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Sorry, I'm Late!

...Seven Years...
von

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F... you too!

Wandern. Der ganze Jahrgang. Was haben die Lehrer sich dabei nur gedacht?

Wir stehen vor unserem Bus, in dem zwei Klassen Platz gefunden haben und warten auf die Nachzügler. Es herrscht jetzt schon Chaos und ich habe keine Ahnung, wie unsere Lehrer da noch die Übersicht behalten wollen. Elena und Calvin sind auch schon da. Ich habe noch nicht mit ihnen geredet. Ich bin immer noch wütend auf Elena und Calvin leider auf mich.

„Also gut, da wir eine gerade Anzahl haben, könnt ihr euch schon mal in vierer Gruppen aufteilen!“, ruft meine Klassenlehrerin uns zu und nur zögerlich bilden sich die ersten Gruppen. Sehnsüchtig sehe ich zu ihnen und habe keine Ahnung zu wessen Gruppe ich mich gesellen soll. Jemand zieht leicht an meinem Ärmel und so drehe ich mich überrascht um. Es ist das Mädchen, das ich schon an meinem ersten Schultag mehr oder weniger kennengelernt habe, immerhin habe ich ihren Tisch gerammt, als mich dieser Idiot geschubst hat.

„Bist du schon in einer Gruppe?“, fragt sie mich lächelnd. Ich schüttele nur mit dem Kopf und betrachte sie nun eingehender. Vorher ist sie mir ja gar nicht richtig aufgefallen. Sie ist beinahe so groß wie ich und hat dunkle braune Haare, braune Augen und ihre Figur kann sich auch sehen lassen. Vielleicht hätte ich mich an sie ranschmeißen sollen, statt an Maria?

„Wie heißt du eigentlich?“, frage ich sie interessiert. Vielleicht habe ich ja Glück und finde in ihr meine erste Freundin? Sie scheint ja recht bodenständig zu sein und ist auch ganz nett, obwohl wir noch nicht allzu viel miteinander gesprochen haben.

„Alea Böhm. Versuch es gar nicht erst!“, meint sie und sieht mich wissend an. Erschrocken gehe ich einen Schritt zurück. Habe ich etwa laut gedacht? Nein, das nicht, aber woher weiß sie es dann?

„Tu nicht so, du hast mich eben genau gemustert. Und nur zu deiner Info, ich stehe nicht auf Jungs!“, erklärt sie mir lächelnd und klopft mir auf die Schulter. „Jetzt schau doch nicht so deprimiert. Es gibt sicher noch das ein oder andere hübsche Mädchen, dass dir hier über den Weg läuft.“

Deprimiert bin ich wirklich. Immerhin scheint sie eines der wenigen Mädchen in meiner Klasse zu sein, die derzeit Single ist und dann muss sie auch noch lesbisch sein. Wie soll ich denn da noch jemanden finden, wenn ich noch nicht mal den Ansatz einer Chance habe, ein nettes Mädchen kennen zu lernen?

„Oliver! Bist du schon in einer Gruppe?“, fragt mich jemand und als ich mich umdrehe steht Elena vor mir. Sie sieht mich ein wenig schuldbewusst an und irgendwie kann ich ihr nicht mehr lange böse sein. Okay, ich bin noch ein wenig wütend auf sie, aber im Grunde genommen scheint sie ihren Fehler ja eingesehen zu haben, glaube ich zumindest.

„Ja, das ist Alea!“, stelle ich die beiden Mädchen kurz einander vor. „Meine Sandkastenfreundin Elena.“ Die beiden Mädchen mustern sich und irgendwie komme ich mir dabei vor, als wäre ich ein Ringrichter und gleich würden sie sich aufeinander stürzen.

Um mich abzulenken suche ich nach unserem letzten Glied in der Gruppe und ein leichtes Lächeln schleicht sich auf meine Lippen. Ich gehe zum Bus und greife einfach nach Calvins Hand, der noch immer am Bus gelehnt steht und scheinbar nicht vor hat, irgendeiner Gruppe beizutreten. Calvin sieht auf und noch ehe er etwas einwenden kann, schleife ich ihn hinter mir her.

„Mädels! Unser Trupp ist vollständig!“, rufe ich ihnen zufrieden zu und umfasse Calvins Hand etwas fester, damit er mir nicht abhauen kann. Ich sehe kurz zu ihm und werde von seinen Blicken erdolcht. Na ja, wenigstens von vorne als von hinten.

Elena und Alea scheinen darüber ebenfalls nicht sonderlich froh zu sein. Bei Elena kann ich es verstehen, sie hat immer noch einen regelrechten Hass auf Calvin, auch wenn ich es kindisch finde, wie sie sich benimmt. Bei Alea weiß ich es nicht so recht. Sie scheint Elena nicht zu mögen, aber warum wohl?

„Okay, ihr könnt jetzt losgehen und euch umsehen, in zwei Stunden treffen wir uns wieder hier!“, meint meine Lehrerin, nachdem alle Gruppen eine Karte bekommen haben.

Schnitzeljagd für Looser, Hallelujah...

Alea und Elena gehen in einigem Abstand hinter uns her, während ich Calvin mit mir schleife. Schleifen ist auch das richtige Wort, denn er weigert sich mit uns zu gehen und so bleibt mir nun mal nichts anderes übrig als ihn mit roher Gewalt zu seinem Glück zu zwingen. Außerdem will ich ihn in meiner Näher haben, falls er noch mal in das Visier dieser Trottel gerät und gemobbt wird. Im Gegensatz zu Elena würde ich ihn nämlich beschützen.

Na und? Was ist so schlimm daran, wenn er schwul ist? Das macht ihn auch nicht zu einem anderen Menschen! Er ist immer noch derselbe, auch wenn sein Charakter sich in den letzten Jahren geändert hat. Das macht ihn noch lange nicht zu einem Aussätzigen, auch wenn Elena ihn so behandelt. Wieso kann sie ihn nicht so akzeptieren wie er ist?

Mir liegt die Frage schon einige Zeit auf der Zunge, aber ich wage es nicht, sie mal danach zu fragen. Ehrlich gesagt, habe ich auch keine Lust darauf eine pampige Antwort zu bekommen. Vielleicht will sie es mir ja auch gar nicht sagen?

Wir gehen also alle ziemlich schweigsam durch einen Wald voller Bäume und Insekten. Da wäre mir normaler Unterricht wesentlich lieber. Okay, auch nicht unbedingt, aber ich sehe einfach keinen Sinn durch die Botanik zu laufen, um wie ein Idiot nach irgendwelchen Hinweisen zu suchen! Wenn ich etwas lernen will, kann ich mir auch ein Buch kaufen und etwas darüber lesen. Stattdessen müssen wir jetzt Ausschau nach irgendwelchen Blättern halten, die für mich alle gleich aussehen!

Dafür habe ich weniger Schwierigkeiten durch den Wald zu laufen. Ich bin ständig an der frischen Luft und dementsprechend durch meine Hobbies ziemlich gut in Kondition. Meine Gruppenkameraden haben da zurzeit eher ihre Probleme mit mir mitzuhalten, weil sie ständig über irgendetwas stolpern oder anfangen zu jammern, dass sie nicht mehr laufen können. Hallo? Wir sind gerade mal ein paar Minuten unterwegs!

Ich sehe zu Calvin, den ich noch immer am Handgelenk hinter mir herzerre. Er ist ziemlich außer Puste, aber er scheint es sich nicht anmerken lassen zu wollen. Er stolpert und nur mit Mühe kann ich ihm helfen, so dass er nicht hinfällt. Calvin sieht mich schmollend an, sagt aber kein Wort. Wenigstens zerrt er nicht mehr so und kommt beinahe schon von sich aus mit mir mit.

Lustlos sehe ich auf den Zettel in meiner Hand auf dem allerlei Blätter abgebildet sind. Was für ein Schwachsinn! So etwas kann man ja vielleicht noch mit Grundschülern machen, aber wir sind schon fast volljährig, da ist es schon irgendwie peinlich.

Ich sehe mich gelangweilt um, während hinter mir die beiden Mädchen ständig aufschreien, sobald ihnen ein Insekt auch nur zu nahe kommt. Es beginnt langsam zu nerven.

„Hm, ich glaube wir laufen im Kreis?“, stelle ich entgeistert fest. Diese Stelle kommt mir sehr bekannt vor, allerdings sieht irgendwie alles gleich aus. Es könnte also sein das wir uns längst verlaufen haben. Denn außer mir hat wohl niemand von den anderen wirklich auf den Weg geachtet und ich leider auch nicht richtig.

Ich seufze und bleibe stehen. „Und jetzt? Kann von euch jemand zufällig Fährten lesen?“, frage ich in die Runde und alle sehen mich nur gereizt an. Bin ich jetzt etwa der Schuldige?

„Wir hätten von Anfang an beim Bus bleiben sollen...!“, murrt Calvin nur, sieht dabei jedoch zu Boden. Ich sehe zu ihm und verziehe meinen Mund. Unschlüssig sehe ich zu den Mädchen, die aber auch nur lustlos herumstehen und scheinbar auch keine Lust mehr haben auch nur einen Schritt weiter zu laufen.

„Es ist nur eine Liste! Wir sammeln alles zusammen, was hier drauf steht und dann versuchen wir den Weg zurück zu finden. Wenn wir nicht wieder auftauchen, werden die sowieso nach uns suchen!“, meine ich aufmunternd, da mir einfach nichts anderes einfällt.

Elena rümpft die Nase und sieht mich höhnisch an. „Und was ist, wenn es ihnen erst auffällt, wenn sie wieder daheim sind? Sollen wir die Nacht über hier draußen verbringen? Ohne mich!“, keift sie mich an. „Ich will zurück! Jetzt!“ Alea nickt zustimmend.

„Tust du nur so, oder bist du so blöd?“, fragt Calvin Elena auf einmal. Ich sehe überrascht zu ihm. „Wir haben uns verlaufen und keine Ahnung wo wir sind. Wenn wir in die falsche Richtung gehen, entfernen wir uns wahrscheinlich noch weiter von unserem Treffpunkt.“

Vielleicht aber auch nicht!“, widerspricht Elena ihm und sieht ihn wütend an.

Alea und ich werfen uns nur hilflose Blicke zu. So langsam eskaliert die Situation. Jeder will machen was er oder sie für richtig hält. Ich lasse Calvins Hand los und sehe mich um. Ich betrachte unsere Umgebung und versuche irgendetwas wieder zu erkennen. Es hilft alles nichts.

„Und was ist, wenn wir den Weg zurückgehen, den wir gekommen sind?“, wirft Alea ein. „Ich meine, wenn wir unsere Spuren nicht mehr wiederfinden, dann können wir zumindest nach abgebrochenen Zweigen oder so Ausschau halten?“

Elena lacht laut auf. „Wer bist du? Unsere neue Anführerin? Vergiss es! Das klappt doch nie! Hast du dir schon mal den Weg angesehen? Alles ist total überwuchert oder steht komplett unter Wasser! Wo willst du da noch irgendwelche Spuren finden?“, erwidert sie höhnisch.

„Mädels, bleibt ruhig!“, mische ich mich ein. Nicht, dass es hier gleich noch einen Zickenkrieg gibt! Ich weiß nicht wirklich, wie ich zwischen den beiden Mädchen schlichten soll und Calvin scheint gar nicht vorzuhaben mir zu helfen.

Unschlüssig stehe ich mit meiner Gruppe mitten im Wald und irgendwie weiß keiner was wir machen sollen. Plötzlich kommt Elena zu mir, greift nach meinem Arm und klammert sich an mich. Verwirrt sehe ich zu ihr.

„Ihr zwei geht zurück! Ich gehe mit Oliver die Pflanzen suchen. Wir finden schon noch zurück!“, meint sie und wirft Alea und Calvin einen auffordernden Blick zu. Alea schaut sie nur schief an und zuckt mit ihren Schultern. „Soll mir nur recht sein!“

Calvin lacht auf. „War ja sowas von klar, dass du mit ihm alleine sein willst! Damit ihrs hinter den Büschen treiben könnt, was? Du scheinst es ja echt nötig zu haben!“, meckert er höhnisch und sieht Elena verachtend an. Ich laufe knallrot an. Solche Worte bin ich gar nicht von Calvin gewohnt. Früher war er überaus niedlich und konnte keiner Fliege etwas zuleide tun. Ich schüttele leicht den Kopf und schiebe den Gedanken beiseite, damit kommen wir jetzt nämlich auch nicht weiter. Wir brauchen eine Lösung und die Gruppe aufzuteilen, nur damit die Hälfte sich verirrt, können wir jetzt wirklich nicht gebrauchen!

„Hört auf euch zu streiten! Wir brauchen eine Lösung!“, werfe ich ein und sehe in die Runde. Elena schmiegt sich an meinen Arm und drückt sich mit ihren Brüsten an mich. Irritiert sehe ich zu ihr. Was soll das werden, wenn es fertig ist? Alea seufzt nur und schaut zur Seite.

„Ich habe keinen Bock mehr! Ich gehe zurück!“, murrt Calvin und als ich zu ihm sehe, blickt er Elena wütend an. Habe ich jetzt alles schlimmer gemacht?

Alea greift nach seinem Arm. „Wenn du jetzt alleine losgehst und dich verläufst, finden wir dich nicht wieder!“, meint sie eindringlich. Calvin sieht sie missmutig an, bleibt aber.

„Ich komme mit dir Oliver!“, meint Elena und sieht zu mir auf. Ich nicke und lächele schief.

„Klar, sie folgt dir sogar ins Bett!“, meint Calvin daraufhin höhnisch und lacht. Elena streckt ihm die Zunge heraus.

„Oliver ist nun mal nicht so wie du!“, meint sie und versucht mich in Schutz zu nehmen, warum auch immer, da ich eigentlich nicht angegriffen wurde? Calvin sieht sie wütend an. „Ach und wie bin ich?“, fragt er gereizt.

„Nicht jeder steht drauf, dass man ihn von hinten vögelt!“, erwidert sie und dabei läuft mir ein eiskalter Schauer über den Rücken. Daran habe ich auch noch gar nicht gedacht. Beim Sex mit Männern läuft es ja ein wenig anders. Ich schlucke nervös und sehe zu Calvin. Also, wenn ich ehrlich bin, würde es mich bei ihm ja nicht sonderlich stören, oder doch? Ich schaue ihm in die Augen, was er allerdings nicht bemerkt und muss hart schlucken. Müssen die beiden Zankhähne sich jetzt ausgerechnet über so ein Thema aufregen?

„Lutsch doch von einem anderen Kerl den Schwanz!“, meckert Elena, während nun Alea versucht zu schlichten. „Jetzt hört endlich auf, euch wie Kinder zu benehmen!“

„Ach ja? Ich wette Oliver könnte ich es wesentlich besser besorgen als du! Ich bin ein Mann, ich weiß, was ihn anturnt!“, kontert er und daraufhin spüre ich eine leichte Hitze in meinem Gesicht. Ob er das ernst meint? Und wieso zum Teufel nimmt das Gespräch jetzt so eine Wendung?

„Ja, klar! Du bist ja auch schon so lange in ihn verknallt! Da lässt er sich bestimmt jederzeit von dir einen blasen!“, keift Elena.

Ich sehe überrascht zu Calvin, der anläuft wie eine Tomate. Habe ich gerade richtig gehört? Er ist in mich verliebt? Schon lange? Wie lange denn? Ich war doch weg?!

Mit einem Mal dreht Calvin sich um, nachdem sich kurz unsere Blicke gekreuzt haben und rennt weg. „Calvin! Bleib hier!“, brüllt Alea ihm zu, doch er hört nicht auf sie. „Ich hole ihn zurück!“, meine ich und schüttele Elena von mir ab, ehe ich Calvin hinterherrenne. Dass Elena sich lauthals beschwert, ignoriere ich gekonnt und versuche Calvin zu finden, der längst aus meinem Sichtfeld verschwunden ist.

Ich laufe durch das unwegsame Gelände, vorbei an Sträuchern, Bäumen und auf dem Boden liegenden Ästen. Ich komme nur langsam voran und ich habe keine Ahnung ob Calvin irgendwo doch noch abgebogen ist. Ich kann ihn nicht hören.

„Calvin! Wo bist du?“, schreie ich, erhalte jedoch keine Antwort. Immer wieder rufe ich nach ihm und laufe tiefer in den Wald hinein. Wie kann der Junge so schnell sein? Ich bin doch viel sportlicher als er?

Besorgt laufe ich noch immer den Weg entlang, stolpere und lege mich beinahe der Länge nach auf die Nase. So laut ich kann rufe ich immer wieder seinen Namen und so langsam wächst meine Sorge um ihn.

Ob er sich irgendwo versteckt hat und ich längst an ihm vorbeigelaufen bin? Ich werde langsamer und bleibe irritiert stehen. Was soll ich machen? Soll ich noch weiter laufen? Was soll ich machen, wenn ich mich selbst verlaufe? Wobei ich das ja sowieso schon getan habe.

Deprimiert sehe ich mich im Wald um, aber außer dem Gezwitscher der Vögel und den Lauten der Insekten kann ich nichts anderes hören. Ich atme tief durch und entschließe mich dann doch noch schweren Herzens zurück zu gehen. Wir müssen den Bus finden und einen Suchtrupp zusammen stellen. In meinem Kopf gehe ich lauter Ideen durch, die ich aus dem Fernsehen kenne. Bestimmt kommt dann auch die Polizei mit Hunden.

Plötzlich bleibe ich stehen und mich überkommt eine Gänsehaut. Was ist, wenn Calvin irgendwo hier bewusstlos im Wald liegt? Wenn er schwer verletzt ist? Allein bei dem Gedanken gefriert mir das Blut in den Adern. Ich schüttele heftig mit dem Kopf. Nein, daran will ich gar nicht erst denken! Calvin geht es gut! Da bin ich mir sicher! Es muss ihm einfach gut gehen!

Langsam gehe ich zurück und lausche immer mal wieder angestrengt. Ab und an rufe ich noch einmal nach ihm, aber als ich nichts mehr höre, gebe ich es auf. So langsam fühle ich mich in diesem Wald auch nicht mehr wohl. Gibt es hier eigentlich gefährliche Tiere? So etwas wie Bären muss es doch geben, oder? Ich verschränke meine fröstelnden Arme vor der Brust und laufe nun etwas zügiger.

Ab und an bleibe ich dann doch stehen, schaue nervös zurück und bin mir nicht sicher ob es eine gute Idee ist, jetzt schon wieder zurück zu laufen. Dann entschließe ich mich doch noch mal umzukehren. Die Anderen wissen ja in welche Richtung ich gelaufen bin und ich kann Calvin jetzt einfach nicht im Stich lassen!

Also drehe ich mich um und renne so schnell ich kann und es der Weg vor mir zulässt in die Richtung, die hoffentlich auch Calvin eingeschlagen hat. Hastig renne ich über den geschwundenen Pfad und stolpere immer mal wieder, kann mich aber zum Glück jedes Mal wieder fangen und weiter laufen. Das mir die Äste manchmal ins Gesicht peitschen ignoriere ich, aber den Schmerz spüre ich trotzdem. Irgendwie ist es mir aber auch egal, ich bin einfach nur darauf fixiert Calvin zu finden.

Nach einiger Zeit kann ich etwas hören, bin mir aber im ersten Moment nicht wirklich sicher, doch dann je näher ich dem Laut komme, bin ich mir sicher es ist Calvin. Mein Herz hämmert in meiner Brust und mein Puls rast. Ich komme der Stimme immer näher und fange wieder an seinen Namen zu rufen.

„Calvin! Wo bist du? Rede weiter, damit ich dich finden kann!“, brülle ich in den Wald hinein, so laut ich kann. Immer wieder rufe ich nach ihm, bis er anfängt mir zu antworten. Erleichtert folge ich seiner Stimme und eine gewisse Unruhe nimmt mich gefangen. Hat er sich doch verletzt?

Beunruhigt laufe ich in die Richtung aus der seine Stimme kommt und mit einem Mal lande ich auf einem Weg. Irritiert bleibe ich dort stehen und sehe mich zu beiden Seiten um. Ich rufe nach Calvin und kann ihn nun wesentlich deutlicher hören. Ich biege nach links ab und laufe den Weg entlang, folge seiner Stimme, welche nun immer lauter wird. Bis ich sie auf einmal ganz deutlich neben mir vernehme. Überrascht bleibe ich stehen und gehe vorsichtig näher an den Abgrund heran. Scheinbar befinde ich mich auf einem Wanderweg und der endet hier steil nach unten in ein Tal. Einzig die Bäume und vereinzelte Sträucher könnten einen Fall noch abbremsen. Ich will nicht wissen wie tief man hier herunterfallen kann.

Ich schlucke und bleibe am Rand stehen. Vorsichtig beuge ich mich vor und muss schon im nächsten Moment schallend lachen. „Calvin! Wie hast du das denn fertig gebracht?“, frage ich ihn lachend und sehe zu ihm herunter. Es ist zwar nicht der geeignete Moment dafür, aber irgendwie kann ich nicht anders. Zum Teil bin ich auch erleichtert, dass es ihm noch gut geht.

„Halt die Klappe und hilf mir lieber!“, brummt Calvin griesgrämig, der das alles gar nicht lustig findet. Er hängt mit dem Kopf Richtung Tal, sein Bein hat sich in der Schlaufe seiner Kamera verheddert und die hängt widerum an einem Strauch fest. Es ist erstaunlich wie viel so ein kleiner Strauch aushalten kann, stelle ich fest.

Ich sehe zu Calvin herunter und überlege wie ich ihm am besten helfen kann, ohne dass er noch tiefer fällt. Ich stütze mich auf der Erde ab, lege mich auf den Boden und krieche näher an den Abgrund heran. Vorsichtig beuge ich mich herunter und merke enttäuscht, dass ich seine Hände nicht erreichen kann. Selbst wenn er sich hochbeugt, kann es immer noch passieren, dass der Strauch nachgibt. Ich weiß sowieso nicht, wie lange der noch mitmachen wird.

„Ich ziehe dich an den Beinen hoch!“, rufe ich ihm zu, da ich keine andere Idee habe. Ich will ihn jetzt auch nicht hier alleine lassen, um Hilfe zu holen. Einen tiefen Atemzug später packe ich Calvins Bein und halte es so fest ich kann umklammert. Calvin versucht sich zum Glück ruhig zu verhalten. Wäre er nun am Zappeln, hätte ich es mit meiner waghalsigen Aktion wohl noch schlimmer gemacht. Sein Atem rast, dass sehe ich an seinem Brustkorb, der sich schnell hebt und senkt.

Mit meiner freien Hand versuche ich mühsam die Schnur der Kamera vom Strauch zu lösen, was aber gar nicht so einfach ist. Ich brauche ein wenig Zeit, denn mit nur einer Hand ist das gar nicht so easy. Mit einem heftigen Ruck bekomme ich es dann doch noch ab. Die Kamera baumelt an Calvins Fußgelenk, welches ich nun ebenfalls ergreife und ihn mit aller Kraft versuche hochzuziehen.

Das Ganze erweist sich als schwieriger, als ich vermutet habe und so dauert es eine ganze Weile, bis ich es endlich schaffe ihn auf festen Grund zu ziehen. Ich bin außer Puste und völlig entkräftet, aber auch Calvin geht es nicht gerade besser. Nach Atem ringend lasse ich mich auf ihn fallen und bin fix und fertig mit meinen Nerven.

„Mach das nie wieder...“, murmele ich gegen seinen Hals und spüre wie er sich an meiner Jacke festkrallt. Unfähig auch nur ein Wort zu sagen, klammert er sich an mir fest. Ich bin unendlich froh, dass es ihm gut geht. Ich lächele leicht und atme mit geschlossenen Augen tief ein.

„Oliver, mein Fuß...“, flüstert Calvin mir ins Ohr und so schrecke ich auf. Ich hebe meinen Kopf an und sehe auf ihn herunter. „Was ist mit deinem Fuß?“, frage ich ihn. Er sieht mich erst genervt und dann mit einem leichten Schmerz im Gesicht an. „Ich glaube, er ist verstaucht oder so!“, meint Calvin und so erhebe ich mich von ihm und betrachte den Fuß, den er mir zeigt. Ich ziehe Calvin behutsam seine Sneaker aus und auch die Socke ziehe ich ihm vom Fuß. Tastend fahre ich mit meinen Fingern über das Gelenk und spüre wie warm es ist. Mein Blick gleitet hoch und Calvin scheint immer noch Schmerzen zu haben, denn er verzieht sein Gesicht.

„Scheint aber nicht gebrochen zu sein, oder so!“, stelle ich erleichtert fest. Calvin rümpft nur die Nase. „Klar, wenns weiter nichts ist...“, murrt er und wendet den Blick ab. Ist er jetzt wütend auf mich? Was habe ich ihm denn getan, außer mal eben kurz sein Leben zu retten?

Ich ziehe ihm Socke und Schuh wieder über und drehe mich mit meinem Rücken zu ihm. „Was soll das werden?“, fragt Calvin mich und aus den Augenwinkeln kann ich sehen, wie er sich mit den Ellenbogen auf dem Boden abstützt. „Nach was wohl? Ich werde dich zurück tragen!“, stelle ich klar und warte darauf, dass er auf meinen Rücken klettert. Seufzend drehe ich mich zu ihm um. „Jetzt mach schon!“, fordere ich ihn auf. Braucht er etwa noch eine extra Einladung?

Calvin greift nach meinen Schultern und stützt sich schwerfällig ab. Ich spüre sein Gewicht auf meinem Rücken und wie es mich nach vorne drückt. Er schlingt seine Arme um meinen Hals und sofort zerre ich daran. „Willst du mich umbringen? Nicht so fest!“, fauche ich ihn an. Sofort lockert er seinen Griff um meinen Hals und so greife ich nach seinen Oberschenkeln. Mit einem kräftigen Ruck erhebe ich mich und taumele ein wenig, bis ich es schaffe mein Gleichgewicht wieder zu erlangen. Ich räuspere mich und gehe dann langsam den Weg zurück, den ich gekommen bin.

Calvin legt mir seinen Kopf auf die Schulter und sofort bekomme ich eine Gänsehaut von seinem warmen Atem an meinem Hals. Ich muss zugeben, dass es sich durchaus gut anfühlt.

„Danke für deine Hilfe!“, murmelt Calvin mir leise zu und ich muss feststellen, dass es sich anhört, als würde er es nicht gerne zugeben. Ist er mir etwa immer noch böse? Worauf eigentlich? Liegt es wirklich daran, dass ich nun sieben Jahre lang nicht da war oder das ich mich nicht bei ihm gemeldet hatte?

„Keine Ursache, hab ich gern gemacht...“, erwidere ich und knabbere leicht an meiner Unterlippe. Ich bemerke, dass er seinen Griff um mich ein wenig verstärkt und lächele.

Es ist anstrengender, als ich dachte, ihn zurück zur Gruppe zu tragen. Alea kommt sofort zu uns gelaufen, nur Elena sieht eingeschnappt zu uns. „Das hat er doch absichtlich gemacht!“, murrt sie, wird aber von uns Dreien ignoriert. Sehr hilfreich war sie uns ja heute leider nicht.

Wir beschließen nach einiger Zeit und ständigem Hin und Her, umzudrehen und suchen uns den Weg zurück zu den Bussen. Es dauert eine Weile, aber als wir endlich ein paar Stimmen hören, atmen wir alle erleichtert auf.

„Das nächste Mal nehme ich ein Navi mit...“, flüstert Calvin mir ironisch ins Ohr und ich muss lachen. Wir gehen auf den Platz, wo die Busse stehen und sofort kommen unser Fahrer und die Lehrerin auf uns zu. Besorgt wollen sie wissen, was passiert ist und so erklärt Alea ihnen alles. Elena zieht sich noch immer genervt von uns zurück und so trage ich Calvin zum Bus. Ich helfe ihm beim Einsteigen und sehe zu wie er den engen Gang entlang humpelt, seine Kamera in der Hand und dann dreht er sich noch einmal kurz zu mir um. „Danke!“, meint er verlegen.

Ich sehe ihn aufmerksam an und lächele leicht. „Immer wieder gern!“, erwidere ich unbekümmert.

„Was heißt das denn? Ich komme auch gut alleine klar!“, meckert er aufbrausend und so laufe ich nur lachend aus dem Bus.

„Mach dir nur was vor, du brauchst mich...“, murmele ich zufrieden vor mich hin und gehe rüber zu meinem Bus.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Mikuna
2012-10-18T00:14:03+00:00 18.10.2012 02:14
Ach, ist das ein tolles Kapitel. >///<
Oliver und Calvin sind so süüüüß ich finde es so putzig wie Oliver Calvin im Wald rettet. *____*
Oh und die Vorstellung wie er ihn auf dem Rücken trägt. *o* >///< Ich freu mich jetzt schon aufs nächste Kapitel. *_____*
Ich bin so gespannt wie es weiter geht. *o*

LG x33 *knuddel*




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