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Grim Reaper

Shinigami Dispatch Society
von

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Regel: 6

Die letzten Sonnenstrahlen des kalten Tages kämpften sich mühsam durch eine dicke Schicht aus grauen Wolken, nur um dann an dem düsteren Erscheinungsbild des Bestattungsunternehmens, welches sich in einer der finstersten Gegenden Londons befand, zu zerbersten.

Trotzdem schien seit einiger Zeit etwas noch bedrohlicheres von dem Gebäude auszugehen.

Ab und zu, zwang ein verschwommener Schatten den dreckigen, staubigen Fensterscheiben einen Hauch von Farbe auf.

So wie auch an diesem späten Nachmittag.

Grell lehnte mit seinem Kopf am Fenster während er seinen schlanken Körper auf einem Sarg unmittelbar davor abgesetzt hatte.

Er spürte deutlich wie die Kälte seine Stirn erfasste und seine Körpertemperatur nicht nur dem schaurigen Ambiente von Undertakers Behausung, sondern auch seinem Gemüt anpasste.

Schwer seufzend beobachtete der rothaarige Schnitter das immer noch recht rege Treiben auf der Gasse vor dem baufälligen Haus.

Es war so viel passiert seit er das letzte Mal dort draußen war.

Grell hatte den düsteren Schatten, den er damals in den nebligen Straßen von London aus den Augen verloren hatte, wiedergefunden.

In einer der vielen Nächte, in denen Undertaker zu beschäftigt war, um sich um den jüngeren Shinigami zu kümmern – was Grell nicht unbedingt bedauerte – hatte er sich davongestohlen und war so seinem vermeintlichen Seelenverwandten begegnet.

Wie eine lang verwerte Sehnsucht, die sich nun endlich erfüllt hatte, fühlte sich der Gedanke an sie an.

Diese Frau, die ihn, wenn auch nur für eine kurze Zeitdauer, in ihren Bann gezogen hatte.

Die ihn für einen Moment vergessen und in tiefer Verzweiflung dennoch ausatmen lies.

Er hatte einfach alles an ihr geliebt, ihre Art, ihre Gedanken, ihr Wesen.

Und das Rot das sie kleidete.

Ah diese wunderschöne dunkelrote Farbe, die sich zähflüssig wie geronnenes Blut langsam einen quälenden Weg durch seine verletzlichsten und tiefsten Gedankengänge zu bahnen schien.

Schon wieder hatte ihn der Blutrausch gepackt und er hätte sich nicht mehr stoppen können in seiner zerstörerischen Verzweiflung, wäre da nicht wieder der dunkle , kühle Schatten gewesen, der schon immer über ihn gewacht, ihn die ganze Zeit über beschützt hatte.

William.
 

Grell schloss die Augen bei dem schmerzlichen Gedanken an seinen Vorgesetzten – obwohl er ja für ihn viel mehr war.

Er hatte ihn diesmal nicht nur vor sich selbst gerettet, sondern auch von dem tiefen Groll eines anderen Wesens.

Ein bitteres Lachen legte sich auf die blassen, rötlichen Lippen des Todesgottes.

Eigentlich hatte er mit einer deftigen Strafe, vielleicht sogar mit einem Rausschmiss gerechnet.

Natürlich hatte William ihm seine Death Scythe abgenommen, aber das war dann auch schon alles.

Unsanft und grob, mit diesem nur allzu bekannten, emotionslosen und trotzdem durchdringendem Gesichtsausdruck hatte er ihn an seinen langen Haaren gezogen wieder bei Undertaker abgeliefert.

Ohne auch nur ein Wort zu sagen - was Grell sichtbar quälte.

Er hatte sich wie ein dummer Teenager gefühlt, der sich davongeschlichen hatte und nun wieder bei seinen Eltern abgegeben wurde.

Der Rothaarige presste seine Stirn noch näher an die kalte Scheibe.

Sein Kopf fühlte sich heiß an, nicht von Fieber, aber von schlaflosen und gedankendurchströmten Nächten in denen er endlos viel nachdachte.

So kannte er sich selbst nicht.

Der junge Shinigami fasste sich leicht an die Lippen als er daran dachte, dass er sogar aus lauter Verzweiflung und erdrückender Einsamkeit die in letzter Zeit nur allzu deutlichen Annäherungsversuche von Undertaker nicht mehr ganz so stark zurückzuweisen wusste.

Es tat halt einfach gut, nicht immer allein zu schlafen, schon gar nicht wenn man seine Nachtruhe in einem Sarg finden sollte.

Außerdem war der Körper des Bestatters zu Grells Verwunderung sehr weich und angenehm warm und nicht knochig oder eiskalt.

Ein leises Kichern verließ den Mund des sonst so aufgebrachten Shinigami.

Eigentlich war der düstere Mann ja viel netter und freundlicher zu ihm als William.

Auch dass er unter seinem schwarzen Gewand einige recht attraktive Körperpartien zu verstecken wusste ließ sich von Grells Seite aus nicht bestreiten.

Dennoch war es etwas anderes, das der Rotschopf empfand, wenn er an William dachte.

Ein kurzes Zucken, verursacht von einigen seicht stechenden Sonnenstrahlen, die sich einen Weg durch die heruntergekommenen Vorhänge des Fensters, an dem Grell lehnte, bahntenund auf Grells blasses Gesicht trafen, warfen ihn aus seiner Gedankenwelt.

Er sah, soweit das möglich war, nach draußen.

Menschen, die diese wärmende Energiezufuhr zu schätzen wussten und ihre verschmutzten Hälse wie schwarze Schwäne dem Licht zuwendeten, entkamen seinem scharfen Blick nicht.

Bunte Kleidung und das rege Treiben ließen selbst die düsterste Gasse auf den geplagten Schnitter einladend wirken.

Wie er die Sonne vermisste und auch den Wind des es zu lieben schien, sein leichtes, langes Haar zu packen und es empor zu wirbeln um es dann in wallenden Kaskaden auf seinen Schultern zu verteilen.

Auch der Klang einer anderen Stimme als der rauen des Undertakers und seiner eigenen, die gelegentlich von den hohlen Wänden zurückzuprallen schien, wenn es etwas lauter zuging, würde ihm jetzt gut tun.

Selbst die Stimmen der arbeitswütigen Shinigami, die auch schon am frühen Morgen hektisch durch die Gänge des Verwaltungsgebäudes zu schweben schienen würden ihn im Moment nicht mehr stören.

Ja, er vermisste seine Freiheit schmerzlich und er warf einen unsicheren Blick zur Tür, bevor er es schon wieder zu bereuen schien und ihm ein wohliger Schauer dem Rücken herunter lief, gefolgt von einem ernüchternden Frösteln.

Dürre aber dennoch starke Arme schlangen sich von hinten um seine zierliche Taille und er spürte, wie der süßliche Geruch, der von Undertakers Präsenz aus seinen Sinn zu vernebeln schien, diesen dort mit zärtlichen Widerhaken verankerte.

Grell seufzte leise aus, stand in der Umarmung auf und drehte sich um, bevor er leicht erschrocken die Augen weitete.

Undertaker war ihm viel näher als er es gewohnt war und er spürte stark dessen kühlen Atem gegen seine Lippen schlagen.

Es fiel ihm enorm schwer sich aus dieser Umarmung zu befreien, doch er schaffte es und als er merkte, wie sich eine deutliche Hitze auf seinen Wangen ausbreitete, ließ er seine langen roten Haare in sein Gesicht fallen.

Die langen schlanken Finger des Bestatters waren das nächste, was der Rotschopf spürte.
 

Bestimmend schoben sie Grells Gesicht in seine Richtung.

Der Silberhaarige konnte sich ein heiseres Kichern über den Gesichtsausdruck des jüngeren nicht verkneifen.

„Du riechst immer noch nach Blut…“ stellte Undertaker amüsiert fest und leckte sich leicht über seine grau-schimmernden Lippen.

Ausdrucksstarke, dunkelgrüne Smaragde funkelten ihm mit einer Mischung aus Nervosität und Verunsicherungen entgegen, untermalt von roten Wangen die sich deutlich von der hellen, milchigen Haut abhoben.

Sein Blick, der in den vielen Jahren, die er nun schon auf Erden weilte, darauf trainiert war sich einen Weg durch den unordentlichen, grauen Pony zu bahnen, fiel zunächst allerdings auf die rosigen Lippen die sich dicht vor ihm befanden.

Sanft strich er mit einem seiner langen, schwarzen Fingernägel über diese, entschied sich dann aber doch dafür, ihm einen flüchtigen Kuss auf die verwirbelten, roten Haarsträhnen zu hauchen, die sich auf der Stirn des Jüngeren befanden.

Mit einem amüsierten Kichern zog er noch einmal die unsichtbare Linie von Grells Lippen rauf zu seinem Ohr nach, bevor er sich abwendete um wie ein Kolibri durch den Raum zu schwirren.

Grell sah ihm zu und ein flüchtiges Lächeln, dass seine scharfen Zähne zum Vorschein brachte, stahl sich auf seine Lippen.

Seine Zunge leckte kurz daran entlang und er ließ sich wieder auf dem naheliegendem Sarg nieder, auf dem er vorher schon gesessen hatte.

Den Blick sehnsüchtig in Richtung Fenster gewandt.
 

„Ah!“ kam es leise von Undertaker dem etwas Vergessenes wieder ins Gedächtnis zurückgekrochen kam und er blieb stehen.

Sein Grinsen verschwand für die Winzigkeit eines Augenblicks indem er die Kerzen eines kleinen Kerzenleuchters anzündete.

Die Schatten des flackernden Lichtes breitete sich rasant im kleinen Raum aus und wirbelten in einem makaberen Tanz an den Wänden entlang.

Der rothaarige Shinigami besah sich das Schauspiel und wurde erst wieder von Undertakers Worten zurück in die Wirklichkeit katapultiert.

„Würdest du mich nach hinten beleiten?“ kicherte dieser leise, während er zu einer Spinne aufsah, die sich grade vor seinen Augen von der Decke herabließ, um dann schnell in einem der Löcher im Boden zu verschwinden.

Grell, ließ sich das nicht zwei Mal sagen.

Hastig stand er auf und ging hinter Undertaker her.

Bisher hatte er nicht viel von dem Bestattungsunternehmen zu Gesicht bekommen, obwohl er nun schon eine recht lange Zeit hier war.

Undertaker war einfach abzulenken und so bevorzugte er es meistens, still und alleine zu arbeiten.

Durch einen Lagerraum in dem Grells Blick auf unzählige unordentlich gestapelte Kisten und Kartons fiel führte ihr spärlich beleuchteter Weg am Ende zu einer erstaunlich hellen Holztür die die Form eines überdimensional breiten Sarges hatte und mit silbern schimmernden Henkeln verziert war.

Ein hölzerner Geruch ging von ihr aus, den Grell begierig einzog, in der Hoffnung, mehr über das dahinterliegende zu erfahren.

Nachdem der Bestatter ihm höflich die Tür aufgehalten hatte zündete er mit dem kleineren Kerzenleuchter zwei wesentlich größere an, die sich in den Ecken des Raumes befanden, den sie betreten hatten.

Langsam erhellte sich der Raum und der Jüngere konnte nun seinen Inhalt betrachten.

Er erkannte, dass der Raum in zwei Hälften geteilt schien, auch ohne eine Wand dazwischen.

Die eine Hälfte war mit hellen Fliesen verkleidet, an denen Grell deutliche Nutzungsspuren in Form von unterschiedlich blassen und starken Flecken in den unterschiedlichsten Tonarten seiner Lieblingsfarbe ausmachen konnte.

In der Mitte stand eine Art Obduktionstisch, geschmückt mit Operationsbestecken an denen geronnene Blutreste klebten.

Einige von ihnen hatte der rote Todesgott noch nie zuvor gesehen und er wollte auch lieber nicht wissen, wofür sie benutzt werden.

Seine Aufmerksamkeit fiel jedoch recht schnell auf eine große silberne Schüssel in der einige, schon fast gelblich aussehende Organe lagen.

Obwohl er in letzter Zeit recht viel mit solchen Dingen zu tun hatte, konnte er sie immer noch nicht richtig zuordnen.

Ein knarrendes Geräusch, das von Undertaker ausging, der währenddessen eine scheinbar schwere Kiste auf dem Schreibtisch in der anderen Hälfte des Raumes hob, erregte Grells Aufmerksamkeit.

Erfreut über die Neugier des anderen verließ die Kehle des schwarz Gekleideten ein leises Glucksen.
 

„Das ist mein Arbeitsbereich…“ fügte er noch erklärend hinzu.

Grell sah sich auch hier etwas um.

Diese Ecke des Raumes schien robuster eingerichtet zu sein.

Es gab diese Art Schreibtisch hinter der sich ein Regal auftürmte, das von unordentlich zusammen geschmissenen Papierhaufen und modrig alten Büchern belagert wurde.

Dokumente und anatomischen Zeichnungen hingen bereits vollständig vergilbt an der Wand, dessen blasse Tapete sich schon Stellenweise gelöst hatte.

Der junge Shinigami wusste nicht recht was, er von diesen neuen Räumlichkeiten halten sollte.

Auf der einen Seite zogen sie ihn magisch an und er wollte alles erforschen, doch auf der anderen Seite wollte er sich lieber gar nicht erst fragen, was Undertaker genau mit seinen Kunden und Kundinnen hier machte.

Dieser hatte bereits auf dem Schreibtisch Platz genommen und kramte freudig in der Kiste herum.

Da es leider kaum andere Sitzmöglichkeiten in dem Raum gab, sah Undertaker flüchtig zu dem Obduktionstisch und anschließend zu Grell, der bereits heftig mit dem Kopf schüttelte, da er verstanden hatte.

Dieser bevorzugte es lieber, sich gegen die naheliegende Wand zu lehnen und neugierig dem Totengräber beim auspacken zuzusehen.

Eine Tüte, voll getrockneter Seepferchen, die so unprofessionell eingepackt waren, dass sogar schon einige abgebrochen waren, ließ Grell erschaudern.

Doch was danach kam gefiel ihm auch nicht viel besser.

Er beobachtete nachdenklich wie der Ältere einige Einmachgläser herausholte.

In einem war eine seltsame, gelb-schwarz gefleckte Eidechse zusammengerollt zu betrachten und in dem nächsten der Kopf einer schwarzen Schlange, die zähnefletschend mit ihren toten Augen ins leere starrte.

Der Grauhaarige reichte ihm die Gläser, auf dass er sie ins Regal stellen sollte und Grell tat es sehr schnell, die grünlich schimmernde Aufbewahrungsflüssigkeit eingehend betrachtend.

Die spitzen Zähne der Schlange hatten seine Aufmerksamkeit erregt, erinnerten sie ihn doch etwas an seinen eigenen.

Das glücklich wirkende auflachen des Bestatters und ein süßlich stechender Geruch, der in seine Nase stieg, ließen ihn den Blick wieder in dessen Richtung wandern.

Der Amüsierte hielt eine dunkelgrüne Packung in den Händen.

Mit den Beinen baumelnd, zog er langsam das goldig schimmernde Schleifenband von dem Paket ab.

Grell fielen unter anderem noch mehrere Schriftzeichen auf, die er nicht zu deuten wusste.

„麒麟 (quilin) und 血 (xuè), außerdem 鸦片(yāpiàn) und schließlich noch圣水 (shèngshuǐ)! Was für eine Mischung…“ las Undertaker begeistert vor, der Grells verunsicherten Blick bemerkt hatte.

Dies half dem Verwirrten allerdings auch herzlich wenig weiter, hatte er doch keine Ahnung davon, was der andere dort Vorgelesen hatte.

Er sah interessiert zu, wie er die Schachtel öffnete, und erkannte etwas, das auf den ersten Blick aussah, wie Schokolade.

Von einer starken Neugier getrieben, trat er näher an ihn heran.

Undertaker war unterdessen vom Tisch aufgestanden.

„So neugierig, hm?“ gluckste er freudig.

„Willst du es noch näher wissen?“

Ein düsteres Grinsen, das den Rothaarigen zurückweichen ließ legte sich auf die grau-blassen Lippen seines Gegenübers.

Ohne Behinderung durch seine langen, schwarzen Fingernägel nahm der Ex-Schnitter eines der ovalen Stücke aus der Schachtel und betrachtete seinen grün-goldigen Schimmer.

Zielsicher ging er auf Grell zu, der unterdessen bis hin in den gefliesten Bereich des Raumes geflohen war, sich nun gegen den blutigen Tisch drückend – die etwas geweiteten Augen auf den Bestatter gerichtet.

Dieser, bei ihm angekommen, drückte ihn nur noch mehr an den Tisch und hob sein Kinn mit einer seiner dünnen und doch starken Hände leicht an.

Das Gefühl das in Grell aufzukommen schien, paarte sich noch mit dem betörendem Geruch des Blutes, das die Luft in diesem Teil des Zimmers zu erfüllen schien.

Die Erinnerung an den metallische Geschmack kehrte in Grell zurück.

Leicht benebelt wehrte er sich kaum, als er eines der Dinger aus der Schachtel zwischen die Lippen gelegt bekam.

Fast schon zärtlich schob Undertaker es ganz hinein, jede Reaktion des jüngeren Shinigami genau beobachtend.

„Und? Wie ist es?“ säuselte dieser fast schon aufgeregt klingend dicht neben Grells Ohr lehnend.

Ein fast im Kichern untergegangenes „Schlucken nicht vergessen!“ fügte er auch noch hinzu, ehe er sich mit seinem Kopf gegen die Stirn von Grell lehnte.
 

Ein süßlich herber Geschmack breitete sich langsam in dem Mund des rothaarigen Schnitters aus.

Etwas säuerliches und zugleich brennendes schien sich auch einmischen zu wollen.

Grell konnte es keinem Geschmack, den er kannte, zuordnen aber er wusste, dass er mehr davon wollte.

Seine Sinne fühlten sich matt an und doch hätte man meinen können, das leuchtende Grün seiner Augen sei dunkler, vielleicht auch tiefer geworden.

Abwesend griff er nach den dürren Fingern des Bestatters und umklammerte diese unsicher dem gegenüber, was er tat, mit seiner zittrigen Hand.

Undertaker schien amüsiert darüber, beherrscht sich trotzdem, nicht zu lachen, um die Reaktion des benebelten Schnitters zu beobachten.

Dieser hatte unterdessen die in Anspruch genommenen Finger in seinen Mund gleiten lassen und sog gierig ihren Geschmack, der immer noch etwas von der vermeintlich chinesischen Schokoladenmischung an sich zu haben schien, ein.

Völlig vertieft in sein Tun bemerkte Grell erst etwas später, wie die Finger sich zärtlich aus seinem Mund zurückzogen.

Mit glasigem Blick versuchte er die ungefähre Höhe abzuschätzen, auf der sich die Augen hinter der grauen Haarschicht von Undertaker befinden müssten.

Intensiv starrte er dort hin, obwohl er Gefahr lief, falsch abgeschätzt zu haben.

Undertakers unterdessen befreite Hand zwang Grell das Kinn etwas zu heben.

Nach einem flüchtig verstohlenen Blick zur Tür trafen kalte Lippen auf die des jüngeren Schnitters, dem ein erstauntes Murren über die Lippen kam.

Der Silberhaarige zog ihn näher an sich, während seine Zunge, die über den Mund des anderen strich, sich nach einem leisen Seufzer Grells, einen Weg durch die Lippen in seine Mundhöhle zu bahnend wusste.

Zielsicher kostete sie den irritierenden Geschmack.

Nicht wirklich von dessen starker Wirkung betroffen bemerkte der einst legendäre Shinigami, wie der Jüngere sich an seinem Gewand festkrallte, die Kraft aus seinen Beinen schwindend.

Er ließ von ihm ab, nicht, ohne noch einmal über die mittlerweile sehr blass erscheinenden Lippen des anderen zu lecken, sich etwas nach dessen Geschmack verzehrend.

Ein lang zurückgehaltenes, düsteres Kichern bahnte sich endlich den Weg aus seiner Kehle, während er merkte wie Grell immer mehr abrutschte.

Dieser spürte unterdessen, wie die Kraft nun auch in seinen Armen und Händen nachließ.

Das Lachen des Bestatters hallte dumpf in seinen Ohren.

Der stumpfe Kerzenschein vermischte sich vor seinen Augen mit der dunklen Farbgebung des Raumes.

Er fiel.

Wissend, dass es jemand anderen gab, der sie schon eine Weile beobachtete, war er sich sicher, dieser würde den Rotschopf schon auffangen.

William stand innerhalb von Sekunden im Raum und fing Grell behutsam auf, ihn unter den Armen festhaltend.
 

Ein leicht genervter und teilweise wütender Blick des Supervisors ließ Undertaker stark Grinsen.

Glücklicherweise war in William noch genügend Respekt für den grauen Sensenmann vorhanden, da er sonst sicher für eine kurze Zeit die Beherrschung verloren hätte, um ihn anzuschreien.

Natürlich war er schon die ganze Zeit über draußen vor der Tür gewesen und hatte die ganze Szene von Anfang an zähneknirschend beobachtet.

Er spürte immer noch den leicht ziehenden Schmerz der entstanden war, da seine Hand seine Death Scythe etwas fester umklammert hatte, als gewöhnlich.

Auch war er schon kurz davor, bei dem Kuss in den Raum zu platzen, hielt sich allerdings zurück, da Grell ihn nicht bemerken sollte.

Ein erneut fröhliches Auflachen des älteren Schnitters riss ihn abrupt aus seinen Gedanken und er richtete, so gut dies möglich war mit Grell im Arm, seine Brille.

„Undertaker…“ begann er leise und gefangen.

„Sie hätten wirklich nicht so einen…dramatischen Akt aus der ganzen Sache machen müssen! Vereinbart war…“.

Weiter kam er nicht, da er einen Finger Undertakers, der urplötzlich vor ihm stand, an seinen Lippen spürte, gefolgt von einem gekrächztem „Eifersüchtig?“.

Williams angewidertes Zischen zauberte dem Bestatter ein glückliches Lächeln auf die Lippen und er entfernte seinen Finger von ihm.

Wie der ältere Schnitter es doch liebte, den ach so steifen Abteilungsleiter bei seinen viel zu seltenen Besuchen aus der Reserve zu locken, ihn zu ärgern und zu verunsichern.

Beinahe hätte man das zu einem der liebsten Hobbys des Undertaker zählen können.

Der genervte Schnitter, der sich nicht weiter um solche lächerlichen Dinge kümmern wollte, legte eine Hand unter Grells Beine und hob ihn so in seine Arme.

Leicht presste er den zierlichen Körper an sich.

Still verließ er das Arbeitszimmer hinter Undertaker, der als Wegbeleuchtung wieder den kleinen Kerzenhalter entfacht hatte.

Durch einige Räumlichkeiten und Flure hindurch, schlängelte sich ihr Weg in eine der am weitesten abgelegenen Kammern.

Der dunkelhaarige Shinigami wunderte sich immer wieder über die erstaunliche Vielzahl der Zimmer, die das Haus des Bestatters doch bereithielt.

Der Raum, den sie nun jedoch betraten glich einer weiteren Lagerhalle, vollgestopft mit Holz und frisch geschreinerten Särgen.

Undertaker, welcher grade den Kerzenständer in einer kleinen Einbuchtung in der Wand abstellte, pflegte diesen Raum ausgesprochen gut.

Es gab viel weniger Staub als in den anderen Zimmern und der Boden schien auch gefegt geworden zu sein.
 

Der spärliche Lichtschein erhellte die Gegebenheiten nicht wirklich und doch erkannte William, wie der ältere Todesgott einen der Särge, der mit einem dunkelrotem Innenfutter ausgekleidet war, öffnete und ihm bestätigend zulächelte.

Vorsichtig legte der Verwaltungschef Grell in dem Sarg ab und strich ihm einige der langen roten Strähnen aus dem Gesicht.

Der Silberhaarige, der unterdessen auf einem Sarg weiter hinten Platz genommen hatte und so die Szene beobachtete, konnte ein nur leicht unterdrücktes Lachen nun nicht mehr verkneifen, sodass es aus ihm heraus brach und den Raum mit diesem Klang überflutete.

Erst die dumpfen Schritte einer weiteren Person ließen ihn verstummen und entlocktem William ein höchst genervtes Seufzen.

Ein leise gequetschtes „Eine Anweisung auch nur ein Mal zu befolgen scheint euch allen ja wirklich sehr schwer zu fallen!“ folgte seinem Blick in Ronald Knoxs große Augen, der verwundert über diese Anfuhr in der Tür stehen geblieben war – die Arme in die Hüften gestemmt.

„Aber Sempai! Ich wollte doch nur sehen was so lange dauert…Bei Mr. Undertaker weiß man ja nie!“

Der Blonde trat einige Schritte in den Raum und schielte vorsichtig zu dem besagten Ex- Schnitter, bevor er sich noch weiter dem Sarg näherte und Grell bemerkte, der momentan etwas zu zittern schien.

„Grell-Sempai?!“ kam es als nächstes erstaunt von ihm.

„Keine Fragen! Ronald Knox…du solltest draußen warten!“

William schien wütend und erhob die Stimme, schrie dabei aber nicht.

Trotzdem zuckte Ronald kurz zusammen.

„T-tut mir leid! Ich wollte doch nur…“

Gekränkt, mit hängenden Schultern und schmollend setzte er sich auf die Kante des Sarges, in dem Grell schlief.

Dass er eine Erklärung für die Vorgänge hier bekam, erwartete er nun nicht mehr.

Trotzdem sorgte er sich um den Rotschopf, da er nicht verstand, was mit ihm los war.

William hatte zwar etwas in der Richtung angedeutet, als sie aufgebrochen waren, doch Ronald war zu abgelenkt gewesen, den hübschen Frauen aus der Abteilung nachzusehen, als dass er ihm zugehört hatte.

Nach einer Weile des Schweigens, die nur durch Undertakers nun doch fortwährendes Lachen gestört schien, hatte auch Ronald verstanden, dass er im Augenblick nicht wirklich erwünscht war.

Schwungvoll stand er auf und verabschiedete sich mit einem flüchtigen Verbeugen von Undertaker, der ihm immer noch zu unheimlich erschien, als dass er das Wort an ihn richten wollte.

Ein ebenso schnelles Lächeln in die Richtung seines Chefs tat den Rest und so war es, zum Glück für den Blonden, diesmal nur ein relativ kurzer und entspannter Besuch in dem vermeintlichen Bestattungsunternehmen.
 

Erleichtert von der Abwesenheit seines Gelegenheitspartners atmete William schwer aus, den Blick wieder auf Grell gerichtet.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  -Gwenny-
2011-06-11T00:59:46+00:00 11.06.2011 02:59
I love it!!!!
~♥
Ich sag es dir, einer mein Lieblings-Fanfics hier *____*
Ich mag die Paare einfach total gerne und es ist einfach soooo geil beschrieben und so spannend, ich will wissen wie es weiter geht!!!!!!
*____________*~
ICh warte gespannt xDD
Von: abgemeldet
2011-05-23T22:04:22+00:00 24.05.2011 00:04
KYAH! *schluck*
omfg ist deine fanfic toll geschrieben >///<
mir is das herz fast stehn geblieben teilweise vor spannung >w<
wraawwwrr~~ hoffe es geht schnell weiter, will wissen was die da mit Grell vorhaben Oo" (satansgebräuche hier fast hey XDD")
*auf favo liste kleb*
Von:  NatsUruha
2011-05-07T15:04:52+00:00 07.05.2011 17:04
Cooles kapi. Mich würde ma interessieren was taker grell in die gusche gestopft hat. Gewiss keine schoki oder? ^^ und was hat william mit ihm vor? Hoffe es geht schnell weiter.
Von:  Marco-Bodt
2011-05-06T11:39:11+00:00 06.05.2011 13:39
wah *-* einfach nur toll *-*
ich hoffe es geht bald weiter <3


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