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Whats On My Mind

von

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Anders Normal sein

Ich lehnte mich aus dem Fenster und betrachtete unsere Nachbarschaft. Da war das skurille alte Ehepaar gegenüber die ihre 13. verstorbene Katze begruben, während die 4 hyperaktive Kleinkinder unseren Nachbarn nebenan auf der Straße herumtollte ohne auf den frischgebackenen Führerscheinbesitzer zu achten, der achtzehnjähriger Sohn eines dauerbesoffenes alleinerziehendes Mannes, der zwei Häuser auf der gegenüberliegende Seite wohnt. Und wir? Was sind wir für Nachbarn? Meine durchschnittlichen Eltern mit der ein oder anderen Macke, mein Hund der durch unseren Garten ein Eichhörnchen jagt? Ja, diese ganze Straße ist normal. Aber ich …?
 

Ich lebe hier schon immer. In einem ganz normalen, gut gepflegten Vorort, in dem die Zeitung von einem Zeitungsjungen morgens pünktlich auf den 3 Millimeter grashohen Vorgarten geworfen wird, während er die Fahrradklingel betätigt, damit Kindergartenkinder, an der Hand von ihren Müttern geführt, aus dem Weg gehen.
 

Es ist so sterbendslangweilignormal dass es schon wieder unfriedlich ist. Fast als würde jeder zu perfekte Satz und jede zu freundliche Geste etwas auslösen, was in mir mörderisches Verlangen wegt. In dem ich-werde-mörderisch-tätig Sinne.
 

Dies wäre dann durchaus der Grund, warum ich mich lieber von dem ganzen (un-)friedensstifteten Normalos fern halte. Es gäbe da natürlich noch den verpickelten Nachbarnjungen zu bedenken, der sich um jeden Preis mit mir anfreunden will und meine Mutter ihn nur „entzückend“ bezeichnet. Wirklich entzückend diese Umgebung denke ich in jenen Momenten und stelle mir meinen zuckenden Finger am Coltabzug vor. Dass ist meine wahre Begeisterung – nein, ich werde keinen Amoklauf planen – sondern diese Leichtigkeit ein Menschenleben zu zerstören. Die Leichtigkeit Gebäude zum Einsturz zu bringen.
 

Ich habe mich einmal geschnitten und mit Begeisterung gesehen, wie das Blut sachte floß.. nur ein kurzer, kaum spürbarer Strich des Teppichmessers zerstört die feine Hautstruktur.

Ich habe Dinge aus dem Fenster fallen lassen. Was für ein Unterschied es ist, ob sie auf dem Rasen, oder auf der Veranda landen! Wäre dass auch für meinen Körper ein Unterschied?

Ich habe es lieber nicht getestet.
 

Ich gehe in der Schule umher, vom Klassenzimmer zum Klassenzimmer zum Klo, zum Spind, zur Kantine, zum nächsten Klassenzimmer… immer im Kreis, jeden Tag. Es ödet mich an. Meine Leistungen sind in den meisten Fächern überdurchschnittlich, aber nicht weil ich wie die sogenannten „Streber“ (ehrlich.. was gibt es langweiligeres als Streber auslachen?) lerne lerne lerne, sondern weil es einfach easy ist. Die Fächer, in den ich kein A hab, mag ich einfach nicht. Ich gebe mir für die Schule keine besondere Mühe.
 

Oberzicken, Cheerleaderquirlis, Footballarschlöcher, Freaks, Normalos, Nichtnormalos, wie an jeder anderen Schule = normal. Ihr erwartet meine beste Freundin um die Kurve kommen? Oder denkt ihr ich bin die in-mich-gezogene Alleingeherin? Beide Parteien irren. Ich rede mit dem Normalo und lache mit jenem Normalo, so wie mit meinen Eltern, meinen Nachbarn und allen anderen Menschen. Aber eine tiefere Beziehung habe ich zu keinem von diesem Durchschnitt geschlossen. Wofür? Um über dämliche Dinge zu kichern? Um beste Freundin von jemand genannt werden zu können? Um den ganzen Mittag am Telefon zu hängen nur um über unmögliche Liebesbeziehungen der allerbesten Freundin zu reden und ihr dann die Nase putzen zu müssen, wenn ihr Traummann gar nicht auf sie steht? (Wer hätte das gedacht.)
 

Meine Gedanken zum Schulsport? Sport ist Energieverschwendung. Solang man es um den Sportartwillen tut. Wenn man aber Sport betreibt um seinen Körper fit zu halten, ist das etwas anderes, etwas, was ich von jedem Normalo fordere. Wer sieht schon gerne Übergewichtige? Deswegen betreibe ich Sport. Von allem etwas. Mir fehlt aus genannten Gründen der Ergeiz um die Beste in einer Sportart zu werden, jedoch finde ich, dass jede Sportart eine andere Muskelgruppe anspricht und so ist alles wichtig. Schwimmen, laufen, springen, schlagen, werfen und so weiter…
 

Nein, ich verachte keinen Teamsport. Ich war einige Zeit in der Volleyball-AG, aber mein Image soll nicht bekleckert werden, keiner muss wissen das ich keine Motiviation zum Siegen habe. Ich habe einen Ruf, der besser nicht sein kann. Ich bin kein Niemand, ich bin aber auch nicht die. Und so hat man einen guten mittleren Stand, keiner hat Interesse einen fertig zu machen und man muss auch nicht besonders viel Wirbel um sich machen.
 


 

Berufsmesse. Junge Menschen, was wollt ihr einmal werden? Viele stellen sich in dieser Beziehung besonders blöd an. Man könnte mich zu ihnen in den Topf werfen, wenn ich ehrlich sage, dass ich nicht weiß, was ich werden will. Meine Mutter schleppt mich von Stand zu Stand um mir Berufe nahe zu bringen, obwohl ich genau weiß, welcher mittelmäßige Normalojob auf meine vorhandenen Fähigkeiten passt. Nur ich passe nicht zu den mittelmäßigen Normalojobs. Das ist das Problem.
 

Bei mir geht es hier um die Frage = bleibe ich incognito? Tue ich wie ein Normalo mein Leben lang, um meiner Enkelin kurz vor meinem Tod alles zu offenbaren? Oder werde ich etwas finden, was zu mir passt?

Das ist die Frage.
 

In einem typischen Kinofilm würde jetzt der Retter meiner Situation auftauchen, ein gutaussehender (Trottel) Agent, in den ich mich im Laufe der Zeit verliebe, während er mich in ein Agentenbootcamp bringt, wo ich meine wahre Erfüllung finde, dort Erzfeindinnen und Bussenfreundinnen finde und zu… einem Normalo mit gefährlichen Job werde? Das ist doch bitte nicht euer ernst?
 

Manche werden langsam die Augen über mich verdrehen und den Link schließen. Das ist kein Schreiben an mein Mitleid und kein verbitterter Aufruf. Es zeigt nur einen kleinen Hauch Verzweiflung und Zukunftsprobleme von einem Mädchen, dass zwar anders, mit diesen zwei Eigenschaften aber auch wieder so normal wie alle anderen ist.



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