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White Velvet

von

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-Skin-

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

-Overture-

“Bakura, hör auf, vor dich hinzuträumen!”, riss ihn eine Stimme grob aus seinen Gedanken.

“Ich habe dich eben gebeten, an die Tafel zu kommen und die Kurvendiskussion zu berechnen - ich hoffe, du hast deine Hausaufgaben gemacht, sonst kriegst du mündlich für diese Stunde null Punkte.”

Ryou errötete leicht und stand auf um langsam zur Tafel vorzugehen und das Stück Kreide entgegen zu nehmen, das verhaltene Kichern seiner Mitschüler im Ohr.

Sie meinten ihr Lachen gewiss nicht böse, aber jeder von ihnen war froh, wenn der Mathelehrer, der unbeliebteste Lehrer aller Schüler (und das nicht nur, weil er es gewagt hatte, Mathelehrer zu werden), jemand anderen dran kriegte. Der hatte nämlich immer so eine ätzend gemeine Art, einen nervös zu machen und bloß zu stellen, wenn man vorne an der Tafel stand.

Zu Ryous Glück war er in Mathe ziemlich gut, was nicht viele von sich behaupten konnten, und so löste er die Kurvendiskussion relativ einfach, auch, wenn er zwei Anläufe brauchte, weil er sich die ersten Male vertan hatte.

Der Lehrer besah sich prüfend sein Ergebnis, nickte dann wohlwollend und trug ihm eine akzeptable Note ein. Ryou tapste zurück auf seinen Platz und da ihr Lehrer sich gerade mit jemand anderem beschäftigte, ließ er seinen Kopf auf die verschränkten Arme sinken und schloss die Augen.
 

Er war verdammt müde. Auch, wenn er gestern Abend nur einen einzigen Freier gehabt hatte, aber er hatte in der Nacht noch so lange wach gelegen und über alles Mögliche nachgedacht, dass er einfach nicht hatte schlafen können.
 

Jetzt, wo bald die Klausurenphase los ging, ging er nicht mehr jeden Abend der Woche anschaffen, sondern nur noch zweimal, maximal dreimal und eben am Wochenende soweit es ging, aber seine Schule wollte er nicht vernachlässigen.
 

Am besten wäre es, dachte er, wenn er sich klonen könnte - ein Klon würde in die Schule für ihn gehen, einer würde für ihn anschaffen gehen, damit er etwas Geld verdienen konnte, denn Amanes Medikamente waren teuer und Japans Krankenkassenreform leider noch im Mittelalter hängen geblieben.
 

Beinahe hätte Ryou die Pause verschlafen, wenn ihn nicht ein Klassenkamerad angestubst hätte.

“Hey, Ryou, aufwachen”, drang die belustigte Stimme an sein Ohr. Ryou erhob sich mit einem lustlosen Stöhnen und blickte Malik aus trüben Augen an.

“Was ist denn los mit dir? Nacht durchgemacht, oder was?”

“Ich hab momentan Schlafstörungen”, murmelte Ryou und streckte sich, nur um sich kurz darauf zu erheben.

Ein mitfühlender Blick ruhte auf ihm. “Ohje ... aber das ist ja nicht verwunderlich - wie gehts deiner Schwester zurzeit?”

Ryou seufzte und erhob sich. “Nicht besonders gut ... sie ist tapfer, du kennst sie ja, aber sie baut immer mehr ab und wenn nicht bald ein Wunder geschieht …”, sagte er gedämpft und ließ seinen Satz nur halb ausgesprochen, während sie langsam nach draußen auf den Schulhof gingen.

Ryou fuhr sich durch die Haare und Malik, sein bester Freund, sah ihn mitleidig an.

“Ryou, jeder würde es verstehen, wenn du dich von der Schule eine Weile freistellen lassen würdest, damit du mehr Zeit mit deiner Familie verbringen kannst...”, meinte er dann zögerlich, doch Ryou winkte ab.

“Meine Mutter besteht darauf, dass ich mich um die Schule kümmere.”

Als sie in der inoffiziellen Raucherecke angekommen waren, zündeten sie sich beide eine Zigarette an. Inoffiziell, weil sie sozusagen im toten Winkel der Pausenaufsicht lag.

“Ich kann ihr das nicht abschlagen, es war immer ihr Wunsch, dass aus ihren Kindern was wird und falls Amane wirklich ...”

Er brach ab.

Gediegen atmete der blasse Junge den Qualm aus, während er einen Moment die Augen schloss und sich gegen die Mauer lehnte.
 

Malik sah ihn eine Weile nachdenklich an. Er konnte Ryou schon irgendwo verstehen, auch wenn er sich wunderte, wie er das alles schaffte. Er sah nicht gut aus.

Als sie sich vor sechs Jahren kennengelernt hatten … damals hatte Ryou immer gestrahlt, hatte glücklich gewirkt und seine Freunde immer mit seiner optimistischen Art angesteckt und körperlich ja ... zierlich war er immer schon gewesen, aber heute wirkte der, mittlerweile 17-jährige ausgemergelt und erschöpft, die Wangen waren leicht eingefallen und seine Augen meist stumpf und müde und wenn er zu lächeln versuchte, dann lächelte sein Mund, aber seine Augen blieben hart. Und vor allem schien es, als zöge er sich emotional immer weiter von seinen Mitmenschen zurück, er hatte sein Herz mal auf der Zunge getragen, aber jetzt schien es ihm, als habe er es heruntergeschluckt.

Malik konnte sich nicht erinnern, wann das angefangen hatte. Hatte aber schon lange die Befürchtung, dass Ryou vielleicht Depressionen haben könnte, vielleicht sogar an einem Burn Out litt – er hatte die Symptome mal gegoogelt.

Es schmerzte ihn, seinen besten Freund so zu sehen, vor allem, weil er merkte, dass er es einfach nicht mehr wirklich schaffte, zu ihm durchzudringen.
 

“Ja, aber sie kann ja wohl nicht wollen, dass du irgendwann einen Nervenzusammenbruch bekommst, oder?”

Ryou öffnete die Augen und sah Malik leicht verärgert an. Ihm war der vorwurfsvolle Unterton in dessen Stimme nicht entgangen.

“Natürlich nicht”, sagte er dann ruppig, “Aber ich selbst weiß wohl am besten, was ich mir zumuten kann.”

Malik rollte mit den Augen und erwiderte ebenso verstimmt, “Wie du meinst. Ich sag dir nur eins, ich hab wenig Lust, dich irgendwann ebenfalls am Krankenbett besuchen zu müssen, weil es dein Körper nicht mehr macht.”

Ryou sagte daraufhin nichts mehr, er mochte es nicht, wenn er im Zentrum der Sorge anderer Menschen stand. Dann fühlte er sich schuldig.

“Gehst du sie heute wieder besuchen?”

Ryou schüttelte den Kopf. “Heute nicht. Ich hab Mokuba versprochen, ihm nochmal Nachhilfe in Mathe zu geben, weil er in zwei Tagen eine Klausur schreibt. Außerdem kriegt sie heute eh ihre Chemo und sie mag es nicht, wenn da jemand bei ihr ist, weil sie meint, sie fühlt sich dann immer so schwach.”

Ryou verzog das Gesicht und ließ seine aufgerauchte Kippe auf den Boden fallen, um die Glut auszutreten. Dann wechselte er das Thema wieder.

“Das ist so typisch, drei Tage vor der Klausur fällt dem Jungen ein, dass er im Grunde keine Ahnung von Nichts hat - sag mir mal einer, wie ich es in so kurzer Zeit schaffen soll, ihm den Stoff von drei Monaten beizubringen.”

Malik grinste verhalten und trat dann ebenfalls seine Kippe aus. “Bisher hats doch immer irgendwie geklappt, du machst das schon.”
 


 

Als Ryou gerade zur Tür hinein kam, klingelte plötzlich sein Handy.

"Ja?" Etwas umständlich versuchte er, gleichzeitig die Tür zu öffnen und zu telefonieren.

Mokubas Stimme erklang am anderen Ende der Leitung.

"Hey, ich bins - du hör mal, meinst du, du könntest auch zu mir kommen zum Lernen? Ich wurde dazu verdonnert, mein Zimmer aufzuräumen und die Zeit würde ich dann gerne nutzen bis du zu mir kommst, sonst würde sich das alles verzögern..."

Ryou zog die Tür hinter sich zu und erwiderte: "Ich weiß nicht, Mokuba, ich dachte, dein Bruder mag keine Fremden im Haus?"

"Ach, das ist nicht weiter tragisch, er kommt eh erst gegen Abend wieder und wirklich fremd bist du ja nicht, ich hab ihm ja schon von dir erzählt. Bitte, tu mir doch den Gefallen."

Ryou saugte nachdenklich an seiner Unterlippe. Was sollte er jetzt sagen? Dass er Bedenken hatte, Seto Kaiba über den Weg zu laufen und von diesem erkannt zu werden? Aber war der Firmenchef nicht ohnehin dafür bekannt, lange zu arbeiten? Er gab sich einen Ruck. Selbst wenn, würde dieser sich wohl nichts anmerken lassen, immerhin stand für ihn mehr auf dem Spiel, als für Ryou.

"Also schön", willigte er ein, "Wann soll ich da sein?"
 


 

"Was soll das heißen, unser Aktienwert ist gesunken?", blaffte ebenjener junge Firmenchef gerade einen seiner höhergestellten Mitarbeiter an, "Wozu beschäftige ich Sie eigentlich als Leiter der Marketingabteilung, wenn Sie nicht fähig sind, so effizient zu arbeiten, dass Sie so etwas kommen sehen, ehe es eintrifft? Bis Ende der Woche will ich Ergebnisse, sonst dürfen Sie sich nach einem neuen Job umsehen!"

Der Mann öffnete den Mund um eine Ausrede vor sich hinzustottern, überlegte es sich dann aufgrund der mordlüsternen Miene seines Chefs noch einmal anders und stolperte dann übereilt aus dem Raum.

Kaiba lehnte sich in seinem Schreibtischsessel zurück und massierte sich die Schläfen. "Besteht eigentlich die ganze Welt aus Vollidioten und Dilettanten, oder arbeiten die alle nur in meiner Firma?", sagte er laut zu sich selbst.

Dabei war seine Nacht schon beschissen gewesen.

In erster Linie trug eigentlich nur eine einzige Person die Schuld daran.
 

"Boah, Alter, ich rall diesen Mist einfach nicht!", maulte der jüngere der beiden Teenager und schmiss frustriert seinen Stift auf den karierten Block. Ryou warf ihm einen mitleidigen Blick zu. Auch, wenn ihm solche Dinge nicht schwer fielen, war es das Folgende nun eine nicht von der Hand zu weisende Tatsache: Mathe musste man wirklich lieben um es zu können, denn der Kopf weigerte sich oft etwas zu lernen, was er im Grunde nicht lernen wollte, weshalb man sich in so einer Situation doppelt so schwer tat.

"Naja, wir können ja eine kleine Pause einlegen", sagte Ryou schließlich, "Immerhin haben wir jetzt schon zwei Stunden gesessen."

Der Jüngere sah ihn dankbar an und schob dann den Stuhl zurück, "Willst du auch etwas trinken, Ryou? Ich hol mir eben ein Red Bull aus dem Kühlschrank."

"Bring mir auch eins mit", erwiderte der Weißhaarige lächelnd, "Inzwischen sortiere ich mal das Chaos hier."

Damit deutete er auf die ganzen Blätter, die vollkommen durcheinander herumlagen. Nebenbei warf er einen Blick auf die Uhr. Es wurde langsam spät. Vielleicht sollte er gehen, ehe er doch in Gefahr lief, Seto Kaiba zu begegnen. Auch, wenn der dafür bekannt war, oft bis spät in die Nacht zu arbeiten.
 

Als Kaiba abends nach einem Arbeitstag mit Überlänge nachhause kam, stieg ihm der Geruch von Zigarettenqualm in die Nase und er runzelte die Stirn. Rauchte Mokuba etwa? Das durfte doch nicht wahr sein! An seiner Schläfe fing etwas an, zu pochen.

Dann stellte er seine Aktentasche da ab, wo er gerade stand und ging schnurstracks in Richtung seines Bruders Zimmer - er hatte heute, um es so auszudrücken, wie es war, einen absolut beschissenen Tag gehabt und seinen Bruder auf frischer Tat beim Rauchen zu erwischen, würde ihm wohl ein sehr gutes Ventil bieten, um sich abzureagieren.

Kaiba hatte schon die Hand an der Klinke und war drauf und dran, die Tür aufzureißen, als er plötzlich eine Stimme hörte, eine, die nicht zu seinem Bruder gehörte und die ihm mit einem Mal ekelhaft bekannt vorkam. Er ließ die Hand wieder sinken. Lauschte. Wer war das? Wem gehörte diese Stimme?

Sie unterhielten sich über Mathematik. Ein Schulkamerad? Seine Wut war plötzlich überraschenderweise wie weggefegt. Jetzt interessierte es ihn viel brennender, mit wem sein kleiner Bruder da seine Zeit verbrachte. Allerdings war da auch ein Teil in ihm, der ihn warnte. Der nicht wissen wollte, wer da drin war, weil er ahnte, dass, wenn er die Tür öffnete, irgendwas ins Rollen geraten könnte, was besser ruhen blieb. Er trat zurück.

Wenn es tatsächlich die Person war, die er glaubte an der Stimme erkannt zu haben, dann …

Er runzelte die Stirn, während er die Treppe wieder hinunter ging. Momentmal. Was zum Teufel hatte denn sein kleiner Bruder mit so jemandem zu schaffen?

Wenn es denn tatsächlich die Person war, die er glaubte erkannt zu haben.

Er ging an die Minibar, um sich ein Glas Cognac zu genehmigen. So langsam nervte ihn diese Ungewissheit. Er würde einfach warten. Etwas anderes blieb ihm ja nicht übrig.
 

"So, Mokuba, ich muss jetzt wirklich los", meinte Ryou schließlich und erhob sich mit einem Ächzen. "Ich glaube, wenn du das jetzt nicht kannst, dann hat das auch keinen Sinn mehr. Gönn dir morgen vor der Klausur noch etwas Erholung, dann wirds schon schief gehen."

Der Jüngere lächelte schief, "Wenn ich nur die Hälfte davon behalten habe, was du mir versucht hast, beizubringen, dann wird ich zumindest mal 07 Punkte schaffen.

Mokuba begleitete ihn noch mit hinunter zur Tür.

"Also danke nochmal, ja? Und bis dann!"

Ryou verabschiedete sich und trat hinaus in die Dunkelheit, welche nur von dem Licht einiger Straßenlaternen durchbrochen wurde, die den Weg säumten, welcher von dem riesigen Anwesen zum Gartentor führte.

Ryou wollte ein paar Schritte gehen, doch - plötzlich riss ihn eine Hand grob im Haar zurück, sodass er beinahe gestolpert wäre und eine weitere Hand legte sich schwer auf seinen Mund. Ryous Herz schlug vor Schreck fast bis zum Halse.

"Was zum Teufel hast du hier zu suchen?", erklang die kühle und leicht eisige Stimme an seinem Ohr.

Er war es. Aber das musste irgendwann passieren.

Ryous Herz pochte wie wild in seiner Brust und der Griff in seinen Haaren löste sich nicht.
 

Kaiba hatte gespürt, wie sich die Atmung des Jungen beschleunigt hatte. Sah nackte Haut, denn der Stoff des Shirtes war zur Seite gerutscht. Er war ihm ausgeliefert. Ein gutes Gefühl.

"I-ich geb deinem Bruder Nachhilfe...", brachte Ryou japsend heraus. Kaiba verengte misstrauisch die Augen. "Nein, was für ein Zufall", höhnte er leise, ganz nah an des anderen Ohr. Der betörende Duft des Haares umschmeichelte dabei seine Nase. Ein Schauer überlief ihn. Dann ließ er den zierlichen Körper abrupt wieder los und das zornige Eisblau seiner Augen krachte auf die Rehaugen seines Gegenüber.

"Hör zu", sagte Ryou, versuchend, wieder zu Atem zu kommen und seinen Herzschlag zur Ruhe zu bewegen. "Ich gebe Mokuba öfter Nachhilfe. Er ist eine Stufe in der Schule unter mir. Er weiß von nichts. Niemand weiß von überhaupt irgendwas."

Die Miene des jungen Firmenchefs blieb vorerst ungerührt. Wie als suche er im Gesicht Ryous nach einer Lüge. Aber er sagte wohl tatsächlich die Wahrheit.

Schweigen. Ryou war nicht sicher, aber irgendwie getraute er sich nicht so recht, sich fortzubewegen. Seine Füße waren regelrecht am Boden festgewachsen.

Dann hörte er sich sagen: "Natürlich muss das nicht so bleiben. Kaiba, ich weiß, dass du viel Geld hast und im Grunde bin ich kein schlechter Mensch, der das schamlos ausnutzen würde, aber ..."

Er ließ es unausgesprochen und gab Kaiba ein bisschen Zeit seinen eigenen Gedanken zu folgen.

Kaiba wirkte, als schien er kurz nachzudenken. Wenn er einen Anflug von Panik hatte, dann merkte Ryou nichts davon. Kein Wunder, dass Kaiba so erfolgreich war. Der ließ sich einfach nicht in die Karten schauen.

"Du bist eine ungeheuerlich dreiste, kleine Kröte...", sagte Kaiba dann langsam und schenkte Ryou einen der boshaftesten Blicke, die er im Repertoire hatte, "wenn ich wollte, könnte ich dich zerquetschen, wie eine Made, aber das Problem ..."

ist ein ganz anderes.

"Ich ..."

will dich.

"... mache dir ein Angebot und ich bin mir ziemlich sicher, dass es keine sonderlich gute Idee ist, das abzulehnen."

Ryou verschränkte die Arme vor der Brust und legte den Kopf schief.

"Ich höre."

"Jemand wie du geht nicht auf den Strich, weil es ihm Spaß macht. Ich weiß nicht, was es ist und eigentlich interessiert es mich auch gar nicht. WAS ich weiß ist, dass du auf das Geld wohl sehr dringend angewiesen bist und das nicht nur machst, weil du dir gerne mal ein paar Videospiele mehr kaufen würdest."

"Worauf willst du hinaus?", hakte Ryou misstrauisch nach.

Kaiba straffte die Haltung, was ihn nur noch respekteinflößender wirken ließ.

"Du arbeitest in gewissem Maße für mich. Ich biete dir, nennen wir es ein Gehalt von 1.500.000 Yen* im Monat."
 

Sie hatten sich in der Zwischenzeit etwas vom Haus entfernt und sich zu einem beleuchteten Pavillon im Garten begeben. Ryou lehnte sich an einem Balken an. Fischte in seiner Tasche nach seinen Zigaretten und zündete sich eine an. Das war wirklich extrem viel Geld.

"Wo ist der Haken?", wollte er wissen, wobei er Zigarettenqualm auspustete.

"So gesehen gibt es keinen Haken", lautete die ungerührte Antwort.

"Lediglich ein paar Bedingungen. Erstens: Du stehst mir immer dann zur Verfügung, wenn mir danach ist. Ich akzeptiere keine Ausflüchte, egal welcher Art. Du wirst in der Zeit, in welchem unsere Vereinbarung besteht, zu keinem anderen gehen. Um es deutlich zu machen: Du wirst nicht mehr wie eine billige Straßennutte auf dem Strich stehen. Hast du einen Freund, oder eine Freundin?"

"Nein ..."

"Jemand in Aussicht?"

"Nein."

"Du wirst dich auf niemanden einlassen. Und niemand fasst dich an."

Ryou nickte langsam, während Kaiba sprach.

"Ich habe ... Neigungen. Ich bin kein Mensch, der Rücksicht nimmt. Du wirst alles mitmachen, was ich von dir verlange, ob dir das passt, oder nicht. Du wirst dich unterwerfen. Und was am wichtigsten ist: Kein Wort zu niemandem. Ich denke, du möchtest später studieren, oder?"

"Ich denke schon."

"Solltest du tatsächlich in Erwägung ziehen, auch nur ein Wort davon zu verlieren, was wir miteinander tun, werde ich dafür sorgen, dass du nirgendwo im Leben Fuß fassen kannst. Haben wir uns verstanden?"

Ryou schwieg. Ließ die Worte auf sich wirken. Kaibas Angebot klang genauso verlockend, wie, dass es ihm Angst machte. Andererseits konnte somit jeder den jeweils anderen verraten, wenn es darauf ankam, sodass er weder zweifelte, dass Kaiba sich einfach weigern würde, ihn zu bezahlen, noch, dass er selbst vielleicht auf dumme Gedanken käme.

Für Kaiba war es sicherer seine Gelüste an einem Jungen zu stillen, der zu ihm kam, anstelle, dass er ein Bordell aufsuchen, oder noch schlimmer zum Strich musste und für Ryou war es von Vorteil, da der Preis, den ihm Kaiba geboten hatte, weitaus das überstieg, was er im Monat mit auf den Strich gehen einnahm und für ihn selbst war es auch weitaus angenehmer, wenn er sich nur von einem einzigen Mann ficken lassen musste, als von unzähligen widerlichen Kerlen, die sich nichtmal die Sackhaare wuschen.

Schließlich nickte er langsam. "Einverstanden."
 


 

*etwas mehr als 10 000 Euro.

-Session-

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

-Thaughts-

Ryou lag im Halbdunkel seines Zimmers. Bis vor Kurzem hatte er noch für die Schule gelernt, aber jetzt war er so erschöpft, dass er eine Pause brauchte. Das Dämmerlicht war angenehm für seine vom PC-geschundenen Augen und seine Muskeln konnten sich in dieser Haltung ein wenig entspannen.

Schon bald standen die letzten Prüfungen an und das nächste Schuljahr würde sein Letztes sein. Das würde verdammt hart werden. Gut, dass Ryou das Lernen nicht schwer fiel, hatte er doch schon immer eine gute Auffassungsgabe gehabt - anderen aus seinem Jahrgang ging es da nicht so fabelhaft.

Das, was ihm da mehr zusetzte, war die Dreifachbelastung; Die Schule, sein Job bei Kaiba und außerdem ging es Amane in der letzten Zeit wieder sehr schlecht. Es war die Angst, um seine Zwillingsschwester, die ihn so zerwühlte. Das Unverständnis darüber, wie man einem Mädchen von gerade mal 17 Jahren eine lebensrettende Operation vorenthalten konnte, nur weil die Familie eben nicht genügend Geld hatte.

Seine Mutter hatte früher als Archäologin sehr viel Geld verdient, aber da sie sich, seit Amane an Blutkrebs erkankt war, ständig um sie kümmern musste und nicht mehr, wie früher auch mal ein paar Wochen im Ausland verbringen konnte, fiel ein erheblicher Teil weg, sodass es gerade noch so für Miete, Fixkosten und die nötigsten Medikamente reichte.

Ryou bewunderte seine Mutter um ihre Stärke. Sie hatte sich immer für ihre Kinder eingesetzt, hatte wie eine Löwin um die beiden gekämpft, als es vor fünf Jahren zur Scheidung gekommen war. Eigentlich hatte sie immer gekämpft. Und Ryou wollte nichts mehr, als sie zu unterstützen.
 

Er lauschte in die Dämmerung hinein. In der Wohnung war es still, nur von draußen drangen gedämpft die Geräusche der Straße hinein.

Amane hatte vor ein paar Tagen erfahren, dass ihre Freundin Mila, die sie vor zwei Jahren auf der Krebsstation kennengelernt hatte, an den Folgen einer Hochdosischemo verstorben war. Das Mädchen hatte an einem Ewing Sarkom gelitten.

Amane hatte es sehr schwer getroffen, denn die beiden Mädchen hatten sich in diesen zwei Jahren gegenseitig immer wieder Mut gemacht, hatten ihre Ängste und ihre Wünsche miteinander geteilt. Sie hatten einander gut getan und vor allem als Amane kurzzeitig depressiv gewesen war, hatte ihr die Freundschaft zu Mila sehr gut getan.
 

Ryou erhob sich und ließ die Beine über den Bettrand baumeln, bis sie den weichen Flokatiteppich berührten, der auf dem Laminatboden lag. Dann stand er auf und ging mit leisen Schritten aus seinem Zimmer hinaus - hinüber zu Amanes Zimmer, bei welchem die Türe leicht angelehnt war. Er lauschte. Sie schien zu schlafen. Dann wollte er sie lassen, sie hatte viel geweint, die letzten Tage und brauchte den Schlaf.

Als Ryou sich wieder entfernen wollte, hielt ihn eine schwache Stimme zurück.

"Ryou, bist du das?"

"Ja", sagte er gedämpft und steckte den Kopf zur Tür hinein, fügte dann besorgt hinzu: "Hab ich dich etwa geweckt?"

Das Licht der Nachttischlampe wurde angeknipst. "Nein, ich war wach. Magst du mir ein bisschen Gesellschaft leisten?"

Ryou nickte und betrat das Zimmer, die Tür leicht hinter sich anlehnend.

Dann setzte er sich zu Amane ans Bett, wobei sein Blick sorgenvoll die tiefen Augenringe auf dem gespenstisch fahlen Gesicht des Mädchens streifte. Und jetzt, so im Halbschatten, wirkte sie noch magerer als sonst. 42 Kilo wog sie jetzt ungefähr.
 

"Wie fühlst du dich?", fragte er bedrückt. Sie versuchte, zu lächeln.

"Naja, ging schon besser. Ich meine ... der Schock ist inzwischen gesackt, aber ich denke jetzt die ganze Zeit übers Sterben nach. Ich meine, ich weiß, dass das passieren kann, weil mein Körper das wahrscheinlich alles nicht mehr mit macht, aber ... Ich weiß auch nicht, das was mich so erschreckt ist mehr, die Tatsache, dass ich immer dachte, es erwischt mich zuerst, weil Mi-chan doch so gute Heilungschancen diagnostiziert wurden..."

Sie machte ein trauriges Gesicht und Ryou ergriff mitfühlend ihre Hand. Er mochte es nicht wirklich, mit Amane über den Tod zu sprechen, weil er es lieber verdrängte, aber er war vernünftig genug, zu wissen, dass es seiner Zwillingsschwester half und wenn es darum ging, war er ohnehin bereit, alles für sie zu tun. Er wusste nämlich auch, dass es für Amane sehr schwierig war, mit ihrer Mutter ein solches Gespräch zu führen.

Sharon war sehr energisch, was das betraf. Ihre einzige Schwäche. Der Vater liebte seine Kinder zwar, aber er ließ sich immer seltener blicken, weil er einfach nicht mit einem todkranken Kind umgehen konnte.
 

Aber dafür hatte Amane ja ihn. Und sie verstanden sich auch oft so, ohne Worte. Ryou glaubte, wenn Amane tatsächlich einmal ... sterben musste, und er wusste, dass das nicht auszuschließen war, würde ein Teil von seiner Seele mit ihr sterben und sich nie wieder erholen.

Er schluckte, als sich bei dem Gedanken ein Kloß in seinem Hals bildete, dann fiel ihm etwas ein und er wechselte das Thema.

"Weißt du was? Ich hab einen gut bezahlten Job angenommen, es ist gut möglich, dass wir in ein paar Monaten die Operation bezahlen können!"

"Nii-chan, was bitte arbeitest du, dass du soviel Geld verdienst?", fragte sie misstrauisch.

Ryou hatte sich daraufhin schon eine Antwort zurecht gelegt.

"Ich habe einen Job in der Kaiba Corporation bekommen. Ich bin da quasi Mädchen für alles für den Chef persönlich."

Amane machte große Augen. "Ist nicht wahr! Du arbeitest für Seto Kaiba? Geile Scheiße!"

Ryou lachte. "Ja, und ich muss im Grunde gar nicht viel tun - ich muss noch nichtmal die Schule vernachlässigen."
 

Ryou hatte gelogen, ohne rot zu werden. Wobei es im Grunde noch nichtmal ganz gelogen war. Er arbeitete ja wirklich für Kaiba, nur waren die Dienstleistungen eben etwas anderer Natur, aber er würde sich hüten, seiner Schwester die Wahrheit zu erzählen, da er genau wusste, dass die dieses Geld auf gar keinen Fall würde annehmen wollen.

Für Ryou war es absolut legitim, dass er alles tat, was er konnte, um ihr das Leben zu retten.
 

Seto Kaiba für seinen Teil wunderte sich im Stillen darüber, dass das Hochgefühl nach der Session mit diesem Jungen so lange anhielt. Normalerweise waren seine Zusammentreffen mit anderen Männern, oder Jungs nie von sonderlich langanhaltender Euphorie gezeichnet gewesen.

Er hatte die letzten Tage sogar fast durchgeschlafen, fühlte sich weniger überarbeitet, obwohl er sich das ja selbst auferlegt hatte und sogar ... nunja, es wäre übertrieben, es gute Laune zu nennen, aber er war nicht mehr ständig gereizt.

Es war keine schlechte Entscheidung gewesen, diesen Jungen für sich zu beanspruchen. Nicht, dass er jemals schlechte Entscheidungen traf. Manche waren höchstens nur weniger gut, als andere.

Er brütete gerade über einem Aktenstapel, allerdings konnte er sich nicht so recht konzentrieren, da seine Gedanken immer wieder abschweiften. Mit grimmigem Gesicht legte er das Werbeschreiben einer Reinigungsfirma zur Seite, welches sich aus irgendeinem unerklärlichen Grund zwischen seine persönliche Post gemischt hatte. War es eigentlich möglich, dass irgendwann mal etwas richtig sortiert bei ihm ankam?
 

Wo Ryou sich wohl gerade herumtrieb? Er blickte auf die Uhr. Vermutlich in der Schule, wie jeder vernünftige Teenager um diese Zeit. Jetzt, wo er für Kaiba arbeitete, hatte er auch keinen Grund mehr, Schule zu schwänzen, um sich bei irgendwelchen Freiern herumzutreiben. Wenn er das denn je getan hatte. Irgendwie bezweifelte Kaiba, dass Ryou jemand war, der seine Pflichten vernachlässigte. Diesen Eindruck hatte er nicht gemacht.

Das war doch zum Verrücktwerden! Konnte ihm das, gelinde gesagt nicht alles scheißegal sein?
 

Das Telefon ließ ihn plötzlich aus seinen Gedanken schrecken. Etwas verwirrt drückte er auf den Knopf, der die Freisprechanlage aktivierte, woraufhin sich die Stimme seiner Vorzimmerdame - Mai Kujaku - meldete. "Sir, es ist die Schule Ihres Bruders, Mokubas Lehrerin möchte Sie dringend sprechen."

Kaiba runzelte die Stirn. "Stellen Sie sie durch."
 

"Herr Kaiba?", meldete sich kurz darauf die leicht genervte Stimme von Mokubas Klassenlehrerin. Seto meinte, sich erinnern zu können, dass es sich dabei um eine dieser über-engagierten jungen Lehrerinnen handelte, die alles so perfekt, wie möglich machen wollten.

"Bitte, was kann ich für Sie tun, ist etwas vorgefallen?", murmelte der junge Firmenchef resignierend.

"Mal abgesehen davon, dass ich es unmöglich finde, erst 20 Minuten in der Warteschleife zu hängen, wo irgendein Spaßvogel auf die Idee kam, das Lied "Help" einzuspielen, bis man mich zu Ihnen durchstellt-" Sie holte kurz Luft und Kaiba rollte die Augen.

Sie schien um einen einigermaßen ruhigen Tonfall bemüht, "Es geht um Ihren Bruder-"

"Ich hatte jetzt auch nicht geglaubt, dass Sie wegen Barack Obama hier anrufen!", fuhr Kaiba sie sarkastisch an, "Kommen Sie auf den Punkt!"

Die Frau schien leicht eingeschüchtert über seine rabiate Antwort, zumindest sagte ihm das ihr bemüht freundlicher Ton, den sie kurz darauf anschlug, als sie fortfuhr.

"Nun, es ... hat einen Zwischenfall gegeben", meinte sie zögerlich. "Mokuba ... hat sich ziemlich heftig mit seinem Mathelehrer angelegt und das auf eine Art und Weise, wie sie absolut nicht mehr tragbar ist. Ich möchte Sie bitten, ihn persönlich abzuholen, wir möchten gerne einmal mit Ihnen sprechen, da das nicht der einzige Vorfall der letzten Wochen war."

Kaiba stöhnte leise und rieb sich mit Daumen- und Zeigefinger über die Augen.

"Sind Sie noch dran?"

"Ja ... Ja, ich komme, aber ich warne Sie, wenn Sie hier gerade mal wieder aus einer Mücke einen Elefanten machen, garantiere ich für nichts!"

Damit legte er auf. Fabelhaft. Da war es nicht genug, dass man sich schon mit seinem eigenen, kranken Ich auseinandersetzen musste, jetzt musste man ihm mal wieder vor Augen halten, dass er einen pubertierenden Teenager zuhause sitzen hatte.
 

Dann betätigte er die Gegensprechanlage. "Mai? Canceln Sie meine Termine der nächsten drei Stunden, mir ist etwas dazwischengekommen."

"In Ordnung. Aber - Sir, darf ich Sie daran erinnern, die Telefonbesprechung mit Herrn Whawadi heute Abend nicht zu verpassen? Es wäre nämlich sonst das zweite Mal, dass wir ihn versetzen müssen und er hat das letzte Mal sehr ... ungehalten reagiert."

"Die Sache ist ohnehin schnell erledigt, ich bin zeitig wieder hier."
 

Um ehrlich zu sein, hatte er das beinahe vergessen. Akefia Whawadi war der Eigentümer einer Millardenschweren Elektrogeräte-Firma und es war seit einigen Monaten im Gespräch, ein gemeinsames Produkt auf den Markt zu bringen, was für beide Seiten, welche für sich schon sehr namhaft waren, die Einnahmen den Berechnungen nach zufolge um ein Vielfaches in die Höhe schießen lassen würde.
 

Als er wenig später in das Klassenzimmer seines Bruders rauschte, fand er einen bockig dreinblickenden Mokuba, einen sauertöpfischen Mathelehrer und eine ungeduldig wirkende Klassenlehrerin vor.

Mokuba mied seinen Blick, das bemerkte er sofort. Allerdings lag ihm auch nichts ferner, als seinen kleinen Bruder vor anderen Menschen zu maßregeln, so sagte er nur: "Geh schonmal zum Auto, während ich mit deiner Lehrerin spreche."

Mokuba ergriff, ohne ihn anzusehen, die Schlüssel und stand auf, um mit knallender Tür das Klassenzimmer zu verlassen.
 

"Wo genau lag nun das Problem? Fassen Sie sich kurz, ich habe nicht viel Zeit."

"Ihr Bruder hat mich als fettes, stinkendes Schwein beschimpft, nachdem er mich mit dem Tafelschwamm beworfen und gesagt hat, ich soll die, ich zitierte verfickte Tafel doch seinetwegen mit meinem fetten Arsch abwischen'", ergriff der Mathelehrer pikiert das Wort.

Kaiba ließ einen kurzen Blick über den Mann schweifen und stellte im Stillen fest, dass Mokuba mit dieser Aussage eigentlich nur eine Tatsache aufgegriffen hatte, auch wenn die Wortwahl zugegebenermaßen sehr stark zu wünschen übrig ließ.

Daraufhin ergriff Mokubas Klassenlehrerin, deren Namen er sich bis heute nicht hatte merken können, das Wort.

"Das war nicht das erste Mal, dass so etwas vorgekommen ist. Er schwänzt in der letzten Zeit öfter Mal den Unterricht und seine Zensuren rauschen deshalb langsam wirklich in eine bedenklich niedrige Zone. Wenn das so weitergeht, ist längerfristig gesehen seine Versetzung gefährdet. Ich frage mich jetzt natürlich, an was das liegen kann - haben Sie eine Idee? Gibt es familiäre Probleme bei Ihnen zuhause?"
 

Kaibas Miene gefror. Das war das erste Mal, dass er davon etwas mitbekam. Im Gegenteil hatte er sogar immer gedacht, Mokuba gehöre zu den besten Schülern, immerhin hatte er ihm doch früher immer nachgeeifert und er war damals als Jahresbester von der Schule abgegangen und ganz zu schweigen davon, nahm er auch noch Nachhilfe.

Allerdings wusste er auch genau, worauf die Frage seiner Lehrerin abzielte.

"Mir ist absolut nichts Ungewöhnliches aufgefallen", sagte er reserviert.

Nun könnten böse Zungen auch behaupten, dass das daran lag, dass er so gut, wie nie zuhause war und Mokuba oft auf sich alleine gestellt, aber das war doch früher auch kein Problem gewesen. Warum jetzt plötzlich?

"Nun, es wäre wirklich von Vorteil, wenn Sie mit ihm sprechen könnten. Ich dringe leider überhaupt nicht mehr zu ihm durch. Es muss ja nicht einmal etwas Schlimmes sein. Teenager in dem Alter haben oft ihre Phasen, nur sollte so etwas eben im Auge behalten werden und ich denke, es liegt auch in Ihrem Sinne, dass Mokuba die Schule später gut abschließt."

Seto war der stichelnde Tonfall nicht entgangen, allerdings ignorierte er ihn und stand dann wieder auf. "Wars das?"

"Ja. Ich werde Sie informieren, sollte es wieder einen Zwischenfall geben. Allerdings muss ich Sie auch darauf hinweisen, dass ein derart respektloses Verhalten einem Lehrer gegenüber nicht tragbar ist und es das nächste Mal eine Abmahnung geben wird. Das kann im allerschlimmsten Fall zu einer Suspendierung von der Schule führen."
 

Kaiba ging, ohne sich zu verabschieden. Er war gerade zu sehr in Gedanken. Mokuba war doch immer so ein lieber, sogar ein bisschen weicher und freundlicher Junge gewesen. Warum jetzt plötzlich diese Trotzphase?
 

Plötzlich erspähte er auf dem Schulhof einen weißen, nur all zu bekannten Haarschopf, woraufhin er unwillkürlich stehen blieb.

Ryou war mit einem Jungen von orientalischer Herkunft unterwegs und eigentlich lag die Vermutung nahe, dass es sich hierbei einfach nur um einen Klassenkameraden handelte, aber ... er wusste nicht, was es war. Irgendwas in dem Umgang der beiden störte ihn. Er war zu vertraut.

Er verengte die Augen und zwang sich dann zum Weitergehen. Darum konnte er sich ein andermal kümmern.

Dennoch konnte er nicht abstreiten, dass ihm dieser Anblick ein seltsames Gefühl beschert hatte. Wut.

Wut darüber, dass er diesen Jungen nicht kontrollieren konnte, wenn er sich nicht in seiner unmittelbaren Reichweite befand.

Das war so nicht richtig. Am besten wäre es, er würde ihn das nächste mal knebeln und tagelang im Strappado gefangen halten, sodass er sich irgendwann gar nicht mehr wünschte, etwas anderes ...
 

Moment. Das war jetzt nicht wichtig, schalt er sich. Kurz darauf glitt er ins Auto auf den Fahrersitz, dabei kurz auf die Rückbank blickend, wo ein immer noch bockig dreinblickender und irgendwie auch niedergeschlagen wirkender Mokuba saß. Vermutlich saß er nicht auf dem Beifahrersitz, weil er sich aus Setos unmittelbarer Nähe vorsorglich hatte entziehen wollen.

Er startete den Motor. "Du wirst dir denken können, dass ich nicht sehr erfreut darüber bin, dass man mich von meiner Arbeit abhält. Also, wie erklärst du mir diesen Vorfall?"

Mokuba schnaubte nur. "Ist halt passiert."

"Du weißt, dass ich so etwas als Erklärung nicht akzeptiere." Seto warf einen Blick in den Rückspiegel. Mokubas Gesichtsausdruck war nach, wie vor bitter und stur.

Er seufzte innerlich. Seit wann fiel es ihm eigentlich so schwer, zu seinem kleinen Bruder durchzudringen?

"Du würdest es ja doch nicht verstehen", brummte der Teenager und sah aus dem Fenster.

"Gut, wenn du mir dein eigenes Verhalten nicht erklären kannst, möchte ich, dass du morgen zu deinem Lehrer gehst und dich entschuldigst, du wirst dir nämlich denken können, was das für ein schlechtes Licht auf mich wirft, wenn mein kleiner Bruder meint, die Anarchie neu aufleben lassen zu müssen."

"Du übertreibst einfach total!", ereiferte sich Mokuba plötzlich. "Weißt du, du bist einfach nie zuhause und wenn du mal mit mir redest, dann nur, um mich zu maßregeln, du interessierst dich doch einen Scheiß für mein Leben und wie ich mich fühle, also lass mich einfach in Ruhe, du bist nicht unser Vater!"
 

Seto war tatsächlich für einen kurzen Moment sprachlos. So hatte Mokuba noch nie mit ihm geredet. Noch nie. Und tatsächlich hatte ihn das Letzte insgeheim irgendwo getroffen. Auch, wenn er sich das niemals anmerken ließ. Nie.

Er behielt weiterhin seine stoische Miene und schwieg. Er wusste darauf nichts zu sagen. Und er wurde das ungute Gefühl nicht los, dass dieser Vorfall heute noch einen ellenlangen Rattenschwanz nach sich ziehen würde.
 

"Mensch, Ryou, ehrlich mal, wo bist du momentan nur mit deinen Gedanken?", tadelte ihn Malik kopfschüttelnd. Angesprochener sah verwirrt auf. "Was?"

"Ich hab dich jetzt schon dreimal gefragt, was wir in Geschichte auf haben und du murmelst nur irgendeinen Kram vor dich hin."

Ryou sah seinen besten Freund entschuldigend an. "Sorry - ich mach mir nur Gedanken um meine Schwester, das ist alles."

Malik warf ihm einen mitleidigen Blick zu. "Hat sich ihr Zustand verschlechtert?"

"Das nicht direkt, es ist nur ... ach, ich weiß auch nicht. Irgendwie krieg ich meine Gedanken gar nicht mehr davon los, vor allem in der letzten Zeit denk ich immer öfter daran, was wäre, wenn sie ..."

Er sprach nicht weiter, aber Malik wusste auch so, worauf dieser Satz hinausgelaufen wäre.

Mitfühlend legte er Ryou einen Arm um die Schultern und zog ihn näher an sich.

"Hey, ihr ist auch nicht geholfen, wenn du dich die ganze Zeit wahnsinnig machst. Wär es nicht besser, die Zeit mit ihr ohne Sorgen und Ängste voll auszukosten? Das wär sicher in ihrem Sinne, wie ich sie kenn, hm?"

Malik versuchte, ihn aufzumuntern.

"Du hast ja Recht", sagte Ryou mit einem schiefen Lächeln.
 

Allerdings verschwieg er, dass das nicht alles war, worum er sich Gedanken machte. Aber die Geschichte mit Kaiba konnte er Malik ja unmöglich erzählen. Das wäre eine Katastrophe.

Und nicht nur das.

Es war ...

Ryou musste sich widerstrebend eingestehen, dass er diese Session neulich tatsächlich genossen hatte. Erniedrigend, dominant, bestimmend, lustvoll. All das assoziierte er mit ihrem Zusammentreffen. Und auch, wenn es nur ein Job war, wie er sich immer ermahnte. Irgendwie hatte es gut getan, all die Sorgen für diese wenigen Stunden einfach mal zu vergessen, das zu tun, was ein anderer ihm sagte und ... tatsächlich sehnte er sich gerade einen Anruf, oder eine Nachricht herbei, dass es wieder so weit war, dass man ihn brauchte und schmutzige Dinge mit ihm tat, ihm so das Hirn rausvögelte, dass er die ganzen Lasten, die er in seinem Leben zu tragen hatte, einfach für eine Weile vergessen konnte.

Gott, was würde Kaiba nur über ihn denken, wenn er wüsste, was in ihm vorging? Wenn er wüsste, dass er genoss, was sie taten, dass er die Dominanz mochte, die der junge Firmenchef ausstrahlte, dass er es genoss, so beherrscht und behandelt zu werden.

Dabei war das so paradox. Sie hatten kaum über persönliche Dinge miteinander gesprochen und die Art, wie sie sich kennengelernt hatten, war mehr als zweifelhaft, dennoch war es nicht von der Hand zu weisen, dass Ryou sich zu diesem Mann hingezogen fühlte und das nicht nur aufgrund seines Geldes, dem Lebensretter für seine Schwester. Er schüttelte unwillkürlich leicht den Kopf. Wie mochte das nur sein? Sollte er sich dafür schämen?
 

"Ryou, du hörst mir schon wieder nicht zu!", drang Maliks vorwurfsvolle Stimme an sein Ohr.

"Entschuldige bitte. Was wolltest du?"

Malik schüttelte den Kopf. "Immer noch mit dir besprechen, was wir in Geschichte machen müssen."

"Eine Zusammenfassung über die Boston Tea Party. Wir haben doch diesen einen Text da bekommen."
 

Es war spät, als Kaiba heute nachhause kam. Sehr spät. Und er fühlte sich wie gerädert. Um sich nicht mit der Sache mit Mokuba und auch nicht mit Ryou auseinandersetzen zu müssen, hatte er sich noch mehr Arbeit aufgehalst, als ohnehin schon, in der Hoffnung, später dann so müde zu sein, dass er gar nicht mehr die Kraft hatte, sich in Gedanken mit solchen unliebsamen Dingen herumzuschlagen.

Als er später nach einem Drink in sein eigenes Schlafzimmer ging, bemerkte er, dass bei seinem Bruder noch Licht brannte. Er runzelte die Stirn. Es war schon nach Mitternacht und am nächsten Tag war Schule, wieso war Mokuba noch auf? Er lauschte einen Augenblick und öffnete dann leise die Tür. Mokuba war auf seiner Couch eingenickt, die Stehlampe brannte noch und auf dem Tisch lagen ein paar Fotos und beschriebenes Papier.
 

Seto griff nach einer Decke, um sie Mokuba überzuziehen, da fiel sein Blick auf die Bilder, die auf dem Tisch lagen und sein Mund öffnete sich leicht, während er die Stirn runzelte.

Er ließ die Decke über seinen Bruder gleiten und griff sich dann zwei der Bilder. Eines davon war ein Screenshot aus dem Internet, das andere war ein richtiger Abzug und wohl etwas aktueller. Es zeigte einen blassen, ausgemergelten Jungen, der schwach und bemüht tapfer in die Kamera lächelte.

"Noah ...?", formten seine Lippen lautlos den Namen des abgebildeten Teenagers. An den Jungen hatte er in den letzten zwei Jahren kaum gedacht. Die letzte Information, die er gehabt hatte, war, dass man ihn in eine Psychiatrie eingewiesen hatte, da die Jahre im Cyberspace ihre Spuren in dem Jungen hinterlassen hatten, aber, dass Mokuba Kontakt mit ihm hatte, war ihm neu.

Der Brief war offenbar auch von ihm. Kaiba ließ den Blick nur kurz darüber gleiten. Es stand offenbar nichts Bedeutungsvolles darin, aber allein die Tatsache, dass Mokuba Kontakt mit Noah hatte, war für sich überraschend genug.
 

Und Seto wusste nicht, ob er das gut heißen sollte. Allerdings kam ihm da ein ganz anderer Gedanke, während er das Licht ausknipste und das Zimmer verließ. War das vielleicht der Grund, warum Mokuba sich in der letzten Zeit offensichtlich so seltsam verhielt? Hatte es etwas mit ihrem ... mit Noah zu tun? Seto war es nie wirklich gelungen, sich mit der Bezeichnung Bruder in Bezug auf Noah anzufreunden. Mokuba offensichtlich schon.

Irgendwie war es niederdrückend, festzustellen, dass er tatsächlich weniger über Mokuba wusste, als er zu wissen geglaubt hatte. Und dieser Gedanke gefiel ihm nicht.

-Castigation-

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

-Smell-

„Sag mal, Ryou, bilde ich mir das ein, oder bist du irgendwie ein bisschen nervös?“, ermittelte Mokuba neugierig.

Sie hatten sich vor einer Stunde zum Lernen zusammengesetzt und Ryou bekam es einfach nicht auf die Reihe, sich nichts anmerken zu lassen. Es war das erste Mal, seit er dieses Abkommen mit Kaiba hatte, dass ihm das Zusammensein mit Mokuba unangenehm war. Vor allem, wo er diesen besonderen … Auftrag, wenn man es so nennen mochte, von Kaiba bekommen hatte. Er fühlte sich absolut niederträchtig und dann wusste er nichtmal, wie er überhaupt anfangen sollte. Immerhin konnte er nicht einfach so fragen: ‚Ey, Mokuba, was geht ab mit dir, dein Bruder hat gesagt, ich soll dich mal eben ausspionieren, weil er das selbst nicht auf die Reihe kriegt…‘

Eigentlich hatte er darauf abgezielt, Mokuba in einem nachdenklichen Moment zu erwischen, in dem er darauf überleiten konnte, aber nichts. Wenn Mokuba ein Problem hatte, so ließ er sich zumindest nichts anmerken.
 

„W-was, nein, ich bin nicht nervös!“

„Sag mal, wie geht’s eigentlich Amane-chan?“, fragte Mokuba dann, für den das Thema erledigt schien.

„Uhm, naja, wie es ihr eben immer geht. Sie hat mal Hochs und mal Tiefs. In der letzten Zeit sind es zwar mehr Hochs, aber du weißt ja, wie schnell das umschlagen kann.“

Ryou hatte beinahe vergessen, dass Mokuba und Amane immer sehr gut befreundet gewesen waren, sie waren zusammen in einer Klasse gewesen, da das Mädchen aufgrund ihrer Krankheit und der dadurch bedingten Fehlzeit ein Jahr hatte wiederholen müssen, und wenn Mokuba bei Ryou zum Lernen war, dann besuchte er sie immer bevor er ging.

Amane freute sich immer sehr über diese Besuche, denn Mokuba schaffte es immer auf eine ganz besondere Art, ihr zu zeigen, was für ein wundervolles Mädchen sie war.

Ryou glaubte sogar tatsächlich, wenn die Umstände anders gewesen wären, hätten die beiden ein Paar werden können und er hätte sich wirklich für sie gefreut aber er glaubte auch, dass Amane womöglich oder mit ziemlicher Sicherheit nicht die Kraft für eine Beziehung hatte und auch, wenn es hart klang, ein Teenager in Mokubas Alter konnte man wirklich keine todkranke Freundin zumuten. Ryou war mit Amanes Krankheit, die sich schon lange zog, quasi aufgewachsen. Mokuba nicht.
 

Das Wetter war schön heute, sie waren nach der Schule zum Lernen in den nahegelegenen Park gegangen, Ryou war nämlich der Auffassung, dass das Lernen an der frischen Luft um Einiges produktiver war und mehr Spaß machte.

Mokuba machte Lernen zwar nie Spaß, aber draußen war es doch erträglicher.

„Ich muss sie echt bald mal wieder besuchen“, sagte Mokuba gedankenverloren. „Ich hab schon ein ganz schön schlechtes Gewissen, aber in der letzten Zeit … Ich weiß auch nicht.“

Mokuba strich sich eine vorwitzige Franse aus dem Gesicht, die sich aus seinem Zopf gelöst hatte und sah Ryou schuldbewusst an.

Der lächelte. „Das brauchst du nicht. Komm doch die Woche mal nach der Schule mit mir nachhause, dann kannst du ihr Hallo sagen.“

Mokuba lächelte. „Und sie ist mir wirklich nicht böse, meinst du?“

„Quatsch …“, dann fiel ihm etwas auf. „Sag mal, was meintest du eben mit in der letzten Zeit? Ist etwas vorgefallen?“

Ryou war im Inneren unglaublich stolz auf sich, nun doch noch eine gute Überleitung gefunden zu haben.
 

Mokuba wurde wieder nachdenklich. So hatte er den anderen Teenager noch nie erlebt und er studierte aufmerksam dessen Mimik.

Mokuba verschränkte langsam die Arme hinter dem Kopf und ließ sich dann zurück auf die Decke sinken, auf der sie saßen. Einen Moment starrte er nachdenklich in den Himmel. Er schien mit sich zu ringen, ob er mit Ryou sprechen sollte, oder nicht und Ryou hoffte irgendwie insgeheim, dass er sich dagegen entschied, damit er nicht gezwungen war, Kaiba davon zu berichten und daraufhin in einem Sumpf aus Selbsthass zu versinken.
 

„Naja, weißt du …“, begann der Junge zögerlich, „Alle denken immer, mit 15 hat man keine Sorgen. Seto zum Beispiel. Der hat nur seine Firma im Kopf, Leistung, Geld und lauter anderen Erwachsenenkram. Das war aber schon immer so. Früher vielleicht nicht so krass wie heute, ich weiß auch nicht. Ich hab oft das Gefühl, da ist so viel, das er mir verschweigt und er hält mich auf Distanz. Gleichzeitig verlangt er von mir … naja, blinden Gehorsam würde ich es nicht direkt nennen, aber es kommt dem schon irgendwie nahe. Er will immer, dass ich genauso perfekt funktioniere, wie er, aber das kann ich einfach nicht und das macht mich wütend.“
 

Ryou nickte langsam. Beinahe hätte er etwas zu Kaibas Verhalten gesagt, aber damit hätte er sich auf fatalste Weise verraten. So ließ er Mokuba einfach reden. Es war ja nicht nur, weil er von Kaiba diese Order bekommen hatte – es interessierte wirklich, was den Jungen bedrückte, immerhin waren sie trotzdem noch irgendwo Freunde.

Mokuba richtete sich wieder auf und kramte in seiner Tasche herum. Ryou bekam große Augen, als er ein Zigarettenpäckchen zu Tage förderte.

„D-du rauchst? Du bist viel zu jung dafür!“

Mokuba schnaubte nur. „Du mit deinen 17 bist auch noch nicht volljährig, oder? Also hast du kein Recht, mir ne Standpauke zu halten“, dabei zwinkerte er Ryou schelmisch zu und der seufzte grottentief und meinte dann: „Dann gib mir wenigstens auch eine, damit ich mich jetzt nicht aufregen muss.“

Mokuba lachte verhalten und hielt Ryou dann das Päckchen hin. Der nahm sich eine und ließ sich dann Feuer geben.

„Weißt, da ist halt noch eine andere Sache … ich … hab vor ein paar Wochen nachgedacht und da musste ich an Noah denken und irgendwie hatte ich plötzlich das Gefühl, dass er alleine dort in dieser ätzenden Klinik hockt und eigentlich niemanden hat, keine Freunde, keine Familie, das … das ist einfach nicht richtig. Er tut mir echt leid. Ich … ich hab ihm geschrieben. Ich weiß nicht, wie Seto darauf reagieren würde, ich bezweifel, dass er begeistert darüber wäre, also bitte sag ihm nichts davon, okay? Naja, Noah hat mir geantwortet und seitdem haben wir ein bisschen Briefkontakt. Ich wollte nicht anrufen, weil mein Handyvertrag über Seto läuft und dieser furchtbare Kontrollfreak lässt sich von jedem Telefon, das wir besitzen, monatlich die Rufnummern Auflistung schicken und naja, die Klinik ist nicht direkt in Domino, das ist ne Spezialklinik und eine Nummer von außerhalb würde Seto bestimmt auffallen… Merkwürdigerweise ist das bei Briefen nie so. Um seine Post kümmert er sich ja nichtmal selbst. Nur unser privater Buchhalter und der hält dicht.“
 

Ryou nickte. Er erinnerte sich zwar kaum an Noah Kaiba, aber seine Geschichte konnte er unmöglich vergessen. Das konnte keiner. Er hatte allerdings kaum noch an ihn gedacht. Aus den Augen aus dem Sinn und Ryou hatte genug eigene Probleme gehabt.

Allerdings verstand er Mokuba. Noah war immer noch irgendwo sein Bruder und Familie war Familie, egal, was vorgefallen war.
 

„Ich versteh dich, Moki, ehrlich…“, sagte er langsam und der Teenager fuhr fort. „Ich habe ihm geschrieben, dass ich ihm die Sache von damals nicht mehr vorwerfe und als er geantwortet hat, hat er geschrieben, dass es ihm leid tut, was passiert ist und dass er sich sehr darüber freut, dass ich Kontakt mit ihm aufgenommen habe …“

Mokuba zuckte mit den Schultern. „Ich würd ihn so gern mal besuchen, aber das ist außerhalb und ich hab keine Ahnung, wie ich das anstellen soll, ohne, dass es auffällt, dass ich länger weg bin.“
 

Darauf wusste Ryou auch keinen Rat. Aber all das, was Mokuba ihm da offenbart hatte, erklärte Setos Verdacht … Nanu, seit wann nannte er ihn denn gedanklich beim Vornamen? Kaibas Verdacht, dass in Mokuba etwas vorging, was er ihm wohlweislich verschwieg.

Und alles in Ryou wehrte sich dagegen, das, was er gerade gehört hatte Kaiba zu sagen, es war … etwas so Vertrauensvolles und er fühlte sich bereits jetzt hundsmiserabel.
 

Ryou brauchte dann tatsächlich auch fast eine Woche um sich zu überwinden, zu Kaiba zu gehen. Er wollte selbstverständlich nicht auf privatem Raum mit ihm sprechen, immerhin wäre es äußerst fatal, wenn Mokuba die beiden erwischte, also entschloss er sich todesmutig einfach ohne Vorankündigung in der KC aufzuschlagen.
 

Zuvor in der Woche hatte er sich allerdings Kaibas Auflage, wenn man es so nennen mochte, zu Herzen genommen und hatte sich einen ganzen Schwung neuer Kleidung gekauft. Er war bewusst in die Läden gegangen, um die er zuvor ansonsten einen großen Bogen gemacht hatte, weil man sich dafür ein Hemd und eine Hose schon einen gebrauchten Kleinwagen hätte leisten können. Aber jetzt, wo er das Geld in der Hand gehabt hatte von Kaibas Scheck, war er tatsächlich auf den Geschmack gekommen.

Jetzt kam er auch nicht mehr so vergammelt vor in seinen Ottonormalklamotten.

Gerade trug er ein weißes Seidenhemd, das wie angegossen seine schlanke Taille umschmeichelte, den oberen der versilberten Knöpfe hatte er aufgelassen, was zwar sexy, aber nicht strichermäßig wirkte und der weiße Stoff der Hose war auch eine äußerst angenehme Abwechslung zu den groben Jeans, die er (wie jeder andere Teenager in seinem Alter auch) sonst immer trug und die hellbraunen Schuhe, die er gegen seine zerlaufenen Chucks eingetauscht hatte, ebenfalls Designerstücke, rundeten das alles nochmal ab. Insgesamt fühlte er sich nicht mehr so auffällig unter den ganzen Businessmenschen.
 

Diesmal ohne Vorankündigung machte er sich auf den Weg die Treppen hinauf, merkwürdigerweise hielt ihn der Sicherheitsmann, der für diesen Bereich positioniert war, gar nicht auf.

Hm. Hatte Kaiba etwa Anweisung gegeben, ihn durchzulassen, oder hatten die einfach nur so viel zu tun, dass man ihn nicht bemerkte? Er zuckte innerlich die Schultern und ging zum Aufzug.

Wie neulich war in dem Stock, in welchem Kaiba sein Büro hatte nicht viel los und Mai schaute ihn überrascht an.
 

„Kann ich zu Herrn Kaiba? Ich … er … Ich muss mit ihm sprechen…“

„Das geht jetzt leider gerade nicht, er führt gerade noch ein wichtiges Telefongespräch und danach hat er ein Meeting. Ich weiß jetzt auch nicht, wie lange das dauern wird, aber wenn du möchtest, kannst du in der Business-Lounge ein Stockwerk tiefer einen Kaffee trinken, oder so. Sag, Mai schickt dich, dann brauchst du nichts zu bezahlen, das geht schon in Ordnung.“

Ryou nickte. Wenn er schonmal hier war, dann konnte er sich auch ruhig auf Kaibas Kosten mal gut gehen lassen.

Also ging er die Treppen hinunter eine Etage tiefer. Die Lounge war nicht zu übersehen. Es gab einen Tresen, an welchem Kaffee und teurer Konditorei Kuchen, sowie Drinks ausgegeben wurden, in dem Raum standen mehrere Glastische an denen man arbeiten konnte. Das hier war wohl Geschäftspartnern und führenden Angestellten vorbehalten. Ryou staunte tatsächlich nicht schlecht. Dieser Luxus begann wirklich, ihm zu gefallen.

Ryou ging zum Tresen, an welchem eine sehr korrekt gekleidete, hübsche junge Dame arbeitete.

Gerade servierte sie einem Mann, welcher ebenfalls am Tresen saß, eine Tasse … Mokka? Das erkannte Ryou an der Tasse. Schon witzig, wie man in manchen Kreisen darauf achtete, dass jedes Getränk ein eigenes Gefäß bekam.

Der Mann allerdings fiel Ryou sofort auf in seiner Erscheinung. Er war auf keinen Fall ein Japaner. Er war recht groß, größer als Kaiba sogar noch, braungebrannt und hatte weißes Haar. Gekleidet war er in einen teuren Designeranzug und Ryou hatte sofort das Gefühl, dass dieser Mann von absolut großer Wichtigkeit war.
 

Er wartete in einigem Abstand, bis die Bedienung fertig war, dann stellte er sich an den Tresen und versuchte sich seine Einschüchterung dabei nicht anmerken zu lassen.

„Ähm … Mai schickt mich, sie … ähm hat gesagt, ich …“

Die Frau lächelte. „Schon in Ordnung. Was darf ich dir geben?“

„Ich glaube … habt ihr hier Chai Latte?“

„Ja, natürlich. Einen Moment bitte.“
 

Ryou lehnte sich mit einem Ellenbogen leicht an die Theke, während er wartete. Dabei folgte er mit den Augen der jungen Frau bei ihrer Tätigkeit.

Allerdings fiel ihm plötzlich noch etwas anderes auf. Und zwar wurde er beobachtet. Bildete er sich das nur ein?

Ryou riskierte einen flüchtigen Blick zur Seite – und starrte schnell wieder nach vorne, als ihm zwei dunkle Augen begegneten in Kombination mit einem spitzbübischen Lächeln.

„Nana, nicht so schüchtern, Twink, du kannst mich ruhig anschauen“, ertönte eine angenehme, rauchige Stimme mit arabischem Akzent, woraufhin Ryou seinen Kopf leicht verlegen wieder zu dem Mann drehte.

„W-wie haben Sie mich gerade genannt?“, erwiderte er, so freundlich, wie möglich, ein verlegenes Lächeln auf den Lippen.

„Ich denke, du hast schon richtig gehört, mein Junge“, schnurrte der ausländische Geschäftsmann, „Arbeitest du für Kaiba?“

„Sonst wär ich wohl kaum hier“, erwiderte Ryou, den diese Konversation, wie immer, wenn er mit wichtigen Leuten sprach, leicht nervös machte.

„Tatsächlich. Für was beschäftigt er dich denn?“

Mit einem Schlag fiel Ryou alles aus dem Gesicht. Mist. Verdammter Mist. Das hatte er ganz vergessen. Jetzt musste er sich schnell etwas einfallen lassen.

„I-ich, also, bin sozusagen … ich … assistiere ihm…“

Der Mann bedachte ihn mit einem wissenden Blick. „Privatassistent, was?“, damit zwinkerte er ihm zu und Ryou hatte urplötzlich den leisen Verdacht, dass dieser Kerl, wer immer er auch war, Bescheid wusste.
 

„Wie heißt du, mein Junge?“

„Ryou.“

„Ryou … Ryou…“ Er wiederholte seinen Namen, sprach ihn aus, als ließe er sich gerade Honig auf der Zunge zergehen und Ryou konnte nicht umhin, als sich von der Art dieses Mannes eingenommen zu fühlen.

„Akefia Wahwadi-“ er streckte ihm die Hand hin und Ryou ergriff sie, runzelte dann die Stirn, als er etwas in der Hand spürte.

„Meine Karte“, sagte der Mann sanft. „Ich bin noch eine ganze Weile in Domino City und würde die Gesellschaft eines so reizenden jungen Mannes sehr begrüßen.“

Ryou lächelte. Er fühlte sich geschmeichelt. „Wer weiß“, antwortete er und stieg auf den unerwarteten Flirt, der sich ihm bot, ein. „Wenn ich von Herrn Kaiba nicht zu sehr eingespannt werde, Sie müssen wissen, er ist sehr … einnehmend.“

Unbewusst war ihm diese Zweideutigkeit über die Lippen gerutscht, aber einmal ausgesprochen war sie ohnehin nicht mehr rückgängig zu machen.

Wahwadi lachte. „Oh, das kann ich mir gut vorstellen.“
 

Während sie sich noch etwas weiter unterhielten, stellte Ryou fest, dass ihm dieser Akefia Wahwadi äußerst gut gefiel. Nicht nur, dass er gut situiert war, er war überaus attraktiv und charmant und ihm blitzte ständig der Schalk im Auge. Kurzum, er hatte einfach Charisma. Vor allem hatte er etwas, das Kaiba fehlte: Einen Hauch von Wärme.
 

Kaiba ging mit einem seiner Assistenten, der ihm den Aktenkoffer stetig hinterhertrug in Richtung der Business Lounge. Normalerweise war es nicht seine Art, sich zu verspäten und eigentlich war es auch nur eine Verspätung von wenigen Minuten, die im Grunde kaum der Rede wert war, aber er hasste es trotzdem.

Als er jedoch die Lounge betrat, stach ihm etwas Merkwürdiges ins Auge. Wahwadi war bereits da, allerdings war er nicht alleine.

Es war kein geringerer als Ryou, der da bei ihm auf einem der langen Hocker saß und sich offensichtlich prächtig zu amüsieren schien. Kaiba war unbewusst stehen geblieben. Wahwadi schrieb etwas auf die Rückseite einer Visitenkarte oder Ähnliches und schob diese Ryou dann zu, der sich bedankte und sie dann einsteckte.

Dann unterhielten sie sich weiter – Ryou schien sich zu amüsieren. Er lachte, lächelte, unbeschwert, spielte dabei an seinen Haaren, wie ein billiges Flittchen. Jetzt strich Wahwadi ihm noch eine Strähne aus dem Gesicht.

Was sollte das?

Ryou hatte sich gefälligst nicht von irgendwelchen schleimerischen Geschäftsleuten um den Finger wickeln zu lassen. Oder gar anfassen zu lassen.

Außerdem war er sein Flittchen. Unbewusst knirschte er mit den Zähnen, dann ging er weiter, die überraschten Blicke seines Assistenten ignorierend, aber fürs Ignorieren hatte er ohnehin ein Talent.
 

„Herr Wahwadi“, sagte er schließlich steif, die beiden mitten in einer Unterhaltung störend.

„Bitte verzeihen Sie, dass ich Sie habe warten lassen, ich hatte leider noch ein wichtiges Telefonat zu führen.“

Wahwadi grinste schief und ergriff die dargebotene Hand. „Nicht der Rede wert. Die Wartezeit wurde mir angenehm versüßt.“

Dabei ruhte sein Blick einen Moment auf Ryou und für Kaibas Geschmack einen Moment zu viel.

Er wies seinen Assistenten an, auf einem der Glastische, bei dem sie nachher Platz nehmen wollten, schon einmal alles vorzubereiten, sagte Wahwadi, er käme in zwei Minuten nach und als dieser sich umgedreht hatte, um von Kaibas und zudem seinem eigenen Assistenten begleitet zu dem bereits vorbereiteten Tisch zu gehen.
 

Kaum, dass Wahwadi ihnen den Rücken zugedreht hatte, hatte Kaiba Ryou grob am Oberarm gepackt und zog ihn aus dem Raum hinaus auf den Gang, wo sie etwas sichtgeschützter waren und schubste ihn erbost gegen die Wand.

„Was fällt dir eigentlich ein?“

Ryou blickte ihn verwirrt an und dieser unschuldig-ratlose Blick, was bitte er denn falsch gemacht haben sollte, machte Kaiba gerade noch wütender.

„W-was…?“

„Du weißt genau, was ich meine!“ Kaiba schnappte nach Luft, bemühte sich, seine alte Fassung wieder zu erlangen.

„Was sollte die Flirterei mit Wahwadi? Ich kann es nicht gebrauchen, dass du hier rumtänzelst und meinen Geschäftspartnern den Kopf verdrehst. Abgesehen davon, was hast du hier zu suchen!? Ich hab dich nicht herbestellt.“
 

Nanu? Kaiba störte sich daran, dass er mit Akefia gesprochen hatte? Bildete er sich das ein, oder hatte er da gerade den Hauch von Eifersucht herausgehört? Wie untypisch für Kaiba, dachte er ironisch, dann entsann er sich der Frage, die man ihm gestellt hatte, den Griff Kaibas um seinen Oberarm noch deutlich spürend.

„Du wolltest doch, dass ich mit Mokuba spreche, jetzt hab ichs getan und es ist dir auch nicht recht!“, erwiderte er vorwurfsvoll, wünschte sich jedoch im nächsten Moment, es nicht getan zu haben, da Kaiba ihm eine Ohrfeige gab.

Ryou japste überrascht – mit was hatte er die denn verdient?

„Ich sag es dir nur einmal noch – untersteh dich, mir noch einmal freche Antworten zu geben!“

„Es tut mir leid“, sagte Ryou beschwichtigend, den pochenden und brennenden Schmerz in der Wange spürend.

Er musste sich gerade wirklich zusammen nehmen um nicht irgendeine beleidigte Antwort zu geben, dafür stand zu viel auf dem Spiel.

„Ich hab … eben herausgefunden, was mit Mokuba los ist und ich dachte, du solltest das wissen. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob ich dir das hier zwischen Tür und Angel sagen sollte.“

Kaiba warf einen Blick in Richtung seines Geschäftspartners, dann wandte er sich wieder Ryou zu. Der heute außerordentlich hübsch aussah, wie er beiläufig feststellen musste. Ein Blick in die warmen braunen Augen reichte aus um seinen ersten Groll etwas zu besänftigen.

„Hör zu“, knurrte Kaiba etwas unwillig. „In etwa drei Stunden bin ich hier fertig, warte später beim Aufgang der Garage, meine Limousine wird dich später mitnehmen.“

Ryou nickte wortlos.
 

In der Zwischenzeit vertrieb er sich die Zeit, indem er durch die Innenstadt schlenderte – er hatte noch einen Rest von dem Geld, das Kaiba ihm gegeben hatte, übrig, also beschloss er, es sich in einem Massage Salon ein bisschen gut gehen zu lassen.

Er war ohnehin so verspannt und die erfahrenen Hände, die ihm das angenehm duftende Öl in die Haut massierten, waren eine wahre Wohltat.

Vielleicht war er dann nachher auch nicht mehr so verkrampft, wenn er mit Kaiba sprach.

Dann ging er noch in dem teuersten Café der Stadt einen Kaffee trinken, der auch nicht anders schmeckte, als irgendwo anders und schließlich waren die drei Stunden auch schon wieder um.

Wie von Kaiba gewünscht wartete er ein wenig abseits der Tiefgaragenauffahrt und tatsächlich – fünf Minuten, nachdem er sich dorthin gestellt hatte, fuhr die Limousine mit den dunkel getönten Scheiben die Auffahrt hinauf.
 

Sie hielt kurz an und Ryou öffnete die eine Hintertür, um einzusteigen.

Kaiba saß auf der linken Seite und blickte ihn nicht an.

„Takahashi, fahren Sie solange durch die Gegend, bis ich Ihnen ein Ziel gebe. Und fahren Sie die Zwischenscheibe hoch, das ist ein Privatgespräch.“

Der Mann tat wortlos, was man ihm aufgetragen hatte und nachdem sie sich in den Straßenverkehr eingeordnet hatten, sagte Kaiba: „Nun?“
 

Ryou, der gerade noch vollkommen fasziniert von dem Inneren dieser Limousine gewesen war, denn das war das erste Mal, dass er in einer mitfuhr, hätte fast vergessen, warum er eigentlich hier war.

Richtig. Er sollte seinen besten Freund verraten.
 

„Also, wir haben uns ein wenig unterhalten, Mokuba und ich und naja, er hat mir schon ein paar Dinge anvertraut, aber …“

„Was aber?“ Kaiba hatte einen drohenden Unterton in der Stimme.

Ryou seufzte. Er hatte jetzt schon Angst vor der Reaktion, denn sie waren hier auf engem Raum und wenn Kaiba ihm hier gegenüber einen Wutausbruch erlitt, konnte ihn das entweder dämmen, oder es konnte unangenehm für Ryou enden. Aber er nahm es in Kauf.

Er schlang die Arme um den Oberkörper und kaute ein wenig auf seiner Unterlippe herum, ehe er antwortete:

„Weißt du, ich habe auch eine Schwester. Gut, bei uns ist es etwas anderes, wir sind Zwillinge, aber ich tue alles dafür, dass es ihr gut geht, ähnlich wie du arbeite ich mir den Arsch dafür wund.“

Nur vielleicht auch im absolut wörtlichen Sinne.

„Allerdings vergesse ich dabei nicht, dass sie ein Mädchen ist, das Gefühle hat und Ängste und Sorgen und ja, mir macht die Veränderung Angst, die in der letzten Zeit mit ihr vorgeht, aber deshalb schiebe ich sie nicht ab, sondern höre ihr zu und gehe auf sie ein.“
 

Kaiba hatte schweigend dem gelauscht, was Ryou zu sagen hatte. Ein verkniffener Zug hatte sich dabei um seine Mundwinkel breit gemacht. Allerdings schwieg er. Noch.

„Weißt du, ich … weiß, ich habe nicht das Recht dir in irgendetwas reinzureden, das ist mir klar und ich nehme jede Strafe dafür in Kauf, aber … wieso hast du nicht einfach mal versucht, dir Zeit für ihn zu nehmen? Bei allem, was er erzählt hat, konnte ich raushören, dass er sich gerade jetzt ziemlich von dir vernachlässigt fühlt. Vielleicht solltest du dir einfach etwas mehr Zeit nehmen, anstelle … jemanden, wie mich auf ihn anzusetzen.“
 

Eisiges Schweigen. Ryou erhielt keine Antwort und das machte ihn fast nervöser, als, wenn er ihm eine Strafe auferlegt hatte.

Und irgendwie fühlte er sich gleichsam auch auf eine lächerliche weise schuldig. Er hätte sich eigentlich überhaupt nicht in diese Familiengeschichte einmischen dürfen. Er verstand auch Kaiba. Irgendwie. Die Eindrücke, die er bereits von dem Firmenchef hatte sammeln können, waren eben die, dass Kaiba in allem, was ihn umgab Perfektion erwartete, auch von sich selbst und das Wissen, in einer Beziehung seines Lebens versagt zu haben, konnte offensichtlich nicht akzeptiert werden.

Ryou wagte einen scheuen Blick zur Seite. Kaiba sah weniger wütend, denn nachdenklich aus.

Ryou überwand schließlich seine innere Angst, etwas Falsches zu tun und rückte näher zu ihm hin, seine Hand tastete sich vorsichtig an Kaibas rechten Oberschenkel heran, wo die Finger dann zärtlich die Innenseite krabbelten.

„Bist du mir jetzt böse?“, wollte Ryou dann wissen. Er wollte nicht, dass Kaiba ihm böse war, dass sein Meister ihm zürnte.
 

Kaiba wandte den Blick zur Seite und der entschuldigende und auch leicht sorgenvolle Blick Ryous begegnete ihm.

Dieser Junge hatte so wundervolle, sanfte Augen, dieser Blick reichte schon aus, um ihn zu beschwichtigen und eigentlich wusste er, dass er ihn hätte bestrafen sollen, dafür, dass er sich so viel herausnahm, doch irgendwie war ihm in diesem Moment nicht danach. Irgendwie … was war das nur für ein Duft, der ihm in die Nase stieg, als Ryou begann, vorsichtig an seinem Hals zu knabbern. Es war ein Esoterischer Duft, frisch-süßlich und irgendwie wirkte er entspannend. Nein, er war nicht wütend. Nachdenklich, ja, aber nicht wütend.

Er würde sich heute Abend seine Gedanken bezüglich Mokuba machen, dachte er, während er die zarten Bisse an seinem Hals, den lieblichen Geruch in seiner Nase genoss.

Ryou verstand wirklich viel von dem, was er tat. Und er schaffte es tatsächlich, ihn um den Finger zu wickeln.
 

Eine zarte Hand geisterte zum Gürtel herab und zog das Hemd aus der Hose um über den flachen durchtrainierten Bauch streicheln zu können und diese Berührungen verschafften Kaiba eine Gänsehaut.

Diese wunderschönen sinnlichen Hände. Diese Hände sollten nur ihm zu Diensten sein. Schmetterlingsküsse an seinem Hosenansatz, während die Hände sacht an seinem Reißverschluss zupften.
 

Diese Lippen … sollten von keinem anderen geküsst werden.

Gedankenverloren vergrub er wenig später die Hand in dem weißen Haarschopf, während Ryou ihm hingebungsvoll einen blies.

Vielleicht hatte Ryou Recht. Irgendwie … hatte er diesen Jungen unterschätzt. Und irgendwie … mochte er tatsächlich seine Art, ihm Widerworte zu geben. Er tat es, aber er blieb dabei irgendwie auf seine ganz eigene Art und Weise unterwürfig und wohlgefällig.
 

Plötzlich kam Kaiba der Gedanke, dass dieser Junge doch so viel mehr war, als nur ein Stricher. Er

war etwas Besonderes.

Früher waren die Stricher für ihn nur gesichtslose Objekte gewesen, an denen man schnell für Geld seine Lust stillen konnte. Keine denkenden, fühlenden Lebewesen.

Keine Menschen, die auch Geschwister hatten und die vielleicht ansatzweise nachempfinden konnten, was in ihm vorging.
 

Ein leises Stöhnen schlich sich von seinen Lippen, als er wenig später in Ryous Mund kam. Diesen Jungen würde er nicht mehr hergeben. Nie wieder. Und wenn das bedeutete, dass er ihn eines Tages einsperren musste, es war ihm gleich.

-Rain-

„Ryou, wir müssen reden.“

Ryou sah von der DVD Sammlung, die er sich gerade angesehen hatte, auf und Malik an. Sie hatten sich übers Wochenende zu einem DVD Abend verabredet, das war Maliks Idee gewesen.

Allerdings bestätigte dessen Satz gerade Ryous Vermutung, dass hinter der Idee dieses Treffens doch noch etwas mehr steckte, denn sein bester Freund war die ganze letzte Zeit so merkwürdig gewesen. Ein Verhalten, das er sich nicht hatte erklären können.

„Um was geht’s denn?“, fragte Ryou vollkommen ahnungslos.

Malik sah ihn mit einem seltsamen Blick an. „Eigentlich dachte ich, du könntest dir das denken. Ich hab … dich letztens gesehen.“

Ryou legte den Kopf leicht schief, während ihn ein mulmiges Gefühl beschlich. „Gesehen…? Ich verstehe nicht ganz …“
 

Malik schien zu überlegen, wie er seinen Satz beginnen sollte und dessen Zögern gefiel Ryou nicht. Malik war ansonsten immer direkt und gerade heraus, wenn er so zögerlich war, wie jetzt, dann ging es meistens um etwas wirklich Ernstes.

„Ich hab dich letztens gesehen, als du aus Kaibas Limousine gestiegen bist. Ich meine, an sich ist das ja nichts Schlimmes, ich weiß, dass du Mokuba Nachhilfe gibst, aber weißt du, was mich dabei ins Grübeln bringt?“

Ryou wurde heiß und kalt. Damit hatte er nun wirklich nicht gerechnet, als Malik vorgeschlagen hatte, sich zu verabreden. Flog sein Geheimnis auf? Jetzt schon? Das wäre einfach nur eine Katastrophe!

„W-was?“ Ryous Stimme klang unnatürlich hoch.

„Ich hab Mokuba fünf Minuten vorher zufällig in der Stadt gesehen gehabt, wo er mit zwei Freunden unterwegs war. Und dann … du weißt, wie wenig ich irgendwelchen Gerüchten glaube, aber so ein Kerl aus unserer Jahrgangsstufe hat vor ein paar Monaten mal gemeint, er hätte dich …“

Malik brach ab.

„Weißt du, ich … habe das Gefühl, dass du mir etwas ziemlich Gewaltiges verheimlichst, das hatte ich schon länger und die Erkenntnis, die mir bei diesen ganzen Sachen gekommen ist, gefällt mir nicht. Ganz und gar nicht. Ryou, bitte … sag mir die Wahrheit. Schläfst du für Geld mit Männern?“
 

In Ryou drin wurde es eisig kalt. Gleichzeitig brach ihm der Schweiß aus. Er war doch immer so vorsichtig gewesen, er hatte doch immer so aufgepasst, dass er nicht erwischt wurde, er …

Ryou sah Malik an und die leichte Verletztheit die in dessen Miene lag, tat ihm weh. Und es machte ihm Angst. Angst, dass Malik ihn jetzt hassen würde, Malik war sein bester Freund, ihn zu verlieren würde er nicht ertragen.

„Dein Schweigen sagt so viel …“, murmelte Malik nach einer Weile.

„Du verstehst das nicht!“, platzte es plötzlich aus Ryou heraus. „Ich tu das doch nur für Amane“, fügte er mit einem Flüstern hinzu und ließ dann leicht den Kopf hängen. Das klang so erbärmlich lächerlich in seinen eigenen Ohren und ihm war gerade nach heulen.

Der Tag hatte so schön angefangen, warum musste er so früh schon in so einer Katastrophe enden? Und dabei war er noch nicht mal halb um.

Malik schnaubte. „Also stimmt es tatsächlich.“

Schweigen. Es war beklemmend, bedrückend, Ryou wusste, dass er sich Malik schon viel früher hätte anvertrauen sollen.

„Ja…“
 

Eine schallende Ohrfeige riss Ryous Gesicht zur Seite. Er sah Malik mit großen Augen an und dieser wirkte wütend, sehr sogar, wütend und … enttäuscht? Weil er ihm nicht vertraut hatte? Aber wie hätte er denn!?

Tränen schossen ihm in die Augen.

„Und was ist mit Kaiba?“, sagte Malik mit unterdrücktem Zorn in der Stimme. „War das ‘ne einmalige Sache oder hat das auch was damit zu tun, dass du in der letzten Zeit so oft durch den Wind bist und – achja, glaubst du, diese unnatürlichen Flecken und Kratzer wären mir entgangen? Junge, ich kenn dich seit sechs Jahren, da lernt man irgendwann, solche Signale zu beachten.“

Ein Kloß bildete sich in Ryous Hals. Er kam sich plötzlich so schäbig vor. Dreckig und im Grunde war es das, was er war.

„Ich … er … er ist derzeit mein alleiniger Geldgeber“, bemühte sich Ryou, so sachlich, wie möglich, doch die unterdrückten Tränen ließen seine Stimme verräterisch zittern.

Malik sagte nichts. Ryou sah ihn an, Maliks Blick war ausdruckslos.

„Ryou, das ist …“, begann er schließlich und in seiner Stimme schwang eine Mischung aus Abscheu und Enttäuschung mit.

Ryou presste die Lippen aufeinander. „Du verstehst das nicht, Malik, du verstehst das einfach nicht. Weißt du eigentlich, was diese beschissenen Medikamente kosten, weißt du, wie sich meine Mutter den Arsch aufreißt und es hilft trotzdem nichts!“

„Das ist für dich ein Grund, deinen Körper zu verkaufen?!“, schrie Malik plötzlich, sodass Ryou zusammenzuckte.

„Wenn es eine Möglichkeit ist, meine Schwester zu retten, ja!“

„Wie denkt deine Familie denn darüber? Glaubst du, sie wären glücklich darüber, wenn sie wüssten, dass du dich kaputt machst!?“

Malik sah ihn nun direkt an und Ryou erkannte neben der Wut noch etwas anderes in seinem Blick.

„Weißt du, ich hab mich die ganze Zeit gefragt, was los ist mit dir, Ryou, hast du mal in den Spiegel geschaut? Du hast innerhalb des letzten halben Jahres bestimmt 5 Kilo abgenommen und du warst eh immer schon so ein Fliegengewicht – wem willst du eigentlich noch vormachen, dass alles in Ordnung ist?“

Ryou biss sich auf die Unterlippe, sah dann zu Boden. „Du darfst ihnen nichts davon sagen, Malik.“ Seine Stimme klang leise, flehentlich.
 

Malik schnaubte, erwiderte jedoch nichts. Natürlich, das war ein Schock, aber alles noch schlimmer machen, indem er Ryou verriet, wollte er auch nicht.
 

„Ich denke, ich sollte jetzt gehen“, sagte Ryou bitter und schnappte sich seine Jacke. Malik machte keine Anstalten, ihn aufzuhalten. Diese grauenvolle Erkenntnis musste er selbst erstmal verarbeiten.

Da denkt man immer, man kennt einen Menschen und dann … sowas.

Malik hörte abwesend die Tür schlagen. Er fühlte sich elend. Hundsmiserabel. Ausgerechnet Ryou … Ryou, der anständige, strebsame und verantwortungsvolle Junge, den er für seine Disziplin und Stärke immer bewundert hatte, tat so etwas … Dreckiges. Prostituierte sich. Er hatte den Gerüchten nicht glauben wollen damals, aber wo ein Gerücht war, war auch meistens irgendwo ein wahrer Kern.

Und er? Was war er eigentlich für ein Freund! Wie verzweifelt musste Ryou sein.

Wieso hatte er sich ihm nicht anvertraut? Hatte er deshalb geweint, neulich, als er zu ihm gekommen war, ihm nicht hatte sagen wollen, was ihn quälte?

Und was genau lief da mit Kaiba? Nur Sex und Bezahlung dafür?
 

Malik stöhnte grottentief auf. Vielleicht hätte er sich mehr um Ryou kümmern sollen, vielleicht …

Er musste nochmal mit Ryou sprechen, am besten, wenn das von gerade eben etwas gesackt war.

Wenn die Emotionen nicht mehr so hochkochten.

Er machte sich Sorgen. Große sogar. Ryou durfte sich auf dem Weg, seine Schwester zu retten, nicht selbst verlieren, das musste er verhindern.
 

Ryous Flucht aus Maliks Wohnung war kopflos. Er heulte ein bisschen vor sich hin und tat sich selbst

Leid und er wusste eigentlich im Grunde, dass er es war, der falsch gehandelt hatte, doch hatte Malik denn kein bisschen Verständnis? Gerade er? Natürlich. Verständnis dafür, dass der beste Freund, einen angelogen hatte, dachte er trocken.

Aber wie zur Hölle konnte man jemandem, egal, wer er war, so etwas anvertrauen? Jeder würde das verurteilen, jeder.

Wobei er sich da plötzlich nicht mehr so sicher war.

Ryous Schritt wurde gemäßigter. Er war niedergeschlagen. Fühlte sich sehr alleine plötzlich. Alleine mit seinen Problemen, mit seinen Sorgen.

Malik, Kaiba, Amane, Mokuba. Jeder von ihnen war ein Eckpunkt in seinen Gedanken. Was sollte er jetzt tun? Bevor er nachhause ging, musste er erstmal zur Ruhe kommen und plötzlich beschlich ihn auch die akute Panik, dass Malik in der Zwischenzeit seine Familie benachrichtigt hatte und … Oh Gott, er wollte sich nicht ausmalen, wie seine Mutter reagieren würde, wenn sie herausfand, dass … oder noch schlimmer, Amane.

Würde sie ihn hassen? Ihm Vorwürfe machen? Natürlich würde sie das. Sie würde sich elend fühlen, weil sie wahrscheinlich noch glaubte, es sei ihre Schuld, sie glaubte ohnehin ständig, dass die Situation nur wegen ihr so angespannt war, aber es war nun einmal eben so.

Amane war die Kranke, um sie hatte man sich zu kümmern, Ryou sah sich nicht einmal im Recht dazu, ein Gefühl der Schwäche nach außen hin zu tragen.

Nicht vor Amane, nicht vor seiner Mutter und nicht mal mehr vor Malik, denn er war sicherlich angewidert nach diesem unfreiwilligen Geständnis und plötzlich war Ryou angewidert von sich selbst.
 

Ihm war kalt. Plötzlich sehnte er sich nach Kaiba. Aus einem unerfindlichen Grund ersehnte er sich dessen Autorität und Stärke, aber würde es ihn nicht wütend machen, wenn er plötzlich vor seiner Tür stand, ohne, dass er ihn herbeordert hatte?

Wovor hatte er mehr Angst? Nachhause zu kommen? Kaibas Unmut zu erwecken? Maliks vorwurfsvoller Blick, seine vorwurfsvollen Worte? Seine Enttäuschung?
 

Noch während Ryou seinen aufgewühlten Gedanken nachhing und seiner Angst nachgab, was sein mochte, wenn es wirklich öffentlich wurde, wenn Malik ihn verriet, oder wenn jemand auf diese Gerüchte hörte, die um ihn kursierten … Mein Gott, er hatte immer gedacht, er sei so vorsichtig gewesen …
 

Seine Füße hatten ihn automatisch zu Kaibas Anwesen gelenkt.

Inzwischen war die Dämmerung hereingebrochen und ein eisiger Wind wehte, ganz untypisch für die Jahreszeit, sie hatten ja eigentlich Spätsommer.

Ryou legte abwesend eine Hand an einen Stab des Gitterzauns, der das riesige Anwesen umgab. Sollte er …? Nun war er hier.

Eine ganze Weile stand er nur da, starrte auf das Gebäude, welches teilweise erhellt war. Er war wie festgewachsen.

Ryou hob die Hand, um zu klingeln, ließ sie dann jedoch wieder sinken. Plötzlich fürchtete er sich vor Kaibas Zorn. Fürchtete sich vor dem Wesen dieses Mannes, von dem er doch in dieser kurzen Zeit so abhängig geworden war. Fürchtete sich davor, wenn er jetzt zu ihm hinginge, dass er ihn niemals wieder fort lassen würde und gleichsam davor, dass er ihn fortschickte.
 

Dann klingelte er. Er hatte ja doch keine Wahl. Ein Sturm braute sich zusammen und dort war der einzige Ort, der ihm sicher erschien, wie paradox.

Die Gegensprechanlage knackte, ein Angestellter fragte, wer er war und was er wollte und sicherlich hatte man ihn schon durch eine der Kameras erspäht. Ryou sagte nur, er wolle zu Kaiba, ob man ihn einlasse, es sei eine wichtige private Angelegenheit. Man ließ ihn.

Ryou zog die dünne Jacke enger um seinen Körper, als er den Weg vom Tor bis zur Haustüre zurücklegte und währenddessen brach ein akuter und harter Regenschauer herein und Ryou war in den fünf Minuten, die er zum Hauseingang zurück legte, bis auf die Haut durchweicht.
 

Kaiba verzog keine Miene, als Ryou wenig später nass und aufs erbärmlichste bibbernd vor ihm stand.

Ryou spürte nur den kühlen musternden Blick auf sich und plötzlich verspürte er Angst, Kaiba zu sagen, dass Malik von ihnen wusste.

„Ich habe dich nicht hergebeten“, sagte Kaiba schließlich knapp, machte jedoch keine Anstalten, ihn hinauszuwerfen. Er wartete auf eine Erklärung.

Ryou lächelte nervös.

„Ich hatte gehofft …“ Hier ein Weilchen Zuflucht zu finden? Tolle Erklärung.

„Ich …“ Meine Güte, Ryou lief ja zu Hochleistungen auf. Er seufzte innerlich und beschloss, dann einfach die Wahrheit zu sagen:

„Ich hab mit allen möglichen Leuten Stress und weiß nicht, wo ich sonst bleiben soll und nachhause kann ich auch nicht, weil meine Schwester so schrecklich krank ist und meine Mutter dauernd gereizt und ich weiß, dass du keinen Grund hast, mich bleiben zu lassen, aber … ich …“

Ryou brach ab und ließ leicht den Kopf hängen und kam sich vor, wie ein Vollidiot und ein Versager gleichermaßen.
 

Kaiba hörte sich diese Erklärung schweigend an. In Wahrheit hatte er tatsächlich daran gedacht, Ryou für heute oder morgen herzubestellen, einfach um ein wenig Stress abzubauen, dass er von selbst gekommen war, kam ihm eigentlich sogar gelegen. Mokuba war ohnehin nicht zuhause, er hatte sich bereits am Nachmittag zu einem Freund verabschiedet.

„Ich habe noch zu arbeiten“, sagte Kaiba schließlich reserviert und warf einen Seitenblick auf den Stapel Papiere auf seinem Schreibtisch.

„Nimm in der Zwischenzeit ein heißes Bad und sag dem Butler, dass er dir trockene Sachen geben soll, krank kann ich nichts mit dir anfangen.“
 

Ryou nickte, zögerte allerdings noch während Kaiba damit fortfuhr auf seinem Laptop herum zu tippen. Er hielt inne und sah den Jungen an.

„Ist noch etwas?“

Zu seiner Überraschung kam Ryou ein paar Schritte näher zu ihm, küsste ihn auf die Wange und nuschelte mit einem lieblichen Lächeln ein „Danke, ich weiß das zu schätzen“, ehe er das Zimmer verließ.

Kaiba starrte ihm unwillkürlich hinterher, die weichen Lippen noch auf der Wange fühlend. Dann riss er sich aus seiner Starre und schüttelte den Kopf, versuchte sich wieder auf die Arbeit zu konzentrieren, die er sich mit nachhause gebracht hatte.

Irgendwie klappte das gerade nicht mehr. Kaiba presste sich innerlich stöhnend Daumen und Zeigefinger gegen die Nasenwurzel.

Reichte dieser banale, profane Gedanke daran, dass Ryou nackt in seinem Badezimmer herumsprang, schon aus, um ihn in seiner Konzentration zu stören?

Zugegeben hatte er in den letzten Tagen, seit sie dieses merkwürdige Gespräch, wenn man es so nennen konnte, in seiner Limousine gehabt hatten, verdächtig oft an Ryou gedacht.

Das passte ihm so gar nicht in den Kram. Er hatte genug, um das er sich kümmern musste, da konnte es nicht sein, dass Ryou ihn zusätzlich durcheinander brachte und das, indem er einfach nur existierte.

Ob er sich wohl in der Zwischenzeit wo anders herumgetrieben hatte? Kaiba glaubte es im Grunde nicht, aber dieses nagende Gefühl ungewollter Eifersucht wollte ihn nicht loslassen. Nichtmal jetzt, wo er ihn in seiner Nähe hatte.

Vielleicht sollte er seinen Körper später auf Knutschflecken, oder andere Spuren untersuchen.

So langsam bekam er schlechte Laune. Er gab Ryou die Schuld daran, dass er ihn so durcheinander brachte. Im Grunde war es auch seine Schuld.
 

Kaiba schnaubte und klappte abrupt den Laptop zu. Ryou war an allem Schuld. Sein Leben war geordnet gewesen, klar strukturiert und nur weil er sich diesen Twink angelacht hatte, stand jetzt alles auf dem Kopf. Und es war nicht nur, dass er ihn durcheinander brachte, weil er einfach unglaublich schön und sexy war und zart und liebevoll und einfühlsam war, nein, Kaiba hatte sich dabei ertappt, wie er tatsächlich auf ihn gehört hatte.

Und er hörte normalerweise auf niemanden. Doch es war hier einfach nicht von der Hand zu weisen, dass die Worte, die er ihm bezüglich Mokuba gesagt hatte, irgendwie einen unterbewussten Einfluss auf ihn genommen hatten.

Ob es Ryous Art gewesen war, ihm seine Meinung zu sagen, ohne sich ihm dabei aufzudrängen, oder …
 

Kaiba stand ruckartig auf. Das war ja nicht zum Aushalten! Einen Moment später knallte er die Tür seines Arbeitszimmers hinter sich zu und ging mit schweren Schritten in Richtung des Badezimmers, wo schon von außen zarter Duft von Badezusatz zu vernehmen war.

Kaiba hätte Ryou niemals so tief in seine Privatsphäre vordringen lassen sollen, mit jedem Schritt den er tat, nährte sich seine Wut und als er wenig später die Hand auf die Klinke legte, musste er sich arg zurücknehmen, um die Tür nicht so aufzustoßen, dass sie ihm auskam und gegen die Wand schlug.
 

Ryou, welcher gerade das fließende Wasser ausgedreht hatte, schaute Kaiba überrascht an, als dieser so plötzlich in der Tür stand, einfach nur dastand und ihn, offensichtlich wütend anfunkelte.

Ryou wurde irgendwie anders, ehe er sich jedoch versehen konnte, war Kaiba mit schnellen Schritten bei ihm, griff ihm grob ins Haar und drückte ihn unter Wasser.

Ryou öffnete erschrocken den Mund und Luftblasen quollen hervor und ein Gefühl der Panik stieg in ihm auf, als er merkte, dass Kaiba nicht gewillt war, diesen Griff so schnell fahren zu lassen. Er begann sich zu winden, leicht panisch, seine Lunge brannte.

Kaiba beobachtete dies alles ausdruckslos, es bereitete ihm keine Mühe, Ryou unter Wasser zu drücken.
 

Ryous Haare hatten sich um seinen Kopf ausgebreitet wie eine weiße Wolke und beinahe hätte er sich in diesem Anblick verloren – gerade rechtzeitig noch zog er Ryou an den Haaren wieder aus dem Wasser, welcher daraufhin hektisch nach Luft schnappte.
 

„W-wieso…?“, japste er und daraufhin begegnete ihm ein eiskalter Blick.

Kaiba antwortete „Weil ich es kann“, und drückte ihn danach abermals unter Wasser und es gab ihm einen Kick – wie Ryou scheinbar gerade Todesangst ausstand, weil er nicht wusste, was in Kaiba vorging und wenn er ehrlich war, wusste er nicht einmal, was gerade in ihm selbst vorging.

Erst als Ryou schon schwindeln musste, zog er ihn herauf, ließ ihm nur zwei, drei Atemzüge, ehe er ihn in einen Kuss zog, verlangend und herrschsüchtig und grob und wütend und all das spürte Ryou. Und er ließ ihm keine Zeit, um sich zu sammeln, denn kaum hatte er den Kuss gelöst, hatte er ihn aus der Wanne gezogen – Ryou war mit der Bewegung mitgegangen, um zu verhindern, dass ihm ein großer Büschel Haare ausgerissen wurde – und er stieß ihn zu Boden, so heftig, dass Ryou sich den Hinterkopf anschlug, als er auf den harten Fliesen aufkam und ehe er vor Schmerzen stöhnen konnte, drückte Kaiba ihm die Luftkanäle ab.
 

„Du bist daran schuld, dass-“, presste der junge Firmenchef hervor, während Ryou ihn mit diesen aufgerissenen Augen ansah, so angstvoll … so schön.
 

Abrupt ließ er von ihm ab, erhob sich halb, sodass er über ihm kniete, Ryou keuchte, hustete, versuchte, sich aufzurichten, doch vergeblich und Kaiba versuchte, sich innerlich wieder unter Kontrolle zu bringen – er brauchte einen Moment um zu realisieren, dass er sich gerade absolut hatte gehen lassen, etwas vollkommen Inakzeptables, denn es offerierte eine andere Seite an ihm, eine Seite, die ihm selbst unheimlich war.

Es war Ryou, nur Ryou allein, er hatte diese Strafe verdient, dafür, dass er einfach nur er war, dass er existierte und, dass er ihn in seiner Nähe brauchte, um nicht wahnsinnig zu werden.
 

Kaiba versuchte, seinen Atem unter Kontrolle zu bringen. Er war erregt. Fuhr sich durch die Haare. Starrte dann wieder zu Ryou herab, starrte auf seinen mageren Leib und die Tränen, die ihm plötzlich in die Augen traten, machten ihn nur wieder wütend. Wütend, weil er sie nicht sehen konnte, weil er das hasste, das hatte er schon bei Mokuba nie ertragen können.

Er holte aus und schlug Ryou ins Gesicht und das Klatschen war doppelt so laut durch die Nässe und dann schlug er gleich nochmal zu, weil ihm dieses Geräusch gefiel und Ryous Kopf ruckte zur Seite, schließlich noch ein Schlag und dann musste er sich abrupt losreißen.
 

„Ich HASSE es, was du mit mir tust!“, spie er schließlich aus. „Ich hasse dich dafür, du bist nichts weiter als eine dreckige Hure von der Straße, wieso-“
 

Er brach abermals ab, Ryou richtete sich auf, ihm schwindelte, aber das Gefühl drängte er von sich fort und dann sagte er mit heiserer Stimme:

„Ich dachte immer … ich wäre innerlich zerrissen, einsam und traurig, aber …“
 

Kaiba stockte, Ryou hatte seine Arme um seinen Hals geschlungen und er spürte die feuchte, kühle Haut des Jungen, dann eine Stimme, die ihm ins Ohr flüsterte:

„Dann hab ich dich kennengelernt und gesehen, dass du viel einsamer bist, als ich, weil du dir niemals, aber auch niemals auch nur irgendein … Gefühl der Schwäche erlaubst. Du wirkst immer … Wie ein Titan im Sturm und vielleicht … aber … manchmal … in Momenten wie diesen … hab ich Mitleid und es ist mir egal, welche Strafe ich dafür bekomme, weil es die Wahrheit ist …“
 

Kaiba hatte über Ryous Haupt hinweg ins Leere gestarrt, wie mechanisch, während dieser gesprochen hatte die Hände gehoben, um die Umarmung zu erwidern, etwas, das zu tun, ihm schon bei Mokuba schwer fiel und ansonsten noch keinem anderen Menschen gegeben worden war.

Ryou fühlte sich so herrlich warm an in seinen Armen.

Wie konnte ein einzelner Mensch nur so paradox sein? Er schlug ihn, behandelte ihn mit aller Kälte, die er aufbringen konnte und doch wurde er durchschaut und doch spürte er, dass da schon längst mehr war, als nur ein geschäftliches Verhältnis und gerade konnte selbst er sich dagegen nicht mehr erwehren und so, wie sie da saßen, Ryou so verloren wirkend und er vergrub das Gesicht in dem weißen Haar, das diesen Duft barg, der ihm so kostbar war, dann drückte er ihn leicht von sich weg, fasste ihm ins Gesicht, sanft, streichelnd und Ryou schloss die Augen ob dieser ungekannt zärtlichen Berührung und dann küsste er ihn und dieser Kuss war nicht so verlangend und geil, wie die Küsse zuvor, er war … zärtlich und liebevoll und das machte Ryou schwach, ihm war ohnehin schon schwindelig und dann gaben ihm die Knie nach, doch er stürzte nicht, denn Kaiba hielt ihn, hob ihn im nächsten Moment einfach auf die Arme, als wöge er nichts, Ryou schloss einen Moment die Augen und öffnete sie erst wieder, als er weiche Laken spürte.
 

Sie waren in Kaibas privatem Schlafzimmer, Ryou öffnete überrascht die Lippen zu einem Spalt, denn das war etwas, das er nie für möglich gehalten hatte und er wusste nicht, dass Kaiba im Stillen denselben Gedanken hatte, denn in sein Schlafzimmer hatte er noch nie jemanden gelassen. Wenn er denn mal jemanden mit nachhause gebracht hatte und das war so gut wie nie vorgekommen, dann hatte er meistens mit seinem geheimen Raum, oder allen möglichen anderen Zimmern Vorlieb genommen, wenn Mokuba nicht hier gewesen war, nur dieses Zimmer war ansonsten absolut Tabu gewesen.

Doch nicht jetzt. Jetzt … wollte er es so. Ryou zog ihn hinunter in einen Kuss und Kaiba beschlich unbewusst das Gefühl, dass er diesem zarten, unterwürfigen Jungen gar nicht überlegen war, denn auch, wenn er sich freiwillig unterwarf, so waren sie irgendwie, zumindest in diesem Moment gleichgestellt.
 

Kurz darauf spürte Ryou, wie sich eine Hand zwischen ihre Körper wand, und ihn anfasste und ein leicht überfordertes Seufzen kam ihm über die Lippen, denn von Kaiba war man keine Zärtlichkeiten gewohnt – die Wangen brannten ihm noch von den Schlägen vorhin, umso süßer nun diese Berührung. Er schmolz beinahe dahin, auch als er die Küsse spürte, überall, an seinem Hals, seiner Brust, seinen Schenkeln und er spürte, wie andächtig diese Küsse waren, andächtig und gleichsam leidenschaftlich und auch ein Hauch verlorener Sehnsucht lag darin und immer mehr und mehr beschlich ihn das Gefühl, wie ähnlich Seto Kaiba und er sich doch waren.

Tief in der Seele drin und ihm kamen die Tränen, als ihm etwas bewusst wurde, etwas, das eigentlich schrecklich war und doch schön zugleich.
 

Kaiba begann, ihn zu weiten, denn er verspürte diesmal merkwürdigerweise nicht den geringsten Drang ihm wehzutun, im Gegenteil – Ryous Stöhnen ließ ihn erschauern und auch als er bald darauf in ihn eindrang, war es anders als sonst. Es war genauso heiß, genauso eng und doch war es anders. Er fühlte sich in diesem Moment wie ein Dämon, der sich eines Engels bemächtigt hatte – Ryou war einfach viel zu überirdisch, viel zu schön …

Plötzlich blitzte etwas in seinen Augen, als er begann, in Ryou zu stoßen, doch Ryou bemerkte nichts von diesem Blitzen, denn hätte er es bemerkt, so hätte es ihn wohl sicherlich geängstigt.

Das einzige, das Ryou merkte, war nur die Lust, die in wundervollen Wogen über seinen Körper rollte, die ihn vergessen ließ, was ihn zuvor beschäftigt hatte, was ihm Angst machte, die ihn dazu brachte, nur im Hier und Jetzt zu sein und auch wenn es albern war, das wusste er selbst, gab es ihm die Illusion von geliebt werden, von beschützt werden, obwohl Kaiba wohl weder auf das Eine, noch das Andere Wert legte.

Für Seto Kaiba war er ein Ding, ein Lustknabe, ein Stricher, der nur so viel wert war, wie er ihm bezahlte.

Aber damit konnte er sich abfinden. Wenn er ihm nur öfter diese Lust bescherte, wie er es jetzt gerade tat, Ryou war es kaum noch gewohnt, dass man auf ihn achtete.
 

Abermals traten Ryou die Tränen in die Augen und er schlang die Arme um den kraftvollen Körper über ihm, der beständig in ihn stieß, krallte die Fingernägel in dessen Rücken fest, weil er fürchtete, den Halt zu verlieren, bis er tatsächlich etwas leicht Feuchtes spürte, Blut, und selbst, wenn Kaiba ihn normalerweise dafür bestraft hätte, so tat er es nicht, aus keinem besonderen Grund, einfach nur, weil er es konnte, weil er die Macht hatte, eine Urteil und eine Strafe auszusprechen und weil er diese Macht so liebte.
 

Schon bald näherte sich ihnen beiden der Höhepunkt und als Kaiba aufsah, trafen sich ihre Blicke für einen Moment und dieser Moment schien stillzustehen, denn es war so, wie Kaiba befürchtet hatte, eine in ihm verwurzelte Urangst, Augen waren gefährlich und nun nahmen sie sich gegenseitig gefangen und Emotionen, wie er sie nie gekannt hatte, stürzten auf ihn ein und als der Orgasmus über ihn hereinbrach und kurz darauf auch Ryou mitriss, hasste und liebte er diesen Jungen zugleich.
 

Er sank nur kurz über ihm zusammen, genoss einen Moment diesen anregenden Duft, der von ihm ausging, diese Sinnlichkeit, bis er auch diese Nähe akut nicht mehr ertragen konnte, und sich wortlos aus ihm zurückzog.
 

„S-Seto, w-was soll das hier hat das hier…?“

In diesem Moment war es Seto Kaiba, als hätte man ihm einen Beutel Eis in den Magen gekippt, als er die Stimme seines kleinen Bruders hörte.

Wie von der Tarantel gestochen löste er sich von Ryou, der ebenso entsetzt in Richtung der Schlafzimmertür starrte.

Das durfte doch einfach nicht wahr sein – wie hatte er nur so nachlässig sein können, die verdammte Tür nicht abzuschließen?“

Mokuba war schon längst wieder aus dem Türrahmen verschwunden, Hals über Kopf davon gestürzt, traf es ganz gut, als Kaiba sich halbherzig angezogen hatte.

„Seto“, ertönte eine flehentliche Stimme und er spürte eine Hand auf seinem Oberarm – die er abrupt wegschlug. „Wir sollten zusammen mit ihm-“

Seine ganze Wut richtete sich in diesem Moment auf Ryou und er schlug zu, ganz plötzlich und unkontrolliert,

„Das ist alles nur deine Schuld, du dreckige Nutte!“, entfuhr es ihm gereizt, schlug abermals zu und stieß ihn dann grob zurück aufs Bett, wo Ryou mit vor Schreck geweiteten Augen, halb aufgerichtet liegen blieb und Kaiba hinterherstarrte, der von der Innenseite der Tür den Schlüssel abzog, die Tür selbst hinter sich zuknallte und schließlich von außen abschloss.
 

Ryou brauchte keine Sekunde um zu realisieren, was hier gerade geschehen war.

Hektisch sprang er auf, stürzte zur Tür und versuchte, die Klinke herunterzudrücken, doch die Tür öffnete sich nicht.

„Du kannst mich doch nicht hier einsperren!!!“, schrie er panisch und hämmerte gegen die Tür, „Seto! Das kannst du nicht machen, lass mich raus!“

Als Ryou merkte, dass ihn hier niemand hörte, kämpfte er einen Moment mit den Tränen, zwang sich dann jedoch, sich zu beruhigen, langsam herunter zu kommen.
 

Der nächste Gedanke, der ihm dann durch den Kopf schoss, war sein Handy, doch das war in der Tasche, die er unten im Wohnzimmer abgestellt hatte.

Dann flackerte sein Blick zum Fenster. Zögerlich trat er heran – und verzog das Gesicht. Kaibas Schlafzimmer befand sich im zweiten Stock der Villa und das war schon eine Höhe, durch die man sich ernsthaft verletzen konnte.
 

Er fuhr sich durch die Haare. Vielleicht sollte er sich erstmal etwas anziehen. Seine Kleidung war allerdings auch nicht hier. Kurzerhand ging er zu Kaibas Kleiderschrank und zog ihn auf.

Nach kurzer Suche schnappte er sich einfach ein schlichtes, weißes Hemd, im Grunde war es ihm egal, denn zu groß war ihm ohnehin alles, und Unterwäsche und irgendeine Hose, die er mit einem Gürtel festmachte und die Säume unten hochkrempelte.

Dann ging er langsam wieder zum Fenster, öffnete es und beugte sich hinaus, um zu sehen, ob dort irgendetwas war, an dem er hinunterklettern konnte.

Da war nichts. Absolut gar nichts. Ryou spürte Verzweiflung in sich aufkommen und dachte einen Moment daran, einfach hier zu bleiben und zu warten, bis Kaiba ihn wieder herausließ, aber … er war so wütend gewesen. So unendlich wütend, er hatte richtigen Hass gefühlt, als er ihn vorhin beschimpft hatte, anders als sonst. Als gab er ihm die Schuld an all dem, was in irgendeiner Form schief gelaufen war.
 

Ryou hatte Angst, grauenvolle Angst plötzlich. Nein, er wollte nicht warten, plötzlich war ihm das alles egal, ob er hier eine Einnahmequelle verlor, ob alles aufflog, er wollte einfach nur noch hier weg.

Abermals starrte er nach unten. Dort war Gras, kein Beton. Aber auch auf Gras konnte man sich aus solch einer Höhe etwas brechen.

Warum gab es hier auch keine Regenrinne direkt neben dem Fenster, wie in den ganzen Actionfilmen?

Nur nackte, blanke Wand und nicht mal eine Holzjalousie, weil hier ja alles hochmodern war.

Ryous Herz hämmerte hart in seiner Brust, als er beschloss, dass er es wagen wollte. Gras gab immerhin auch etwas nach und wenn er versuchte, nicht allzu unglücklich aufzukommen …
 

Langsam kletterte Ryou auf das Sims … vielleicht, wenn er sich erst an den Armen heruntergleiten ließ, dann würde es die Höhe um ein kleines Bisschen verringern, zwar nicht viel, aber er war dankbar um jeden Centimeter.

Langsam ließ Ryou sich im nächsten Moment aus dem Fenster gleiten, versuchte, nicht am glatten Sims abzurutschen, spürte den kalten Wind, der seine Kleidung flattern ließ und den Nieselregen, der durch den Wind schmerzhaft wurde, die nackten Füße tasteten sich an der Außenwand entlang, um wenigstens vorrübergehend ein bisschen Halt zu haben, bis er so weit unten war, wie möglich.

Dann schickte Ryou ein Stoßgebet gen Himmel, stieß sich leicht von der Wand ab, um nicht hängen zu bleiben und dann …

… ein kurzer, schneller Fall und ein harter Aufprall, bei welchem gleichsam ein ungeheurer Schmerz durch seinen Fuß schoss und ihm die Luft aus den Lungen gepresst wurde, sodass er schwarze Punkte vor den Augen sah.
 

Ryou brauchte eine ganze Weile, um wieder einigermaßen zu sich zu finden – er sah etwas verschwommen, ihm war schwindelig und schlecht und er zitterte und sein rechter Fußknöchel tat so weh, dass er darum betete, er möge nicht gebrochen, sondern nur verstaucht sein.

Es dauerte etwa fünf Minuten, ehe Ryou sich einigermaßen aufgerappelt hatte – nun untersuchte er mit schmerzverzerrtem Gesicht seinen Fußknöchel, betastete ihn. Dann versuchte er vorsichtig, damit aufzutreten – es tat zwar ungeheuerlich weh, aber es war glücklicherweise die Art von verstauchtem Schmerz und nicht das dumpfe Pochen eines gebrochenen Knochens.

Mit zusammengebissenen Zähnen stand er auf und entfernte sich so schnell es ging, ohne den Fuß unnötig zu belasten, vom Grundstück der Villa.
 

Währenddessen suchten seine Gedanken fieberhaft nach einer Möglichkeit, wo er hingehen könnte. Ginge er jetzt nachhause, würde seine Mutter wohl einen Schreikrampf kriegen, wenn sie ihn so sah, das Gesicht durch die Schläge in Mitleidenschaft gezogen und die Schrammen und Schürfwunden am ganzen Körper, die vom Fall herrührten. Das konnte er unmöglich erklären.

Mit Malik war er zerstritten und ein ungewollter Trotz in ihm hinderte ihn daran, zu ihm zu gehen. Andere Freunde hatte er, aber auch da befürchtete er eine ziemlich unangenehme Situation, denn die Menschen waren immer so neugierig und zudem wollte er nicht, dass man sich unnötig sorgte.
 

Und dann fiel ihm schlagartig jemand anders ein. Er hatte seine Karte zwar nicht mehr, weil diese irgendwo zwischen seinen Sachen in Kaibas Haus war, aber Ryou konnte sich sehr deutlich an den Namen des Hotels erinnern, den er ihm auf die Rückseite geschrieben hatte.
 

Er humpelte bis zum nächsten Taxistand, zog das Auto auf und ließ sich dann erschöpft auf die Rückbank fallen.

„Wo solls hingehen?“

„Zum Royal…“

Der Taxifahrer drehte sich um und sah ihn zweifelnd an und Ryou konnte sich gut vorstellen, was der Mann nun denken musste. So etwas wie; Was bitte hat so ein abgewrackter minderjähriger Junge, wie du in dem nobelsten und teuersten Hotel der ganzen Stadt verloren und vor allem – wie bezahlst du bitte die Taxifahrt, wo du offensichtlich nichts bei dir hast?

Er schien drauf und dran zu sein, Ryou einfach wieder rauszuschmeißen, dem allerdings war es gerade herzlich egal, was der Mann da von ihm dachte.

„Das geht auf die Rechnung von Seto Kaiba“, sagte er trocken und der Mann nickte, denn dieser Name war so bekannt, dass man besser nicht in Gefahr lief, irgendeinen Unmut zu wecken.

„Alles klar“, brummte der Taxifahrer und Ryou schloss die Augen, während sich das Auto in Bewegung setzte.
 

Eigentlich wollte er nur noch in einen todesgleichen Schlaf fallen. Und vergessen. Alles, was ihn quälte.

-Offer-

„Mokuba-“

„Lass mich!“

„Bleib gefälligst hier, wir haben zu reden!“

Mokuba, welcher hinaus in den Regen gelaufen war um wahrscheinlich in den nächsten Bus in Richtung Tijuana zu nehmen, drehte sich wutentbrannt um, als er bemerkte, dass sein Bruder ihm gefolgt war.

„Was! Was willst du, hä? Willst du mir jetzt wie einem kleinen Kind sagen, dass das alles nicht das war, wonach es aussah und dass ich das einfach wieder vergessen soll?“

Sie standen sich gegenüber. Und als sie sich so gegenüberstanden, als Seto der wütende Blick seines kleinen Bruders begegnete, da wurde ihm plötzlich schlagartig klar, dass Mokuba in der Tat kein kleines Kind mehr war.

Er wusste, dass er ihm eines Tages davon erzählen hätte müssen, zumindest, dass er Männer mochte, kein Geheimnis konnte bis in alle Ewigkeit bewahrt werden. Aber nicht so. Nicht auf die Holzhammermethode.

„Das hat so keinen Sinn, Mokuba“, sagte er, bemüht ruhig, den Teenager dabei im Auge behaltend, der drauf und dran war, sich sofort wieder umzudrehen und vor ihm davon zu rennen. „Komm … bitte mit zurück ins Haus, dann reden wir in Ruhe …“

Mokuba schüttelte den Kopf. Dann sagte er: „Nein. Sorry, aber die Vorstellung, dass du es die ganze Zeit mit einem meiner besten Freunde getrieben hast, in dem Haus, in dem wir beide wohnen, das widert mich an – bitte … LASS mich jetzt einfach in Ruhe.“

Und damit ließ er ihn stehen und Seto, der ihm erst aus einem Impuls heraus hatte nachgehen wollen, hielt in seiner Bewegung inne und ließ ihn.
 

Starrte ihm eine Weile hinterher und ging dann langsam zurück ins Haus. Anstelle, dass er zu Ryou nach oben ging, der immer noch in seinem Zimmer eingesperrt war, ging er in die Küche. Kochte Kaffee. Setzte sich damit an den Tisch. Ließ ihn dann kalt werden und schüttete ihn weg.

Wo war die Kontrolle hin? Wo seine Autorität? Und wo das Verständnis und die Zuneigung, die er immer mit seinem kleinen Bruder geteilt hatte?

Mokuba wurde erwachsen. Vielleicht sollte, er ihn langsam auch mal so behandeln, aber … da war etwas in ihm, das es ihn sträubte. Wenn Mokuba selbstständig wurde, seine eigenen Wege ging, wen … gab es da noch zu beschützen?

Sein Imperium hatte er sich so weit ausgebaut, um seinem kleinen Bruder in erster Linie das bieten zu können, was ihnen als Kindern immer gefehlt hatte.

Ein solides, gesichertes Leben mit einigen Vorzügen, Ansehen und Macht, sodass es niemand jemals wieder wagen würde auf sie herabzusehen, wie es früher gewesen war, als sie Kinder gewesen waren.
 

Doch wofür das jetzt alles?

Es wurde langsam dunkel, nur das Ticken der Uhr war in der Küche zu vernehmen und es klang kalt und nüchtern und irgendwie freudlos.

Kaiba fuhr sich gedankenverloren durch die Haare. Der Zorn wich aus ihm und machte grenzenloser Erschöpfung Platz. Wann nur war er das letzte Mal so müde gewesen? War er es jemals gewesen?

Schließlich schüttete er den kalten Kaffee weg.

Und dann wanderten seine Gedanken wieder zu Ryou. Ryou, welcher immer noch eingesperrt in seinem Schlafzimmer saß. Und plötzlich hasste er sich für seine Kurzschlussreaktion. Dass er die Kontrolle verloren hatte.

Nie zuvor hatte ihn irgendjemand zu so etwas getrieben, Ryou musste etwas ganz Besonderes sein, dass er das geschafft hatte.

Und sein nächster Gedanke war, und das einzugestehen fiel ihm unendlich schwer, dass er falsch lag.

Ryou war in sein Leben getreten und das auf eine sehr bizarre Weise, aber er trug nicht die Schuld an alldem.

Er war der Auslöser, aber nicht der Schuldige. Derjenige, der in sein Leben getreten war, um ihn in seiner Engstirnigkeit und seinen starren Ansichten zu erschüttern, ihm zu zeigen, dass er wie jeder andere Mensch der Welt zu Emotionen fähig war.

Kaiba verengte die Augen. Es gefiel ihm nicht. Ganz und gar nicht. Aber es war nun einmal gekommen, wie es gekommen war und irgendwie … verspürte er jetzt, wo er einigermaßen zur Ruhe kam, wenn auch die Sorge bezüglich Mokuba ihn nicht los ließ, dass er das dringende Bedürfnis hatte, mit Ryou zu reden. Und ertappte sich bei dem Gedanken, ihn dieses Mal hoffentlich nicht zu sehr eingeschüchtert zu haben.
 

Nach fast einer Stunde erhob er sich schließlich und ging langsam hinauf. Hielt einen Moment inne, ehe der den Schlüssel hervorholte, und lauschte. Stille. Absolute Stille.

Dann öffnete er die Tür und-

Staunte nicht schlecht, als er lediglich ein leeres Zimmer vorfand. Die Tür … war doch abgeschlossen gewesen, oder? Nein, ganz bestimmt war sie es gewesen. Sein Blick wanderte langsam im Raum umher. Das Fenster stand offen.

Nein, das wäre wahnsinnig, hatte Ryou etwa …?

Mit schnellen Schritten war er beim offenen Fenster und stierte hinunter in die Dunkelheit, aber da war nichts, kein Ryou, der dort mit gebrochenen Gliedern lag und plötzlich erschien ihm der Gedanke albern.
 

Aber andererseits gab es keine andere Möglichkeit. Hatte Ryou tatsächlich solche Todesangst verspürt, dass er so viel aufs Spiel gesetzt hatte?

Eine Weile noch starrte Kaiba ausdruckslos herab ins Dunkel, dann löste er sich, schloss das Fenster, damit es nicht hereinregnete und versuchte sich von den Schuldgefühlen freizumachen, die ihn befallen hatten.
 

Akefia Wahwadi staunte nicht schlecht, als Ryou plötzlich in seiner Tür stand. Als man ihm gesagt hätte, da sei ein junger Mann, der dringend zu ihm wollte, hatte er mit allem gerechnet, nur nicht mit ihm.

Und Ryou gab wirklich ein jämmerliches Bild ab. Zitterte am ganzen Körper, das Gesicht geschwollen, mit dunkelroten Flecken übersäht, der Blick stumpf.

Er schickte den Portier fort, der den Jungen begleitet hatte und fasste ihn bei den Schultern.

„Was ist passiert…?“

„I-ich weiß nicht, wo ich s-sonst hinsoll“, sagte Ryou mit zitternder Stimme, „Lassen Sie mich … hier, nur eine Weile, ich-“

Ryou gaben die Beine nach und Akefia stützte ihn, half ihm, sich auf die Couch zu setzen.

Und auch, wenn Ryou nur offenbar zusammenhangloses Gemurmel von sich gab, so konnte sich Akefia auch gut so zwei und zwei zusammenreimen. Bei ihm zuhause war es so üblich, dass man mit Menschen wie Ryou nicht sonderlich gut umging und auch mal die Hand erhob, um sie zu züchtigen, allerdings hatte Akefia davon noch nie sonderlich viel gehalten und es machte ihn leicht wütend, Ryou so zu sehen.

Nach einem kurzen prüfenden Blick, fragte er, „Hast du irgendwo starke Schmerzen?“ Nicht, dass er so heftig verprügelt worden war, dass er innere Blutungen davon getragen hatte.

Ryou nickte mit leicht zitternder Unterlippe, „M-mein Knöchel … den hab … ich mir verstaucht, als ich aus dem Fenster ge…“, plötzlich brachen die Dämme und Ryous Stimme verwandelte sich in ein hilfloses und unkontrolliertes Schluchzen. Und dann geschah etwas, mit dem er nicht gerechnet hatte. Akefia zog ihn in die Arme. Einfach so, ohne weitere Fragen zu stellen und alle Anspannung des Tages und der letzten Zeit lösten sich plötzlich und das war so herrlich befreiend.
 

Als Ryou sich wenig später wieder beruhigt hatte, äußerte Akefia die Absicht, nach einem Arzt rufen zu lassen, damit der sich Ryous Knöchel und generell seinen Gesundheitszustand einmal ansah.

In der Zeit, in der sie warteten, drängte er ihn dazu, eine heiße Dusche zu nehmen, damit die Lebensgeister in ihn zurückkämen und Ryou nahm dieses Angebot an, denn auf dem Weg von Kaibas Villa hierher war er schon längst wieder durchgefroren. Auch, wenn diese Kälte zu einem großen Teil von Innen heraus kam.
 

„Kann ich mal zuhause anrufen?“, fragte er schließlich leise, als er wieder, nur in einem weißen Flanellbademantel bekleidet aus dem Badezimmer kam.

Akefia, welcher in der Zwischenzeit etwas an einem Laptop gearbeitet hatte, schob diesen zurück und nickte, dabei auf das Telefon deutend.

„Danke.“

Mit pochendem Herzen lauschte er dem Freizeichenton, bis sich irgendwann die leicht gestresste Stimme seiner Mutter am anderen Ende meldete.

„Yagizawa.“

„Mama, ich bins…“

„Ryou! Ich hab schon fünfmal versucht, dich auf dem Handy zu erreichen, wieso gehst du denn nicht ran!?“, fuhr sie ihn sogleich an.

„Tut mir leid, ich hab es verloren“, verteidigte er sich schwach.

„Verloren!“, fauchte Sharon Yagizawa gereizt, „Verloren! Wir haben keinen Geldscheißer, falls dir das entgangen ist, Amanes Medikamente haben diesen Moment, wie du dir sicherlich denken kannst, wieder mal ein Riesenloch in die Kasse gerissen, da kann ich meinen Kindern auch nicht dauernd neue Elektrogeräte kaufen!“

„Keine Sorge, ich werd es schon wiederfinden“, murmelte Ryou beschwichtigend, „Ich weiß, wo ich es ungefähr verloren haben könnte … Warum hast du überhaupt so oft versucht, mich anzurufen, ist etwas passiert?“

„Amane hatte wieder mal einen Blutsturz. Ich musste mit ihr ins Krankenhaus. Du hast Glück, dass du mich gerade erreichst, ich war nur kurz zuhause, um noch ein paar Sachen zu holen, denn wie es aussieht, muss sie wohl länger bleiben. Wenn du später noch etwas essen willst, im Kühlschrank ist noch Auflauf von gestern Abend, ich bin nicht wirklich zum Kochen gekommen.“
 

Das war wie ein Faustschlag ins Gesicht. Amane ging es schlecht und er hatte nichts Besseres zu tun, als sich in der Weltgeschichte herumzutreiben.

Niedergeschlagen verabschiedete sich von seiner Mutter und so sehr er jetzt den Drang verspürte, bei Amane zu sein, er konnte einfach nicht mehr heute. Es war ihm alles zuviel geworden.

Wenig später ließ er von dem Arzt seinen Knöchel versorgen – er war gottseidank wirklich nur verstaucht – und auf Akefias Drängen, legte er sich in dem Hotelbett hin und fiel kurz darauf in einen todesgleichen Schlaf.
 

Kaiba konnte machen, was er wollte, er konnte sich eines Gefühls der Sorge nicht erwehren. Wobei sich in diese Sorge plötzlich noch Eifersucht und Verlustängste mischten und diese Gefühle teilten sich in seinem Inneren großzügig auf Ryou und Mokuba auf. Nur die Eifersucht, die war alleine Ryou zugedacht.

Seine Laune sank noch weiter in den Keller, als er Ryous Sachen durchsuchte und sich dabei vorkam, wie ein Verbrecher. Schließlich stieß er auf etwas, das vage Erinnerungen hervorrief. Eine Karte. Mit Kontaktdaten eines Mannes, den er nur zu gut kannte.

Und, wenn er so darüber nachdachte, dann war das gar nicht so unlogisch, dass Ryou sich bei diesem Mann aufhielt.

Nur, ob er nun Zuflucht gesucht, oder einfach nur umgesattelt hatte, weil er sich dort mehr versprach, blieb fraglich.

Einen Moment hielt er inne und überlegte, was er nun tun sollte. Dort einfach aufzutauchen, wäre wohl mehr als unklug, wenn er sein Gesicht nicht verlieren wollte. Er könnte jemanden hinschicken, freilich. Aber er zweifelte die Produktivität dieses Vorgehens an, also verwarf er es sofort wieder.

Wenn er alle Möglichkeiten in seinem Kopf durchspielte, so blieb ihm im Grunde nur die eine und die gefiel ihm eigentlich nicht.
 

Er würde ohnehin bis Morgen warten. Wenn er heute noch da auftauchte, würde Ryou wohl nicht nur auf keinen Fall mit ihm mitkommen, sondern womöglich auch noch denken, er war ihm wichtiger, als es eigentlich der Fall war und das konnte er nicht riskieren.
 

Am nächsten Tag kristallisierte sich allerdings noch ein ganz anderes Problem heraus. Auch Mokuba blieb verschwunden. Nun war es gar nicht so unüblich, dass der Teenager mal eine Nacht weg blieb, aber bisher hatte er immer verantwortungsbewusst, wie Seto ihn erzogen hatte, Bescheid gesagt, wo er war, oder wenigstens, dass er überhaupt wegblieb.

Aber nichts. Sein Handy hatte er offensichtlich ausgeschaltet, wenn er es überhaupt mitgenommen hatte, dann kam ihm für einen Moment die Idee, ihn einfach durch das Handy orten zu lassen, doch das erschien sogar ihm für die Situation als etwas zu übertrieben.

Schließlich machte er sich langsam, nachdenklich auf den Weg. Wo Ryou war, wusste er zumindest und der konnte ihn vielleicht zu Mokuba führen, immerhin musste er schändlicherweise gestehen, dass der einen viel besseren Draht zu seinem kleinen Bruder hatte, als er selbst, zumindest in der letzten Zeit. Und natürlich war das der einzige Grund, warum er zu Ryou wollte.
 

Ryou schlief sehr lang am nächsten Tag und als er aufwachte, war er einen Moment lang irritiert. Dieses Zimmer war so luxuriös. Dann fiel es ihm eine Sekunde später wieder ein. Natürlich. Er hatte ja gestern bei Akefia Wahwadi Zuflucht gesucht. Von dem war allerdings weit und breit keine Spur. Ryou streckte sich in dem ausladenden Hotelbett und genoss es einen Moment einfach, dass niemand etwas von ihm wollte, dass er gerade keine Verpflichtungen hatte. Und niemand wusste, wo er war. Auch das war sehr angenehm.

Irgendwann stand er auf, um sich etwas zu trinken zu holen und als er sich gerade aus einer Karaffe ein Glas Wasser eingießen wollte, bemerkte er einen Zettel, auf dem in geschwungener Schrift stand:

‚Guten Morgen, Nefer. Ich habe einige Termine bis zum Nachmittag. Lass dir den Zimmerservice gerne auf meine Kosten kommen. Es wäre mir eine Ehre, dich heute Abend zum Essen ausführen zu dürfen. Im Sekretär findest du etwas Bargeld für Kleidung. Sag einfach einem der Hotelangestellten, was du brauchst.

A.W.‘
 

Ryou musste lächeln. Irgendwie fühlte er sich geschmeichelt. Zwar hatte er nicht vorgehabt, so lange zu bleiben, aber die Vorstellung, mal in ein schickes Restaurant eingeladen zu werden, hatte etwas durchaus Verlockendes.

Es imponierte ihm, dass Akefia offensichtlich nicht wie Kaiba eine solche Panik hatte, sich öffentlich mit anderen Männern zu zeigen.

Was ihn wunderte, da Homosexualität doch in den arabischen Ländern um einiges strenger gehandelt wurde, aber offenbar war Akefias Einfluss dort so dermaßen groß, dass man es nicht wagte, ihm in irgendeiner Form auf die Pelle zu rücken. Oder Akefia nutzte seinen Besuch in Japan genau für so etwas. Darüber konnte man nur spekulieren und eigentlich war es Ryou auch egal. Er beschloss, diesen Tag einfach mal zu genießen und seine Sorgen zu vergessen.

Der Fuß schmerzte ihm immer noch ziemlich, deshalb ließ er sich auch Frühstück aufs Zimmer bringen, anstatt herunterzugehen.

Er hatte in der letzten Zeit kaum Hunger verspürt und hatte dementsprechend abgenommen, aber jetzt knurrte ihm das erste Mal seit Wochen richtig der Magen und so schlug er auch dann zu.
 

Als er wenig später einen Blick in den Spiegel riskierte, traf ihn fast der Schlag. Unter beiden Augen waren blaue Flecken, die unmissverständlich auf das hindeuteten, was auch tatsächlich passiert war, die Lippe war leicht aufgeplatzt auf einer Seite – wann das passiert war, hatte er gar nicht bemerkt. Im Großen und Ganzen war es wahrscheinlich klüger noch einen Tag zu warten, bis er nachhause fuhr. Auch, wenn die Sorge um Amane ihn nicht wirklich los ließ, allerdings konnte er ihr unmöglich so unter die Augen treten. Zwar würden die Hämatome am nächsten Tag auch nicht bereits verheilt sein, allerdings wenigstens ein bisschen abgeschwächt, sodass er sie problemlos überschminken könnte.
 

Er sah ein bisschen fern, nachdem er gefrühstückt hatte. Doch auf kurz oder lang wanderten seine Gedanken unweigerlich zu Kaiba.

Wie sollte es jetzt weiter gehen? Ryou brauchte das Geld, das wusste er und Kaiba wusste das auch. Wollte er ihn denn überhaupt noch sehen? War er ihm wohl noch wütend? Mit ziemlicher Sicherheit.

Das Schlimme an der Sache war ja eigentlich, dass Ryou sich nach, wie vor, zu diesem Mann hingezogen fühlte. Seine Gedanken kamen einfach nicht los von ihm. Und das, obwohl sich Ryou von Anfang an klar gemacht hatte, dass diese Beziehung rein geschäftlich war, geschäftlich und nichts weiter, so spürte er, dass das alles längst schon viel tiefer ging. Er war Seto Kaiba verfallen und er wusste, er würde auch dann zu ihm zurückkommen, wenn er ihm weitaus Schlimmeres angetan hatte.

Im Grunde war es mehr der Schreck gewesen, der Ryou zu dieser überstürzten Flucht getrieben hatte und … Moment. Redete er sich das, was gestern passiert war, tatsächlich schön? Ryou biss sich auf die Unterlippe.

Und Mokuba … Ein furchtbar schlechtes Gewissen überkam ihn. Was war mit Mokuba? Sicherlich würde er ihn jetzt hassen. Und Ryou konnte es nachvollziehen. In diesem Moment hasste er sich gerade selbst. Er war ein beschissener Freund. Auf der ganzen Linie. Sowohl Malik gegenüber, als auch Mokuba gegenüber. Auch, wenn er sich Mokuba so gerne erklärt hätte.

Er fragte sich, ob Kaiba schon mit seinem kleinen Bruder gesprochen hatte und wie er reagiert hatte und irgendwie wurde Ryou plötzlich schlecht bei dem Gedanken, Mokuba am nächsten Tag in der Schule zu sehen. Oder Malik.
 

Plötzlich sehnte er sich nach Malik. Der war immer für ihn da gewesen, hatte immer Verständnis gehabt, hatte ihn beschützt, war sein Fels in der Brandung gewesen, und jetzt? Alles zerstört? Oder brauchte er nur eine Weile um zu verarbeiten?

Am liebsten hätte Ryou sich in einem Loch vergraben. Aber das hatte noch niemandem geholfen. Er beschloss, den heutigen Tag einfach noch unbeschwert umgehen zu lassen und sich danach Sorgen um alles andere zu machen. Er brauchte diese Auszeit einfach mal.
 

Als Akefia Wahwadi an diesem Abend von seinen Terminen zurückkehrte, stellte er mit Freude fest, dass Ryou sein Angebot offensichtlich angenommen hatte.

Ryou hatte sich neu eingekleidet, ähnlich, wie an dem Tag, an dem sie sich das erste Mal gesehen hatten, viel Weiß, was ihm ungeheuer gut stand.

„Wie geht es deinem Knöchel?“, fragte er lächelnd.

Ryou erwiderte das Lächeln, er konnte gar nicht anders.

„Es geht. Tut noch weh, aber ich sterbe nicht daran … Danke“, fügte Ryou dann noch hinzu. „Wenn ich mich irgendwie erkenntlich zeigen kann, dann …“

Er brach ab. Eigentlich hatte er nur ein Mittel, um seine Dankbarkeit zu zeigen und er hoffte, Akefia ahnte, was er meinte, ohne, dass er es aussprechen musste.

Der allerdings beugte sich nur zu ihm herab und küsste ihn auf die Stirn, während er ihm flüchtig durch das seidige Haar strich.

„Keine Sorge“, sagte er leise, „Alles, was du tust, sollst du tun, weil du es willst, nicht, weil du dich schuldig, oder gezwungen fühlst.“

Dann ließ er von ihm ab, zwinkerte ihm zu und verschwand einen Augenblick im Bad.
 

Ohne es zu wollen hatte sich ein leichter Rotschimmer auf Ryous Wangen gelegt. Es war eine völlig neue Erfahrung, dass ihn jemand auf so eine Art und Weise umwarb, dass einmal nicht die erste Frage lautete, wie viel er kosten würde. Das tat gut.
 

Sie fuhren in einer Limousine zu dem Restaurant, das Akefia im Blick gehabt hatte und Ryou staunte nicht schlecht, denn soweit er richtig informiert war, war dies eines der exklusivsten Restaurants in der ganzen Stadt – eine Vermutung, die sich bestätigte, als er wenig später einen Blick in die Speisekarte warf und große Augen machte.

„Bestell dir, was du möchtest“, sagte Akefia wohlwollend und schmunzelte über den Ausdruck in Ryous Gesicht, welchen er vergeblich versuchte, zurückzuhalten.

Ryou sah ihn einen Moment ungläubig an, dann sah er abermals in die Karte. Das Zeug hier war so teuer, wie ein unterer Arbeiterlohn.

Ryou war versucht, einfach das Teuerste zu bestellen, das er fand, einfach so, weil er es konnte, doch dann war es ihm doch zu heikel – nicht, dass man ihm irgendetwas Widerliches, wie Tintenfischpenis, oder so servierte, also entschied er sich einfach für Hummer. Hummer hatte er noch nie gegessen, aber er wusste, was das war und hatte es schon immer ausprobieren wollen.

Akefia bestellte für sie beide noch einen teuren Wein dazu und Ryou musste schmunzeln, denn irgendwie wirkte das so, wie ein Date.

Akefia fiel dieses Schmunzeln auf und er fragte lächelnd: „Was ist?“

„Nichts, das ist nur so … merkwürdig irgendwie. Ich meine, verstehen Sie mich nicht falsch, aber ich … bin weder eine Berühmtheit, noch reich, oder so gebildet, dass man sich an meiner Nähe bereichern könnte, also, warum …?“ Er ließ den Satz nicht vollständig ausgesprochen, aber Akefia ahnte auch so, worauf er hinaus wollte.

„Du gefällst mir.“ Er strich kurz zärtlich mit den Fingern über Ryous linken Handrücken. „Du erinnerst mich ein wenig an eine Gazelle … genauso empfindsam, genauso anmutig und schön und wohl … genauso schwer zu kriegen.“

Akefia lachte, während sich auf Ryous Gesicht ein Rotschimmer legte.

In der Zwischenzeit hatte der Kellner den Wein und eine kalte Vorspeise in Form von Kaviarhäppchen gebracht.
 

Ryou probierte eines der Schnittchen und erwiderte kauend: „Wo genau kommen Sie eigentlich her? Afrika ist groß und wenn man an Afrika denkt, dann denkt man automatisch an das dritte Welt-Land-Elend. Schwer vorzustellen, dass es da auch eine High Society gibt."

Er schluckte herunter und sah Akefia unverwandt an.
 

„Ich stamme ursprünglich aus El Minia am Nil, wo ich auch aufgewachsen bin. Allerdings hat es mich immer schon zum Meer hingezogen – das und meine damalige Freundin und heutige Ehefrau Isis bewogen mich dazu, nach Alexandria zu ziehen – sie ist die Kuratorin des Nationalmuseums. Dort habe ich mir innerhalb weniger Jahre meine Firma aufgebaut.“

Ryou hatte interessiert gelauscht. Irgendwie überraschte ihn die Tatsache, dass Akefia verheiratet war, denn er wirkte nicht wie jemand, der seine Frau betrog. Aber Ryou wollte nicht weiter nachfragen und nahm es als gegebene Tatsache hin – er hatte ohnehin keine Ahnung, wohin sie dieser Abend noch führen würde, von daher.

„Und ja, um deine Frage zu beantworten – Reichtum ist selten in meinem Land und die Grenze zwischen Arm und Reich viel geringerer als beispielsweise in den entwickelteren Ländern Asiens, oder in Europa.“

Ryou nickte verstehend. So ähnlich hatte er es sich auch vorgestellt.
 

Eine Weile war Stille, nur das dezente Violinenspiel der anwesenden Musiker und die gedämpften Gespräche der anderen Leute waren zu vernehmen, dann sagte Akefia:

„Nun, aber Ryou, da gibt es etwas, das mich brennend interessiert.“

Ryou sah auf und begegnete dem Blick der dunklen Augen. „Und was wäre das?“

„Wieso hat ein Junge, wie du es nötig, sich von Kaiba, diesem verbohrten Gefühlslegastheniker, so etwas gefallen zu lassen? Du könntest jeden Mann haben, Ryou, jeden.“

Ryou sah ihn einen Augenblick verblüfft an, solche Worte hätte er von jemandem, wie Akefia niemals erwartet und plötzlich musste er lachen, aus keinem besonderen Grund und es war eher ein hysterisches, freudloses Lachen, als ein aufrichtiges Lachen, Akefia jedoch verzog keine Miene dabei.

Ryou beruhigte sich irgendwann wieder und als er das geschafft hatte, standen ihm Tränen in den Augen.

Er griff zu seinem Weinglas und trank es sehr unvornehm in einem Zug leer. Wusste nichts mehr zu sagen. Oder das was er zu sagen wusste, war ihm selbst viel zu paradox. Nämlich, dass er sich in Seto Kaiba verliebt hatte und das mit allen seinen Ecken und Kanten und das war doch sehr verwunderlich, wo er ihm doch kaum je eine zärtliche Seite gezeigt hatte.

Akefia schien schon zu ahnen, was in Ryou vorging und beließ es dabei.

Schweigend speisten sie, da man inzwischen das Essen gebracht hatte, bis Ryou in die Stille hinein sagte: „Wissen Sie, ich weiß ja selbst, wie töricht und dumm ich mich verhalte. Stricher verlieben sich einfach nicht in ihre Freier und Freier nicht in ihre Stricher. Das ist so gesehen ganz einfach. Ich weiß auch nicht, wie ich es immer wieder schaffe, mich in so eine Scheiße reinzureiten.“

„So, wie ich das sehe, bleibt dir nur eine Wahl. Das Arbeitsverhältnis mit Kaiba auflösen, um dich nicht selbst zu verlieren.“

Ryou schloss gottergeben die Augen. „Das kann ich nicht. Ich brauche das Geld für die medizinische Versorgung meiner Schwester – sie ist schwer krank.“

Ein grauer Schleier der Müdigkeit legte sich über Ryous Augen, während er das Glas Wein entgegennahm, das Akefia ihm abermals gefüllt hatte.

Er trank einen Schluck, hielt dann inne und das Glas in Augenhöhe, wo er es einen Augenblick verharren ließ, ehe er es wieder abstellte.

„Ich würde dir gerne ein Angebot machen, Ryou“, sagte Akefia dann später, „Und ich würde mir wünschen, dass du darüber nachdenkst.“

Ryou nickte, war bereit zuzuhören.
 

„Du bist sehr begehrenswert“, sagte Akefia behutsam. „Und auch ich bin dir erlegen.“

Abermals griff er nach Ryous Hand, dieser sah ihm direkt in die Augen.

„Seit ich dich das erste Mal gesehen habe, begehre ich dich. Ich … möchte mit dir schlafen – aber nicht so, wie Kaiba es tut, es würde dir sehr gefallen.“

Ryou nippte an seinem Wein, sah ihn jedoch aufmerksam an.

„Allerdings möchte ich deine Notlage nicht ausnutzen, nicht in der Form, wie es Kaiba tut. Ich mache dir das Angebot; verbringe eine einzige Nacht mit mir und ich werde zukünftig und unbegrenzt für alle medizinischen Kosten aufkommen, die während dem Krankheitsverlauf des Mädchens noch anfallen.“

Ryou starrte Akefia an. Starrte ihn einfach nur an. Das war … zu schön, um wahr zu sein.

„Würden Sie mir das auch vertraglich bestätigen, dass Sie für die Kosten aufkommen?“

So irgendwie wollte er es nicht recht glauben.

Doch zu seiner Überraschung nickte er.

„Natürlich müssten wir in diesem Vertrag einige Abänderungen vornehmen, weil du noch minderjährig bist, aber ich denke, ich bin reich genug, dass man mir reine Gönnerhaftigkeit abnimmt. Und Ryou-“

Er sah den Jungen durchdringend an, „Ich möchte, dass du wirklich gut darüber nachdenkst und keine leichtfertige Entscheidung triffst, die du später bereuen könntest.“

Ryou nickte. Und ihm schwindelte ein wenig. Wahrscheinlich von dem Wein.
 

Als sie das Restaurant wenig später verließen, stach Ryou sofort ein Auto ins Auge, das er nur zu gut kannte. Und an diesem Auto lehnte jemand, den er kurz daraufhin trotz Sonnenbrille, Mütze und Alltagskleidung, auch erkannte.

Ryou erstarrte.

Der Mann sah ihn und trat ihnen einige Schritte entgegen. Ryou wurde es ganz klamm in der Brust und unbewusst versteckte er sich halb hinter Akefia.

„Es überrascht mich, Sie hier zu sehen, Mr. Kaiba“, sagte Akefia freundlich und streckte ihm die Hand hin, doch der nahm sie nicht entgegen, schien ihn nicht einmal wahrzunehmen, und sagte zu Ryou:

„Du musst mitkommen. Sofort.“ Ein Befehl, der keinen Widerspruch zuließ und hätte Akefia Wahwadi nicht einen Schritt nach vorne gemacht, wäre Ryou trotz allem, was geschehen war, dem nachgekommen.

„Dieser Junge ist meine Angelegenheit“, sagte Kaiba reserviert und nachdrücklich und hielt dem Blick seines Geschäftspartners stand, der ihn durchbohrte, der ihm sagte, dass er genau wusste, was er mit Ryou angestellt hatte und Ryou konnte das Flimmern spüren, das gerade in der Luft lag.

Schließlich und zur Überraschung aller, war es Kaiba, der nachgab.
 

„Ryou, Mokuba ist verschwunden, du musst mir helfen, ihn zu finden …“

-Adoration-

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

-Sunset-

Ryou war absolut übernächtigt, als er am Nachmittag des nächsten Tages endlich zu Amane ins Krankenhaus kam. Er war seitdem nicht zuhause gewesen und die Schule hatte er auch einen Tag ausfallen lassen.

Aber gerade war es ihm egal.
 

„Hallo Brüderchen!“, begrüßte sie ihn, als er ihr Krankenzimmer betrat, „Hab mich schon gefragt, wann du auftauchst.“

Dabei versuchte sie stärker zu klingen, als sie momentan wohl war und das merkte Ryou ihr an und im Stillen fragte er sich, ob man ihm seinen Kummer und seine Sorgen wohl genauso anmerkte. Er hoffte, nicht, aber er fühlte sich so schwach. Und es trieb ihm fast die Tränen in die Augen, Amane so zu sehen.

Er umarmte sie flüchtig, hatte Angst, sie zu zerbrechen, weil sie so schrecklich dünn war.
 

„Ich würde dich ja fragen, wie du dich fühlst, aber ich glaube, das kann ich mir sparen“, sagte Ryou und nahm bei dem Mädchen am Fußende des Bettes Platz.

Amane verzog das Gesicht. Dann sagte sie: „Es geht jetzt mit der Dialyse los, die sagen, meine Organe pfeifen schon aus dem letzten Loch.“

In Ryous Hals bildete sich ein Kloß. Nicht auch das noch.
 

„Brüderchen, du siehst auch nicht sonderlich gut aus…“ Amane runzelte die Stirn, „Du warst die letzten Tage verschwunden, hat Mama gesagt – war irgendwas?“

Sie sah ihn an, genauso, als wüsste sie etwas.
 

Ryou schloss einen Moment die Augen. „Amane, ich … wenn ich … wenn ich die Möglichkeit hätte, so schnell, an so viel Geld zu kommen, dass du auf der Spenderliste nach ganz oben kommst und wir deine Medikamente in Zukunft immer bezahlen können und wenn …“ Ryou stockte plötzlich, da ihm die Stimme zu brechen drohte und er wollte nicht, dass Amane etwas davon mitbekam, doch das war leider zu spät.
 

Er hörte ein leises Rascheln, verursacht durch die Schläuche und Infusionen, als sie sich leicht aufrichtete, nach vorne rutschte und ihn umarmte.

„Du darfst dir von meiner Krankheit nicht das Recht absprechen lassen, unglücklich zu sein“, sagte sie leise und Ryou kniff die Augen zusammen, woraufhin zwei Tränen sich lösten und lautlos über seine Wange rannen.

„Bitte sag mir doch, was mit dir ist, auch wenns Mama nicht merkt, ich merk das sehr wohl.“

„Ich-“ Ryou brach ab, fast wäre er soweit gewesen, Amane alles zu sagen, aber das würde sie nicht verkraften, das würde sie unendlich verletzen, denn wer wollte schon, dass sich ein Geschwisterteil für einen prostituierte. Aber irgendetwas musste er sagen und so entschied er sich für die halbe Wahrheit.

„Ich hab fürchterlich mit Malik gestritten und außerdem … Hab ich schreckliche Angst vor deinem Tod.“
 

Plötzlich hörte er ein leises Schluchzen, „Ryou, ich hab doch auch Angst … Ich hab auch Angst und Mama lässt das einfach nicht zu, es ist so anstrengend, immer stark zu sein!“

Und damit sprach sie das aus, was er ebenso empfand.
 

Und plötzlich war ihm alles klar. Er würde alles tun, damit seine Schwester nicht starb. Seine eigenen Gefühle und Sehnsüchte mussten hinten anstehen. Es ging um Amanes Leben.
 

Ryou war mehrere Stunden bei Amane geblieben, ehe er nachhause gegangen war. Dort war das erste was er tat, in sein Zimmer zu gehen, und die Jalousien gänzlich herunterzuziehen.

Er war schrecklich müde und das Tageslicht verursachte ihm Kopfschmerzen. Und Unwohlsein. Licht war immer so verräterisch und er kam sich niederträchtig vor.

Er fühlte sich nicht gut, absolut nicht gut.

Ryou schloss die Augen. Von Kaiba konnte und wollte er kein Geld nehmen. Es war zwecklos, weiter zu versuchen, sich selbst einzureden, dass er keine Gefühle für diesen Mann hatte. Und das letzte bisschen Stolz verbot es ihm, unter diesen Umständen zu ihm zu gehen und sich immer noch für Sex bezahlen lassen.
 

Akefias Angebot schwirrte ihm seit dem Krankenhausbesuch im Kopf herum. Und ein ganz anderer Konflikt entstand. Wenn er in Kaiba verliebt war, konnte er sich dann guten Gewissens von einem anderen … aber das musste er.

Und er würde es wohl tun. Egal, wie das mit ihm und Kaiba weitergehen würde. Das war das Opfer, das er bringen musste und er brachte es gerne.
 

Am nächsten Tag schwänzte Ryou die Schule. Seiner Mutter fiel das nicht auf, denn die routierte derzeit zwischen Arbeit und der Versorgung ihrer kranken Tochter.

Auch die ganzen Tage darauf blieb er daheim und jeden Tag nahm er sich vor, zu Akefia zu gehen, und mit ihm zu sprechen, aber aus irgendeinem unerfindlichen Grund verließ ihn jedesmal der Mut.

Seinem Fuß ging es zumindest besser, wenn auch nur ein bisschen und zu viel belasten konnte er ihn immer noch nicht.
 

Als Seto Kaiba am nächsten Morgen aufwachte, fühlte er, dass irgendetwas nicht stimmte. Er kam nicht sofort darauf, was es war – doch plötzlich wurde es ihm schlagartig klar. Die Augen flackerten zum Wecker. Es war bereits 10:45 Uhr – vor knapp drei Stunden fing er normalerweise an, zu arbeiten.

Stöhnend ließ er sich zurücksinken – er fühlte sich wie gerädert. Das durfte doch nicht wahr sein. Denn Wecker hatte er aufjedenfall eingestellt, konnte es tatsächlich sein, dass er ihn schlichtweg nicht gehört hatte? Das war ihm noch nie passiert, normalerweise war er immer schon wach, bevor der Wecker überhaupt klingelte.

Kaiba rieb sich mit Daumen und Zeigefinger über die geschlossenen Augenlider. Zugegeben, wirklich gut geschlafen hatte er wirklich nicht, oft war er aufgewacht, hatte dann keinen Schlaf gefunden und die wache Zeit dann damit verbracht, über alles Mögliche nachzudenken.

Abermals wanderten die Augen zur Uhr. Der Gedanke daran, heute unter Menschen zu sein, erfüllte ihn mit Abscheu.

Er hatte sich, seit er die Firma übernommen hatte, noch niemals unter der Woche einen freien Tag gegönnt.
 

Fast automatisch wanderten seine Gedanken zu Ryou. Er würde wohl nicht mehr zu ihm kommen. Zumindest nicht, um sich von ihm bezahlen zu lassen. Kaiba musste zugeben, dass er tatsächlich so etwas, wie Anerkennung für diese Form des Stolzes empfand.

Und es erfüllte ihn mit einem ganz anderen Gefühl. Ryou riskierte ziemlich viel dafür, dass das Leben seiner Schwester auf dem Spiel stand. Was ihm gerade erst so richtig bewusst wurde.

Er verengte die Augen. Wenn er von ihm kein Geld nahm, würde er dann tatsächlich auf das Angebot von Akefia Wahwadi eingehen?

Kaiba schnaubte abfällig und quälte sich dann aus dem Bett, um eine Dusche zu nehmen. Und wenn schon – was bitte kümmerte es ihn?

Dass er der erste Mensch ist, der dir ins Herz schauen kann, ohne, dass du sprechen musst. Dass er der erste ist, der sich von dir nicht wegbeißen lässt. Der dich erträgt, obwohl du so bist, wie du bist.

Hatte er sich geirrt, oder hatte dieser Junge tatsächlich Gefühle für ihn?

Das war doch vollkommen absurd!
 

Die Nacht, die sie miteinander verbracht hatten, sprach allerdings eine ganz andere Sprache. Es war si intensiv gewesen, so leidenschaftlich, in diesem Moment hatte es nur sie beide gegeben und wenn er sich zurückerinnerte, dann hatte es zuvor niemals jemanden, wie Ryou für ihn gegeben.

Wieso fühlte es sich sonst nur in seinem Inneren so warm an, so voller Leben, wenn Ryou bei ihm war? Wieso war ihm, ausgerechnet IHM nach Lächeln, wenn Ryou es tat?
 

Kaiba stellte das Wasser aus. Er wusste, dass es im Grunde eigentlich nur eine einzige logische Erklärung gab. Auch, wenn die ihm nicht gefiel, aber ganz offensichtlich hatte er sich tatsächlich in diesen Jungen verliebt.
 

***
 

Malik staunte nicht schlecht, als Ryou plötzlich vor seiner Tür stand. Wie einige Wochen zuvor.

„Tut mir leid, wenn ich störe…“, brachte der Junge heraus, „Ich …“

Malik gab sich innerlich einen Ruck. „Komm rein“, sagte er, während sich Besorgnis in ihm breit machte, da Ryou heftig zitterte und auch sonst wirkte, als würde er jeden Moment zusammenbrechen.

Kaum hatte er das gedacht, sah er den Jungen wanken und ehe er zusammenklappte, stützte er ihn.

„Hey, was ist dir denn passiert?“

„Es tut mir leid“, sagte Ryou leise. „Es tut mir so leid, dass wir gestritten haben … hasst du mich…?“

Malik fasste Ryou um die Hüfte und half ihm, zur Couch zu gelangen. „Ryou, ich könnte dich nie hassen. Ich war einfach nur so schockiert, das ist alles, was … was ist denn passiert, nun sag schon…“

„Ich hab mich echt in die Scheiße geritten“, sagte Ryou, der sich mit geschlossenen Augen gegen Malik sinken ließ, welcher einen Arm um ihn legte.

„Ich hab mich in einen Mann verliebt, in den ich mich nie hätte verlieben sollen und … Amane … meine Schwester … sie … und…“ Ryou brach ab.

„Ich koch mal Tee…“, murmelte Malik dann und stand auf, woraufhin sich Ryou gegen die Couchlehne lehnte.
 

Als Malik allerdings wieder kam, war Ryou eingeschlafen. So stellte er den dampfenden Tee einfach auf den Couchtisch in seinem Zimmer und setzte sich neben Ryou, wobei er den Blick noch kurz auf diesem verweilen ließ.

Ryou war so dünn geworden. Malik fühlte sich hilflos. Und gleichsam begann eine Wut auf Kaiba in ihm zu keimen – wie konnte man die Notlage eines Menschen nur so ausnutzen, diesem Kerl war doch echt nicht mehr zu helfen.

Malik hatte gute Lust, einfach mal in die Kaiba Corporation zu marschieren und dem Typen die Meinung zu geigen, aber er befürchtete, dass man ihn wohl kaum durchlassen würde. Er musste dringend mit Ryou sprechen, wenn der wieder aufgewacht war. So konnte es unmöglich weitergehen.
 

***
 

„Verdammtnochmal!“, fluchte Kaiba und knallte die Kaffeetasse wieder auf die Anrichte, „Will mich hier jemand mit heißem Kaffee umbringen?“

Mokuba, welcher am Küchentisch saß, sah seinen großen Bruder an und erwiderte vorwurfsvoll: „ Ich hatte dir gesagt, dass ich den gerade frisch gekocht habe und der brühend heiß ist.“

Kaiba erwiderte daraufhin nichts, sondern leckte sich über die Unterlippe, welche nun höllisch brannte.

Er warf einen flüchtigen Blick zu Mokuba, der ihn unverwandt anstarrte.

„… Was?“

„Nichts, es ist nur …“, begann der Junge zögerlich.

„Was?“

„Es ist ja schon ungewöhnlich, dass du mal frei machst, aber diese Schusseligkeit, die du heute schon, seit ich nachhause gekommen bist, an den Tag legst, ist wirklich unvergleichlich. Du – bist doch noch mein Bruder, oder?“, fügte Mokuba hinzu, wobei er sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte.

„Ich bin gerade nicht zu Scherzen aufgelegt, Mokuba.“

„Also, ich amüsiere mich gerade königlich. Was zum Kuckuck bringt dich nur so durcheinander, wenn ich es nicht besser wüsste, würd ich sagen, dass …“

„Sprich es nicht aus!“, zischte der junge Firmenchef gereizt. „Schlimm genug, dass ich mich überhaupt mit so etwas auseinander setzen muss.“

„Frag ihn doch einfach, ob er mit dir gehen will“, schlug Mokuba vor, worauf Seto ihn einen Moment lang perplex anschaute.

Irgendwie erstaunte ihn dieses einfache, jugendliche Denken, wie es ihn ärgerte. Als, ob das so einfach wäre.

„Das … ist doch das Problem, oder? Du bist zu stur und zu stolz, ihn zu fragen, ob er mit dir gehen will“, bestimmt Mokuba, seinen Monolog fortführend, während Seto staunt, wie simpel man sein Problem doch auf den Punkt bringen konnte.

„Tja, das war schon immer schwierig“, murmelte der Teenager und trank an seinem Red Bull.

Kaiba presste sich Daumen und Zeigefinger gegen die Nasenwurzel, „Moki, das ist ein bisschen komplizierter, als du dir das vielleicht vorstellst. Ich führe ein weltweit bekanntes Unternehmen, wie dir vielleicht aufgefallen ist, da kann ich nicht plötzlich so mir nichts, dir nichts mit einem Minderjährigen Jungen zusammen sein.“

Mokuba kippelte mit seinem Stuhl, was ihm einen missbilligenden Blick seines großen Bruders einbrachte.

„Für mich klingt das nur nach Ausrede. Ich mein … du bist einer der kompliziertesten Menschen, die ich kenne, ich dachte immer, der oder die, den du dir mal auswählst, müsste jemand ganz Besonderes sein, jemand, der dir gut tut, der dich … zum Nachdenken bringt. Und ich glaub, das tust du schon seit dem Wochenende letztens ununterbrochen, ist es nicht so?“

Mokuba schaute ihn unschuldig lächelnd an und Kaiba hatte es die Sprache verschlagen.

Er hatte wohl einen Fehler gemacht, diesen Jungen in der Vergangenheit nicht wie einen Erwachsenen zu behandeln, denn nichts anderes hatte er verdient.
 

Und er hatte Recht. Er hatte so Recht. Kaiba ging wortlos aus der Küche und griff sich seinen Mantel. Nebenbei wählte er auf dem Handy Ryous Nummer an.
 

„Ja?“, meldete sich am anderen Ende eine Stimme und Kaiba brachte keine zwei Sekunden, um zu merken, dass das nicht Ryou war, allerdings blieb ihm keine Möglichkeit, etwas zu sagen, da im nächsten Moment ein regelrechter Wortschwall über ihn herein ging.

„Kaiba, bist du das? Oh, na das trifft sich gut, ich hab dir echt ne Menge zu sagen – Ich bin Ryous bester Freund und ihm geht’s gerade wirklich dreckig, wie kann man eigentlich nur so arschlos sein und-“

„Wenn ich mal was sagen dürfte!“, fuhr Kaiba dem Redeschwall gereizt dazwischen und der Typ am anderen Ende der Leitung hielt tatsächlich inne.

„Ich muss mit Ryou sprechen, hättest du vielleicht die FREUNDLICHKEIT … ihn mir zu geben?“

„Na, sicher nicht. Wär ja noch schöner. Ryou sieht furchtbar aus, du solltest froh sein, dass wir nicht zur Polizei gehen-“

„Hör mal, du Knallcharge“, schnauzte Kaiba, der so langsam die Geduld verlor, „Wenn ich wollte, könnte ich dir innerhalb von zehn Minuten das ganze scheiß FBI von Domino-City auf den Hals hetzen, die haben schon ganz andere Nummern zurückverfolgt, also – gib ihn mir, oder sag mir, wo er ist, ich will einfach nur mit ihm sprechen.“

Kaiba betonte seinen letzten Satz, als rede er mit einem Schwerhörigen, was ihm ein Schnauben seitens des anderen einbrachte.

Einen Moment Schweigen.

„Er ist bei mir“, sagte der Mann schließlich. „Er schläft gerade, hör mal, ihm geht’s wirklich scheiße …“
 

Akefia staunte nicht schlecht, als Ryou ihn aufsuchte. „Nun, ich gehe davon aus, dass du über mein Angebot nachgedacht hast …?“, sagte er freundlich.

Ryou nickte mechanisch.

„Ich habe … keine Wahl“, sagte er, schlang dann seine Arme um den Hals des älteren Mannes und sah ihm in die Augen, küsste ihn, was Akefia mit Wohlwollen erfüllte, dennoch … war er es schließlich, der diesen Kuss unterbrach.

„Was ist?“, fragte Ryou, dessen Augen in Kummer schwammen.

„So verführerisch das jetzt auch ist …“, raunte Akefia, die Nase einen Moment in Ryous Halsbeuge vergraben, „Aber dein Kuss schmeckt bereits so, als wäre er schon für einen anderen bestimmt. Du solltest nicht so früh in deinem Leben anfangen, die falschen Entscheidungen zu treffen …“
 

Als Malik Kaiba später die Tür öffnete, war er nicht sonderlich begeistert und hatte dementsprechend nicht wirklich freundliche Worte übrig, aber da das auf Gegenseitigkeit beruhte, war das wohl in Ordnung.
 

Ryou war inzwischen aufgewacht und fünf Minuten bevor es an der Tür geklingelt hatte, hatte Malik ihm Bescheid gesagt, dass Kaiba auf dem Weg hierher war.

Ryou hatte nicht sonderlich glücklich aus der Wäsche geschaut, aber er wusste, dass er sich einem Gespräch mit dem Mann nicht für immer entziehen konnte und vielleicht … war das auch gut so. Denn er wusste, je länger er etwas hinauszögerte, desto schwerer fiel es ihm, sich dem zu stellen.
 

„Können wir alleine reden?“, sagte Kaiba mit kühler Stimme und Blick auf Malik, der empört einwarf: „Kommt gar nicht in die-“

„Schon in Ordnung – Malik. Gehen wir auf den Balkon, ich wollte ohnehin gerade Eine rauchen“, sagte Ryou und schnappte sich seine Zigaretten.

Kaiba fiel auf, dass er immer noch humpelte und irgendwie tat es ihm plötzlich leid.
 

Von dem Balkon aus konnte man ziemlich weit sehen, da Malik mit seiner Familie relativ weit oben wohnte. Aus der Ferne konnte man die Türme der Kaiba Korporation erkennen, an deren gläsernen Fassade sich das Licht der untergehenden Sonne in einem atemberaubenden Rot brach.

Eine Weile saßen sie beide schweigend da. Ryou rauchte, Kaiba hatte die Hände gefaltet und starrte angestrengt in die Ferne.
 

„Ich habe noch nie jemanden, wie dich getroffen“, sagte Kaiba schließlich leise und in diesem einfachen, schlichten Satz lag soviel mehr, als das, was er eigentlich besagte.

„Und was wird nun mit uns?“, sagte Ryou, „Ich kann mich nicht mehr von dir bezahlen lassen. Und du kannst nicht mit einem Stricher zusammen sein. Sowas kann keiner wollen.“

„Das nicht.“ Kaibas Stimme klang kühl und neutral, aber nicht abweisend. „Allerdings habe ich gesehen, dass es mehr gibt, als Ryou, den Stricher. Und dieses ‚mehr‘ …“ Er brach ab, wusste nicht, wie er es formulieren sollte.

„… Ist es, das ich will.“

„Du weißt auch, dass das niemals gut gehen würde?“, sagte Ryou sanft und ergriff die Hand Kaibas, um sanft mit den Fingerspitzen darüber zu reiben.

Kaiba nickte. „Ich habe mir allerdings auch den Kopf zerbrochen … über eine andere Möglichkeit, dich an mich zu binden. Und die gibt es nicht … Nach allem, was war … kann ich dich nicht so einfach gehen lassen.“

Ryou sah Kaiba erstaunt an und es rührte ihn, wie er sprach.
 

„Ich war bei Akefia“, sagte er schließlich. „Ich … wollte sein Angebot annehmen.“

Ryou nahm die Hand weg und stockte. „Ich konnts nicht … Ich konnts einfach nicht.“

Ein leises Schluchzen, dann sah er ihn an und lächelte und sah wunderschön dabei aus. „… Ich hab mich in dich verliebt. Ich weiß nicht, warum, aber es ist so. Vielleicht, weil wir uns im Herzen so ähnlich sind.“

Kaiba hatte schweigend zugehört, was Ryou gesagt hatte.

Das erste, was er empfand, war Eifersucht, weil Ryou beinahe mit Akefia geschlafen hatte. Dann Wärme, weil er ihm sagte, dass er verliebt in ihn war.

Und schließlich Leidenschaft. Und Verbundenheit.
 

Man sagt immer, was gut anfängt, kann oft böse enden. Aber manchmal kann etwas, das schlecht beginnt, auch ein gutes Ende nehmen.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Jaa, ich weiß, für manche ist diese FF sicher etwas zu abrupt zu Ende >.<. Genau deshalb möchte ich noch ein Nachwort schreiben.
Zu allererst möchte ich allerdings ALLEN meinen Kommentatoren danken, ihr habt mich echt motiviert, vor allem, da es ja echt verhältnismäßig viele waren bei manchen Kapiteln :D

Also. Natürlich ist mir klar, dass ich manche Sachen noch weiter ausschmücken hätte können, allen voran die Sessions zwischen Kaiba und Ryou. Das war nun eigentlich geplant, allerdings habe ich gemerkt, dass irgendwann die Luft raus war und besonders bei einem Pairing, das ich das erste Mal schreibe (Kaiba hab ich auch das erste Mal als Charakter geschrieben), wollte ich keinen Eiertanz riskieren, weil ich mit den beiden nichts mehr anzufangen weiß. Das Pair ist zwar meiner Meinung nach sehr passend, aber immer noch eine Herausforderung, wenn man gewöhnt ist, sehr extrovertierte Bad Boys wie Mariku und Co als dominanten Charakter zu schreiben ;). Aus jemandem, wie Kaiba Gefühle rauszubekommen war schon eine ganz neue Dimension und ich würde mir von Kaiba-Fans wünschen, die das hier lesen, dass sie mir vll sagen, ob ich ihn einigermaßen getroffen, oder verkackt hab, damit ich weiß, worauf ich beimnächsten Mal achten muss xD.
Ferne hätte ich natürlich die Sache mit Amanes Krankheit weiter ausschmücken können, erst war geplant, sie sterben zu lassen, allerdings habe ich es dann aus der Befürchtung heraus, diese Sache könne den Hauptplot verdrängen, bewusst bleiben lassen.

Ansonsten hoffe ich, dass ihr Freude hattet beim Lesen und ich würde mich sehr freuen, euch bei einer meiner anderen FFs begrüßen zu dürfen.

Wenn wir schon beim Thema sind: Abonniert doch meine FFs, dann seht ihr gleich, wenn ich etwas Neues online stelle ;) (Das geht, wie bei den Fanarts, ihr müsst nur zu meinen FFs in die Übersicht gehen und dann auf abonnieren klicken <3)

Achja: ich hab hier eine One Shot Sammlung zu YGO, zu verschiedenen Shippings, schaut doch mal rein :)
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Kommentare zu dieser Fanfic (68)
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Von:  Mini-Malik
2014-02-17T19:42:53+00:00 17.02.2014 20:42
Hachja
Ich weiß,das ich diese FF mal vor einiger Zeit angefangen hatte zu lesen,die ersten drei Kapitel kamen mir sehr bekannt vor. Aber aus einem mir unerfindlichen Grund hatte ich sie dann nie zu Ende gelesen. Nun,wo ich es schließlich doch getan habe,bin ich erstaunt,das ich das vorher einfach so abbrechen konnte.
Zu deiner Fanfic: Ich bin definitiv kein Fan von Kaiba,wollte aber etwas neues mal lesen und außerdem gefiel mir der Storyinhalt. Diesen Inhalt hast du auch mehr als nur gut rübergebracht. Klar,an manchen Stellen hätte man wirklich wesentlich mehr auf Gefühle der Personen eingehen können,manches war auch ziemlich runtergerattert und man hätte aus der jeweiligen Situation mehr rausholen können,aber alles in allem gefällt mir die Fanfic doch sehr gut.
Charaktere an sich:Ich finde,das du Kaiba sehr gut rübergebracht hast,mit seinen inneren Konflikten,seiner Distanziertheit und seiner kühlen Art.So stelle ich mir Kaiba auch in etwa vor,erst recht,wenn ihm dann alles aus dem Ruder läuft. Deswegen,super getroffen,dafür,das du ihn das erste mal geschrieben hast.
Ryou ist super geworden,gefällt mir noch besser als Kaiba und das,obwohl er nicht mal einer deiner typischen Ryous ist. Die Last,die zunehmend schwerer auf seinen Schultern lastet ist sehr gut nachzuvollziehen. Das er dann hinterher einbricht,das es ihm alles zu viel wird und das er sich wegen seiner kranken Schwester vernachlässigt fühlt,es aber nicht zeigen darf,ist gut rübergebracht worden. Man fühlt mit dem armen Jungen richtig mit und am Ende hat er sogesehen sein Glück ja noch gefunden.
Akefia ist ein schöner Kontrast zu Seto und stellt auch ein super Problem dar,was sich zwischen die beiden stellt. Ich finde gut,wie er offensichtlich zeigt,was er will,aber dennoch so charmant dabei ist,das man schon dahinschmelzen kann. Man konnte dann doch nachvollziehen,wie Ryou wegen ihm eine Zwickmühle gerät,entweder er wählt den steinigen Weg an Kaibas Seite oder nimmt die einfach Variante und schläft einmal mit Akefia. Der Zwiespalt ist gut nachvollziehbar und Akefia hat seine Sache gut gemacht~
Das Ende:Ja...sehr offen würd ich sagen,aber es bleibt damit auch viel Freiraum,um sich das endgültige Ende selbst zusammen zu reißen. Deswegen find ich auch gut,das du nicht näher auf Amanes weiteren Krankheitsverlauf eingegangen bist,denn dann kann man sich dort das Ende auch selbst zusammenreimen. Ob die beiden nun wirklich das Traumpaar schlechthin sind,sei mal dahingestellt und sieht wohl jeder anders,aber das sie sich gegenseitig gut tun und sich brauchen,ist wohl eindeutig. Auch hier bleibt es dem Leser offen,ob die zwei wirklich für die ewigkeit bestimmt sind und ob diese Liebe eine Zukunft hat.

Alles in allem ist es wirklich eine gute FF,ausbaufähig an manchen Stellen,aber keinesweg schlecht. Ich hab sie gern gelesen und sie regte mich doch ein wenig zum nachdenken und vor allem zum mitfühlen an. Vielen dank dafür. Gut gemacht und weiter so.
Von:  Jaelaki
2014-01-06T09:40:38+00:00 06.01.2014 10:40
Hallöchen.

Ich hoffe, du bist gut ins neue Jahr gestartet. ^.-

Dann will ich gleich mal mit meinem Beitrag hier anfangen. ;-D

Seitdem ich das letzte Kapitel gelesen habe, ist ja schon einige Zeit vergangen. Trotzdem – oder gerade deswegen? – packt der Beginn des Kapitels -Offer- sofort. Ein sehr schöner Einstieg.

Es liegt ja noch einiges unausgesprochen zwischen den Kaiba-Brüdern. Mokubas Reaktion hast du mMn schön authentisch eingefangen.

>Vielleicht sollte, er ihn langsam auch mal so behandeln, aber … da war etwas in ihm, das es ihn sträubte. <

Hier hingegen ist das Komma nach sollte zu viel. Außerdem empfinde ich die Formulierung – dieses >in ihm, das es ihn sträubte< eigenartig.

Den Übergang von Setos Gedanken zu Ryou hast du schön elegant beschrieben. Das gefällt mir. Die Gedankengänge sind nachvollziehbar.

>Dann öffnete er die Tür und- <

Nach dem – müsstest du ein Leerzeichen lassen. Das ist grundsätzlich so, deswegen erwähne ich es hier ein Mal. In der Folge hast du es ein paar Mal falsch gemacht.

Interessante Wendung. Ryou ist nicht mehr im Zimmer. Er lässt sich also doch nicht alles gefallen und ist womöglich nicht ganz so hilflos, wie Kaiba denkt. Go, Ryou, go! ;-D

Ach, armer Ryou. Jetzt war es doch zu viel.

>Und dann geschah etwas, mit dem er nicht gerechnet hatte. Akefia zog ihn in die Arme. Einfach so, ohne weitere Fragen zu stellen und alle Anspannung des Tages und der letzten Zeit lösten sich plötzlich und das war so herrlich befreiend. <

Aber das tut ihm sicherlich gut. Dennoch. Gefahr? Akefia kommt mir ja nicht gerade vor, wie ein unschuldiger Nachbar von nebenan. Ich denke im Gegenteil, dass er auch ganz schön Dreck am Stecken hat. Mal sehen.

>Auch, wenn diese Kälte zu einem großen Teil von Innen heraus kam.<

Das hätte ich anders formuliert. Vielleicht auch dramatischer. Auch, wenn diese wiederkehrende Kälte aus seinem Inneren herrührte – aus seinem Innern drang und seine äußere Fassade heftig zum Zittern brachte – etc.

>„Kann ich mal zuhause anrufen?“<

Das altbekannte >Zuhause<-Problem. Es müsste hier zu Hause heißen.
Allerdings kann ich Ryous Verhalten gegenüber seiner Mutter kaum nachvollziehen.

>Das war wie ein Faustschlag ins Gesicht. Amane ging es schlecht und er hatte nichts Besseres zu tun, als sich in der Weltgeschichte herumzutreiben.<

Immerhin konnte Ryou das nicht wissen. Rational also nicht nachvollziehbar. Auch Emotional hätte ich eher auf Wut oder eindrücklichere Fassungslosigkeit getippt. Emotionen bringst du leider manchmal eher schwach >rüber<. Daran könntest du arbeiten.

>Wobei sich in diese Sorge plötzlich noch Eifersucht und Verlustängste mischten und diese Gefühle teilten sich in seinem Inneren großzügig auf Ryou und Mokuba auf. Nur die Eifersucht, die war alleine Ryou zugedacht.<

Das hast du etwas umständlich geschrieben. Sinnvoller und durchdachter → und Verlustängste mischten. Letztere teilten sich […] zwischen [dadurch hättest du diese Dopplung von auf vermieden] Ryou und Mokuba auf. Nur die Eifersucht […].

Die Bekanntschaft mit Akefia entpuppt sich für Ryou doch als eine gute >Abwechslung< zu Kaibas schändlicher Behandlung. Ich bin gespannt, wie sich dieses >Dreieck< weiterentwickelt, ebenso auf die Aussprache zwischen den Kaiba-Brüdern.

>Er war Seto Kaiba verfallen und er wusste, er würde auch dann zu ihm zurückkommen, wenn er ihm weitaus Schlimmeres angetan hatte.<

Was allerdings nichts mit Liebe oder Ähnlichem zu tun hat. Das ist einfach krankhaftes Verhalten. Aus dem >hatte< würde ich jedoch ein >hätte< machen.

>Was war mit Mokuba? Sicherlich würde er ihn jetzt hassen. Und Ryou konnte es nachvollziehen. In diesem Moment hasste er sich gerade selbst. Er war ein beschissener Freund. Auf der ganzen Linie. Sowohl Malik gegenüber, als auch Mokuba gegenüber.<

Das finde ich jedoch übertrieben und nicht so simpel nachvollziehbar. Warum war Ryou angeblich ein schlechter Freund? Er steckt in einer überaus prekären Lage, sieht kaum einen Ausweg. Als wahre Freunde müssten die beiden anderen das mit etwas objektiverem Abstand verstehen und Ryou unterstützen. Sicherlich ist es nicht wünschenswert, wenn sich Freunde so tiefgreifende Dinge verheimlichen [müssen]. Aber Ryou macht es ja weder aus Boshaftigkeit, noch will er jemandem schaden. Im Gegenteil. Er schadet damit letztlich nur sich. Meine Meinung.

>dann war es ihm doch zu heikel – nicht, dass man ihm irgendetwas Widerliches, wie Tintenfischpenis, oder so servierte, also entschied er sich einfach für Hummer.<

Genial. xD

>Reichtum ist selten in meinem Land und die Grenze zwischen Arm und Reich viel geringerer als beispielsweise in den entwickelteren Ländern Asiens, oder in Europa.“<

Das stimmt so nicht. Die Spanne zwischen >arm< und >reich< in solchen Ländern ist gewöhnlich viel größer als in Industrieländern. Die Grenze somit ganz klar und eher größer als hier.

>„Das kann ich nicht. Ich brauche das Geld für die medizinische Versorgung meiner Schwester – sie ist schwer krank.“<

Was ich mich gerade frage: Müsste es Ryous Mutter nicht auffallen, wenn der so viel Geld mit der ganzen Sache verdienen würde, dass es seiner Schwester wirklich helfen würde? Ich meine eine solche Behandlung kostet sehr viel. Da ist es mit ein paar Zehnern nicht getan. Und irgendwann müsste es doch selbst einer so beschäftigten Mutter wie Ryous auffallen, dass er untypisch viel Geld für einen Schüler verdient …

>Ich mache dir das Angebot; verbringe eine einzige Nacht mit mir und ich werde zukünftig und unbegrenzt für alle medizinischen Kosten aufkommen, die während dem Krankheitsverlauf des Mädchens noch anfallen.“<

Na, auf geht’s! ;-D

Die Unterhaltung zwischen Ryou, Kaiba und Akefia hast du schön authentisch und spannend geschildert. Lob dafür. ^.-

Der Schluss des Kapitels gefällt mir sehr. Es schließt das Kapitel angemessen ab. Auf der anderen Seite macht es Lust auf mehr. Spannung liegt in der Luft. Interessant.

Damit schließe ich jetzt auch diesen Kommentar. ^.-

Wie bereits erwähnt, gebe ich hier nur meinen subjektiven Eindruck wider. Was du annehmen möchtest oder nicht, liegt allein bei dir. ;-D

Eine schöne Woche!

Gruß,
Jaelaki

Re-✖✐✖
Von:  Jaelaki
2013-09-19T22:38:47+00:00 20.09.2013 00:38
Hi!
Nach einer 'Sommerpause' bin ich wieder frisch und munter dabei! ^.-
Ich habe mir eben dein Kapitel durchgelesen und mehr oder weniger spontan meine Eindrücke dazu niedergeschrieben. Ich fang also einfach mal an … ^^


Malik schien zu überlegen, wie er seinen Satz beginnen sollte und dessen Zögern gefiel Ryou nicht. Malik war ansonsten immer  [...]

<< Malik, Malik. Hier verwendest du sehr oft die Namen der Protagonisten. Besser wäre hier mehr Abwechslung beim Satzbau. Das macht den Schreibstil auch flüssiger.

das hatte ich schon länger und die Erkenntnis, die mir bei diesen ganzen Sachen gekommen ist, gefällt mir nicht. Ganz und gar nicht. Ryou, bitte … sag mir die Wahrheit. Schläfst du für Geld mit Männern?“

<< Düdümm! Das ist natürlich jetzt >die< Frage. Sehr schön, wie die Spannung hier greifbar wird.

In Ryou drin wurde es eisig kalt.

<< Das ist jetzt nicht so eine schöne Formulierung. Wie wäre es mit: Ryous Innerstes gefror zu Eis. Oder: Ryou spürte nur noch, wie in plötzlich ein eisiger Schauer erfasste? ^.-

Eine schallende Ohrfeige riss Ryous Gesicht zur Seite. 

<< Ehrlich gesagt finde ich, dass Seto hier zu schnell handgreiflich wird. Natürlich ist er richtig sauer, allerdings schätze ich diesen Charakter eher als sehr kontrolliert ein. Auch wenn er wütend wird, stelle ich mir eher vor, dass er immer 'ruhiger' und sozusagen eiskalt reagiert, nicht so explosiv. Aber das ist wohl subjektiv. Ich wollte dir nur gerne auch meinen Eindruck hier hinterlassen. ^.-

Ryou, so sachlich, wie möglich, doch die unterdrückten Tränen ließen seine Stimme verräterisch zittern.
Malik sagte nichts. Ryou sah ihn an, Maliks Blick war ausdruckslos.

<< Hier nennst du – mMn – zu oft die jeweiligen Namen. Da ist der Schreibstil nicht flüssig. Ryou – Malik – Ryou -Malik. Wie bei einem Tennisspiel. Besser wäre es, hier die Sätze abwechslungsreicher zu gestalten.

Ryou durfte sich auf dem Weg, seine Schwester zu retten, nicht selbst verlieren
<< oh. Diese Formulierung finde ich sehr schön und passend! Kompliment! ^^

[...] kein bisschen Verständnis? Gerade er? Natürlich. Verständnis dafür, dass der beste Freund, einen angelogen hatte, dachte er trocken.

<< Naaja. Lügen sind natürlich wirklich nicht der Hit. Aber Ryou war / ist auch in einer sehr komplizierten Lage. Nach dem ersten Schock, denke ich trotzdem, dass Malik Verständnis für ihn hätte. Freunde zeichnet doch gerade das aus, dass sie einem helfen, auch wenn man noch so einen Scheiß gebaut hat, ohne dass sie einen schlicht verurteilen.

Ryous Schritt wurde gemäßigter. Er war niedergeschlagen. Fühlte sich sehr alleine plötzlich. Alleine mit seinen Problemen, mit seinen Sorgen.

<< Hier ist dein Schreibstil sehr abgehackt. Klar, du willst das betonen. Aber mMn ist es zu viel des Guten. 1. sind das sehr kurze Sätze und 2. wiederholst du dich hier – alleine, alleine. Mit seinen, mit seinen. Aber das mag jetzt auch recht subjektiv sein. Lies einfach nochmals drüber. Wenn du damit zufrieden bist, dann sei es so. ^.-

nachhause

<< Das hingegen ist mir oft aufgefallen: Richtig müsste es 'nach Hause' heißen. Nur 'das Zuhause' wird so zusammen geschrieben. Aber: Er geht nach Hause.

Inzwischen war die Dämmerung hereingebrochen und ein eisiger Wind wehte […]

<< hier könntest du noch mehr Atmosphäre reinbringen. Sorry. Sicherlich kannst du es nicht mehr lesen, weil ich das so oft schreibe. xD Aber du hast so super Ansätze, deswegen will ich gerne versuchen zu schreiben, wo du noch ein bisschen Pfiff reinbringen könntest. Natürlich lediglich meiner Meinung nach. ^.-
Also: mehr Beschreibungen der Umgebung, was ist die Folge des eisigen Windes? Was spürt, sieht Ryou? Was hört er? Etc.

Fürchtete sich davor, wenn er jetzt zu ihm hinginge, dass er ihn niemals wieder fort lassen würde und gleichsam davor, dass er ihn fortschickte.

<< Sehr schön! Wirklich! Das ist ein toller Satz. Sehr poetisch und doch nicht abgehoben. Sehr passend! Lob! ^.-

Dann klingelte er. Er hatte ja doch keine Wahl. 

<< Wieso? Er hat doch eine Wahl. Vorher – so weit ich mich erinnere – geht er doch sogar noch seine Wahl durch. Jedenfalls könnte er auch einfach nicht klingeln und gehen. Das macht er zwar nicht,aber die Möglichkeit bestünde, d.h. er hat eine Wahl, entscheidet sich aber eben hierfür.

akuter und harter Regenschauer

<< akut? Hört sich an, als sei jemand krank. Vielleicht wäre hier passender: plötzlicher, überraschender o.Ä.

„Ich hatte gehofft …“ Hier ein Weilchen Zuflucht zu finden? Tolle Erklärung.

<< Super! Dieser Abschnitt hat mir total gut gefallen. Ryous 'Unfähigkeit' seine Gefühle in Sprache zu 'kleiden'. Super passend zur Situation. Sehr bildlich. Toll!

zuhause

<< wie oben bereits erwähnt: Dieser Fehler steckt häufiger in der Geschichte. Vielleicht machst du dir ja mal die Mühe und guckst gezielt danach. ^.-

Kaiba starrte ihm unwillkürlich hinterher, die weichen Lippen noch auf der Wange fühlend. Dann riss er sich aus seiner Starre und schüttelte den Kopf, versuchte sich wieder auf die Arbeit zu konzentrieren, die er sich mit nachhause gebracht hatte.

<< Abgesehen von dem 'nach Hause' ist dieser Abschnitt superspitze. Das passt. Das ließt sich super. Wirklich ein klasse Abschnitt, den ich gerne mehrmals gelesen habe!

dass Ryou nackt in seinem Badezimmer herumsprang, schon aus, um ihn in seiner Konzentration zu stören?

<< xD Hier musste ich lachen. Einfach amüsant dieser Gedankengang im Kopf eines Seto Kaibas. ^.-

da konnte es nicht sein, dass Ryou ihn zusätzlich durcheinander brachte und das, indem er einfach nur existierte.

<< ebenso. Amüsant und herrlich ehrlich und trocken! ^.-

Er gab Ryou die Schuld daran, dass er ihn so durcheinander brachte. Im Grunde war es auch seine Schuld.

<< dito! XD ^.-

Erst als Ryou schon schwindeln musste, zog er ihn herauf, ließ ihm nur zwei, drei Atemzüge, ehe er ihn in einen Kuss zog, verlangend und herrschsüchtig und grob und wütend und all das spürte Ryou.

<< sehr intensiv. Abgesehen von – mMn – übertriebenen Wutattacke, wirklich eine intensive und authentische Begegnung! Kompliment!

Und er ließ ihm keine Zeit, um sich zu sammeln, denn kaum hatte er den Kuss gelöst, hatte er ihn aus der Wanne gezogen – Ryou war mit der Bewegung mitgegangen, um zu verhindern, dass ihm ein großer Büschel Haare ausgerissen wurde – und er stieß ihn zu Boden, so heftig, dass Ryou sich den Hinterkopf anschlug, als er auf den harten Fliesen aufkam und ehe er vor Schmerzen stöhnen konnte, drückte Kaiba ihm die Luftkanäle ab.

<< Die Dynamik ist hier sehr schön! Die Handlung fesselt hier! Allerdings ist es – mir – zu grob, zu explosiv. Seto Kaiba ist für mich sehr herrschsüchtig, aber eben auch sehr kontrolliert. Selbst wenn das eine außergewöhnliche Begegnung sein soll, reagiert mir Seto zu unüberlegt und zu wenig berechnend. Aber das ist eben meine Meinung.

er brauchte einen Moment um zu realisieren, dass er sich gerade absolut hatte gehen lassen, etwas vollkommen Inakzeptables, denn es offerierte eine andere Seite an ihm, eine Seite, die ihm selbst unheimlich war.

<< diese Formulierung und Wendung hingegen ist sehr nachvollziehbar. Sehr schön! ^.-

Kaiba versuchte, seinen Atem unter Kontrolle zu bringen. Er war erregt. Fuhr sich durch die Haare. Starrte dann wieder zu Ryou herab, starrte auf seinen mageren Leib und die Tränen, die ihm plötzlich in die Augen traten, machten ihn nur wieder wütend. Wütend, weil er sie nicht sehen konnte, weil er das hasste, das hatte er schon bei Mokuba nie ertragen können.

<< Hier kommt mir dein Schreibstil wieder recht 'abgehackt' vor. Du machst viele kurze Sätze und nimmst dabei häufig ein Stichwort aus dem vorherigen kurzen Satz auf, wiederholst es und führst es aus. Sicherlich kann man dies dosiert als Stilmittel benutzen, mir kommt es jedoch hier zu stark vor.


Kaiba stockte, Ryou hatte seine Arme um seinen Hals geschlungen und er spürte die feuchte, kühle Haut des Jungen, dann eine Stimme, die ihm ins Ohr flüsterte:
„Dann hab ich dich kennengelernt und gesehen, dass du viel einsamer bist, als ich, weil du dir niemals, aber auch niemals auch nur irgendein … Gefühl der Schwäche erlaubst. Du wirkst immer … Wie ein Titan im Sturm und vielleicht … aber … manchmal … in Momenten wie diesen … hab ich Mitleid und es ist mir egal, welche Strafe ich dafür bekomme, weil es die Wahrheit ist …“

<< Wundervoll. Das ist die Stelle, durch die ich mir die beiden tatsächlich zusammen vorstellen könnte. Beide alleine auf ihre Art und Weise, verloren und verquererweise sich so ähnlich. Schön auf den Punkt gebracht. Lob! ^.-

Abermals traten Ryou die Tränen in die Augen
<< Dafür, dass es für Ryou so emotional bzw. ergreifend ist, beschreibst du es leider recht flach. Im nächsten Abschnitt nähern sich die beiden bereits ihrem Höhepunkt. Mich lässt das Ganze jedoch recht kalt, weil es sehr oberflächlich geschrieben ist. Damit möchte ich nicht auf explizite sexuelle Beschreibungen hinaus, sondern mehr auf Atmosphäre, Eindrücke … was fühlt Ryou? Was spürt er? Was hört er? Was schmeckt er? Was sieht er?

„S-Seto, w-was soll das hier hat das hier…?“
In diesem Moment war es Seto Kaiba, als hätte man ihm einen Beutel Eis in den Magen gekippt, als er die Stimme seines kleinen Bruders hörte.
<< Oh, Gott. Herzinfarkt. ._.

wie hatte er nur so nachlässig sein können, die verdammte Tür nicht abzuschließen?“

<< nur ein Detail: Anführungszeichen zu viel. Aber letztlich sehr gute Frage. Seto, du hättest mir einen Herzinfarkt ersparen können. xD ^.-

Seine ganze Wut richtete sich in diesem Moment auf Ryou und er schlug zu, ganz plötzlich und unkontrolliert,

<< mmmh. Okay. Die Wut 'verstehe' ich aus Setos Perspektive, aber die Handlung daraus ist mir trotzdem nicht authentisch genug. Ich stelle mir ihn in solch einem Moment eher eiskalt vor, versteinert, absolut distanziert, Ryou mit ein paar Worten verbal niedermachend.

doch nicht hier einsperren!!!“, schrie er panisch

<< hier hätte ein Ausrufezeichen gereicht. Allerdings verstehe ich Ryous Panik.

Ryou hatte Angst, grauenvolle Angst plötzlich. 

<< Schreibstil ist hier nicht flüssig durch dieses angehängte 'plötzlich'. Vielleicht besser: Ryou hatte Angst; plötzliche, grauenvolle Angst.

nachhause

<< siehe oben … 'Nach Hause'.

Mit Malik war er zerstritten und ein ungewollter Trotz in ihm hinderte ihn daran, zu ihm zu gehen.

<< Okay. Klar, zerstritten finde ich jetzt übertrieben, es war wohl eher eine Meinungsverschiedenheit gekoppelt mit Enttäuschung. Ich denke aber nicht, dass Malik Ryou seine Hilfe verwehren würde!

Und dann fiel ihm schlagartig jemand anders ein. 

<< Aber du willst – wie man hier erkennen kann – eben nicht auf Malik hinaus, sondern jemand anderen. Okay. Nachvollziehbar, aber doch etwas klischeehaft. Vielleicht hättest du Maliks und Ryous Streit explosiver darstellen können, dann wäre Ryous 'Flucht' zu einem anderen womöglich authentischer. Oder: Er wäre tatsächlich erst zu Malik, der wäre aber nicht da … und dann fällt Ryou doch 'der andere' noch ein. Was für ein Glück im Unglück! ^.-

Und vergessen. Alles, was ihn quälte.

<< und das ist ja relativ viel an dieser Stelle. Oh, je. ._. Mal schauen, was noch kommt. ^^

Uh, ich denke, der Kommentar wurde jetzt doch relativ detailliert. Ich möchte dir nicht auf die Füße treten und daher noch einmal ganz klar betonen, dass das einfach meine Meinung ist, meine Eindrücke, die ich mehr oder weniger spontan hier jetzt mal aufgeschrieben habe. Vielleicht hilft dir ja sogar der ein oder andere Impuls. Würde mich jedenfalls freuen. ^.-

LG Jaelaki
Antwort von:  Jaelaki
20.09.2013 00:39
Oh man. Ich weiß nicht, warum ich immer auf die falschen Tasten komme. ._.
Naja.

Jedenfalls ist das mein Re-✖✐✖! ^^

LG Jaelaki
Von:  Jaelaki
2013-07-27T16:38:21+00:00 27.07.2013 18:38
Hallo!
Ich habe eben das Kapitel 'Smell' gelesen und mein erster Eindruck: Du schreibst weiterhin interessant, die Story wird nicht irgendwie lahm - im Gegenteil! ^.- Mein erster Eindruck ist entsprechend positiv: Mir hat besonders die Darstellung von Akefia Wahwadi gefallen. Er war ein guter Kontrast zu Seto, obwohl er ja selbst anscheinend genug Einfluss hat, um mit eben diesem konkurrieren zu können. Weiteres im Folgenden:

Grammatik/ Rechtschreibung
Es gibt durchaus ein paar Rechtschreibfehler, nichts, was den Lesefluss besonders grob stören würde, aber vermeidbar gewesen wäre. Ich möchte nicht alle jetzt hier aufführen. Im Gedächtnis geblieben ist mir jedoch das „Nachhause“ - ich finde es gerade leider nicht mehr, was aber in diesem Fall 'nach Hause' heißen müsste. Damit hast du bereits öfter Probleme gehabt.

Stil
Ist schön. ^.-
Allerdings könntest du die Gefühle von Ryou eindrücklicher darstellen. Dir fehlen da – meiner Meinung nach – manchmal einfach Adjektive, die das Ganze lebhafter und emotionaler machen würden.

Authentizität/ Charakterdarstellung
Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: Die Charaktere stellst du sehr schön und authentisch dar. Mokuba fällt in diesem Kapitel etwas flach aus – das übliche Teenagergehabe. Dafür hat mir Akefia Wahwadi sehr gut in deiner Darstellung gefallen. Setos Eifersucht lässt du schön durchblitzen. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob er Ryou wirklich so schnell eine Ohrfeige verpassen würde. Das ist aber subjektiv. Jedoch auch Ryous Reaktion: Würd er das wirklich einfach so schlucken? Wäre er nicht viel mehr enttäuscht oder hätte trotz allem ein schlechtes Gefühl? Das ist mir nicht klar genug rüber gekommen. Hier fehlt Atmosphäre, Gefühl, etwas, das einem unter die Haut geht.

Aufbau
Es ist schön erkennbar, wie sich allmählich das Verhältnis zwischen Seto und Ryou verändert. Was bzgl. Mokuba und Noah noch folgt: Ich bin gespannt. ^.-

Kreativität
Du bedienst keine langweiligen 'Stereotype', sondern gestaltest die Geschichte für mich aus einer neuen Perspektive. Ich habe allerdings auch noch nie vorher eine Ryou x Seto – Story gelesen. Umso interessanter für mich, was du daraus machst.

Fazit
Die Geschichte bleibt interessant. Das Verhältnis zwischen beiden verändert sich zunehmend ohne jedoch aus dem Raster zu fallen. Mokuba kommt als 'Problemherd' dazu. Sehr schön. Wie mag es weiter gehen? Negativ bleibt jedoch mangelnde Atmosphäre, ein Kribbeln, dieser 'ohoh'-Effekt. Trotzdem mag ich die Story und bleibe gespannt. ^.-

LG Jaelaki

Re-✖✐✖
Von:  w-shine
2013-07-07T09:26:24+00:00 07.07.2013 11:26
Hallöchen =)

Dann werde ich die Geschichte hier mal weiterverfolgen.
Mir hat an dem Kapitel gefallen, dass du mehr auf Ryou und seine Lebensumstände eingehst, auf seinen Alltag in der Schule und auch seine Beziehung zu Malik erwähnst. Allerdings kommt mir da einiges zu kurz, z.B. die Situation mit der Schwester hättest du etwas genauer ausführen können und vielleicht auch Malik mehr Raum geben. Der Anfang mit der Kurvendiskussion und der Mathestunde war etwas überflüssig, aber gut zum verdeutlichen, dass er das Matheass ist und damit Nachhilfe geben kann.

Ich kann mich momentan nicht mehr genau an den Manga erinnern und weiß deshalb auch nicht mehr, in welcher Klasse wer ist, aber das ist ja eigentlich auch egal, nicht? ;)
Dass er Mokuba Nachhilfe gibt, ist natürlich auch mehr so Mittel zum Zweck, damit er Kaiba wieder trifft. Die innere Zerrissenheit von Ryou bevor er zu Mokuba geht, dass er Kaiba nicht treffen will, fand ich gut.

Ich hätte mir noch etwas mehr Details zu Kaibas Gefühlswelt gewünscht, wie er an Ryou und die vergangene Nacht denkt, dass er es immer wieder in Gedanken durch geht, dass er vielleicht noch mal zum Strich fährt und versucht ihn zu finden, Ryou dann aber an genau diesem Abend nicht da ist. So ist es Aufeinandertreffen etwas zu einfach und schnell.

Der Rest des Kapitels und die Abmachung der beiden ist dann auch etwas vorhersehbar, aber insgesamt erschien mir dieses Kapitel sowieso nur Mittel zum Zweck gewesen zu sein, damit du die beiden zusammenführst und es zu dieser Abmachung kommt. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn Ryou noch etwas länger gezögert hätte und sich von Kaiba etwas Bedenkzeit einfordert.

Bezüglich des Schreibstils, es liest sich wieder gut, Stolperstellen gab es für mich eigentlich nicht, obwohl ich mir gelegentlich ein paar mehr Details gewünscht hätte.
Insgesamt ist dieses Kapitel für mich recht gut und es erfüllt seinen Zweck die Geschichte voran zu treiben.

Liebe Grüße,
Shine
✖✐✖

Von:  Jaelaki
2013-07-02T14:14:41+00:00 02.07.2013 16:14
Hi!

Mein erster Eindruck zum Kapitel: Es geht interessant weiter. Ich mag, wie du die Perspektiven „switchst“, allerdings fehlt es mir an Atmosphäre. Damit meine ich, dass mir Gefühlsdarstellungen fehlen. Vieles erwähnst du zwar, aber es kommt eher wie eine 'Aufzählung' rüber, wie etwas das jemand von einem Nachbar über einen Bekannten erzählt. Es wird also eher nüchtern beschrieben ohne wirkliches Gefühl [gerade bei der Krankheit der Schwester und Ryous und ihrem Gespräch ist mir das aufgefallen].
Mehr dann im Folgenden:

Grammatik/ Rechtschreibung
Hier sind mir einige Fehler aufgefallen:
>> das nächste Schuljahr würde sein Letztes sein.
Da sich „sein letztes“ auf das genannte Schuljahr bezieht, wird es klein geschrieben. ^.-

>> Es war die Angst, um seine Zwillingsschwester, die ihn so zerwühlte.
Das Komma vor um ist überflüssig und falsch. Vor um kommt nur dann ein Komma, wenn es den Sinn bspw. „um etw. zu tun“, aber Angst um etwas haben ist einfach ein zusammenstehender Ausdruck.

>> war die Dreifachbelastung; Die Schule
Nach Semikolon schreibt man klein weiter. ^.-

>> dass er einen pubertierenden Teenager zuhause sitzen hatte.
In diesem Falle muss es „zu Hause“ heißen.

Stil
Wie schon eingangs erwähnt, finde ich, dass es an Atmosphäre fehlt. Dein Schreibstil ist okay, aber es fehlt es an Gefühl und Beschreibungen um die Handlung herum.

>> Gut, dass Ryou das Lernen nicht schwer fiel, hatte er doch schon immer eine gute Auffassungsgabe gehabt - anderen aus seinem Jahrgang ging es da nicht so fabelhaft.

Das finde ich generell etwas flach. Nicht dass Lernen nur was mit guter Auffassungsgabe zu tun hätte. Aber okay, das nur am Rande. ^.-

>> Der Vater liebte seine Kinder zwar, aber er ließ sich immer seltener blicken, weil er einfach nicht mit einem todkranken Kind umgehen konnte.
Aber dafür hatte Amane ja ihn.

Hier das angesprochene „Gefühlsproblem“. So schnell ist das für Ryou abgehakt? Das finde ich zu banal dargestellt. So eine ernste Erkrankung eines Nahestehenden ist sehr schwer zu ertragen, dazu noch ungleich schwieriger, wenn man es allein schaffen muss. Dass sich der Vater zusehends aus seiner Verantwortung stiehlt, wäre für mich persönlich keine so klare und einfache Sache. So etwas belastet. Das könntest du besser darstellen.

>> Es war keine schlechte Entscheidung gewesen, diesen Jungen für sich zu beanspruchen. Nicht, dass er jemals schlechte Entscheidungen traf. Manche waren höchstens nur weniger gut, als andere.
Köstlich! xD Das ist Seto. Ich habe diesen Satz mehrmals gelesen und musste jedes Mal grinsen. ^.-

>> "Mal abgesehen davon, dass ich es unmöglich finde, erst 20 Minuten in der Warteschleife zu hängen, wo irgendein Spaßvogel auf die Idee kam, das Lied "Help" einzuspielen, bis man mich zu Ihnen durchstellt-" Sie holte kurz Luft und Kaiba rollte die Augen.
Sie schien um einen einigermaßen ruhigen Tonfall bemüht, "Es geht um Ihren Bruder-"
"Ich hatte jetzt auch nicht geglaubt, dass Sie wegen Barack Obama hier anrufen!", fuhr Kaiba sie sarkastisch an, "Kommen Sie auf den Punkt!"

Auch dieser Abschnitt hat mir sehr gut gefallen. Amüsement pur! Toll! Einfach getroffen. ^.-

>> "Ihr Bruder hat mich als fettes, stinkendes Schwein beschimpft, nachdem er mich mit dem Tafelschwamm beworfen und gesagt hat, ich soll die, ich zitierte verfickte Tafel doch seinetwegen mit meinem fetten Arsch abwischen'", ergriff der Mathelehrer pikiert das Wort.

Hier musste ich natürlich auch grinsen. Fand ich amüsant, obwohl das vielleicht nicht gerade für meine Erziehung spricht. ^.-

Authentizität/ Charakterdarstellung
Die Charakter stellst du auch weiterhin toll dar. Mir gefällt sehr, wie die beiden agieren, weil es eben sehr authentisch und einleuchtend ist. ^.-

Aufbau
Du baust die Geschichte spannend auf. Ich finde es auch sehr gut, dass es nicht vordergründig um sexuelle Darstellungen geht, sondern du sensibel an das Thema herangehst. Ebenso dass sich die beiden nicht dauernd „zufälligerweise“ treffen, sondern beide auch unabhängig an Tiefe gewinnen.

Kreativität
Dieses Kapitel fand ich recht kreativ. Einfach weil du Mokuba auch in eine nicht sehr typische Rolle gepackt hast, das aber nachvollziehbar. Sehr interessant diese Entwicklung!

Fazit
Es gibt in diesem Kapitel einige Rechtschreibefehler, die jedoch leicht zu verbessern sind. Schwieriger finde ich die „Problematik mit dem Gefühl“ bzw. der Atmosphäre. Du solltest vielleicht versuchen, an den wichtigen Stellen mehr ins Detail zu gehen. Gerade, was die markanten Stellen mit der Krankheit von Ryous Schwester angehen. Hier wäre womöglich auch ein Abschnitt angebracht, der zeigt, wie sie leidet und wie er entsprechend damit umgeht. Sicherlich wären mehr Adjektive auch bereits hilfreich, um eine gewisse Atmosphäre aufkommen zu lassen.
Ansonsten ist die Geschichte interessant. Dein Schreibstil in Ordnung, ist jedoch noch nicht wirklich ausgefeilt. Er hat in jedem Falle aber Potential! ^.-

LG Jaelaki

Antwort von:  Jaelaki
02.07.2013 16:17
Entschuldige, ich habe es bei den 'Einstellungen' vergessen umzuklicken. Dieser Kommentar bezieht sich auf Kapitel 3 "Thaughts". ^.-

LG Jaelaki
Von:  w-shine
2013-06-17T19:54:31+00:00 17.06.2013 21:54
Hallöchen =)

Ganz vorne weg: ich mag AU nicht, dafür kannst du nichts, dafür kein niemand anderes was, ich mag’s einfach nicht^^“ Außerdem kann ich mir Seto Kaiba nicht in dieser Rolle vorstellen. Passt für mich mit dem Bild, was ich von ihm habe, einfach nicht zusammen. Aus diesem Grund (und ich hoffe, dass ist für dich okay) werde ich nicht darauf eingehen, wie authentisch ich die Charaktere im Bezug auf die Serie finde, sondern einfach wie gut ausgestaltet ich sie in dieser Geschichte finde (ich tu einfach mal so, als ob das eine Original-FF wäre^^““““).
Anyways… nun zu dem Prolog, den ich insgesamt sehr interessant finde. Die anfängliche Beschreibung des Firmenchefs, der seine Libido durch eine Menge Arbeit unterdrückt, aber dann doch gelegentlich seinen Verlangen nachgibt, finde ich gelungen. Als er dann die Stricher begutachtet, hättest du vielleicht noch ein paar andere beschreiben können, die er nicht interessant findet (du bist auf das Alter eingegangen, aber nicht mehr), bis er dann Ryou sieht und diesen wählt (vielleicht hätte man am Anfang sogar eine Nacht mit einem anderen Stricher beschreiben können und dann den Unterschied zu Ryou noch genauer ausarbeiten, aber das kommt ja vielleicht alles noch^^).
Auch den Moment des Kusses hättest du vielleicht noch mit einem oder zwei mehr Sätzen beschreiben können, noch intensiver dieses Gefühl des Neuen, aber das ist nur eine Kleinigkeit.
In Bezug auf Rechtschreibung und Grammatik ist mir nichts weiter aufgefallen und an deinem Schreibstil habe ich auch nicht wirklich etwas zu bemängeln, es hat sich wirklich gut gelesen.
Nur eine Kleinigkeit, wie z.B. hier: Er trug nichts weiter als ein blau-weiß gestreiftes Sweatshirt und dunkle enganliegende Jeans. Abgerundet von schwarzen, zerlaufenen Chucks.
Die letzten fünf Wörter sind kein eigenständiger Satz, die solltest du mit einem Komma abtrennen. Solche Satzfragmente kamen öfter in dem Prolog vor.
Ansonsten ist mir aber nichts weiter aufgefallen. Insgesamt vom Schreibstil wirklich gut und der Einstieg in die Geschichte ist mit dem Prolog ausgelungen.

LG Shine
Re-✖✐✖

Von:  Erenya
2013-06-16T08:27:36+00:00 16.06.2013 10:27
Es war si intensiv gewesen

Das wort So hat sie aber liebevoll verkleidet XDD

du Knallcharge

Wie bitte? Was ist das? Ich kenne das wort nicht. Was meisnt du damit? hätte er nicht einfach "Knalltüte" sagen können?

Jetzt bin ich vom Ende enttäuscht. O.o ich meine trotz Nachwort.
Denn immerhin ist Amane ja sogesehen ein BEstandteil des Hauptplots und dann unter den Teppich zu kehren, wie ihre Zukunft aussieht, wo sich alle anderen Nebenhandlungsstränge lösen, ist irgendwie schwach.
Da hätte es soviele Möglichkeiten gegeben, dass ganze zu klären. Z.b das der Werte Herr A (ich habs nichts so mit namen) dennoch die Behandlung bezahlt, oder das es Kaiba nun übernimmt. Ebenso löst sich damit ja auch nicht der Konflikt zur Mutter, der ja dann so gegen Ende aufgebaut wurde.
Es wirkt so, als hättest du keine Lust mehr gehabt und einfach aufgehört. Und das finde ich schade, denn bis fast zum Schluss war die Story echt toll. Ich hoffe die Story bekommt in der Überarbeitung noch ein würdiges Endes mit Amane.
Von:  Erenya
2013-06-16T08:07:07+00:00 16.06.2013 10:07
Dann begann er,

Irgendwas müssen wir gegen das böse Dann bei dir unternehmen X'D Vielleicht bin ich zu kleinlich, aber ich mag das Wort nicht wirklich in Satzanfängen. Bei gesprochenen okay, aber bei der Erzählperspektive wirkt das Dann wirklich etwas laienhaft (gut sind wir FF-Autoren ja alle, Laien), und gerade bei deinem angenehmen Schreibstil finde ich das schade

und Ryou zerschmolz so sehr vor Lust

Eine Zeile weiter oben steht das auch schon mal so ähnlich. Sogar im selben Satz, gott ist der Satz lang. X'D aber das würde ich vermeiden, ist nämlich genauso unschön wie ewige Wortwiederholungen.

während Ryou unterdrückt ins einen Mund

"In seinen" blöd wenn S und Leertaste darum streiten wer zuerst kommt X'D passiert beim schnellen tippen.

Wieder ein sehr schönes Kapitel, nur noch eines und ich kann dann endlich wieder ruhig schlafen XDDD Hoffe ich zumindest. Bin gespannt wie das Happy nun aussieht, denn es gibt ja immer noch das stehende Angebot, was Ryou wohl nun ablehnt, das Problem mit Malik, dass sich ja eh klären wird und das mit seiner Schwester, wo ich keine ahnung habe, was du daraus machst XDD
Von:  Erenya
2013-06-16T07:38:52+00:00 16.06.2013 09:38
Niedergeschlagen verabschiedete sich von seiner Mutter

Hier fehlt denke ich ein "er" nach verabschiedete

Verdammt, was machst du mit mir? Diese FF ist ja genauso herrisch wie Kaiba selbst. Ich kann einfach nicht aufhören zu lesen.
Vorallem da nun der Fremde seine karten auf den Tisch gelegt hat und scheinbar das besser Angebot hinblättert als Kaiba.
Ohje.
Hoffentlich erfährt es der gute Kontrollfanatiker nicht.
Ach ja, dieses Kommi ist ein privates, ohne Stifte und X XDD Ich werde auch die restlichen Kapis noch kommentieren nachdem ich sie gelesen habe.


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