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Finera - Dawn of the Dark

von

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Omelett des Grauens

7. Oktober
 

- Summer -
 

Henry war in den frühen Morgenstunden abgereist, ohne Summer zu wecken, ganz so, wie sie es sich am Vorabend gewünscht hatte. Trotzdem hatte sie wach in ihrem Bett gelegen und gelauscht, wie Henry seine Zimmertür abschloss und dann die knarrende Treppe runter ins Erdgeschoss der kleinen Pension ging. Summer hatte noch einmal einschlafen wollen, doch sie war hellwach und die Traurigkeit erklomm ihren Höhepunkt, als sie unter der Dusche stand und dicke Ganovilstränen ihre Wangen herunterliefen. Sie wollte nicht traurig sein, warum auch, sie brauchte Henry nicht! Trotzdem nagte diese Trennung an ihr und sie beschloss, dass sie den kompletten Tag mit der bestmöglichen Ablenkung füllte, die es gab: Training!

Frisch geduscht und mit noch feuchten Haaren, die sie wie fast immer zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte, ging sie nach unten in den schmalen Empfangsraum, von dem eine Tür in die Küche und eine Tür in den quadratischen Speisesaal abging, der die Bezeichnung Saal aber keinesfalls verdient hatte.

An der Wand waren zwei klapprige Tische zusammengeschoben und auf ihnen befanden sich silberne Platten mit Brötchen, Käse, Marmelade, Kannen mit Getränken und eine Warmhalteterrine, aus deren schmaler Öffnung heißer Dampf emporstieg. Gut, luxuriös kam ihr diese Pension von der ersten Sekunde an nicht vor, aber selbst das kleinste Pokémoncenter hatte ein besseres Frühstücksbuffet.

„Guten Morgen, junge Trainerin“, rief die Besitzerin der Pension quer durch den Raum und grinste sie mit ihrer Zahnlücke breit an. Vor ihr lag die Tageszeitung und auf der Stuhllehne hockte Papinella, das träge seine Flügel hängen ließ.

Summer grüßte zurück, schnappte sich einen Teller, schob den Deckel der Terrine zur Seite und fand ein riesiges Omelett mit undefinierbaren, zerkochten Bröckchen, die wohl einmal saftige Beeren gewesen waren. Unten schwappte das Fett hin und her, verhärtete sich am Löffel neben der Terrine bereits und wurde bröckelig und orange. Summer verzog das Gesicht und bemerkte darüber nicht, wie die Pensionsleiterin neben sie getreten war.

„Problemchen?“

„Ehm, nein. Alles bestens.“ Eilig schloss sie den Deckel und ging weiter zu dem Brötchenkorb. Wenn sie bis zum Abend trainieren wollte, brauchte sie drei, besser vier Brötchen als Proviant, dazu zwei zum Frühstück. Gerade griff sie nach dem dritten Brötchen, als die alte Frau mit der Zunge schnalzte.

„Gibt’s nicht.“

„Was?“

„Eh-eh, zwei Brötchen maximal pro Person, mehr nicht.“

„Aber das Buffet ist im Preis enthalten und so wie es aussieht, bin ich Ihr einziger Gast.“

„Eh!“ Die Alte hustete und nahm Summer den Korb weg, ging zurück zu ihrem eigenen Tisch und klemmte sich hinter die Zeitung.

„Unerhört“, murmelte Summer, nahm sich etwas Butter und Marmelade und verzog sich an den Tisch, der von der Alten am weitesten entfernt lag. Gleich als erstes würde sie sich in den beiden Pokémoncentern nach einem freien Platz erkundigen, vielleicht machte ja auch das dritte Center im Laufe des Tages wieder auf. In der Gesellschaft dieser schrulligen Frau wollte sie keinen weiteren Morgen verbringen.
 

Route 5, auch bekannt als Coteau-Weg, war das erklärte Ziel von Summer, als sie nach dem schnellen Frühstück und einem Stopp beim Supermarkt und Pokémoncenter zum Training aufbrach. Die Route, die sich südwestlich von Illumina City befand, bot nicht so starke Pokémon wie die nördlichen Routen, aber Summer wollte es locker angehen lassen, zumal Glumanda bisher noch nie trainiert worden war und deshalb vermutlich ein ziemlich geringes Level hatte.

„Also dann“, sagte sie zu sich selbst und entließ zeitgleich ihre drei Pokémon auf eine der kurzgemähten Wiesen abseits vom hohen Gras. Etwas weiter entfernt trainierte ein junges Mädchen ihr Rattfratz und zwischen den Bäumen lief ein Junge umher, der mit seinem Psiau Fangen spielte.

Onix, Summers Starterpokémon, gab ein tiefes, grollendes Oooniiiix von sich, senkte dann sein steinernes Haupt herab und ließ sich mit schüchternem Blick von seiner Trainerin den Kopf tätscheln. Dazu schlug Jurob klatschend in die Flossen und streckte seine Zunge zu Glumanda raus, das sofort zu knurren begann und die kleine Flamme an seiner Schwanzspitze stärker aufleuchten ließ. Noch ehe Summer begriff, was sich da zwischen den beiden Pokémon abspielte, sprang Glumanda auf Jurob zu und kratzte ihm einmal quer über das Gesicht, was das Wasserpokémon mit einem empörten Blick und einer Kopfnuss quittierte, die Glumanda gute vier Meter weit schleuderte.

„Oh, scheiße!“, fluchte Summer, ließ von Onix ab und nahm Jurob auf den Arm, das bereits wieder auf Glumanda zu robbte. „Aufhören, alle beide!“ Doch Glumanda ließ sich nichts sagen, schon gar nicht von jemandem, der den Feind in den Armen hielt, weshalb statt Jurob nun Summer die Glut-Attacke abbekam. Überrascht und auch nicht wenig geschockt ließ sie Jurob fallen und klopfte auf die kokelnden Stellen an ihrer Kleidung. „Hör auf, Glumanda!“ Sie zückte den Pokéball und bekam gerade noch mit, wie sich in Glumandas Maul bläulich-goldenes Feuer bildete, dann zog sie ihr neustes Pokémon auch schon zurück. Erleichtert ließ sie den Arm sinken, froh darüber, dass sie zumindest nicht auch noch der Zuchtattacke ausgesetzt war, die Glumanda offensichtlich gerade gegen sie einsetzen wollte. Das könnte ja noch heiter werden …

Passend dazu hörte sie ein abschätziges Schnauben schräg hinter sich. Als sie sich umdrehte, entdeckte sie gut zehn Meter entfernt einen Trainer mit kupferfarbenen Locken und dunkler Hornbrille, der ganz offensichtlich über sie den Kopf schüttelte. „Was guckst du so, hast du ein Problem?“ Summer steckte den Pokéball zurück an ihren Gürtel und machte einige Schritte auf den Trainer zu, der ebenfalls einen Trainergürtel mit Pokébällen trug.

Augenblicklich versteifte der Junge, der nur wenig älter sein konnte als sie, sich. Er schob seine Brille einige Millimeter auf dem Nasenrücken nach oben, dann räusperte er sich geräuschvoll. „Im Gegensatz zu dir laufe ich nicht mit verbrannten Shorts durch die Gegend.“

Gut, der Punkt ging an ihn. Peinlich berührt schaute Summer an sich hinab und entdeckte die Brandflecken, die sich an einer Stelle sogar durch den Stoff gefressen hatten und ihre nackte Haut zeigten. „Glumanda muss sich erst an mich gewöhnen“, räumte sie nach kurzem Zögern ein.

Er nickte. „Das ist offensichtlich.“ Dann winkte er ab. „Aber anstatt sich an dein Niveau zu gewöhnen, könntest du es in die Hände eines Trainers geben, der sich mit dem Training auskennt.“ Seine Betonung ließ keinen Zweifel daran, dass er Summers Niveau auf Kellerhöhe einschätzte.

„Ach ja?“ Zerknirscht verschränkte sie die Arme vor dem Körper und nahm wahr, wie sich Onix ein wenig hinter ihr aufbaute, da sein Schatten nun ihren überlagerte. Gut, ihre Felsennatter war ein schüchterner Geselle, aber wenn es hart auf hart kam, konnte sie sich auf Onix verlassen. „So wie du, meinst du?“

Als hätte sie ihm einen Schlag in die Magengrube verpasst, wich alle Farbe aus seinem Gesicht und der arrogante Ausdruck in seinen Augen verschwand – wenn auch nur für einige Sekunden, die es brauchte, bis er sich wieder gefangen hatte. „Ja, zum Beispiel. Aber ich trainiere nicht mehr.“

„Erst große Töne spucken und dann den Schwanz einziehen, schon klar“, spottete Summer und entspannte sich ein wenig. „Was für ach so tolle Pokémon schleppst du in den Bällen wohl mit dir rum, großer Meister? Vielleicht ein kleines Taubsi?“ Sie deutete auf seinen Gürtel, an dem zwei Pokébälle hingen. Was konnte er mit zwei Pokémon schon groß gegen sie ausrichten? Er hatte mit Sicherheit kein Dragoran. Hoffte sie.

Dort, wo eben noch pure Arroganz war, flackerte nun Wut auf. Er machte einen drohenden Schritt auf sie zu. „Halt dich aus Sachen raus, von denen du keine Ahnung hast, Noob!“

Hatte er sie gerade einen Noob genannt? „Pass auf, was du sagst! Wenn du dich traust, kannst du ja gegen mich kämpfen!“

Seine Hand zuckte zu dem vorderen der beiden Pokébälle, doch wenige Zentimeter über dem Gürtel erstarrte er mitten in der Bewegung und das Feuer in seinen kirschholzfarbenen Augen, die je nach Lichteinfall beinahe rötlich wirkten, erlosch. Er straffte seine Schultern, wandte sich dann von ihr ab und ging. „Man sieht sich. Ciao, Noob.“

„Ja, lauf nur weg!“ Summer wollte ihm noch eine Reihe wüster Beschimpfungen hinterher rufen, drehte sich dann jedoch ebenfalls um und gab Onix und Jurob erste Befehle zum Kämpfen. Wenn sie diesen arroganten Idioten das nächste Mal sah und er sie wieder so behandelte, würde sie ihm und seinen Pokémon die Hölle heißmachen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (8)

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Von:  fahnm
2015-03-21T19:49:33+00:00 21.03.2015 20:49
Klasse Kapitel
Von: abgemeldet
2015-03-21T11:50:11+00:00 21.03.2015 12:50
Ich fand die Reaktion von Summer am Buffet schon komisch, ich meine reicht das Buffet denn nicht? Wie viel soll denn noch zur Auswahl stehen?

Was den Trainer auf der Route angeht, frage ich mich 1. Warum er sie "Noob" und nicht Anfänger oder so nennt und 2. Warum er wohl in der Bewegung gestoppt hat.
Antwort von:  Kalliope
21.03.2015 16:47
Also ich finde das Buffet auch klein |D Keine Wurst, keine Auswahl an verschiedenen Sorten Käse und Marmelade, nichts in Richtung Honig/Nutella oder Ei, Lachs etc., was es in höherpreisigen Hotels geben würde. Du musst aber auch bedenken, dass die Familie Light zu Hause generell eher pompös auftischen lässt und die Pokécenter von Steuergeldern finanziert werden, dementsprechend viel Angebot gibt es auch da, damit auf jeden Fall jeder Trainer etwas findet.

"Noob" klärt sich noch, ebenso, wieso er nicht zum Pokéball gegriffen hat :)
Antwort von: abgemeldet
21.03.2015 20:08
Ok Danke für die Erklärung :D
Von:  Yurippe
2015-03-21T09:55:58+00:00 21.03.2015 10:55
Arme Summer, jetzt tut sie mir doch leid. Ohne Henry ist sie sicher einsam.

Ich glaube auch, dass der Trainer vielleicht Rocko war.
Antwort von:  Kalliope
21.03.2015 16:44
Bin bing bing! 100 Gummipunkte! xD
Von:  sweetkiss12
2015-03-20T22:50:44+00:00 20.03.2015 23:50
ich glaube dieser angeber war der sichlor trainer und rivale von kitty das würde jedenfalls das verhalten
erklären
sehr gutes kapitel übrigens
also die alte aus der pension ist total unfreundlich wäre ich da gast würde ich kein zweites mal kommen
ich fand das mit den tränen übrigens sehr schön solche vergleiche mag ich sehr
würde mich auch sehr über ein neues kapitel morgen freuen da ich geburtstag (21.3.) habe
und ich gerne wissen würde wie die erste begegnung zwischen rain und ihren glumanda verläuft
hoffe ich verlange nicht zuviel
lg deine sweekiss12
Antwort von:  Kalliope
21.03.2015 16:45
Herzlichen Glückwunsch ;)

Die Kapitel gibt es vorerst 1-2 Mal pro Woche und Rain kommt erst nach dem aktuellen Summer-Abschnitt wieder dran. Also in vielleicht 3-5 Kapiteln, schätze ich, kann ich aber noch nicht genau sagen.
Von:  yazumi-chan
2015-03-20T21:37:14+00:00 20.03.2015 22:37
Die Alte aus der Pension ist ja sehr sympathisch xD Aber Summer soll sich mal nicht so anstellen. Brötchen, Käse, Marmelade... was will man mehr? Abby ernährt sich glaube ich seit Monaten von Haferbrei xD Die Interaktion zwischen den Pokémon fand ich sehr gelungen, das zeigt deutlich, wie eigensinnig Glumanda ist und dass unerfahrene Trainer mit neuen Pokémon ganz schön zu kämpfen haben. Ich bin gespannt, ob Summer die Situation in den Griff kriegt.
Der Lockenkopf scheint auf dem besten Wege zu sein, ihr Hass-Rivale zu werden, aber irgendwas verheimlicht der auch. Tragische Vergangenheit? Pokémontrauma?
Es hätte mich zumindest nicht gewundert, wenn er tatsächlich ein Taubsi gehabt hätte xD

ps. Ziemlich am Anfang ist die Formatierung so, dass dreimal direkt untereinander Brötchen steht. Sieht sehr lustig aus xD
pps. Ganovilstränen ist zwar ein schöner Vergleich, aber das Wort an sich hat mir einen zu kindlichen, cartoonartigen Beigeschmack, das hat die eigentlich ernste Szene ein bisschen ins Lächerliche gezogen. Vielleicht hebst du dir das Wort für einen anderen Zeitpunkt auf.

Antwort von:  Kalliope
20.03.2015 22:58
Für die Formatierung von Aninexx kann ich nichts xD

Wer der Trainer ist, klärt sich schnell auf. Dann verstehst du auch, wieso er zwar Summer kritisiert, aber nicht gegen sie kämpfen kann.
Antwort von:  yazumi-chan
22.03.2015 20:56
Ach, natürlich war das Rocco. Ich wundere mich die ganze Zeit, warum Rain ihn nicht wiedererkennt und hab deshalb gedacht, das ist jemand anderes, aber das ist ja Summer, nicht Rain xDD Gott, ich muss die Perspektiven auf die Reihe kriegen :`D
Antwort von:  Kalliope
22.03.2015 21:09
Ganz oben schreibe ich ja immer, ob das Kapitel Rain oder Summer begleitet, aber ich kann verstehen, dass es verwirrend ist. Kurze Zusammenfassung:
Summer kennt Bryce.
Rain kennt Kitty, Camille und Rocco.
Früher oder später soll aber jeder jeden kennen und eventuell wird es später auch Kapitel aus Sicht der anderen Charaktere geben.
Antwort von:  yazumi-chan
22.03.2015 21:14
Ich habe ja sogar in meinem Kommentar von Summer geredet, aber irgendwie habe ich einfach verwechselt, wer wen kennt. Danke nochmal für die Zusammenfassung, ich werde mich bemühen, in Zukunft nicht mehr so sehr zu failen xD Das ist auf jeden Fall meine Schuld, nicht deine, du schreibst die beiden nämlich eigentlich sehr unterschiedlich :)
Antwort von:  Kalliope
22.03.2015 21:23
Das freut mich, sie sollen auch unterschiedlich sein :)


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