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Sorry, I'm Late!

...Seven Years...
von

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Friends for Life!

„Oliver! Wach auf! Wie lange willst du denn noch schlafen?“, höre ich die Stimme meiner Mutter und gebe nur einen kurzen ungnädigen Laut von mir, ehe ich mir die Decke über den Kopf ziehe. Ich brumme nur und versuche weiter zu schlafen.

Leider gibt meine Mutter nicht so leicht auf und beginnt konsequent an meiner Bettdecke zu ziehen. Mit Mühe halte ich mich daran fest und nehme auch meine Beine zur Hilfe.

„Nicht die Decke...“, stöhne ich gequält, weil mir die Sonne jetzt mitten ins Gesicht scheint. Wieso hat sie nur die Vorhänge zurückgezogen? Wie kann sie mir das nur so früh am Morgen antun?

„Oliver, du musst dich fertig machen! Du bist viel zu spät dran! Wenn du nicht gleich aufstehst, kippe ich dir einen Eimer Wasser übers Gesicht!“, warnt meine Mutter mich.

Ich stöhne nur genervt und setze mich dann im Bett auf. Die Decke rutscht mir über dem Rücken herunter und müde reibe ich mir über meine Augen.

„Ich brauche was zu essen...“, murmele ich verschlafen und sehe zu meiner Mutter. Sie grinst breit und legt mir meine Kleidung zurecht. Wieso sie das immer noch tut ist mir schleierhaft. Ich werde nachher sowieso andere Klamotten aus dem Schrank holen. Meine Mutter hat nämlich einen merkwürdigen Geschmack was das angeht.

„Ich habe gestern Calvin getroffen, an unserem alten Geheimversteck!“, erzähle ich ihr und sie sieht auf, nachdem sie sich meinen Mülleimer geschnappt hat.

„Calvin Janke?“, fragt sie mich überrascht. Ich nicke und sehe sie bedrückt an.

„Er ist wütend auf mich...“ Meine Mutter lächelt mich milde an und geht mit dem völlig überfülltem Mülleimer auf die Zimmertür zu.

„Das wird schon wieder. Jetzt mach dich fertig und komm zum Frühstücken!“, meint sie nur und schon ist sie aus dem Zimmer gegangen.

Seufzend schäle ich mich aus meiner Bettdecke und stehe auf. Ich gehe zu meinem Kleiderschrank und sehe lustlos hinein. Was soll ich anziehen? Wahllos nehme ich mir alles heraus, was ich benötige und gehe damit ins Badezimmer. Dazu muss ich an dem angrenzenden Schlafzimmer meiner Eltern vorbei gehen, weil bei mir lediglich das Gästebad ist.

Ich lege die Klamotten auf einer kleinen weißen Kommode ab und ziehe mich langsam aus. Als ich endlich unter der Dusche stehe, drehe ich den Wasserhahn auf und schon prasselt das warme Wasser entspannend auf mich herab. Mein Blick fällt auf meine Körpermitte und augenblicklich bin ich knallrot, als ich mich an den Vortag erinnere, immerhin hat Calvin mich dort berührt.

Ich überlege einen Moment. Soll ich oder soll ich nicht?

Probehalber lasse ich meine Hand über meinen Bauch gleiten. Immer tiefer, bis ich mit den Fingerspitzen über meinen Penis streiche. Mit meiner linken Hand stemme ich mich an den Badezimmerkacheln ab, während ich mit der anderen Hand eine Faust um meinen Penis schließe. Ich seufze leise auf und beginne langsam mein Glied zu massieren.

Meine Gedanken wandern wieder zu Calvin. Ich weiß nicht wieso, aber immer wieder schleichen sich Bilder von dem schwulen Pärchen in meine Gedanken und ich stelle mir vor, wie es wäre, wenn ich und Calvin an ihrer Stelle wären. Ich laufe knallrot an und muss stöhnen.

Verlegen sehe ich an mir herunter. Was mache ich hier eigentlich? Ich bin hier am wichsen und denke an meinen Kindheitsfreund!

Schwul bin ich ja eigentlich auch nicht. Jedenfalls nicht richtig. Vielleicht bin ich ja bi? Ich habe mich noch nie richtig mit dem Thema auseinander gesetzt. Die beiden Jungs aus dem Bus haben mich schon irgendwie ein wenig durcheinander gebracht, dann noch die Sache mit Calvin, ich weiß gar nicht, was ich von all dem halten soll? Ich habe mich nie für Calvin noch für einen anderen Jungen interessiert. Vielleicht interpretiere ich auch einfach viel zu viel hinein? Nur, wieso hole ich mir dann hier einen runter und denke an einen Jungen? Sollte ich nicht lieber an ein Mädchen denken?

Schon wieder sehe ich Calvin vor mir, wie er auf mir liegt und versehentlich an mir reibt. Das Ereignis hat sich regelrecht in meine Gedanken eingebrannt und ich werde es einfach nicht mehr los. Sogar in der Nacht habe ich ständig daran denken müssen. Es wäre besser, wenn ich es einfach vergesse und so tue, als wäre es nie passiert!

Dumm nur, dass ich nicht aufhören kann. Erregt stimuliere ich die Eichel meines Penis und erschrecke mich zu Tode, als meine Mutter an der Tür klopft.

„Oliver! Mach nicht so lange!“, ruft sie mir hinter der verschlossenen Tür zu. Entsetzt sehe ich zur Tür. „Ich bin ja gleich fertig!“, schnauze ich sie an.

Deprimiert sehe ich auf mein Glied und bin irgendwie nicht mehr richtig in Stimmung. Aber aufhören will ich jetzt auch nicht, also versuche ich mich zu beeilen. Was mir relativ leicht fällt, als ich schon wieder ein Bild von Calvin vor Augen habe. Ich presse meine Lippen aufeinander und sehe zu, wie mein Sperma sich mit dem Wasser auf dem Boden vermischt.

Hastig wasche ich mich und steige aus der Dusche. Ich trockne mich fahrig ab und ziehe mir dann die Klamotten an, während ich mir nebenbei etwas ungelenk die Zähne putze und gleichzeitig versuche meine Haare trocken zu rubbeln.

Ich gehe in unsere große offene Küche am Ende des langen Flurs und setze mich gegenüber meines Vaters an den Tisch. Zum Glück ist der Tisch bereits gedeckt und so stapele ich mir alles mögliche auf den Teller und klatsche es als Sandwich zusammen. Meine Mutter schüttelt nur mit dem Kopf. Meinen Vater sieht man kaum über die große Zeitung hinweg und da wir morgens sowieso nicht allzu viel zu erzählen haben, lausche ich der Musik im Radio.

„Was hast du da eigentlich am Mund? Ist das Blut?“, fragt mich meine Mutter besorgt und prompt greift sie nach meinem Gesicht und zieht es zu sich herum. „Sag mal, du prügelst dich doch nicht etwa? Du bist gerade mal einen Tag an der Schule und schon machst du Blödsinn!“

„Lass den Jungen! Solange es bei ein paar Raufereien bleibt, ist doch nichts dabei!“, wirft mein Vater ein und greift tastend nach der Kaffeetasse, ohne von seiner Zeitung aufzusehen.

Dankbar lächele ich meinen Vater an. Wie sie wohl reagieren würden, wenn ich ihnen erzähle, dass die Wunde von Calvin stammt?

Ich spüre ein Gewicht auf meinem Schoss und sehe herunter. „War ja klar, dass du dich erst meldest, wenn es Essen gibt, Vojan! Du bist echt viel zu verfressen!“, meckere ich und sehe zu dem afghanischen Windhund, der seinen Kopf auf meinen Beinen gebettet hat und bettelnd zu mir aufsieht.

Ich versuche Vojan zu ignorieren, aber so richtig will es mir dann doch nicht gelingen und so lasse ich heimlich, damit meine Eltern es nicht bemerken, ab und an mal ein Stück Aufschnitt unter dem Tisch verschwinden. Vojan macht sich darüber her und ich kann gar nicht so schnell sehen, da hängt er auch schon halb auf meinem Schoss und bettelt um mehr.

„Ich fahre dich heute zur Schule.“ Ich sehe zu meinem Vater, genauer gesagt zur Zeitung, hinter der er sich versteckt und nicke, auch wenn er das nicht sehen kann. Meine Mutter ist schon dabei den Tisch abzuräumen und so stehe ich auf, um ihr zur Hand zu gehen. Vojan tapst hinter mir her, in der Hoffnung, dass noch etwas für ihn abfällt, aber jetzt muss er sich mit seinem Hundefutter zufrieden geben.

Ich renne noch einmal über den Flur zurück in mein Zimmer, gefolgt von Vojan, der das alles als Spiel sieht, schnappe mir meinen Rucksack, der neben meinem Schreibtischstuhl liegt und gehe dann gemächlich zum Hauseingang, um mir meine Turnschuhe überzustreifen. Mein Vater ist bereits nach draußen gegangen und ich höre, wie er den Motor des Wagens startet.

Ich beeile mich, denn mein Vater ist bekannt dafür, dass er nicht gerne wartet. Schon beim Einsteigen fährt er an und ich sehe ihn missbilligend an. Nicht mal die paar Sekunden kann er warten. Er fährt mal wieder viel zu schnell auf der Straße und ich hoffe, wir bauen nicht noch einen Unfall.

Was hat mich nur geritten, zu ihm ins Auto zu steigen? Diesem Mann müsste man eigentlich den Führerschein entreißen, um die Passanten und Insassen zu schützen! Nichts gegen meinen Vater, aber mir scheint, er wäre bei der Formel 1 besser aufgehoben, als im Straßenverkehr.

Ich bin mehr als froh, noch zu leben, als der Wagen vor dem Schultor hält und ich mit leicht wackeligen Beinen aussteigen kann. „Bis heute Abend...“, murmele ich ihm zu und schau kurz hinter dem Auto her, ehe ich das Schultor passiere und einige meiner neuen Klassenkameraden begrüße.

Meine Augen weiten sich, als ich plötzlich Calvin auf dem Schulhof entdecke. Wie angewurzelt bleibe ich stehen und starre auf den schwarzhaarigen Jungen, der etwas weiter entfernt von mir an einer Wand steht und gelangweilt die eintreffenden Schüler beobachtet. Mich hat er noch nicht entdeckt. Hastig wende ich mich ab und weiß gar nicht was ich tun soll. Ich schiele zu ihm herüber und weiß nicht woran es liegt, aber irgendetwas drängt mich zu ihm.

Stehe ich vielleicht doch auf ihn? Ich betrachte den Jungen und mustere ihn. Er ist schlank, hat eine sportliche Figur, soweit ich das erkennen kann. Sein Gesicht schaut auch gar nicht so übel aus, aber das kann ich schlecht beurteilen. Bei einem Mädchen fällt mir so etwas irgendwie leichter. Seine Piercings im Gesicht gefallen mir. Und ich muss schlucken, als meine Gedanken wieder in die falsche Richtung gehen. Wieso habe ich bei Calvin neuerdings solche Gedanken? Ich habe ihn doch gestern das erste Mal wiedergesehen, wie können sich meine Gedanken dann so schnell um solche Dinge drehen? Liegt das daran, dass ich in der Pubertät stecke oder dass meine Triebe derzeit die Oberhand haben und sie nicht sonderlich wählerisch sind?

„Oliver?“, höre ich auf einmal eine Stimme hinter mir.

Ich drehe mich um und das Erste was ich sehe, sind ein Haufen schwarzer Haare. Ich ziehe skeptisch eine Augenbraue in die Höhe. Das Mädchen mit der blassen Haut lächelt mich an und zieht ihre Sonnenbrille mit den dunklen Gläsern von der Nase.

„Du bist es also wirklich! Ich dachte gestern, ich hör nicht richtig, als mir eine Freundin erzählt hat, dass du auf unserer Schule bist.“, erklärt sie und grinst mich breit an.

„Elena!“, rufe ich erfreut und falle ihr sofort um den Hals. Sie umarmt mich zu meiner großen Freude ebenfalls. Nur widerwillig löse ich mich von ihr und mustere sie. Die kleine Elena von früher sieht jetzt gar nicht mal so übel aus. Dabei ist sie damals so eine Nervensäge gewesen und hat mich und Calvin keine Sekunde in Ruhe gelassen. Sie trägt enge Klamotten und mein Blick bleibt auf ihren Brüsten hängen. Na ja, also dafür, dass sie recht klein ist, gibt’s bei ihren Maßen nicht viel zu meckern, auch wenn ihr ein paar Kurven nicht schaden würden.

„Calvin geht auch auf diese Schule! Das wusste ich gar nicht!“, erzähle ich ihr freudig. Elenas Blick verdunkelt sich ein wenig, oder bilde ich mir das nur ein?

„Ja, schon, aber erzähl mal von dir!“, fordert sie mich auf und zieht mich etwas von der Schülermasse weg. In einer Ecke sind wir unter uns und so beginnt sie mich gleich auszufragen und will alles über die letzten sieben Jahre wissen.

„Na ja, so viel gibt es nicht zu erzählen.“ Meine Gedanken gleiten zurück zu den letzten Jahren und dem was ich in der Zeit alles erlebt habe. „Allzu viel habe ich ja nicht angestellt. Okay, ich musste mich erst mal an das Leben dort gewöhnen. Immerhin konnte ich mit zehn Jahren noch kein Wort Englisch sprechen. Meine Eltern haben mich anfangs noch neben der Schule für Privatunterricht angemeldet, damit ich die Sprache lerne. Es ist mir ziemlich schwer gefallen.“

Elena nickt, hört mir aufmerksam zu und es gefällt mir, dass sie so ein reges Interesse an meinen Erzählungen zeigt.

„Hattest du eine Freundin?“, fragt sie mich breit grinsend. Sie klatscht die Hände zusammen und schließt träumerisch ihre Augen. „Das wäre dramatisch! Eine junge Liebe, für nur kurze Zeit. Sie werden gegen ihren Willen voneinander getrennt. Er muss in ein ihm fremdes unbekanntes Land, welches damals seine Heimat war und sie trauert ihm hinterher. Ihre Gefühle sind aber stärker und so reist er zurück und sie ihm entgegen, sie treffen sich und es gibt ein tränenreiches Happy End!“

Ich muss laut lachen. „Wie kommst du nur immer auf so einen Quatsch! Statt ständig zu träumen, solltest du dich lieber mal nach einem Freund umsehen! Und nein, ich habe keine Freundin, die in Amerika auf mich wartet.“

Elena lächelt und drückt sich mit ihrer Schulter gegen mich. „Zurzeit habe ich keinen Freund. Wie wäre es denn mit uns beiden?“, fragt sie mich lächelnd. Ich grinse und wuschele ihr durch die Haare. Ob sie es ernst meint, kann ich nicht sagen, jedenfalls nehme ich sie irgendwie nicht richtig für voll. Sie scheint es mir aber schon ein wenig übel zu nehmen. Vielleicht liegt es daran, dass sie für mich eher eine Schwester ist. Ich kenne Elena seit meiner Kindheit und schon damals hingen wir ständig zusammen. Auch mit Calvin und als ich an ihn denke, gleitet mein Blick zu dem Jungen.

Ich sehe erschrocken weg, als er in meine Richtung schaut. Ob er mich jetzt bemerkt hat? Meine Hand fährt an meinen Mundwinkel, an dem ich immer noch ein wenig ramponiert aussehe.

„Was hast du da?“, fragt Elena mich und zieht meine Hand zur Seite. „Hat dich jemand geschlagen?“ Ich lächele und wehre ihre Hand ab. „Ich habe Calvin gestern getroffen und irgendwie lief es nicht so gut.“ Elena sieht mich skeptisch an.

„Ich denke, es wäre besser, wenn du dich von ihm fern hältst...“, meint sie und sieht mich mit einem Blick an, den ich nicht deuten kann. Was ist nur mit den beiden los? Wieso gehen sie sich aus dem Weg?

„Wieso sollte ich das machen? Wir waren früher die besten Freunde und es wäre doch toll, wenn wir drei wieder so befreundet wären, wie damals!“, meine ich zuversichtlich und in Gedanken male ich mir schon aus, was wir diesen Sommer alles zusammen unternehmen werden.

„Oliver! Es ist wirklich besser, wenn du von ihm weg bleibst!“, redet Elena eindringlich auf mich ein. Ich sehe sie betrübt an. Muss sie mir so schnell die Gute Laune nehmen? Ich werfe einen Blick zurück und schaue noch einmal kurz zu Calvin rüber. Ich würde nur zu gerne zu ihm gehen und mit ihm reden. Ich habe ihn nämlich wirklich vermisst, auch wenn er denkt, ich hätte ihn komplett vergessen.

Elena schafft es irgendwie mich abzulenken und so verwickelt sie mich in ein Gespräch und ich schaffe es kaum noch zu Calvin zu sehen. Mir fällt aber auf, dass er alleine herumsteht und scheinbar mit niemandem redet. Irgendwie tut er mir Leid und ich würde mich am liebsten sofort zu ihm gesellen.

Elenas Themen können mich allerdings nicht lange bei der Stange halten, weil es eher oberflächlicher Mädchenkram ist, der mich einfach nicht interessiert. Was habe ich schon davon?

Ich lasse meinen Blick schweifen und sehe, dass eine Gruppe von Jungs auf Calvin zugeht. Ich lächele. Er hat also doch ein paar Freunde.

Ich beobachte sie und schaue ihnen dann verwundert hinterher, als sie alle in die Jungentoilette gehen. Was wollen sie denn da drin? Ich habe irgendwie kein gutes Gefühl und werde etwas unruhig. Klar, Calvin will mich nicht mehr sehen, aber trotzdem mache ich mir Sorgen um ihn. Ich schaue zu Elena, die ebenfalls dorthin sieht.

„Was machen sie?“, frage ich meine Kindheitsfreundin und sehe zu ihr. Elena schüttelt mit dem Kopf. „Keine Ahnung. Interessiert mich auch nicht!“, erwidert sie kurz angebunden und schaut weg. So langsam mache ich mir aber doch Sorgen.

„Elena...“, jammere ich und sehe immer wieder zu den Toiletten. Das Mädchen rümpft nur die Nase und setzt sich ihre Sonnenbrille auf.

„Wenn es dich so sehr interessiert, dann geh doch hin und schau nach! Ich will damit jedenfalls nichts zu tun haben!“, wehrt sie ab und schaut zur Seite. Ich sehe sie verständnislos an und drehe mich dann um. Nervös knabbere ich an meiner Unterlippe, bis sich der leichte Schmerz in meinem Mundwinkel meldet und ich sofort davon ablasse. Ich hole tief Luft und gehe dann langsam auf die Toiletten zu. Was soll schon dabei sein? Ich meine, die sind doch nur auf die Toilette gegangen?

Vor der Tür bleibe ich unsicher stehen. Der Mutigste war ich leider noch nie. Innerlich kämpfe ich mit mir und schaue noch einmal zu Elena zurück, die aber nur so tut, als ginge sie das alles nichts an. Wie kann man nur so ignorant sein?

Zaghaft greife ich nach der Türklinke und nehme all meinen Mut zusammen. Ich reiße die Tür auf und sofort kommen mir Geräusche aus dem hinteren Teil der Toiletten entgegen. Sie lachen über irgendetwas und dann sind da noch andere Geräusche, die ich aber nicht so richtig ausmachen kann. Ich gehe näher heran und schaue um die Ecke. Ertappt drehen sich einige Jungs zu mir um und zerren sich gegenseitig an ihren Armen. Als mich alle erblickt haben, merke ich erst, wie stark mein Herz klopft. Aufgeregt gehe ich einen Schritt zurück und hoffe, sie tun mir nichts. Einige sehen mich nur ärgerlich an und dann gehen sie einfach an mir vorbei und verschwinden. Ich sehe ihnen noch kurz hinterher, ehe ich mich umdrehe und entsetzt zur Toilette schaue.

Calvin hängt hustend über der Schüssel und zieht seinen Kopf zurück, er atmet schwer und sackt in sich zusammen. Hastig betrete ich die Kabine und gehe neben ihm in die Hocke. Sein Kopf ist klatschnass und so wie ich das sehe, haben sie ihn in die Toilette gedrückt und immer wieder den Hebel betätigt.

„Calvin?“, frage ich besorgt und weiß gar nicht, was ich jetzt mit ihm machen soll. Hilflos sehe ich zu, wie er sich erschöpft und außer Atem an mich lehnt. Er schließt kurz seine Augen und wischt sich mit der Hand über sein Gesicht. Ich nehme ihn in die Arme, merke wie er leicht zittert und wische ihm einige nasse Haarsträhnen aus dem Gesicht. „Wieso bist du mit ihnen gegangen?“

Er sieht zu mir auf und einen Moment lang habe ich das Gefühl, als würde er in Tränen ausbrechen, stattdessen schubst er mich grob von sich, so dass ich zu Boden falle und unsanft auf meinem Hintern lande.

„Ich brauche deine Hilfe nicht...“, murrt er und wischt sich sein Gesicht mithilfe des karierten Hemdes ab. Unschlüssig verharre ich an Ort und Stelle und stelle fest, dass Calvin mich schon wieder abgewiesen hat.

„Wie lange geht das schon?“, frage ich ihn. Er sieht zu mir und es fällt mir schwer seinen Blick zu deuten. „Na ja, du hast dich nicht gewehrt, als sie mit dir zu den Toiletten gegangen sind, also passiert es schon länger, oder? Wieso wehrst du dich nicht dagegen?“

„Lass mich in Frieden! Wie oft soll ich es denn noch sagen? Lass mich einfach nur in Ruhe!“, brüllt er mich an und erhebt sich ungelenk. Dann sieht er mich noch einmal wütend an und will gehen, aber so leicht gebe ich mich noch nicht geschlagen. Ich greife nach seiner Hand und halte ihn zurück. Calvin bleibt stehen und versucht seine Hand zu befreien. Er hebt langsam seine geballte Faust und vor Schreck lasse ich ihn los. Noch mal möchte ich nicht mit seiner Hand Bekanntschaft machen. Calvin verschwindet aus der Toilette und so bleibe ich verwirrt zurück.

Langsam stehe ich auf und gehe ebenfalls nach draußen, als ich mich umsehe, kann ich Calvin nirgendwo entdecken, aber Elena und zu ihr gehe ich jetzt. Sie sieht zu mir und schaut mich ausdruckslos an.

„Wieso hast du mir nichts davon erzählt?“, will ich wissen und spüre die aufkeimende Wut in mir. Elena blickt zu mir auf und zuckt mit den Schultern. Ihr Blick wandert an mir vorbei. Sie kann mir nicht mal in die Augen sehen. Was soll der ganze Mist?

„Ich habe schon gesagt, dass ich damit nichts zu tun haben will...“, erwidert sie ruhig und fährt sich mit den Fingern unwirsch durch ihre zotteligen schwarzen Haare.

„Aber wir sind Freunde, zumindest waren wir das noch, bevor ich weggezogen bin! Was ist mit euch beiden passiert? Habt ihr euch gestritten?“, hake ich nach und sehe sie eindringlich an. Elena schnaubt verächtlich und lässt ihren Blick über den Schulhof gleiten.

Es klingelt und sie stützt sich von dem Zaun ab, an dem sie noch bis eben gelehnt hatte. „Der Unterricht fängt gleich an.“, weicht sie mir aus und will an mir vorbeigehen. Ich halte sie unsanft an der Schulter zurück und sehe sie scharf an.

„Erzähl mir was los ist!“, fordere ich sie wütend auf.

Elena bleibt stehen und sieht den anderen Schülern nach, wie sie alle auf das Schulgebäude zugehen. Es werden immer weniger und irgendwann stehen nur noch wir beide auf dem Schulhof. Ich lasse Elena los und warte noch immer darauf, dass sie endlich mal ihren Mund aufkriegt. Wieso will sie mir nicht sagen was los ist?

Elena seufzt und lehnt sich wieder mit dem Rücken an den Zaun. „Calvin ist schwul!“, meint sie nach einer Weile abfällig.

Ich sehe Elena an. „Ist das etwa alles? Was ist so schlimm daran, dass er schwul ist?“, frage ich sie. Elena rümpft die Nase und sieht zu mir, verschränkt ihre Arme vor der Brust und presst ihre Lippen fest aufeinander.

„Das ist einfach nur abartig!“, keift sie mich an.

Ich zucke zusammen. Wieso findet sie es so schlimm, dass Calvin schwul ist? Sie würde bestimmt ausflippen, wenn ich ihr erzählen würde, dass ich mich heute morgen befriedigt und dabei an Calvin gedacht habe, aber das würde ich sowieso niemandem erzählen und dann sind da ja auch immer noch meine Gefühle für ihn, die ich einfach nicht einordnen kann.

„Das ist aber noch nicht alles.“ Elena seufzt und abwartend sehe ich auf sie herunter. Was kommt denn jetzt noch?

„Er hat sich an einen Jungen rangemacht, der ihm wohl gefiel, aber der war schon mit Maria aus deiner Klasse zusammen. Jedenfalls hat Calvin nichts anbrennen lassen und der Typ hasst Schwule. Am Anfang war es nicht so schlimm, er hat nur versucht Calvin aus dem Weg zu gehen, aber als das nichts gebracht hatte, hat er seine Freunde auf ihn gehetzt und irgendwann ist es eben eskaliert.“ Elena verzieht ihren Mund und fährt mit ihren langen lackierten Nägeln durch die Haare. „Deswegen will ich nichts damit zu tun haben!“

Fassungslos sehe ich Elena an. „Du bist auch nicht besser als diese Jungs!“ Elena sieht mich verständnislos an. „Du bist seine beste Freundin! Gerade du hättest zu ihm halten müssen! Er hat niemanden und du hast es nicht mal der Schule gemeldet! Du stehst nur daneben und siehst ihnen dabei zu! Wieso hast du nichts gemacht? Wieso hast du nicht gehandelt, wo es noch nicht so schlimm war? Du hättest es verhindern können!“, brülle ich sie an. Elena zuckt zusammen und reißt ihre Augen auf. Mit meinem Wutanfall hat sie wohl nicht gerechnet. Ich balle meine Hände zu Fäusten und bohre meine Fingernägel in meine Handinnenflächen. Mein ganzer Körper ist angespannt.

„Du hättest es verhindern können!“, zische ich ihr zu und drehe mich dann um. Ich lasse sie einfach stehen und gehe in das Schulgebäude zu meiner Klasse. Ich bin immer noch stinksauer und würde meine Wut am liebsten an diesem Idioten auslassen, der Calvin so erniedrigt hat. Und dieses Arschloch geht auch noch in meine Klasse! Maria ist das Mädchen, von der ich mir eine Abfuhr eingehandelt habe. Ihr Freund ist der Vollhonk, der mich geschubst hatte. Eine unbändige Wut steigt langsam aber sicher in mir auf. Da ich kein Ventil dafür finde, muss ein Mülleimer auf dem Flur herhalten. Heftig trete ich dagegen und befördere den Eimer erst mal ein paar Meter durch den leeren Gang vor mir. Das Echo hallt nach und es hört sich ohrenbetäubend laut an.

Ich lasse mich gegen eine Wand sinken und rutsche daran herunter. Wieso kann nicht alles wieder so sein wie früher?



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  HannaHanoka
2012-10-10T16:20:45+00:00 10.10.2012 18:20
Der Anfang ist verdammt gut beschrieben, man konnte sich die Szene bildlich richtig gut vorstellen. (:
Ich stell mir diese Fahrt mit seinem Vater... "genial" vor. Ich kenne auch jemanden, der nicht unbedingt der vorbildlichste Fahrer ist... Das macht nicht unbedingt Spaß! :'D
Elena ist mir irgendwie unsympathisch x: Sie steht nur da und guckt zu und macht sich nebenbei an Oliver ran x.x Und der arme Calvin muss leiden ._. Ich hasse diese homophoben Leute... Kenne da selber so ne Latte an Leuten, die einfach 'n Sprung in der Schüssel haben diesbezüglich.
Calvin soll sich von Oliver helfen lassän >o<
Ich fand es sooo cool als Oliver Elena zur Sau gemacht hat und ihr "ihre Fehler" aufgeweist hat. *-* Weiter so *Fähnchen schwenk* :3

Alles in allem: Wieder mal ein gelungenes Kapitel x3
Von:  Chibi-Neko-Chan
2012-10-07T12:58:01+00:00 07.10.2012 14:58
Haach meins *-* *immer noch hin und weg* XD lol
Alles mein hört ihr?! ó.ó *die geschichte an mich drück und meinen dude auch* grrrr meins >_<
Ooh ja..das unbändige wecken..wie wir es alle hassen XD Ne Freundin hat mal nen Eimer Wasser abbekommen XD Ihr Vater macht da keinen halt hahaha XD Ich will das nicht erleben müssen xD Urgh..alles nass dann xX Auch Matratze und so o.o is doch ranzig xD
Aber Oli is echt süß xD So a morgenmuffel ;P Woher er das nur hat...xD
Seine Mutter ist eeetwas übervorsorglich oder? XD hahaha Ich meine..er ist doch kein kleines Kind mehr ;)
Joo und erst mal Wichsen, gut so Oli XD *lachflash* Am besten is die Stelle, wo seine Mutter ruft XD Wer hätte da schon noch Lust drauf XD oh man oh man..schon mies ;P Wenn sie reingekommen wäre, wäre noch geiler XD Och nöö..mein armer Oli xD *schadenfroh bei dem gedanken* XD
Awww Elenaaaa...man du bist so fies >.< why bissu nur so eine ... nein das sag ich jetz nich *drop* Aber eigl mag ich sie, trotzdem >_< die soll ma ne freundin sein und nich so ein Assi-Mädel ó.ó Man man man tze~ u.ú Schwule sind gar nich schlimm x3 Und Cal sowieso nich! Der is total süß..auf äh..seine Art..wenn man genau guckt! XD Na ja..wir kennen das mit dem Süß sein ja schon Dude..unsere Charas und süß *lachflash* XD hahahaha ..genau so unsere Charas und Romantik XD Man, die witze des Jahrhunderts ;P
Booooah so was is immer richtig mies xX Aber glaube mit der Toilette so was gibs an unserer Schule nich *siegergrinsen* XD Ne..soweit kanns bei uns auch gar net gehen 8D Traut sich keiner *lachflash* XD Außerdem haben wir nich solche Vollpfosten o.O Also schon..aber nich so =.=
Aber Oli traut sich wenigstens hin x3 Braav *Patta*
Und Cal is einfach mal ein Idiot! Anstatt die HIlfe anzunehmen =.= booah dafür könnt ich ihn umbringen xX Er is doch dumm *drop* ..aber..neeeein mein cal x333 *ihn knuddel* nein nein x3 so meinte ich das nicht..bist ein feiner kerl x3
Man Elena xX Also ich verstehe sie nich echt jetz! xD Und diesem Arsch von Maria würd ich auch eine reinhauen ;P Hat er verdient 8D
*Oli knuddel* genau..lass es am Mülleimer raus x3 Auch wenn er jetz sicher vebeult ist und der ganze Müll verteilt...so was hört man bei uns auch oft xD Aber bei uns kippen die auch manchmal 'versehentlich' um xD lol
Oder man setzt sich rauf..sind nämlich welche mit Deckel zum Abnehmen und da is so ein Loch..also..äh..EGAL xD
*knuddel knuffz umknuddel* x3 schönes Kapi :3 freue mich schon aufs nächste *O* meeehr lesen will x3 Hab dich ganz doll lieb (\o.o/)


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