so als wollte er ihm noch etwas nachrufen. Aber er tat es nicht, nahm seine Schultasche und trottete deprimiert aus dem Zimmer.

Das Thema der Sportstunde hieß diesmal Völkerball und Shu und ein anderer Schüler durften ihre Teams wählen. Trotz der düsteren Blicke Rays, wählte der Kleine ihn gleich als erstes in sein Team, denn die vergangenen Sportstunden hatten gezeigt, dass Ray einen wirklich heftigen Schlag drauf hatte. Niemand wollte ihn freiwillig als Gegner auf dem anderen Spielfeld stehen haben. Somit hatte sich Shu gleich den besten Spieler am Anfang gesichert. Ray stand auf, als er gewählt wurde und ging zu Shu, warf ihm aber immer noch einen eher verärgerten Blick zu. Shu war sein schlechtes Gewissen förmlich anzusehen, aber die Stunde musste weitergehen.

Als schließlich beide Teams vollständig waren, ging das Spiel los. Shu hasste Ballspiele, gerade welche, bei denen man abgeschossen werden musste. Er war zwar klein und somit auch flink, aber leider zielte trotzdem alle Welt immer zuerst auf ihn. Er hatte beim Sport eine etwas tollpatschige Ader, denn so schnell wie er war, so oft ging er auch zu Boden, weil er zum Beispiel stolperte. Trotz, dass er ein beliebter Schüler war, hatten die Klassenkameraden beim Sport keine Gnade mit ihm.

Auch diesmal war der Kleine sofort Abschussziel Nummer eins und sobald der Ball bei den Gegnern landete, hatte er nur noch mit flüchten und springen zutun. Ray schaute sich das Ganze eine Weile an, war er doch selbst nicht in Gefahr, denn so gut wie er im Schießen war, so gut konnte er auch fangen. Die anderen Schüler wussten das und nur wenige trauten sich überhaupt auf ihn zu schießen, denn sie wollten den Ball nicht gleich wieder an ihn verlieren. Nachdem Shu immernoch nicht getroffen worden, aber dafür völlig außer Puste war, bekam der zweitbeste Spieler der Klasse den Ball in die Hände. Er fixierte Shu förmlich und wollte ihm einen ordentlichen Schuss verpassen. Dieser schloss schon mit dem Spiel ab, denn ausweichen hätte er wahrscheinlich nicht mehr können, dafür war er zu abgehetzt und die Wahrscheinlichkeit, dass er einen Ball gerade von diesem Schüler schaffen würde zu fangen, ging gleich gegen Null.

Der Gegener schoss, allerdings viel zu hoch, denn laut des Lehreres sollte auf die Beine oder den Unterkörper einer Person gezielt werden. Dieser Ball flog allerdings genau in Shus Kopfhöhe auf ihn zu. Der Kleine stand wie versteinert vor Schreck da und würde jeden Moment den Ball mitten ins Gesicht bekommen, da sprang plötzlich ein Schatten vor ihn, gegen den der Ball stattdessen prallte. Es war Ray, der im letzten Moment vor Shu gehechtet war und nun den Ball gegen den Oberkörper bekam. Durch dieses Manöver konnte er ihn allerdings nicht fangen und somit schied Ray tatsächlich als erster in diesem Spiel aus. Die ganze Klasse stand wie versteinert da, als er wortlos das Spielfeld verließ und sich auf eine Bank setzte. Auch Shu war wie erstarrt, wahrscheinlich noch vor Schreck, schaute dann aber Ray nach. In seinem Gesicht stand ein imaginäres, großes Fragezeichen.

Wenig später schied Shu trotzdem aus und setzte sich neben seinen Freund auf die Bank. Sie sahen dem weiteren Spielverlauf zu und schwiegen eine Weile.

„Warum hast du dich freiwillig abschießen lassen?“ unterbrach Shu irgendwann das Schweigen. „Du wärst bestimmt viel länger im Spiel geblieben als ich und jetzt bin ich ja sowieso raus geflogen. Es hat sich also nicht mal gelohnt.“ fuhr er fort und schaute zu Ray hinüber.

Dieser lehnte sich an die Turnhallenwand an und schmunzelte. „Darum ging es nicht. Wärst du vorhin getroffen worden, hättest du im schlimmsten Fall 'ne gebrochene Nase davon getragen. Davor hab ich dich bewahrt, also gelohnt hat es sich auf alle Fälle würde ich sagen.“ Ray schaute weiter aufs Spielfeld, während er sprach. „Es geht nicht immer nur darum, ob sich etwas lohnt oder rentiert. Jemanden vor Schaden zu bewahren, den man gern hat, ist viel wichtiger als jeder Gewinn der Welt.“

Shu schaute Ray mit großen Augen an, welche verrieten, dass er diese Sichtweise nicht kannte und noch niemals über Derartiges nachgedacht hatte. Er wandte sich wieder von Ray ab und schaute aufs Spielfeld. „Du kannst heute nach der Schule gern mit zu mir kommen. Aber...Tick bitte nicht aus, das musst du mir versprechen.“ murmelte Shu leise, aber für Ray verständlich vor sich hin. „Wenn du irgendwie ausrastest, dann...können wir nicht mehr befreundet sein.“ fuhr der Kleine mit ernstem Ton fort.

Ray schaute überrascht Shu an und blinzelte ein paar Mal. Dann wandte er sich wieder dem Spiel zu und gab nur ein kurzes „Okay!“ von sich.

Nach der Schule gingen sie den gewohnten Weg bis dahin, wo sich ihre Wege normalerweise immer getrennt hatten. Dann liefen sie um eine Ecke, wo auf einmal eine große, teuer aussehende Limousine wartete. Ein Mann stieg aus, der aussah wie ein Chauffeur und er hielt die Tür auf. Dann sah er Shu an, lächelte freundlich und sagte: „Guten Tag junger Herr, ich hoffe, der Schultag war angenehm und von Erfolgen gekrönt.“

Shu nickte ihm nur zu und stieg in das Auto. Ray blieb etwas sprachlos vor dem Auto stehen, starrte den Mann entgeistert an und folgte dann geistesabwesend dem Kleineren. Der Fahrer schloss die Tür, stieg ins Auto und fuhr los. Im Inneren war alles mit Leder überzogen und mit der modernsten Ausstattung versehen.

Ray beobachtete die ganze Zeit den Fahrer, beugte sich dann zu Shu und flüsterte: „Sag mal, wo fahren wir denn jetzt hin?“.

Shu sah nur gelangweilt aus dem Fenster und sagte mit monotoner Stimme: „Na nach Hause, was sonst?“.

Ray sah etwas eingeschüchtert aus und schwieg sogar die gesamte Fahrt, was gar nicht typisch für ihn war. Der Weg führte sie in das beste Viertel der Stadt, in dem die Villen von reichen Menschen standen. Das Auto fuhr schließlich zu genau so einer Villa, die etwas abgelegen von den anderen war. Sie war von einem riesigen Grundstück umgeben, dass eher an einen Park erinnerte mit Springbrunnen und schön verschnittenen Hecken und Büschen. Das Haus selbst war riesengroß und in einem europäischen Baustil gehalten.

Der Chauffeur ließ die beiden Jungen schließlich aussteigen und Shu ging voraus in die Villa hinein. Ray folgte ihm, war allerdings immernoch völlig überwältigt. Er lief dem Kleinen einfach schweigend nach und schaute sich staunend um. Im Hinterkopf hatte er stets, dass Shu ihm gesagt hatte, dass er sich nicht aufregen sollte. Jetzt wurde ihm auch klar, womit diese Aussage begründet war. Jeder normale Mensch würde beim Anblick dieser Villa die Fassung verlieren. Shu ging durch die Villa und geleitete Ray durch viele Gänge und Zimmer, bis sie schließlich in einer Art Appartement ankamen. Jetzt blieb Shu endlich stehen und drehte sich zu seinem Freund um.

„Also, das hier ist mein Reich.“ Er lächelte und breitete die Arme aus. Ray schaute sich um und es war unschwer zu erkennen, welche Hobbies der Blonde verfolgte. Ein fast die ganze Wand einnehmender Flatscreen erstreckte sich über einer Anrichte, auf der jegliche Konsolen standen, die Ray kannte. Dem gegenüber befand sich ein riesiges Sofa, das Platz für eine ganze Fußballmannschaft geboten hätte. Im nächsten Raum, den Ray von seinem Standpunkt aus zumindest teilweise einsehen konnte, sah er einen Schreibtisch, über dem drei große Computermonitore angebracht waren. Allgemein war die von außen herrschaftlich und altehrwürdig wirkende Villa im Inneren sehr modern und mit viel Technik ausgestattet.

Ray atmete einmal tief durch, um all die Eindrücke sacken zu lassen und schaffte es so sich etwas zu beruhigen. Normalerweise wäre er bei all den Konsolen, Computern und Bildschirmen sofort vor Freude in die Luft gesprungen.

„Hier wohnst du also ja? Schon echt krass...Aber wo sind denn deine Eltern?“ Er versuchte so normal wie möglich zu wirken, aber seine Hibbeligkeit konnte er wohl nicht vollständig verstecken, denn Shu musste etwas kichern.

„Die sind wahrscheinlich unterwegs oder arbeiten, so wie meistens.“ Er musterte Ray kurz, schmunzelte erneut und fügte hinzu: „Na gut, jetzt hör schon auf alles zurück zu halten, sonst platzt du noch.“

Ray ließ sich das nicht zwei Mal sagen und fing sofort an sich hektisch umzuschauen. „Oh mein Gott, das ist ja der Wahnsinn! Hier ist nichts dabei, was älter als ein Jahr oder so ist! Alles die neueste Technik!!“ Seine Augen leuchteten förmlich, als er sich alles anschaute. Shu sah ihm nur interessiert zu und schmunzelte in sich hinein.

„Das ist das reinste Paradies! Du musst nicht nur „etwas“ mehr Kohle haben Kleiner!“ sagte Ray aufgeregt und kam zu dem Blonden zurück.

Shu seufzte, ging zu seinem Laptop, der auf dem Sofa lag und setzte sich hin. „Weisst du, ich wundere mich echt, dass du nicht mal weisst, wer ich bin, obwohl du meinen Nachnamen kennst. Google ist dein Freund, sag ich nur.“ Er grinste Ray gehässig an und deutete auf seinen Laptop. Sein Desktophintergrund erschien und dieser bestand aus einem großen Firmenlogo, dass Ray nur allzu gut kannte.

„Moment...“ Ray war erstarrt vor Schreck. „Warte...Kaneki...Doch nicht etwa...????“ Er stotterte herum und schaute Shu immer entgeisterter an.

Dieser grinste nur noch breiter und nickte. „Mein Dad leitet die größte japanische Firma, wenn es um Computertechnik, Games, Konsolen usw. geht.“

Ray schwieg nun und wurde plötzlich ziemlich blass im Gesicht. Bevor er aber umkippen konnte, setzte er sich lieber neben Shu und starrte vor sich hin. Dass ein Bediensteter hereinkam und beiden einen Kakao auf den Couchtisch stellte, bekam Ray gar nicht richtig mit. Sein Hirn hatte auf Standby geschaltet. Shu trank inzwischen in aller Ruhe seinen Kakao und schaute immer wieder zu Ray, der jetzt endlich wieder zu sich zu kommen schien.

„Das...ist ja....meeeeeega geil!“ quietschte Ray in einem hohen Ton. „Mein Freund ist ein super reiches Computerkind!“ Er hatte beide Hände zu Fäusten geballt und in die Luft gestreckt, als er schließlich seinen Kakao entdeckte. „Oh...äh danke?“ Er schaute sich verwirrt um, weil er keine Ahnung hatte, wo das Getränk hergekommen war.

Shu stellte seinen Kakao ab und sah ernst zu seinem Freund. „Alle in der Schule wissen natürlich, wer ich bin, aber ich mag's nicht zu viel Aufmerksamkeit zu erregen. Deshalb auch die Limousine weiter weg von der Schule und so...“

Ray trank einen Schluck Kakao und schmunzelte dann Shu an. „Keine Sorge, ich hätte dich auch gern, wenn du unter 'ner Brücke wohnen würdest. Wie könnte man dich auch nicht mögen?“

Das sagte er in seiner sehr direkten Art, womit Shu nicht besonders gut umgehen konnte. Er wurde gleich etwas rot und schnappte sich schnell wieder seine Tasse, um seine Verlegenheit zu kaschieren. „Du redest manchmal echt ganz schön viel Mist, Senpai!“ nuschelte der Kleine, bevor er trank.

Ray war schon öfters aufgefallen, dass Shu ihn so genannt hatte und er hatte herausgefunden, dass man so nur ältere Schüler nannte. Deshalb stockte er kurz, überlegte und sagte dann: „Sag mal, wenn du mich Senpai nennst...Bist du dann etwa jünger als ich?“. Er legte einen süffisanten und etwas gruseligen Ton in seine Worte, so als hätte er den Blonden ertappt. Dieser verschluckte sich gleich etwas am Kakao.

„D-Das hab ich nicht gesagt!“ versuchte er es abzustreiten. Ray aber durchbohrte ihn mit einem alles sehenden Röntgenblick, sodass Shu keine andere Wahl hatte, als die Wahrheit zu sagen. Er seufzte ganz tief und gab es zu. „Ja ich bin zwei Jahre jünger als du und unsere Klassenkameraden. Ich wurde hochgestuft, weil ich unterfordert war.“

Ray grinste siegessicher. „Ich wusste es! Solche Noten kann kein normaler Teenager haben! Bist du dann sowas wie ein Superhirn?“

Shu seufzte erneut und erklärte: „Naja...Eigentlich nennt man das hochbegabt. Ich bin in naturwissenschaftlichen Fächern und Fremdsprachen sehr gut, dafür hab ich andere Defizite, wie bei Musik oder sportlichen Aktivitäten.“.

Ray legte eine Hand ans Kinn, wie bei einer Denkerpose. „Hm verstehe. Deshalb redest du auch manchmal so komisch. Das ist ja hoch interessant.“ Nun grinste er und schaute Shu an, als wäre er ein Forschungsprojekt. Dieser fühlte sich dank dieses Blickes sichtlich unwohl und lenkte ab.

„Wollten wir nicht was zocken?“ Er machte seinen riesen Flatscreen an und versuchte Ray einfach nicht mehr anzuschauen, weil ihm sonst der reinste Gänsehautschauer über den Rücken lief. Er wusste nicht recht warum, aber sein Freund hatte in ihm seltsame Gefühle geweckt, die er vorher nicht gekannt hatte.
 


 

Liebes Tagebuch,
 

Heute hab ich echt mal viel erlebt! Endlich konnte ich über mein Forschungssubjekt, ich meine natürlich Shu, mehr herausfinden. Aber eins nach dem anderen...

Wir hatten heute wiedermal Naturwissenschaften und ich hab von all dem x hoch 2 mal Wurzel aus was weiss ich mal wieder gar nichts kapiert. Shu dagegen meldet sich und lässt eine Lösung los, die mindestens zwei oder drei Zeilen lang ist. Selbst der Lehrer musste das erstmal nachrechnen und nachschlagen, bis er schließlich bestätigen konnte, dass der Kleine Recht hatte. Echt krank, was der sich so in seinem Kopf zurecht legen kann. Ich wollte deshalb endlich mal wissen, wie er das macht. Aber er kam mir nur wieder mit Ausreden und druckste rum. Das hat mich echt angekotzt, immerhin erzähl ich ihm doch auch alles Mögliche von mir. Ich bin jedenfalls wütend von dannen gezogen, aber lange kann ich ihm irgendwie nicht böse sein. Er hat sowas an sich, was meinen Beschützerinstinkt anspricht. Keine Ahnung... Na jedenfalls spielten wir im Sportunterricht Völkerball. Ich liebe dieses Spiel, denn da darf man legal Leute verkloppen! Na gut...Im übertragenen Sinne, weil man ja einen Ball dafür benutzt, aber trotzdem macht es Spaß. Shu war natürlich wiedermal Ziel Nummero Uno und so rannte er von einer Ecke zur nächsten um sich vor den Schüssen unserer Gegner zu retten. Er erinnerte mich dabei irgendwie an ein kleines Kaninchen. Die großen Augen, die geringe Körpergröße, die flinken Beine... ;)

Er war aber recht schnell am Ende durch das ganze Rumgehetze und dann hätte er fast den Ball voll ins Gesicht bekommen. So weit konnte ich es dann doch nicht kommen lassen, auch, wenn das Ganze bis dahin echt unterhaltsam gewesen war. Ich hätte den Ball ja gefangen, aber ich hab ein bischen zu spät reagiert, also blieb mir nichts Anderes übrig, als einfach vor Shu zu springen und den Ball in voller Breitseite auf den Brustkorb zu bekommen. Mann, das gab einen Bumms! Ich hab jetzt noch 'nen blauen Fleck davon. Der Junge, der geschossen hat, ist gar nicht mal übel. So kam es also, dass das historische Erignis eintrat, dass ich, Ray Lancaster, bei einem Völkerballspiel als erster ausschied. Wenn das Soel erfährt, erschieß ich mich...

Naja wenig später wurde Shu natürlich trotzdem raus geschossen, aber wenigstens trafen sie ihn so nur am Bein. Er schien ein echt schlechtes Gewissen zu haben und fragte mich, warum ich mich denn davor geworfen hatte. Eigentlich doch ganz logisch oder? Wer würde schon untätig zusehen, wie ein Freund sich eventuell die Nase bricht? Er schien das nicht wirklich zu verstehen, jedenfalls sah er aus, als hätte er die Erleuchtung des Jahrhunderts, als ich ihm das erklärt hatte. Auf einmal hatte er auch seine Meinung bezüglich meines Besuchs bei ihm geändert. Also durfte ich nach der Schule mit zu ihm. Er stellte nur die Bedingung, dass ich nicht ausrasten dürfte, wenn wir bei ihm waren. Ich willigte zwar ein, hab mich aber ernsthaft gefragt, was das wohl zu bedeuten hatte. Vielleicht wohnte er so schlecht, dass ich mich ekeln könnte? Oder waren seine Eltern vielleicht einfach peinlich drauf? Ich hätte niemals den Grund in Betracht gezogen, an dem es letztendlich lag.

Als wir von der Schule schon einige Zeit weg waren, kamen wir zu einem echt schnieke aussehenden, fetten Auto. Das war mal voll der große Jaguar! Und innen auch noch mit hammer Ausstattung! Und sogar ein Chauffeur war dabei, der ließ uns einsteigen, sprach Shu mit „Junger Herr“ an und fuhr uns dann zu Shu nach Hause. „Zu Hause“ bedeutet bei ihm erstmal ein riesengroßes Anwesen im Villenviertel dieser Stadt! Allein das Grundstück um das Haus herum war der reinste Park. Ich wette, da würde ich mich verlaufen! Und das Haus selber...Da hätte die Wohnung meiner Familie bestimmt fünf bis zehn mal reingepasst. Also ja, mein Freund wohnt in einer fucking Villa!!! Natürlich hat er dort nicht nur ein Zimmer, nein, er bewohnt gleich ein ganzes Appartement! Außerdem war das Gebäude von oben bis unten vollgestopft mit der neuesten Technik und Hightech-Ausstattung. Allein in Shus Appartement hing ein riesen großer Flatscreen, damit könnte man prima Kinovorstellungen geben! Und unterhalb dieses Babys - ich traute meinen Augen kaum - noch viel, viel wertvollere und tollere Babys!! Konsolen über Konsolen! Alle möglichen, die ich mir nur vorstellen kann... Ich dachte, ich bin gestorben und das ist der Himmel. Da ist der Gamer-Computer mit den drei großen Monitoren im Nebenzimmer schon fast untergegangen.

Ich musste mich wirklich heftig zusammenreißen, um nicht augenblicklich die ganze Bude zusammenzuschreien, aber ich hab mich beherrscht. Shu bekam aber irgendwann Mitleid mit mir. Ich muss wohl echt leidend gewirkt haben. Er gab mir die Erlaubnis kurz mal alles raus zu lassen und so bekam ich meine fünf Minuten. Als ich mit dem Ausflippen fertig war, fragte ich Shu, wo eigentlich seine Eltern waren und wie reich er eigentlich sein musste, um das alles zu besitzen. Er eröffnete mir, dass seine Eltern meistens arbeiten oder unterwegs sind und dann machte er breit grinsend seinen Laptop an. Seinen Desktop zierte das Logo einer der größten Software- und Technik-Firmen auf diesem Globus. Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Kaneki! Der Name steckt auch in dem Firmennamen mit drin und mir wurde schlagartig bewusst, wer Shu ist. Er ist doch tatsächlich der Sohn von dem Firmenchef dieser Firma!!! Ich kann jetzt noch mein Glück kaum fassen und zittere bei dem Gedanken daran, was Shu alles in seinem Appartement stehen hat...

Allerdings versteh ich nun auch, warum er so ungern darüber spricht, wer er genau ist. Niemand will mehr dein richtiger Freund sein und alle ziehen nur ihre Vorteile aus der Bekanntschaft mit dir. Das muss ein hartes Los sein. Er hatte sicher Angst, dass ich genauso bin. Ich hab ihn natürlich gleich vom Gegenteil überzeugt, schließlich würde ich ihn noch genauso mögen, wenn er Arm wie eine Kirchenmaus wäre.

Oh übrigens, er ist wirklich jünger! Ich hab's mir doch von Anfang an gedacht, hehe... Er nennt mich immer Senpai und da ich ja nicht ganz blöd bin, hab ich herausgefunden, dass Japaner das nur zu älteren Schülern oder Kollegen sagen. Ich sprach ihn also drauf an und er musste nach einigen Ausfluchtversuchen tatsächlich zugeben, dass er ganze zwei Jahre jünger ist als ich und der Rest der Klasse. Er wurde nur vorgestuft, weil er – und jetzt kommt's – hochbegabt ist. Hab ich doch gleich gewusst, dass kein normaler Mensch SOLCHE Dinge so perfekt im Kopf haben kann wie er. Mein Forschungssubjekt und Freund wird von Tag zu Tag interessanter. Ich weiss ja, dass Hochbegabte meistens soziale Defizite aufweisen und sich in Gegenwart von Personen manchmal seltsam verhalten. Aber ich konnte sowas noch nie am lebenden Objekt erforschen. Wahrscheinlich werde ich durch Shu ganz neue Perspektiven des Lebens kennenlernen und vielleicht – das hoffe ich jedenfalls – kann auch ich ihm ein bischen was beibringen.
 

Ciao Bella!
 

Ray



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