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Bloodcage - Teil 1 - Blutmond

Vampir-Roman
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Es beginnt! Sorry, ich freu mich gerade so unbändig, dass man jetzt Vorwörter einbauen kann, dass ich einfach eins machen muss, auch wenn ich gar nicht weiß, was ich sagen soll. :-P
Nundenn: Viel Spaß beim Lesen und hinterlasst unbedingt nen Kommi mit euren Ansichten. Auch Kritik ist mir mehr als willkommen. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Dieses Kapitel möchte ich gerne Azahra widmen. Nicht nur, weil sie mir stets mit ihrem Rat zur Seite steht, sondern auch weil ihre Vorliebe für Nathalya mich beflügelt hat ihr eine noch größere Rolle in der Geschichte einzuräumen, als sie bisher schon inne hatte. Man kann also sagen: Ohne Azahra würde Nathalya hier nicht in einer Bibliothek sitzen. ;-) Viel Spaß beim Lesen! Komplett anzeigen

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Blutmond (Askian)

Vergib mir Vater, denn ich habe gesündigt.

Mein Name ist Askian Saaris und mein einst tiefschwarzes Haar ist nun grau, wie der Nebel, der langsam meine Gedanken umhüllt. Grau, wie der Wolkenschleier über einem fernen Horizont, beim Anbruch einer neuen Sonne.

Ich sollte weise sein, doch die einzige Weisheit, die mir das Leben mit seinem zuweilen grausamen Schicksal geschenkt hat, ist die, dass jedes strebende Wesen schlussendlich, nach dem Erreichen seiner Ziele, nicht zufrieden mit dem Ergebnis all seiner Mühen ist. Ich bin nicht anders. Auch mein Geist ist schwach, wie der eines jeden denkenden Wesens. Als läge die Schwäche der Intelligenz im Streben.

Die Bemühung nach Glück, Hoffnung und Leben brachte mich um den größten Teil meiner Zeit. Das ließ mein Vorankommen oft schleichen und scheitern.

Ich bin im Geiste nicht alt, liege auch nicht im Sterben. Aber mit der Zeit bemerkte ich den Verlust all meiner Menschlichkeit mit einer unbeschreiblichen Macht an mir zehren und ich weiß, dies wird mein Ende sein.

Ich habe keine Angst davor. Genau so wenig, wie es mich im Grunde meines Herzens berührt, denn ich lebe schon zu lange um noch wahre Gefühle zu haben.

Während ich dies alles erzähle, bricht für mich ein neues Zeitalter an. Ich werde den Fußtritten meines Vorgängers folgen und all meine so genannten „menschlichen“ Kräfte - Hoffnung, Streben, Liebe, Güte – die so wenig menschlich sind, wie der kalte Winterregen Hoffnung trägt, - hinter mir lassen, um meinen Instinkten als Vampir zu folgen und endlich zu Askian werden. - Der, der ich schon vor Jahrhunderten hätte sein sollen.

Ich wurde geboren, um zu sterben und um meine Bestimmung betrogen, durch den grausamen Kuss des Vampirs Siren, in einer Winternacht vor 600 Jahren. Er stahl mir mein Schicksal, meine Freiheit und gab mir diesen neuen Namen. Ich wollte sterben, bevor ich zu Askian würde. Nun weiß ich, dass mir dieser Wunsch nicht erfüllt werden wird.

Blutmond (Askian) Es ist schwer bei einer Geschichte, wie der Meinen einen Anfang zu setzen

Es ist schwer bei einer Geschichte, wie der Meinen einen Anfang zu setzen, denn ich glaube nicht mehr, dass meine Kindheit, der Ort meiner Geburt oder die Familie, die mich erzogen hat einen Bezug zu mir hat, da viele meiner Vorstellungen mit den ihren nicht übereingestimmt haben.

Dass ich meinen leiblichen Vater nie kannte, ist mir von den vielen Tatsachen über mein Leben im Gedächtnis geblieben. Vielleicht liegt das daran, dass Menschen dazu neigen sehr viel Zeit mit den Gedanken daran zu verbringen, was sie nicht haben. In Wahrheit war ich vielleicht nur nie fähig mein Glück an zu nehmen und nun scheint es zu spät Demut vor dem eigenen Schicksal zu lernen.

Für unsterbliche Wesen beginnt das Erträumte an Bedeutung zu verlieren. Natürlich habe ich noch Pläne und gelegentlich male ich mir aus, was sein könnte, was hätte sein sollen, wenn ich zu gegebener Zeit anders gehandelt hätte. Das sind, wenn man so will Träume. Jedoch tragen sie kein Leben mehr in sich.

Natürlich habe ich die Kreativität und die Fantasie mir gewisse Dinge auszumalen nicht vollkommen verloren. Als Raubtier sind solche Gedankenspiele unerlässlich. Der Unterschied liegt vermutlich mehr in der Leidenschaft, die all diesen Vorstellungen und Wünschen heute fehlt. Ich erinnere mich, dass ich als Mensch Stunden damit zubringen konnte mir mein zukünftiges Leben glanzvoll auszumalen – und ich hatte die Fähigkeit in solchen Momenten beinahe körperlich zu spüren, dass die Welt in meinem Inneren zum Greifen nah sei.

Auf diese Art träumen kann man nur, wenn man weiß, dass man Sterben wird.

– Sterben… Welch ein Gedanke! Genaugenommen müssen wir das alle, doch als Mensch hat man die Möglichkeit sich einen friedlichen Tod zu wünschen, während ich selbst weiß, dass ich auf grausame Art umkommen werde.

Wir können beinahe unendlich alt werden und weil das so ist, wissen wir auch, dass wir durch die Hand eines Feindes sterben müssen. Irgendwann kommt für jeden unserer Art der Augenblick, in dem er dies schmerzlich erfährt und deswegen ist jede Nähe anderer Wesen gleichzusetzen mit dem potentiellen Risiko des Todes in einem ansonsten nahezu ewig währenden Leben. Siren bezeichnete dies oft als den Preis, den wir für unser langes Leben und die unheiligen Vorzüge unserer Existenz entrichten müssen. Ich persönlich glaube, dass dieses Unleben selbst der Preis ist.

Vielleicht wäre es gut, den Anfang meiner Geschichte dort zu setzen, wo mein eigentliches Ableben begann, anstatt mich mit belanglosen Einzelheiten über mein recht gewöhnliches, sterbliches Dasein aufzuhalten.

Es reicht vermutlich vollkommen zu sagen, dass ich bereits vor meinem Ende fasziniert war vom Tod und dass Blut auf mich schon immer eine anziehende Wirkung hatte, obwohl ich dies sicherlich niemandem anvertraut hätte. Ich war in meinem Leben zwar nie wirklich reich oder übermäßig glücklich, doch ich gehörte zu den Menschen, die sich notgedrungen damit abfinden keine sonderlich große Rolle im Geschehen der Welt einzunehmen.

Ich war krank. Es hatte meine Lunge befallen und breitete sich von da aus in meinem gesamten Körper aus. Ich konnte in jeder Sekunde spüren, wie es mich zerfraß. Man hatte mir gesagt, dass ich sterben würde und meine einzige Hoffnung sei es, den Tod zu suchen, statt vor ihm davonzulaufen.

Ich entschied mich für die Zuflucht zu Gott, obwohl ich wusste ich würde so spät nachts keinen Priester mehr in der kleinen Kapelle des Ortes finden. Vielleicht war es meine Ziellosigkeit, die mich schon lange durch das Elendsviertel der Stadt getrieben hatte.

Mein abgewetzter Stoffmantel wärmte mich nur unzureichend vor dem unerbittlichen Nordwind und ich schlang meine Arme fester um meinen Unterleib in der irrealen Vorstellung, dass dadurch zumindest das starke Zittern meines leicht abgemagerten Körpers abgeschwächt würde. Ich weiß nicht, ob dieses Zittern an meinem seelischen Zustand, oder schlicht an der Kälte lag, doch nach meinem anfänglichen Schock über die Erkenntnis des nahenden Todes, war mein Verstand beinahe wieder klar.

Die beste Taktik des Überlebens ist, die Kälte zu ignorieren und einfach immer weiter zu gehen. Vermutlich kann man das auf viele Bereiche des Lebens übertragen.

Einige dunkle Wolkenfetzen trieben am Himmel und es war schon vor einiger Zeit ein fahler Halbmond erschienen, der sein weißes Licht auf die zugigen Baracken warf, in deren Fenstern vereinzelnd Kerzen brannten. Sie nannten sie „Totenkerzen“, denn sie sollten sterbende, oder bereits tote Menschen ins Jenseits geleiten. – Eine bäuerliche Vorstellung, ein alter heidnischer Glauben, der trotz der christlichen Messen noch von den Menschen dieser Stadt geteilt wurde. Auch von mir.

Die schöne Vorstellung, dass die Toten den Weg ins Jenseits durch ein einsames Licht finden könnten, habe ich bereits vor langer Zeit begonnen anzuzweifeln. Glauben birgt für mich nur noch eine schmerzhafte Erinnerung an ein Gefühl, das sich Hoffnung nennt, in sich. Verzeiht mir diese Rede! Das ist natürlich meine heutige Sicht. Damals glaubte ich an Engel und Dämonen, wie ein naives Kind glauben mag die Sterne des Himmels seien die Augen der Götter.

Ich streifte mit ein paar nebelnasse Haare aus dem Gesicht und kam nicht umhin, eine tiefe Faszination für das Kerzenfeuer zu empfinden, dass mich in einer Art abschreckte, die mich an die wenigen Kirchenbesuche meiner frühen Kindheit erinnerten. Es war ein Gefühl, als sei ich plötzlich in ein offensichtliches Geheimnis eingeweiht, dass doch vielen Menschen verborgen bleibt.

Die kleinen Lichter verkündeten stumm und mit zuckenden Leibern das Schicksal der Menschen. Man sah deutlich, wie schlimm es um dieses Viertel stand. Ich glaubte, es seien mehr Lichter entzündet worden, als in den vorhergegangenen Wintern. Heute denke ich, dass mich dieses Gefühl nur auf Grund meiner eigenen unsicheren Zukunft befiel. Die untypische Eiseskälte, die schon vor Monaten über die kleine Stadt hergefallen war und die uns seither nicht einen wärmeren Tag der Ruhe gegönnt hatte, tat ihr Übriges, um eine Stimmung von Zerfall, Tod und Elend herauf zu beschwören.

Vielleicht ist es gerade aufgrund meiner hoffnungslosen Lage nicht verwunderlich, dass ich dennoch bereit war in einer Lüge Hoffnung zu schöpfen und ein Wunder des Herrn zu ersehnen.

Der Name des Gotteshauses an das mich meine Schritte führten war „Suveign“. Vermutlich nach seinem Baumeister oder einem unbedeutenden Priester benannt.

Ich war noch nie an diesem Gebäude gewesen und wusste nicht einmal, ob hier noch Messen gehalten wurden. Beim Anblick der Außenmauer bezweifelte ich es beinahe und auch als ich das vermoderte Holz des Fachwerkes und das verdorrende Unkraut im Kirchhof betrachtete erschien mir der Ort leer und unvertraut. Neben unzähligen alten Grabsteinen wurde eine nie genutzte Sarggrube langsam von Gras und schwarzem Nachtschatten eingenommen, als habe das Leben selbst Abschied von diesem Ort genommen. Irgendetwas jedoch zog mich unwiderstehlich an genau dort hin, als sei der allgegenwärtige Tod selbst für mich nun ein Verbündeter geworden, den ich nur akzeptieren konnte, indem ich ihn als Freund empfing.

Das mit Efeumotiven verzierte Eisentor war durch ständigen Regen und schlechte Befestigung leicht gekippt und die eiserne Tür hatte sich dabei halb geöffnet ins Erdreich gedrückt, sodass man sie weder schließen, noch vollständig öffnen konnte.

Mit leichtem Zaudern drückte ich mich zwischen den Eisenstreben hindurch und betrat den Hof. Dann ging auf ein Portal zu, vorbei an zwei Statuen unbekannter Heiliger mit zertrümmerten Gesichtszügen, die unverwandt und ausdrucksleer in meine Richtung starrten, als sei ich ein ungebetener Eindringling.

Ich war überrascht das hohe Portal mit den großen Ebenholztüren unverschlossen vorzufinden. Es öffnete sich stöhnend vor mir und gab den Weg ins Innere der Kapelle frei, die von ein paar wenigen Kerzen und einem Feuerkorb erhellt wurde.

Kurz nach meinem Eintreten fiel das Tor krachend hinter mir ins Schloss und meine Schritte hallten laut an den hohen Wänden wider. Ich kümmerte mich nicht, um das Wasser, das aus meiner durchnässten Kleidung auf den Boden tropfte, als ich auf den Feuerkorb vor dem Altar zuschritt. Zunächst streckte ich die Hände vor, um sie zu wärmen, dann sah mich um.

Ich befand mich in einer klassischen Kreuzbasilika, vermutlich nach Osten ausgerichtet. Vor mir erhob sich, in zwei hohe Säulen gefasst, ein Altar aus dunklem Holz, der von einem schneeweißen Tuch bedeckt wurde. Im Presbyterium war ein Bildnis an die Wand gemalt, das die Vertreibung aus dem Paradies darstellen mochte. Zwei nackte Menschen, ein Mann und eine Frau, flohen vor einem in Gold und Seide gekleideten Engel mit erhobenem Schwert. Ein Schauer durchlief mich beim Anblick dieser Szene.

Ich wandte mich um, als mir schlagartig bewusst wurde, dass mich jemand beobachtete.

Bisher hatte ich die vor der Marienstatue kniende Person nicht bemerkt. Nun sah ich plötzlich in die hellen Augen eines Mannes, der mich schweigend wohl schon eine ganze Weile im Blick hatte. Auch jetzt wandte er seine Aufmerksamkeit nicht von mir, ganz als sei ich seiner nicht würdig.

Er schien gebetet zu haben, denn in seinen schneeweißen Händen lag ein verzierter Rosenkranz aus Elfenbein und Jade. Er hielt das Kleinod locker, als würde der geringste Druck ausreichen, die winzigen Silberdrähte zu lösen und das Schmuckstück zu zerstören. Bei den kleinen Bewegungen, die sein Atem verursachte, pendelte das fein geschnitzte Elfenbeinkreuz beinahe unmerklich hin und her.

Mein Blick wanderte zurück in sein schmales Gesicht und zu den rötlich braunen Augen, die mich mit leicht abwertendem Interesse musterten.

„Der Priester dieser Kirche ist nur tagsüber hier, um dir die Beichte ab zu nehmen. Dein Leben retten kann aber weder er noch Gott.“, sagte er gerade so laut, dass seine Stimme keinen Widerhall erzeugte. Das Feuer warf unkontrollierte Schatten in sein Gesicht und auf seine weizenblonden Haare.

In der gesamten Erscheinung seines knabenhaften Körpers lag ein unausgesprochener Vorwurf und mir wurde bewusst, dass ich sein Gebet gestört haben musste. Viel mehr als das aber spürte ich, dass von dem jungen Mann, der vor mir kniete, wie eine in weißen Marmor geschnitzte Statue des Erlösers, eine unfassbare Bedrohung ausging.

Mein Verstand wehrte sich dagegen, ihn und seine ebenmäßige Erscheinung als wahrhaft menschlich an zu erkennen und zeitgleich wusste ich, dass nicht einmal der Teufel jene bodenlose Verachtung besitzen konnte, die Hände zum Gebet zu falten, während in seinen Augen eine solche Mordgier blitzt.

Bevor mich mein eigener Verstand zur Vernunft zwingen konnte, murmelte ich hastig eine Entschuldigung und floh aus der Kirche.

Die Kälte schlug mir entgegen, wie eine alte Feindin, als sich die Tore hinter mir schlossen. Die Statuen waren nicht weniger einschüchternd als zuvor, dennoch blieb ich eine Weile gegen einen ihrer hohen Steinsockel gelehnt und versuchte mein schlagendes Herz zu beruhigen. Ich mir versuchte mir einzureden, dass meine flatternden Nerven mir einen Streich spielten.

Dieser junge Mann wirkte rein körperlich nicht viel älter als ich. Er mochte vielleicht sechzehn oder siebzehn Jahre alt sein, doch er trug eine herrschaftliche Autorität, als sei er bereits seit Jahrhunderten ein Prinz - und noch etwas Anderes lag unsichtbar in seinen Gesten verborgen - etwas, das mich dazu veranlasst hatte zu fliehen, als sei er der Ausdruck all meiner Sünden. Für einen kurzen Moment hatte ich das Gefühl meinem eigenen Ende ins Gesicht zu sehen, wie ein geschwächter Wanderer, der sich urplötzlich einem schönen, hungrigen Wolf gegenüber sieht und weiß, dass dieses eine Tier nicht vor den Schlägen seiner Waffen zurück weichen wird.

Natürlich redete ich mir ein, dass dieses Gefühl nicht im Geringsten gerechtfertigt oder logisch war. Meine Temperatur war gestiegen. Ich fühlte mich matt. Vielleicht fantasierte ich bereits.

Als ich mich schließlich der Stadtmauer folgend auf den Heimweg machte, hatte ein leichter Regen eingesetzt. Ich sah die hohe Steinmauer vor mir im Mondlicht glänzen, als sei sie aus schwarzem Opal geformt. Das Regenwasser sammelte sich in den Rinnen und Senken der gepflasterten Straße zu Teichen, in denen sich kalt und blau das ewige Licht der Sterne spiegelte.

Nahe der Tore wurde ich erneut von einem heftigen Husten geschüttelt, sodass ich zunächst kaum die Schritte hinter mir vernahm. Ich wagte nicht, mich zu bewegen aus Angst, dass allein eine Regung meines Körpers den unbestimmten Feind in meinem Rücken zum Angriff reizen könne. War die Erscheinung in der Kirche mir gefolgt, um die unausgesprochene Drohung wahr zu machen?

Schließlich hörte ich die Worte: „Du befindest dich zu nah bei den Toren, Bettler!“ und war beinahe enttäuscht eine Stadtwache hinter mir zu vernehmen.

Ich wandte mich um und sah in das ungerührte Gesicht des Soldaten, der wie der Wächter des Hades darauf Acht gab, dass keiner der niederen Menschen das Tor ins Viertel der Bürgerlichen passierte und womöglich die Seuche, die auch mich zerfraß, über die gesamte Stadt verteilen konnte.

In meinen Augen war das eine reichlich übertriebene Maßnahme, da ohnehin niemand die schweren Tore aus Holz und Eisen hätte öffnen können, ohne den Schlüssel zu besitzen.

Ich dachte an den Mann aus der Kirche. Auch er gehörte offensichtlich dieser fremden Welt hinter der Mauer an und ihn hatte man offensichtlich passieren lassen.

„Was stehst du noch hier?“, raunte die Torwache, als ich ihn noch immer, ohne mich zu rühren anstarrte und dabei einen erneuten und heftigeren Husten unterdrückte.

„Ich will keinen Ärger…“, murmelte ich so leise, dass ich bezweifelte, dass der Mann vor mir mich verstanden hatte und senkte den Kopf.

„Du bist ja bereits krank.“, erkannte der Mann vor mir leicht angewidert und wirbelte einen großen Prügel spielerisch mit einer Hand herum. „Wenn du es darauf anlegst, kann ich dein Leiden verkürzen und dich hier und jetzt erschlagen. Mach, dass du Land gewinnst!“

Es heißt, die Hoffnung sterbe zuletzt, aber das ist nicht wahr. In Wirklichkeit welkt die Hoffnung immer als Erstes und wenn man bereit ist, sich nieder zu legen – zu sterben – ist sie in vielen Fällen bereits tot. Noch war ich nicht vollständig bereit dazu, noch konnte ich die Schmerzen spüren, noch war alle Hoffnung nur im Schwinden begriffen.

„Verschwinde!“

Mir war klar, dass dies die letzte Warnung des Torwächters sein würde und ich drehte mich zum Gehen. Zumindest der kalte Regen hatte nun beinahe aufgehört auf meiner Haut zu stechen.

Als ich um eine Hausecke in eine dunkle Gasse einbog, überkam mich erneut das Gefühl, dass mir etwas folgte, doch dieses Mal achtete ich nicht mehr darauf. Es war eigentlich auch nicht so, dass ich mir dessen sicher gewesen wäre. Meine Sinne schwiegen. Ich habe nichts gehört, abgesehen von ein paar Ratten, die durch die nassen Pfützen huschten und nichts gesehen, abgesehen von ein paar Schatten, die dünne Wolken verursachten, wenn sie im schnellen Flug das Mondlicht dämmten oder freigaben - und ich habe auch nichts Ungewöhnliches gerochen, obwohl bei dem Gestank jener Gasse ohnehin nichts Anderes zu riechen war, als Verwesung und Regenwasser.

Dennoch blieb mein Instinkt wach. Mein Verstand flüsterte mit untrüglicher Nüchternheit, dass meine Gefühle falsch sein mussten und dass meine Krankheit Illusionen erzeugte.

Die Furcht vor der Dunkelheit war mir damals nicht fremd und ich kannte die Vorsicht, mit der sich Menschen bewegen, wenn sie alleine bei Nacht wandern. Dies jedoch war kaum mehr als eine bloße Ahnung, die meine Schritte beschleunigte und mein Herz schlagen ließ, wie die Flügel eines flüchtenden Vogels.

Wenn ich inne hielt, bemerkte ich, dass ich Angst hatte - Angst vor dem, was da im Dunkel auf mich lauern mochte - Angst vor der Kreatur, die den Nebel verursachte, der langsam die Straßen erfüllte und der ihm die Möglichkeit geben würde sich ungesehen an mich heran zu schleichen. Etwas wartete in der aufkeimenden Dunkelheit. Eine Kreatur, die nur ein wunderschönes Raubtier sein konnte, dem ich mein Leben mit Furcht und Freude ausliefern musste.

Blutmond (Siren) Ich beobachtete ihn tagelang

Ich beobachtete ihn tagelang.

Eigentlich war es immer Teil seiner Persönlichkeit, dass er seiner blinden Intelligenz zu sehr vertraute, um auf das untrügliche Gefühl in seinem Inneren zu hören. Er ist immer naiv gewesen.

Als ich ihn zum ersten Mal sah, fühlte ich mich furchtbar. Ich zog mich in die Stille einer alten Kapelle zurück und ließ die kühlen Perlen des Rosenkranzes zwischen meine Finger gleiten, ohne mich auf das eigentliche Gebet zu konzentrieren. Die Macht dieser sich stetig wiederholenden Worte - „Gegrüßet seist du Maria, voll der Gnade…“ - war stark genug, um mich fort zu reißen, wie der Gesang der heidnischen Priester des Orients es vielleicht ebenfalls vermocht hätte. Der Inhalt selbst war für mich bestenfalls bedeutungslos.

Ich dachte an den Tod in romantischer Weise, wie Menschen ihn betrachten. Gelegentlich nehme ich mir die Zeit über all jene nach zu denken, die meinen Weg gekreuzt und es mit dem Leben bezahlt haben. Ich denke an unzählige Frauen, die mich geliebt haben – nicht daran, wie sie starben. Ich frage mich ob es einen Unterschied machen würde, wenn ich sie ebenfalls geliebt hätte, wenn meine Gedanken an sie von ehrlichem Mitgefühl erfüllt gewesen wären und ich komme zu dem Entschluss, dass Gott mir meine Gefühle genommen hat, damit ich meinem Schicksal gewachsen bin.

Dies ist der einzige Grund aus dem heraus ich bete. Vielleicht trage ich nach all diesen Jahren der Verdammnis noch immer eine Seele in mir, der vergeben werden kann. Vielleicht bin ich mehr, als nur ein sinnlos mordendes Biest mit den pathetischen Erinnerungen eines Sterblichen. Vielleicht ist der ersehnte, gefürchtete Tod für mich nicht das Ende.

Ein lautes Krachen an der Vordertür zerriss schließlich die Stille um mich. Sogar das Atmen dieses Menschen erschien im Widerhall an den hohen Decken laut und störend. Ich konnte die Furcht beinahe körperlich spüren und blickte auf, als eine regendurchnässte Gestalt an mir vorbei auf den Altar zuschritt, um bald darauf seine Hände an den Flammen eines lichtspendenden Feuerkorbes zu wärmen, was ich zu jenem Zeitpunkt für eine unglaublich respektlose Geste hielt.

Sein gesamtes Aussehen und jede seiner unbewussten Bewegungen waren mir in diesem Moment zu Wider. Er war ein Mensch. Nicht mehr als ein Bettler. Der Jüngling selbst schien sich vollkommen allein zu fühlen und so wagte ich aus reinem Interesse eine nähere Betrachtung. Seine Schultern waren schmal. Er strahlte Unsicherheit aus und warum war für mich vollkommen offensichtlich: Sein Blut roch nach nahendem Sterben und er musste es bereits spüren.

Das schwarze Leinentuch, das seine Schultern umspielte war ein Stück weit herunter gerutscht und gab den Blick auf den schlanken, ungebeugten Nacken unter einigen rabenschwarzen Haarsträhnen frei. Unter diesen wenigen Zentimetern regennasser, nackter Haut, schoss das Leben verführerisch und pulsierend. Für ein Wesen wie mich wirkt dies beinahe wie eine Aufforderung. Auch das warf ich dem Fremden vor, der begonnen hatte das Wandgemälde des Sündenfalls zu betrachten.

Die Züge seines Körpers waren ebenmäßig. Unter dem dünnen Stoff konnte ich nur erahnen, wie fein alles an ihm geformt sein musste. Schönheit, die ich auch in jenem Moment genoss.

Es gibt drei Dinge, die ich am Körper eines Mannes besonders schätze. Zum Einen ist es ein feingeschnittener Halsbereich mit einem markanten Schlüsselbein, der das Versprechen des Blutstromes verkündet. Darauf folgt die Verheißung, die eine leichte Erhebung des Brustkorbes kurz unter den Rippen in sich trägt und die lustvoll bebend nicht weniger verspricht, als dass das unter ihr schlagende Herz sich nach meinen Berührungen verzehren möge. Schließlich vermag ein sanft hervortretender Beckenknochen nicht weniger, als stumm und auf züchtige Art Gedanken an Lust und Leidenschaft zu wecken.

Hätte er mir an einem heiligen Ort wie diesem ein intimes Angebot gemacht, hätte es mich nicht tiefer treffen können. Die Tatsache, dass der Dämon in mir, selbst an einem Platz wie diesem zu Macht erstarken konnte und mich in Versuchung führen durfte, deklarierte das Gotteshaus innerhalb eines Augenblickes zu einem einfachen Steingebäude. Es war mir beinahe unangenehm bis zu jenem Zeitpunkt eine göttliche Präsenz gespürt haben zu wollen.

Ich dachte in diesem Moment, dass ich ihn dafür töten wollte, mir die Illusion genommen zu haben, es könne einen Ort auf der Welt geben, an dem ich vor meinem eigenen schwarzen Wesen in Sicherheit war. Trotz alledem konnte ich in diesem Saal, der für mich einst so voller Heiligkeit gewesen war, noch immer keinen Mord begehen, während die leblosen Augen der Heiligenstatuetten mich aus den Mauernischen genau zu beobachten schienen und bereits meine Gedanken verurteilten. Ich musste warten, bis er die Kirche verließ.

Als ich dies noch dachte, wandte er sich um und seine eisig blauen Augen trafen meinen Blick. Für einen Augenblick war ich zu versteinert, um etwas zu sagen, – zu perplex, um etwas Anderes, als Verachtung zu spüren.

„Der Priester dieser Kirche ist nur tagsüber hier, um dir die Beichte ab zu nehmen.“, erklärte ich hastig, eigentlich nur um die Stille zu füllen.

Ich sagte es ganz so, als kenne ich diesen Gottesdiener. In Wahrheit hatte ich ihn niemals zu Gesicht bekommen und ich bezweifle, dass er wusste, wer abends gelegentlich in seiner zerfallenden Kirche betete. Ganz davon abgesehen, dass es sicherlich für ihn nicht sehr schmeichelhaft gewesen wäre, es zu wissen.

Welcher Gottesmann rühmt sich schon mit der Tatsache einen Dämon in seiner Kirche willkommen zu heißen?

„Dein Leben retten kann aber weder er noch Gott.“ Vielleicht setzte ich diese Worte nur aus purem Sadismus hinzu. Ich wollte seine Reaktion sehen, die er gut zu verschleiern versuchte. Lediglich ein unmerkliches Zucken seiner Augen, ein leichtes Weiten der Pupillen und ein kaum merklich beschleunigtes Beben der Adern unter der Haut seines nackten Halses verriet die Angst, die ihn allein bei meinem Anblick befiel. Ich verzog den Mund zu einem grausamen Lächeln. Zeigte ihm bewusst die spitzen Eckzähne, die Waffen mit denen ich ihn umzubringen gedachte.

Der junge Mann indes, schien innerlich zu verstehen. „Vergebt mir, Herr!“, flüsterte er leise, sodass ich selbst mit meinen scharfen Sinnen nur erahnen konnte, welch wundervolle Stimme sich hinter dieser Maskerade aus Unsicherheit und Selbstzweifel verbergen mochte. Ich glaubte nicht, dass er bereits um seine Wirkung auf andere Menschen wusste, geschweige denn sie zu nutzen verstand. Er floh.

Eine Weile blieb ich zurück und ließ mich von der erneut aufkeimenden Stille umfangen. Mir war bewusst, dass jeder andere Mensch vor den Toren dieser Kapelle gestorben wäre.

Ich sagte mir, dass ich nur deswegen an seiner Seele kein Interesse hatte, weil sein Blut zu krank und deswegen minderwertig war. Ich denke, das war nicht die volle Wahrheit.

Als ich mich schließlich entschloss, ihm zu folgen, hatte er die Stadttore beinahe erreicht und das Mondlicht erhellte die Häuser in der Ferne, die für den Verfolgten sicherlich nur schwarze Schemen ergaben. Mit meinen deutlich besseren Augen jedoch, erkannte ich die Dächer und die Burg, als seien sie in Silber getaucht. Diese menschliche Stadt und das Wissen um seine Vergänglichkeit begannen bereits jetzt mich krank zu machen, obschon ich erst wenige Jahre hier verbracht hatte.

Es war schneidend kalt. Der Winter war lange eingebrochen, aber es schien sogar zu frostig für Schnee zu sein und so regnete es ununterbrochen. Mir war das ganz recht, denn ich fühlte mich in den streichelnden, eiskalten Tropfen geborgen, als berührten mich, die unsichtbaren Hände jener unheiligen Macht, die mir schon seit Jahrhunderten gebot weiter zu leben.

Dies war einer jener Winter die scheinbar nur Verachtung für die Sterblichen fühlen. Er war unerbittlich und wunderschön in seiner filigranen Einsamkeit aus Wasser, Eis und Raureif. In meinem Stolz redete ich mir ein, dass ich selbst nicht anders sei.

Ich wusste nicht genau, wieso ich ihm folgte. Etwas war in seinen Augen gewesen, das ich kannte. Etwas fesselte mich und sei es nur der Ausdruck des Sterbens, das ein Geheimnis darstellte, welches ich nie wirklich erfahren hatte und das ich ergründen wollte. Meine kleine Verfolgung betrachtete ich mehr und mehr als ein Spiel, denn er selbst entsprach nicht ansatzweise den Menschen, die ich für würdige Opfer erachtete. Er war zu jung, unschuldig und ein Mann. Noch dazu war er eigentlich tatsächlich zu schwach, als dass ich ernsthaft mit dem Gedanken spielen konnte ihn zu jagen, um mich von ihm zu nähren.

Gleichzeitig zu diesen Gedanken erwachte allerdings ein ungewöhnlich sehnsüchtiger Wunsch, den ich trotz seiner Intensität zunächst nicht genau einordnen konnte.

Jahrhunderte habe ich mich dagegen gewehrt noch Gefühle zu haben. So lange Zeit! – und es war richtig gewesen. Mit den unzähligen Nächten hatte ich vergessen, was es heißt etwas Derartiges zu spüren. Vielleicht war es sogar diese lange Zeit der Einsamkeit selbst, die nun ihren Tribut über meinen Verstand forderte. Ich fragte mich, wie es sein würde ihn zu töten und dabei den Geruch seiner Haut aufnehmen zu können. Wie mochte es sein meine Lippen an seinen Hals zu schmiegen?

Ich spürte seinen Lebensfunken in der Ferne aufglühen und wollte ihn verlöschen sehen – fühlen, wie diese kostbare Flamme aus Herzschlag und Gedanken unter meinen Händen vergeht. Ich wollte ihn leiden sehen, weil es das Kostbarste ist, das Menschen den Unsterblichen noch voraus haben. Er war so menschlich, so verletzlich, so verachtenswert schwach, dass ich mir nicht vorstellen konnte, wieso mir all meine Instinkte zuflüsterten, dass er eine Bedrohung für mich war.

„Askian“, das ist ein Wort in der Sprache meines Volkes, das viele Bedeutungen kennt „Sklave“ – „Diener“ - „Geliebter“, - wir machen keinen Unterschied, denn was wir lieben gehört uns oder es wird vernichtet.

Wie dem auch sei: Ich wusste bereits nach wenigen Stunden, dass es aus diesem Spiel keinen Ausweg mehr gab und, dass ich mich in einem Sog befand, dem ich eventuell nicht mehr entkommen würde.

Ihn sterben zu sehen, obwohl ich es hätte verhindern können, war meine Art der stillen Kontrolle über ihn. Es war meine Art der Rache und ich wollte ihn zerstören. Zusammen mit den letzten Resten meiner Menschlichkeit, die ich stets zu verleugnen suchte.

Was ich jedoch sah, befriedigte mich nicht so sehr, wie gehofft. Warum hatte ich an jenem Abend solch schwächliches Mitleid mit seinem sterbenden Körper? Warum brach seine schreiende Seele für einen kurzen Augenblick den eintönigen Fluss der Unendlichkeit, dem ich unterworfen bin? Warum konnte ich in jenem Moment seinen Schmerz und den der uns umgebenden Wesen spüren, maß aber nur seinem Leiden Bedeutung bei?

Er war mein Verderben, also war mir klar, dass er mich bei diesem Fall begleiten würde. Mehr noch: Es war geradezu eine Rechtfertigung ihm mit Genuss bei seinem eigenen Unglück zuzuschauen.

Warum musste ich mich in ihn verlieben?

Blutmond (Askian) Der eigene Tod ist ein Thema über das man genau so wenig sprechen solte, wie über Sünde und Lust

Der eigene Tod ist ein Thema, über das man genau so wenig sprechen sollte, wie über Sünde und Lust.

Ich vertraute der Einsamkeit meinen Schmerz an, als sei sie mein Beichtpriester und für ein paar Tage war mein Leben wie zuvor.

Ich genoss jeden einzelnen Tag, wie nur jemand genießen kann, der tief in seinem Herzen weiß, dass er sein Glück verlieren wird.

Was hätte ich schon tun sollen, als mein Leben weiter zu führen?

Die Apathie in mir war der mancher Tiere nicht unähnlich. Es ist bei den meisten lebenden Wesen üblich, um sein Leben zu kämpfen oder vor der Gefahr davon zu laufen. In dem Moment allerdings, in dem jede Chance auf ein Überleben schwindet, hören wir auf uns zu wehren. Das ist beim Sperling so, der sich in den Fängen einer Katze wiederfindet und auch beim Reh, das vom Bären zerrissen wird. Letztendlich ist es auch beim Menschen so.

Ich ertränkte meine Sorgen in trübem Wein und bemerkte den Dreck und den Abschaum um mich herum nicht, so wie ich auch nicht daran dachte, dass ich selber schmutzig war.

Schon wenige Tage nach meiner Begegnung mit dem blonden Racheengel, dachte ich kaum noch an den Vorfall in der Kapelle. Ich betrachtete diese Begegnung mehr wie einen fernen Traum, der zu surreal war, um ihn weiter zu beachten. Schließlich jedoch fand er mich wieder. Er wirkte deplatziert in der Gaststätte, wie ein exotisches Tier, das vor dem Schneetreiben am Kamin Schutz gesucht hatte. Seiner Körperhaltung nach zu urteilen war er sich dessen auch bewusst, während er mit abwesendem Blick eine Weile in die Flammen starrte und Gedanken nachhing, die ich unmöglich zu jenem Zeitpunkt erahnen konnte.

Ich sah ihn erst, als ich seine Aufmerksamkeit bereits auf mir ruhen spürte und erwiderte seinen Blick nur kurz, als könne ich ihn so davon abhalten, mich weiter auf diese offene Art anzustarren. Zeitgleich war meine gesamte Aufmerksamkeit auf eine weitaus subtilere Art nur auf ihn gerichtet. In jeder seiner kleinen Gesten lag scheinbar Berechnung. Er gab vor unaufmerksam zu sein, doch ich wurde den Eindruck nicht los, dass hinter der Fassade ein wacher Geist lag. Obwohl er ein deutlich besserer Schauspieler war als ich, denke ich rückblickend, dass wir beide versuchten den jeweils Anderen unbemerkt zu beobachten. Was der Mann, den ich erst später als Siren kennen lernen sollte, in diesem Moment sah, kann ich nicht sagen. Er wurde von einer Aura umgeben, die mir ein tiefes und dunkles Geheimnis verriet.

Als ich mich achtlos umwandte, stieß mein Arm gegen einen tönernen Krug, der zu Boden fiel und mit einem lauten Krachen zerschellte. Roter Wein ergoss sich über den steinernen Boden und die staubigen Stiefel eines alten Bettlers vor mir. Ich war verwirrt. Fast schon reflexartig beugte ich mich vor, um die Scherben aufzuheben, als der Alte innerhalb eines Wimpernschlages mein Handgelenk griff und mich zu sich zog, während er mir ein widerwärtiges Grinsen schenkte.

„Was für ein ungeschickter Bengel, du doch bist! Pech für dich! Jeden einzelnen Tropfen Wein bezahlst du mir in Blut.“, flüsterte er und in seiner Stimme konnte ich Trunkenheit und eine unüberhörbare Aggressivität ausmachen.

Wütend presste er meine Hand auf den schweren Holztisch, während die Andere an seinen Gürtel und zu einem Messer fuhr.

„Hast du überhaupt eine Ahnung mit wem du dich gerade eingelassen hast, Junge.“, stieß er hervor, während mein Blick auf der rostigen Klinge mit der uneben gezackten Klinge gerichtet war.

Einen betäubten Moment lang verstand ich nicht einmal, was im Begriff war zu geschehen. Dann schnitt das Messer ins Fleisch meines Handrückens und ich schrie mich niederbeugend auf ohne mich jedoch aus dem festen Griff befreien zu können. Die Hand des Alten lockerte sich erst nach einer ganzen Weile, um mich frei zu geben.

Hektisch riss ich mich los, noch bevor er mich vollständig losgelassen hatte. Ein stechender Schmerz durchzuckte meinen gesamten Arm und während ich zurück sprang, schienen vor meinen Augen helle Punkte zu tanzen.

Der Mann erhob sich bedrohlich, doch bevor er in meine Richtung gehen konnte, erregte etwas hinter mir seine Aufmerksamkeit.

„Ihr solltet gehen!“, flog plötzlich eine Stimme zu uns herüber - sehr leise, aber bestimmt, in einem Tonfall, der das Herrschen gewohnt ist.

Der Alte setzte zu einem Lachen an und verstummte jäh, als sein Blick auf den Adligen fiel, der sich mittlerweile von seinem Platz erhoben hatte und langsam in unsere Richtung ging. Äußerlich wirkte der deutlich kleinere Mann gelassen, doch hinter seinen Augen sah ich etwas Boshaftes flimmern, als tanzten die Flammen des Fegefeuers in ihnen. Mir war, als glühten sie im Halbdunkel kurz auf und auch in der Gestik des Bettlers fand jäh eine Veränderung statt.

„Ihr seid verflucht“, flüsterte der Bettler und stand hektisch auf „und dieser Ort ist es auch!“

Ungläubig wanderte mein Blick von einem zum Anderen, bevor der alte Mann mit bemerkenswerter Behändigkeit aus der Tür rannte.

Eine Weile blieb es still. Der Blick des Fremden war auf meine blutende Hand gerichtet und ich selbst war zu geschockt, um mich zu bewegen, oder auch nur einen klaren Gedanken zu fassen.

„Du solltest wirklich besser auf dich Acht geben.“, hob mein Gegenüber plötzlich seine Stimme an und ging zu schnell, um einen Widerspruch zu dulden auf mich zu.

Mit der Leichtigkeit, als würde er einen zahmen Vogel halten, griff er nach meiner Hand und führte sie an seinen Mund.

Die Wunde war nicht sehr tief, doch das aus ihr austretende Blut reichte aus, um die Lippen meines Gegenübers rot zu benetzen, bevor er mir über die Hand hinweg ein bösartiges Grinsen schenkte. Ich wünschte mir damals, dass der Schauer, der mir bei diesem Anblick den Rücken herunter fuhr, Angst und Abscheu zum Ursprung hatte. Das ist nicht richtig. Ich bemühte mich den Blick zu senken, um an etwas Anderes zu denken. Auch das gelang mir nicht, während ich die Hand hektisch losriss und hoffte, dass er es nicht bemerkt hatte.

„Weißt du, mein Askian, wir haben etwas gemeinsam.“, flüsterte er und ließ meine Hand wieder los. Meine Stimme fühlte sich seltsam belegt an, als ich ihn fragte: „Warum nennst du mich so?“

„Gefällt es dir nicht?“, kam es postwendend zurück.

„Ich bin das nur nicht gewohnt“, stockte ich und dann: „Ich weiß nicht einmal, wie ich Euch nennen kann!“

„Siren.“ Von all den Dingen, die er jemals zu mir sagte, ist mir der melodische Klang seiner Stimme, als er den eigenen Namen aussprach so deutlich in Erinnerung, als stünde er auch nun direkt neben mir, um mir bis ans Ende meiner Zeit mit einem leichten Hauch von Verzweiflung seinen Namen zuzuflüstern. Mehr als alles Andere macht mir dies bewusst, dass sein Name auch sein Schicksal ist.

„Was für eine Gemeinsamkeit meint Ihr?“, fragte ich nach einer ganzen Weile ohne mich wirklich auf die Worte zu konzentrieren, die ich selbst aussprach.

Mit einem Augenaufschlag und während sein Kopf unmerklich dichter an mich heran kam, erklärte mir der blonde Mann: „Jeder Mensch, der dich je geliebt hat, hat dich weggeschickt, als sie von deiner Krankheit erfahren haben. Sie haben dich für tot erklärt, bevor du es wirklich warst. Mir ging es einmal genau so. Wir sind beide einsam.“

Das stimmte. Es war sicherlich nicht schwer für ihn das zu erraten.

So seltsam es auch klingen mag, spürte ich doch Dankbarkeit, als er es aussprach. Als würde dieses Teilen meines Schmerzes mir die Last von den Schultern nehmen. Ich hätte ihm in diesem Moment sagen können, dass das es eigentlich nur teilweise richtig war. Ich hatte auch vor meiner Krankheit nicht viele Verwandte gehabt und war noch nie eine Person, die schnell Freunde findet.

„Welche Krankheit ist es, die Euch einsam macht?“, fragte ich. Siren ging nicht darauf ein.

„Hör zu, ich kann dein Leben retten, aber dafür musst du mit mir kommen.“, versprach er stattdessen und Trauer in mir wandelte sich schnell zu Aggression.

„Lass mich in Ruhe!“, zischte ich bewegt von diesem tiefen inneren Hass und auch von der Angst vor etwas Anderem, einem Gefühl, das seine Gesten in mir geweckt hatten und über das ich zum damaligen Zeitpunkt nicht weiter nachdenken wollte. „Deine Worte sind nichts als leeres Geschwätz. Ich habe mich mit meinem Schicksal abgefunden.“, schrie ich fast und als wolle mein Körper diese Aussage bekräftigen, wurden die letzten Worte von einem aufkeimenden Husten abgeschwächt.

Ich zog mich von ihm zurück und verließ hektisch die Gaststätte, ohne mich umzusehen.

Vor dem Haus tanzten Schneeflocken im eisigen Luftzug. Ich konnte lediglich anhand der unzähligen Fußspuren im Schnee ausmachen, in welche Richtung der alte Bettler geflohen sein mochte und wandte mich in die entgegengesetzte Richtung. Die kalte Luft schien derweil durch meine Lungen in meinen Körper zu dringen und ihn vollständig zu erfüllen, während ich mir meinen eigenen Weg durch die verwinkelten Gassen suchte.

Ich bemerkte bereits nach wenigen hundert Metern in den nächtlichen Straßen, dass Erschöpfung mich in die Knie zu zwingen drohte. Ich weiß noch, dass ich eine halb verweste Ratte im Schnee liegen sah und, dass ihr Anblick mich mit Panik erfüllte, da ich mein eigenes Schicksal in ihr gespiegelt zu sehen glaubte, während Blut aus meinem Handrücken in den weißen Schnee tropfte.

Ich weiß nicht genau wie lange ich durch die Straßen irrte, bevor ich zu Boden sank. Ich befand mich in einem Zustand, in dem mich die Welt umfing und es war nichts mehr wichtig. Ich spürte keine Kälte mehr. Meine Sicht wurde matt, als baue sich eine Wand aus Nebel um mich herum auf.

Meine Hoffnung begann zu sterben und als ich an eine harte Steinmauer gelehnt, unfähig mich zu bewegen und schwer atmend auf den Tot wartete, war sie bereits verschwunden

- und dann spürte ich eher, als dass ich durch meine fast tauben Sinne wahrnehmen konnte, wie sich jemand langsam näherte. Behutsam, wie eine Katze vor dem Sprung. Als würde der Fremde nur auf einen Grund, eine Bewegung von mir, warten seinen Vorstoß aufzugeben. Mir kam der Gedanke, dass mein heimlicher Verfolger viel zu lautlos für einen Menschen war, aber er ging zu schnell im Nichts unter als dass ich ihm Bedeutung beigemessen hätte.

Ich konnte noch etwas riechen. Es war nur ein Hauch, aber bald wurde mir bewusst, dass es sich vielleicht um Rosenöl handelte.

Als das Wesen so nah war, dass ich das leichte Rascheln seiner Kleidung hören konnte, versuchte ich die schmerzenden Augen zu öffnen. Ich wollte es sehen. Ich wollte sehen wie ich starb. Bevor ich endgültig das Gefühl für die Realität verlor, bemerkte ich eine zarte Hand in meinem Nacken und ich fühlte eine Flüssigkeit auf meiner Zunge, die mir bekannt vorkam und leicht nach Kupfer schmeckte.

„Wer bist du nur, dass du meine gesamten Gedanken beherrscht?“, sprach etwas die Frage aus, die ich selbst ebenfalls gerne gestellt hätte. Ich wusste nicht, ob ich wach war, oder träumte und ich registrierte auch nicht wirklich, dass ich ihm mit einer Stimme wie brechendes Glas meinen eigenen Namen aussprach als sei er von Bedeutung.

Dann fiel ich taumelnd in die Dunkelheit und wusste, dass es gut so sein musste, während mich Träume übermannten, von denen einige schemenhaft und verzerrt waren, als gehörten sie einer anderen Person.

Ich sah mich selbst als blonden Jüngling durch den Gang eines schneeweißen Palastes fliehen. Neben mir standen kunstvoll gewebte Gobeline in Flammen und eine Rauchwolke begann mich einzuholen, wie ein schwarzer, gesichtsloser Drache. Auch hinter dieser Wolke konnte man das Inferno vermuten, das bald auch mich erreichen würde.

Durch die Augen des jungen Mannes, begann ich zurück zu blicken und sah eine weiß verhüllte Matriarchin, dessen tiefschwarze Haare sich bedrohlich im Wind des Feuers wölbten. Ein Bildnis, das mich kurz an das ekstatische Zucken ihres nackten Körpers erinnerte und obwohl sie schön war wie der Mond erfüllte mich dieses Bild mit Ekel. Sie streckte die Hand vor, die voller Blut aus unzähligen tiefen Wunden war.

Gleich darauf folgte das Bild eines mir fremden Mannes, dessen Gesicht von einer breiten Narbe in zwei Hälften geteilt wurde. Er hielt mich fest und ich wusste, dass er mir, meinem träumenden Ich, in diesem Moment das Leben rettete und mich vor den Flammen schützen würde. Er würde mir dienen, weil es seine Bestimmung war nur mir zu gehorchen. Ich war ihm nicht dankbar, da der weitaus größere Mann in meinen Augen nichts großes Tat, indem er seine Pflicht erfüllte.

Der feste Griff, in dem ich mich befand, erweckte den Eindruck, als habe er die Befürchtung ich könne mich ihm entziehen, um so freiwillig den Tod zu finden und tatsächlich war ich in diesem Moment bereit einen verzweifelten Frieden zu finden, der nur deswegen überhaupt möglich war, weil ich meine Seele und alles, was mich jemals ausgemacht hatte, in den Flammen verbrennen lassen konnte.

Dann stürzte ich in einen tiefen, schwarzen Abgrund und wurde zeitgleich vollkommen vom Rauch verhüllt als der Palast zusammen brach und nur das breite Kreuz des narbigen Mannes über mir mich vor den fallenden Steinen schützte. – Es war mir gleich.

Dann starb ich. Zumindest wäre es wohl der Moment gewesen, in dem ich hätte sterben sollen, wenn mein Schicksal nicht in dieser Nacht unterbrochen worden wäre. Ich wurde kein Vampir. So weit ging Siren nicht.

Mein Leben setzte jedoch für eine Sekunde aus und ich wurde von einer unheiligen Macht gewaltsam aus den Klauen des höchsten Gerichtes entrissen, um wieder an meinen irdischen Körper gebunden zu werden. Anders konnte ich das Gefühl nicht erklären, dass mich befiel, als sich meine Gedanken langsam klärten und die Ereignisse meiner Vergangenheit wieder in den Hintergrund rückten, um der Gegenwart die Möglichkeit einzuräumen, sich erneut schmerzhaft in meinem Körper bemerkbar zu machen.

Dennoch erwachte ich nur kurz. Lang genug um festzustellen, dass ich mich in einem warmen Bett befand, aber kurz genug um mir noch das Gefühl zu geben es sei ein Traum, als mich erneut ein erholsamer Schlaf umfing.

Blutmond (Siren) Vampire sollten sich ihresgleichen zum Gefährten suchen

Vampire sollten sich ihresgleichen zum Gefährten suchen.

Das war es, was ich lange Zeit geglaubt habe.

Dann habe ich meine Herrin verraten. Ich habe sie getötet. Schließlich wurde ich verbannt. Ich bin gebrandmarkt zum Verfluchten unter all den Verfluchten meiner Rasse, weil ich es gewagt habe meine Herrscherin zu hintergehen und weil mir ein Krieg aufgebürdet worden ist, der im Wahn der damaligen Zeit zu vielen meiner Rasse das Leben gekostet hat.

Es war ein Wahnsinn, den ich zu jener Zeit nicht verstehen konnte, weil ich zu sehr Sklave war, um ihn zu hinterfragen. Es war ein Krieg, in dem ich nur deswegen kein Held wurde, da ich nach Ausgang der letzten Schlacht nicht auf der Seite der Gewinner stand.

Wer würde einem Ausgestoßenen Unterschlupf gewähren? Wer meiner Rasse würde mich nicht bekämpfen, sobald er von dieser Vergangenheit erfuhr?

Sogar diese Stadt hatte ich mir gewaltsam nehmen müssen, indem ich den herrschaftlichen Vampir samt seiner recht kleinen, menschlichen Familie umgebracht habe.

Es ist beinahe lachhaft, dass ich mit dem tödlichen Streich der festen Überzeugung war, mir selbst könne so etwas Unehrenhaftes, wie die Liebe zu einem Sterblichen niemals passieren. Das Schicksal ist schon immer von ironischer Hinterlist geprägt gewesen, denn als ich Askian fand, wollte ich plötzlich nicht mehr, als ihm noch etwas länger bei etwas so Banalem, wie seinem Leben zuzusehen. Er war einer jener Menschen, die wenn sie leiden, zu besonderer Schönheit heranreifen.

Die Einsamkeit, die meine gewohnte und geliebte Gefährtin war, hielt ich nur noch wenige Tage aus.

Ich hätte ihn einfach sterben lassen sollen. Ich versuchte es.

Ich folgte ihm in der Hoffnung, dass ich irgendeine Möglichkeit fände, ihn zu zerfleischen, ohne mich selbst dabei zu verletzen. Ich folgte ihm, wie der gezähmte Tiger seinem Herren folgt: Ohne Mitleid, ohne Sympathie. Lediglich mit purer Leidenschaft, die sowohl Liebe, als auch brennender Hass ist.

Natürlich war er schon näher am Tod, als am Leben, als ich ihn fand und nur weil sein Tod mich selbst zerstört hätte, habe ich ihm das Leben mit der Magie gerettet, die sich in meinem Blut verbirgt. Es war wie ein Band des Sterbens, das ihn und mich für den Bruchteil einer Sekunde verbunden hat – keine vollständige Verwandlung in ein Wesen, wie mich, sondern lediglich eine Übertragung meiner besten Fähigkeiten: Regeneration und zeitweilige Unsterblichkeit. Der Gedanke meinen Fluch an ihn weiterzugeben kam mir nicht. Ich wollte sein Leben bewahren, nicht sein Ableben erwirken. Ich fragte mich, ob er unsere Verbindung in der Schattenwelt, die ihn hielt, wahrnehmen konnte und welche Teile meiner Vergangenheit ihm in seinen delirischen Träumen offenbart wurden. Ich wollte mir einbilden, dass er in diesem Moment vollkommen mir gehörte. In Wirklichkeit war es vermutlich genau anders herum.

Ich hungerte nach ihm! – Ich hatte schon tagelang nichts getrunken.

Als ich meinen Diener, Priest , aus dem Anwesen holte und ihn anwies, Askian in unser gemeinsames Heim zu bringen, stellte er keine Fragen. Der Blick in seinem einen unversehrten Auge allerdings stellte mir die Frage wieso. Ich sagte nichts, war doch die Antwort für ihn auch ohne Worte so offensichtlich, wie es die Frage gewesen war.

Askian schlief mehrere Tage einen unruhigen Schlaf. Die Seuche hatte seinen Körper geschwächt. Mir war es ziemlich Recht, dass er nicht wach genug war um Fragen zu stellen, da ich selbst Zeit brauchte, um mir über viele Themen im Klaren zu sein.

Ich war auf einem der unzähligen Balkone des Anwesens, meinem Heim, als mich Priest fand. Er war eine Errungenschaft, auf die ich nicht sonderlich stolz war.

Ich umgebe mich gewöhnlich mit schönen Dingen und Kreaturen. Hässlichkeit, Vergänglichkeit und Alter sind Dinge, die ich nicht ertragen kann. Doch trotz seines grobschlächtigen Äußeren und der breiten Narbe, die seine rechte Gesichtshälfte entstellte, hatte er unter meinen Dienern einen besonderen Rang. Er und ich waren schon seit sehr langer Zeit auf eine Art und Weise verbunden, die mich meines unverhohlenen Ekels ihm gegenüber zum Trotz in eine Abhängigkeit versetzte, die mich beinahe noch mehr störte, als sein Äußeres. Er selbst hatte dieses besondere Gespür jeden meiner Schritte zu kennen bevor ich es tat. Er kannte meine Gefühle bevor ich sie kannte. Er wusste, da bin ich mir sicher, sehr wohl was in mir vorging. Deswegen schlich er sich neuerdings oft wie zufällig in meine Nähe und er wusste wohl auch, dass ich ihn dabei bemerkt hatte.

Ich gab vor die nächtliche Stadt unter meinem Balkon zu betrachten, die sich vor einem dunkelblauen Himmel abhob wie glitzernde Wellen in einem teerschwarzen Meer.

Es waren kaum Lichter zu erkennen. Lediglich ein hell erleuchteter Festsaal in der Nähe der Stadtmitte fesselte meine Aufmerksamkeit, während ich eine Rose in meinen fahrigen Händen zerfetzte ohne mir dessen eigentlich bewusst zu sein.

„Ihr seht müde aus, mein Herr“, brach Priest das Schweigen ohne sich mit sinnlosen Einleitungen aufzuhalten. Auch dies war eine Besonderheit, denn unter all meinen Dienern verzieh ich nur ihm diese direkte, unhöfliche Art als Teil seiner generellen Mängel.

„Priest…“, flüsterte ich grüßend den Namen, den er von meinem Meister vor Jahrhunderten erhalten hatte und hielt mein Gesicht beinahe witternd in die kalte Nachtluft.

Ich habe nie gefragt, wieso und wann der Mann diesen Titel erhalten hatte. Für mich sah er mit seinem breiten Kreuz und dem kahlgeschorenen Kopf viel eher aus wie ein passabler Bauer. Auch seine Hände waren groß und rau wie die eines arbeitenden Mannes, weniger wie die eines Geistlichen. Auf der anderen Seite nahm er sich seit jeher meiner Sünden an, - wenn auch auf sehr direkte Art, indem er sich um die leblosen Körper kümmerte, die ich zurück ließ. Er machte meine Taten vergessen. Das war meine Beichte an ihn und seine Art von Absolution. Gott weiß allein, was er noch mit den Leichen tat.

Er überragte mich um gut zwei Kopflängen. Doch nicht nur dies, sondern auch seine gesamte Ausstrahlung verriet mir, dass er mich jeder Zeit unterwerfen könnte, wenn er es wollte. Er war das personifizierte Ebenbild des Pöbels, der seinen König nur so lange dulden würde wie es seinen Nutzen aus seiner Führung zog. Ich kann nicht genau sagen, welcher Vorteil es genau war, den der Priester aus unserer Gemeinschaft erhielt. Vielleicht war er genau so einsam wie ich. Es mag auch sein, dass das Dienen ihm mit den unzähligen Jahren zur Gewohnheit geworden ist. Da mir das Gespür für ihn fehlt, weiß wohl nur er selbst, was in seinem Inneren vorging.

Er war meinem Blick in die Ferne aus tiefschwarzen Augen gefolgt, wobei das eine tatsächlich aus glattem Obsidian bestand, denn die Furche, die sich durch die gesamte Gesichtshälfte zog, hatte nicht nur einen Teil des linken Mundwinkels, sondern auch ein Auge gespalten und vollständig zerstört. Eine Laune hatte ihn wohl dazu bewogen den entstandenen Riss mit einem dünnen, reflektierenden Splitter zu füllen. Es reizte mich meine Hand aus zu strecken und die entstellende Narbe zu berühren.

„Mein Fürst?“, erklang die wölfische Stimme meines Dieners in der Dunkelheit. Offenbar erwartete er noch immer eine Reaktion von mir nachdem ich ihn viel zu lange angestarrt hatte. Allein der Blick, den ich ihm zuwarf, versetzte ihn in Erregung. Das zumindest konnte ich auch ohne ein besonderes Gespür deutlich erkennen. Ich spielte mit dem Gedanken zu ihm zu gehen. Ihm ein wenig meiner Aufmerksamkeit zu schenken, ihn zu berühren und aus reinem Sadismus heraus fallen zu lassen. Ich ließ es bleiben.

„Es geht mir gut“, sagte ich und das war gelogen. Natürlich war ich unruhig und spürte jenen unstillbaren Durst, der mir nun mit aller Nachdrücklichkeit bewusst machte, dass ich mit jeder Stunde, die ich mich den Gefühlen in mir nicht beugen würde, eine Grenze überschreiten könnte, die mich meine Selbstbeherrschung kosten würde. Ich musste gehen bevor ich zu fahrig würde um meine Beute mit Bedacht zu wählen. Nur schuldiges Blut soll mich nähren. Dies habe ich vor langer Zeit geschworen.

Es zog mich zu dem einen Lichtkegel inmitten der Stadt. Das Anwesen in der Ferne wirkte groß und prunkvoll mit seiner weißen Fassade, den hohen Säulen und dem beinahe griechisch anmutenden Baustil. Ich war bereits einige Male da gewesen und es war, als ergebe sich an diesem Ort meine Beute mit dem Takt der Musik und dem berauschenden Wein freiwillig in meine zärtlich mordenden Arme.

Betrunkene Adlige waren schon immer die lohnendsten und unvorsichtigsten Opfer. Frauen noch mehr als Männer. Gewiss achtete ich immer darauf, dass nicht bei jeder Festlichkeit, die ich besuchte jemand zu Schaden kam. Priest kümmerte sich um die kaum erkalteten Toten und wenn er es nicht tat, fingierte ich Unfälle oder Überfälle. Darin wurde ich mit der Zeit recht geschickt.

Warum sollte auch jemand den blutjungen Fürsten Shairin, dessen Name sich unter Kunstliebhabern und Kulturellen außerordentlicher Beliebtheit erfreute, für all die Toten verantwortlich machen?

Es gibt nur einen einzigen Vorteil darin, wenn man jung zum Vampir wird und dieser liegt darin, dass man in jeder Hinsicht unterschätzt wird. Das machte es für mich so spielend einfach in einer Welt, dessen Regeln ich verstand, auch mit geringer Körperkraft Nahrung zu finden.

Auf eine gewisse Art sind die Menschen der damaligen Zeit Sammler wertvoller und schöner Objekte gewesen. Es war mir ein Leichtes selbst zu einer Art Kunstobjekt zu werden, so wie zahlreiche andere Männer auch. Meine Haut war marmorbleich, meine Züge abgemagert und hungrig, ewig erfüllt von brennender Gier, die die Instinkte der Menschen wach ruft.

Man erwartete nicht, dass ich arbeitete. Als angeblicher Erbe einer reichen Familie hatte ich nichts weiter zu tun als höflich mit der Damenwelt zu kokettieren. Was für ein praktisches Prinzip!

Ich warf einen letzten Blick auf den Lichtkreis der Festlichkeit, als eine Kutsche vorfuhr und zwei junge Frauen in bunten Kleidern frei gab, die von einem äußerst beleibten Herren sanft Richtung Hauseingang geschoben wurden. Ihr Anblick war selbst von meiner erhöhten Warte aus Sünde und Laster. Mein Blick bohrte sich in den fast gänzlich freien Rücken einer in grün gekleideten Dame mit einem Stoffsonnenschirm. Sie war es. Sie musste es sein.

„Priest, leg mir ein paar Kleider raus!“, wies ich meinen Diener beinahe in Gedanken an.

„Ich werde heute noch jagen gehen.“

Ihm genügte ein Blick über meine Schulter, um zu erraten, wohin mich mein Weg führen würde.

Blutmond (Askian) Ich hatte Angst und bin in die Wälder geflohen --->bb, bl<---

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Blutmond (Siren) Ich fand mich in einem hell erleuchteten Saal

Ich fand mich in einem hell erleuchteten Saal mit goldenem und weißem Prunk wieder.

Kerzenlicht flackerte in den drei vergoldeten Lüstern und auf einem Marmorparkett drehten sich Tänzer im Takt einer kaum wahrnehmbaren Musik. Jeder von ihnen trug eine Maske, oft im damals beliebten venezianischen Stil. Sie stellten Kobolde, Feen, Vögel und Dämonen dar. Ich selbst trug die weiße Maske eines schönen Jünglings, eine meisterliche Porzellanarbeit, die meiner damaligen Eitelkeit entsprach. Ich hielt Ausschau, während ich scheinbar gedankenverloren an einem Weinglas nippte. Die Fassade, die meine Handlungen schuf, war perfekt.

Innerlich war ich in jenem Moment weit weniger gelangweilt und geistesabwesend, als es äußerlich den Anschein haben musste. Ich beobachtete die grüne Schönheit aus den Augenwinkeln heraus. Sie war mit einem korpulenten Grafen erschienen, den ich nur von Erzählungen als Baalzack von Lotringen kannte. Vielleicht hatten sich unsere Wege nur aus dem Grund noch nicht gekreuzt, weil er politisch aktiv war und ich dies zu vermeiden suchte. Aus seinem Gehabe konnte ich sehr bald schließen, dass sie bei Weitem nicht seine liebste Mätresse war und er eine langweilige, in Rot gekleidete Frau mittleren Alters bevorzugte, die es dermaßen verstand ihre weiblichen Reize zu betonen, dass ich es schon wieder abstoßend fand.

Das ist allerdings was mich angeht nichts Ungewöhnliches. Ich kann Frauen nichts abgewinnen. Ich kann Schönheit beurteilen - auch die von Frauen. Natürlich! Aber ich kann keine Empfindung dazu aufbauen.

Das Mädchen, welches ich mir ausgesucht hatte, war so vollkommen, wie ein weiblicher Mensch nur sein kann, wenngleich ihr Gesicht nicht jene dekadente Perfektion zur Schau trug, die so viele Frauen unseres Jahrhunderts ergriffen hatte.

Sie wirkte fast mädchenhaft unter mattrotem, gelocktem Haar, das im Licht der Kerzen leuchtete, wie ein Abbild des flammenden Abgrundes. Sie trug ein glänzendes, grünes Seidenkleid, das vor ihrem Körper vollkommen geschlossen war und sogar den Hals bedeckte. Ihr Rücken allerdings war frei und bot einen Blick auf zwei hervorstechende Schulterblätter und einen Nacken, der nur von einer lockeren Seidenschleife ein wenig verdeckt wurde.

Ihr Haar floss in welligen, glänzenden Kaskaden über ihren Rücken und verdeckte dann und wann Teile dieses Anblickes, sodass mir kurz der Gedanke kam, dass die Sünde selbst irgendwo zwischen den Schulterblättern einer Frau liegen muss.

Als sie den Blick in meine Richtung wand, erkannte ich einen fast undurchsichtigen Schleier kurz unter der Stirn, der ihre Augen mit feinem, schwarzem Gaze verdeckte, als sei sie die Inversion aller Anwesenden, die abgesehen von ihren Augen alles zu verkleiden versucht hatten. Gerade deswegen wirkte sie umso geheimnisvoller im Kreis der tanzenden, opulenten Dämonen.

Ich will nicht sagen, diese Frau sei mir tatsächlich ein Geheimnis gewesen. Schlussendlich war sie doch ein Mensch wie jeder Andere. Ich wusste unter welchen Zentimetern ihrer Haut das Blut pochte und mit welcher Geschwindigkeit, was gleichbedeutend ist mit der Gemütsstimmung der Menschen. In vielerlei Hinsicht glaube ich, dass allein das Herz der Sitz der Seele sein muss, denn nur das Herz und die daraus resultierende Geschwindigkeit des Blutes, spiegelt die Gefühle und Gedanken eines Menschen perfekt wider und es ist das Herz, das mit verlassen jener unsichtbaren Kraft, die sich „Leben“ nennt, aufhört zu schlagen..

Ich nahm einen tiefen Zug aus meinem Weinglas, bemüht mir meinen Ekel nicht anmerken zu lassen und ging zielstrebig zu ihr herüber.

„Darf ich die Dame zu einem Tanz verführen?“, kam ich vielleicht etwas zu direkt auf den Punkt. Es war mir vollkommen gleich. Es sollte schnell gehen. Ich brauchte Blut.

Sie lächelte überlegen und war sich ihrer Ausstrahlung für meinen Geschmack viel zu sicher.

„Nun“, hauchte sie über ihr eigenes Kristallglas hinweg und nahm einen kleinen Schluck, der ihre Lippen rot benetzte. „Ich vermute, mein Begleiter ist meiner überdrüssig geworden, also wieso nicht?“

In diesem Moment war ich mir vollkommen sicher, dass es sich bei dieser Frau um eine Dirne handeln musste und mein Blick auf den edlen Lord Baalzack, der sich soeben von seiner roten Gespielin Trauben anreichen ließ, bestätigte mir dies.

Der Blick des korpulenten Lords ruhte eine Weile auf mir und obwohl er weit entfernt war, nahm ich ein beinahe väterliches Grinsen auf seinen Lippen war. Ich glaubte kurz, dass er sanft nickte, als begrüße er einen alten Bekannten. Zeitgleich hatte ich das Gefühl, als bestätige er mich in meiner Wahl zu diesem Mädchen.

So angenehm mir diese Geste unter normalen Umständen erschienen wäre: Es war mir unangenehm zu wissen, dass er mich mit seiner Begleiterin gesehen hatte und ich beschloss binnen weniger Sekunden, dass ich die Leiche dieser Frau im Fluss versenken würde, da sonst zumindest er Verdacht schöpfen würde. Es wäre zu riskant gewesen zu hoffen, dass er mich allein aufgrund meiner Maske später nicht mehr erkennen könnte.

Eine verschwundene Hure sucht niemand. Eine Tote hingegen wirft Fragen auf.

Ich zwang mich zu einem ehrlichen Lächeln und hoffte, dass es genau so lüstern aussah, wie ich es bezweckte. Sie sollte ruhig denken, dass sie die völlige Kontrolle hatte.

So war sie es auch, die schließlich meine Hand ergriff und mir erlaubte sie zur Tanzfläche zu führen, in der sich die grotesken Leiber einiger Menschen im ätherischen Takt der Musik bogen und der feine Geruch von Schweiß und Lust umfing mich als wir uns den drehenden Paaren anschlossen.

„Ich vermute, Ich seid eine Kurtisane.“, flüsterte ich sanft fragend in ihr Ohr als sie sich nach einer eleganten Drehung locker in meinen Armen wiederfand. Ihre festen Brüste drückten sich unter der dünnen Seide an mich und ich stellte mir selbst kurz die Frage, wieso ich dies nicht als verführerisch empfinden konnte.

„Welch elegante Wortwahl!“, spottete sie ohne den Tanz zu unterbrechen. „Doch ich denke dies ist der Wahrheit nah genug.“

Von ihr ging ein Strahlen aus, das nur die wahrhaft Sündenfreien haben können – oder jene, die ihre Taten nicht als solche empfinden, während sie meine Worte belächelte.

Ich wusste nun, dass ich sie genau dort hatte, wo ich sie haben wollte. All meine Taten würden von nun an nur noch darauf ausgerichtet sein sie von dieser sicheren Gemeinschaft fort zu locken. Irgendwo ins Dunkel.

„Ich denke, Ihr tragt ein düsteres Geheimnis mit Euch, mein Herr.“, bemerkte sie plötzlich und ich fuhr beinahe zusammen.

„Woran genau wollt Ihr dies fest machen?“, fragte ich sie nachdem ich vielleicht etwas zu lange gezögert hatte.

„Eure Augen sagen viel über Euch aus und mir entgeht nicht der dunkle Schatten, der gelegentlich Euren Blick heimsucht. Ich frage mich, was Ihr in solchen Momenten wohl denken mögt“, fuhr sie fort und da mir das Spiel zu gefallen begann forderte ich:

„Wenn Ihr dies alles sehen könnt, dann erratet es!“

Sie griff sich an den Hals, um einige störrische Locken von den makellosen Sehnen zu streichen, die sich unter dem glänzend gründen Stoff abzeichneten.

„Ich bin mir nicht sicher, ob Ihr mich heute Nacht verführen, oder fressen wollt“, sagte sie rundheraus und klatschte zusammen mit den anderen Tänzerinnen zweimal in die Hände.

Ich zwang mich zu einem belustigten Lächeln, welches wie ich wusste meine Augen nicht erreichte.

„Das ist der Wahrheit nah genug“, intonierte ich die Frau vor mir und deutete eine Verbeugung an, wie es der Tanz nun von mir forderte.

„Vielleicht sollten wir dies an einem intimeren Ort besprechen, es sei denn IHR habt ein Geheimnis, das ich vorher wissen sollte“, schlug ich vor.

Sie lächelte ehrlich und ich bemerkte, dass sie aufgehört hatte zu tanzen. Ich wusste, dass ich sie nun zu allem bringen konnte. Sogar dazu sich in mich zu verlieben und es bereitete mir eine sadistische Freude.

„Mein Name ist Nathalya“, entschloss sie sich, sich vor zu stellen und wartete vergebens auf meinen Namen. Schließlich hob sie den Schleier von ihren Augen und ihr stechend grüner Blick traf den Meinen. Ich zuckte unwillkürlich zurück.

„So schlimm?“, lachte das Mädchen und ich ließ meine Hände von ihren Armen sinken. Wieso musste ich heute Abend ausgerechnet jemandem begegnen, der die Augen meiner toten Herrin trug?

„Habt Ihr einen Geist gesehen?“, fragte Nathalya, die sich der Situation offensichtlich noch immer nicht bewusst war.

Vielleicht war es tatsächlich so. Vielleicht sah ich in diesem Moment die Sünden meiner Vergangenheit als Geist vor mir. Ich sah in die grünen Augen einer Königin, die ich verraten hatte. Ich konnte nicht mehr bleiben.

„Ich muss gehen!“, sagte ich so kalt, dass Nathalya verschreckt zusammen zuckte.

„Nein, wartet!“, rief sie und ich sah ihr an, dass mein plötzlicher Widerstand ihr tatsächlich das Herz zu brechen drohte. „Sagt mir, was ich getan habe!“

Ich schüttelte lediglich den Kopf und war froh eine Maske zu tragen, die einen derart gefühllosen Ausdruck trug. Genaugenommen war diese Frau mir vollkommen egal. Nur der blanke Terror über die grünliche Farbe ihrer Augen, die wie zwei Tropfen aus Jade auf mich starrten, hielt mich davon ab, ihr Leben zu beenden.

Ich wandte mich zum Gehen. Sie griff meine Hand.

„Bitte bleibt!“, flehte sie.

Ich musste wider Willen höhnisch lachen. Wie einfach wäre es doch gewesen sie umzubringen! Wie simpel, wenn nicht diese Augen wie smaragdene Talismane all meine Vorhaben zu Nichte gemacht hätten! Wie konnte sie denn wissen welch unverdientes Glück sie hatte ihre sündige Existenz noch ein paar Jahre weiter führen zu dürfen?

„Es ist nur das Zusammenspiel all dieser Eindrücke, die Euch glauben lässt, dies sei ein besonderer Augenblick gewesen.“, bemerkte ich und löste meine Hand aus ihrem Griff, um sie stehen zu lassen. Der Strom der Tänzer schloss sich hinter mir wie ein Vorhang und niemand abgesehen von mir und Nathalya schien Notiz von den Ereignissen des Abends genommen zu haben.

Welche Verschwendung war dieser Ball nur gewesen!

Als ich auf den rötlich schimmernden Himmel blickte wurde mir bewusst, dass ich in dieser Nacht vielleicht keine Beute mehr machen würde. Eigentlich hatte ich kaum Zeit rechtzeitig vor Einbruch des Tages einen geschützten Platz aufzusuchen.

Es ist nicht so, dass mich die Sonne direkt töten könnte, doch sie sticht unangenehm in meinen Augen und ich bin mir im Klaren darüber, dass die Veränderungen, die meine Existenz mit sich bringt den Menschen im hellen Licht nicht verborgen bleibt.

Die schneeweiße Haut wäre sicherlich leicht zu erklären gewesen. Sie war in einer Welt voller Adliger eher ein Schönheitsideal. Es ist auch nicht so, dass irgendetwas an mir gänzlich unmenschlich erschienen wäre. Vielmehr ist ein Zusammenspiel aller Körpermerkmale ausschlaggebend.

Meine dunkelroten Augen wirken im Schatten eher braun und sind eine Spur schräger, als sie es sein dürften, meine Wangenknochen stechen nur einen Hauch zu weit hervor, als es natürlicherweise der Fall sein darf, Finger und Beine sind nur wenig schlanker und länger als man es von einem Menschen glauben kann, jeder meiner Zähne ist fast unmerklich spitzer, als die eines Menschen es sein könnten und wenn ich wütend bin, oder erregt, schieben sich zwei zusätzliche Eckzähne hervor, ohne, dass ich dies wirklich steuern könnte. Dies sind nur wenige Beispiele, die ein Gesamtbild ausmacht, das den Menschen nur unzulänglich täuschen kann.

Wer mich sieht, wird von vornherein wissen, dass etwas an mir dämonischer Natur ist. Auf der anderen Seite sind diese vielen Andersartigkeiten so klein, dass sich die meisten Betrachter einreden werden dies sei nur Phantasterei.

Bei den wirklich gefährlichen Leuten bleibt dieser Eindruck jedoch bestehen und kann, wenn er von vielen Menschen geteilt wird, durchaus gefährlich werden. Dies ist der Grund aus dem ich niemals bei Tag den Schutz meiner Dienerschaft und meines Wohnsitzes verlasse, denn nichts ist grausamer und tödlicher für jemanden meiner Rasse, als ein wütender Mob. Ich habe genügend Angehörige meiner Art brennen sehen und ich ertrage es nicht zu wissen, dass ich genauso sterben könnte.

Meine Schritte führten mich an einen Fluss, dessen Name „reißendes Wasser“ nicht sinnvoller gesetzt hätte sein können, und zu der großen Brücke, die die beiden Stadteile miteinander verband. Eine Weile starrte ich einfach nur auf die glänzenden Fluten, die seit Jahrhunderten nahezu unverändert durch das Flussbett strömten. Unsterbliche Dinge verändern die Welt nur sehr langsam. Wir sind immer da, immer lebendig und doch immer Gefangene der Geschichte die gerade erzählt wird. Wir sind dem Fluss unterworfen. Wir sind nicht fähig das Geschick der Menschheit wirklich nachhaltig zu ändern.

Ich wandte meinen Kopf und sah etwa fünfzig Meter von mir entfernt die zweite Begleiterin Baalzacks stehen. Eine Weile musterte ich sie lauernd. Sicherlich war sie nur kurz an die frische Luft gegangen, um der Hitze des Saales und vielleicht auch ihrem übermäßig betrunkenen Begleiter zu entgehen. Im Schattenspiel des Festes hatte ihr Haar beinahe schwarz gewirkt, nun, nur vom Mond beschienen, bemerkte ich, dass es eher von einem dunklen Braunton war, wie es die Rinde der Hasel zeigt. Sie lehnte sich gegen eine Balustrade und betrachtete mit ein paar Weintrauben in der Hand ebenfalls den Fluss.

Ich schüttelte meine Gedanken ab und ging zu ihr.

„Wenn du noch näher kommst, dann kostet dich das was“, hörte ich sie sagen.

Ich zuckte mit den Schultern und ignorierte ihre Frechheit. „Wie kommt Ihr darauf, dass ich das Geld nicht aufbringen könnte?“

Eine Weile blieb es still und sie steckte sich eine der Weintrauben in ihrer Hand in den Mund. Ich schloss die Augen und genoss den Geruch der Früchte, ihrer Haut und des Blutes unter dieser.

„Ich muss zurück zu Lord Baalzack“, bemerkte sie.

Ich schüttelte den Kopf und bemerkte schnippisch: „Offenbar vermisst er Euch nicht sonderlich, sonst würde er Euch auch hier Gesellschaft leisten. Kommt mit mir! Dieser Ball ist langweilig!“

Sie musterte mich mit einem sehr ausgiebigen Blick und warf schließlich die Haare zurück. Ich wusste genau, sie dachte in diesem Moment über ihre Möglichkeiten nach – genau gesagt: Sie dachte darüber nach, ob es angenehmer wäre das Lager mit mir oder ihrer derzeitigen Begleitung zu teilen.

„Ich hätte nicht gedacht, dass jemand der so jung ist und sicherlich auch Frauen bekommen könnte ohne dafür zu bezahlen, eine Hure zu sich nach Hause nimmt.“ Dies sagte sie vermutlich nur um etwas Zeit zu schinden und sicherzugehen, dass wir von den gleichen Bedingungen ausgingen.

Ihre Worte begannen mich zu stören, dennoch lächelte ich, mimte weiter den jungen, gedankenlosen Gecken und erwiderte den Blick ihrer dunklen Augen, bevor ich ihr leise ins Ohr flüsterte: „Ich bin ein großer Freund von Diskretion. Wie seht es bei Euch aus?“

Ihre Halsschlagader war so nah an meinen Lippen, dass ich das Blut beinahe unter der dünnen Haut schlagen spüren konnte. Es war so verlockend es schon hier zu tun, doch der Platz war, direkt vor den Toren des Anwesens, nicht günstig.

Sie begann zu lächeln und der Argwohn fiel fast sichtbar von ihr ab. „Ich verstehe, Herr“,

„Ich mache euch ein Angebot ohne, dass Ihr den Augenblick mit einem unromantischen „Ja“ oder „Nein“ entweihen müsstet“, schlug ich vor. „Ich werde jetzt meine Kutsche holen. Ich für meinen Teil werde nicht länger hier verweilen. Wenn Ihr bleiben wollt, zwingt Euch nichts in dieser Zeit wieder ins Anwesen und zu Lord Baalzack zu gehen. Wenn ihr jedoch mitkommen wollt, dann bleibt genau hier und ich werde Euch abholen.“

Mit diesen Worten legte ich eine kleine, goldene Münze auf die steinerne Balustrade und entfernte mich in die Dunkelheit. Es war fast zu einfach.

Blutmond (Askian) Nur zögerlich gab der Schlaf mich frei ---> bb <---

Nur zögerlich gab der Schlaf mich frei.

Es erging mir wie jenen, die nach einem Übermaß an Schlaf nicht mehr wirklich ins Diesseits zurück finden wollen. Mir war, als träume ich noch immer, oder als habe ich mein Leben lang nichts anderes getan als dies. Dennoch schlug ich meine Augen beinahe ruckartig auf.

Noch immer spürte ich Sirens Blut in meinen Adern brennen, auch, wenn ich nicht wissen konnte, woher diese belebende und gleichzeitig dämpfende Empfindung stammen mochte. Ich befand mich vollkommen im Delirium, was umso erschreckender war, als dass ich mir nicht einmal Gedanken über das seltsame Gebäude machte, in dem ich mich befand und das doch weitaus größer und prunkvoller war als jedes Haus, in dem ich mich zuvor befunden hatte.

Ich stand auf und da meine Beine mein Gewicht kaum zu tragen vermochten, knickte ich ein, hielt mich an einem großen, blauen Vorhang, bevor mir bewusst wurde, dass ich in dem Himmelbett erwacht war und das zumindest dieser Teil meiner beschämenden Erinnerungen durchaus kein Traum gewesen war. Ich tastete mich weiter durchs Halbdunkel wie ein Betrunkener.

Bis heute erscheint mir die Erinnerung an meinen Weg durch Sirens Villa schemenhaft, verschwommen und wirr. Ich hätte mich sicherlich hoffnungslos verlaufen, wenn ich nicht von einer treibenden Kraft geleitet worden wäre und wiederkehrendes Stöhnen gehört hätte, das in seiner Kraftlosigkeit beinahe lustvoll klang.

Ich folgte dem Geräusch durch ein verwinkeltes Treppenhaus und einen hohen Säulengang.

Gütiger Vater, wie soll ich beschreiben was ich im Raum am Ende jenes Ganges fand?!

Die Tür, die das Gewölbe einst mit dem, was offensichtlich einmal ein Schlafgemach gewesen war, verband, war von irgendeiner mir unbekannten Macht herausgerissen und lediglich durch ein halbdurchsichtiges Stück farbigen Stoffes ersetzt worden, das sich kühlenden Nachtwind aufbäumte und den Blick in einen vollkommen runden Raum freigab, der lediglich durch blaues Mondlicht erhellt wurde.

In der Mitte des Raumes stand ein prunkvolles Bett mit goldenen Verzierungen, Löwenfratzen, und mit Laken aus weißer Seide. Siren war dort und ich konnte nur seinen unbekleideten Rücken sehen, dessen Muskeln sich während seiner kraftvollen Bewegungen zusammenzogen und wieder entspannten. Sein lustvoller Atem drang an mein Ohr und wieder vernahm ich einen unterdrückten Schrei.

Ich kann es nur auf meinen fast traumwandlerischen Zustand zurückführen, dass ich näher herankam, bis ich den Raum betreten und das Bett umrundet hatte.

Das Wimmern kam von einer Frau, deren dunkle, schweißnasse Haare über dem weißen Laken ausgebreitet waren. Ihr Mund war leicht geöffnet und bewegte sich unter ihren schweren Atemzügen, während Speichel und Blut ihre Wangen und ihr Kinn herab rannen und den Stoff des Bettes färbten. In ihren Augen sah ich nichts Menschliches mehr, nur dunklen Schock und Schmerzen, die sie bereits weit fortgerissen hatten.

Im ersten Moment begriff ich nicht einmal, dass es sich hier nicht um einen Liebesakt handelte. Im Nachhinein komme ich mir selbst fast vor wie ein unwissendes Kind, das unversehens in das Schlafzimmer seiner Eltern geraten ist.

Ich glaube, dass Siren mich erst bemerkte, als ich seine blutigen Krallenhände anstarrte, die sich noch immer fahrig in der großen Wunde unter ihrem Brustkorb bewegten. Er wandte den Kopf und seine Augen schienen ebenfalls dunkel und abwesend zu sein. Er lächelte auf dieselbe gewinnende Art, die ich an ihm so bewunderte, doch wurde dieser Ausdruck vollständig von dem Blut, das zwischen seinen Zähnen über seine Lippen rann, zu einer dämonischen Fratze gewandelt. Ich schrie, taumelte zurück und fiel rücklings auf den Boden. Seine Augen waren noch immer auf mich gerichtet, während sich seine Hand im Bruchteil einer Sekunde bewegte und etwas in ihrem Körper heraus riss. Die Frau auf dem Bett verstummte innerhalb weniger Momente, als habe jemand die Zeiger einer Uhr angehalten und der Kopf fiel mit einem beinahe friedlichen Ausatmen zur Seite. Noch immer waren ihre Augen geöffnet, um sich nie wieder zu schließen. Ihre Hand indes zuckte noch eine Weile leicht und zog meine gesamte apathische Aufmerksamkeit in einer Weise auf sich, die ich fast als Faszination bezeichnen möchte.

„Das hättest du nicht sehen sollen.“, hörte ich die Stimme des blonden Dämons, der sich mit dem Handrücken einige Haarsträhnen aus dem Gesicht wischte. Dabei hinterließ er, obwohl er es wohl zu vermeiden suchte, eine klebrige, rote Spur auf seiner Stirn. Er erhob sich. Seine nackten Füße berührten den Boden vor dem Bett und ich wich zurück. „Askian, komm zu mir und ich nehme dir diese schmerzhaften Erinnerungen.“, versprach er ruhig und ich wollte seiner Stimme folgen, da sie das Einzige war, das mir in diesem Moment Sicherheit versprach. Ich wehrte mich dagegen dieses Gefühl zu haben. Der Traum kam mir in den Sinn. War es möglich, dass Siren dieselben Fähigkeiten des Dämons geerbt hatte, der ihn in die Dunkelheit gerissen hatte? Ich wusste, dass ich mich dagegen wehren musste und sei es nur meiner unsterblichen Seele wegen.

Ich sprang auf, rannte den Weg zurück, den ich gekommen war und weiß kaum, wie ich durch die Gänge irrte. Ich drehte mich nicht mehr um, doch ich denke, dass Siren mir von Anfang an nicht gefolgt ist. Wäre er es, dann hätte er mich sicherlich eingeholt. Er glaubte, so vermute ich, dass ich vor Panik und ohne Kenntnis des Hauses ohnehin nicht sehr weit kommen würde.

Genaugenommen wundere ich mich selbst, wie ich meinen Weg ins Freie fand und einen langen Pfad zwischen Rosensträuchern entlanglief, bevor mir eigentlich bewusst wurde, dass ich dem kalten Wind ausgesetzt war. Ich erinnere mich schemenhaft daran eine weite Holztür aufgestoßen zu haben und daran, dass ein schneeweißes Pferd sich unruhig aufbäumte. Ich schrak zurück, verkroch mich in einer Ecke und fand nicht mehr die Kraft aufzustehen, während das große Tier vor mir unruhig scharrte und die Holztür vom Wind auf und zugeschlagen wurde. Es war mir gleich, dass der Raum und auch ich langsam auszukühlen begann.

Ich senkte den Kopf in meine Arme und wartete auf mein Ende. Ich betete darum Frieden zu finden, bevor ich starb. Ich betete um eine gnädige Ohnmacht. Dann spürte ich eine Hand auf meiner Schulter.

Ich wich kraftlos zurück und presste meinen Rücken gegen den Holzpfosten einer leeren Pferdebox. Vor mir kniete ein riesiger Mann, den ich in meinem Zustand für den Teufel persönlich hielt. Sein schrecklich entstelltes Gesicht starrte mich unverwandt an und obwohl er mich nicht losließ, begann ich mich innerhalb weniger Sekunden zu entspannen. Ich denke, ich war bereit den Teufel zu begrüßen und dem Tod gefasst entgegen zu treten.

„Du bist also Askian, ja?“, fragte der Mann vor mir und fuhr sich mit einer Hand über den kahlen Schädel.

Ich konnte keine Reaktion geben. Zu tief saß mein Schock. Die große Hand auf meiner Schulter schüttelte mich leicht. „Komm zu dir, Junge!“, sagte mein Gegenüber leicht gereizt.

Ich nickte, als wolle ich seine Frage beantworten. In Wahrheit verstand ich kein Wort von dem, was er sagte.

„Du musst mir jetzt genau zuhören!“, flüsterte er fast und seine zweite Hand fasste meine andere Schulter, bevor er meinen Körper erneut schüttelte. „Sag was!“, herrschte er mich an.

„Ja, ich… höre dich!“ Meinem Gefühl nach schrie ich beinahe, doch in Wahrheit wunderte ich mich, dass mein belegtes Flüstern überhaupt gehört wurde.

„Was ich dir sage, ist sehr wichtig!“, beharrte der Mann. „Du gehst jetzt durch die Hintertür, durch das große Tor und die Straße runter. Folge dem Fluss, dann findest du dich bald zurecht. Hörst du!“

Ich nickte und bemerkte eine Bewegung in den Armen des Hünen. Ich griff seine Handgelenke, um ihn zu stoppen. „Ich höre dich!“, erklärte ich seltsam gefasst. „Ich höre dich!“

„Gut.“, kommentierte der Mann vor mir fast sarkastisch. „Verlass die Stadt, so bald du kannst! Wenn du noch eine Nacht wartest ist es vielleicht für immer zu spät für dich.“ Sagte er und zog mich, während er selbst aufstand, einfach auf die Beine. Im ersten Moment glaubte ich umzufallen und hielt mich mit einer Hand an dem Balken fest hinter dem ich noch zuvor gekauert hatte. Langsam konnte ich die Umgebung um mich herum, den Pferdestall in dem ich mich befand, erst richtig wahr nehmen. Doch noch bevor ich mich orientieren konnte hielt mir die Person vor mir einen schweren, roten Stoffmantel entgegen, den ich einfach wortlos annahm.

„Geh jetzt!“, forderte der Mann vor mir wieder und wies mit einem Arm auf eine Holztür, die mit einem großen Riegel gesichert war. Ich ging hin, hob das schwere Holzstück aus der Halterung und noch bevor sich die Tür vollends geöffnet hatte, verschwand ich auf die Straße vor das Anwesen, floh die Straße hinunter und sagte mir stetig „Folge dem Fluss!“, als sei dies ein Gebet, um die bösen Geister zu vertreiben, die mich in dieser Nacht heimgesucht hatten.

Es verschwimmt viel von dem, was ich auf diesem Weg gesehen habe. Ich weiß nur, dass ich die Tore ins untere Viertel nach einer Weile erreichte und, dass die Wache dort mich wiedererkannte. Sie warf mir vor, mich an ihr vorbeigeschlichten zu haben und ich schwieg. Was hätte ich auch sagen können? Meine Kehle war wie zugeschnürt und jedes meiner Worte hätte Blasphemie sein können. Ich spürte einen Keulenhieb im Rücken und wurde wenig später grob durch das Tor in eine eisige Pfütze geschleudert, in der ich regungslos eine Weile verharrte. Dann hinkte ich gebeugt ein Stück weiter in eine dunkle Ecke, die zumindest etwas windgeschützt war und starrte in die Dunkelheit, ohne jedoch die ersehnte Ohnmacht zu erlangen. Ich muss Stunden dort gesessen haben und vielleicht verlor sich mein Verstand teilweise in den Schatten um mich herum. Als ich mich wieder rühren konnte, hatte sogar die Kälte hatte eine neue Facette gewonnen, - ein Gefühl, das nur der Wolf verstehen kann, dem der kalte Winterwind an den Flanken entlang streift und der weiß, dass sich im Schnee die sicherste Beute machen lässt. Das Licht der aufgehenden Sonne brannte in meinen Augen, als sich ein Tropfen Nachtnebel von der Baracke löste, an der mein Oberkörper lehnte.

Ich nahm dieses Ereignis wahr, als dauere es Äonen und mir kam in den Sinn, dass dies eine geschenkte Sekunde meines Lebens war und das ich tot sein müsste nach allem, was ich erlebt und gesehen hatte.

Ich hatte den Tod nicht wirklich bezwungen, aber irgendetwas hatte ihn dazu veranlasst einstweilig an mir vorüber zu ziehen. Das Brennen in meinen Lungen war erträglicher geworden. Ich fühlte mich gesünder. Selbst ohne die gerade überstandene Krankheit in mir hätte ich wohl dieses erhebende Gefühl des Glücks gehabt, das entsteht, wenn das Adrenalin den Körper aus seiner Führung entlässt.

Ich fing einen erneut fallenden Tropfen mit der Hand auf und nahm ihn zwischen meine aufgesprungenen Lippen. Meine Hand war kalt und wirkte weiß vor der dunklen Mauer hinter mir.

Ich dachte an die Worte des Hünen. Die Stadt verlassen? Was für ein Gedanke? Wie sollte ich das tun? Tatsächlich hatte ich nicht viel, aber mitten im Winter in die Fremde aufzubrechen war Selbstmord. Vielleicht wäre das für einige in meiner Situation sogar ein verlockender Gedanke gewesen und auch ich dachte bei der Erinnerung an den Schrecken vielleicht kurz über diesen Ausweg nach. Natürlich hätte mich niemand zwingen können im Leben zu verweilen, wenn tatsächlich mein ganzer Geist dagegen gestrebt hätte, allerdings wollte ich leben. Es gibt tatsächlich Menschen die nur durch die Angst vor dem Tod am Leben bleiben. Auch bei Siren war es immer ähnlich, doch ich war niemals einer von ihnen. Je mehr das Leben mich zerbrach, desto mehr, wollte ich ihm entgegen streben. Nicht aus Furch, nicht aus Trotz, sondern weil ich es insgeheim genoss. Nur, wer mein Leben gelebt hat, kann nachvollziehen, wieso.

Irgendwann trugen mich meine Füße zum Gasthaus. Wenn überhaupt noch etwas in mir ein Gefühl von Heimat wecken konnte, so war es dieser Ort und dort traf ich das erste Mal auf eine Person, die mein Leben noch entscheidend beeinflussen würde. Natürlich wusste ich das zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Zunächst saß ich einfach nur am Feuer, versuchte mich aufzuwärmen und etwas Ordnung in meine Gedanken zu bekommen, als eine Frau in die Bar trat. Sie war von jener extrovertierten Art, die sofort die Blicke der Männer auf sich zieht und kein Mann, der mir bekannt gewesen wäre, wäre ihrer auch nur annähernd würdig gewesen.

„Bekommt eine müde Frau hier heute Abend noch was zu trinken?“, fragte sie so laut, dass jedem Anwesenden der Gedanke hätte kommen müssen, sie einzuladen. Allerdings war der Raum abgesehen von mir vollkommen leer und ich hatte weder Lust noch genügend Geld bei mir.

Ich musterte die Person skeptisch, die soeben in den Schankraum eingetreten war und in meine Richtung kam. Dann zuckte ich mit den Schultern und nahm wortlos einen Becher von einem breiten Tisch hinter mir, um ihn mit Wein zu füllen.

„Der geht nicht auf mich!“, stellte ich klar und ging zu ihrem Tisch, um ihr den Wein zu bringen. Dabei fiel mein Blick auf einige Silbermünzen, die bereits auf der Tischkante lagen, als wolle die Frau mir damit bedeuten, dass ich keine Angst haben brauchte, sie wolle die Zeche prellen.

„Bist nicht sonderlich gesprächig, was?“, fragte sie und ich zuckte nur mit den Schultern.

Sie bedeutete mir mit einer Geste, mich zu ihr an ihren Tisch zu setzen und ich tat es vermutlich nur deswegen, weil ich mich vor Erschöpfung mittlerweile kaum noch auf den Beinen halten konnte.

„Normalerweise gibt der Wirt solchen wie mir keine Zimmer. Erst recht nicht so früh am Morgen“, plauderte sie einfach drauf los. „Glaubst du ich habe heute noch Glück?“

Sie spielte mit einer Hand an einer ihrer roten Locken und ich unterzog sie einer erneuten eingehenderen Musterung. Sie trug ein grünes, sehr eng anliegendes Kleid, das zumindest rückseitig nicht viel mehr Haut verdeckte, als notwendig. Etwas an ihr wirkte zarter, als bei den Meisten ihres Schlages. Jemanden wie mich betrachtete sie ganz sicher nur als weiteren Niemand.

Ich holte etwas Atem und erklärte: „Ich sehe keinen Mann an Eurer Seite und er kann einer einsamen, müden Frau wohl kaum ein Zimmer abschlagen.“

Sie lächelte verführerisch und beugte sich leicht vor.

„Ich allerdings sehe einen Mann.“, bemerkte sie schnippisch. „Und du selbst siehst ebenfalls recht zerschlagen aus. Es gibt Wege einen Mann zu entspannen, die dir nur eine Frau wie ich zeigen kann.“

Ich lachte wie ich hoffte abwertend, konnte ihr dabei jedoch nicht in die Augen sehen. „Ehrlich gesagt bezweifle ich, dass ich mir eine derartige Behandlung leisten kann.“ Ich bemerkte, wie mir das Blut heiß in die Wangen schoss.

Ohne eine Reaktion ab zu warten, stand ich auf und nahm eine der Münzen vom Tisch. „Das hier reicht mir, um mein Zimmer mit dir zu teilen. Dann musst du den Wirt nicht bemühen und herausfinden, ob er dich rauswirft. Ich bringe dich für diese Münze sogar noch die Treppe hinauf.“, bot ich an und sah ihrem Blick an, dass meine Worte sie überraschten.

„Ich bin es nicht gewohnt für Männer zu bezahlen.“, sagte sie lächelnd.

„Ich bin es nicht gewohnt Frauen Geld zu geben.“, versetzte ich. Sie stand auf und ihr Blick sagte mir, dass sie sehr wohl wusste, dass ich generell nicht darin geübt war Frauen irgendetwas zu geben, geschweige denn mein Zimmer mit einer von ihnen zu teilen.

„Mein Name ist Nathalya“, beschloss sie sich vorzustellen, als sie mir die knarrende Holztreppe hinauf folgte.

„Nenn mich Askian“, forderte ich und wusste selbst nicht genau, wieso ich dieses Pseudonym bevorzugte. Vielleicht lag es teilweise daran, dass ich fühlte, wie mein einstmals so unsicheres Wesen zusehends hinter diesem neuen Namen zurückwich und vielleicht genoss ich es die Stärke aus diesem neuen Namen zu ziehen, da ich noch nicht wusste, welchen Preis ich für ihn zu entrichten hatte.

Blutmond (Siren) Wesen wie er tragen den Hauch des Verderbens in sich

Wesen wie er tragen den Hauch des Verderbens an sich,

der das Schicksal Anderer beeinflusst und sie in die Dunkelheit stürzt. Mit meinem, dem Blut eines Vampires, in sich und nur dadurch noch lebendig, war er endgültig ausgeschlossen vom Schicksal. Er durfte von der Unsterblichkeit der nächtlichen Jäger kosten. Das war eine Sünde, denn ich glaube fest daran, dass den Menschen ihr Schicksal von Geburt an gegeben ist. Sie sind Teil des göttlichen Planes und wir, als Zerstörer, gehören zumindest nicht als lebensspendende Kraft in ihr Schicksal hinein. Er wurde ein Wesen des Nichts und mir doch so teuer, als trüge er meine letzten Erinnerungen an mein Leben als Sterblicher in sich. Auch ich war um mein Schicksal betrogen worden und oft frage ich mich, was aus dem Sterblichen Shay geworden wäre, der nun schon seit Jahrhunderten im Grab und Staub wäre.

Ich habe ihn verfolgt. Ich habe ihn unbewusst gejagt, was mir erst spät wirklich klar geworden ist. Ich habe mich gegen die Ratschläge Priests gewandt, der mir jeden Abend dieser kräftezehrenden Woche aufs Neue klar zu machen versuchte, ich solle weniger Maßstäbe an die Wahl meiner Opfer setzen und endlich trinken. Die Wahrheit war, dass ich mittlerweile Blut brauchte. Ich brauchte seine Nähe – und ich hatte keine Zeit für Beides, denn auch Winternächte können kurz sein, wenn man unvorsichtig ist.

Hätte eine Frau es jemals gewagt mir ihr Herz auf die Weise zu schenken in der ich nun meine Seele an Askian übergab, hätte ich es ihr aus der schwanenweißen, verräterischen Brust gerissen. Wie glücklich wäre ich doch gewesen zu wissen, dass ich, und nur ich, seine ganze Welt ausmachen könnte. Wie hätte ich, nachdem ich ihn sah, die Haut einer Frau berühren können, ohne mich nicht zeitgleich schuldig an diesem kostbarsten aller Gefühle zu wissen, selbst wenn am Ende all dieser Zärtlichkeit der Tod jeder Frau gewiss ist?

Denn keine Frau würde je wieder meine Nähe genießen dürfen und leben.

Ich wusste nur noch nicht genau, was ich in dieser Situation mit einem Mann, mit ihm, tun sollte. Sollte ich ihn töten für die Sündhaftigkeit, die er für mich verkörperte? Ich hatte panische Angst vor meinen eigenen Taten, wenn ich darüber nachsann.

Seit ich ihn zum ersten Mal gesehen hatte reifte in mir der Wunsch ihn zu ändern. Er sollte ein vollkommenes Wesen werden. Ich wollte seine Seele für mich formen, weil ich ihn so hätte lieben können ohne Scham dafür zu empfinden, wer er war: Ein Mensch und noch nicht einmal ein Wichtiger.

Ob ich ihn nun vielleicht gerade deswegen liebte, weil er nicht Teil meiner Welt war, war letztendlich nicht mehr von Belang, als die Worte meines treuen Dieners und die Stimme meiner Vernunft, die mich von meiner eigenen Torheit überzeugen wollten.

Die Sonne ging gerade über einem trügerischen Horizont auf, als ich das Anwesen betrat. Ich fühlte mich schwach und ausgelaugt und ein Blick in den prunkvollen Spiegel nahe der Eingangshalle reichte vollkommen aus, um zu erkennen, dass dies für jedermann offensichtlich sein musste. Die Ränder unter meinen Augen hatten beinahe schon ein tiefes Schwarz angenommen. Ich schüttelte den Kopf in einer fast resignierenden Geste.

Priest erwartete mich bereits an der Treppe und kam mir entgegen, um meinen Mantel ab zu nehmen. „Wie fühlt Ihr Euch, Herr?“

Ich sah ihn aufmerksam an. Normalerweise hielt Priest sich nicht mit belanglosen Begrüßungsfloskeln auf, demnach vermutete ich, dass er einen triftigen Grund hatte mich abzufangen.

„Es ging mir schon besser. Mir ist kalt.“, sagte ich wahrheitsgemäß und verfluchte mich innerlich für diese Zurschaustellung meiner eigenen Schwäche. Ich wusste genau, dass Priest erwartete, dass ich weiter reden würde und ihm meine Sorgen beichten würde, damit er mich trösten und mich in den Arm nehmen könnte. Eine Weile spürte ich nichts als Verachtung für seine närrische Anhänglichkeit. Ich zwang mich an ihm vorbei zu sehen, als habe ich Angst, er könne meine Gedanken erraten. Es war immerhin seine Hinwendung, die mir mehr als einmal das Leben gerettet hatte.

„Ihr habt derzeit selten Erfolg bei der Jagd.“, bemerkte Priest.

„Ich jage nicht.“, kam es postwendend zurück, als seien seine Worte eine Beleidigung an meine Fähigkeiten. „Ich habe derzeit keinen Sinn für Blut. Außerdem habe ich erst gestern einer Frau meine Gastfreundschaft erwiesen.“

Den letzten Satz hatte ich mit einer gewissen Ironie in der Stimme gesprochen. „Ich hätte sie niemals herbringen sollen!“, setzte ich hinzu.

Priest hob eine Augenbraue.

„Ihr seid wirklich ein Prinz.“, meinte er in einem vorwurfsvollen Ton. „Nur Ihr selbst könnt glauben, dass nach fast einer Woche ohne Blut eine einzige Frau Euren Durst stillen kann.“

Ich winkte ab, wortlos, denn ich hatte weder die Kraft noch den Drang dazu seinen Worten zu widersprechen.

„Euer Fehler war nicht, diese Frau hier herzubringen, sondern den Jungen. – Er hat erkannt was Ihr seid und dann habt Ihr ihn laufen lassen. Warum nur habt Ihr ihn nicht einfach umgebracht?“

„Ja, warum eigentlich nicht?“, murmelte ich und sah an Priest vorbei. „Wen ich töte und wen nicht liegt noch immer in meinem Ermessen, also vergiss deinen Platz nicht.“

Hätte ich es lauter ausgesprochen, wäre dieser Tadel vielleicht sogar ernstzunehmend gewesen. So wie ich es betonte hatte ich selbst Mühe meinem eigenen Ausflucht glauben zu schenken. Ich wollte gerade an Priest vorbei die Treppe hinauf gehen, als seine Hand mich unerwartet entschieden am Handgelenk griff.

„Tut das nicht!“, forderte er und in seiner Stimme hörte ich einen leisen Hauch von bestimmter Aggression, die mich zwang innezuhalten und insgeheim meine Möglichkeiten durchzugehen, wie ich ihn im Ernstfall überwältigen sollte.

„Was soll ich nicht tun?“, fragte ich schneidend und gewillt ihm jedes Körperteil einzeln auszureißen wenn nötig, angefangen mit seinem letzten, verbleibenden Auge. Seine Hand lockerte sich nicht.

„Ich lasse nicht zu, dass Ihr Euch aufgrund irgendeiner Laune kaputt macht.“, stellte Priest klar. „Ich habe Euch einen Straßenjungen mitgebracht und ihr solltet mein Angebot annehmen.“

Die Überraschung war mir deutlich anzumerken. „Ein Junge?“

Priest nickte. „Er ist aus den Slums und ich habe ihm gesagt, er kann hier als Stallbursche anfangen. Er wartet im Gesindezimmer.“

Eine Weile starrte ich Priest an, als habe er den Verstand verloren. Ich töte eigentlich keine Menschen in dem Haus, das ich bewohne und nun, da ich einmal damit angefangen hatte, wollte ich es eigentlich nicht weiter führen. Nicht, dass es mir etwas ausmachen würde, hier jemanden sterben zu sehen. Ich neige nur nicht dazu mein eigenes Heim mit Sünde zu beschmutzen, wenn es nicht unbedingt nötig ist. Außerdem... „Ich töte keine Knaben!“, sagte ich entschieden den letzten Teil meiner Gedanken laut.

Priest geriet in Erregung und mir gefiel die Situation immer weniger. „Dann rufe ich Euch eine Dirne, oder was auch immer Ihr wünscht.“, rief er fordernd. Ich löste mein Handgelenk mit einer kurzen Drehung aus seinem Griff und ging an ihm vorbei.

„Ich will Euch nicht zwingen müssen.“, kam es von Priest, dessen eines, funktionierendes Auge mich nicht aus dem Blick verlor. „Sonst bringe ich den Jungen um.“, setzte er hinzu, als würde das einen Unterschied für mich machen.

Ich schnaubte und mein Blick wanderte Richtung Boden. Dann sah ich ihn mit aller Verachtung in mir an. „Was soll ich tun Priest? Einen Knaben beißen? Ihn berühren, - ihn töten? Soll ich ihn halb lebendig zurück lassen, damit du noch deinen Spaß hast, oder ihn zerfetzten, damit du dich an seinem toten Körper vergehen kannst?“

Er stutzte, offenbar verwirrt, über den plötzlichen Angriff. Ich nutze es, um meine Gedankengänge scheinbar lässig weiter zu führen und bemerkte kaum, wie ich drohend auf ihn zu schlich. „Glaube nicht, dass ich nicht weiß, was du mit den toten Frauen tust, die ich dir anvertraue. Tust du es nur mit ihnen, weil dich keine Andere nimmt, oder liegt es vielleicht daran, weil sie nach mir riechen?“

In diesem Moment griff Priest mich an den Schultern und schleuderte mich grob gegen die nächstgelegene Wand. Ich wölbte meinen Körper vergeblich und grub meine Finger in seine Flanke. Die Hände ließen mich nicht los.

„Du vergisst dich!“, zischte ich ihm entgegen, hörte jedoch auf mich zu wehren..

„Nein.“, versetzte Priest. „Das ist genau das, was Ihr gerade tut.“ Seine Lippen waren so nah an meinen. Ich konnte sein Herz schlagen hören, den rauschenden Zorn in seinen Adern, und sein Schritt presste sich unangenehm gegen den Meinen. Dieses Mal versetzte es mich in Panik zu erkennen, wie sehr meine Nähe ihn anzog.

„Trinkt von mir!“, hauchte er bittend, als glaube er tatsächlich, dass allein Blutgeschmack mich nun dazu bringen würde, mich zu vergessen und mich zum Spielball seiner ungezähmten Gier machen würde. Seine Halsschlagader kam in verführerische Nähe, doch so tief war mein Stolz noch nicht gesunken.

„Das wirst du bezahlen.“, versprach ich und meine Zähne klappten automatisch aufeinander und ins Leere, als ich ihnen den ersehnten Biss nicht gönnte. Ich atmete tief durch. „Gut, ich nehme dein Geschenk an, um dir einen Gefallen zu tun, aber wenn du mich noch einmal anfasst, dann werde ich alles an dir verstümmeln, was du an mir interessant findest.“ Dass meine Drohung seine Wirkung nicht verfehlte, verwirrte mich selbst, doch in Priests Gesicht spiegelte sich Betroffenheit wider. Dann ließ er mich los und ich brauchte mich nicht nach ihm um zu drehen, um zu wissen, dass er mir nachsah, als ich die Treppe hinauf in Richtung Gesindebereich stieg.

Erst, als ich außer Sichtweite war, erlaubte ich meinem Körper zu zittern und meinem Atem sich zu beschleunigen. Ich lehnte mich gegen die Wand des Flures und atmete heiser einige Male ein und aus, bevor der kurze Panikanfall vorüber war.

Immerhin hatte mein Blutdurst nun etwas anderes als Kraftlosigkeit in mir geweckt. Als der Blutgeruch dieses Kindes zu mir herüber drang, begann ich mit all dem Hass in mir zu jagen.

Blutmond (Askian) Ich hatte fast bis in den späten Nachmittag hinen mehr oder weniger geschlafen

Ich hatte fast bis in den späten Nachmittag hinein mehr oder weniger geschlafen.

Als ich nach einigen Stunden die Augen öffnete, war Nathalya wohl schon lange weg. Einzig der Geruch ihres Parfums lag noch in der Luft und erweckte in mir ein dumpfes, irgendwie schwermütiges Gefühl. Ich denke, das mag an der Note von Sandelholz gelegen haben, denn für Düfte und ihre Auswirkungen auf die Psyche war ich damals schon sehr empfänglich.

Ich drückte meinen Kopf zurück in das Kissen. Das Stroh mit dem das dünne Laken gefüllt war raschelte. Ich kam nicht umhin darüber nachzudenken, wie wunderbar weich die Daunenfedern des Himmelbettes im Vergleich dazu gewesen waren und in diesem kurzen Moment gelang es mir die schrecklichen Bilder beinahe zu vergessen, die ich in demselben Haus gesehen hatte.

Ich roch Staub und die vielen Gerüche vergangener Gäste in dem Bett des Gasthauses. Vielleicht war es das erste Mal. Dass mir wirklich auffiel, wie dreckig und heruntergekommen mein Umfeld, ja vielleicht mein ganzes Leben bisher gewesen war. Man denkt viel über das Leben nach, wenn man den Tod gesehen hat. So wie man Zeit seines Lebens wohl auch länger mit dem Gedanken an den Tod beschäftigt ist.

Ich drehte mich auf den Rücken und starrte die hölzerne Decke an, die nun im hellen Sonnenlicht beinahe zu flimmern schien. Auch in der vergangenen Nacht hatte ich viel Zeit damit verbracht jede Unebenheit dieser Decke zu studieren und die feine Maserung des Holzes immer und immer wieder mit den Augen nachzuvollziehen in der Hoffnung endlich den ersehnten Schlaf zu finden. Immer wieder sah ich dieses Bild vor mir, diesen Mörder in all der Grausamkeit und Grazie des Momentes erstarrt und ein Teil von mir wünschte tatsächlich diese Erinnerung zu verlieren, um weiterhin in der Illusion gefangen zu sein, dass Dämonen und Engel dem Menschen niemals begegnen. Ich wollte weiter dem Trugschluss nachhängen, dass das Schlimmste, was mir passieren könnte die Liebe zu einem Mann sei. Nun wurde mir langsam aber sicher bewusst, dass die Anziehung, die Siren auf mich ausübte, so subtil sie auch sein mochte, mein gesamtes Selbst in die Hölle stoßen würde.

Während Nathalya und ich die Treppe hinauf stiegen, schwiegen wir. Erst im Zimmer angekommen bemerkte sie: „Du siehst reichlich mitgenommen aus!“

Ich zuckte mit den Schultern und antwortete nicht direkt.

„Du kannst das Bett haben. Ich schlafe auf dem Boden.“, beschloss ich, während sie sich auf die einstmals weiß bezogene Strohmatte setzte, die nach viel zu langer Nutzung unzählige Flecken hatte.

„Wie wäre es, wenn du deine Scheu ablegst und wir beide im Bett schlafen?“, schlug Nathalya vor und klopfte mit der flachen Hand auf das Laken. Eine Weile starrte ich sie einfach nur fassungslos an. Mir wäre niemals der Gedanke gekommen mich zu ihr zu legen, geschweige denn sie zu berühren. Ich schluckte und muss wohl etwas zu lang geschwiegen haben, denn plötzlich begann sie zu lachen. Es war ein hohes, sympathisches Lachen ohne echte Gehässigkeit, obwohl ich natürlich wusste, dass sie sich über mich lustig machte.

„Keine Angst, Kleiner. Ich beiße nur ausgesprochen selten. Versprochen!“

Erinnerungen an Siren und seine Berührungen kamen in mir hoch und ein Schauer fuhr mir den Rücken herunter. Unbewusst fuhr ich mir mit einer Hand an den Hals und strich die zerkratzte Haut entlang.

Dann starrte ich wieder Nathalya an, die bedächtig die Schnürung ihres Kleides löste. Tatsächlich kam mir das Angebot in dieser Kälte eine Decke und etwas von ihrer Körperwärme zu haben ziemlich verlockend vor. Es wäre kindisch gewesen es auszuschlagen. Trotzdem hatte ich beim Aufstehen den Drang ihr zu sagen: „Wehe, du fasst mich an!“ Ich behielt es für mich, während sich die Rothaarige umdrehte und langsam das Kleid von den runden Schultern sinken ließ. Ich denke, sie tat es absichtlich etwas langsamer und verführerischer als es nötig gewesen wäre.

Ich wandte mich ab, wenn auch nur aus reiner Höflichkeit und in vielerlei Hinsicht war die Vorstellung die ich beim leisen Klang des fallenden Stoffes hatte noch viel quälender, als es der Anblick sicherlich gewesen wäre. Ich war jung, unerfahren. Ich war mir sicher, sie tat dies alles nur aus reinem Sadismus heraus. Heute denke ich, dass in diesem Moment vieles hätte passieren können, wenn ich reifer, mutiger und weniger höflich gewesen wäre.

Ich zog mein eigenes Hemd über den Kopf und starrte eine Weile auf meine zerkratzten Unterarme. Erst als ich mich umwandte, bemerkte ich, dass Nathalya dasselbe tat. Ihr Gesicht trug plötzlich einen ernsten Ausdruck, der mich fast noch mehr störte, als ihr Spott.

„Hast du Probleme?“, fragte sie.

Ich zuckte mit den Schultern und verfluchte mich für die Tränen, die in meinen Augen schimmerten. Ich konnte nicht sprechen.

Wieder klopfte sie mit der flachen Hand auf das Bett. Ich kam der Aufforderung nach und setzte mich neben sie.

„Ich könnte dir helfen. Ich kenne einige sehr hochrangige Männer, die mir jeden Wunsch von den Augen ablesen.“, bemerkte sie und strich mir mit der Hand ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht. „Du weißt gar nicht, was für schöne, blaue Augen du hast oder?“, fragte sie und fuhr dann fast spielerisch die frischen Narben an meinem Hals mit den Fingerspitzen nach. Meine Haut schien unter ihren Fingern zu vibrieren. Ich schlug ihre Hand weg.

„Alles ist gut. Ich verlasse morgen die Stadt.“, sagte ich, bevor mir eigentlich bewusst war, dass ich es tatsächlich so meinte. Vielleicht war es ihre Reaktion auf meine Wunden, die mir bewusst gemacht hatte, dass ich hier genau so sterben würde, wie ich es vielleicht in der Wildnis vor der Stadt tun würde.

Mehr geschah nicht. Kein Wort des Hohns fiel mehr, als sie sich unter die Decke legte und ich nicht direkt folgte.

Mein Blick streifte den feinen Seidenstoff, der nun auf dem Nachttisch lag und ich kam nicht umhin mir ihren unbekleideten Körper unter der Decke vorzustellen.

So lagen wir also nebeneinander, während ich stundenlang krampfhaft die Decke anstarrte und mein Unterarm mangels Platz ihren nackten Rücken berührte. Erst, als die Sonne schon ihre ersten Strahlen durch das Fenster warf, fiel ich in einen ausgesprochen kurzen und von Alpträumen geplagten Schlaf.

Als ich erwachte und nachdem sie gegangen war fühlte ich mich kein Stück ausgeruhter als zuvor. Ich ließ meine Beine aus dem Bett gleiten und fuhr mir stöhnend über die Stirn und durch die Haare, bevor ich mich dem kleinen Wasserbecken neben dem Bett zuwandte, um zumindest mein Gesicht und die Arme zu waschen.

Hatte ich wirklich eine Frau sterben sehen? Sein Lächeln, sein Gesichtausdruck beim Töten kam mir wieder in den Sinn und ich hatte das Gefühl einfach nur schreien zu müssen. War es wirklich diese Kreatur, dieser Mörder gewesen, dem ich erlaubt hatte mich zu berühren? Hatte ich wirklich die Lippen geküsst, die kurz danach diese grausame, blutige Fratze erzeugt hatten? Hatte ich ihm wirklich gesagt, es sei mir gleich, was er sei?

Sicherlich hatte ich Vieles erwartet. Ich hatte nur keine Vorstellung davon gehabt.

Vielleicht war es zu spät sich zu entscheiden, doch nichts desto trotz wollte ich zumindest einstweilen aus der Stadt. Ich würde versuchen mir in den umliegenden Dörfern irgendwo Arbeit zu suchen. Vielleicht könnte ich dann im Frühjahr noch weiter weg.

Seufzend stand ich auf, ging die knarrende Holztreppe bis nach unten und verließ das Gasthaus.

Es regnete und der Schnee, der wohl über Nacht gefallen sein musste taute in großen, grauen Klumpen auf dem Kopfsteinpflaster der Gassen.

Ich hatte noch immer den roten Mantel und wickelte mich darin ein, bevor ich langsam zum westlichen Stadttor ging. Ich wusste, wenn ich nun die Stadt verließ, würde ich die ganze Nacht reisen müssen, doch es war mir gleich. Letztendlich kam es auch gar nicht so weit.

Als ich gerade den großen Steinwall erreicht hatte, der die Stadt umgab, kamen mehrere Männer auf mich zu. Einer davon war der alte Bettler, dem ich schon im Gasthaus begegnet war. Unwillkürlich fuhr ich mir über die Hand und die breite Kruste, die von dem Schnitt geblieben waren.

Ich hatte die Männer um den alten Bettler nie gesehen, doch ich kannte ihr Auftreten und ihren Ruf in den Gassen. Den Mann vor mir nannten sie „Bettlerkönig“. Er war der Straßenräuber, dessen Name mit Respekt und Furcht von den Männern in der Kneipe geflüstert wurde.

Statt zu fliehen, blieb ich einfach stehen. Warum, weiß nur der Himmel.

„Da haben wir dich ja, Bursche!“, rief er mir entgegen, während mich einer seiner Begleiter, ein schwarzhaariger Mann von etwa 30 Jahren grob am Mantel packte und gegen eine Steinmauer schleuderte.

„Wie ich sehe hat dir deine feine Gesellschaft einen neuen Mantel geschenkt. – Und was bekommt man noch, wenn man mit dem Satan im Bunde steht?“

Er zog wieder sein Messer aus der Tasche und panisch betrachtete ich eine Weile die zackige, fast stumpf wirkende Klinge.

„Ich weiß nicht, was Ihr meint. Ich kenne den Mann gar nicht, der euch im Gasthaus erschreckt hat.“

Der Alte verzog das Gesicht. Offenbar gefiel ihm wenig, dass ich ihn vor seinen Gefolgsleuten als Feigling darstellte.

„Blödsinn!“, schrie er und seine Hand traf mich hart am Unterkiefer.

Der Druck des Schwarzhaarigen auf meinen Hals verstärkte sich, während eine Frau mit strähnigen blonden Haaren begann meine Taschen zu durchwühlen. Ein kleiner Junge stand derweil abseits und wich meinem panischen Blick aus.

„Der hat nichts! Sollen wir seinen Mantel nehmen und ihn gehen lassen?“, fragte der Schwarzhaarige, als seine Partnern nach langem Suchen noch immer nichts von Wert aus meinen Taschen zu Tage gefördert hatte.

„Nein, wir werden ihn umbringen.“, beschloss der Alte mit einem fiesen Grinsen und fügte hinzu: „Vielleicht verbessert das sogar unser aller Chancen beim Allmächtigen, immerhin bringen wir nur einen heidnischen Ketzer um, richtig?“ Diese letzte Frage hatte er an mich gerichtet und ohne etwas zu sagen schüttelte ich nur den Kopf. Ob als Antwort, oder aus Fassungslosigkeit, vermag ich nicht mehr zu sagen.

Dann spürte ich die Faust des Mannes so heftig in meiner Magengrube, dass ich aufschrie und meine Sinne schwanden. Bevor ich zu Boden ging spürte ich noch weitere Schläge an der Schulter, dem Kopf und, als ich schließlich hart auf dem Kopfsteinpflaster aufschlug, auch seine Stiefel, die mir wieder und wieder in die Rippen traten.

Mir kam noch der Gedanke, dass ich nun vollkommen sinnlos sterben würde. Dann war es plötzlich still. Ich spürte den Regen auf mich niederprasseln und wagte es mich aufzurichten, nur um zu sehen, dass alle Beteiligten auf etwas starrten, das offenbar weit hinter mir lag.

„Hört ihr das Heulen?“, fragte der kleine Junge und seine hohe Stimme zitterte beim Sprechen.

„Wölfe? Hier?“, flüsterte die Blonde und machte hektisch einige Schritte rückwärts.

Ich folgte dem Blick, konnte jedoch nichts von Bedeutung erkennen. Dann setzten sich plötzlich alle gleichzeitig in Bewegung und rannten, schreiend durch die Gassen davon, als sei ihnen tatsächlich die Meute aller höllischen Hunde auf den Fersen.

In diesem Moment kam mir die Situation an sich absolut surreal vor.

Ich erhob mich langsam und versuchte den Schwindel und die Kopfschmerzen zu ignorieren, die mich sofort befielen.

Als ich mich erschöpft an der Wand abstütze und den Kopf hob, sah ich schließlich Siren, der vollkommen reglos im Schatten stand und mich wohl schon eine ganze Weile betrachtete. Er trug einen einfachen, schwarzen Stoffmantel und lächelte selbstzufrieden in sich hinein, wie ein Knabe, dem ein besonders guter Streich gelungen ist.

In seinen auffallend fein geschnittenen Augen lag weder Neugier noch Interesse, als er mich musterte. Es war vielmehr, als ginge eine kühle Berechnung von ihm aus. Als beobachte er die Welt um sich herum lediglich wie einen Feind, den es bei Zeiten zu besiegen galt.

„Irgendwie bist du, wenn wir uns sehen andauernd nass.“, sagte er vollkommen unvermittelt und ohne wirkliche Wertung in seiner Stimme. Er sah mich dabei durchdringend an, als erwarte er eine Reaktion.

„Und Ihr kommt seltsamerweise immer zur richtigen Zeit, um mich vor Schlägen zu bewahren, aber nie früh genug, um mich vor dem Regen zu schützen.“, versetzte ich. „Was war das gerade?“

Er antwortete mir nicht. Als ich Siren später noch mal nach diesem Ereignis fragte, lachte er nur und sagte, die Wahrnehmung der geistig Schwachen sei für einen Vampir recht einfach zu überlisten. Egal, was er getan hat, ich habe es nie gelernt.

„Du wolltest die Stadt verlassen, oder? Das würde ich nicht tun.“, bemerkte Siren stattdessen. „Es ist zu kalt zum Reisen und Arbeit findest du im Winter nirgendwo. Du würdest verhungern, falls du dich nicht vorher in andere Schwierigkeiten bringst.“

Ich stockte. In seiner Stimme lag keine Feindseeligkeit, sondern so etwas wie echte, fast väterliche Besorgnis. Warum auch immer, kam ich mir doch auf einmal wie ein Verräter vor.

Ich war mir nicht sicher, wie ich ihm antworten sollte, denn als der Wind in seinen Haaren spielte und seinen Duft zu mir trug, meinte ich Rosenöl wahrzunehmen. Ich erinnerte mich an sein kaltes Lächeln und die zuckende Hand der Frau. Nun, da er im Halbschatten vor mir stand, hatte er nichts mehr mit der Kreatur gemein, die ich in der Nacht zuvor gesehen hatte.

Die flachsblonden Haare hingen ihm wirr ein Stück weit über die Augen. Er wirkte gefühlsvoll und verletzlich. Doch seine Bewegungen blieben langsam und bedacht, als sei er selbst ein lebendes Ölgemälde. Mehr konnte ich nicht ausmachen, da der Rest seines Körpers im Dunkel des Hauses blieb.

Ich fühlte mich zeitgleich von ihm abgestoßen und angezogen, als sein Gesicht wie zufällig aus dem Schatten auftauchte. Es war ein Ausdruck an ihm, der in mir den Wunsch auslöste, ihm zu folgen, wohin ihn sein Weg auch führen würde. Ganz so, als würde ich ihn schon lange genug kennen, um mit den Abgründen seiner Seele vertraut zu sein.

Dennoch war er ein Fremder, ein wunderschönes und seltenes Wesen von katzenhafter Anmut. Ich war mir sicher, dass jemand wie er nur adlig sein konnte. Selbst wenn er versucht hätte es zu verstecken, sprach es fortwährend aus jeder noch so kleinen Bewegung und jedem Wort, das er aussprach, so als sei alles an ihm selbst zerbrechlich und überirdisch kostbar.

„Was führt Euch in diese Gegend, Herr?“, fragte ich ohne auf seine Worte einzugehen, bemüht es nicht wie einen Vorwurf oder eine Anschuldigung klingen zu lassen. Ich kam mir dabei seltsam kindisch vor.

Siren senkte seine Lider leicht, sodass winzige Schatten auf seine hervorstechenden Wangenknochen fielen. Er lächelte nichtssagend, ohne mich ganz aus dem Blick zu verlieren. Ich wusste, er würde mir nicht antworten.

Weniger wusste ich allerdings, wieso ich mir in jenem Moment – nur für den Bruchteil einer Sekunde - wünschte er sei nur meinetwegen gekommen.

Dieses Gefühl irritierte mich auf eine Art und Weise, die meinen Fluchttrieb weckte. Vielleicht war es nur der Anstand, der mich hielt, wo ich war. Es war in jener Zeit gefährlich sich von einem reichen Mann ab zu wenden, ganz so, als seien sie die herrschaftlichen Jäger, deren Raubinstinkte es nicht zu wecken galt. Ein Schauer überlief mich bei dem Gedanken, dass dies bei Siren in der Tat wörtlich zu nehmen sein könnte.

Eine Weile musterte er mich unschlüssig und sein Gesicht veränderte die Mimik kaum merklich. Ich ahnte, dass er einen inneren Kampf ausfocht, jedoch nicht, dass mein Leben vom Ausgang dieses Gefechtes abhing. Schließlich verhärtete sich sein Blick im Bruchteil einer Sekunde, als würden Wolken über einem spiegelglatten Meer aufziehen.

„Vergiss nicht, was ich sage:“, forderte er mit vor Müdigkeit zitternder Stimme. „Eines Tages wirst du dich nicht mehr gegen mich wehren können. Eines Tages wirst du mir gehören, egal wo auf der Welt du dich dann befinden solltest – und dann denke an die vergangene Nacht, an all die Dinge, die ich dir antun könnte. Denk an meine Gnade, dass ich dich schone! Du kannst nicht vor mir fliehen!“ Sein Blick war bei diesen Worten so kalt und voller unverhohlener Verachtung, als sei ich es gewesen, der ihn bedroht hätte.

Eines Tages wirst du mir gehören!

Bevor ich etwas erwidern konnte, verschwand er. Er ging nicht etwa weg, sondern löste sich vielmehr in sich selbst auf, wie eine Vision, oder ein Traum, oder ein Geist.

Lange Zeit blieb ich einfach stehen und starrte in die Sackgasse und den grauen Schatten, in dem zuvor noch der Körper des jungen Adligen gestanden hatte. Vorsichtig streckte ich meine Hand aus und berührte die Steinmauer, als müsse ich mich davon überzeugen, dass die Welt um mich noch real war.

Blutmond (Siren) Ganz so, als seien mir die Spielregeln der Verletzlichkeit abhanden gekommen

Ganz so, als seien mir die Spielregeln der Verletzlichkeit abhanden gekommen

fühlte ich mich unstet. Ganz so, als sei ich nicht mehr der kaltblütige Jäger, der ich noch vor wenigen Wochen zu sein geglaubt hatte. Es war nicht das erste Mal, dass ich mich in den vergangenen Monaten so fühlte. Es war nur das erste Mal, dass sich nicht alles nach meinem Willen fügte. Je mehr er sich meinem Zugriff zu entwinden suchte, umso mehr wollte ich ihn. Ich machte ihm keine Vorwürfe, immerhin lebten wir beide in einer Zeit, die solche Gefühle zweier gleichgeschlechtlicher Personen nicht tolerieren konnte. Es bedurfte einigen Feingefühls seine innere Mauer zu durchbrechen, das wusste ich so genau, wie ich den beschleunigten Herzschlag zu deuten wusste und die Art, wie er sanft seine Lippe mit der Zunge berührte, wenn wir uns gegenüber standen. Ich wusste was es bedeutete, wenn er sich verlegen mit einer Hand durch die Haare fuhr, sobald er zu lange meine Augen, meine Brust, oder meine Oberarme fixiert hatte und wenn sein Blick dann meinen Körper hinab gewandert war. Hätte ich ihn darauf angesprochen hätte er jedoch genau so sicher alles abzustreiten gewusst.

Ich habe jede Nacht Frauen verführt und getötet. Eigentlich hätte ich besser wissen sollen, wie man einen Menschen umgarnt. Eigentlich hätte ich meine Fähigkeiten zu einer höheren Kunst erheben sollen, um ihn zu umwerben, doch in seiner Gegenwart zählte das kaum, da ich das Gefühl bekam über meine eigenen Füße und vor ihm auf die Knie zu fallen.

Er war ein Beutetier der vollkommen anderen Art und das nicht nur deswegen, weil er ein Mann war.

Ich habe nicht mehr auf mich geachtet. Ohne Blut, ohne seine Nähe, fühlte ich mich vollkommen hilflos und kaum im Stande einen anderen Gedanken zu fassen, als der, wie er schmecken könnte und wie gut sich seine rosenweiche Haut anfühlen würde, wenn sie sich an mich schmiegen würde.

Es war noch deutlich zu früh ihm direkt zu sagen, dass ich ihn liebte und dann eine Antwort von ihm zu fordern..

Oft habe ich Menschen meine Liebe erklärt. Ich war überrascht, dass es mir nicht leichter fiel, schöne Worte zu finden, wenn es der Wahrheit entsprach.

Ich dachte an seine schneeweiße Haut unter der das kostbare Blut vor wenigen Nächten nur noch in unsteten Zügen zirkulierte. Ein Teil von mir war zu jenem Zeitpunkt bereits so ungeduldig, dass sogar sein ausgezehrter Körper für mich wie eine Verheißung erschien.

Mir kam schon damals der Gedanke ihn mit zu nehmen und zu meinem Diener zu machen, wohl wissend, dass er es nicht verstanden hätte und dass es ihn zerstört hätte. Statt ihn also zu töten, habe ich ihn geküsst, obwohl er es in seiner Ohnmacht wohl nicht spüren konnte. Ich konnte ihn unter keinen Umständen gehen lassen, denn wäre er gestorben, hätte ich dieses Gefühl verloren und es war das Einzige, was ich besaß, von dem ich glaubte, dass es keine Vergänglichkeit haben könnte.

Als mein Diener mich schließlich im Rosengarten fand, kreisten meine Gedanken eigentlich nur noch um dieses eine Thema.

„Mein Meister, Ihr müsst trinken.“, bemerkte Priest etwas ungeduldig und legte einen Arm um meine Schultern. Ich zuckte vor der unvermuteten Berührung zusammen und konnte mich nur mit Mühe beherrschen, doch er fuhr unbeirrt fort: „Ich habe den Wagen vorbereitet. Ich bringe Euch ins Bordell, oder überall hin, wohin Ihr wollt, nur tut mir den Gefallen und wählt einen Ort an dem es Blut für Euch gibt.“

„Priest, ich denke, ich bin in einen Menschen verliebt.“, flüsterte ich ohne ihn wirklich zu beachten und griff seine tröstende Hand ungeachtet der Tatsache, dass eben diese Hand mich nur wenige Tage zuvor angegriffen hatte. „Was für ein sinnloses Gefühl…“

Was für ein sinnloses Gefühl, dessen Luxus man einmal gekostet nicht mehr hergeben will.

Aus der Miene meines Dieners sprach für den Bruchteil einer Sekunde Bestürzung, doch genau so schnell, gewann er seine Fassung zurück. Seine Obsidianaugen verrieten nicht das Geringste über seine wahren Gedanken. Lediglich der Druck auf meiner Schulter wurde etwas stärker, als ich ihm nur für einen Moment gestattete, mich zu trösten.

Es ist der Blutdurst, der mich gefühlsbetonter macht und menschlicher. Dabei wäre es weitaus effizienter für eine Kreatur meiner Rasse, wenn ich stattdessen gefühlskälter würde.

Blutdurst macht mich schwächer.

Ich bin ein Dämon und die Geißel der Menschheit. Aber mehr noch als das, war ich wohl in all den Jahren ein Wesen, das sich seiner eigenen Bestimmung gebeugt hat und dabei verzweifelt auf Verständnis gehofft hat. Vielleicht bin ich dadurch wahnsinnig geworden, doch das kann ich nicht beurteilen, denn Wahn und messerscharfer Verstand liegen oft so dicht beieinander, dass man zwischen Beidem auch als Außenstehender sehr schlecht trennen kann.

Ich war einst nicht anders, als der Mensch, in den ich mich verliebt hatte. Ich war voller unsicherer Gefühle und voller Güte. Ich hatte einst eine Familie und Freunde, die zu Staub zerfallen sind, während ich mein Schicksal und die damit verbundene Unsterblichkeit hingenommen habe.

Ich wurde einzig als Soldat für einen Krieg geschaffen, der unsere Rasse fast vollständig vernichtet hat. Ich frage mich bis heute, warum es mein Vergehen und mein Verrat an der Brut gewesen sein soll, dass ich diese Bestimmung erfüllt habe.

Als Vampir kann man heute jahrelang unterwegs sein, ohne auch nur einen Einzigen seiner Art zu treffen.

Umso überraschter war ich, gerade in dieser Stadt einen zu finden, dessen Schwäche für menschliche Frauen oft auch über den Blutdurst hinausging. Ich verachtete ihn für das Menschenweib an seiner Seite und das Glück, das er ausstrahlte.

Dennoch betrat ich die Stadt zunächst nicht als Feind, sondern ganz offen, durch den Haupteingang, seines Hauses. Ich hatte meinen Priester zurück gelassen. Es war wohl nichts als Naivität anzunehmen, ich wäre hier willkommen und sei es auch nur für ein paar Nächte.

„Ich kenne Euch!“, begrüßte mich der schlanke, dunkelhaarige Lord mit dem klingenden Namen Rydian, während seine Frau so nah in einem der angrenzenden Zimmer war, dass ihr Blutgeruch all meine dunklen Begierden wach rief. „Verräter und Abtrünnige wie Ihr sind hier nicht geduldet. Zieht weiter! Es gibt genug Städte für solche wie Euch.“

Klare Worte wie diese verlangen immerhin eine deutliche Antwort. Hatte er erwartet, dass ich ihn anbetteln würde? Die Zeiten meiner Sklaverei sind lange vorbei und es war an ihm zu erkennen, dass es so war, damit er allen Teufeln, Dämonen und Engeln der Hölle davon berichten konnte.

Der Kampf war unbefriedigend schnell vorbei. Warum hätte er sich auch auf mein Kommen vorbereiten sollen, wo er doch zu den nobleren Vampiren gehören wollte, die Politik mit Stärke verwechseln?

Ich selbst weiß immer noch, dass ich grausam sterben muss.

Diese Weisung der Alten fällt langsam der Unendlichkeit zum Opfer, wie alles an uns.

Doch ich werde niemals vergessen, was es heißt niemals zu Altern Es bedeutet, dass man niemals an Krankheit, oder Schwäche sterben darf, sondern nur durch die Hand eines Feindes. Deswegen halte ich mich aus den Angelegenheiten der Menschen fern und vergesse auch nicht, dass meine Krallen Waffen sind und ein versteckter Dolch in der Kleidung noch weitaus effizienter funktioniert.

Das zumindest musste auch Rydian einsehen, als mein Messer in sekundenschnelle an seine Kehle fuhr.

„Welch Verschwendung an Blut und Leben wird dies sein, Rydian.“, sprach ich ihn mit vor Wut bebender Stimme an. „Das hier hätte nicht so enden müssen, doch ihr hättet meine Ehre nicht in den Schmutz zu ziehen dürfen.“

Trotz der Waffe an seinem Hals lachte er hohl. „Und welche Ehre soll das sein, Siren? Welche Ehre könnte ein Mörder wie Ihr schon für sich beanspruchen.“

Mit einer Hand griff ich so fest in seinen Nacken, dass es weh getan haben musste. Er stöhnte gequält auf, während ich antwortete: „Die Ehre, die Ihr fortgeworfen habt, als Ihr Euch mit dieser Menschenfrau gepaart habt, wie der Schlachter es im Stall mit den Schweinen tut.“

Ein leises, verzweifeltes Lachen war die Antwort. „Ihr habt mich noch immer nicht getötet. Was wollt Ihr noch?“

„Ich brauche die Besitzurkunde für dieses Haus und Eure Unterschrift, dass es mein ist.“, erklärte ich.

„Was für ein dreistes Verlangen!“, zischte Rydian. „Und was bietet Ihr mir dafür?“

Ich sog die Luft ein, als würde ich wittern und schmiegte mein Gesicht fast an sein Ohr, bevor ich ihm leise zuflüsterte: „Das Leben Eurer Tochter, so sie tatsächlich von Eurem Fleisch ist, was ich sehr bezweifle.“

Er seuftzte. „Und mein Leben? Steht es zum Verkauf?“

„Das habt Ihr verwirkt, als Ihr es vorgezogen habt mich zu beleidigen, statt meine Hand in Freundschaft zu ergreifen.“, war meine Antwort.

„Magdalena?“, kam die kraftlose Antwort.

„Wenn das der Name des nichtsnutzigen Weibes in Eurem Bett ist, dann wird sie sicherlich mit Freunden Eurem Schicksal folgen.“, versetzte ich. Es gab für mich eigentlich nicht viel zu verhandeln. Hätte er nicht eingewilligt, so wäre es mir bestenfalls gleichgültig gewesen.

Er seufzte. „Ich werde Tinte und Feder benötigen.“, erklärte er. „In meinem Arbeitszimmer finden wir beides – und auch die Urkunde.“

Ich nahm das Messer vorsichtig von seinem Hals und folgte ihm die Treppe hinauf durch den Gang und in die Bibliothek. An einem großen Ebenholzschreibtisch machte er Halt und sah mich kurz mit einem fast unsicheren Ausdruck an.

„Setzt Euch. Das wird eine Weile dauern.“, sagte er bevor er ein Tintenfass und eine stählerne Schreibfeder ergriff und hastig einige Worte auf einen Bogen Briefpapier schrieb.

„Ich werde auch Eure Unterschrift benötigen.“, sagte er nach einer ganzen Weile fast gleichgültig, „Kommt her!“

Ich stand auf und besah das Papier neben ihm stehend. Alles schien soweit seine Richtigkeit zu haben. Er gab mir die Feder und schien gedankenverloren nach etwas zu suchen.

„Die Besitzurkunde ist hier.“, sagte er während er eine Schublade öffnete und ich nur aus den Augenwinkeln sah, wie etwas Kleines, Silbernes in seine Handfläche glitt.

„Ihr spracht von Ehre, Siren.“, flüsterte er. „Im Gegensatz zu Euch weiß ich immerhin noch wie es ist, sich als Mensch zu fühlen.“

„Das ist Euer Fehler.“, antwortete ich lauernd. „Denn mit den vielen Jahren bin ich deutlich versierter darin Menschen umzubringen, als ich es mit Vampiren je sein könnte.“

Beinahe bevor ich selbst begriffen hatte, wie ich reagieren musste, hatte ich die Spitze der Schreibfeder tief in seinen Hals gerammt.

Der Brieföffner glitt aus seiner Hand und fiel scheppernd auf den Boden. Hätte er nicht gezögert zuzustoßen hätte er vielleicht eine Chance gehabt.

Ich riss die Feder herum. Die Wunde, die diese Bewegung der Länge nach in seinem Fleisch hinterließ, war rissig und tief. Sie war es auch, die ihn innerhalb kürzester Zeit vor mir auf die Knie fallen ließ.

Wie ich ihn jedoch letztendlich getötet habe ist leider etwas langwieriger und vollkommen unerheblich. Warum sollte ich damit prahlen einen Angehörigen meines sterbenden Volkes umgebracht zu haben? Warum sollte ich die Antwort auf die Frage nach dem „wie“ in alle Welt hinaus schreien? Man kann uns töten, ja! Das ist tragisch genug.

Nach vollbrachter Tat allerdings wandte ich mich seiner Frau zu. Sie war nicht sonderlich schön in meinen Augen, doch ihre strenge Haltung verlieh ihr die Würde einer Königin, was durch einen prunkvollen Weinbecher in ihrer Hand noch verstärkt wurde, als sei sie das Gemälde einer Aristokratin in Öl.

Magdalena Celest. - Sie musste Jahre an der Seite des Lords gelebt haben und diese Zeit hatte einige tiefe Falten um ihre Augen gemalt. Mir war klar, dass sie sehr viel mehr über mich wusste, als jeder Mensch, dem ich zuvor gegenüber stand. Sie wusste was ich war, hatte sie es doch nächtelang an Rydian zu erforschen gewusst.

Sie versuchte nicht einmal sich zu wehren, als ich ohne Eile und ohne Worte auf sie zu ging. Es war beinahe so etwas wie Einverständnis in ihrer Haltung und so bewegte sie sich nicht, als ich ihren Kopf leicht anhob und meine blutigen Hände über die dünne Haut bewegte, die die Trennlinie zwischen Leben und Tod darstellt.

Ihr Atem war ruhig. Ihr Puls seltsam unbewegt von meinen Berührungen.

„Ihr wisst, wer ich bin, Frau? Was ich bin? Was ich mit Eurem Gatten getan habe?“, flüsterte ich. Es war mehr Feststellung als Frage, als ich mich langsam zu ihrem Hals herab beugte und sie noch immer keinerlei Reaktion von sich gab. Ihr Puls wurde wenn überhaupt nur noch entspannter.

„Ich werde bald bei ihm sein.“, flüsterte sie mit belegter Stimme und der goldene Pokal fiel ihr aus den kraftlosen Händen und rollte scheppernd und eine dünne Weinlache hinter sich lassend über den weißen Marmorfußboden.

Erst in diesem Moment erkannte ich das Gift, das in ihrem Körper mit jedem Herzschlag an Kraft gewann und in meiner Güte gewährte ich ihr dieses friedliche Ableben, bevor ich mich der im oberen Geschoss schlafenden Tochter zuwandte.

Blutmond (Askian) Der Abend brach herein...

Der Abend bracht herein, wie ein gefiederter Phönix in Rot- und Goldtönen.

Ich stand an einer Straße des Viertels und beobachtete, wie die Sonne langsam über die Dächer hereinbrach und Alles in ein helles, rotes Licht tauchte. Der Anblick war so wunderschön, dass ich eine Weile alles um mich herum zu vergessen wollte, um nur noch diesen Augenblick zu genießen, als sei es meine letzte wirklich große Tat auf Erden.

Bald lehnte ich mich an eine Hausecke und die letzten Sonnenstrahlen verschwanden hinter den Dächern, ohne das es zunächst merklich dunkler wurde. Der Schein jedoch blieb, als bäume er sich in einem letzten Kampf auf, obwohl nur noch Schatten vorhanden war.

Ich hatte den Blick zur Straße gewand, die sich zwischen dem Bordell und der schäbigen Kneipe hindurch schlängelte und an vielen Stellen so rissig war, dass mit einem Wagen kein Durchkommen mehr möglich war. Wer aber besaß in diesem Stadtteil schon einen Wagen?

Hinter mir jedenfalls gabelte sich der grob gepflasterte Weg und führte in jenen kleinen Straßenkomplex, der besonders nah an den Stadttoren und somit Ideal für Bettler war, sodass sie dort in Scharen lungerten. Vielleicht auch, weil es ein ungeschriebenes Gesetz war, dass andere Bereiche den Huren gehörten, die bei Weitem nicht so wehrlos waren, wie man von Frauen ihres Standes allgemein annehmen wollte.

Meiner Erinnerung nach starben die Bettler zuerst. Danach folgten ihnen die Huren, vor Allem in Zeiten wie diesen, in denen die beiden Bordelle wie leer waren und auch auf den Straßen kaum Geschäfte zu machen waren. Die Seuche hatte nicht nur Leben, sondern auch Lebensgrundlagen zerstört und ich machte mir keine Illusionen, dass sich hier jemand freiwillig um die grassierende Seuche kümmern würde, solange sie nicht den Adel im höher gelegenen Teil der Stadt bedrohte. Es gab nur uns und unsere eigene kleine Welt am Rande der Stadt. Es war besser in der Gegenwart zu leben, solange man noch eine besaß. Ich war der Krankheit entronnen. Damit war ich eine der wenigen Ausnahmen und ich fragte mich für wie lange es sein mochte, bis die kalte Luft die Saat des Sterbens erneut in meinen Körper säen würde.

Nun stand ich hier und fühlte mich bei dem Gedanken daran, dass ich diese Stadt niemals mehr verlassen würde hoffnungslos und kalt. Auch in den vergangenen Jahren war ich ein Gefangener meines Lebens gewesen. Ohne diese Krankheit und ohne Siren wäre mir das niemals aufgefallen. Ich hätte einfach weiterleben und hier sterben können. Nun aber dachte ich wehmütig an all die Orte von denen ich bisher nur geträumt hatte und die ich niemals sehen würde - an all die Taten, die ich nie vollbringen würde.

Hier wo ich stand kreuzten sich die Wege. Der Eine ins rote Licht führend, der Andere ins Dunkel, wo des Nachts lediglich Straßenräuber lauerten, oder Schlimmeres, und in den Augen der allgegenwärtigen Schatten, war ich nichts weiter als ein Tier, dass sie nach belieben töten konnten, wenn sie es wollten.

- Und was für ein zerbrechliches Geschöpf! Welch wunderbare Beute!

Ich hatte dies nicht wirklich gedacht, aber es kam in meinen Geist, als sei es meinem eigenen Bewusstsein entsprungen. Mir war urplötzlich eiskalt und ich drehte mich fröstelnd in Richtung des dunklen Bettlerviertels.

Außer einer Leichenkerze, in einer verfallenen Hütte, konnte ich rein gar nichts sehen und abgesehen von einem kläglichen Husten aus eben jenem Fenster drang kein weiteres Geräusch an mein Ohr.

Ich drehte mich erneut um und sah ein paar Prostituierte um Angelegenheiten streiten, die

vermutlich Einnahmen und Rechte was Freier anbelangte betrafen. Zumindest glaubte ich das so lange, bis ich erkannte, dass eine der Frauen wohl einen Angehörigen suchte.

Der Blick der Unglücklichen streifte mich, als ihre Kollegin mit einer ausladenden Geste auf mich zeigte und ihr etwas sagte, das durch die kalte Abendluft nur stückweise zu mir herüber drang. „Wenn du das wirklich denkst, dann kannst du auch ihn und jeden Anderen hier fragen, aber ich habe deinen Jungen nicht gesehen! Er wird wohl irgendwo tot in der Gosse liegen!“ Ich bemühte mich in eine andere Richtung zu sehen und so zu tun, als höre ich nichts von dem was gesprochen wurde. Es ging mich nichts an.

Schließlich lehnte ich mich ein wenig fester an die Steinmauer, um vor dem kalten Wind geschützt zu sein, der durch die Straßen pfiff. An dieser Stelle war er scheinbar besonders stark, doch etwas hielt mich. Mir war, als müsse ich genau hier auf etwas warten und so beobachtete ich aus den Augenwinkeln heraus weiter die Frauen, die wie zwei Sukkubi aufeinander los gingen.

Mein Herz hat schon zu lange gewartet.

Abrupt drehte ich mich um, erkannte aber wie bereits beim vorigen Blick in die schwarze Gasse lediglich die Flamme der Grabkerze, die flackernd ein kleines Licht warf, das der Dunkelheit hoffnungslos unterlegen gegenüberstand.

Dennoch war es mir nun, als erkenne ich einen schemenhaften Schatten und der sich plötzlich wieder als jener Mann - jenes Wesen, das mir das Leben gerettet hatte, enttarnte. Er kam direkt auf mich zu. Es war beinahe unnatürlich, wie er vollkommen lautlos auf mich zu schlich, als wolle er es vermeiden gesehen zu werden.

„Du bist noch hier. Daraus schließe ich, dass du meine Worte ernst genommen hast“, erkannte er mit ausgesprochen warmherzigem Tonfall und doch schien etwas in ihm vor mir zurück zu weichen, obwohl man es nicht erkennen, sondern nur fühlen konnte.

„Wer seid Ihr, Siren? Was seid Ihr?“ Meine Stimme klang beherrscht, aber seltsam fordernd, was zum Einen an meinem Argwohn und zum Anderen daran lag, dass ich verzweifelt versuchte mein Zittern zu verbergen, das von Kälte und Angst herrührte. Innerlich fragte ich mich, ob es sich bei diesem Mann um eine ausgeklügelte Halluzination handelte, die mein Körper mir nach Jahren der Einsamkeit eingab, damit ich meinen Verstand zumindest weit genug beisammen hielt, um zu überleben.

„Ich bin real.“, war seine Antwort, als habe er meine Gedanken gelesen. „Glaubst du an Gott?“

Diese Frage traf mich vollkommen unvorbereitet.

„Ja.“, antwortete ich automatisch und hätte wohl auch so geantwortet, wenn das nicht der Wahrheit entsprochen hätte.

Siren selbst jedoch schien nicht einmal eine Antwort erwartet zu haben. Er streckte seine weiße, feingliedrige Hand aus, um mich an der Schulter zu berühren, als wolle er mir beweisen, dass er durchaus real war und sich selbst gleichzeitig von meiner Existenz überzeugen.

„Ich bin seine Rache an die Menschheit.“, erklärte er, während er eine Falte meines roten Umhanges glatt strich. Ich fragte mich kurz, ob er ihn zurück fordern würde, aber wenn er sein Eigentum erkannte, so merkte man es ihm zumindest nicht an. Etwas in mir fühlte sich bei dem Gefühl jener Berührung gewaltsam zu ihm hingezogen.

Als er seine Hand langsam und scheinbar unbewusst ein Stück meinen Arm herab gleiten ließ, hätte ich nicht sagen können, ob ich seine Berührung genoss oder nicht, da mir mein gesamter Verstand zuschrie, wie abgrundtief falsch alles war, was ich nun tun wollte. Also tat ich nichts.

„Ich hätte nicht erwartet, dass du so still bist. Du musst viele Fragen haben und ich würde dir gerne einige davon nehmen, wenn ich sie nur von deinen Lippen stehlen könnte.“, stellte der Dämon das Offensichtliche fest und schlug dabei die halb geschlossenen Augen auf, um seine Aufmerksamkeit von meinem Arm weg und direkt in mein Gesicht zu lenken. Diese Augen… Es war etwas in ihnen, dass aus irgendeinem Grund tiefes Mitleid in mir weckte. Es war so viel Trauer in ihnen und Zorn. So viel Schönheit. Wieso konnte ich mir nicht mehr vorstellen, dass eine so unglaublich zarte Gestalt zu solch schrecklichen Taten fähig sein könnte?

Dann wurde sein Blick urplötzlich vollkommen glasig und auf einmal erinnerte er mich an eine Leiche. Dieser Eindruck kam so unvermittelt und plötzlich, dass ich seine Hand angewidert einfach von mir stieß. Ich wich zurück, noch immer schwindlig von seiner Berührung. Auf einmal wusste ich, was der alte Mann in der Bar gesehen hatte. Es war nicht zu erklären, doch irgendetwas Böses war an diesem Jüngling, das gelegentlich hinter einem Schleier zurück zu treten schien. Wenn man mich nun fragen würde, ob ich seinen Worten damals Glauben geschenkt habe, so lautet die Antwort: Ja. In diesem Moment war ich vollends überzeugt einen Boten des jüngsten Gerichtes, wenn nicht gar den Teufel persönlich vor mir zu haben. Es war eine der einzigen Wahrheiten, die ich noch kannte, während mich seine rostbraunen Augen langsam fingen und ich versuchte mich nicht zu vergessen, um ihn verzweifelt und abgöttisch zu lieben.

Siren lächelte.

„Über mich zu sprechen ermüdet mich zunehmend, Liebster. Lieber würde ich über dich sprechen und deine Zukunft.“

Er blitzte mich mit einer Mischung aus Fürsorge, Verständnis und reiner Boshaftigkeit an, bevor er schloss: „Du bist mein Leben, du gehörst mir. Irgendwann wirst du erkennen, dass das eine Ehre ist.“

Mir gingen bei diesen Worten so viele mögliche Entgegnungen durch den Kopf, dass ich mich unmöglich für eine entscheiden konnte und bevor ich auch nur zu einem einzigen Wort ansetzen konnte, war der passende Moment etwas zu sagen vorbei.

Er berührte mein Gesicht mit einer Hand und ich konnte nicht anders als diese sittsame Berührung zu genießen, während mein Körper nach mehr schrie und mein Verstand nach weniger.

„Heute habe ich leider anderweitige Verpflichtungen. Ich will dich morgen Abend in der alten Kapelle treffen. Es wäre besser für dich, wenn du keine Fragen stellst und einfach kommst.“, beschloss Siren hektisch mit einem Blick über meine Schulter und verschwand schnellen Schrittes beinahe lautlos in der Dunkelheit, während etwas Glänzendes hinter ihm auf den steinernen Weg fiel.

Dunkle Vorahnung hielt mich gefangen.

Hatte er sich wirklich als Dämon vorgestellt?

Ich hatte weder Panik vor Gott, noch vor seinen Dämonen – dies waren Mächte, denen ich ohnehin nichts entgegen setzen konnte -, aber ich hatte Angst den Verstand zu verlieren und das Gefühl dem wäre so. Ich wollte nicht toll werden, wie die versoffenen Bettler, oder die Opiumkranken am Flussufer unter den Brücken. Ich wollte nicht wirr redend in einer Gosse sterben, wenn die Möglichkeit bestand stattdessen zu verhungern. Ich wollte nicht nach Verwesung und Exkrementen riechend von einem Soldaten des Stadttores getötet werden, der den einzigen Sinn seiner Tat darin fand, mein Leiden zu lindern. Ich wollte meinen Verstand nicht verlieren, denn er war das Einzige, das mir niemand nehmen konnte, solange ich es nicht freiwillig gab.

Ich sah mich nach dem glitzernden Kleinod um, das Siren verloren hatte. Es war der Rosenkranz aus Jade. Er musste unermesslich wertvoll sein.

Ich bückte mich und hob ihn auf.

Es wäre schlicht gelogen jetzt zu behaupten, dass ich nicht daran gedacht hätte, ihn zu verkaufen. Unter normalen Umständen hätte ich das vielleicht sogar getan. Schließlich allerdings beschloss ich Siren sein Schmuckstück zurück zu geben. Ich konnte mir kaum vorstellen, dass er es nicht suchen würde. Zumal ich den Eindruck hatte, dass er das Schmuckstück vielleicht nicht ganz zufällig verloren hatte.

Offenbar hatte ich also keine Wahl, als mich seiner Einladung zu fügen, wenn ich dieses Ding schnell loswerden wollte. Er war deutlich zu wertvoll, um damit länger als ein paar Tage an diesem Ort unterwegs zu sein.

Ich entschied, die Kette in einer Tasche meines Stoffmantels griffbereit zu halten. Immerhin war er auch ein Zeichen von Sirens Existenz. Halluzinationen verlieren keine Schätze, Verrückte vielleicht eher.

So ergab dies alles für mich vielleicht einen Sinn. Vielleicht war Siren der Wahnsinnige und nicht ich.

Er war sicherlich charismatisch und sah mit seinen schütteren Haaren und dem stechenden Blick aus, als sei er selbst ein gefallener Engel unter Sündern. Er war in der Tat der schönste Mann, den ich jemals gesehen hatte.

Ich schüttelte den Kopf, als würde das helfen meine Gedanken zu sortieren und ging zurück in die lichtere Straße, wo die weinende Hure offenbar mittlerweile Verstärkung von einer Freundin bekommen hatte, die durch eine äußerst schrille Redeweise bestach. Da ich keine Lust hatte zu reden, oder mich in Hurenpolitik einzumischen, lächelte ich sie an und ging weiter.

Blutmond (Siren) "Hast du sie weggeschickt?"

„Hast du sie weggeschickt?“

Wenn meine Stimme in diesem Moment panisch klang, dann nur, weil ich noch immer nicht wusste, wie ich mich Priest nach seinem Angriff nähern sollte.

„Ich konnte sie ja schlecht einfach im Regen stehen lassen, nachdem sie mir sagte, dass sie Baalzacks persönliches Protege ist.“, erklärte er mit einem Anflug von Ungeduld.

„Sie ist Baalzacks persönliche Hure und das ist alles!“, versetzte ich und hätte ihn am liebsten geschlagen. „Seit wann interessierst du dich eigentlich für Politik?“ Ich war mir mit einer Hand durch die Haare gefahren und merkte, wie mich diese Geste zu beruhigen begann. Sie erinnerte mich an die Zeit in der mein Erschaffer selbiges bei mir getan hatte und das wissen, dass mit seinem Tod diese Sicherheit nie wieder zurück kehren würde brachte mich an einigen Tagen schier um.

„Ich interessiere mich so lange für Politik, wie es Euch ermöglicht dieses gestohlene Anwesen auch weiterhin zu bewohnen. Siren, wir haben Glück, wenn wir hier noch wenige Monate bleiben können, ohne, dass jemand Verdacht schöpft – und das auch nur, weil die letzten Angehörigen der Lady Celest in Frankreich weilen. Welche Geschichte willst du ihnen erzählen, wenn sie eines Tages hier stehen?“ Er sagte es leise, um die Person im Nebenzimmer nicht an unserem Gespräch teilhaben zu lassen.

Ich schüttelte den Kopf. „Dann zeige ich ihnen das Dokument!“, sagte ich. Natürlich hatte Priest Recht mit seinen Befürchtungen, trotzdem konnte ich ihm das nicht so einfach zugestehen..

„Ich bin es Leid immer nur wegzulaufen.“, flüsterte ich und zum ersten Mal wagte ich es meinem eigenen Diener ins Gesicht zu sehen. „Priest, ich will nicht mehr. Ich kann nicht mehr.“

Eine Hand legte sich auf meine Schulter und streifte dabei wie zufällig meinen Nacken. Ich gab vor es zu ignorieren, obwohl mir die Berührung gut tat. Solche flüchtigen Gesten haben so viele Bedeutungen, dass es mir unmöglich wäre sie vollends zu beschreiben. Die Berührung des Nackens, ein Zeichen der Unterwerfung. Hätte Priest mehr getan, wäre es eine Beleidigung gewesen, während ich meinem Erschaffer sogar gestattet hätte mich im Nacken zu beißen.

Und die andere Geste von Bedeutung: Der Kuss auf den Hals – eine Geste des Vertrauens, der Unterwürfigkeit. Priest hätte so etwas bei mir nie getan und ich hätte es nie von ihm verlangt oder zugelassen, so blieb nur die Berührung meiner Schulter als Zeichen der Verbundenheit.

Handlungen können sehr viel mehr über das Verhältnis zweier Personen aussagen, als Worte.

Ich schloss die Augen, atmete tief ein und dachte an Nathalya. Ihr rotes Haar, die Reflexionen des Lichtes auf ihrem Hals. Sie wäre so eine verlockende Beute gewesen, keine Frage und nun saß sie eine Treppe und einen Gang entfernt in der Bibliothek, die Priest ihr vorgeschlagen hatte, um sich die Zeit zu vertreiben, während sie auf mich wartete. Ich dachte an Askian und die Schwierigkeiten in der er sich befand. Dies würde nur unnötige Zeit rauben.

Da es zwischen mir und Priest nichts mehr zu bereden gab, ging ich zu ihr und öffnete die Tür. Sicherlich hatte sie mein Eintreten bemerkt, doch bevor sie den Kopf hob, um mich anzusehen, blieb ihr Blick noch eine Weile in dem Buch, das sie gelesen hatte.

„Eine bemerkenswerte Bibliothek habt Ihr.“, sagte sie und ich starrte eine Weile auf die Haare, die im Licht der Mittagssonne beinahe einen goldenen Schimmer hatten.

„Ja… ja, sie ist recht umfangreich, was die Literaten unserer Zeit angeht.“, antwortete ich ohne mich aus dem Rahmen der Tür zu lösen. Nathalya schien zu bemerken, dass mich etwas davon abhielt mich ihr zu nähern. Solange sie im Gegenlicht saß, konnte ich ihre Augen kaum erahnen. Näher wollte ich nicht an sie heran.

„Ihr sprecht es so aus, als sei das ein Verbrechen.“, bemerkte sie und ich wich ihrem Blick aus, während ich vorgab in die Regale zu blicken.

„Ich bin mehr für traditionellere Werke.“, gab ich zu, vielleicht nur aus gewohnter Höflichkeit, bevor ich mich darauf besann, dass ich diesen Besuch so kurz wie möglich gestalten wollte. „Wie habt Ihr mich gefunden?“, fragte ich fast feindselig.

Nathalya taxierte mich und versuchte Blickkontakt zu suchen. Ich schlug die Augen nieder. Vielleicht deutete sie das als den Anflug eines schlechten Gewissens. Ich muss auf sie gewirkt haben wie eine verschüchterte Jungfrau.

„Baalzack nannte mir Euren Namen, Shairin.“, sagte sie. „Ihr kennt Euch wahrscheinlich noch nicht, aber er hat schon viel über Euch gehört. – Und ich kannte Magdalena sehr gut. Ein Wunder eigentlich, dass wir uns nicht früher schon begegnet sind. Allerdings hat sie nie viel gesellschaftlichen Kontakt gepflegt und wenig von sich selbst Preis gegeben. Indes war ich eine der wenigen, die von ihrer kleinen… Liaison wussten.“

Ich zuckte mit den Schultern, als würde mich das nichts angehen, in Wahrheit zuckte ich wohl nur bei dem Gedanken zusammen Nathalya könnte es sein, die Verdacht schöpfte, was mit ihrer Freundin geschehen war.

„Jemand, dem sie das Haus vererbt hat, wusste doch sicherlich davon.“

Meine Kehle fühlte sich trocken an. „Ja, ich habe Rydian gekannt, weniger sie.“, gab ich zu und dachte an seinen aufgeschnittenen Hals und wie gut das rote Blut sich vom Marmorboden abgehoben hatte. Was für ein wunderschönes Bild und was für eine Schande, dass eine so strahlende Kreatur wie er zum Sterben verdammt gewesen war. „Ein Wunder, dass er sie geheiratet hat.“, setzte ich abgelenkt hinzu in dem Versuch die Unterhaltung so oberflächlich wie möglich zu halten.

Nathalya lachte. „Sonst wäre das Anwesen mit all seinem Reichtum wohl kaum Euch zugefallen. Euch kann es nur Recht gewesen sein!“

Ich beschloss mich auf einen bordeauxroten Sessel zu setzen, der am weitesten von Nathalya entfernt vor einem Buchregal stand und antwortete nicht.

„Könnt Ihr es glauben? Baalzack hat mich davor gewarnt zu Euch zu gehen und meinte eure Gesellschaft würde mir auf Dauer nicht gut tun.“, wand sie sich neckisch einem neuen Thema zu. „Da wusste ich, dass ich Euch noch einmal sehen muss.“

Sie war viel zu herzlich und zu aufdringlich für die Fremde, die sie war.

„Doch hatte Euer sogenannter Schutzherr vermutlich Recht.“, warnte ich nachdenklich.

Sie runzelte die Stirn und drehte sich dann zu dem kleinen Glastisch um, der neben ihr stand, um sich eine Tasse mit Tee einzuschenken - aus einer dampfenden Kanne, die Priest ihr vermutlich nicht all zu lang vor meiner Rückkehr gebracht hatte.

„Trinkt eine Tasse mit mir!“, forderte sie mich auf.

„Ich trinke keinen Tee.“, sagte ich und wurde vollständig ignoriert, denn sie goss noch eine weitere Tasse ein, ohne meinem Einwand Beachtung zu schenken. Dann stand sie auf und stellte die Tasse in eine freie Stelle des Regals. Da ich ihrem Gesicht auswich, fiel mein Blick auf die kunstvollen Perlenornamente ihres Rockes. Auch heute war sie wieder in grün erschienen, jedoch war das Kleid das sie trug weitaus weniger aufreizend und äußerst exquisit.

Sie ging zurück zu ihrem Stuhl und trank.

„Wie ich sehe behandelt Baalzack seine Mädchen gut. Das Kleid, der Schmuck…“, ich sagte es lässig in der Absicht sie zu beleidigen und ich denke sie begriff es, denn sie stellte ihre Tasse ab und fixierte mich eine Weile so direkt, dass es mich fast wie ein Peitschenhieb traf.

„Ich schlafe nicht mit Baalzack.“, sagte sie rundheraus und ich war überrascht über diese direkte Antwort. Ich wusste auch nicht, ob ich ihr glauben schenken sollte.

„Baalzack hat mich aufgenommen als ich 13 Jahre alt war und mich immer sehr großzügig behandelt.“ Innerlich war ich fast zufrieden, dass Zorn in ihrer Stimme aufkam.

„Und Eure Profession?“, fragte ich, um noch weiter in der Wunde zu stochern.

„Ein Hobby? Ein Zeitvertreib? Meine Art ihm zurück zu zahlen, was ich ihm schulde? Auch Ihr solltet wissen, dass der sicherste Weg durch diese Welt zu kommen im offerieren von Lust besteht. Zumindest wenn stimmt, was man über Euch und Euer Auftreten erzählt.“

Ich atmete tief ein. „Seid ihr gekommen um mich zu beleidigen?“ Ich verfluchte sie für ihre Augen. Wie gerne hätte ich sie einfach zur Strecke und zum Schweigen gebracht.

„Nein.“, sagte sie doch in ihrer Stimme war immer noch Zorn. Sie begann ihre Hände zu entspannen. „Nein.“, wiederholte sie noch einmal ruhiger. „Ich bin gekommen, weil ich nicht glaube, dass Euer Zorn an jenem Abend mir galt. Ich weiß nicht, welcher Dämon euch umtreibt, aber ich wollte Euch noch einmal sehen und mit Euch sprechen.“

Ich stockte und für einen kurzen Moment blieb mein Blick in ihren grünen Augen hängen. Was ich getan hatte war gut gewesen! Lavoreas Leben war ihre Schuldigkeit an mich. Ihr Tot verdient, selbst wenn ich mich zum Zeitpunkt der Tat alles andere als unter Kontrolle hatte. Hätte es einen anderen Weg gegeben mich zu befreien? Nein! - Und selbst wenn so hätte ich ihn nicht gehen wollen. Warum also blieb diese nagende Unruhe in mir? Warum konnte ich nicht mit der Tatsache abschließen, dass mein Erschaffer, dass Amen, letztendlich nur ihretwegen Ekel vor mir empfunden hatte – und dass ich seinen Hass zugelassen hatte, um das Geheimnis zu bewahren, was ihre Taten an mir betraf.

Ob sie meinen trauernden Blick wohl als Schwäche deutete? Ich weiß es nicht. Immerhin fand ich meine Stimme bald wieder. „Ihr wollt sprechen?“, fragte ich. „Ich bin hier und höre zu.“

Ich konnte ihrer Miene ansehen, wie gern sie ihre Hand ausgestreckt hätte, um mich zu berühren. Mitleid ist so eine unnötige Emotion. Ich war zu schwach ihr dieses Gefühl auszureden.

„Ich denke, ich habe bereits genug gesagt.“, gab sie zu. „Aber ich möchte Euch gern wiedersehen. Vielleicht morgen Abend, oder auch später. Mein Herr gibt fast täglich Feiern für seine engen Freunde. Es wird Euch nicht schwer fallen ins Anwesen zu gelangen.“

„Um Eurer Zeitvertreib zu sein?“, fragte ich und wusste selbst nicht wieso ich dies sagte, anstatt die Einladung einfach auszuschlagen.

„Vielleicht auch das.“, gab Nathalya mit leichtem Spott in der Stimme zu und stand auf. Ich erhob mich, wie es die Etikette von mir forderte und öffnete die Tür. Als sie an mir vorbei aus der Tür schritt versuchte sie noch einmal Blickkontakt aufzubauen. Ich bemerkte es an der Art, wie sie den Kopf wand, während ich selbst aus den Augenwinkeln den Saum ihres Kleides beobachtete, der beinahe den Boden zu berühren schien, während sie ging.

Ich begleitete sie nicht bis zur Tür, sondern blieb in der Bibliothek. Das Buch auf dem Tisch war ein Märchenbuch über Feen und Kobolde und Geister. Ich betrachtete eine Weile den Einband auf dem eine weiße Schattengestalt im Mondlicht gezeichnet war. Ein Nachtkleid schien auf dieser Zeichnung zu unbestimmtem Leben erwacht zu sein und ich war sicher in den feinen Schatten auch Blutflecken zu erkennen, obwohl es sich dabei eher um Schmutz handelte, denn das Buch war schon alt.

„Ja. Sie ist ihr ähnlich.“, flüsterte ich und berührte das Bild mit den Fingerspitzen.

Hoffnungslosigkeit. Von so vielen Worten auf der Welt ist dies beinahe mein Liebstes, sagt es doch so viel aus und schon in seinem Klang verbirgt sich dieses schleppende Gefühl, dass die gesamte Welt zu Eis erfrieren lässt. Hoffnungslosigkeit bedeutet nicht, niemals Hoffnung besessen, sondern sie verloren zu haben und so sehr man auch versucht gegen diesen Zustand anzukämpfen, so wird sich doch stets ein Gefühl von Trauer und Verlust dazugesellen, so oft man dieses Wort ausspricht.

Blutmond (Askian) Ich drehte den Rosenkranz

Ich drehte den Rosenkranz unschlüssig in meinen Händen hin und her.

Die Verlockung einfach irgendwo einen Händler zu suchen und mich dann mit dem Geld aus der Stadt zu schleichen war in der Tat groß. Ich hätte irgendwo ein neues Leben anfangen können.

Ich will dich in der alten Kapelle treffen.

Es wäre besser für dich, wenn du einfach kommst.

Seine Forderung stand noch immer im Raum und ich wusste nicht, ob ich die in ihr enthaltene Drohung fürchten sollte, oder ob ich mich vielleicht aus ganz anderen Gründen dazu hingezogen fühlte ihn wieder zu sehen.

In dem Bäumen rings um glänzten die Regentropfen und der eisige Tau vergangener Tage in einer trügerischen Sonne, die das kalte Land rein optisch fast sommerlich erscheinen ließ, als spiele die Welt sich selbst eine fröhliche Atmosphäre vor, wie es viele Menschen trotz der Kälte in ihren Herzen tun. So wie auch ich es den gesamten Tag getan hatte.

Während ich gedankenverloren auf den erstarkenden Nachthimmel starrte und die ersten Sterne am Firmament aufleuchteten, bemerkte ich nicht, dass sich jemand von hinten an mich heranschlich. Erst, als ich unverkennbar einen pfeifenden Atem hörte, wurde ich aufmerksam. Zunächst dachte ich, es würde sich bei der Person hinter mir um Siren handeln, doch dann kam mir der Gedanke, dass dieser deutlich subtiler und lautloser vorgehen würde, außerdem passte der laute, rasselnde Atem nicht zu ihm.

Ich konnte plötzlich deutlich die schweren Schritte mehrerer Männer hören. Mit der Erwartung auf das Schlimmste, drehte ich mich um und sah drei Männer. Alle bewaffnet mit schmutzigen, halb stumpfen Klingen.

Erneut hatte ich die Straßenräuber vor mir.

Der schwarzhaariger Mann hatte ein blutiges Hemd um die Hüften geschwungen und grinste höhnisch auf eine Art, die ihn in einer anderen Situation beinahe schelmisch und sympathisch hätte erscheinen lassen.

Der pfeifende Atem indes kam von dem alten Bettler. In seinem grau-braunen Haar klebte das Blut einer neuen, kaum verheilten Kopfwunde, die ihn noch älter wirken ließ, als noch vor einigen Tagen. Er lächelte mich auf dieselbe falsche Art an, die ich bereits gesehen hatte und entblößte dabei eine Reihe fehlender Zähne aus seinem Oberkiefer.

„Was haben wir denn da? Dass wir uns immer wieder über den Weg laufen ist entweder Dummheit von dir oder ein Zeichen des Herren!“, rief er und machte eine gespielt unschuldige Miene. Er sprach mit Bedacht, als sei ich ein kleines Kind und die beiden Gefolgsmänner schnaubten höhnisch.

„Ich sehe, du weißt auch noch, wer wir sind, deswegen müssen wir uns wohl nicht extra vorstellen…“, fuhr er geschäftig fort. Ich nickte und war nicht in der Lage irgendetwas zu sagen. Ich brauchte mich nicht erst um zu drehen, um zu wissen, dass hinter mir auch der Rest seiner Leute aus beiden Gassen hervortreten würde.

Der Anführer der Bande bemerkte bald, dass ich nichts zu sagen hatte und wartete geduldig, bis ich von hinten wie vorne eingekreist war. Was hätte ich in einer solchen Situation auch sagen sollen? Ich konnte ihnen sowieso nicht mehr entkommen. Mein Gegenüber streckte sein Messer vor, als sei es nicht mehr als ein Spielzeug.

Ich wich ein paar Schritte zurück und meine Hand fuhr fahrig in die Tasche meines Mantels und zu dem Schmuckstück darin. Ich wollte mir nicht ausmalen, was ich tun würde, wenn sie sich nicht mit dieser wertvollen Beute zufrieden gäben.

Hektisch blickte ich mich zu allen Seiten um.

„Denk nicht daran zu fliehen!“, hörte ich eine kratzende Frauenstimme hinter mir sagen und bevor ich mich umdrehen konnte, spürte ich, wie rostiger Stahl an meinen Hals drückte und eine flinke Hand, so versiert in die Tasche des Mantels griff, dass ich es unter anderen Umständen vielleicht nicht einmal bemerkt hätte. Der Rosenkranz wurde heraus gezogen und zu jenem schwarzhaarigen Mann geworfen, der sich hinter dem Anführer postiert hatte. Dieser fing das Kleinod geschickt auf und warf es grinsend noch einmal in die Luft wie eine spielende Katze, bevor es in einem Lederbeutel an seiner Hüfte verstaute.

„Was für ein Fang! Du scheinst ein glücklicherer Dieb zu sein, als wir es sind.“, lobte der Alte. „Lass sehen, was du noch dabei hast!“ Ich spürte, die Klinge der Frau sofort fester an meinem Hals und ein einzelner Blutstropfen rann dort herab, wo die rostigen Zacken eine kleine rote Spur hinterließen.

Ich wusste, sie würden mir die Wahrheit vermutlich nicht glauben und überlegte, wie ich sie hinhalten konnte.

„Ich habe nichts weiter.“, flüsterte ich schließlich wahrheitsgemäß. Der Anführer zog eine buschige Augenbraue zusammen. Ich hatte nur eine einzige Sekunde gezögert, bevor ich antwortete. Er missdeutete es ganz offensichtlich.

„Nichts?“, fragte er mit spöttischem Unterton und setzte nach kurzem Überlegen hinzu: „Was ist mit deinem Mantel? Der sieht recht warm aus.“

Mit leichtem Widerwillen zog ich nun auch den Mantel aus und übergab ihn dem Anführer. Sofort spürte ich wieder die Kälte.

Der Alte warf das Stoffbündel an den kleinen Jungen und grinste: „Levi, fang! Du kannst ihn haben!“

„Lasst ihr mich jetzt gehen?“, fragte ich vorsichtig und hoffnungsvoll.

Der Alte sah mich intensiv an und schloss schließlich: „Im Normalfall würde ich das schon tun, aber du hast mir zu mächtige Gönner. Vielleicht bekommen wir einen feineren Platz in der Hölle, wenn wir dich als Vorhut zum Satan schicken, was meinst du?“

Er erwartete offensichtlich eine Erklärung von mir, ansonsten wäre ich in dieser Situation sicherlich nicht mehr am Leben gewesen.

„Gönner?“, fragte ich automatisch, doch kraftlos. Natürlich ahnte ich, dass er auf den Vorfall im Wirtshaus, auf das unsichtbare Wolfsrudel und auf Siren ansprach.

Langsam bemerkte ich, wohin das Ganze führen sollte, doch ich stellte mich noch immer unwissend und suchte einen Weg ihnen zu entkommen. Ich musterte nacheinander noch einmal die drei Männer vor mir. Da sich das Messer ein Stück weit von meinem Hals entfernt hatte, könnte ich eine Chance haben, wenn… Ich überlegte nicht zu lange, ob ich mich weiter dieser Demütigung und dem sicheren Tod aussetzen sollte. Ich wog nur kurz meine Chancen zu Entkommen ab und schüttelte schließlich mit in mir brodelnder Todesangst den Kopf, während ich mich vergeblich bemühte nach Außen hin höhnisch und gefasst zu wirken.

„Euer Platz in der Hölle ist so sicher, wie euer Tod, denn mein Beschützer ist mächtiger, als ihr es seid!“ Wäre ich ein besserer Schauspieler gewesen und hätte meine Stimme bei diesen Worten nicht vor Furcht gezittert, hätten mir die Männer vielleicht sogar geglaubt.

Die Straßenräuber schienen leicht überrascht über den plötzlichen Widerstand und eine Weile hörte man gar nichts, abgesehen von dem Wind, der über die Straße fegte und gegen den mich mein dünnes Hemd nun nicht mehr schützen konnte. Bevor sich die Männer erholen konnten, entschloss ich mich meine letzte Chance wahr zu nehmen, da ich wusste, dass mit jedem kurzen Moment auch mein Leben seinem Ende entgegen strebte, wenn ich nicht entkam.

Ich schloss die Augen und wog ein letztes Mal meine Chancen ab, bevor ich in einem Satz versuchte zwischen dem kleinen Jungen und dem Schwarzhaarigen durchzubrechen, zeitgleich spürte ich einen scharfen Schmerz in der Seite und wusste, dass mich das Messer des Älteren getroffen hatte, der genau so überrascht darüber zu sein schien, wie ich.

Den Jungen warf ich einfach bei Seite. Dann rannte ich. Meine Hand fuhr an meine Seite und ich prallte, so abgelenkt, beinahe besinnungslos gegen das Ende einer Hauswand, wo ich eine hellrote Blutspur hinterlassend vorbeitaumelte, um mich in eine Gasse zu retten.

Es tat nicht einmal weh.

Trotz alledem wusste ich, dass ich derart verletzt nicht mehr entkommen würde. Es würde ein Leichtes für die Wegelagerer sein, mich einzuholen und obwohl ich es mir nicht eingestehen wollte, war die brennende Wunde an meiner Seite vermutlich tödlich. Ich spürte die nasse Flüssigkeit bereits meinen linken Oberschenkel herab rinnen, wo das Blut sofort zu gefrieren schien.

Mir wurde schwarz vor Augen, doch urplötzlich stand jemand in meinem Weg und fing mich auf, als ich fiel.

„Vorbei! Es ist vorbei!“, dachte ich, als ich die Person, die nur ein Räuber sein konnte von mir stoßen wollte. Doch während Siren mich fest hielt, erklärte er in einer herrischen und irgendwie endgültigen Stimme: „Dieser Mensch gehört mir. Ihr solltet umkehren und um Euer Leben laufen, wenn Ihr die morgige Sonne erleben wollt.“

Bis auf den kleinen Jungen zeigte sich keiner der Straßenräuber wirklich beeindruckt. Lediglich in den Augen des Anführers sah ich noch sehr kurz so etwas wie Unsicherheit aufglimmen. Auch der muskulöse Diener, der sich direkt neben Siren postiert hatte machte wohl etwas weniger Eindruck, als man auf Grund seiner großen Statur vermutet hätte. Die Wegelagerer schienen sich vielmehr nicht sicher zu sein, ob sie über einen solchen Scherz lachen, oder wütend sein sollten. Schließlich entschieden sie sich für Letzteres und hoben ihre Dolche zum erneuten Angriff. Dieses Mal gingen sie auf Siren los, der mir sanft und ohne erkennbare Eile half, mich auf den Boden zu knien, während sich die Straße mit wachsendem Nebel zu füllen begann, in der Etwas heran zu schleichen schien.

„Kümmer dich um ihn, Priest!“, wies Siren seinen Diener an und deutete mit einem Kopfnicken auf mich. Instinktiv versuchte ich ein paar Meter wegzukriechen und hob die Hände schützend gegen Priests Griff, bevor ich den Widerstand aufgab, weil es einfach keinen Zweck hatte.

Mit einer einfachen Handbewegung schleuderte Siren derweil den alten Anführer gegen eine nahe Wand, an der er sich wohl das Rückrat brach, denn sein Körper war seltsam verdreht, als er auf dem Boden aufkam und zuckend liegen blieb. Ohne scheinbar sonderlich darüber nachzudenken, griff Siren an seinen Rücken, auf dem ein geschwungenes und leicht verziertes Schwert gegurtet war, dessen Griff einen Kranich darstellen mochte. Es gab einen kurzen Kampf mit den übrigen Männern und der Frau, den ich nicht genau beobachten konnte, während Priest die stark blutende Wunde mit Stoff stillte, den er aus meinem Hemd riss. Ich warf einen Blick auf das entstellte Gesicht des älteren Mannes vor mir und die leere Höhle mit dem schwarzen Stein in seiner linken Gesichtshälfte schien umso eindringlicher zurück zu starren, wie ein unendlich tiefer See. Als er mich grob verbunden hatte, richtete er sich wieder auf und blieb vollkommen untätig, da sein Eingreifen in den Kampf vor uns offensichtlich unnötig war. Ich weiß noch, dass Siren von Anfang an der Überlegene war und das sein Blick kalt war und ohne jedes Gefühl, wie der eines versierten Schlachters. Es dauerte nur wenige Minuten, bis die Straße voller Blut war. Schließlich gab es nur noch einen einzelnen Überlebenden.

Siren hob kurz den Arm, um sich etwas Blut vom Handgelenk zu lecken und während der glatzköpfige Hüne langsam ein Messer aus seinem Gürtel zog, wich der kleine Junge verschreckt und panisch zurück.

„Willst du leben?“, fragte Siren mit diabolischem Grinsen.

Der Junge nickte. „Ja!“ Er war vor Angst heiser und lief nun immer schneller rückwärts

„Dann lauf!“, sagte Siren gelangweilt und sah zu, wie der Junge sich hektisch umdrehte und um eine Straßenecke verschwand. Einige Sekunden vergingen, dann erst sah Siren in meine Richtung. Vielleicht war das auch nur Einbildung, denn seine Augen glühten schier im Dunkel, sodass er vielleicht weniger mich, als seinen Diener hinter mir anstarrte. An seinem Mundwinkel klebte noch immer das langsam trocknende Blut. Er nickte leicht mit dem Kopf zu Priest und dieser verstand scheinbar.

Als habe er nichts Anderes erwartet, setzte er dem Jungen nach. Mir schoss kurz durch den Kopf, dass der Name des Kindes Levi war und irgendwie glaubte ich, dass ich diesen Namen nicht vergessen sollte, da sich abgesehen von mir vermutlich niemand mehr an ihn erinnern würde.

Ich weiß nicht genau, was dann passiert ist, aber ich entsinne mich an einen Schrei, der für eine viel zu lange Zeit die Gassen erfüllte. Dann war es still. Nach endlosen Sekunden versuchte ich mich aufzurichten und fragte in die wachsende Stille: „War es nötig auch den Jungen zu töten?“

Siren blitze mich an, als sei selbst eine unschuldige Frage wie diese ein Verrat an seiner Perfektion. Es dauerte nur einige Sekunden, dann wurde sein Blick etwas weicher.

„Nötig? Nein, aber furchtbar befriedigend. Außerdem sind wir zwei jetzt ungestört.“

Ich verstand seine Brutalität nicht, aber es war mir aus irgendeinem Grunde egal. Er hatte mir erneut das Leben gerettet und dieser tote Junge hatte sein Schicksal genau so gewählt, wie die anderen Straßenräuber. Tief in meinem Herzen wusste ich, dass das nicht stimmte, aber es sich einzureden machte seine Ermordung in diesem Moment erträglich.

Langsam versuchte ich mich auf zu richten. Mein Gesicht verzog sich lediglich zu einer schmerzverzerrten Grimasse und ich sackte zusammen. Siren betrachtete mich eine Weile beinahe hilflos und kniete sich schließlich neben mich. Als er seine kalten Arme um meine Schultern legte, zuckte ich unmerklich zusammen und ließ für einen Moment die Hand von meiner Wunde gleiten. Sofort spürte ich, wie sich eine rote Lache unter mir ausbreitete.

Ich dachte an Sirens Frage: Willst du sterben?- Dann lauf!

Nein, ich wollte nicht sterben, doch ich konnte nicht mehr aufstehen.

Fast ungläubig betrachtete ich das glänzende Blut auf meinen Fingern und wunderte mich noch immer, dass ich abgesehen von einem leichten Brennen keinen Schmerz empfand. Es war zu viel. Es war vorbei.

„Askian, du wirst sterben. Selbst ich kann dies nicht mehr verhindern.“, flüsterte er und seine Worte fühlten sich grausam und endgültig an. Er schien beinahe so etwas wie Trauer zu empfinden, doch er hatte den Tod meiner Angreifer gekostet und der Rausch dieser wenigen Tropfen Blut, die er von ihnen getrunken hatte, erfüllte seinen gesamten Verstand.

Später erzählte er mir, dass für ihn in diesem Moment lediglich die Frage bestand wie viel von meinem Blut, das er als das Kostbarste empfand, noch an den Boden verschwendet sein sollte. Also tat er mir das Schönste und Schlimmste an, das er sich in jenem Moment ausmalen konnte. Inwendig hat er sicherlich auf dieses Ergebnis gehofft. Er hat dies jedoch nie geplant, deswegen konnte ich ihn dafür auch nie wirklich hassen. Er handelte nach seinen eigenen unabdingbaren Instinkten.

Jetzt, da ich kein Mensch mehr bin, weiß ich, dass auch Sterbliche ihrer Biologie weit mehr unterworfen sind, als sie es wahr haben wollen. Vampiren geht es da nicht anders.

Siren spürte das Adrenalin in meinem Körper, das mich unempfindlich und so ängstlich machte, dass ich mich nicht einmal bewegen konnte, geschweige denn klar denken. Er spürte meinen Herzschlag, der das Blut zu schnell aus meinen Venen fließen ließ. Er spürte es und es sprach sein Wesen an.

„Eines Tages wirst du verstehen und deine Taten werden sich nicht von den Meinen unterscheiden.“, versprach er, als müsse er sich dafür entschuldigen seinen Widerstand und seine Selbstkontrolle fallen zu lassen.

Er bewegte sich langsam und anmutig auf mich zu. In meinem Kopf wirbelten Gedanken durcheinander, sodass ich es kaum bemerkte.

„Ich habe dich verfolgt, - tagelang.“, sagte er erklärend auf eine ungestellte Frage.

Sein Gesicht befand sich nun direkt vor dem Meinen und ich roch wieder das Rosenöl, dass für mich gleichbedeutend mit der Gefahr war, die von ihm ausging, wenngleich seine erschreckenden Worte vollkommen ruhig gesprochen waren.

Er strich mir langsam eine schwarze Haarsträhne aus dem Gesicht und sah mich an – zwang mich, ihm in die Augen zu sehen, obwohl meine Aufmerksamkeit weit mehr auf den Blutflecken an der Seite seiner Hand lag.

Sein Blick war in diesem Moment so menschlich, dass ich den unbändigen Wunsch verspürte ihm nah zu sein. Ich wollte die Wut seines Wesens, seine Trauer verstehen und seinen Schmerz teilen. Woher kam nur dieses verzweifelte Verlangen?

Er näherte sich mir erneut und strich mit seiner Hand mein Gesicht herab. Ich war zu überrascht – zu gebannt- , um mich zu bewegen, als seine Lippen die Meinen berührten und er mich zärtlich küsste, bevor ich etwas Anderes tun konnte, als mich ihm zu fügen. Meine Hand glitt vollends von der Wunde und ich bemerkte das warme Blut nicht, das an meiner Körperseite entlang lief und auf den Steinboden tropfte. Ich bemerkte die Kälte nicht mehr. Ich ließ Siren gewähren und erwiderte unbewusst seinen fast verzweifelten Kuss, weil es ohnehin keinen Sinn mehr hatte in den wenigen Minuten, die mir noch zu leben blieben an menschlichen Werten festzuhalten.

Er hob mich hoch in eine stehende Position und plötzlich war der Schmerz wieder gegenwärtig. Ich lehnte mich gegen eine Wand und spürte, wie Blut den Stoff meiner Hose durchtränkte. Er hielt mich fest und ich wusste, dass ich ihm nicht mehr entkommen konnte. Was ich nicht wusste war, ob das gut oder schlecht war. Dann spürte ich seine Hände auf meiner Brust, als er beinahe schüchtern die Konturen meines Körpers berührte.

Er knöpfte den oberen Bereich meines Hemdes auf und schob es ungeduldig beiseite, während er meinen Hals mit bebenden Lippen liebkoste. Er fuhr mit selbiger Hand meinen Oberkörper entlang und um meinen Körper herum. Die Andere griff in meinem Nacken.

Er hielt für den Bruchteil einer Sekunde inne und genoss die Umarmung, die ich vollkommen automatisch mit meinem ganzen Körper erwiderte. Dann und bevor ich reagieren konnte, gruben sich nadelspitze Eckzähne tief in meinen Hals.

Ich spürte sofort einen dünnen Blutfaden meine Brust herunter laufen und er begann zu trinken. Mich überkam Extase und Schwindel, Schmerz und Leidenschaft. Meine Hände krallten sich in seine Kleidung.

Schließlich trat eine schier unvorstellbare Qual ein, während er mit aller Gewalt von meinem Leben zehrte und ich versuchte ihn abzuschütteln. Die Hand in meinem Nacken drückte er mein Genick mit einer Kraft zusammen, die seinem fast kindlichen Körper in keinster Weise entsprach.

Mir wurde nun, viel zu spät, wirklich bewusst, dass Siren die Wahrheit gesagt hatte. Er war kein Mensch.

Ich schrie bei dieser Erkenntnis vor Schmerzen, während ich langsam schwächer wurde. Meine Bewegungen wurden unkontrollierter und langsam, als wäre die Welt um mich herum zu Eis erstarrt und Geräusche wurden gedämpft und undeutlich.

Aus meinem Schrei wurde ein Stöhnen, aus dem Stöhnen ein Wimmern und ohne, dass der Schmerz erträglicher wurde, verschwamm alles um mich in Dunkelheit, bis ich losgelassen wurde und zu Boden sank. Ich spürte, dass mein Kopf in seinem Schoß ruhte und die pulsierende Schlagader seines Handgelenkes an meinen Lippen. Sie war aufgeschnitten und warmes Blut rann über meine Lippen und mein Kinn herab.

„Trink!“

Ich öffnete den Mund zu einer Frage und bemerkte eine nach Kupfer und Salz schmeckende Flüssigkeit. Unwillkürlich musste ich würgen.

„Du hast keine Wahl!“

Die Stimme in der Ferne kannte ich nicht mehr, doch sie war sanft und leise. Ich wollte schlafen.

„Du wirst sterben, aber Unendlichkeit wird dein Lohn sein.“

Aus irgendeinem Grund fühlte ich mich belustigt. Diese Worte machten keinen Sinn für mich. Es waren Töne, gleich einer unbekannten Musik. Ich gab keine Reaktion von mir und wusste weder was mich erwartete, noch interessierte ich mich dafür, solange ich nur schlafen konnte.

Es gab in diesem Moment kein Morgen mehr, nur noch das Jetzt und das gewährte mir einen seltsamen Frieden.

Heute weiß ich, dass Tot und Schmerzen keineswegs erstrebenswert sind, selbst, wenn an deren Ende die Aussicht auf die Existenz, wie der Meinen steht. Sterben ist schwerer als man glauben mag und wiedergeboren zu werden eine Qual. Was folgt ist schlimmer als der Tot.

Doch all dies kümmerte mich nun nicht mehr. Immer noch spürte ich Sirens Lippen auf den Meinen. Ich wusste, dass es gut war und dass ich genau hier her gehörte.

„Hab keine Angst!“

Seltsamerweise begann sich erst nun Furcht in mir auszubreiten und ich versuchte mit ungelenken Bewegungen die Person über mir abzuschütteln und aufzustehen. Ich dachte daran, dass ich das Blut stillen müsse, das immer noch aus meiner Seite quoll, doch bevor ich noch einen weiteren Gedanken fassen konnte, hatte Siren mich zurück auf seinen Schoß gedrückt und fuhr mit seinen Fingern in einer Weise zwischen meine Zähne, die es mir in Anbetracht meiner körperlichen Schwäche unmöglich machte den Mund zu schließen.

Dann floss sein Blut langsam, aber unaufhaltsam in meinen Körper.

Ich war zu schwach, um mich dagegen zu wehren und als er mit gezielten und geübten Bewegungen meinen Hals massierte, konnte ich nicht einmal verhindern zu Schlucken.

Bald spürte ich, dass ich es wollte und dass ich es brauchte. Es war ein schockierendes Gefühl, als durch den Nebel meiner Sinne der Gedanke zu mir drang, dass ich gerade Sirens Blut trank. Doch es war zeitgleich derartig befriedigend, dass ich kaum die Welle plötzlichen heftigen Schmerzens spürte, die in mir aufstieg, bis sie endgültig und mit aller Macht eintrat. Nun hatte ich nicht einmal mehr die Kraft zu schreien und rollte mich vor Qual zusammengekrümmt auf die Seite in Sirens Arme.

Er sagte noch etwas, doch ich verstand es nicht, denn der Schmerz war überall. Er gab mir noch ein letztes Mal das Gefühl zu leben, bevor ich schließlich in Sirens Armen starb und in einen tranceartigen Zustand fiel, gegen den sich mein gesamter Körper zu wehren versuchte.

Ich war tot und am Leben, ohnmächtig und doch bei vollem Bewusstsein. Unfähig mich zu bewegen spürte ich dennoch, wie Priest mich aufhob. Ich spürte den kalten Luftzug, während er mich aus den Vierteln der Bettler in das Anwesen brachte, dass ich vor wenigen Tagen in Panik verlassen hatte und mich nach Stunden des Laufens auf eine weiche Matratze bettete. Ich erinnerte mich an seine Worte. Es war zu spät. Ich hatte deutlich zu lange gezögert. Ich konnte der Dunkelheit nicht mehr entkommen.

Während ich das Gefühl in mir trug, der Schmerz würde wie ein Wurm durch meinen Körper kriechen und mich zerreißen – auffressen – spürte ich immer wieder das kalte Tuch auf der Stirn mit dem Siren’s Diener vergeblich versuchte das Fieber zu senken.

- Und plötzlich war der Schmerz fort und hinterließ nichts als brennenden Durst, der dumpf durch den traumlosen Nebel zu mir drang, bevor ich erwachte.

Polog : Blutrausch (Siren)

Ich weiß, dass mein Handeln nicht immer den menschlichen Maßstäben gerecht wurde. Das soll indes nicht bedeuten, dass ich etwas zu bereuen hätte, oder mir wünschen würde jemals anders gehandelt zu haben. – Das wäre sehr menschlich und würde meiner Art nicht entsprechen.

Ich habe mich mit dem töten arrangiert und genieße jeden einzelnen Schrei und jeden Tropfen fließenden Blutes wie es mir meine Instinkte diktieren. Die Trauer um den menschlichen Verlust, die dem folgt ist notwendig. Wenn nicht ich um sie trauere, wer sollte es sonst gebührend tun? Gott scheint dieser Tage zu beschäftigt zu sein, um sich mit mir oder den Menschen, die ich umbringe zu befassen.

Es muss jemanden geben, der die Welt von den Sündern bereinigt und ihnen bewusst macht, dass es Dämonen und die Hölle wirklich gibt. – Und wenn es schon jemanden geben muss, der sich selbst und seine unsterbliche Seele in den Abgrund stürzt, warum sollte ich es nicht sein.

Ich bin nicht naiv genug anzunehmen, dass ich für meine Taten am Ende meiner Tage die goldenen Pforten überschreiten werde. Kein Vampir wird das jemals, da unsere Seelen nicht mehr von denen der Tiere zu unterscheiden sind.

Erlösung… Was für ein wunderschönes Wort für einen Träumer. Es gibt kein Zurück.

Wenn man so viele Jahrhunderte gelebt hat wie ich, dann weiß man vor allem eines: Der Fluss der Zeit ist stetig und alles was geschieht ist, ehe man sich versieht, ferne Vergangenheit. Sie kann einen einholen, aber niemals rückgängig gemacht werden.

Ich empfinde Reue an jedem Tag den ich atme. Diesen Schmerz zu fühlen und zu wissen, dass all die zukünftigen Sünden nur deswegen geschehen können, weil meine Augen geöffnet sind und ich statt mich vom höchsten Balkon meines Anwesens zu stürzen nur in die Ferne blicke, ist etwas anderes als sich zu wünschen, dass die Vergangenheit anders wäre.

Ich fühle Reue und weiß doch, dass alles was ich bin und alles was mich ausmacht nur dadurch zustande kommen konnte, dass ich jede einzelne Sekunde so gelebt habe, wie es geschehen ist.

Sich zu wünschen, dass die Dinge die man bereut nicht vorgekommen wären hieße seine Existenz zu verfluchen. Es würde bedeuten den göttlichen Ursprung zu verleugnen, der vielleicht nicht immer zielgerichtet sein mag und doch eines jeden Schicksal bestimmt.

Lieber verbringe ich den Rest der Unendlichkeit in Schmerzen als dieses Gefühl zuzulassen.

Ich weiß, dass die Reue genauso zu meinem Dasein gehört wie das Töten und der Hunger nach menschlichem Leben.

Blutrausch (Askian) - Ich war alleine und doch spürte ich Leben pulsierend um mich herum --->bl<---

Ich war alleine und doch spürte ich Leben pulsierend um mich herum. Ich hörte das Wasser an der Fassade des Hauses herunter rinnen und roch das Moos, das auf den Steinen wuchs. Ich hörte Regen an die Fensterscheibe aus buntem Glas schlagen, während ein leiser, kaum vorhandener Lufthauch durch das Zimmer fuhr. Ich bemerkte auch Insekten, die um mich herum ihr geheimes Leben führten, als ein einzelner Regentropfen durch ein geöffnetes Fenster drang und klirrend auf dem Marmorfußboden zerschellte.

Ich kannte den Raum nicht, in dem ich mich befand und richtete mich unschlüssig auf. Alles war sauber und die Wände wirkten strahlend weiß vor rotem Brokat, der sich als Himmel über das Bett spann, in dem ich offenbar sehr lange Zeit geschlafen hatte. Auf einem kleinen Tisch standen Weingläser aus Kristall. So perfekt angeordnet, als seien sie niemals benutzt worden und obwohl ich schrecklichen Durst hatte, konnte ich nirgends die dazugehörige Flasche oder ein Getränk finden.

Für eine Weile erschien mir alles so verschwenderisch märchenhaft, dass ich beinahe den dumpfen Schock vergaß und nichts als Bewunderung empfand. Langsam erhob ich mich und machte unsicher meine ersten Schritte in diese neue Welt, als könne eine einzelne, hastige Bewegung die Illusion vor meinen Augen zerstören. Verwirrung wich einem Gefühl von Bedrohung. Meine Beine zitterten leicht. Obwohl ich mich auch ansonsten schwach und zerbrechlich fühlte, war etwas in mir, dass mich vollkommen belebte. Jeder meiner Schritte schien seltsam laut nach zu hallen, was einerseits an den hohen Decken des Raumes liegen mochte, andererseits aber auch durch unmenschlich feine Sinne zu erklären war.

Die Ereignisse der vorherigen Nacht steiften meinen Geist und ich hatte sofort den starken Drang mich zu schütteln, als ob ich dadurch alles abwerfen könne.

Ich hatte das Sterben vieler Menschen gesehen. Irgendetwas war auch mit mir geschehen. Ich erschauderte bei der Erkenntnis, dass mich der Gedanke an das Blut und die verstümmelten Leiber meiner Angreifer in Erregung versetzte.

Gedankenverloren strich ich mit meinen Fingerspitzen die feinen Gläser entlang und hörte ihrem glockenartigen Klingen zu, als ich langsam an ihnen vorbei ging und dabei feststellen musste, dass meine Gangart sich kaum von der Sirens unterschied, denn sie war unbewusst lautlos geworden, um meine feinen Sinne nicht unnötig zu beanspruchen.

Meine Schritte führten mich zu einem hohen, offen stehenden Fenster. Die kalte Nachtluft in meinem Gesicht tat gut, spendete aber keinen Trost. Hoffnung zu fliehen hatte ich kaum. Unter mir lagen mindestens zwei Stockwerke mit identischen Fenstern und darunter lag ein dicht bewachsener Garten mit Rosenbüschen, dessen glatte, gezackte Blätter und Dornen im Mondlicht glänzten, als seien sie nur für diesen Anblick inmitten des Schnees geboren.

Ich blickte über den hohen Eisenzaun hinter diesem kleinen Park hinweg auf die Straßen der Stadt. Von meiner Warte aus sah sie fern und riesig aus, doch es gab nur wenig Licht. Instinktiv vermutete ich, dass es noch lange dauern würde, bis die Sonne wieder auf ging und Leben in die Häuser brachte. Nur wenige Menschen waren auf den Straßen unterwegs.

Dann sah ich eine Straße aus groben, regennassen Pflastersteinen auf denen einige Kutschen in der Nacht daher glitten. In der Nähe bemerkte ich ein etwas auffälligeres Gefährt aus schwarzem Ebenholz. Eine Kutsche, die ohne Eile auf das Anwesen zukam. Ich spürte, dass er dort war und ich wusste, dass er hier her kommen würde.

Plötzlich wurde ich von einer Welle aus Panik ergriffen. Ich wollte dieses Wesen nicht noch einmal sehen. Ich wollte ihm nicht gegenüber treten um womöglich dieselben Schmerzen der vergangenen Nacht noch einmal zu erdulden. Er mochte ein Dämon sein oder die Strafe Gottes, oder auch wahnsinnig, aber das bedeutete nicht, dass ich mich dem beugen musste.

Suchend schaute ich mich nach einer Fluchtmöglichkeit um und stürzte auf die massive Eichentür, die den Eingang zu diesem Raum darstellte zu. Mit einem wütenden Schrei warf ich mich dagegen. Sie war abgeschlossen. Schmerz durchtobte mein Handgelenk. Trotzdem war ich versucht mich ein zweites Mal gegen die Tür zu werfen, als ich mich bemühte einen klaren Gedanken zu fassen. Ich hätte den Weg hinter diesem Raum ohnehin nicht benutzen können, ohne, dass Siren mich abgefangen hätte. Abgesehen davon erkannte ich auch, dass ich mich in einem derart großen Anwesen eher verlaufen würde, als einen Ausweg zu finden.

„Verdammt.“, flüsterte ich und wandte mich dem Raum zu. Vielleicht gab es hier zumindest eine Waffe oder etwas Ähnliches. Doch auch in dieser Hinsicht wurde ich enttäuscht.

Erneut wandte ich mich dem offenen Fenster zu und maß die Hausfassade mit einem skeptischen Blick. Hier konnte man nicht herunter klettern, ohne an den nassen Steinen abzurutschen, doch etwas weiter an einem Fenster auf der rechten Seite befand sich eine große Rosengirlande, die es vielleicht ermöglichen würde.

Ich hörte ein leises, mit meinen Sinnen fast unvernehmliches Knarren, als sich ein Schlüssel im Türschloss drehte und Siren die Tür mit beiden Händen aufschob. Er trat grußlos und beinahe lautlos ein.

Er wirkte belebt, berauscht und ich fragte mich, wo er gewesen sein mochte. Der Geruch der von ihm aus ging erweckte in mir den unwahrscheinlichen Drang mich ihm zu nähern. Mit leichtem Schrecken erkannte ich, dass dieser Duft aus Rosenöl und Blut bestand.

„Ich habe nicht geglaubt, dass du schon aufstehen würdest. Wie fühlst du dich?“, fragte er halb abwesend und doch auf eine Art ehrlich interessiert, während er mit niedergeschlagenen Augen ein paar Spinnweben von einem der Kronleuchter neben der Tür entfernte.

Ich lehnte mich unwillkürlich gegen das Fensterbrett des geöffneten Fensters. Die Angst war zurückgekehrt und ich biss meine Zähne aufeinander und versuchte vergeblich mein rasendes Herz im Zaum zu halten. Ich konnte ihm nicht antworten, denn wenn ich meine Stimme erhoben hätte, hätten all diese Gefühle mich verraten.

„Du hast dich verändert.“, sagte Siren und kurze Zeit unterdrückte ich den Impuls ihn anzufahren und zu fragen, wieso er mir nicht etwas Erklärendes zu sagen wusste. Etwas, dass ich nicht selbst bereits erkannt hätte. Er sah mir in die Augen und wirkte niedergeschlagen, als er das kurze Aufflackern des Zornes bemerkte. Dann wandte er seine Aufmerksamkeit dem geöffneten Fenster zu und er zog offenbar den richtigen Schluss.

„Ich kann verstehen, dass du Angst vor mir hast. Aber eine Flucht würde es nur schlimmer machen. Es wird einige Jahre brauchen bis du gelernt hast das zu erkennen, was du nun bist, also bleibe an meiner Seite. - Zumindest für diese Zeit.“

Ein paar Augenblicke waren für mich in diesem Moment bereits vollkommen inakzeptabel. Kurz erwog ich das Spiel einstweilen mit zu spielen, bis sich eine bessere Möglichkeit zur Flucht bot.

Dann machte er einen Schritt auf mich zu.

„Bleib wo du bist!“, schrie ich, als sei ich in der Lage mich zu wehren. Siren wich angesichts meiner hilflosen Panik brüskiert zurück.

Obwohl er nicht mehr näher kam, fühlte ich mich ausgeliefert. „Lass mich in Ruhe! Du bist kein Mensch!“, flüsterte ich beinahe mit überschlagender Stimme.

Das Grauen war stärker, als mein Verstand. Ich war mit Schmerzen aufgewacht, die ich nicht verstehen konnte und trug einen Durst in mir, den ich vormals nicht kannte. Ich hatte Gedanken, die zu brutal waren, um meiner Natur zu entspringen. Vielleicht fürchtete ich mich in diesem Moment mehr vor mir selbst, als vor Siren, denn dieser hatte sich mit seinen unmenschlichen Trieben bereits so lange abgefunden, dass man sie äußerlich kaum noch an ihm wahrnahm. Er war nun einmal kein Mensch. Das ist für einen Vampir damals wie heute eigentlich kein Verbrechen.

Ich allerdings war innerlich ein Mensch und ich wollte einer bleiben. Verwirrt fuhr ich mir durchs Gesicht und mein Blick ging automatisch zu den Blutflecken auf Sirens Kleidung. Ich wusste nicht, ob sie mich schrecken sollten.

Siren schüttelte den Kopf und lächelte, sodass ich das Gefühl bekam ein kleines, unwissendes Kind zu sein. Immerhin kam er keinen Schritt mehr auf mich zu.

„Weder bin ich ein Mensch noch du.“, begann er beinahe väterlich. „Wir ernähren uns von dem Blut der Sünder. Wir sind Werkzeuge einer höheren Macht. Deswegen gibt es nichts wovor wir Angst haben müssten.“ Er sagte es mit einer Leidenschaft, die mich nicht daran zweifeln ließen, dass er glaubte, was er sagte.

„Dann sind wir Kreaturen des Teufels?“ Ich wusste nicht, ob ich lachen sollte – nicht einmal, ob ich ihm glauben sollte.

Siren sah mich septisch an. „Nein. Wir entspringen der Schöpfung Gottes.“, erklärte er.

„Wie kannst du das glauben und gleichzeitig ein Mörder sein?“ Meine Augen hatten sich vor Angst mit Tränen gefüllt. Ich wusste, es würde mir nicht mehr lange gelingen Siren von mir fern zu halten, während ich mich an das Fensterbrett drückte und den Regen kalt auf meinem Rücken spürte.

Der Vampir vor mir sah mich durchdringend an, als suche er Verständnis in meinem Blick. Seine Stimme war ruhig, als wolle er ein schreckhaftes Tier zähmen und auf eine gewisse Art besänftigte mich seine Gegenwart, wenn auch nur sehr langsam. Ich konnte mir nicht eingestehen, wie sehr ich mir seine Nähe in diesem Moment wünschte.

„Wenn man von Gott dazu auserwählt ist zu zerstören, sollte man sich nicht gegen diese Bestimmung wehren. Dämonen sind der Schöpfung Gottes entsprungen, wie auch die Menschen und der Teufel.“ Er dachte kurz nach und setzte leise, fast flüsternd hinzu: „Ich kann nicht glauben, dass meine Existenz nicht seinem Willen entspricht, denn ich leben schon zu lange, um sein Fehler zu sein.“

Es war eine so plumpe Art die vielen Morde zu rechtfertigen, die er begangen hatte, um sich selbst am Blut und Besitz der Lebenden zu bereichern, dass ich beinahe zu einer Entgegnung angesetzt hätte. Dennoch war es kaum der Inhalt der Worte, der zählte, sondern die Art und Weise, wie sie gesprochen wurden und meine Sinne erfüllten. Ich war für einen Moment geneigt, ihm vollends zu glauben.

Nun löste Siren sich langsam aus dem Schatten der Tür und ging auf mich zu. Die Art, wie er geschmeidig und schleichend in meine Richtung strebte machte mir innerhalb weniger Sekundenbruchteile bewusst, dass er dieses Mal keinen Abstand mehr wahren würde und nicht auf mich hören würde, egal, wie ich versuchen würde ihn von mir fern zu halten. Es war genug gesagt worden.

Ein unendlich starker Teil in mir schreckte vor ihm zurück und heute weiß ich, dass dieser Teil nur etwas mit meinem Verstand zu tun hatte, denn ein Teil in mir, den ich in diesem Moment verleugnete, sehnte sich nach ihm und seinem Trost. Er breitete seine Arme wie Flügel halb um meinen Körper und grub sein Gesicht an meine Schulter. Ich wollte zurück weichen, konnte aber nicht und obwohl ich in diesem Moment erneut den Schmerz seines Bisses erwartete, schien er dieses Mal nicht gekommen zu sein, um mir weh zu tun.

Schreckliche Gedanken durchfuhren meinen Körper. Ich bewegte meine Lippen kaum merklich in Richtung seines Halses und öffnete den Mund.

Sirens Hände entspannten sich etwas, als ein letzter verzweifelter Fluchtinstinkt in mir im Bruchteil weniger Sekunden erstarkte. Es war eigentlich mehr ein Reflex und heute weiß ich nicht mehr, ob ich mich einfach nur umbringen wollte, oder ob mir schon damals innerlich bewusst war, dass mich der Sprung aus dem Fenster des erhöhten Stockwerkes nicht ernsthaft verletzen würde.

Ich sah noch Sirens überraschtes Gesicht und die Hand, die nach mir greifen wollte und mich nur um ein paar Zentimeter verfehlte, dann landete ich bereits wie eine Katze auf meinen Fuß und einem meiner Schienbeine, die sofort von einem schrecklichen Schmerz tobten. Um nicht umzufallen stütze ich meine Hände auf die Steine und in das feuchte Gras unter mir und atmete einige Male hörbar aus, während frischer Regen meinen Nacken herab rann.

Eine Weile paralysierte mich der Gedanke an Sirens Berührungen und ich warf einen fahrigen Blick zurück zum Fenster, aus dem ich gesprungen war. Nun war niemand mehr dort.

Bevor ich mich richtig orientieren konnte, sah ich durch den Regen etwas Schweres heran nahen und sprang zur Seite um einem Paar kräftiger Hände aus zu weichen, die bereits nach mir griffen. Ich erkannte Priest und keine Gemütsregung in seinem Gesicht, als er ein weiteres Mal nach mir schlug und ich mich gerade noch rechtzeitig wegducken konnte, bevor seine Pranke ungebremst durch meine fliegenden Haare schlug und auf eine Ecke der Hauswand prallte. Er schrie fluchend auf.

Ich rannte weiter, durch die Rosenhecken und ich spürte dabei kaum die Dornen, die durch meine Haut stachen.

Urplötzlich griff eine schneeweiße Hand nach mir und Sirens Arme umfingen meinen Oberkörper. Seine glitzernden Augen schienen in der Dunkelheit auf zu leuchten, während er mich mit einem wütenden Schrei zurück an einen schwarzen Eisenzaun schleuderte. Ich hatte das Gefühl mein Rückrat zerbreche und dachte einen kurzen flackernden Moment an den Anführer der Wegelagerer. Als ich wimmernd vor Siren kniete war ich zu schmerzerfüllt, um mich zu bewegen, doch nicht ernsthaft verletzt.

„Wage es nicht!“, schrie Siren und packte mich am Hals, während er mich an die Wand gedrückt zum aufstehen zwang. „Du gehörst mir! Du bist mein Eigentum!“

Etwas Blut aus einer Wunde an meiner Lippe rann mein Kinn entlang. Die Angst hatte nun einem Gefühl der inneren Leere Platz gemacht. Es gab keine Hoffnung zu entkommen. Vielleicht war es genau das, was mich binnen Sekunden so vollkommen beruhigte.

Langsam wurden Sirens Bewegungen sanfter, er trat einige Zentimeter zurück, ohne mich los zu lassen.

„Versteh doch!“, bat er und senkte dann den Kopf, als erwache er aus einem Traum. Schier endlose Zeit verging, bevor er wieder etwas sagen konnte und schwer atmend konnte ich seine Gedanken nicht erraten.

Als er wieder sprach, war seine Stimme verändert. „Verabscheust du mich für das was ich dir angetan habe?“, wisperte er so leise, dass ich erst nicht wusste, ob er überhaupt gesprochen hatte.

„Nein.“, sagte ich einfach, weil es die Wahrheit war. Ich konnte ihn nicht wirklich hassen. Es war etwas an ihm und in seinen Augen, dass mich davon ab hielt.

Er ließ mich los und eine meiner Hände fuhr zu dem Blut an meiner Lippe, um es ab zu wischen, aber Siren fasste sie und zog mich an sich. Er fuhr mit den Lippen über das frische Blut an meinem Kinn und verharrte eine Weile nahe der Wunde an meiner Unterlippe ohne mich zu küssen.

Ich konnte mich nicht bewegen, oder klar denken. Alles, was ich spürte, war ein unbeschreiblicher Drang ihn zu berühren und jedes andere Gefühl wurde von diesem fort gerissen, sodass ich nichts weiter tun konnte, als zuzulassen, was auch immer er mit mir vorhatte, während er leise flüsternd versprach: „Alles wird gut.“

Blutrausch (Siren) - Kein Vampir kann jemals frei sein

Kein Vampir kann jemals frei sein

- und keiner sollte es. Die Macht und der Rausch der Freiheit sind zu überwältigend und treiben uns unweigerlich in die Nacht und den lauernden Wahnsinn. In einer Welt, die so voller Verzweiflung ist, brauchen wir einen Meister, der unsere Sünden trägt. Ich wusste, dass ich genau dies nun für Askian sein würde und dennoch gingen meine Gefühle vollkommen über den reinen väterlichen Instinkt hinaus. Ich vergötterte ihn für alles, was er war. Sogar für die Schwäche, als der Schock ihm jede Bewegung raubte und er vielleicht nur deswegen erlaubte, dass meine Lippen die seinen berührten, weil er nicht mehr in der Lage war mich daran zu hindern.

Sein beschleunigter Herzschlag, den ich unter meiner Hand spürte und der frierende Körper, der sich an den meinen schmiegte, sein heiserer Atem an meinem Hals. Mir war bewusst, dass meine Art von Liebe nicht mehr schuldlos sein konnte und doch sprachen seine Bewegungen, sein Äußeres, ja, seine bloße Anwesenheit die niedersten meiner animalischen Triebe an.

Ich zog ihn näher an mich, bis seine Schenkel die meinen berührten, und drehte den Kopf zur Seite, um meinen ungeschützten Hals zu entblößen. Verlangen und eine uralte Furcht erfüllten mich.

Ich ließ ihm die Zeit, die er brauchte, um in dem Chaos seiner neu erwachenden Gefühle jene zu finden, die nun von Bedeutung waren. Es war nicht an mir ihm zu sagen, dass er Blut trinken wollte. Er würde es selbst spüren.

Als er beinahe schüchtern die Lippen öffnete und seine Zähne gegen meine Haut drückten, wusste ich, dass wir beide weder den Regen, noch den frischen Schnee auf uns spürten. Ich griff in seine Haare, drückte seinen Kopf weiter an mich, als sei dies eine stumme Aufforderung und spürte den Schmerz seines Bisses eine kurze Weile so direkt, dass ich stöhnend beinahe zusammen gesackt wäre, wenn ich mich nicht an den Stangen des Eisenzaunes hätte halten können.

Es dauerte nicht lange, bis dem direkteren Teil seines Verstandes bewusst wurde, was er soeben tat. Ich spürte es zunächst durch die Art, wie sich seine Hände verkrampften.

Schließlich riss er sich selbst mit aller Willensanstrengung los. Man konnte ihm deutlich den inneren Konflikt ansehen. Schock über das eigene gottlose Verhalten und Befriedigung gaben sich die Hand. Er stieß mich von sich und taumelte in den tauenden Schnee.

Ich glaubte nicht, dass er in diesem Moment einen weiteren Fluchtversuch starten würde und so blieb ich eine Weile einfach untätig.

Er griff sich an den Hals, würgte und keuchte, als wolle er das soeben gewonnene Blut erbrechen, doch nur ein paar wenige Blutstropfen fielen von seinen Lippen in den Schnee. Ich wusste, dass er eigentlich zu wenig getrunken hatte, entschloss mich aber ihn nicht zu mehr zu zwingen.

„Was hast du aus mir gemacht?“, flüsterte er. Da es keine echte Frage, sondern viel mehr ein Begreifen war, ersparte ich mir eine Erklärung und kniete mich lediglich neben ihn, um ihm eine Hand auf die Schulter zu legen.

„Alles wird gut.“, flüsterte ich und strich zärtlich ein paar schwarze Haare aus seinem Nacken, um ihn dort zu küssen. Die Kälte auf seiner Haut machte mir bewusst, dass wir vielleicht schon zu lange im Schneeregen gestanden hatten. Ich half ihm auf und er fügte sich.

Einstweilen schien der Widerstand gebrochen. Das Schweigen zwischen uns war mir nicht unangenehm. Ich wusste, dass Askian so sehr mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt war, dass er mich vielleicht kaum wahrnahm. Ich brachte ihn in eines der Schlafzimmer und erst hier erhob ich wieder das Wort, wenn auch nur kurz, um ihm zu bedeuten, dass er sich auf das Bett setzen sollte, während ich frische Kleider für ihn holen würde.

Als ich zurück kehrte war lag er bereits unter den Laken. Die Anstrengungen und seine eigene Psyche mussten ihn ausgelaugt haben. Die nassen Kleider hatte er beinahe achtlos auf den Boden geworfen. Er schlief so tief, wie es ein junger Vampir für gewöhnlich tut – totengleich, als habe sein Körper noch nicht vollends akzeptiert, dass das Leben in ihm weitergehen muss. Er lag mir abgewandt auf der Seite, sodass ich nur seinen schwarzen Haarschopf unter der Decke sehen konnte. – Und plötzlich musste ich an Amen denken und an sein Gesicht als er mich fortschickte und mir sagte, dass er mich nie wieder sehen würde.

Jeder Vampir muss sich einem Meister unterwerfen, oder er wird an seiner eigenen Stärke zu Grunde gehen. Wir sind nicht dazu erschaffen worden die Welt zu beherrschen und können nicht auf Dauer einsam sein. Natürlich gab es auch seit jeher Wesen meiner Art, die zu mehr bestimmt waren. Wie die Herrscher eines Bienenvolkes scharrten sie die niederen Vampire um sie. Die ältesten Vampire wurden geboren und nicht geschaffen. Sie waren von Beginn an Wesen, die nie eine menschliche Seele besessen haben. Dies sind die Götter unserer Art. Doch welcher der alten Geister und Dämonen lebt noch? Das Schicksal trennte mich von Amen und ich hörte erst mehr als ein Jahrzehnt nach seinem Tod durch Zufall davon, dass er von einer Reihe wütender Bauern verbrannt wurde. Meine Trauer war so maßlos, dass ich fast drei Jahre lang ziellos durch die Welt driftete. Meine letzte Hoffnung einen Platz zu finden war mit Amen gestorben und mit ihm der letzte herrschaftsfähige Vampir, den ich kannte.

Ich war überzeugt davon kein Schicksal mehr zu haben. Warum musste es mich zum unmöglichsten Zeitpunkt einholen?

Als ich am Fußende des Bettes saß, in dem mein wunderschöner Geliebter ruhte, und seinen unruhigen Schlaf beobachtete, wurde mir bewusst, dass über viele Jahre hinweg Priest für mich diese Rolle des Beraters und Beschützers eingenommen hatte, obwohl er weder Vampir, noch mein Meister war. Das hatte mir vielleicht mehr Freiheiten erlaubt, als den meisten meiner Art.

Priest hielt Amen immer für dumm. Das war er aber nicht. Er war nur naiv und treu – und verliebt in eine Frau, die die leibliche Tochter der Vampirkönigin Aoife war und deswegen sowohl mächtig, als auch verwöhnt. – Lavorea.

Amen machte mich ihr zum Untertan und obwohl ich ihm in jeder Hinsicht gefolgt wäre, habe ich diesen Entschluss lange verurteilt und erst sehr viel später verstanden. Amen wusste, dass sie eifersüchtig war. Die einzige Hoffnung zu verhindern, dass sie mich aus dem Weg räumen würde war, mich ihr auszuliefern als sei ich für ihn nicht mehr als ein kurzfristiges Spielzeug.

Ich hasste sie für viele Dinge, vor Allem aber für die Tatsache, dass sie mich als das ungeliebte Geschenk behandelte, das ich war.

Wir waren dermaßen stolz, dass uns der herannahende Krieg einfach übermannt hat, bevor wir ihn bewusst wahrnahmen.

Wir wurden getrennt und jeder kämpfte auf einer Seite, die für ihn bestimmt war. Lavorea stand gegen den Blutkaiser. Amen hatte kein Interesse an Krieg und Macht, doch er blieb an ihrer Seite, um sie zu beschützen solange er konnte. - Gott wollte, dass meine Seite die ihrer Feinde war. Für mich gab es keine andere Wahl. Ich denke ich muss kaum betonen, dass ein zum Sklaven geborener Vampir sich nach Wochen ohne Halt auch an einen fremden Meister binden würde, solange er nur dessen Präsenz spüren darf.

Ich war von Amen getrennt worden und für Lavorea empfand ich Abscheu. Solange Amens Schwert zwischen ihr und mir stand konnte ich nichts tun. – Als sich die Gelegenheit jedoch bot hatte ich meine Rache.

Die politischen Ziele des „Blutkaisers“ interessierten mich damals wie heute nicht. Er war einfach nur ein Ersatz für die Familie, von der er selbst mich getrennt hatte. Ich bin selbst überrascht, wie leicht es mir später fiel meine ehemalige Herrin auf seine Weisung hin zu richten. Es war das erste Mal, das ich wirkliches Vergnügen beim Töten empfand.

Ich denke, es ist klar, dass durch mich noch sehr viel mehr Blut unserer Rasse vergossen wurde. Ich habe dafür die Verantwortung und die Strafe übernommen.

Der Blutkaiser wurde vernichtet und ich erwartete keine Gnade.

Einsamkeit und Verbannung lautete der Richtspruch.

Jeder, der meiner Rasse angehört und mich erkennt, würde mich umbringen. Selbst die Jüngeren, für die der Krieg nur noch Legende ist.

Sicherlich hätte ich mir ein Heer fähiger Diener schaffen können, um mich für diese Behandlung zu rächen. Vielleicht wäre ich mächtig genug geworden, um mich gegen jede Nachstellung zu wehren. Doch wozu?

Unsere Herrschaft als Götter über diese Welt war zu Fall gebracht worden.

Seit die vielleicht letzten Anführer vernichtet wurden sind die Vampire dem Untergang geweiht. Ein Volk, vollständig aus Sklaven, kann nicht dauerhaft bestehen und ich wollte selbst im Schatten weiter leben, um den glorreichen Untergang meiner Brüder zu betrauern und zu bejubeln.

Ich beobachtete, wie Askian sich unwissend all dieser Tatsachen leicht im Schlaf bewegte und mir wurde bewusst, dass sein Erscheinen mir eine neue Richtung gegeben hatte. Ich wollte nicht mehr nur trauern.

Mit seinen menschlichen Schwächen war er vielleicht in der Lage, ein Stück weit die Leere zu Füllen, die das Fehlen eines Meisters in mir hervorgerufen hatte. Dass das nicht vollständig gelingen würde, war mir durchaus bewusst.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Oh, Gott! Und Nachwörter gibts auch noch! *feier* Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
EDIT vom 26.März 2013: Hab ein paar Stellen weniger pathetisch gemacht, aber es ist noch das gleiche wie vorher.

EDIT vom 2.7.2013: Rechtschreibkorrektur... Wenn euch noch was auffällt, lasst es mich wissen, aber ich bin relativ zuversichtlich, dass jetzt so gut wie alles ausgemerzt ist.

EDIT 17.11.2013: Ganze ZWEI Rechtschreibfehler hab ich noch gefunden.... uuuuunglaubliiiiich!!! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hah! Ich erinnere mich, dass ich total stolz auf diesen Kunstgriff war, zweimal die gleiche Szene aus unterschiedlicher Sicht zu erzählen. Ernsthaft! - Und ich denke ich habe hier die Weltanschauung beider Charaktere ganz gut getroffen. Es sind auch die Kleinigkeiten - und vielleicht VOR ALLEM die Kleinigkeiten -, die jeder von uns völlig anders wahrnimmt.

EDIT 2.7.2013: Ich hab den Text ein bisschen überarbeitet. Ein paar Wörter ausgetauscht. Vor allem die Szene in der Siren über Männerkörper fantasiert. ;-) ;-) ;-) Jetzt ist es schöner und passt sich besser in den Text ein. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
EDIT 26.März 2013: Diese Szene hat sich ja vor Kurzem quasi nochmal grundlegend geändert. Dieses Mal allerdings habe ich nur Rechtschreibfehler ausgemerzt und dafür gesorgt, dass sich alles etwas flüssiger liest.

EDIT 3.7.2013: Ich habe den Dialog mit dem Bettler(könig) erweitert und ein paar sprachliche Dinge geklärt. Speziell stellt Askian nochmal klar, dass er in dieser Szene kein Vampir wird. Das wird im zweiten Teil nochmal ne Schlüsselfunktion bekommen, also seit gespannt. ;-)

EDIT 17.1.2013: ... ganz wenige Rechtschreibberichtigungen... nichts Großes, also keine Panik! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
EDIT 7.3.2013: Rechtschreibberichtigung Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Man höre und staune: Dies hier ist DER Bloodcage-Moment. Schon als ich vor Jahren das erste mal anfing über diese Story nachzudenken war dieser Maskenball das Erste was mir einfiel und worauf ich meine Story aufbauen wollte.
Diese gedrückte, elegante Stimmung, bei der sich die Charaktere wie bei einem Tanz umschleichen, wird noch einen Großteil der Story ausmachen.

Außerdem sind nun alle Hauptcharaktere vorgestellt. Wir nähern uns dem Mittelteil. ;-) Danke an alle, die bis hierher gelesen haben. Ich freue mich total über die vielen Favos und vor Allem über die Kommentare. Lasst mich an euren Gedanken teilhaben - auch an eurer Kritik - das motiviert ungemein!

EDIT 14.7.2013: ...wieder einmal ging es nur um sprachliche Auffälligkeiten. - Viel hat sich nicht geändert. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
o.O Okay... die rote Lady sieht Baalzack dann wohl nicht mehr wieder... ;-)

EDIT 17.7.2013: Ich habe den Anfang ein bisschen abgeändert, allerdings nur sprachlich und nicht inhaltlich. Der Rest ist wie so oft nur Rechtschreibberichtigung. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Uhhhh... ich liebe diese Szene! .., aber sie ist ziemlich neu, also wenn euch Verbesserungsmöglichkeiten auffallen, immer her damit! ^^

Sie wird sicherlich auch noch einige Male editiert werden, um Schreibfehler und Co auszumerzen. Meine Entschuldigung an dieser Stelle also an die Freischalter, die meine Szenen schon teilweise bis zu fünf Mal in der Warteschleife hatten. - Ich bin Perfektionist, das kann schon mal anstrengend sein, aber ich respektiere eure Arbeit total. DANKE!

EDIT 17.7.2013: ... ein paar wenige Rechtschreibfehler haben heute ihr Leben gelassen. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich freue mich immer über Kommentare. Aber auch an meine stillen Leser an dieser Stelle ein Gruß. - Ich habe mir überlegt, ob ich nicht eine "Mailliste" aufmache und jeden, den es interessiert über neue Kapitel informiere. Wenn du dabei sein willst, schreib mir das gern per ENS, oder in einem Kommentar.
Viel Spaß noch! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Verdammt, Siren! Rydian war so viel besser als du!!! Warum hast du das nur getan!!!! *zeter* *heul* Waruuuuuum???
Jaaaaa... ich hab den Charakter von Rydian wirklich gemocht. Schade, dass es so schnell vorbei sein muss, aber Siren kann nunmal weder Konkurrenz noch Zurückweisung ertragen. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Es ist soweit. Das erste Sechstel von Bloodcage ist abgeschlossen und hochgeladen. - Askian ist tot. Dieses Kapitel habe ich schon sehr oft geschrieben, umgeschrieben und verbessert und jedes Mal habe ich hier im Nachhinein ein außerordentlich heroisches und fast andächtiges Gefühl, denn es ist nicht nur so, dass mich die Charaktere schon eine sehr lange Zeit begleiten, sondern auch so, dass ich mir an dieser Stelle immer wieder bewusst werde: "Die Geschichte beginnt und ich bin mitten drin!"

Oder anders gesagt: Ab dem nächsten Kapitel sind wir von der Einleitung im Hauptteil angelangt.
Danke an dieser Stelle für mittlerweile 20 Favoriten! Und sehr gute Kommentatoren! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
19.2.2014 --- Ich präsentiere euch den Prolog zum zweiten Teil "Blutrausch". Ich habe erst überlegt eine neue Fanfiction hierfür aufzumachen, aber ich habe mich anders entschieden, auch wenn die Kapitelliste nun reichlich lang werden könnte.

... hier muss übrigens noch einiges gefeilt werden, aber ich habe mich entschlossen es trotzdem zu laden, weil die nachfolgenden Kapitel ohnehin wichtiger sind und langsam in die Öffentlichkeit wollen. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
20.2.2014: Pünktlich zur Geisterstunde warte ich mit einem neuen Kapitel auf. Es ist eigentlich schon sehr lange fertig geschrieben, aber ich habe es nochmal grundlegend überarbeitet. - Auch weil storytechnisch seit der "Urversion" ne Menge hinzugekommen ist und ich wirklich aufpassen muss keine unlogischen Storytwists einzubauen. - Sollte euch etwas auffallen, dann merkt es ruhig an!
Bis dahin! Gute Nacht! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
20.2.2014 --- Oh, drei Kapitel auf einen Schlag hochgeladen. Bin eigentlich schon weiter, aber so soll das erstmal reichen. Ich erwarte gespannt natürlich auch eure Kritik! Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (54)
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Von: abgemeldet
2014-09-27T11:34:10+00:00 27.09.2014 13:34
~ Kommentarfieber ~

Da will ich doch gleich mal mehr Eindruck in deine Geschichte bekommen. Die Kapiteltitel sprechen mich sehr an. Tagebuchkram ist etwas, mit dem ich mich so oder so mehr auseinandersetzen wollte.

Sehr angenehm zu lesen, aber ich muss zugeben, dass ich ständig an Louis denken muss, dass der Tod in Form von Lestat schließlich ihn gefunden hat und so weiter. Flüssiger Stil und das Erzählerische sagt mir besonders zu, dass ich als Leser angesprochen werde - in dieser Geschichte bisher zumindest passend.

Damals glaubte ich an Engel und Dämonen, wie ein naives Kind glauben mag die Sterne des Himmels seien die Augen der Götter.
Ja, was sind die Menschen doch für naive Individuen. Nicht wahr?

Die kleinen Lichter verkündeten stumm und mit zuckenden Leibern das Schicksal der Menschen.
Eine herausragende Stelle. Muss ich einfach loswerden.

Bei den kleinen Bewegungen, die sein Atem verursachte, pendelte das fein geschnitzte Elfenbeinkreuz beinahe unmerklich hin und her.
In diesem Kapitel sparst du nicht an Beschreibungen, die du, meiner Meinung nach, sehr schön vepackst. Es ist keineswehs ein Zuviel, einfach nur gut zu lesen und nachvollziehbar.

Tolles Kapitel. Hmmm, was habe ich noch nicht gesagt? Keine Ahnung. Das schien die erste Begegnung der beiden gewesen zu sein. Und jeder weiß, dass er verfolgt wird, ;) Nur eine Frage der Zeit. Ich werde gewiss weiterlesen.

Liebe Schreibziehergrüße,
abgemeldet
Von: abgemeldet
2014-09-27T11:11:29+00:00 27.09.2014 13:11
~ Kommentarfieber ~

Hi,
keine Ahnung, wie lange ich hier schon reinlesen wollte, aber es wird jetzt echt mal Zeit. ^^

Sehr schöne Anwendung von Metaphern, wenngleich ich mich frage, warum Liebe und Co. nicht menschlich sind. Ich mag die menschlichen Seiten an Monstern. Ob Vampire oder Werwölfe, wie auch immer.
Dennoch mag ich hier sehr die Ausdrucksweise und diese Voraussicht, die du mit dem Prolog erschaffen hast. Nein, ich will nicht Askian sein, aber nach 60 Jahren sollte ich mal erwachsen werden und es einfach versuchen. ;)

Es macht mich neugierig auf mehr. So wie ein guter Prolog das eben so tut.

Liebe Schreibziehergrüße,
abgemeldet
Von: abgemeldet
2014-06-09T22:29:59+00:00 10.06.2014 00:29
So, jetzt kommt endlich auch mal mein Kommentar. :)
Der erste Teil gefällt mir schon mal gut. Er ist flüssig zu lesen, die Kürze ist angenehm und der Inhalt interessant sowie melancholisch, also die besten Voraussetzungen, um mich zu fesseln.

Ich weiß nicht, ob es Absicht ist, aber der letzte Absatz ist irgendwie leicht verworren, und ich war am Ende etwas verwirrt, wer jetzt was getan hat und wollte. Aber das klärt sich ja sicher nicht. ^^

Aber mit der Zeit bemerkte ich den Verlust all meiner Menschlichkeit mit einer unbeschreiblichen Macht an mir zehren und ich weiß, dies wird mein Ende sein.
-> bemerkte ich, wie der Verlust all meiner Menschlichkeit mit einer unbeschreiblichen Macht an mir zehrte, und

Genau so wenig, wie es mich im Grunde meines Herzens berührt, denn ich lebe schon zu lange um noch wahre Gefühle zu haben.
-> zu empfinden klänge glaube ich schöner
-> und ich meine, "Genau so wenig" würde anders geschrieben

Und der Titel gefällt mir übrigens gut. ^^

Lg
November


Von:  Tubbytaku
2014-04-13T14:21:03+00:00 13.04.2014 16:21
Hier (endlich mal) mein rekommi!! (hooray~)

~~Design~~
Also, erstmal finde ich den kleinen text, der immer auf der startseite von den fanfics angezeigt wird, gut ausgewählt. er verrät nicht viel, aber er macht neugierig :)
dagegen finde ich die info schon ziemlich lang. dass du die erklärungen reingebracht (bl,bk,bs usw) find ich ne klasse idee xD (auch wenn ich das sowieso alles net lesen kann)
vielleicht hättest du den kursiv gedruckten text kürzen können und den inhalt ohne die überschrift inhalt einfach "dranhängen" können - das fände zumindest ich übersichtlicher :D
Bei den charateren finde ich die aufteilung nach kapiteln eine gute idee, vor allem weil das so viele sind ;) Außerdem mag ich diese systematische beschriebung, bei jedem charakter dieselben punkte (gut, bei manchen fehlen welche) und die bilder :D


~~Rechtschreibung&Grammatik~~
Its mir nichts aufgefallen :3

~~Stil~~
Echt toll. Ich liebe deine Vergleiche und Metaphern und alles ist so megaflüssig zu lesen *____*
So sollte ein Prolog aussehen :D (meiner meinung nach) Kurz aber toll geschreiebn <33
Wirklich toll. :DWie machst du das dass du überall so einen tollen vergleich zu findest :O
Wie auch immer, der prolog erweckt auf jeden fall spannung und die lust nach mehr :D

So, damit ndet mein verspätetes rekommi
LG~~
Von:  Azahra
2014-01-12T17:03:09+00:00 12.01.2014 18:03
OMG!!! Ich bin eine treulose Tomate und du widmest mir ein Kapitel!? Och, ich doofe Kuh >< Warum hab ich das nicht gemerkt T.T Ich könnte mich hauen.......

Erstmals vielen lieben Dank für das tolle Kapitel <3 Es hat mir sehr gefallen und die Unterredung mit Nathalya und Siren war sehr schön beschreiben <3

Bin gerade immer noch baff O.o
Antwort von:  DemonhounD
25.03.2014 12:22
hehe! Ich bin es doch gewohnt, dass Kommentare manchmal ein bisschen auf sich warten lassen, du hast immerhin auch ein Privatleben! ^^
Ich freue mich aber, dass du es jetzt gesehen hast und dass es dir gefällt! Ich würde mich freuen bei Zeiten wieder Input von dir zu bekommen ;-) Der ist immer sehr hilfreich! Danke dir!
Von:  kitty-Sakura
2013-12-14T22:12:54+00:00 14.12.2013 23:12
Eine interessante, den Leser fesselnde ff
Nur leider war es nicht möglich diese als PDF zu lesen da dort einige Satzteile, ganze Sätze und wenn ich mich recht erinnere auch, bis auf den Titel, das komplette 2. Kapitel fehlte.....
Von:  Suki96
2013-10-09T16:10:10+00:00 09.10.2013 18:10
Ich finde es sehr gut geschriben.
Von:  Suki96
2013-10-09T16:06:15+00:00 09.10.2013 18:06
Das hört sich sehr interesant an.
Von:  Azahra
2013-09-10T14:49:45+00:00 10.09.2013 16:49
Huhu,

ein wirklich interessantes Kapitel. Die Gefühle zwischen Siren und Askian kommen sehr gut rüber und die Szenen am Anfang fand ich schon schaurig geschrieben. Mal schauen wann Siren seine Kette vermisst: D

cucu Azahra
Von:  Azahra
2013-08-15T08:27:47+00:00 15.08.2013 10:27
Huhu,
da bin ich mal wieder :)
Diesmal nur kurzer Kommentar (eigentlich sind meine immer ziemlich kurz....), aber ich hab bis jetzt noch nie wirklich was an deinen Kapitel zu meckern gefunden :). Die Idee, Sirens Vergangenheit aufleben zu lassen, war toll. Rydian schien mir eigentlich ein "netter" zu sein, aber Siren mag es eben nicht, wenn ihm jemand nicht so behandelt, wie er will.
Mich interessiert es sehr, was aus der Tochter geworden ist, die von Magdalene und Rydian abstammt *grübel*

Bis bald *wink*


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