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Die Chroniken der Uchiha

Der verfluchte Clan
von

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Watashitachino Kimitsuno - Unser Geheimnis

06. Watashitachino Kimitsuno - Unser Geheimnis

Es ist die Zeit der Monarchien und der vererbten Fürstentümer. Das Volk ist unzufrieden oder hat sich aus der Politik zurückgezogen. Nicht selten kommt es vor, dass in höchstem Maße inkompetente Männer die Welt beherrschen. Das war schon immer so und das wird auch immer so sein. Es ist ein nicht zu bändigendes Naturgesetz. Die Herrscher machen ihr Land zu einem Schachbrett, auf der sie die Figuren nach Belieben hin und her schieben. Sie streiten wie kleine Kinder um Besitz, Ländereien, Geld, Frauen und Macht. Wie kleine, bockige Kinder, boshaft kalkulierend denken sie nie über die Konsequenzen ihres Handelns nach, über die Folgen für ihr Volk. Ihr Geburtsrecht ist alles, was sie brauchen, um überzeugt davon zu sein, dass sie über Leben und Tod bestimmen. Doch über Leben und Tod bestimmen nicht die Fürsten. Es bestimmen ihre Ninja.
 

XxX
 

Als Madara zum heimatlichen Zelt zurückkehrte, erscholl schon von weitem laute Musik daraus. Sein Herz schlug schneller. Er war nur eine Woche weg gewesen, aber er freute sich immer wieder, wenn er seine Geschwister wiedersehen konnte. Und erst recht freute er sich, dass er es rechtzeitig geschafft hatte.

Drinnen im Zelt saß seine Schwester Shinoi zwischen den Brüdern Hikaku und Yato, beide zwei Jahre älter als sie. Beide hatten sie dieselben dunkelbraunen, langen Haare. Hikaku hatte sie sogar nach der Mode der Kriegshelden zum Pferdeschwanz hochgebunden. Er schlug rhythmisch auf eine kleine Trommel, die mit Bärenfell bespannt war und gab damit Yato den Takt vor, der auf einer Shamisen spielte. In der Mitte des Zeltes tanzte Natsuko um das Feuer. Sie war eine aufgeweckte, fröhliche Achtzehnjährige mit schulterlangem, schwarzem Haar. Mit ihr hatte Shinoi schon einige Missionen zusammen erledigt, obwohl sie das Sharingan nicht besaß.

Der Letzte im Zelt war Izuna, der neben dem Eingang saß und mit seiner Schwester zusammen lachte und Natsuko beim Tanz zusah. Als Madara eintrat, verstummte die Musik.

Shinoi stieß einen Spitzen Schrei aus. Im Nu war sie auf den Beinen, sprang über das Feuer hinweg und schloss Madara in die Arme.

„Du hast es ja doch noch geschafft, Nii-san! Das hätte ich wirklich nicht mehr gedacht.“

„So wenig Vertrauen?“, fragte Madara grinsend und schob sie von sich fort. „Wenn ich dir verspreche, dass ich zu deinem Geburtstag wieder zurück bin, dann kannst du dich darauf verlassen, dass ich auch komme!“

Shinoi strahlte und umarmte ihn gleich noch einmal. Madara war das ein bisschen peinlich, zumal die jetzt Neuzehnjährige um einen guten Kopf größer war als er.

„Das Anstoßen um Mitternacht hast du aber verpasst!“, rief Hikaku fröhlich von der anderen Seite des Zeltes. „Genauso wie die Bescherung.“

Madara zuckte mit den Schultern. „Ich wurde aufgehalten. Der Rat wollte noch was von mir.“

„Was kann denn der Rat von einem Bengel wie dir wollen? Wie alt bist du, zwölf?“

„Yato-san!“, rief Shinoi entsetzt aus und stieß ihren Freund an. Das rettete ihn aber trotzdem nicht davor, von Madaras bösen Blicken erdolcht zu werden.

„Schon gut!“, rief der junge Mann aus und hob abwehrend die Hände. „War nur'n Witz. Ich weiß, dass er vierzehn ist.“ Sein Grinsen machte deutlich, dass er das trotzdem noch für zu jung hielt.

„Es ging um eine Mission“, antwortete Madara nur ausweichend. „Aber das ist jetzt egal.“ Er holte ein in braunes Packpapier eingewickeltes Päckchen aus seinem Rucksack und reichte es Shinoi. „Hier, für dich.“

Shinoi nahm es entgegen, ohne es auch nur anzusehen. „Was soll das heißen, Mission? Du musst doch nicht etwa schon wieder weg?“

Madara schüttelte den Kopf mit einem „Nicht jetzt“- Blick. Shinoi verstand, setzte sich gemeinsam mit ihrem Bruder hin und begann, das Geschenk auszupacken. Es war ein Set mit speziellen Shuriken, deren Zacken winzige Widerhaken besaßen. Sie blieben in der Wunde stecken, wenn man die Waffen gewaltsam entfernte und richteten weit größeren Schaden an als gewöhnliche Shuriken. Madara hatte das Geschenk schon vor Wochen bei den Ninneko bestellt.

„Danke sehr, Nii-san“, sagte Shinoi und drückte ihrem Bruder einen Kuss auf die Wange.

Die Party dauerte noch etwa zwei Stunden. Sie sangen alte Volkslieder, tauschten Geschichten von ihren Missionen aus, erzählten Witze und lachten viel. Schließlich verließen Shinois Freunde das Zelt nach und nach.

„Was ist das jetzt für eine Mission?“, fragte Izuna neugierig, als sie allein waren.

Madara erzählte es ihnen.

„Tut mir Leid“, meinte Shinoi, als er geendet hatte. „Meine Abreise zur Front ist schon in drei Tagen angesetzt. Da werde ich dann zu Okaa-sans Team stoßen. Yato-san und die anderen nehme ich mit. Wir sind nur für ein paar Tage zurückgekommen, um unsere Waffenvorräte aufzustocken und damit Natsuko-san ihre Verletzungen behandeln lassen kann. Ich kann dich nicht begleiten.“

Madara war sichtlich enttäuscht. Er hatte fest mit der Hilfe seiner älteren Schwester gerechnet. Aber wenn sie nicht konnte...

„Ich kann doch mitkommen!“, meldete sich Izuna sofort. „Wenn du eine gefährliche Mission erledigen musst, helfe ich dir natürlich.“

Madara runzelte die Stirn. „Das wird gefährlich werden, Izuna, ich weiß nicht ob-“

„Unsinn. Wir beide sind bereits ein eingespieltes Team und darauf kommt es doch an, oder etwa nicht?“

Madara seufzte. Er wollte seinen kleinen Bruder eigentlich nicht einem solchen Risiko eingehen, aber er hatte wenig Zeit und die Varianten sahen nicht besser aus. „Aber wen sollen wir dann noch mitnehmen...?“

Über diese Frage dachte Madara die ganze restliche Nacht über nach. Es dauerte ewig, bis er endlich einschlafen konnte.
 

Am nächsten Tag gingen Madara und Izuna gemeinsam durch die Zeltstadt und hielten Ausschau nach geeigneten Teammitgliedern. Vorzugsweise sollte es natürlich jemand starkes sein, aber sie wussten auch, dass sie niemanden von den Erwachsenen fragen konnten. Die wurden schließlich als Wachen für das Dorf gebraucht. Somit kamen noch insgesamt sechs Personen in Frage. Da war ihr Cousin Kagami, der Sohn ihrer Tante Ayaka. Aber der war erst acht und auch wenn er vor Enthusiasmus nur so sprühte, war er doch einfach zu jung. Als nächstes Nori, Kenjiros fünfzehnjährige Tochter, die keine Sharingan besaß. Auch Rei kam in Frage, Yatos und Hikakus jüngerer Cousin. Aber der kurierte gerade seinen gebrochenen Arm aus. Reizeis Tochter Midori war Madaras Meinung nach zu schwach und kränklich für diese Mission. Ryuji lehnte ab, als Madara ihn fragte, weil er lieber warten wollte, bis man ihn an die Front holte und Kenzo wollte nicht, weil er Madaras Vorhaben für zu gefährlich hielt.

Nori war die Einzige, die übrig blieb.

Das war vielleicht gar nicht mal die schlechteste Wahl, fand Madara. Klar, sie besaß kein Sharingan und ihr Vater war kein Uchiha. Aber sie war vorsichtig, hatte schon einiges an Kampferfahrung und wusste sich immer unauffällig zu verhalten. Ihre schwarzen, schulterlangen Locken verbarg sie immer unter der Kapuze ihres grau-schwarz gesprenkelten Oberteils. Ein Design, das für Attentäter in der Nacht entworfen worden war. Sie erklärte sich bereit, noch heute mit den Brüdern die Mission anzutreten.

Am Abend packte die Brüder ihre Sachen und verabschiedeten sich von Shinoi. Am Rand der Zeltstadt trafen sie sich mit Nori und gingen noch einmal den Plan durch.

Wie erwartet verlief die Reise ins Land der Flüsse zum Hof des Daimyo Souga ohne Zwischenfälle. Besagter Fürst reagierte ungewöhnlich forsch auf ihr Erscheinen und es brauchte einige Diskussionen, bis er sich bereit erklärte, ihnen den Auftrag zu erteilen. Es verstand sich von allein und brauchte auch keine langen Überlegungen, dass Madara der Anführer der kleinen Gruppe war. Als solcher nahm er das kleine hölzerne Kästchen vom Fürsten persönlich entgegen, das er ganz vorsichtig behandelte, als wäre es aus Glas. Probehalber hob Madara den Deckel und warf einen Blick auf die versiegelte Schriftrolle.

„Sie darf von niemand anderem als Daimyo Katanashi geöffnet werden. Dieser Frieden ist sehr wichtig für unser Land“, betonte Sougo nochmals.

Madara nickte ihm zu. „Selbstverständlich. Sie können sich auf uns verlassen.“

Zwischen dem Land der Flüsse und dem des Grases lag das Land der Hügel. Ein Land, dem es gar nicht gefallen würde, von zwei verbündeten Staaten eingeschlossen zu werden. Dorthin würden sich die jungen Ninja jetzt aufmachen.
 

*
 

„Die Vögel sind ruhig“, sagte Nori, „genau wie alle anderen Tiere. Unsere Tarnung scheint zu funktionieren.“

Madara unterdrückte ein erschöpftes Aufstöhnen. Seit vier Stunden hielt er jetzt schon das feine Chakranetzwerk aufrecht, dass sein Team umgab. Auf seiner Oberfläche spiegelte sich die Umgebung, sodass sie von außen nicht sichtbar waren. Gleich war seine Schicht vorbei. Dann würde Izuna übernehmen. Das Letzte, was sie jetzt brauchen konnten, waren Verfolger. Und Noris Erwähnung von Vögeln entsprach dem Code, den sie vorher ausgemacht hatten. Das sah nicht gut aus.

„Wie lange wir wohl noch zum Ziel brauchen werden?“, fragte er.

„Ein paar Tage noch. Drei, wenn wir weiterhin so langsam sind.“

Also drei Verfolger, mindestens. Verdammt. Madara musste sich auf sein Jutsu konzentrieren und hatte keine Zeit, nach ihnen Ausschau zu halten. Also fragte er wieder Nori, die auf seiner linken Seite mit ihm von Ast zu Ast sprang:

„Gegen Abend müssen wir eine Pause einlegen. Vielleicht können wir etwas zum Essen jagen.“

„Wie wäre es mit Hirschragout? Oder gleich Wildschweinbraten?“, meinte sie sarkastisch. „Sei doch nicht so anspruchsvoll, wir werden mit unserem Proviant schon klarkommen.“

Schlecht. Sehr schlecht. So große Tiere bedeuteten, dass sie es mit hochrangigen Ninja zu tun bekommen würden.

„Ich bin auch nicht für eine Pause“, meinte Izuna. Er befand sich auf Madaras anderer Seite, denn sie mussten eng beieinander bleiben, um das Jutsu halten zu können. „Je eher wir diese Mission erledigt haben, desto schneller könne wir wieder nach Hause.“

Ja, natürlich wäre es sinnvoll, jetzt umzukehren. Das war Madara auch klar, darauf brauchte ihn sein Bruder nicht hinweisen. Er war es schließlich, dem der Rat eingebläut hatte, bei dem geringsten Anzeichen von Gefahr die Mission abzublasen. Aber das würde bedeuten, Schwäche einzugestehen. Nicht nur für ihn, sondern für den ganzen Clan. Er hatte die Verantwortung für diesen Auftrag übernommen. Er war der Teamleiter. Zum ersten Mal in seinem Leben führte er ein eigenes Team an, das aus mehr Personen als nur seinem Bruder und ihm bestand. Diese Mission durfte nicht scheitern. Wie würde er denn dann da stehen? Wie ein dummes Kind, das sich zu viel vorgenommen hatte und sofort die Flucht ergriff, wenn es feindliche Ninja sah. Nein, so jemand war Madara nicht!

„Mit dieser Einstellung werden wir nur unvorsichtig. Lasst uns jetzt auf den Auftrag konzentrieren.“

„Aber...“, meinte Nori vorsichtig. „vielleicht ist eine Pause gar nicht so schlecht. Wenn nicht für's Jagen dann doch, um unsere Kräfte zu schonen.“

Madara schüttelte den Kopf. „Wir sind stark genug dafür. Das ziehen wir jetzt durch!“

Nori sah immer noch zweifelnd aus, aber Izuna grinste vergnügt. Er hatte sich ziemlich schnell von der Codesprache begeistern lassen.

Madara besah sich die Schatten der Bäume und verglich sie mit dem Sonnenstand. „Es ist zehn vor halb fünf“, verkündete er.

Da in der Uhrzeit die halbe Stunde erwähnt wurde, ließen sich Nori und Izuna sofort zurückfallen. Jetzt führte Madara die Gruppe an; er war der Stärkste und würde einen Angriff von vorn am leichtesten erkennen. Nach ihm kam Izuna, der in diesem Moment das Chakranetzwerk aufbaute. Madara ließ sein Jutsu fallen. Unsichtbarkeit machte wenig Sinn, wenn sie bereits verfolgt wurden. Er bemerkte, dass Izuna bei weitem nicht so viel Energie in das Jutsu legte wie er und demzufolge war es auch von niederer Qualität. Mehr war nicht nötig. Die Verfolger würden glauben, Izuna wäre einfach schwächer. Dabei hob er sich seine Kräfte auf und übernahm die sinnlose Tarnung nur, damit ihre Feinde nicht wussten, dass sie entdeckt worden waren.

Damit Izuna sich konzentrieren konnte, machte Nori den Abschluss, die ein gutes Gespür dafür hatte, versteckte Feinde zu entdecken, die vielleicht aus dem Hinterhalt angriffen. In dieser veränderten Formation liefen sie weiter.

Madara hatte sein Sharingan aktiviert. Viel gründlicher untersuchte er jetzt den Weg, den sie nahmen. Das war nicht ganz leicht, weil er sein Tempo halten musste, aber sein Bluterbe machte es möglich, jeden Zentimeter genau abzutasten. Deswegen bemerkte er auch den Stolperdraht rechtzeitig. Es waren drei und sie waren längst entlang eines besonders dicken Astes gespannt, der wie geschaffen dafür war, sich von ihm abzustoßen und weiterhin über der Erde zu bleiben. Es wäre verdächtig, ihn zu überspringen.

Der erste Draht war sichtbar. Nun, für Ninja; er glänzte ein wenig in der Sonne. Der zweite war unsichtbar. Ein alter Ninjatrick, man schritt über den ersten hinweg und lief beim zweiten in die Falle. Interessanterweise gab es hier einen dritten, der braun gefärbt war und mit dem Holz verschwamm.

„Wenn es dunkel wird, kommen gefährliche Schlangen heraus“, murmelte er, gerade laut genug für seien Kameraden.

Madara setzte geschickt seinen Fuß zwischen dem ersten und zweiten Draht auf und sprang einfach weiter. Izuna folgte ihm und auch er meisterte die Falle perfekt.

Doch plötzlich ertönte ein Schrei.

Durch Madaras Körper ging ein Ruck, als er mit seinem Chakra an den Füßen am nächsten Ast haften blieb, statt sich weiter abzustoßen und wirbelte herum.

Scheiße! Er hätte sagen müssen, dass es drei Drähte waren, nicht einfach nur mehrere! Nori hatte kein Sharingan.

Der Draht hatte sich durchgebogen und ein Dutzend Kunai zischten jeweils von links und rechts auf die Kunoichi zu. Geistesgegenwärtig warf Madara ein Seil zu ihr hinüber, an dessen Ende sich eine Art kleiner Anker befand. Das Seil schlang sich um sie herum und riss sie gerade rechtzeitig nach vorn, bevor die Wolken aus Kunai aufeinander prallten und in einer gewaltigen Explosion in Flammen aufgingen.

Nori kam unsanft am Boden auf. Neben Madara fuhr sein Bruder herum, um nach ihr zu sehen, doch er selbst blieb vorsorglich an Ort und Stelle. Wie erwartet. Kaum dass Izuna bei dem Mädchen war, kamen aus drei verschiedenen Richtungen jeweils ein Ninja von oben auf sie zugerast. Erst jetzt sprang Madara ab. Er ließ einen Schattendoppelgänger zurück. Noch in der Luft rammte er einem der Ninja sein Kunai in den Rücken. Knall! Ein Baumstumpf fiel zu Boden. Madara drehte sich in der Luft und als er aufkam, rammte er einem zweiten Ninja sein Bein gegen die Hüfte. Knall, ein Haufen Blätter fiel zu Boden.

Izuna hatte den dritten erledigt, in dem er ihm einen Schwarm Shuriken entgegen geworfen hatte. Nori befreite sich aus ihrer Fessel und im Nu standen sie Rücken an Rücken in abwehrender Haltung.

Stille. Beide Brüder hatten ihr Sharingan aktiviert, aber ihre Augen erfassten nichts Ungewöhnliches.

Plötzlich keuchte Nori auf. „Sie sind unter uns...!“

Eine Hand griff nach Madaras Knöchel. Sofort sandte er einen Chakrastoß in seinen Fuß, um sich abzustoßen, aber der Gegner war zu stark. Einzig Izunas schnelle Reflexe, der ein Kunai zückte und nach der Hand stach, retteten ihn davor, unter die Erde gezogen zu werden.

Die drei sprangen zur Seite. Madara war überrascht zu sehen, dass die abgetrennt Hand sich diesmal nicht auflöste. Dieser Feind war echt gewesen. Was bedeutete, dass er noch da war.

Izuna presste beide Hände auf den Boden und führte ein einfaches Erdjutsu durch, das einen langen Spalt im Erdreich hervorrief.

„Nori!“, rief Madara, als er den Feind in der Spalte entdeckte und seinen Blick traf.

Nori schoss nach vorn. Madara hielt die Zeit für den fremden Ninja mittels Illusion an und er wehrte sich nicht, als Nori ihm die Kehle durchschnitt.

Irgendwo hinter ihnen schrie jemand wütend auf, der Laut gefolgt von einem gewaltigen Rumoren. Die Bäume knickten um wie Strohhalme. Die Erde brach auf, als wolle sie ein Tor zur Hölle öffnen. Tonnen von Staub und Erde erhoben sich in die Luft und nahmen den Ninja die Sicht, sodass sie die riesige Lawine beinahe nicht erkannten, die auf sie zurollte. Izuna führte die Finger zum Mund, um mit einem Feuerjutsu zu antworten, doch Madara riss ihn entsetzt zur Seite. Wenn in der Staubwolke Schießpulver enthalten war – ein fieser Ninjatrick – würden sie sich mit einem einzigen Funken selbst in die Luft jagen.

Die Shinobi sprangen hoch in die Luft, aus der Wolke heraus. Doch in diesem Moment schossen mit Widerhaken behangene Seile aus den Baumkronen und versuchten sie einzufangen. Madara schnappte sich eines davon und sammelte Chakra in seiner Hand. Flammen fuhren das Seil entlang und endeten in einer Detonation am Boden. Doch Madara gab sich nicht der Illusion hin, seinen Feind besiegt zu haben. Er schickte eine Salve Kunai dort hin, von wo die Seile auf Izuna zielten und kappte sie.

„Nori! Nii-san, wo ist Nori-san?“

Madaras Blick fuhr herum. Izuna hockte jetzt auf einem Felsen zwischen den Bäumen, er selbst auf einem Ast. Madara fluchte, als ihr Gegner seinen Bruder mit einer Ladung Shuriken attackierte und ihn zum Ausweichen zwang. Der Staub haett sich noch immer nicht gelegt. Sobald das der Fall sein würde, könnten sie die Gegend gut überschauen, weil die Lawine die meisten Bäume entfernt hatte Bis dahin aber hielt sich ihr Gegner effektiv versteckt und sie waren somit nicht in der Lage, ihr Sharingan für ein Genjutsu zu benutzen. Außerdem wussten sie nicht, ob es wirklich noch mehrere Feinde waren oder sie nur mittels mechanischer Fallen an der Nase herumgeführt wurden. Wie sollten sie ihre Gegner da finden?

Plötzlich herrschte Ruhe. Die Brüder hatten sich im stillen Einverständnis versteckt und ihre Position mit Genjutsu verborgen. Der Staub legte sich. Der Platz war still und leer. Sie warteten eine Minute, zwei.

Aus der Ferne ertönte ein leises Schaben. Die Erde hob und senkte sich an einer Stelle unweit von Madara, als wolle sich ein Maulwurf darauf befreien. Aber es war eine Hand, die zum Vorschein kam, eine blasse Hand mit einem Kunai darin, die sich verzweifelt an die Oberfläche grub. Madara zischte unwillig, als Izuna seine Position verließ. Sein Bruder eilte zur Stelle und half einer vollkommen erschöpften und halb erstickten Nori aus ihrem erdrückenden Grab. Keiner der beiden achtete auch nur im Geringsten auf seine Deckung!

Madara wartete noch weitere drei Minuten, in denen Nori zu Atem kam. Die Angriffe schienen schon wieder schlagartig aufgehört zu haben.

„Nii-san? Komm raus, sie sind weg.“

Madara war immer noch misstrauisch, aber da Izuna direkt zu ihm herüber sah, war seine Position ebenfalls verraten. Widerwillig kam er also auch zu ihnen herüber. „Was ist passiert?“, fragte er grob.

„Ich weiß nicht“, antwortete Nori, noch immer schwer atmend. „Mein Rucksack ist weg. Ich glaube, sie haben überprüft, ob ich die Schriftrolle habe.“ Der Rucksack mit den Waffen war weg, aber das Kunai hatte sie behalten?

„Der Angriff mit den Seilen hat auf meine Kunaitasche gezielt“, fiel Izuna ein. „Natürlich sind sie dahinter her.“ Izuna warf seinem Bruder einen kurzen Blick zu. Madara hatte beobachtet, wie Izuna sich eher dagegen gewehrt hatte, gefesselt zu werden, als sich um seine Taschen zu sorgen. Wenn ihre Feinde das ebenfalls beobachtet hatten, war ihnen jetzt klar, dass Madara die Rolle hatte. Er würde sie jemand anderem geben müssen, am besten Nori, die sie schon durchsucht hatten.

Aber... etwas in dieser Argumentation stimmte noch nicht, das konnte er spüren.

„Lasst uns erst einmal verschwinden“, schlug er vor und zögerte es damit absichtlich heraus, die Rolle wegzugeben.
 

Die drei Ninja setzten ihren Weg in höchster Alarmbereitschaft fort. Sie sprangen weiterhin über die Äste der Bäume, um keine Spuren auf dem Boden zu hinterlassen. Madara achtete darauf, hinter Izuna und Nori zu bleiben.

Als sie bereits eine Weile unterwegs waren, meinte der ältere Uchiha: „Ich denke, du kannst dein Sharingan jetzt deaktivieren, Izuna-san. Nori wird deine Schicht übernehmen und mit ihrem Bluterbe die Umgebung überwachen. Dann kannst du dein Chakra sparen.“

Izuna warf ihm einen verwirrten Blick zu.

Nori erwiderte stirnrunzelnd: „Ich glaube, ich habe in dem Kampf selbst zu viel Chakra verbraucht, als ich mich aus der Lawine befreien musste. Lasst mich bitte noch eine Runde aussetzen.“

„Na schön“, willigte Madara ein. „Izuna...“

Sein Bruder verstand sofort. Kaum dass er und Nori gleichzeitig auf dem nächsten Ast aufkamen, riss der Uchiha Nori am Arm herum. Er schleuderte sie gegen den Stamm, wo das Mädchen mit den Armen fuchtelte und mit den Beinen strampelte. Izuna hatte sie in einer Illusion gefangen, die ihr vorgaukelte, aus dem Baum würden gewaltige Ranken schießen und sie festhalten.

Madara trat ruhig an sie heran und benutzte echte Seile, um sie wirklich zu fesseln. Erst dann löste Izuna sein Jutsu.

„Scheiße... Was hat mich verraten?“, fragte das wehrlose Mädchen.

„Nori-san beherrscht das Sharingan nicht“, flüsterte Madara.

Noris Gesicht verzerrte sich zu einer wütenden Fratze. Sie wuchs um fast einen Kopf, sodass sich ihre Kleidung spannte. Ihre Haut wurde dunkler, ihr Haar braun, wobei es sich ein Stück weit in ihre Kopfhaut zurückzog. Vor ihnen saß ein etwa sechzehnjähriger Ninja und starrte sie hasserfüllt an.

„Das war kein einfaches Henge“, stellte Izuna fest. „Er muss seinen Körper durch ein Jutsu tatsächlich verändert haben Alles andere hätten wir mit dem Sharingan durchschaut.“

Madara nickte. Er hatte gesehen, dass Noris Chakra gesunken war, jedoch in einem Maße, wie sich das nur durch den Kampf nicht erklären ließe. Das war der erste Verdachtsmoment gewesen. Jetzt war ihm klar, dass ihr Feind durch das komplizierte Jutsu, das er angewandt hatte, Energie verloren hatte.

„Sag uns, wo Nori-san ist“, verlangte Madara und hob ein Kunai. „Dann verschone ich dich vielleicht.“

Der Ninja spuckte vor ihm aus. „Ich bin es, der die Forderungen stellt!“, erdreistete er sich. „Eure Kunoichi ist bei meinem Partner und der wird ihr die Kehle durchschneiden, wenn ihr nicht tut, was ich sage.“

„Was habt ihr mit ihr gemacht!?“, schrie Izuna wütend

Jetzt fiel Madara auch wieder ein, was nicht gestimmt hatte. Es war doch ungewöhnlich, dass ihre Feinde den Angriff auf einmal abbrachen, wo sie doch gerade ihren Kameraden getötet hatten. Wenn sie aber ihrerseits eine Geisel hatten, an der sie ihre Wut auslassen konnten, machte das Sinn. Allerdings nur, wenn... Madara besah sich den Kerl genauer durch sein Sharingan. Es war schwierig, den Unterschied zu erkennen, aber...

„Seid in vier Tagen an der Norul-Brücke südlich von hier. Dann werden wir eure Freundin gegen die Schriftrolle tauschen.“

„Ich hab einen besseren Vorschlag: Wir tauschen dich gegen Nori und zwar sofort!“

„Sei ruhig, Izuna“, wies ihn Madara kalt zurecht. „Das hier ist nur ein Schattendoppelgäänger. Wenn er uns überrumpeln und hätte töten können, wäre ihm das gelegen gekommen, aber es war nicht sein eigentliches Ziel.“

Der Ninja grinste böse. „Sehr aufmerksam von dir. Ihr habt unseren Kameraden getötet. Das wollen wir euch erst einmal heimzahlen. Ihr könnt ruhig noch etwas zappeln. Das ist ein gutes Angebot: Ich gebe euch Bedenkzeit und ihr habt mein Wort, dass sie lebend zu euch zurückkommt.“

Madara zögerte. Lange. Plötzlich aber trat Izuna nach vorn und schnitt die Fesseln durch.

„Izuna, was tust du?!“

„Wir müssen ihn laufen lassen. Wir müssen, oder Nori-san stirbt.“

Der Feind klopfte sich lässig den Staub von den Kleidern, die er der Kunoichi gestohlen hatte. „Besten Dank auch, Kleiner.“

Madara hatte kaum einmal geblinzelt, da war er auch schon in einer Rauchwolke verschwunden.

„Was sollte das?“, fuhr er seinen Bruder an. „Du kannst dem doch nicht einfach nachgeben!“

„Wir haben keine Ahnung, wo der Feind ist und wie viel Vorsprung er hat. Ich hab ihn befreit um zu zeigen, dass wir seine Forderungen erfüllen werden, damit er Nori gut behandelt.“

„Wir können seine Forderungen nicht erfüllen! Sie sind unerhört. Nachzugeben, und sei es auch nur zum Schein, so etwas tut ein Uchiha nicht.“

„Du willst Nori-san doch nicht etwa im Stich lassen?“

Madara schloss kurz die Augen. Er stritt sich nicht gern mit seinem Bruder und er wusste, dass er von diesem Stress gewaltige Kopfschmerzen bekommen würde. „Die Norul-Brücke ist drei Tagesreisen von hier entfernt. Genau wie der Sitz des Daimyo Katanashi. Beide Orte liegen in entgegengesetzten Richtungen. Es ist offensichtlich, dass wir uns für die Mission oder für unsere Kameradin entscheiden sollen und zwar sofort. Es kommt nicht infrage, dass wir unsere Feinde verfolgen. Wir wissen zwar, wo sie hinwollen, aber sie haben nicht umsonst den Treff in vier Tagen angesetzt. Sie werden Umwege nehmen und wir haben keine Möglichkeit, sie aufzuspüren. Wenn wir zu lange zögern, werden die Feinde Verstärkung erhalten und wir können die Mission vergessen. Es gefällt mir nicht, das zu sagen, aber wir haben nur zwei Möglichkeiten: Wir beenden unseren Auftrag, bringen die Rolle in Sicherheit und versuchen dann, Nori-san zu retten. Oder wir gehen zum Treffpunkt, auf die Gefahr hin, dass wir die Rolle und vielleicht unser aller Leben verlieren, denn dem Wort eines Feindes ist niemals zu trauen.“

Jetzt war es Izuna, der zögerte. „Ich weiß, wie wichtig diese Mission ist. Davon hängt die Ehre der Uchiha ab. Davon hängt unsere Karriere ab. Das verstehe ich. Aber ich kann einen Kameraden nicht im Stich lassen.“

Madara schüttelte den Kopf. „Nein, du verstehst eben nicht, Izuna. Es geht nicht einfach nur um die Ehre. Es geht darum, einen Krieg zwischen zwei Ländern zu verhindern, indem wir einen Friedensvertrag überbringen, der schon lange überfällig ist. Die Sache ist zu groß, als dass wir uns von persönlichen Gefühlen leiten lassen können. Wenn wir die Mission erfüllen, stirbt Nori-san garantiert. Wenn wir sie nicht erfüllen, stirbt sie nur vielleicht und vielleicht können wir dann auch unsere Mission nicht erfüllen. Es geht darum, die Wahrscheinlichkeit dieser 'Vielleichts' abzuwägen und den Schaden, der dadurch entstehen würde.“ Madara setzte sich auf den Ast. Er musste sich konzentrieren. „Der Schaden beim Nichterfüllen des Auftrags wäre enorm. Welcher Schaden würde bei Nori-sans Tod entstehen? Abgesehen davon, dass sie nicht mehr leben würde. Wir wären verantwortlich für den Tod eines Kameraden. Mit dieser Schuld müssten wir leben. Bestraft werden wir in beiden Fällen von unserem Clan. Die Uchiha würden eine fähige Kunoichi verlieren – oder nein, diesen Punkt können wir wohl streichen...“

„Wieso? Nori-san ist durchaus eine fähige Kunoichi, auch wenn sie das Sharingan nicht beherrscht. Vater hat immerhin-“

„Darum geht es nicht, Nii-san. Du glaubst doch nicht wirklich, dass sie Nori-san unverletzt lassen? Sie werden dafür Sorge tragen, dass sie uns im Kampf nicht mehr unterstützen kann und uns bei der Flucht zur Last fällt. Was wiederum einen Austausch ohne Schriftrolle erschwert. Nori-sans Fähigkeiten sind bereits jetzt verloren.“

Izuna wurde blass. Daran hatte er noch nicht gedacht.

„Alles in allem sind es lediglich unsere eigenen Schuld- und Pflichtgefühle, die für eine sofortige Rettung sprechen. Ein Ninja muss solche Gefühle beherrschen. Es wäre nichts anderes als Egoismus, die Interessen der Länder, unseres Auftraggebers, all dieser Ninja, die in einem Krieg kämpfen müssten und natürlich die unseres Clans deswegen außer acht zu lassen. Alles was wir tun können, ist, Nori-san einen Heldentod sterben zu lassen.“

Izuna ließ sich nun ebenfalls zu Boden fallen. „Das ist nicht gerecht“, sagte er in tiefem Schmerz. „Das ist nicht richtig...“

„Ich weiß. Aber du verstehst, dass wir es tun müssen?“

Izunas Lippen zitterten, doch er nickte langsam.

„Gut. Dann will ich, dass du jetzt Richtung Norden aufbrichst.“ Madara zog die Schriftrolle mit dem Vertrag aus seiner Tasche. „Sorg dafür, dass Daimyo Katanashi das erhält.“

„Aber... Du-“

„Ich werde gehen und Nori-san retten.“

Izuna starrte seinen Bruder überrascht an.

Madara seufzte. „Ich werde gehen und den Feinden einen gefälschten Vertrag im Austausch anbieten. Ich kann einen Doppelgänger als dich ausgeben. Ich weiß nicht, ob ich mit der Schuld würde leben können, Nori-san im Stich gelassen zu haben. Genauso wenig wie du. Wenn Nori-san stirbt, das ist eine Sache. Aber wenn wir beide deswegen auch sterben, verliert der Clan seine beiden besten Nachwuchskämpfer. Das ist nun wirklich nicht mehr zu tragen.“ Er rang sich ein sarkastisches Lächeln ab. „Wenn wir uns aufteilen, haben wir vielleicht eine Chance.“

„Sei nicht albern, Nii-san! Du allein gegen diese Feinde, die uns schon zu dritt fertig gemacht haben? Sie würden dich umbringen! Lass mich gehen. Ich bin der Jüngere, ich wäre für den Clan ein geringerer Verlust.“

„Du kannst nicht wirklich von mir erwarten, dass ich dazu ja sage.“

„Ja, okay, das kann ich vielleicht nicht. Dann lass es mich anders formulieren: Du würdest nicht den nötigen Willen zeigen, Nori-san wirklich da raus zu holen. Ich kenne dich. Ehre, Missionen, Stärke... der perfekte Ninja zu sein, dass ist dir mehr wert als ein Kamerad, mit dem du ohnehin nicht viel zu tun hast.“

Madara starrte seinen Bruder sprachlos an. Wann hatte Izuna begonnen, so von ihm zu denken?

„Was redest du da, Otoutou-chan...“

„Du bist der Erstgeborene. Man hat von dir immer Großes erwartet. Weil Vater die Stärke, die ihm zustand, nie erreichte, hast du immer versucht, diese Erwartungen zu erfüllen. Du wiegst die Risiken ab und entscheidest dich für den effektivsten Weg, genau wie ein Ninja das tun sollte. Die Chance, dass wir Nori-san heil zurück bringen, ist verschwindend gering. Um überhaupt eine Chance zu haben, braucht es echten Einsatz – und den kannst du nicht zeigen. Dass du den Job trotzdem übernehmen willst, zeigt doch nur, dass du dich vor den anderen Ninjateams fürchtest, die vielleicht noch auf dem Weg lauern werden. Du willst dir selbst einen Heldentod sichern, so wie Vater.“ Izuna stand auf. Entschlossenheit blitzte in seinen Augen. „Nicht mit mir.“

Madara war noch immer sprachlos ob dieser Rede. Es war das erste Mal, dass sein kleiner Bruder ihm dermaßen widersprach. Dass er so von ihm analysiert wurde, gefiel ihm überhaupt nicht. Noch fiel weniger aber behagte ihn, dass er zumindest in einem teil seiner Aussagen ein Körnchen Wahrheit fand, auch wenn er es nie so gesehen hatte.

Er wusste sich nicht zu wehren, als Izuna ihm die Schriftrolle in den Schoß warf und sich ohne ein weiteres Wort abwandte.

Einige Sekunden starrte Madara nur weiterhin regungslos auf die Stelle, wo sein Bruder eben noch gewesen war. Dann sprang er auf.

„Izuna!“

Der jüngere Uchiha drehte sich noch einmal um. Madara biss die Zähne zusammen. Nichts würde er mehr verabscheuen, als in dieser Situation im Streit mit ihm auseinander zu gehen.

„Pass auf dich auf, Otoutou-chan...“

Izuna lächelte. „Du auch, Onii-san.“
 

*
 

„Ich muss zu Daimyo Katanashi.“

„Gar nichts musst du! Wir können ihm etwas ausrichten, aber hier kommst du ohne Anmeldung nicht durch.“

Madara rollte genervt mit den Augen. Das war jetzt schon der dritte Wachposten, der ihn aufhielt. Der Fürst schien wirklich strenge Sicherheitsregeln zu haben. Etwas paranoid, wie er fand.

„Das kann ich nicht“, erklärte er zum ungefähr hundertsten mal, “mein Auftrag lautet klar, die Schriftrolle nur dem Fürsten zu übergeben und niemand anderem. Es handelt sich um ein Friedensangebot des Daimyo Souga, ich bin sicher, Katanashi-sama würde es nicht schätzen, wenn die Nachricht ihn aufgrund eurer Ignoranz nicht erreicht.“

„Dieser schmierige Wicht aus dem Reich des Grases? Mit dem brauchen wir keinen Frieden, den machen wir doch fertig!“

Madara seufzte leise und winkte ungeduldig. Der Doppelgänger, der sich unter den Dachgiebeln des Tores hinter den Wachen versteckt hatte, während Madara sie ablenkte, zog seine Waffen. Mit einem hauchdünnen, medizinischen Senbon stach er den Männern in den Nacken, dort wo sich eine Lücke zwischen Panzerhemd und Helm auftat.

Die beiden bulligen Männer kippten nach vorn. Madara legte schnell ein Genjutsu über den Torbereich, damit die umher eilenden Diener nichts bemerkten. Dann stellte er die Wachen an der Wand zusammen mit ihren Speeren auf, sodass es aussah, als wären sie im Stehen kurz eingenickt. Die Senbon waren mit einer Substanz vergiftet, die einen kurzzeitigen Gedächtnisverlust bewirkte. Niemand würde wissen, dass er hier war.

Eigentlich war es ja gar nicht Madaras Absicht gewesen, sich hier wie ein Attentäter einzuschleichen. Aber dieses unkooperative Volk machte nichts anderes möglich.

Es war die letzte Barriere gewesen, bevor Madara endlich das Schloss betrat. Für die kunstvolle japanische Einrichtung und die Kriegstrophäen an den Wänden hatte er keinen Blick übrig. Er gesellte sich einfach zu dem Haufen anderer Bittsteller und wartete.

Da er die Wachen ausgeschaltet hatte, wurde er nicht aufgerufen. Er setzte deswegen einen recht unwichtig aussehenden älteren Mann außer Gefecht, als dieser sich bei der Erwähnung seines Namens erhob und nahm rasch seinen Platz ein. Die Wache winkte ihn nur müde herein.

Madara schlich an ihm vorbei in den Audienzsaal.

Daimyo Katanashi saß hinter einem Papierschirm aus samtenen Kissen, seine Umrisse nur als Schatten zu sehen. Er war umgeben von mehreren Wachen und die Wand hinter ihm war mit einem Tuch verhangen, die entweder einen Fluchtweg oder weitere Soldaten verbargen.

Madara tat, als würde ihn das nicht interessieren. Wie die Etikette es verlangte, trat er vor und verbeugte sich höflich. Allerdings verzichtete er darauf, niederzuknien, was ihm ein Stirnrunzeln von den Wachen einbrachte.

„Wer bist du, Knirps?“, fragte der Daimyo.

Madara zuckte kaum merklich zusammen. Knirps?! Hatte dieser Hurensohn von einem Sesselfurzer ihn gerade Knirps genannt? Fehler. Großer Fehler!

„Mein Name ist Uchiha Madara und ich komme mit einer Nachricht vom Fürsten Souga-sama.“ Absichtlich benutzte er die höfliche Anrede seines Auftraggebers, in seinem Tonfall die leise Spur von Respekt, die lediglich den Mangel desselben Katanashi gegenüber ausdrücken sollte.

„Diesem schleimigen Typen aus dem Land des Unkrauts? Was kann der schon Wichtiges zu sagen haben?“

Madara wurde immer klarer, dass es da einige Informationen bezüglich der Mission gab, die ihm nicht bekannt waren. Ein Frieden mit diesem Sturkopf erschien nicht einmal ihm erstrebenswert.

Madara zog die Schriftrolle hervor. „Wenn Ihr erlaubt...?“

„Ich habe kein Interesse an-“

„Mit Verlaub, Daimyo“, sagte Madara mit ungewöhnlich harscher Stimme. „Mein Team hat einige Mühen auf sich genommen, um diese Schriftrolle sicher hier her zu bringen. Eine Kameradin von mir ist vielleicht tot, ein weiterer inzwischen möglicherweise schwer verletzt. Wenn sie diese Mühen nicht zu schätzen wissen, wird der Clan der Uchiha das als Beleidigung auffassen.“

Stille. Madara sah, wie die Schattengestalt hinter der Papierwand sich leise mit den Wachen beriet.

„Ächem“, räusperte sich der Daimyo, „Uchiha, sagtest du?“

Madaras Mundwinkel zuckten. „Jawohl.“ Mit Sicherheit wollte Katanashi nicht die Wut seines Clans, des berühmtesten Ninjaclans auf der ganzen Welt, auf sich ziehen. Er würde spuren, so wie alle anderen das auch immer taten.

„Na dann gib schon her, das verdammte Ding!“

Madara trat vor und reichte die Rolle einem der Wachen, die sie an den Daimyo weitergab. Er sah, wie sich die Schattenhand auf das Siegel legte – und ein Lichtfunken blitzte auf.

Madaras Augen weiteten sich entsetzt. Beinahe stolperte er in seiner Hast, von dem Daimyo wegzukommen. Aber er war nicht schnell genug.

BOOM!

Feuer. Der Sitz des Daimyo explodierte in einem gewaltigen, roten Feuerball. Der Knall war so laut, dass es Madara das Trommelfeld zerriss und Hitze brannte in seinem Rücken. Er stürzte hart, was ihn gerade noch davor rettete, von dem umherfliegenden Schutt aufgespießt zu werden. Dann schlug etwas hart auf seinen Hinterkopf und alles wurde schwarz.
 

XxX
 

Vokabeln:

Shamisen: traditionelles, japanisches Instrument



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Mengma
2013-02-06T17:53:34+00:00 06.02.2013 18:53
Ich kann mich hier nur meinem vorredner Halduros anschliesen!!

Von:  halduros
2012-06-27T21:41:54+00:00 27.06.2012 23:41
Gefällt mir außerordentlich gut, flüssig, dynamisch - absolut klasse! Liest sich ( zumindest für mich persönlich ) wie geschnitten Brot, mir gefällt dein Schreibstil sehr! Die Detonation kommt sowohl überraschend, als auch nicht gänzlich unerwartet, ich find es klasse, wie du dich in diese Shinobi-Taktiken reindenken kannst! Bin furchtbar gespannt, wie es weitergeht, hoffe, du schreibst bald weiter!


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