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Der Mann ohne Vergangenheit

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Der Mann ohne Vergangenheit

Inu Yasha hörte auf der dreistündigen Rückfahrt ebenso gespannt wie seine Freunde zu, als Sesshoumaru darüber berichtete, wie er seine Eltern – und sie ihn - wiedererkannt hatte und was vor zweihundertfünfzig Jahren passiert war.

Miroku, der fuhr, erzählte dann, wie sie den Bannkreis beseitigt hatten, und, wie sie mit mehr Glück als Verstand den Feuerangriff eines der sieben Krieger überlebt hatten.

Als Letzter war der jüngere Fürstensohn an der Reihe und legte bemüht sachlich dar, wie die sieben Krieger gestorben waren, die Unterhaltung von Ryuukossei und Naraku, dessen persönlichen Unsichtbarkeitsbann – und der Kampf gegen den Drachen. Dabei versuchte er gegenüber seinem Schwertkampflehrer, nun ja, eigentlich Halbbruder, gut dazustehen, zu zeigen, dass er etwas gelernt hatte. Vielleicht würde der sich doch bereit erklären weiter mit ihm zu üben. Er hatte wirklich nichts gegen Sango, aber gegen einen Hundedämon anzutreten, noch dazu mit dieser Stärke, war schon etwas anderes. Und, wenn ihn der Kerl eines Tages umbringen wollte, sollte der zumindest wissen, dass er etwas wert war. Das würde er ihm in den nächsten Jahren demonstrieren. Er war nicht nur ein Halbblut, er war Inu Yasha, etwas wert und vielleicht eines Tages ein mit gewissem Bedauern ermordeter Halbbruder.

Der Mann, der sich Tantei hatte nennen lassen, nickte ein wenig: „Dir ist es also gelungen den Angriff zurückzuwerfen. Eine Rückschlagwelle....“

„Ja. Und ich bin sicher, dass Tessaiga noch einige Überraschungen auf Lager hat. Dieser dämliche Toutousai verrät einem ja nichts. Woher wusstest du eigentlich, was Tenseiga kann?“

„Vater. Er ging mit mir zu Toutosai und wir holten Tenseiga. - Warum sollte ich Naraku töten?“

Seltsamerweise verstanden sie sich auch ohne große Erklärungen: „Vater setzt sein Schwert so gut wie nie ein. Er sagt immer, dass es schwer zu kontrollieren sei und jeder neue Tote es stärker macht. Ich glaube seit den Schlachten vor vierhundert Jahren hat er es nie wieder richtig benutzt.“ Der Jüngere sah seitwärts: „Und außerdem...er dachte wohl, das sei deine Beute.“

Ja, das mochte stimmen. Immerhin hatte der Taishou, Vater, gewusst, dass er jahrhundertelang nach diesem Mann gesucht hatte. „Jedenfalls hast du dich im Schwertkampf verbessert.“

Inu Yasha entkam ein Grinsen: „Ich hatte einen guten Lehrer, einen Typen namens Tantei...“

Sesshoumaru nickte erneut, ohne erkennen zu geben, dass ihn das offene Lob freute. Schließlich war die Ehre eines Schülers auch immer die des Lehrers.
 

Nachdem alle dem Fürsten Bericht erstattet hatten, eilte der Halbdämon in sein Palais, sicher, dass Kagome auf ihn wartete. Tatsächlich saß sie blass und abgespannt in seinem Wohnzimmer und sprang auf, als sie ihn sah:

„Ist alles gut gegangen. Was bin ich froh! Sango und Miroku...?“

„Sie sind auch in Ordnung, ja. Wir mussten nur gerade noch Vater erzählen, was passiert war.“ Er legte die Hände auf ihre Schultern: „Und, wenn du es auch hören willst, solltest du dich wieder hinsetzen.“

„Oh, ja. Ich habe mir solche Sorgen gemacht. Und, so wie du aussiehst...das viele Blut....“ Aber sie gehorchte: „Du weißt inzwischen, dass Tantei....?“

„Ja, ich meine, ich wusste schon vorher, dass er Sesshoumaru heißt, aber ich dachte eigentlich, es sei Zufall.“ Er zog sich das Oberteil und das Hemd ab. Es stimmte schon, da war alles blutverschmiert, auch, wenn sein Körper selbst bereits wieder fast abgeheilt war. Das war noch schneller als sonst gegangen und er war nicht sicher, ob da nicht auch Tenseigas kleine Wunderwirkung mit eine Rolle spielte: „Also, die sieben Krieger sind tot....“ Er ließ sich neben sie auf die Couch sinken und erzählte.

Als er geendet hatte, sah er in seine Arme. Kagome hatte sich an ihn geschmiegt, anscheinend, ohne darauf zu achten, dass er kein Hemd trug, und andächtig zugehört, ohne ein Wort zu verlieren. Das überraschte ihn ein wenig, hatte er doch damit gerechnet, dass sie ihn tadeln würde, sich auf ein Duell mit Ryuukossei eingelassen zu haben. So fragte er, nicht so nüchtern, wie er es gern gehabt hätte, aber ihr Geruch so nahe bei sich, ihr Körper in seinen Armen... „Ich musste ihn einfach aufhalten, das verstehst du?“

„Ja, irgendwie war es mir klar. Darum habe ich mich ja auch so beeilt, Und der Polizist war sehr nett. Ich bin froh, dass dir nichts passiert ist. Natürlich auch Sango oder Miroku,“ ergänzte sie hastig: „Und irgendwie ist es auch schön, dass dein Vater...ich meine, dass der Fürst jetzt einen Thronfolger hat, endlich seinen verlorenen Sohn wieder hat. Wir wissen ja alle, dass er darunter gelitten hat.“

„Ja. - Du, Kagome?“

„Ja?“ Sie sah zu ihm auf, ohne ihren Platz an seiner Brust zu verlassen. Sie war müde und er war so warm und weich und die Arme um sie so angenehm. Und noch vor Tagen, gar Wochen, hätte sie nie geglaubt, dass es möglich wäre, dass der Fürstensohn ein Menschenmädchen so halten könnte.

„Das hast du toll gemacht.“

„Was?“

„Na, Vater zu informieren.“

„Musste ich ja...ich dachte dauernd an dich und hoffte nur, dass du dich nicht gegen die sieben Krieger plus einige Drachen stellst.“

„Du hast dir große Sorgen gemacht, hm?“

„Ja, du Dummkopf. Irgendwie hänge ich an dir.“

„Das ist...toll...“ brachte er auf irgendeine Weise noch hervor, ehe er den Kopf neigte und zum ersten Mal in seinem Leben ein Mädchen küsste, unsicher ob sie ihm nicht eine Ohrfeige verpassen würde, oder wie er das überhaupt angehen sollte. Aber da sie die Arme um seinen Hals legte, war es wohl in Ordnung und so dachte er auch nicht weiter mehr nach.
 

Als Kagome viel später gegangen war, träumte Inu Yasha noch lange vor sich hin, selige Erinnerungen, aus denen er erst aufschreckte, als er hörte, dass Tantei, dass Sesshoumaru in seinem Zimmer war – anscheinend sollte der zumindest noch die paar Wochen bis zum Staatsempfang seine Deckung wahren. Da bot sich die spontane Gelegenheit für ein mehr oder weniger brüderliches Gespräch. Genauer, er wollte einfach wissen, ob er es mit Tantei oder Sesshoumaru in Zukunft zu tun hatte – oder, am ärgsten, mit beiden. So oder so war es besser, seinem Schicksal entgegenzutreten, sich nicht zu verstecken, das hatte ihm das Duell mit dem Drachenprinzen bewiesen.

Folglich ging er ohne weiter nachzudenken hinüber und klopfte höflich.

„Komm rein.“ Der Hundedämon stand am Fenster, drehte sich jedoch um: „Frage.“ Was sonst sollte den Jungen mitten in der Nacht in sein Zimmer treiben.

Woher wusste der, dass er ihn was fragen wollte? Der Jüngere schloss die Tür und atmete tief durch. Ja, er fühlte sich mies – aber, das war wohl nur zu verständlich. Wer hörte schon gern sein eigenes Todesurteil? Und, wie fragte man danach? Er betrachtete sein Gegenüber als würde er ihn zum ersten Mal sehen, dachte an die Szene in Akumu, als diese gesamte Gang zurückgewichen war, als sie seinen Halbbruder auch nur erkannten, an den Wächter....Das war mit Sicherheit nach Vater der gefährlichste Typ, der im Westen herumlief – und wohl auch in einigen andern Fürstentümern: „Tantei sagte zu mir, dass ein neuer Fürst in jedem Fall mich umbringen würde und ich daher nach Akumu fliehen sollte, falls Vater...wenn Vater tot ist. Akumu kann ich ja jetzt wohl streichen.“

„Ja.“

Das war so nüchtern, so sachlich....Für einen Moment wünschte sich Inu Yasha fast verzweifelt wieder Ryuukossei gegenüber zu stehen. Da könnte er sich wehren. Aber er stellte sich aufrecht hin und sah in das Gesicht seines neu gefundenen Bruders: „Gut, das zu wissen. Ich möchte dich nur um eines bitten, Sesshoumaru: mach es selbst.“

Dieser stutzte, begriff dann erst den Gedankengang. Der Junge hatte Courage, wahrhaftig: „Du hast die Lektionen, die dir Tantei gab, wirklich verstanden. Aber es hat sich etwas geändert.“

„Ach, und was? Hast du nicht gesagt, es wäre essentiell für jeden neuen Fürsten mich umzubringen, weil sich Verschwörer oder so was hinter mir verstecken könnten, Halbblut hin oder her?“

„In der Tat. Und das wäre so bei jedem – außer mir.“

„Schön, jetzt hast du mich mal wieder überrascht.“

„Jeder neue Fürst, sagte ich, und das stimmt. Jeder müsste zusehen, dass das Blut des verstorbenen Fürsten, Vaters Blut, von der Erde verschwindet. Nur: ich nicht. Ich bin sein Sohn, sein vollblütiger, ältester Sohn. Keine Verschwörung gegen mich, die sich hinter dir verstecken kann.“ Er spürte die Wärme, die in ihm aufstieg. Vater, Mutter – er hatte Eltern, er hatte einen mutigen, unerfahrenen kleinen Halbblutbruder, dem er noch eine Menge beibringen konnte und schlussendlich auch wollte. In den vergangenen Wochen hatte er gesehen, was da in dem steckte. Loyalität gegenüber Familienmitgliedern, Tapferkeit und anderes. Nicht einmal gegenüber sich selbst hätte er zugegeben, dass er auch die Einsamkeit gesehen hatte, den Stolz sich allein gegen die feindliche Umwelt zu stellen, die Ähnlichkeit mit seiner eigenen Kindheit in Akumu. Hm. Wie lief der denn eigentlich herum?

Inu Yasha atmete tief durch. Es stand für ihn außer Zweifel, dass der Hundedämon nie lügen würde. Nein. Das war die Zusage ihn am Leben zu lassen, falls er nicht wirklich Hochverrat beging. Aber – warum musterte ihn sein großer Bruder so eigenartig? Er spürte, wie er langsam errötete, als ihm klar wurde, dass er nur mit seiner Hose bekleidet war – und vermutlich der Duft von Kagome noch mehr als deutlich an ihm hing. Er war so in Gedanken versunken gewesen, hatte dann seine spontane Entscheidung getroffen herzukommen, dass er vergessen hatte sich ein T-Shirt oder etwas anderes überzuziehen oder gar zu duschen. Mehr um davon abzulenken fragte er: „Dann können wir morgen trainieren? Heute ist das ja irgendwie ausgefallen.....“

„Man sollte annehmen, dass du heute gegen Ryuukossei genügend gekämpft hast.“ Aber Sesshoumaru gab zu, dass ihm dieser Kampfeifer gefiel, schon gefallen hatte, seit er den Halbdämon kannte. Und kaum mehr Kratzer auf dessen Oberkörper verrieten das mörderische Duell. Selbstheilungskräfte besaß der Junge in der Tat. „Falls ich keinen anderen Befehl erhalte – morgen um acht auf dem Kampfplatz.“ Wie sich der freute....

„Ich werde da sein,“ versprach Inu Yasha auch nur: „Dann bis morgen.“ Er ging weitaus erleichterter als er den Raum betreten hatte, ja, überzeugt, dass das der Beginn einer wunderbaren Freundschaft werden konnte.
 

Der Fürst saß lange in seinem Arbeitszimmer und dachte nach, ehe er mit eigener Hand den Brief an Fürst Tsubasa schrieb, ihm den Tod seines jüngsten Sohnes mitteilte, die Umstände, die dazu geführt hatten. Der Herr der Drachen wäre kaum entzückt, aber er war vernünftig genug, um zu wissen, dass Ryuukossei gegen die elementarsten Regeln des Friedensvertrages verstoßen hatte, und keinen Rachefeldzug zu starten. Andererseits wusste er selbst nur zu gut wie es sich anfühlte einen Sohn zu verlieren. Allerdings nun auch ihn wiederzubekommen, was Tsubasa versagt bleiben würde.
 

Kaum zwei Wochen nach diesen Ereignissen fand ein Staatsempfang statt, zu dem nicht nur die Botschafter der anderen Fürstentümer und die wichtigsten Männer und Frauen der Menschen und Dämonen des Westens geladen waren, sondern auch Inu Yasha. Es gab durchaus Gemurmel, als der Halbdämon sich auf den ihm zugewiesenen Platz in der ersten Reihe niederließ, aber da alle gehört hatten, heute solle der Thronfolger vorgestellt werden, nahmen sie an, dass es darum sei. Der Bastard sollte wohl wissen, wer ihm vorgezogen wurde – eine subtile Art ihm zu zeigen, wo sein Platz war.

Inu Yasha hätte es ihnen erklären können, aber er freute sich zu sehr auf die dummen Gesichter später. Für diese Leute alle gab es nur Tantei, einen Hundedämon, der dazu verdonnert worden war sein Kampflehrer zu sein – niemand ahnte bislang etwas. Nur Myouga und Chinou wussten es, natürlich auch seine menschlichen Lehrer. Sonst hatte Vater ausdrücklich Stillschweigen verlangt, nicht zuletzt, damit der Geheimdienst auch unter den anderen Beratern noch suchen konnte, wer sich Hoffnungen auf die Nachfolge machte. Chinou, der wahrlich bislang nicht durch Freundlichkeit gegenüber ihm als Bastard aufgefallen war, überschlug sich dagegen förmlich gegenüber Sesshoumaru. Heuchler, dachte der Halbdämon – aber der Mann, der sich Tantei hatte nennen lassen, kam aus einer Gegend, in der man auf so etwas nicht hereinfallen sollte, wollte man am Leben bleiben. Immerhin hatte das den Nebeneffekt, dass der Berater, der durchaus aufmerksam die neue Lage beobachtete, sich nun ihm gegenüber zurückhielt. Sesshoumaru trainierte jeden zweiten Tag mit seinem Halbbruder, wenn auch oft nur kurz, aber er tat es – und Chinou war ein zu erfahrener Höfling, um sich nicht anzupassen, dem Bastard zumindest in Gegenwart des Thronfolgers höflich zu begegnen. In Anwesenheit des Fürsten natürlich sowieso.

Der Junge neigte ebenso wie alle anderen den Kopf, als ein dumpfer Gongschlag die Ankunft des Inu no Taishou verriet. Dieser kam allein, blieb kurz vor seinem Hocker stehen und musterte die Menge, die hinten aufgestellten Fernsehkameras, die am Rand wartenden Fotografen, denen eine erstklassige Gelegenheit versprochen worden war.
 

„Ich freue mich, dass Sie alle so zahlreich meiner Einladung gefolgt sind,“ sagte der Fürst langsam: „Es gibt diverse Neuigkeiten. Wie einigen ohne Zweifel bereits aufgefallen ist, habe ich einen Berater weniger. Naraku wollte mich betrügen und ist nun tot.“ Ein Raunen ging durch die Anwesenden, aber niemand war wirklich überrascht. Der Herr hatte während des Großen Krieges und auch später stets schonungslos zugeschlagen, wenn jemand gegen seine Interessen handelte. Manche hätten Naraku für klüger gehalten, aber nun ja... Der Inu no Taishou wartete einen Moment, bis Schweigen herrschte, ehe er fortfuhr: „Und ich möchte Sie bitten, mit mir zusammen eine Dame zu begrüßen. Nach langer, schwerer Krankheit endlich genesen und die Zierde des heutigen Abends...Begrüßen Sie die Schönheit und Perfektion meiner Fürstin...“ Er streckte die Hand aus. Für einen winzigen Augenblick dachte er schmerzhaft an eine andere Frau, der eine solche Begrüßung stets versagt worden war, und ohne die heute die Familie nicht vollständig war. Aber er war zu nüchtern, um nicht von jeher gewusst zu haben, dass Izayoi ihn nur ein kurzes Stück auf seinem Weg begleiten könnte. Menschen waren flüchtige Momente in dem langen Leben eines Dämons.

Während die Dame scheinbar ungerührt von der Tür zu ihm schritt, bemerkte sie sehr wohl das hastige Tuscheln und Flüstern, die Überraschung praktisch aller Anwesenden. Und natürlich das unvermeidliche Blitzlichtgewitter. Etwas, das sie von ihren letzten öffentlichen Auftritten vor zweihundertfünfzig Jahren nicht kannte, auf das sie jedoch vorbereitet worden war. Die letzten Wochen hatte sie mit Lernen zugebracht, um auf den heutigen Stand zu kommen, weder ihren Gemahl noch gar ihren wiedergeschenkten Einzigen in eine peinliche Lage zu bringen. Sie wollte nie wieder ihre Pflicht zugunsten ihrer Bequemlichkeit versäumen. Zu teuer hatte sie für ihren Wunsch nach Abgeschiedenheit bezahlt. Und die öffentliche Begrüßung durch den Fürsten war mehr als höfisch-korrekt – das war mehr, als sie je erwartet hätte, nicht, nachdem sie von seiner intensiven, langjährigen Liaison mit Izayoi gehört hatte, der Mutter seines zweiten Sohnes. Seltsamerweise hatte es dennoch ihren Stolz befriedigt zu hören, dass sie von keiner anderen Dämonin ersetzt worden war, sondern von einem Wesen, das für einen Moment seine Bedürfnisse befriedigt hatte, aber nie von Dauer war. Sie sollte ihm zeigen dass sie das auch zu schätzen wusste. Sie würde nie vergessen, was er getan hatte, dass er ihr eine zweite Chance, ein zweites Leben, gegeben hatte. Alles, was sie erwidern konnte, war, fürderhin nicht mehr auf sich zu sehen sondern für ihn zu leben, für ihn, und ihren Sohn – und ja, auch für den Jüngsten, den sowohl ihr Taishou als auch ihr Einziger sehr zu schätzen schienen. Sie würde auf die Drei aufpassen, sie beschützen, so gut sie es eben vermochte. Und ER sah sie so an....Daher verneigte sie sich nicht zeremoniell, sondern ging demonstrativ höflich vor ihm in die Knie.

Der Inu no Taishou bot ihr galant die Hand, um ihr beim Aufstehen in dem schweren Kimono zu helfen, ehe er Platz nahm und sie sich rechts hinter seinen Hocker stellte. Als wieder Schweigen eingetreten war, fuhr er fort: „Und nun, meine Damen und Herren, möchte ich Ihnen meinen Thronfolger vorstellen. Nach langer Abwesenheit wieder am Hofe: begrüßen Sie mit mir und meiner Fürstin unseren Sohn Sesshoumaru.“

Für einen langen Augenblick hätte nicht nur ein Dämon eine Stecknadel fallen gehört. Jeder wusste doch, dass der Sohn tot war, vor Jahrhunderten gestorben, ja, es hatte sogar Gerüchte gegeben, dass die Fürstin ihn umgebracht hätte....Aber dann wäre sie doch kaum so ehrenhaft wieder aufgenommen worden? Und der junge Dämon, der soeben den Saal betrat – das war doch Tantei, der Schwertlehrer? Einige erkannten ihn. Allerdings trug er nun nicht nur das bisherige weiß-rote Gewand mit einer weißen Schleife, sondern mit einer blau-gelben, sichereres Zeichen, dass er zu der Fürstenfamilie gehörte. Überdies schlang sich um eine Schulter eine weiße Boa, auch dies ein Rangabzeichen der Hundedämonen, das sicher niemand unrechtmäßig tragen durfte. Er verneigte sich tief vor seinem Vater, dann deutlich weniger vor seiner Mutter, ehe er sich vor ihr, rechts zu Füßen des Fürsten auf das Podest kniete. Es war eine deutliche, altmodische Darbietung der Familie und ihres Zusammenhaltes, erwünscht und bedacht gezeigt.

„Ehe nun die Fotografen und Medien zu ihrem Recht kommen,“ ergänzte der Fürst: „Soll auch die Familie vollständig sein. Komm, Inu Yasha.“

Der Halbdämon, der vorgewarnt worden war, stand auf. Wie es sein großer Bruder vorgemacht hatte, verneigte er sich vor dem Fürsten, dann dessen Gemahlin – und ein drittes Mal vor dem Thronfolger. Beiden Halbbrüdern fiel es in diesem Moment schwer nicht amüsiert zu sein, aber keiner wollte ihren Vater unter den Augen der Öffentlichkeit und in einem solch wichtigen Moment das Gesicht verlieren lassen. Wie es ihm gesagt worden war, setzte sich Inu Yasha links zu Füßen seines Vaters.

Und dann kamen die Fotografen.

Für die empfindlichen Augen und Ohren der Hundedämonen und auch des Halbblüters war es eine harte Prüfung, aber ihnen war klar, dass das eben der Preis war, der für die Macht zu zahlen war – für die des Inu no Taishou und die künftige Sesshoumarus. Niemand würde nun an dessen Rolle als Thronfolger zweifeln können.

Inu Yasha suchte in der dicht gedrängten Menge seine Freunde, aber drei Menschen waren nur zu leicht zu übersehen, wenn Blitzlichter und strahlende Fernsehlampen einen blendeten. Na, egal. Sie würden auf ihn warten, vor allem Kagome. Sie würde immer auf ihn warten, das hatte sie ihm versprochen. Er freute sich darauf, sie wieder in den Arm nehmen zu können. Und, das plante er ganz fest sofort nach diesem dämlichen Empfang – sie hatte ihm versprochen dann etwas über Negligees zu erzählen. Er hatte keine Ahnung, warum sie dabei so niedlich rot geworden war, dass er sie küssen musste, aber es klang irgendwie....verheißungsvoll.
 

Am folgenden Tag bereits erhielt der nunmehrige Erbprinz eigene Räume im eigentlichen Schloss, ein Arbeitszimmer und private Gemächer. Aus gutem Grund gestattete der Fürst seinem Ältesten sich seine Mitarbeiter selbst aussuchen zu dürfen, nicht überrascht, dass ein Krötendämon und ein junges Menschenmädchen mit einem Laptop unter dem Arm den Vorzug erhielten. Sesshoumaru wusste das durchaus zu schätzen. Es gab viel, von dem er noch keine Ahnung hatte, aber so hatte er wenigstens Rin bei sich, Jaken, die ihn gut genug kannten um ihm nicht zu lästig zu fallen. Überdies hatte er mit dem Krötendämon noch immer Zugriff auf dessen Organisation und Wissen.

Sein Arbeitspensum war recht vollgepackt, wie er unverzüglich feststellen durfte, als er seine Räume bezogen hatte. Dennoch las er seinen ersten Arbeitspunkt des Tages mit etwas wie Amüsement: Training mit Inu Yasha. Nicht lange, aber doch jeden Tag. Vater sah es wohl gern, dass er dem Kleinen etwas beibrachte. Danach lautete die nächste Aufgabe: Besprechung mit dem Fürsten. Jeden Tag würde er seinen Vater sehen, mit ihm sprechen können, wohl später am Abend mit seiner Mutter. Er hatte sein Ziel erreicht, mehr als das, nicht nur Rache.

Er nahm Tokejin aus dem Ständer. Inu Yasha wartete sicher schon auf ihn.

Er wusste, dass sein Vater in ihm die Zukunft des Westens sah, Vater und auch alle anderen, Dämonen und Menschen. Er besaß keine Vergangenheit – nur eine Zukunft. Und wer konnte das schon von sich behaupten?


Nachwort zu diesem Kapitel:
Das war es nach schon wieder 21 Wochen mit dieser Geschichte.
Nächste Woche beginnt ein Krimi um den jugendlichen Shesshoumaru, in dem es diesmal nicht nur um einen Mord geht, sondern sich auch die Frage stellt: wie reagiert ein Sechzehnjähiger, der sich fast für allmächtig hält, wenn er mit einer Bestrafung umgehen mus: Auf den Hund gekommen.


bye

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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von:  Kerstin-san
2018-02-03T15:23:44+00:00 03.02.2018 16:23
Hallo,
 
schön zu sehen, dass sich die beiden auch als Brüder verstehen und sich so langsam in die neue Situation einfinden. Irgendwie herzig, dass sie sich so respektieren und Inuyasha immer noch ganz wild aufs Schwerttraining mit Sesshoumaru ist.
 
Die Szene zwischen Kagome und Inyuasha fand ich zuckersüß und das will was heißen, weil ich Kagome nicht sonderlich leiden kann, aber in deiner FF fand ich sie echt in Ordnung.
 
Generell ist der Epilog echt sehr rosarot, aber selbst das stört mich nicht. Einfach ein schönes, rundes Happy End für die gesamte Hundefamilie. Nur Kaguras Tod schmerzt mich ein wenig. Einfach so zu verlöschen, wenn Naraku stirbt ist hart...
 
Was mir noch auffiel: Ich hab den Titel der FF ganz am Anfang auf Sesshoumaru bezogen, dann in der Mitte gedacht, dass der auch wahnsinnig gut zu Naraku passen würde und jetzt im Epilog denkt Sesshoumaru von sich selbst, dass er ein Mann ohne Vergangenheit ist. Hm, da würde ich ihm aber widersprechen, weil er doch gerade jetzt weiß, wie seine Kindheit vor Akumu war und auch sein Leben in Akamu ein Teil seiner Vergangenheit ist.
 
Liebe Grüße
Kerstin
Antwort von:  Hotepneith
03.02.2018 16:50
Du lieber Himmel, warst du fleisisig! Vielen Dank, für den Samstagnachmittag.

Wo fange ich da an? Am besten beim Ende.
Der Mann ohne Vergangenheit bezieht sich im Doppelsinn auf Sesshoumaru und Naraku, der ine, der ja zunächst tatsächlich keine hat, und der Andere, dem keine nachgewiesen werden kann.

Die Familienzusammenführung kam allen etwas zu schnell, ich habe daraus gelernt ( ist ja doch schon einige Jährchen her, dass ich das hier schrieb und Emotionen haben mir noch nei so gut gelegen...)

Kagura und Hakudoshi mussten sozusagen per Canon sterben - ja, ich gebe zu, dass hier einiges anders ist, abe,naja. Vielelicht mache ich es mal gut.
Kagome - mit der habe ich auch immer meine lieben Probleme, da ich sie als recht zickig empfinde. Ich habe in einer anderen Geschichte mal versucht mich ihr mehr anzunähern, aber ich fürchte, die reinen Brüdersachen liegen mir mehr als sie.

Nochmals vielen Dank für das langwierige und sehr gründliche Lesen einer doch schon älteren Geschichte.


Schöns Wochenende
hotep
Von:  Minerva_Noctua
2015-10-23T11:20:14+00:00 23.10.2015 13:20
Das war eine sehr schöne Geschichte.
Es hat mir großen Spaß bereitet diese Geschichte zu lesen.
Vor allem die ersten Kapitel haben mich mitgerissen.
Shippou und Kirara haben mir ehrlich gesagt nicht gefehlt.
Haben die Shichinintai wirklich alle Drachen außer Ryukossei getötet? Ich dachte es wären mehr als drei gewesen^^°
Es ist natürlich schade, dass die Geschichte nun beendet ist, aber es war ein gelungener Abschluss.
Spätestens zum nächsten Krimi bin ich wieder da, allerdings könnte es sein, dass ich mir auch demnächst die nächste Brüdergeschichte zu Gemüte führe:)
Schöne Restwoche!

Liebe Grüße,

Minerva

Antwort von:  Hotepneith
23.10.2015 16:19
Tapfere Minerva!
Alle Kapitel kommentiert, vielen Dank.
Ja, es waren fünf Drachen - zwei haben die Krieger erledigt. Ich konnte sie ja nicht ohne löbliche Gegenwehr abservieren - dazu sind sie zu erfolgreich gewesen.

Liebe Grüße nach Nordost...

hotep
Von: -Suhani-
2014-02-12T22:00:57+00:00 12.02.2014 23:00
Ein schöner Abschluss für eine schöne Geschichte. Die Familie ist wirklich eine Familie, jeder hat seinen Platz. Ich liebe Happy Ends. Ja, liebe. Nicht mag. Liebe. (Rate welcher Film hier läuft ^^).
Inu Yasha ist echt süß, weiß nicht, was ein Negligee ist. Hach ja, meiner kennt sogar den Unterschied zwischen Korsett und Korsage. Und zwar nicht von mir. ^__^
Irgendwie schade, dass es schon vorbei ist. Eigentlich könnte doch jemand die Nachfolge von Naraku antreten. Ein geheimer Schüler, der jetzt Rache nehmen will oder so. Oder du schreibst noch mal etwas ähnliches, das nicht in der Neuzeit spielt. :)
lg
Hani
Von:  Nasuarda
2014-02-05T20:12:59+00:00 05.02.2014 21:12
Gute Geschichte, gutes Ende. Ich lese es gern, wie du deine Geschichten Ausklingen läßt.Ich sauge die Handlungen förmlich auf. Wo kriegst du nur immer deine Ideen her?
Auf den Krimi freue ich mich besonders (Krimi Fan)
Antwort von:  Hotepneith
05.02.2014 22:48
Danke für das Lob.

Meine Ideen...schwer zu sagen, oft aus Musiken, die ich höre, manchmal ein Satz nur.

bye

hotep
Von:  Mimiteh
2014-02-05T14:52:30+00:00 05.02.2014 15:52
Ja, ich kann mich nur anschließen. Das Abschlusskapitel war wie gewohnt sehr aussagekräftig und wirklich, wirklich schön zusammengestellt. Es ist total schön, mal ein logisches, entspanntes Brüderverhältnis zwischen InuYasha und Sess zu erleben und deine Art des etwas gesetzteren Charakters bei InuYasha, die du oft nutzt, passt hervorragend dazu.
Jetzt sind sie eine Familie - und alle, wirklich alle denken auch so. Papi sowieso, aber auch die Fürstin, die ohne größere Probleme InuYasha akzeptiert hat und dann Sess, der InuYasha wahrlich schätzen gelernt hat.
Rin und Jaken, besonders bei letzterem muss ich zum Schluss einfach nochmal sagen, dass es mir sehr gefallen hat, auch ihn mal in einer anderen Art und Weise zu erleben, in einer Rolle, in der er hilfreich ist und nicht nur nervt.
Alles in allem, großes Lob. Das hier ist einwandfrei eine meiner Lieblingsgeschichten von dir!
Antwort von:  Hotepneith
05.02.2014 22:46
Danke, ja, du hast recht. Ich wollte dem armen Jaken mal eine gewisse Rehabilitation zukommen lassen. Immerhin ist er in der Originalgeschichte mal der König eines Volkes gewesen, der Kriegsführer, ehe er Sesshoumaru folgte...


bye

hotep
Von:  Lyrael_White
2014-02-05T10:10:14+00:00 05.02.2014 11:10
Das Kapitel ist ein sehr gelungener Abschluss der Geschichte.
Niedlich wie Inu Yasha und Kagome sich annähern und auch das Gespräch zwischen Sesshomaru und Inu Yasha finde ich gut.

Vielen Dank für die super Unterhaltung und ich freue mich auf den Krimi (auch wenn ich ihn wohl eher zur Unterhaltung als zum mit raten lesen werden da ich recht schlecht darin bin)
Antwort von:  Hotepneith
05.02.2014 22:47
Danke.
Der nächste Krimi ist auch mehr zur Unterhaltung gedacht....
Ich fürchte, was passiert ist, weiss jeder nach dem dritten Kapitel, aber ich wollte eben einmal einen Teenie an seine Grenzen bringen


bye

hotep


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