Teil 4: Willkommene Schwiegertochter - getäuscht, erpresst, verführt
Ich vermute, dass ich irgendwo zwischen dem Trauern um den Verlust meiner Eltern und den normalen Alltag mich verloren hatte. Denn die, die ich derzeit bin, wollte ich nie sein. Es wäre übertrieben zu sagen, dass ich nicht mehr aktiv am Leben teilnahm. Doch es wäre auch eine Lüge, wenn ich behaupte, dass ich mir über jedes Handeln bewusst war. Seit einigen Jahren hielt ich mich in einer Grauzone auf. Ich schritt voran ohne wirklich Entscheidungen zu treffen, denn es gab immer einen Naruto, der mir die Last der Verantwortung abnahm oder eine Temari, die mir den Richtigen Weg zeigte oder jemand der Anderen. Was ich damit sagen wollte, ich hatte ab irgendeinem Zeitpunkt angefangen nicht mehr das zu tun, was ich will, sondern nur noch das, was die Anderen für Richtig hielten. Natürlich meinten es meine Freunde nicht böse und kurz nach dem Tod meiner Eltern war es wahrscheinlich auch das Beste gewesen, so unzurechnungsfähig wie ich war. Jedoch hatte ich den Zug verpasst wieder mein Leben selbst in die Hand zunehmen. Ich hatte Angst vor Entscheidungen, Angst vor dem Alleinsein, Angst das Falsche zu tun!
„Wie alt bist du eigentlich?“, riss mich Sasuke aus meinen Gedanken und hielt den schwarzen Sportwagen vor einer großen Einfahrt an. „Ein wenig Spät für diese Frage, findest du nicht?“ „Sakura, du solltest wirklich langsam mal lernen, dass nach einer Frage eine Antwort folgt und keine Gegenfrage!“, fuhr sich Sasuke genervt durch die Haare und lehnte sich kurz zurück, um sich zu entspannen. Es schien so als wäre er ein wenig nervös.
„Du solltest dir das abgewöhnen.“ „Hn.“, neigte er seinen Kopf leicht zu mir und schaute mich fragend an. „Du fährst dir immer durch dein Haar, wenn du genervt bist. Das solltest du dir abgewöhnen!“ „Und warum sollte ich das?“ „Die Art und Weise, wie du das machst und danach seufzt, ist irgendwie verführerisch.“, gab ich zu und blieb dabei vollkommen ernst. Das musste ihm doch jemand einmal sagen! Wie konnte Frau denn noch denken, wenn jeder seiner Gesten dazu führte – Nimm mich! – zu schreien. „Wie bitte?“
„Lass uns rein gehen!“, forderte ich ihn auf und stieg aus dem Auto. „Ich hatte das Gespräch noch nicht beendet!“ „Ich habe das für dich übernommen.“, betätigte ich die Klingel. Ich wollte diesen Abend so schnell wie möglich hinter mir bringen. Worauf hatte ich mich da überhaupt nur eingelassen? Anscheinend hatte ich in letzter Zeit meinen Verstand verloren. „Ich bin 22!“, flüsterte ich ihm noch zu ehe die Haushälterin uns die Tür öffnete und Sasuke meine Hand ergriff. Mögen die Spiele beginnen!
Es war mehr als seltsam bei den Uchiha’s am Esstisch zu sitzen. Die ganze Familie schien nicht von gesprächiger Natur zu sein. Wobei ich sagen muss, eine fremde Schwiegertochter in ihrer Mitte zu begrüßen, würde wahrscheinlich jede Familie zum Schweigen bringen. Außer Sasuke’s Eltern und sein Bruder Itachi, die ich schon gestern kennenlernen durfte, waren noch sein Großvater Madara Uchiha und sein Onkel Obito Uchiha anwesend. Auch ihnen schien ich nicht besonders zu zusagen. „Mrs. Uchiha, das Essen ist wirklich köstlich. Danke nochmals für die liebe Einladung!“, ergriff ich das Wort, um die unangenehme Stille endlich zu durchbrechen. „Freut mich, das werde ich dem Koch ausrichten!“, lächelte mich Mikoto gezwungen an und widmete sich wieder ihrem Teller zu. Ich würde mal sagen, der Versuch war in die Hose gegangen!
„Ist sie schwanger?“, durchbrach diesmal Fugaku, Sasuke’s Vater, die Stille und ich musste husten, um mich nicht an dem Essen zu verschlucken. „Wie bitte?“, fragte ich erschrocken und schaute mit aufgerissenen Augen Sasuke an. „Nein, sie ist nicht schwanger!“, sprach der Schwarzhaarige ruhig, als hätte sein Vater sich gerade über das Wetter erkundigt. Diese Familie war doch nicht normal!
„Erpresst sie dich oder ähnliches?“, hakte der sein Großvater nach und ließ mich damit erneut einen Hustanfall erleiden. Wenn es so weiter ging, würde ich noch ersticken. „Sowas soll’s geben!“, nickte Mikoto zustimmend. „Könnt ihr bitte damit aufhören! Sakura ist weder schwanger noch hat sie mich dazu gezwungen sie zu heiraten. Es war meine eigene Entscheidung!“, betonte Sasuke jeden Satz deutlich. Diese Familie war doch unverschämt! „Du kannst doch nicht wirklich gedacht haben, dass du von heut auf morgen jemanden uns völlig unbekannten heiraten kannst ohne das wir dir Fragen stellen!“, sagte Mikoto wütend und warf mir dabei einen abfälligen Blick zu. Was hatte ich dieser Frau nur getan, dass sie mir mit so viel Abscheu begegnete? „Das ist mir viel zu albern! Sakura, komm wir gehen!“, griff Sasuke nach meiner Hand und stand auf.
„Setzt euch wieder! Mikoto beruhigt dich einmal!“, befahl Fugaku und wir hielten inne. Ihm zu widersprechen, schien eine weitere Überlegung wert zu sein. „Sakura, ich entschuldige mich für das Verhalten meiner Familie. Erzählen Sie doch einmal, wie haben Sie meinen Sohn denn kennengelernt?“, fragte mich Fugaku ruhig, während die Haushälterin die Nachspeise servierte.
„Ähm.. Ja, das ist eigentlich eine ganz lustige Geschichte.“, begann ich unsicher zu reden und setzte mich wieder auf meinem Platz hin. Ich war noch nie gut im Lügen gewesen! „Als ich über die Ferien nach Chicago kam, wollte ich einige Wochen hier in meinem Apartment verbringen. Meine Eltern hatten damals hier gelebt, bevor ich geboren wurde und sie nach New York gezogen waren. Doch als ich das besagte Apartment betrat, traf ich auf einen überraschten Sasuke. Nach langem hin und her stellte sich heraus, dass meine Eltern die Wohnung an Sasuke vermietet hatten. Doch da sie kurz darauf hier in Chicago bei einem Autounfall ums Leben kamen, erfuhr ich nichts von all dem. Dementsprechend erhielt mein Anwalt diesbezüglich keine Anweisungen von mir und ließ den Mietvertrag wie gehabt weiterlaufen.“, erzählte ich die Wahrheit. Sasuke’s Familie musste ja nicht wissen, dass das alles gestern passiert war. „Da kann man ja glatt sagen, du hattest Glück im Unglück!“, gab Itachi seinen Senf dazu.
„Wann hattest du beschlossen sie zu heiraten?“, widmete Fugaku sich nun Sasuke zu. „Ab den ersten Moment, als ich sie sah!“, nahm Sasuke meine Hand und schaute mir tief in die Augen, als würde er dort alle Antworten auf seine Fragen finden. Hätte ich es nicht besser gewusst, würde ich sagen, es war sein voller ernst. „Das hattest du mir bisher ja noch gar nicht so gesagt.“, lächelte ich ihn an, um das Spiel perfekt zu machen. …an the Oscar goes to Sasuke Uchiha
„Ich hoffe für dich du hast einen Ehevertrag!“, zerstörte sein Onkel den Moment und brachte die Lawine wieder zum Rollen. „Sag mir bitte du hast einen Ehevertrag abgeschlossen?“, vergewisserte sich seine Mutter nervös. „Nein, habe ich nicht!“, seufzte Sasuke und brach unseren Augenkontakt ab. Was hatte diese Familie für ein Problem?
„Bei aller Freundlichkeit, sie schätzen mich alle falsch ein. Ich habe weder ihren Sohn getäuscht, erpresst oder verführt noch will ich sein Geld. Sasuke hat MICH zu seiner Frau gemacht und nicht umgekehrt! Bevor Sie mich verurteilen, sollten Sie mich vielleicht wenigstens versuchen besser kennen zu lernen.“, musste ich mich schlussendlich auch einmal verteidigen. Was Sasuke’s Familie mir bei diesen Abendessen alles an den Kopf geworfen hatte, war doch eine Frechheit. Es war mir vollkommen egal, ob wir das Ganze nur vorspielten, ich würde mich niemals auf diese Art und Weise beleidigen lassen.
„Da machen Sie den Mund ja weit auf, Sakura. Jeder Mensch hat seinen Preis, da sind Sie nicht ausgeschlossen. Verraten Sie mir doch einmal, wenn nicht das schöne, viele Geld der Grund ihrer Heirat mit meinen Sohn ist, was Sie sonst dazu gereizt hat?“, sprach Fugaku in einem seltsamen kühlen Ton, der mir das Blut in den Adern gefrieren ließ. Dieser Mann war wirklich zum Fürchten!
„Wissen Sie Mr. Uchiha, eigentlich sollten Sie die Vorzüge ihres Sohnes selbst am besten kennen, aber ich werde mal so gnädig sein und es Ihnen verraten. Ich habe Sasuke in einer Zeit kennen gelernt, als ich wirklich am Boden war und das meine ich jetzt nicht finanziell gesehen. Ich hatte eine wirklich schwere Zeit hinter mir und auch wenn es ihren Sohn – Entschuldigung Sasuke – manchmal an Höflichkeit fehlte, war er da und hat mir seine Hand gereicht und Sie müssen verstehen, dass ich für ihn zu dem Zeitpunkt eine fremde Person war. Wer zu so einer großzügigen Tat möglich war, an dem konnte ich doch nur mein Herz verlieren.“, sprach ich selbstbewusst und war selbst von meinen Worten beeindruckt. Und ich dachte wirklich immer ich sei eine schlechte Lügnerin.
„Ich glaube, es ist besser, wenn wir jetzt gehen!“, stand Sasuke erneut auf und griff nach meiner Hand. Dieses Abendessen würde es wahrscheinlich auf Platz 2 der peinlichsten Ereignissen in meinem Leben schaffen, gleich hinter dem Sabotieren meiner eigenen Hochzeit.