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Let's become a Ninja!

Kapitel 38 erneuert!
von

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Veränderungen

Eine lange Zeit herrschte Stille im Raum. Kakashi blickte ihr entgegen und man konnte deutlich Verwunderung in seinen Augen erkennen. Schließlich streckte er die Hand aus.

»Zeig mal.«

Kurai setzte sich zu ihm auf den kleinen Stuhl neben seinem Bett und reichte ihm das Papier. Schnell überflog er es.

»Tatsächlich...«, sagte er dann, »Damit hätte ich wirklich nicht gerechnet. Aber es erklärt alles.«

»Ja...«, flüsterte Kurai und schaute zu Boden, »Das er mich beschützt hat und das er jemanden aus seiner eigenen Vereinigung getötet hat... Und das er sich von Shaku distanziert hat.«

»Hat er das?«

»Ja«, Kurai nickte, »Ren hat es mir erzählt. Allem Anschein nach hat er Zabuza sehr hintergangen.«

»Das hat unter Garantie mit eurer Familiengeschichte zu tun. Bestimmt hat er ihm Unsinn erzählt und Zabuza hat es geglaubt. So in etwa stelle ich es mir vor.«

»Was soll ich jetzt bloß machen?«

»Ich würde dir zuert raten zum Hokage zu gehen. Ganz sicher kann er dir erklären was genau passiert ist.«
 

Kurai machte sich also auf den Weg. Sie war sauer darüber, dass Sandaime ihr nie etwas gesagt hatte. Aber vielleicht hatte dies auch seine Gründe gehabt.

Als sie schließlich an seiner Bürotür klopfte und eingelassen wurde, trat Kurai vor den Schreibtisch des Hokage und legte ihm die beiden Blätter hin.

»Warum habt ihr mir nie etwas gesagt?«, wollte sie wissen und klang dabei allem Anschein nach aggressiver als sie es gewollt hatte.

»Beruhe dich«, wies der Hokage sie an, »Setz dich. Ich werde es dir erklären.«

Kurai tat wie geheißen und nahm Platz. Gespannt ruhte ihr Blick auf dem alten Mann, der kurz die Geburtsurkunden mit den Augen überflog und schließlich wieder aufsah, sie jetzt fixierend.

»Ich wusste, dass du es irgendwann selbst herausfinden würdest.«

»Bitte erzählt mir alles. Von Anfang an.«

Er nickte und begann.

»Zabuza Momochi ist tatsächlich dein Bruder. Er ist etwa acht Jahre älter als du und war das erste Kind deiner Eltern, bis du gefolgt bist. Du warst gerade geboren, als deine Mutter krank geworden ist. Sie litt unter einer Lungenkrankheit, die eigentlich unheilbar war. Aber deine Mutter Tsunami war ein Mensch mit starkem Willen. Mit viel Ruhe hat sie es geschafft die Krankheit zumindest für den Moment aufzuhalten.«

»Was ist dann passiert?«

»Dein Vater hatte vor vielen Jahren an der Chu-Nin-Prüfung teilgenommen. Sie war ebenso gegliedert gewesen wie bei dir. Wieder kamen die Unterninja aus allen Ländern um als Freundschaftsbeweis hier die Prüfung abzulegen. Bei dieser Prüfung lernte dein Vater Shaku kennen.«

»Verstehe...«, Shaku war also früher auch Ninja gewesen. Kaum zu glauben.

»Im Nachhinein hat dein Vater mir erzählt, dass er gleich etwas Merkwürdiges an Shaku bemerkt hatte. Die Art und Weise wie er über sich und die Welt sprach machte den Eindruck, dass er keinerlei Selbstwertgefühl oder Mitleid für andere hat. Er musste schlimme Dinge erlebt haben.

Ich weiß von den Erzählungen deines Vaters, dass sein Team und das von Shaku während der Prüfung im Todeswald gemeinsam in einen Kampf gegen ein drittes Team geraten sind. Als Larciel Kyuubis Chakra benutzt hat ist Shaku plötzlich verrückt geworden und hat ihn attackiert.«

»Er wollte Kyuubi?«, riet Kurai und Sandaime nickte.

»Larciel war ein begabter Ninja und hat Shaku problemlos ausgeschaltet. Das hat ihn so wütend gemacht, dass er Hals über Kopf aus Konoha geflohen ist. Auch in seinem Heimatland ist er nie mehr aufgetaucht, er galt als abtrünnig.

Als du gerade vier oder fünf warst, sind plötzlich Schergen von ihm aufgetaucht und haben versucht dich mitzunehmen. Wir nehmen heute stark an, dass er damit deinen Vater zu sich locken wollte.«

»Wie mies...«

»Dein Bruder war auch da. Zabuza. Und eure Mutter hat an diesem Tag nebenan geschlafen, ihr Zustand war mal besser und mal schlechter. Sie hörte den Krach und kam in euer Zimmer. Zabuza hatte versucht deine Entführung zu verhindern und durch die Hektik und die Flucht hatte man ihn erwischt statt dir. Man stülpte einen Leinensack um ihn und nahm ihn mit.«

Ihr Bruder hatte also versucht sie zu schützen? Kurai fühlte sich schuldig. Allerdings wusste sie jetzt auch, woher damals das Deja Vú gekommen war, als Shabon sich vor sie geworfen hatte. So war das also...

»Deiner Mutter hat es das Herz gebrochen«, fuhr der Hokage fort, »Und Larciel war so wütend, dass er ihnen gefolgt ist. Er wollte Zabuza natürlich zurückholen. Aber dein Vater kehrte nie wieder. Es war eine Falle und es war ihm bewusst, doch gescheut hatte er sich davor nicht.«

»Shaku hat ihm aufgelauert...«, ergänzte Kurai traurig.

»Ja...«, sagte Sandaime leise, »In dieser Nacht ist auf deinem Bauch ein Siegel erschienen. Du hast furchtbar geweint und hattest Fieber, konntest dich nicht beruhigen. Kein Arzt konnte dir helfen. Deine Mutter war ein feinfühliger Mensch und ihr erster Satz, nachdem dein Siegel erschienen war, war, dass dein Vater gestorben sein muss. Die Verlust ihres Mannes und des Kindes machte ihre Krankheit sehr viel schlimmer.«

»Verstehe...«, meinte Kurai. Diese Geschichte war unsagbar traurig.

»Sie hat versucht stark für dich zu sein«, fügte der alte Mann hinzu, »Aber sie konnte den Kampf nicht gewinnen. Deine Mutter starb wenige Wochen nach dem Tod deines Vaters.

Ich wusste, dass man dich unmöglich in ein Kinderheim bringen konnte. Schon zu Larciels Zeiten war die Angst vor Kyuubi groß gewesen und es war unmöglich, dich in die Obhut normaler Menschen zu geben. Deshalb hast du etwa zwei Jahre hier gewohnt, vielleicht erinnerst du dich noch daran.«

»Und dann hat Yota versprochen, sich um mich zu kümmern.«

»Ja...«, Sandaime wirkte betroffen, »Das mit Yota tut mir unendlich leid. Er war immer ein ausgezeichneter Shinobi und gut mit Larciel befreundet gewesen. Nichtmal ich hätte jemals vermutet, dass er so charakterlos sei, vor Angst ein Kind anzugreifen. Wir hätten ihm vorher davon erzählen sollen, dass dein Vater Kyuubi an dich gesandt hatte. Dann wäre das vielleicht nicht passiert.«

»Ist schon gut«, beschwichtigte Kurai, »Ihr konntet das nicht wissen. Es war Kakashi-Sensei, der mich gerettet hat, stimmt's?«

»Exakt«, meinte der Hokage.

Für den Moment war es ruhig. Kurai fühlte sich beruhigt und wusste nun endlich, was genau damals passiert war. Das fühlte sich gut an.

»Die Leiche deines Vaters hat man schließlich in der Nähe eines verlassenen Verstecks gefunden. Von Zabuza war keine Spur. Aber wir hielten ihn für tot, denn er war nur ein Kind und dazu noch irrtümlich verschleppt worden.«

»Das bedeutet, wäre Zabuza zu Hause gewesen, hätte er Kyuubi in ihm gebannt?«

»Das weiß man nicht. Je jünger die Person, die als Wirt dient ist, desto einfacher und erfolgsversprechender ist die Technik. Larciel hat Kyuubi höchstwahrscheinlich deshalb an dich gesandt, weil Shaku es sonst die Finger bekommen hätte.«

Auch dieses Rätsel war damit geklärt.

»Warum hat mein Bruder einen anderen Nachnamen?«, fragte Kurai.

»Momochi war der Nachname deiner Mutter. Als Zabuza auf die Welt gekommen ist waren sie noch nicht verheiratet, bei dir schon. Daher trägst du den Namen deines Vaters und er den Namen deiner Mutter. Allerdings hat er den Namen nie ändern wollen und deshalb ist es so geblieben. Als nach und nach ein Zabuza Momochi in den Papieren aufgetaucht ist und ich gemerkt habe, dass das Alter passt, wusste ich nicht wie ich es dir erklären soll. Du warst damals noch Akademieschüler, zerbrechlich und einsam und ich befürchtete, dass du aufbrechen würdest um ihn zu suchen. Du wärst mit Sicherheit dadurch auf die schiefe Bahn geraten, so wie auch er. Denn er ist ein Verbrecher und wird gesucht.«

»Er ist kein Verbrecher!«, ergriff Kurai nun Partei und sprang dabei auf, »Er hat mich vor Shakus Leuten gerettet! Ren hat sich sogar dafür geopfert um mich zu schützen, weil er es ihm befohlen hatte! Außerdem hat er sich von Shaku distanziert!«

»Ganz ruhig«, meinte Sandaime erneut, »Setz dich wieder. Du sagst, dass er sich von Shaku distanziert hat?«

»Hat er«, entgegnete Kurai entschieden, »Ren hat es gesagt. Shaku hat Zabuza Lügen erzählt und deshalb war er auf seiner Seite. Ich glaube, dass er gar nicht wusste das man nach ihm gesucht hat.«

»Das könnte die Lösung sein«, überlegte Sandaime, »Zabuza hätte sich nicht so einfach auf Shakus Seite geschlagen. Wahrscheinlich hat Shaku ihm erzählt, dass niemand ihn gesucht hat.«

»Bitte bestrafen sie meinen Bruder nicht«, bat Kurai.

»Er hat eine Menge Attentate begangen. Das lässt sich nicht einfach löschen«, meinte Sandaime streng, »Aber ich werde trotzdem davon absehen ihn zu jagen. Nur Konoha betreten, das darf er nicht.«

Das war wenigstens etwas. Kurai bezweifelte sowieso, dass Zabuza bei ihr leben wollte.

»Vielen Dank«, sagte Kurai und verbeugte sich, »Jetzt geht es mir wirklich besser und ich weiß endlich, was passiert ist.«

»Ich konnte es dir nicht früher sagen. Bitte hab Verständnis dafür.«

»Natürlich.«
 

Sie verabschiedete sich von ihm und ging. Tausend Gedanken rotierten in ihrem Kopf und das alles musste Kurai erstmal verarbeiten. Und am besten ging das immer bei Shabon, also war das Fuchsmädchen bereits auf dem Weg dorthin.

Als sie schließlich klopfte, öffnete Shabons Mutter die Tür.

»Kurai!«, begrüßte sie sie, »Schön dich zu sehen. Aber Shabon ist leider nicht da.«

»Was? Wo ist sie denn?«

Das war nun schon das zweite Mal, dass Shabon weg war, wenn Kurai sie besuchen wollte.

»Sie ist in der Stadt«, seufzte die Frau, »Neuerdings geht sie irgendwie ständig einkaufen. Ich meine, sie war doch gestern schon mit dir, was will sie heute schon wieder dort?«

»Mit mir...?«, murmelte Kurai verständnislos. Müsste sie nicht davon was wissen?

Aufmerksam blickte Shabons Mutter sie an. Da kam Kurai der Gedanke, dass Shabon offensichtlich etwas zu verbergen hatte.

»Ähm, ja natürlich. Vielleicht hat sie was vergessen. Ich geh sie mal suchen«, Kurai grinste entschuldigend und verabschiedete sich.
 

Auf dem Weg in die Innenstadt verschränkte Kurai die Arme und dachte nach. Für den kurzen Moment hatte sie schon wieder zu Kakashi gewollt, aber inzwischen befürchtete sie schon ihn zu nerven. Sie saß ja wirklich ständig bei ihm - was ihr jetzt erst so extrem auffiel.

Sie blieb stehen. Kurai klebte wie eine Klette an Kakashi.

»Verdammt...«, murmelte sie im Weitergehen, »Wenn ich bloß wüsste was los ist!«

Die Verliebt-Theorie von Shabon flammte auf. Kurai hätte in diesem Augenblick sogar zugelassen, sich intensiv damit zu befassen, als sie stehen blieb. Fast hätte sie die Eisdiele passiert, in der sie letztens mit ihrer Teamkollegin Eis gegessen hatte, ohne eben diese dort sitzen zu sehen - mit Kabuto.

»Ach«, stieß Kurai verstehend aus und hielt sich hinter einer Ecke. Sie wollte ihr nicht nachstellen, aber immerhin war sie in Shabons Geheimhaltung ungefragt mit eingebunden worden. So konnte sie ruhig ein bisschen lauschen.

Hören konnte das Mädchen allerdings nichts und so seufzte es enttäuscht. Wer weiß wie lange die da noch saßen! Aber das musste morgen eindringlich besprochen werden.

So ließ Kurai es gut sein und begab sich zur Gedenkwiese. Natürlich schwitzte Lorrenor dort wie jeden Tag und Kurai wurde gerade Zeuge des größten Ryuuka, welches sie jemals gesehen hatte.

»Wow...«, stammelte sie und kam sich angesichts von Lorrenors Stärke wie ein Schwächling vor, »Du bist eine Legende, Lorrenor.«

»Ach was...«, erwiderte dieser beschämt.
 

Leicht grinsend begab sich Kurai ins Waldstück zum Gedenkstein. Hoffentlich würde sie bald Kakashi wieder hier treffen.

Sie setzte sich an den Stein und seufzte inbrünstig. Da war er schon wieder in ihren Gedanken. Kurai legte sich nieder, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und sah in den Himmel. Diesen Nachmittag verbrachte sie damit, über all die Eindrücke und Erlebnisse nachzudenken. Sie verinnerlichte den Gedanken daran, dass Zabuza ihr Bruder war, was sie gleichermaßen mit Freude und Unsicherheit versetzte, ließ Rens Tod Revue passieren und schließlich blieb ihr Geist bei Kakashi-Sensei hängen. Zeitgleich aber bemerkte sie, wie Lorrenor sich zu ihr setzte.

»Gehst du eigentlich hin?«, fragte er.

»Ähm... Häh?«, Kurai richtete sich etwas auf, »Wo hin?«

»Na zum Straßenfest«, ergänzte Lorrenor verständnislos und Kurai fiel es wie Schuppen von den Augen. In drei Tagen war ja das Stadtfest! Einmal im Jahr feierte Konoha den Frieden des Landes und baute dafür in einer langen Straßenmeile ein wunderschönes Fest auf. Alle Jo-Nin waren jedes Jahr helfend an den Vorbereitungen beteiligt und deshalb hatten die Chu-Nin fast eine ganze Woche frei.

»I-Ich weiß nicht...«, murmelte Kurai leise. Das letzte Mal war sie mit Yota dort gewesen.

»Shabon will uns alle zwingen«, meinte Lorrenor, »Auch den Meister. Der kommt am Wochenende ja aus dem Krankenhaus.«

Kurai stellte sich vor, wie sie zu viert über das Fest gingen.

»Das klingt toll«, gestand sie, »Du kommst doch mit, oder?«

»Wenn es sein muss«, seufzte Lorrenor, »Sonst liegt ihr mir noch länger damit in den Ohren.«

Kurai grinste breit.

»Danke Lorrenor«, sagte das Fuchsmädchen, »Du bist ja doch nicht so ein Miesepeter.«

»Von wegen Miesepeter«, schnaubte Lorrenor und stand auf.

»Wir sehen uns«, meinte er, hob kurz die Hand und verschwand wieder zur Gedenkwiese. Kurz darauf vernahm Kurai sein gleichmäßiges Treten und Schlagen gegen einen der Baumstämme, der dort stand, denn das Geräusch wurde weit getragen.

Kurai fühlte sich davon irgendwann angesteckt und ließ sich auf eine Runde Sparring mit Lorrenor ein. Sie hatte keine Chance und übte frustriert Mizu-Bunshins, die inzwischen perfekt und sogar ohne Fingerzeichen klappten. Kurai war stolz.
 

Am Tag darauf konnte man schon die Vorbereitungen sehen. Laternen wurden aufgehängt, Stände aufgebaut. Es war ein Abendfest und so wurde viel Licht benötigt. Kurai freute sich beim Gedanken daran, mit ihrem Team dieses Fest zu besuchen wie ein kleines Kind.

Mittags erwischte sie endlich Shabon. Sie öffnete Kurai und diese zeigte mit dem Finger auf ihre Kameradin.

»Ich hab dich erwischt!«

»W-Was...?«, murmelte Shabon fast beschämt und holte Kurai zu sich ins Zimmer, schloss sorgfältig die Tür.

»Wobei?«

»Mit Kabuto natürlich. Und sogar noch schamlos gelogen, wir wären einkaufen.«

»Oh nein«, stieß Shabon aus, »Du hast doch meinen Eltern nichts gesagt, oder?«

»Nee«, grinste Kurai, »Ich hab geahnt, dass du deine Gründe hast und hab ja gesagt.«

»Danke«, seufzte Shabon und setzte sich zu Kurai aufs Bett.

»Warum trefft ihr euch heimlich?«

»Na ja... Wir verstehen uns gut. Wenn ich meinen Eltern erzähle, dass ich mich mit einem Jungen treffe, dann verjagen sie ihn glatt.«

»Aber sie sind doch sehr gastfreundlich.«

»Ja eben deshalb ja! 'Kabuto, besuch uns doch mal', 'Kabuto, pass ja auf meine Tochter auf'... Dafür ist es noch zu früh.«

»Verstehe«, Kurai nickte. Diese Probleme kannte sie nicht, »Aber... Seid ihr jetzt ein Paar?«

»Nein!«, zischte Shabon, »Genau deshalb erzähl ich keinem von ihm.«

»Mir hättest du aber ruhig was sagen können. Immerhin sage ich dir doch auch alles.«

»Tut mir leid. Ich hätte es bald getan, ehrlich. Ich hab mich auch erst vier Mal mit ihm getroffen.«

»Magst du ihn? Ich meine, bist du in ihn verliebt?«

Shabon lief rot an.

»N-Naja...«, stammelte sie, »Man kann schon echt gut mit ihm reden. Und er ist auch total... zuvorkommend.«

»Das heißt ja?«

»Ein bisschen vielleicht«, gestand Shabon und lehnte sich dann auf ihrem Bett zurück, stützte den Rücken an die Wand, »Da hats uns wohl beide erwischt.«

Kurai, die schon hatte nicken wollen, schreckte auf.

»Was heißt hier uns beide?«, fragte sie, »Geht das schon wieder los?«

»Ich schweige wie ein Grab«, grinste Shabon.

»Du bist so doof!«

»Lass gut sein«, sagte Shabon und lächelte, »Wir müssen Kakashi-Sensei noch überfallen.«

»Womit?«

»Na mit dem Stadtfest. Lorrenor hab ich schon mit vorgehaltener Waffe dazu bekommen, dass er mit uns geht. Jetzt nur noch der Meister. Oder willst du lieber alleine mit ihm gehen?«

»Ich hasse dich!«, zischte Kurai künstlich beleidigt. Shabon lachte nur wieder unschuldig und so besuchten sie gemeinsam Kakashi im Krankenhaus.
 

Dieser seufzte mehr oder weniger ergeben, als Shabon ihm genau genommen überschwänglich befahl mit ihnen auf das Fest zu gehen.

»Wenn es euch glücklich macht«, meinte Kakashi resigniert, »Warum nicht. Dann kann ich mich wieder langsam an die frische Luft gewöhnen.«

Praktischerweise durfte er genau am Morgen vor dem Fest das Krankenhaus verlassen.

»Bist du wieder ganz gesund?«, erkundigte sich Kurai und der Meister bestätigte dies durch Nicken. Shabon war aber mit den Gedanken nur beim Fest.

»Und jeder zieht sich was Schönes an«, grinste sie unbeschwert.

»Was Schönes?«, fragte Kurai unsicher nach, »Ich hab nichts Schönes...«

Sie besaß nur Alltagskleidung. Mehr hatte sie bisher auch nie gebraucht.

»Macht nichts. Dann gehen wir beide morgen einkaufen.«

»Wie willst du das wieder deiner Mutter erklären?«

»...Gute Frage.«
 

Sie tratschten ein wenig mit Kakashi-Sensei und Kurai ließ sich schließlich auf dem Fensterbrett nieder, da Shabon den kleinen Hocker beschlagnahmt hatte. Aus diesem Winkel konnte Kurai Kakashis linken Oberarm sehen, der durch das ärmellose Shirt ja unbedeckt war. Ein Tattoo prangte auf ihm und Kurai erwischte sich dabei, wie sie interessiert auf das Muster starrte. Das war das Anbuzeichen, da war sie sich sicher. Gleichzeitig bekam sie wieder einen vielsagenden Blick und beteiligte sich schleunigst am Gespräch.
 

Am nächsten Tag wurde Kurai mehr oder weniger widerwillig von Shabon zum Shoppen mitgenommen.

»Warum muss man sich denn so aufbohren um auf ein Straßenfest zu gehen?«, maulte Kurai.

»Boar, meine Güte«, entgegnete Shabon in tadelndem Tonfall, »Du bist so prüde! Man kann sich doch mal schön machen, dafür ist man doch 'ne Frau.«

»Wenn es darum geht bin ich keine Frau...«

»Das wirst du schon sehen.«

Sie blieben in einem Laden für Kimonos. Shabon probierte bereits einen nach dem anderen an und schien richtig gut gelaunt, Kurai stand mehr teilnahmslos daneben. Kimonos gefielen ihr schon, durch die Aufträge konnte sie sich auch durchaus einen leisten, aber ob das so das Richtige für sie war... Da war sie sich nicht sicher.

»Ich helfe dir gleich«, flötete Shabon fröhlich, als sie ihren schon bezahlte. Er war grün und mit rosafarbenen Blüten bestickt - er passte perfekt zu ihrer Haar- und Augenfarbe.

»Meinst du wirklich?«

»Hör doch mal zu«, seufzte Shabon, »Das ist ein Fest. Spaß! Urlaub! Verstehst du? Außerdem wird es Kakashi-Sensei bestimmt gefallen.«

»Verdammt nochmal, hör endlich auf damit!«, zischte Kurai und wurde knallrot. Shabon schob sie gewaltsam in eine Umkleidekabine und warf ihr einen roten Kimono ins Gesicht. Kurai zog ihn an und besah sich kurz kritisch im Spiegel, aber da riss Shabon bereits den Vorhang weg und begutachtete das Stück eingehend.

»Perfekt«, meinte sie in abschätzendem Tonfall, »Rot war eine gute Wahl. Und die gelben Vögel passen auch gut dazu. Übrigens gehen alle Frauen im Kimono auf dieses Fest.«

Wenigstens das konnte Kurai ein wenig mehr überzeugen.
 

Der Abend des Festes war bald angebrochen. Die Gruppe hatte sich verabredet, sich dort zu treffen. Überall liefen bereits wunderschön gekleidete und geschmückte Frauen durch die Straßen. Shabon hatte also Recht gehabt...

Auch nur durch diesen Umstand ließ Kurai es sich gefallen, sich von Shabon die Haare ein wenig hochstecken zu lassen.

»Du bist echt hübsch so«, meinte Shabon, »Das hättest du viel früher mal machen sollen.«

»A-Ach...«, stammelte Kurai und wurde puterrot. Dann aber fiel ihr etwas ein.

»Was ist eigentlich mit Kabuto?«

Shabon, die vor Kurais Spiegel gerade ihre eigene Frisur zurechtmachte, ebenfalls eine Hochsteckfrisur, stoppte kurz.

»Wir sind für später verabredet.«

»Verstehe«, sagte Kurai, »Ich würde mich echt freuen wenn ihr... na ja, zusammen kommt.«

Jetzt war es Shabon, die rot wurde.

»Ich auch«, gestand sie leise.
 

Auf dem Weg zum Fest trafen sie Hiroshi. Er trug einen schlichten schwarzen Anzug und rannte mehr oder weniger begeistert zwischen den Leuten umher.

»Woah, Kurai!«, stieß er aus, als er sie sah, »Ich hätte dich fast nicht erkannt. Siehst gut aus.«

»Danke...«, erwiderte diese, »Mit wem bist du hier?«

»Mit meinen Eltern. Sie haben einen Stand - du musst unbedingt bei uns vorbeikommen! Wir verkaufen die besten Tako-Yaki vom ganzen Fest.«

»Versprochen.«

Hiroshi setzte seinen Weg fort.

»Wer ist das?«, fragte Shabon.

»Ein Freund von mir.«
 

Schließlich konnten sie Lorrenor und Kakashi-Sensei von Weitem erblicken. Shabon begann furchtbar zu lachen, als sie Lorrenors bierernste Miene sah. Er sah wirklich alles andere als vergnügt aus und wie erwartet trug er seine ganz normale Kleidung ohne Ninjaweste, denn die hatte er ja auch nur auf Aufträgen an. Kakashi indes hatte noch nicht einmal die grüne Weste ausgezogen. Dafür ragte aus einer der Brusttaschen ein klägliches, weißes Blümchen. Kurai konnte sich ein leichtes Lächeln nicht verkneifen. Sie waren alle beide so kauzig, aber auf ihre Art irgendwie niedlich.

»Ihr habt uns ganz schön warten lassen«, gab Kakashi zu bedenken, »Wir stehen hier schon fast eine Stunde.«

»Schön, dass du auch mal merkst wie sich das anfühlt«, grinste Shabon - der arme Lorrenor, der hatte auf Kakashi und danach noch auf sie beide warten müssen, »Aber es hat sich doch gelohnt, oder?«

Kakashi nickte leicht und zu viert gingen sie los. Das Fest war groß und die Straße fast unendlich, überall erleuchteten rote und weiße Laternen den Weg. Auf allen war das Schriftzeichen 'Harmonie' abgebildet. Ein perfektes Thema für dieses Fest.

Links und rechts von ihnen erstreckten sich nebeneinander die hölzernen Stände. Es gab Losbuden, Glücksräder, Tombolas und einen Haufen Imbisse. Sie tranken zusammen einen Glühwein und versuchten sich danach am Goldfischangeln. Ziel war es, mit einem dünnen Papierkescher einen Goldfisch aus dem Becken unbeschadet in eine kleine Wasserschale zu transportieren. Dieses Unterfangen stellte sich als schwieriger heraus als es klang. Während Shabon nach zwei versuchen laut zu fluchen anfing ließ sich Lorrenor dazu breitschlagen ihr zu helfen, aber selbst ihm riss das Netz.

»Da! Siehst du! Du hast es kaputt gemacht!«, schimpfte Shabon vorwurfsvoll.

»Schrei mich doch nicht so an«, brummte Lorrenor zurück, »Frechheit... Kannst es doch selbst nicht besser.«

»Da! Da! Sieh doch! Er ist fast drin...- Verdammt!«

Kurai musste über die beiden lachen und genoss es sie zu beobachten. Im gleichen Augenblick riss auch ihr eigener Kescher.

»Mist...«, murmelte sie und kaufte einen neuen. Kakashi trat jetzt neben sie.

»Kein Erfolg?«, fragte er nach und lächelte leicht triumphierend; er hatte mit drei Versuchen drei Goldfische gefangen.

»Woah«, stieß Kurai aus, »Wie hast du das gemacht?«

Sie hielt ihm den neu gekauften Kescher hin und kniete sich dann neben ihm ans Becken, um zu beobachten was er tat. Kakashi fischte den Fisch zärtlich aber mit einer solchen Geschwindigkeit blitzschnell in die Schale, dass selbst das Tier es kaum realisiert hatte. Intensiv sah Kurai zu, aber seinem Beispiel folgen konnte sie nicht. Kakashi gab schließlich seine Schale voller Goldfische für Kurai ab, sodass diese den Preis bekam und nun ein nagelneues Kunai-Set ihr Eigen nannte, welches sie in den Kimonotaschen verstaute.

»Danke«, meinte sie ehrlich zu ihrem Meister.

»Keine Ursache.«

Shabon hatte einen Kibaku-Satsu-Schlüsselanhänger gewonnen und baumelte diesen nun mit ihrem Finger umher.

»Ein Kunai-Set«, äußerte sie leicht neidisch, »Aber ist ja kein Wunder.«

Sie spielte damit schon wieder auf diese eine Sache an und Kurai ärgerte sich schon gar nicht mehr. Langsam aber sicher begann sie irgendwie sich mit diesem Gedanken abzufinden, ja, vielleicht fand sie sogar Gefallen an ihm. Aber das behielt sie ganz für sich.
 

Es war schon relativ spät, als die Gruppe sich trennte. Shabon sah Kabuto an einem Stand auf sie warten.

»Entschuldigt mich jetzt...«, meinte sie, »Aber ich wollte noch mit einem Freund über das Fest gehen.«

»Dann gehe ich jetzt auch«, warf Lorrenor sofort ein, »So viel Fröhlichkeit schlägt mir sonst noch auf den Magen.«

Er nickte ihnen zu und verschwand hinter der nächsten Gasse. Kurai lächelte und sah ihm nach, spürte dann aber einen stechenden Blick von Shabon. Sie fixierte erst Kurai und dann kurz Kakashi, welcher gerade einige Bastelein von Kindern an einem der Stände musterte.

Kurai nickte ihr zu und Shabon setzte ihren Weg mit Kabuto fort. Erstaunlicherweise hakte sie sich sogar bei ihm ein. Für den Moment verspürte Kurai so etwas wie Kummer. Woher er kam vermochte sie nicht zu sagen.

»Und was machst du jetzt?«, kam es und Kurai fuhr herum. Kakashi stand hinter ihr, die Hände in den Hosentaschen vergraben.

»Ich weiß nicht...«, gestand Kurai, »Ich würde noch bleiben, aber allein auf dem Fest zu sein macht ja doch keinen Spaß.«

»Dann lass uns doch die Straße noch zu Ende gehen«, schlug Kakashi vor, »Ich müsste sowieso in diese Richtung um nach Hause zu kommen.«

»Einverstanden«, stimmte Kurai zu und gesellte sich neben ihn.
 

Gemeinsam liefen sie über das Fest. Es hatte etwas Merkwürdiges für Kurai, mit ihm allein hier lang zu gehen. Überall um sich herum sah sie Familien oder Paare, was Kakashi in keinster Form zu stören schien. Aber für sie war dieser Augenblick etwas Besonderes. Für den Moment schienen sie gleich zu sein und nicht Meister und Untergebener.

»Das Fest ist wirklich schön«, sagte Kurai leise zu ihm, »Ich wusste gar nicht, was ich die Jahre über verpasst habe.«

»Allein warst du nie hier, hm?«

»Nein. Ich wollte nicht...«

»Ich auch nicht. Es ist auch schon viele Jahre her, dass ich hier war.«

»Und?«, fragte Kurai und ließ den Kopf leicht in den Nacken sinken, um ihn besser ansehen zu können, »Hat es sich gelohnt?«

Da wandte er den Kopf zu ihr, fixierte sie für den Moment, so als würde er auch auf ihr Äußeres achten.

»Ich denke schon.«

Was genau er damit meinte blieb Kurai selbstverständlich verschlossen. Aber ihr Herz hatte etwas schneller zu pochen angefangen, plötzlich wünschte sie sich, diese Gasse wäre noch endlos.

An einem Imbissstand blieben sie irgendwann stehen.

»Ich habe Hunger...«, sagte Kurai leise, »Du auch?«

»Ein bisschen«, er nickte. Kurai suchte bewusst nach dem Stand von Hiroshis Eltern und erblickte den Jungen schließlich auch.

Sie aßen dort also einen Tako-Yaki-Spieß und er schmeckte wirklich gut. Hiroshi beobachtete Kurai eingehend, was diese ein bisschen verunsicherte, denn der Junge war sehr scharfsinnig und sie hoffte, er würde jetzt keine falschen Schlüsse daraus ziehen, dass sie mit Kakashi allein hier war. Aber trotzdem gab es den Jungen für diesen Moment nicht. Kakashi unterhielt sich mit ihr und dies beförderte Kurai in eine Art Trancezustand.
 

Nach und nach verließen sie das Fest, die Stände und Lampen wurden weniger. Irgendwann beleuchteten nur noch die typischen flammenden Kerzenhalter die Straße, auf der sie gingen. Kurai wusste nicht, wo Kakashi wohnte, aber die Richtung stimmte auch mit der überein, die sie einschlagen musste. Konoha war, wenn man genau hinsah, in mehrere Gebiete unterteilt. Die Innenstadt hatte einige Wohnungen und Geschäfte, aber die meisten Häuser lagen eher am Rand der Stadt. Kurai vermutete, dass auch Kakashi diese Wohngegend anstrebte, also wie Kurai selbst auch.

Sie war sich nicht sicher, ob es nicht unhöflich war, ihm bis nach Hause zu folgen.

»Die Dorfbewohner scheinen dir gegenüber jetzt aufgeschlossener«, bemerkte Kakashi im Gehen, sein Blick war geradeaus gerichtet.

»Ja«, meinte Kurai und nickte, erstaunt, dass Kakashi das gesehen hatte, »Das mit der Selbstsicherheit von dir war wirklich gut.«

»Es ist nicht nur das«, sagte Kakashi überzeugt, »Ich denke, du hast dir mit deinen Missionen einen Namen gemacht. Es ist außerdem auch bekannt, dass du mich zurück nach Konoha gebracht hast.«

Kurai wurde rot. Jetzt dachten alle, dass sie ihn gerettet hatte.

»Ach... N-Naja... Ich bin froh, dass sie mich scheinbar langsam akzeptieren.«

»Das tun sie«, Kakashi nickte und trat weiter neben ihr her. Noch immer stapften sie in gemächlichem Tempo durch die nächtlichen Straßen Konohas. Nur noch entfernt war das laute Gerede des Festes zu hören, über sich erhellte ihnen eine klare Sternennacht den Weg. Kurai genoss diesen Augenblick wie selten etwas in ihrem Leben. Ein leiser, zufriedener Laut befreite sich aus ihrer Kehle, als sie den Blick hinaufwand.

»Was ist?«, fragte Kakashi und schaute zu ihr.

»Nichts...«, entgegnete sie, »Ich hab' mich nur gerade daran erinnert, wie viel wir schon zusammen erlebt haben. Wir alle.«

»Ein Ninjateam wächst durch seine Abenteuer sehr zusammen.«

»Es ist ein schönes Gefühl«, gestand Kurai ehrlich, »Mir ist, als hätte ich jetzt wirklich eine Familie.«

Der silberhaarige Jo-Nin an ihrer Seite sah sie noch immer an und nickte schließlich langsam. Er empfand ähnlich, aber er war kein Mensch, der dies offen zugab. Eher musste man auf seine Mimik achten, denn nur so konnte man etwas über ihn herausfinden. Aber Kurai hatte in seinem Blick eine Art Weichheit entdeckt, die er nur heute Abend hatte. Allem Anschein hatte selbst er mal abgeschalten und genoss einfach nur diesen ruhigen Tag. Da ging es ihm wie ihr. Kurai hatte in dem Moment, in dem sie ihn besah, das starke Bedürfnis danach ihm etwas zu sagen. Ihr war selbst nicht bewusst was, sie spürte nur etwas was hinauswollte. Sie fühlte sich so unsagbar wohl und sicher an seiner Seite, aber das konnte sie ihm doch unmöglich sagen.
 

»Hm?«, machte er, so als wolle er nachfragen, warum sie ihn anschaute. Aber das wusste sie selbst nicht genau.

»Ach... Nichts... Ich hoffe, dass wir noch lange ein Team bleiben können«, gestand sie und wandte den Kopf wieder nach vorn.

»Mit Sicherheit. Mindestens so lange, bis Shaku erledigt ist.«

Da war er wieder, der Feind. Der Mörder ihres Vaters. Aber heute konnte sie ihn verdrängen, obwohl er so oft in ihren Gedanken hing. Heute gab es ihn nicht für Kurai.

»Ich meine...«, murmelte Kurai, »...danach.«

Kurz herrschte Stille.

»Hast du das vor dem Hokage durchgesetzt?«, fragte er, aber er schien es zu wissen. Sandaime hatte geplaudert. Sie errötete.

»Hm... Ja«, meinte sie leise. Kakashi strahlte heute irgendwie noch mehr Ruhe aus als sonst.

Gerade wollte sie das Wort erneut erheben, als Kakashi stehen blieb und sie es ihm gleich tat. Sie hatten das kleine Waldstück erreicht, welches auch an die Gedenkwiese grenzte. Ein beleuchteter Pfad führte hindurch - normalerweise.

»Nanu?«, stieß Kurai leicht verwundert aus, »Warum sind denn die Lampen aus?«

»Gute Frage«, sagte Kakashi und sofort schwang Misstrauen in seiner Stimme mit.

»Ach... Beruhige dich«, beschwichtigte Kurai ihn, »Bestimmt hat man durch die Festvorbereitung nur vergessen sie anzuzünden. Immerhin war es doch ziemlich viel Stress, oder?«

»Vielleicht...«, ließ er sich umstimmen, »Wir sollten einen Umweg nehmen und durch die Stadt am Wald vorbeigehen. Der Waldweg ist uneben und im Dunkeln vielleicht gefährlich.«

»Lass uns weitergehen!«, bat Kurai, »Ist doch lustig, so ganz im Dunkeln. Findest du nicht? Wir brechen uns schon nichts.«

»Wenn du meinst...«

Sie setzten ihren Weg fort. Kakashi hatte sich inzwischen wieder beruhigt und Kurai war froh darüber, dass auch er heute nicht ganz so ernst zu sein schien wie er sonst war. Es war recht dunkel, da die Baumkronen das Sternenlicht abschirmten, aber Kurai konnte Kakashis Silhouette noch relativ gut erkennen und so hatte sie keine Bedenken. Zuerst war der Weg eben und deshalb kein Problem, aber später gab es mehrere kleine Abhänge, bei denen sie aufpassen musste. Ihre Schuhe waren für eine nächtliche Waldwanderung absolut nicht geschaffen und es ärgerte sie ein bisschen, dass sie nicht einfach ihre Ninjasandalen angezogen hatte. Diese hier waren ihnen zwar ähnlich, sollten aber eher farblich zum Kimono passen und rutschten, wenn man rannte.

»Shabon hat sich ja ziemlich schnell verabschiedet«, begann Kakashi schließlich wieder.

»Ja...«, meinte Kurai und grinste leicht, »Sie wollte noch mit Kabuto über das Fest gehen.«

»Der Junge, der sie vor dem Feuer gerettet hat?«

»Genau«, Kurai nickte, »Ich glaube, dass sie sich sehr gut verstehen.«

»Sieht ja ganz danach aus. Das freut mich für Shabon.«

»Mich auch«, sagte Kurai ehrlich.

»Und du?«, kam es mehr scherzhaft von Kakashi, aber Kurai erstarrte sofort und wurde rot, ihr Herz schlug schnell.

»I-Ich? Ach...«

In diesem Moment konnte Kurai abbrechen, da Kakashi geschickt einen kleinen Hang hinabrutschte und ihr dann die Hand hinhielt. Er schien ihre unpassende Kleidung bemerkt zu haben, außerdem war das Gras nass vom Tau und es war selbst mit Ninjasandalen glatt. Kurai nickte ihm zu und ergriff seine Hand, ließ sich so vorsichtiger hinabführen, aber ihre Schuhe versagten hier vollkommen den Dienst. Die Gummisohlen rutschten gnadenlos weg und Kurai verlor völlig den Halt, prallte gegen Kakashi, der damit so gar nicht gerechnet hatte und ungünstigerweise rutschte auch er in diesem Moment auf einem feuchten Ahornblatt aus, sodass beide der Länge nach im Gras landeten. Kakashi fing sich knapp über Kurai ab, um nicht mit Gewicht auf sie zu fallen und dann wurde es still.

Allmählig kroch die Nässe der Erde durch Kurais Kimono, aber sie war nicht in der Lage darauf zu achten. Ihr Herz polterte wie ein Presslufthammer gegen ihre Brust, sie waren sich nahe - vielleicht eine handbreit voneinander entfernt. Dumpf erkannte Kurai Kakashis Gesicht in der Dunkelheit, er sah ebenso überrascht aus wie sie, aber schien keine Anstalten zu machen wieder aufzustehen. Noch immer lag er gestützt über ihr und beide blickten sich an. Die Sekunden verstrichen und ein sanfter Wind kam auf, umspielte Kakashis graue Haarspitzen und fast wie von dieser Bewegung getrieben beugte sich der Jo-Nin ein kleines Stück zu Kurai hinab, sein sichtbares Auge dabei zur Hälfte schließend. Nervosität schnürte Kurai die Kehle zu, innerlich war es als würde sie fliegen, aber äußerlich war das Mädchen ganz ruhig. Als er ihr näher kam, schloss sie fast automatisch ihre Lider und konnte dem Druck im Innern kaum standhalten. Es war eine quälende, schwarze Sekunde, vielleicht waren es zwei oder drei, wahrscheinlich hatte sie sich jetzt völlig lächerlich gemacht, aber da vernahm sie eine leichte Handbewegung seinerseits und schließlich spürte Kurai seine Lippen auf ihren.

In ihrem Innern explodierte ein Feuerwerk. All ihre Glieder wurden von einem unheimlichen Prickeln erfasst und sie war so aufgeregt, dass sie ein starkes Zittern unterdrücken musste. Ihr Herz und ihr Bauch krampften sich zusammen und sie fühlte noch so viele andere Eindrücke auf einmal, dass sie zu einer kribbelnden Masse verschmolzen, die sie fast wahnsinnig machte. Wie ein Lichtbild kam ihr die Erinnerung in den Sinn, wie er sie beatmet hatte. Es war die selbe Zartheit gewesen wie sie sie jetzt spürte, nur mit dem Unterschied, dass sie es nun erwidern konnte.
 

In Wahrheit mussten nur wenige Sekunden vergangen sein, denn ein zischendes Geräusch zerstörte die Idylle. Es ging zu schnell für Kurais Geist - kaum hatte sie die Augen aufgeschlagen hörte sie das feine Surren und einen erstickten Schmerzenslaut von Kakashi. Dieser hatte von ihr abgelassen und stützte seine Stirn für den Moment gegen ihre Schulter, biss die Zähne zusammen und krümmte sich leicht. Panisch blickte Kurai über Kakashi hinweg und erspähte eine Reihe fein geschliffener Shuriken in seinem Rücken stecken, das Blut quoll aus den Wunden und färbte die Ninjaweste rot.

Ein dumpfes Lachen ertönte, aber noch bevor der nächste Schwall Waffen die Erde durchbohrte, auf der sie lagen, hatte Kakashi Kurai gegriffen und war mit ihr hinweg gesprungen.

Er setzte sie ab und keuchte leise auf. Immernoch völlig perplex erwachte Kurai jetzt endlich aus dieser Starre und zog in hektischen aber vorsichtigen Bewegungen die Wurfsterne aus Kakashis Rücken. Er baute sich vor ihr auf und fixierte böse die Dunkelheit. Er hatte Blöße gezeigt. Das war ihm seit Jahren nicht passiert und dies ärgerte ihn ungemein. Eben hatte er nicht nur sich, sondern auch Kurai damit in Gefahr gebracht.

»Wer zum Teufel bist du?!«, rief Kurai wütend in den Wald und sogleich trat eine dunkle Gestalt aus dem Schatten. Es war ein Mann, in etwa so groß wie Kakashi. Er trug ein Stirnband aus beigem Stoff, welches seine langen braunen Haare zurückhielt und in seiner Hand lag ein Doppelkunai, das er fast in gelassener Ruhe mit den Fingern umspielte.

»Du warst das«, zischte Kakashi, »Du hast die Straße verdunkelt.«

»Sehr richtig«, bestätigte der Ninja und lachte dabei auf, »Ich wollte euch in den Wald locken und das habe ich geschafft.«

»Was willst du?«

»Ich habe meinen Auftrag und den werde ich erledigen«, kam es nur zurück, »Besser gesagt, eigentlich habe ich ihn schon erledigt. Aber ich dachte mir, dass ich ein paar Extrapunkte hole, wenn ich euch beide gleich töte. Immerhin schreit die Chance ja förmlich danach und es wäre doch schade, sie verstreichen zu lassen.«

Er grinste selbstsicher, Kakashi spannte sich an.

»Bleib hinten«, wies er Kurai an und für den Moment war alles so wie früher. Unsicher fixierte sie ihren Meister, noch immer tobte das Gefühlschaos in ihr, doch jetzt überwogen Sorge und Angst.

»A-Aber...«

»Kein Aber«, ein Ton absoluter Endgültigkeit, »Du würdest dich nur verletzen.«

Das stimmte. Ihre Kleidung ließ keinen Kampf zu und Kurai seufzte verärgert, trat zurück. Im Notfall würde sie trotzdem eingreifen.

»Ich weiß zwar nicht, was du damit meinst, dass du deinen Auftrag schon erledigt hast«, begann Kakashi und machte sich bereit loszurennen, »Aber du bist garantiert einer von Shakus Gescherr.«

»Richtig geraten«, meinte das Gegenüber, »Eigentlich bin ich das schon seit einigen Jahren. Konoha hat interessanterweise nie erfahren, dass ihr Verbindungsmann für Kiri-Gakure noch eine etwas andere Verbindung hatte.«

Er lachte gehässig.

»Nun, egal. Jetzt seid ihr dran!«

Und damit attackierte er Kakashi.
 

Die ersten Schläge prallten aufeinander, sie waren in der Dunkelheit schwer zu erkennen. Kurai starrte abwesend auf das Kampfgeschehen. Shaku. Wieder.

Ihre Augenbrauen zogen sich hinab. Nichtmal diesen einen Abend gönnte man ihr, ohne an Shaku erinnert zu werden. Dieser Mistkerl hatte nicht nur den schönsten Moment in ihrem Leben zerstört sondern auch Konoha betrogen und Kakashi verletzt. Vergessen war alles, was eben passiert war, jetzt begann das Ninjaleben von Neuem. Kurai zückte das einzige Kunai, was sie für den Notfall dabei hatte - genau genommen das von Ren, an dem noch der blaue Faden baumelte - und hielt sich bereit. Zumindest verteidigen musste sie sich. Das neue Kunai-Set war für den Moment unbrauchbar, denn es war noch verpackt.

Es klatschte und zwei Fäuste trafen, doch durch die Nacht vermochte Kurai nicht zu sagen wer der Leidtragende war. Waffen klirrten, einzelne Grashalme stoben durch die Luft und Vögel flogen erschrocken und kreischend auf, als die Kontrahenden sich ihnen näherten. Kurai kniff die Augen fest zusammen um mehr sehen zu können und als hätte man ihr einen Wunsch erfüllt wurde der Himmel nach und nach heller. Erklären konnte sie es nicht und so schob sie diese Frage vorerst beiseite. Nun erkannte sie Kakashi und den Feind klar heraus und konnte beobachten, wie der Meister dem Ninja ein Kunai in die Schulter stieß. Er ließ einen gurgelnden Schrei verlauten und konzentrierte für einen Moment sein Chakra. Kakashi und der andere Mann waren kurz voreinander, als dieser ein kraftvolles Gokakyuu in seine Richtung bließ.

»Nein!«, entfuhr es Kurai, als Kakashis Körper in Brand gesetzt wurde und stark lodernd zu Boden fiel. Sofort nahm der Gegner Kurs auf sie, stieß sich am Boden ab und war schon kurz darauf bei ihr. Kurai wich dem ersten Angriff zur Seite aus und brachte sich dann mit einem Rückwärtssalto auf Distanz, wobei sie fast über den Kimono gefallen wäre.

>Verdammtes Teil!<, zischte sie innerlich und erneut raste der Gegner auf sie zu. Kurai hielt ihr Wurfmesser bereit um sich zu verteidigen, aber es war nicht mehr nötig. Wie ein Blitz, der kaum erkennbar war, erschien Kakashi aus dem Gebüsch links von ihnen und durchbohrte den Gegner seitlich mit einem Raikiri. Es war die gleiche Technik, mit der er auch den Arzt getötet hatte - Kurai hatte ihn mal nach dem Namen der Technik gefragt.

Erleichterung machte sich in Kurai breit und sie kam nicht umhin laut zu seufzen. Er hatte die Kunst des Tausches benutzt. Sie hatte es geahnt, doch die Angst war geblieben.

Der Braunhaarige spuckte Blut und sackte auf die Knie. Ein tiefes Loch saß in seinem Bauch und Kurai schaute besser nicht genauer hin. Kakashi schüttelte das Blut von seiner Hand und fixierte den Ninja.

»Was war dein Auftrag?«, fragte er.

»Sag ich nicht«, kam es zurück, »Aber ihr werdet es sehen.«

Obwohl er im Sterben lag, lächelte er triumphierend. Er suchte Kurais Blick.

»Du«, sprach er, »Geh doch mal nach Hause. Da erwartet dich eine kleine Überraschung.«

»W-Was?«, murmelte Kurai verunsichert. Was war damit gemeint?

»Schöne Grüße von Shaku.«

Das waren seine letzten Worte. Er kippte nach hinten weg und blieb regungslos liegen.

Eine kurze Zeit der Stille herrschte. Kakashi sah etwas lädiert aus, die Wunden in seinem Rücken bluteten, aber sonst war er gesund. Hilflos blickte sie in seine Augen. Überraschung?

»Lass uns nachsehen«, meinte er nur und wandte sich mit ihr zum Gehen. Kurai nickte und folgte ihm.
 

Die Nacht war noch heller geworden. Das flaue Gefühl in ihrem Magen verhärtete sich zum Zementklotz, als sie begriff warum: Der Horizont schimmerte orange. Ebenso orange wie im Wald des Todes, als der Turm gebrannt hatte.

Kurais Prognose erwies sich als richtig. Als Kakashi und Kurai an deren Haus ankamen, fanden sie es lichterloh in Flammen vor. Für den Moment realisierte das Fuchsmädchen diesen Umstand gar nicht und auch nicht, dass all ihr Hab und Gut, ihr Geld, ihre Kleidung, ihr Katana und die Fotos ihrer Eltern sich in diesem Gebäude befanden. Kurais Existenz wurde gerade zu Rauch und Asche.

»Das zu löschen bringt nichts mehr«, sagte Kakashi leise, »Es ist schon bis auf die Grundmauern niedergebrannt.«

Erst jetzt fiel der Klumpen in ihre Eingeweide und sie begriff, was gerade geschah. Kurai blickte zu Boden und schluchzte, ballte eine Hand fest zur Faust. Selbst dieser Abend wurde mit einer Tragödie beendet. Für sie war es eine, denn Kurais gesamte Erinnerungen waren soeben für immer verschwunden. Tränen suchten ihren Weg hinab und erstarben im Gras.

»Tut mir leid«, kam es von dem Jo-Nin neben ihr. Vorsichtig legte er einen Arm um ihre Schulter und Kurai drückte ihr Gesicht gegen ihn.

»D-Du kannst nichts dafür...«, murmelte sie und man spürte, dass sie sich zusammenriss. Kakashi drückte sie leicht und spähte mit wütendem Blick in die jetzt langsam verschwindenen Flammen. Dieser Shaku würde irgendwann für das bezahlen, was er getan hatte. Für alles. Dafür würde er sorgen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Vei-Chan
2003-11-11T17:02:49+00:00 11.11.2003 18:02
Das kommt noch, beschwert euch nich, es is langweilig wenn keiner stirbt.
Von: abgemeldet
2003-11-10T20:57:28+00:00 10.11.2003 21:57
Er ist der Bruder! oxO
Also, daraauf bin ich nicht gekommen...
Dass du Haku so einfach umgebracht hast, fand ich sehr unfair von dir! Jetzt musst du aber noch kurz seine Bezihung zu Zabuza erklären *seufz* und wieso Zabuza ein Kiri-Ninja ist, normalerweise müsste er ja einfach nur ein Untergebener Shakus sein.
Bye!
Von:  Vei-Chan
2003-11-10T16:04:20+00:00 10.11.2003 17:04
Wenn jemand am Hals gepackt und hochgehalten wird, ist es klar das keiner sich einmischt, denn sie haben ja Angst er erwürgt ihn.
Von:  Achema
2003-11-10T11:40:54+00:00 10.11.2003 12:40
Cool! Nur etwas seltsam, dass niemand was gemacht hat, als Shaku auf Haku zuging und ihn bedroht hat... hätten die anderen da nicht schon eingreifen können?
Weiter! Sehr schön fand ich, dass Kurai und Zabuza verwandt sind... ^________^
MfG
-Achema


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