Zum Inhalt der Seite

Tempora Nova

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Mein Herr, Entscheidung

Wenn es sein Wille war, dann würde ich mich eben aus seinem Leben zurückziehen. Schließlich war er trotz allem mein Herr und ich sein untergebener Butler, der auf jeden Befehl, der er bekam korrekt auszuführen hatte, ohne auch nur an Widerworte zu denken…

Dennoch war mir sein Verhalten unbegreiflich. Ich musste zugeben, dass ihn der Gedanken, Lady Elizabeth diesem Shinigami zu überlassen, gekränkt hatte, aber in meinen Augen war es unnötig gewesen, sich derartig aufzuführen. Es schickte sich für meinen jungen Herrn nicht, einfach die Fassung zu verlieren, nur weil eine ihm wichtige Person gestorben war. Selbst bei Madam Red hatte er sich nicht so gehen lassen.

Zu meinem Bedauern musste ich zugeben, dass ich es nicht verstand, wie man über den Tod eines Menschen trauern konnte. Wir wussten beide, was nach dem Tod kam, und es war ohnehin nur eine Frage der Zeit, bis wir die Lady wiedersehen würden, solange dieser Shinigami ihren Cinematic Record nicht zerschnitt. Und das würde er bei dem Leben von Lady Elizabeth nicht tun müssen. Sie würde ohne weiteres in den Himmel fahren, auch wenn es vielleicht nicht das Beste war, dort oben zu leben, aber wir würden sie wieder sehen.

Erst jetzt schien mir der Gedanke plausibel, dass meinem Herrn möglicherweise nicht klar war, dass er sich um die Seele seiner Verlobten nicht fürchten musste, und seine Wut wurde mir immer begreiflicher. Dennoch wehrte ich mich gegen diesen Gedanken.

Ich war nach wie vor unbeschreiblich wütend über sein Verhalten und über seine, verzeiht mir diesen Ausdruck, Dummheit, was unsere Lage betrifft. Warum konnte er nicht ein einziges Mal seinen unnötigen Stolz überwinden? Was sollte das vorhin alles? War er wirklich arrogant genug zu glauben, dass er diesen Engel alleine besiegen konnte, und dann ohne weiteres wieder zu mir kommen könnte? Und selbst wenn er diesen tollwütige Engel besiegen sollte, woher nahm er die Sicherheit, dass ich ihn wieder sehen wollen würde?

Immer noch lief ich durch die Gassen Londons, steigerte mich mit jedem Schritt und jedem Gedanken an meinen Herrn mehr in meine Wut und meine Trauer.

Für die Passanten, die an mir vorbeiliefen, musste ich einen äußerst seltsamen Anblick abgeben. Ich spürte ihre neugierigen Blick auf mir liegen, als sie an mir vorbeiliefen, doch das war mir im Moment eigentlich ziemlich egal.

In meiner Rolle als höllisch guter Butler hatte ich ohnehin bereits mehrfach versagt, wieso sollte ich dann weiterhin den Schein wahren? Das war jetzt ohnehin nicht mehr nötig. Ich hatte keinen Herrn mehr, der mich brauchte und für den es sich lohnen würde, ein weiterhin präsentables Bild abzugeben.

Meine Kleidung war nach wie vor vom Kampfe zerrissen und meine Haare mussten ebenfalls sehr in Mitleidenschaft gezogen worden sein, außerdem trug ich immer noch den Teil des Mantels meines Herrn um die Wunde an meinem Arm. Voller Wut riss ich den Fetzten hinunter und warf ihn auf den Boden, bevor ich weiterlief. Er würde mich nicht rufen, es hatte keinen Zweck, weiterhin daran zu glauben, dass er einsehen würde, dass der Fehler diesmal bei ihm selbst lag…

Mehr und mehr wich meine Wut und ließ die Trauer in mir frei, vor der ich mich versucht hatte zu schützen. Trotz allen Bemühungen sie weiter zurückzuhalten überkam sie mich und ich war gezwungen, meine Tränen zumindest so lange zu verbergen, bis ich an einen Ort gelangt war, an dem mich niemand sehen konnte. Ich setzte mich in eine schmale, schmutzige Seitengasse und begann leise zu schluchzen. Es war ein erbärmlicher Anblick, den ich hier bot, aber was machte das jetzt noch für einen Unterschied?

Was war nur los mit mir? Ich, Sebastian Michaelis, Luzifer persönlich! Wie konnte ich mich nur so meinen Emotionen hingeben, wie ein kleines Kind? Und das wegen eines Jungen, nur weil… Nein, für diesen Gedanken durfte kein Platz mehr sein. Es war vorbei! Es war zu Ende! Und egal was passierte, an dieser Tatsache würde sich nichts ändern! Ciel wollte nicht, dass ich weiter an seiner Seite war, ob nun als Butler oder als Geliebter, also würde ich das auch nicht mehr sein.

Ich stand auf und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht, entschlossen nicht mehr weiter darüber nachzudenken. Dennoch konnte ich eine Sache nicht weiter ignorieren. Ciel und ich hatte immer noch den Vertrag, und den galt es nun zu beenden.

Zügig machte ich mich auf den Weg zu Undertaker, da ich genau wusste, dass Ciel dort sein würde, doch trotz dass ich mir meiner Sache so sicher gewesen war, kamen nun immer mehr Zweifel in mir auf. Auch wenn ich es noch so leugnete, ich liebte diesen Jungen mehr, als ich mir selbst eingestehen wollte und ich hatte nicht vorgehabt, ihn einfach so gehen zu lassen. Zumal ich mir sicher war, dass er sterben würde, wenn ich ihn nicht von seinem Vorhaben abbringen würde…

Trotzdem, er wollte es so, und daran wirst du sicherlich nichts ändern.

Ich versuchte mir einzureden, dass es so war, obwohl mir durchaus klar war, dass es meine Pflicht war, an seiner Seite zu bleiben. Ich war immer noch sein Butler, und daran würde sich nichts ändern, bis ich den Vertrag aufgelöst hatte.

Bevor ich zu Undertaker ging, entschied ich mich dafür, meine Kleidung ein wenig zu erneuern, verschwand für einige Sekunden in einer unbeleuchteten Ecke, die bei der Dämmerung, die langsam über London einfiel, vollständigen Schutz vor neugierigen Blicken bot, reparierte meine so zerschlissene Kleidung und trat mit meinem gewohnt perfekten Erscheinungsbild wieder heraus. Wo kämen wir denn hin, wenn ein so höllisch guter Butler wie ich sich seinem Herrn in so einem Zustand präsentierte?

Mit schnellen Schritten machte ich mich weiter auf den Weg zu Undertaker, wählte den kürzesten Weg durch die inzwischen vom letzten Sonnenlicht nur noch spärlich beleuchteten Gassen Londons und gelangte schließlich vor das mir inzwischen nur allzu gut bekannte Schild. Nach zweimaligem Klopfen trat ich schließlich ein, doch von meinem Herrn und Undertaker war keine Spur zu sehen. Dennoch spürte ich die Präsenz der beiden, hatte jedoch ein zunehmen unangenehmeres Gefühl bei der Sache. Was hatte Undertaker als Bezahlung für die Beerdigung der Lady verlangt? Ich wusste selbst, dass er eine Schwäche für den jungen Herrn hatte und… Eigentlich wollte ich mir nicht mehr dazu ausmalen.

Ohne weiter darüber nachzudenken und gepackt von Eifersucht stürzte ich ins Hinterzimmer, wo sich mir ein Anblick bot, der mir unter anderen Umständen sicherlich recht gut gefallen hätte. Jetzt aber packte mich die Wut und ich war nur kurz davor, meine wahre Gestalt anzunehmen und Undertaker einen Kopf kürzer zu machen, war er nun der Großmeister der Shinigami oder nicht.

„Sebastian!“, schrie mein Herr beinahe und ihm stiegen Tränen in den Augen. Wie schaffte er es eigentlich immer, in solch eine missliche Lage zu bringen? Ciel selbst lag an Armen und Beinen auf einen kleinen Tisch gefesselt, zwar hatte er noch seine Kleidung an, doch Undertaker war gerade dabei, ihm die zerschlissene Bluse, die er noch trug, vom Leib zu nehmen.

Ich selbst musste mich derart beherrschen, nicht vollkommen in Rage zu geraten, dass ich vorerst beschloss nichts zu sagen und abzuwarten, was man mir zu dieser Sache zu erklären hatte.

Undertaker schien meine Wut zu bemerken und ließ vorerst von dem Jungen ab, um einige Schritte auf mich zuzukommen.

„Wenn es dem Mister Butler nichts ausmachen würde, könnte er den Raum dann solange verlassen, bis wir die Kosten für die anstehende Beerdigung beglichen haben?“ Wie immer lag sein widerliches, pädophil wirkendes Grinsen auf seinen Lippen und ich konnte mich nur schwer zurückhalten, es ihm nicht für immer aus dem Gesicht zu waschen.

Ich riss mich so sehr zusammen, dass es fast schmerzte, brachte jedoch schließlich und endlich doch noch ein Grinsen zustande, dass ich Undertaker entgegen brachte.

„Den Teufel werde ich tun!“

Und wie jedes Mal sonst, wenn ich dies sagte, brach Undertaker in schallendes Gelächter aus und musste sich an mir abstützen, um nicht kraftlos auf dem Boden zusammenzusinken.

„Reicht Euch das als Bezahlung, werter Undertaker?“

„Durchaus, durchaus…“, gab der Bestatter immer noch lachend zurück, ließ mich schlussendlich los, sodass ich endlich in der Lage war mich meinem Herrn zu widmen. Ciel hatte immer noch Tränen in den Augen und sah mich mit einer Mischung aus Wut und Dankbarkeit an, die ich nicht in der Lage war, in der jetzigen Situation vollständig einzuordnen.

Wortlos band ich ihn los und wartete, bis er sich aufgesetzt hatte und sein verschlissenes Hemd wieder zugeknöpft hatte. Erst dann führte ich meine Hand unter sein Kinn um seinen Blick so zu heben, dass er nicht darum herum kam, mir direkt in die Augen zu sehen.

„Mein Herr, wir müssen reden.“



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Elastrael_Aletaya
2012-03-25T20:12:43+00:00 25.03.2012 22:12
Oke... da ich grad 'Elton John - Can you feel the love tonight' höre, war das Kapitel super toll. Ich konnte mir lebhaft vorstellen, wie Sebbi sich gefühlt hat und mit sich selbst kämpfen musste.
Aber wie er bereits selbst sagte: es passt nicht zu ihm ;)
Ach... Ciel... Sebbi... einfach niedlich

Grüße, Ela


Zurück