Zum Inhalt der Seite

Straßenkind

SasuXNaru
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Sonnenuntergang

Mit starrem Blick begutachtete Sasuke die Decke des weißen Raumes. Er lag auf einem angenehm weichen Bett, alle Vieren von sich ausgestreckt und rührte sich keinen Zentimeter. Auf einem kleinen Tisch, der neben dem Bett platziert war, standen ein unberührtes Glas Wasser und einige Utensilien, die der Arzt zuvor gebraucht hatte, um Sasuke ruhig zu stellen.
 

Der Junge selbst konnte sich an so gut wie nichts erinnern. Er war in die Küche gegangen, Itachi und Hana hatten ihm etwas gesagt und dann kam Schwärze. Und nun lag er hier, mit dröhnendem Kopf und dem Gefühl als hätte ihn jemand in Watte eingepackt, und versuchte seine Gedanken zu sammeln. Doch die schienen verstreut um ihn herum zu liegen und unerreichbar zu sein.
 

Am liebsten hätte er laut nach seinem Bruder geschrien oder im Allgemeinen nach Hilfe, denn er wusste nicht einmal in wessen Bett er gerade lag, doch er brachte keinen Ton heraus. Es war als würde jemand fest auf seinen Körper drücken, ihm jegliche Bewegungen untersagen und ihm nicht erlauben zu sprechen oder gar richtig zu hören.
 

Alle Geräusche um ihn herum nahm er nur dunkel und unklar wahr, als hätte jemand den Bass bei einem Lautstärker zu weit aufgedreht. Und das störte Sasuke. Innerlich kämpfte und schrie er, weinte er, war wütend, da ihm niemand half und ihm niemand erklärte, wie und warum er hier gelandet war. Und wo er überhaupt war.
 

Sasuke konnte nicht einmal klar denken, um sich eine mögliche Erklärung zusammen zu reimen. Verzweiflung stieg in ihm auf, doch er konnte sie nicht zeigen. Er konnte nichts machen, außer liegen und starren und hoffen, dass ihm die Antworten einfach so zufliegen würden.
 

*~*
 

Polternd kam Temari die Treppe herunter gerannt, Wut und Entschlossenheit standen ihr ins Gesicht geschrieben, sodass sie fast furchteinflößend wirkte. Ihr jüngerer Bruder mit dem Gesichtsausdruck gleich jemanden zu ermeucheln folgte ihr auf Schritt und Tritt.
 

Die beiden Geschwister liefen bereits zum fünften Mal an diesem Tage die steinernen Treppen des Jugendamtes hinunter. Sie opferten Schulstunden und Freizeit, um an diesem Ort einen ihrer besten Freunde aus einer misslichen Lage zu retten. Doch nicht nur sie versuchten dies: Itachi, Hana, Kiba, Neji, Shikamaru, Kankuro, Hana's und Kiba's Mutter, Neji's Vater, Shikamaru's Eltern, Tsunade und Shizune halfen ebenfalls tatkräftig bei der Rettungsaktion mit.
 

Die Sabakuno-Geschwister suchten immer wieder das Jugendamt auf, um Druck wegen dem Sorgerecht um Naruto zu machen. Die Eltern der anderen Jugendlichen gingen hier ebenfalls ein und aus, alle bis auf die Inuzuka-Mutter. Diese war zusammen mit ihren Kindern und Shizune zur Psychiatrie gefahren in der Naruto untergebracht worden war. Tsunade versuchte unterdessen telefonisch klar zu machen, dass der Junge nach seiner Therapie in kein Waisenhaus und in keine Pflegefamilie kommen durfte, sondern unbedingt zurück zu den Uchiha musste. Neji's Vater ließ zusätzlich zu all dem Einsatz noch seine guten Kontakte spielen und suchte mithilfe von einigen Telefonaten mit Anwälten eine rechtlich gesehene Möglichkeit ein Straßenkind aufzunehmen.
 

Itachi, Neji und Shikamaru versuchten sich derweil um Sasuke zu kümmern, der sich im Krankenhaus der nahe gelegenen Stadt auf der geschlossenen, psychiatrischen Station befand. Und das seit fünf Tagen, seit Naruto vom Jugendamt mitgenommen worden war.
 

Bisher war es ein Ding der Unmöglichkeit gewesen mit Sasuke zu sprechen. Zuerst konnte sich keiner erklären, warum er jeden Tag Nervenzusammenbrüche bekam, nur herumschrie und nicht mit sich reden ließ, doch nach einigen Gesprächen mit Itachi war den Psychiatern so einiges klar geworden: Auf Sasuke lastete schon immer ein schrecklicher Druck, hauptsächlich ausgelöst durch seinen Vater. Nun machte sich der Junge zusätzlich noch selber Druck, gab sich für alles immer die Schuld und hatte zu allem Überfluss auch noch seit Geburt an eine Psyche, die eigentlich nicht belastbar sein dürfte. Die Psychiater nannten es ein Wunder, dass sich Sasuke noch nicht das Leben genommen hatte.
 

Und nun, wo Naruto weg war, wurde der Druck zu viel. Die Welt um ihn herum ist zusammengestürzt und seine Psyche an einem Punkt angelangt, an der sie nicht mehr stand halten konnte. Es tat Itachi weh zu wissen wie sehr sein jüngerer Bruder litt, dass die Ärzte ihn mit Medikamenten vollpumpten bis er sich nicht mehr bewegen konnte und aussah als wenn er Drogen genommen hätte. Doch diese Art von Behandlung war notwendig.
 

Mit einem schmerzlichen Gesichtsausdruck, da es auch langsam für ihn zu viel wurde, wartete Itachi vor der geschlossenen Station. Es war bereits das zwanzigste Mal in fünf Tagen, dass er hier stand und darum bat zu seinem Bruder gehen zu dürfen, obwohl doch jeder wusste, dass auf der Geschlossenen Besucherverbot war. Und auch diesmal wurde Itachi von den Ärzten abgewiesen.
 

Widerwillig ging er zurück in die Cafeteria, kaufte sich dort eine Tasse Kaffee, da er in letzter Zeit gar nicht mehr zum Schlafen kam, und wartete auf Shikamaru und Neji, die mit neuen Informationen zu Naruto anrücken wollten. Nach fast zehn Minuten betraten schließlich die besagten Jungen die Kantine und steuerten sofort auf Itachi zu.
 

Und das erste Mal seit fünf Tagen sah er in ihren Augen etwas Zufriedenes. Als wenn etwas Gutes passiert wäre.
 

"Sagt mir bitte, dass ihr gute Nachrichten habt", flehte Itachi fast schon, als sie sich zu ihm an den Tisch setzten.

"Mein Vater hat eine Gesetzeslücke gefunden", erklärte Neji sofort, "auch wenn es unmenschlich und krank ist, aber ein Straßenkind kann behandelt werden wie ein Tier, wenn es zu Niemandem gehört."

"Das heißt was?", fragte Itachi verdutzt.

"Ein Tier, das zu Niemandem gehört kann man einfach aufnehmen ohne gegen das Gesetz zu verstoßen", antwortete Shikamaru. "Und dasselbe gilt für ein Straßenkind, solange es zu Niemandem gehört."

"Man muss nur herausfinden, ob Naruto Familie oder Erziehungsberechtigte hat von denen er vielleicht abgehauen ist", erklärte Neji weiter, "wenn es sie nicht gibt kannst du Naruto einfach wieder aufnehmen, wenn er mit seiner Therapie fertig ist."

"Wenn es sie doch gibt kannst du mit ihnen über das Sorgerecht verhandeln. Ich denke mal nicht, dass sie etwas dagegen haben werden, wenn du Naruto aufnimmst. Schließlich haben sie ihn bisher auch nicht vermisst", führte Shikamaru die Erklärung fort und ein mattes Lächeln bildete sich auf Itachi's Lippen.

"Das ist doch mal eine erfreuliche Nachricht", stellte er leise fest.

"Temari und Co. versuchen jetzt etwas über Naruto's Herkunft herauszufinden mithilfe von ein paar netten Leuten vom Jugendamt", sagte Neji und fügte hinzu, als wenn es unnormal wäre: "Ja, es gibt auch nette Leute beim Jugendamt."

"Und wie sieht es mit Sasuke aus?", fragte Shikamaru. Ein trauriges Seufzen entfuhr Itachi, ehe er antwortete: "Es wird nicht besser. Und ich darf immernoch nicht zu ihm."
 

Daraufhin breitete sich eine quälende Stille aus. Das Triumphgefühl eine Lösung für Naruto gefunden zu haben hielt viel kürzer an als erhofft, die Sorge um Sasuke war einfach größer. Genauso wie die Sorge um Naruto. Denn Niemand wusste, ob er überhaupt noch einmal von seiner Therapie zurückkehren würde.
 

Nach fast fünf Minuten Schweigens spürte Itachi, wie sein Handy in seiner Hosentasche vibrierte. Sofort nahm er es heraus und den Anruf entgegen. Auf der anderen Seite hörte er die Stimme von Hana aufgeregt auf Russisch plappern.
 

"Hana! Hana!", versuchte Itachi sie zu unterbrechen, "bitte kein- Hana- Ich kann kein Russisch- Bitte Deutsch sprechen!"

"Oh tut mir Leid, tut mir Leid", sagte sie aufgeregt, in ihrer Stimme schwang etwas Positives mit, als wenn sie glücklich wäre, was Itachi sichtlich verwirrte, "Ich habe grad noch mit meiner Mutter gesprochen. Wir haben tolle Neuigkeiten!"

"Welche?", fragte der Uchiha sofort.

"Naruto's Therapie wird nicht länger als anderthalb Jahre dauern!", antworte Hana, "es gibt sogar gute Chancen, dass es nur ein Jahr dauern wird. Itachi, das ist klasse! Shizune hatte mit fünf oder sechs Jahren gerechnet! Das ist der totale Wahnsinn!"

"Wieso ist es dann nur ein Jahr?", fragte Itachi verwirrt.

"Weil Naruto's Psyche belastbar ist, ich kann es dir nicht genau erklären. Das hat irgendwas mit der Psyche und dem Geist zu tun, irgendwelchen Kräften - Ach keine Ahnung!", antwortete Hana. "Shikamaru hat hier schon vorhin angerufen und uns gesagt, dass Naruto vermutlich zu euch zurück kann. Das ist doch der hammer! Ich hätte echt gedacht, dass wir Wochen brauchen würden, um das alles zu klären, aber es waren nur fünf Tage!"

"Die mir vorkamen wie Ewigkeiten", stellte Itachi seufzend fest, "aber trotzdem ist noch nicht alles geklärt."

"Ja schon, aber Einiges! Freu dich doch endlich mal", versuchte Hana ihren Freund aufzuheitern. "Die Sache mit Naruto ist so gut wie geklärt!"

"Wie sieht seine Therapie jetzt eigentlich genau aus?", wollte Itachi wissen, ohne der Bitte seiner Freundin nach zu gehen.

"Äh. Das kann ich dir nicht genau sagen. Dieses Psychologengeschwaffel von Shizune und den Ärzten hier verstehe ich nicht wirklich. Aber er bekommt auf jeden Fall Unterricht zu dem was er alles in der Schule verpasst hat und er bekommt das Sprechen beigebracht. Ah, da fällt mir noch etwas ein, was ich dir sagen wollte!", sagte Hana und ihre Stimme wurde wieder ernster, "die Ärzte wissen jetzt warum Naruto nicht spricht." Sofort wurde Itachi neugierig, wenn er auch gleich ein ungutes Gefühl bekam. Wollte er das wirklich wissen? "Er hat anscheinend von Geburt an kaputte Stimmbänder gehabt. Nur da er Straßenkind war hatte ihn kein Arzt behandeln können, sodass er das Sprechen total verlernt hat. Die Stimmbänder haben sich mit der Zeit von selbst regeneriert, aber sprechen kann er trotzdem nicht."

"Verdammt", entfuhr es Itachi. Mit dieser Erklärung hatte er nicht gerechnet. Betreten blickte er auf die Tischplatte vor sich, während Shikamaru und Neji ihn verwundert und besorgt betrachteten, da sie Hana's Stimme nicht hören konnten.
 

"Ich habe noch eine Bitte an dich bevor wir auflegen", sagte die Inuzuka, "könntest du bitte herausfinden, wie es Sasuke geht? Kiba ist es erlaubt worden heute Nachmittag Naruto zu besuchen und er würde ihm gerne davon berichten, wie Sasuke das Ganze aufgenommen hat. Denn das wird Naruto auf jeden Fall wissen wollen."

"Ich versuch mein Bestes, aber die Ärzte hier sind nicht annähernd so mitfühlend, wie die bei Naruto", sagte Itachi und seufzte gequält, "ich ruf' dich später noch einmal an."
 

Und damit legten die Beiden wieder auf. Sofort wurde der Uchiha von Fragen seitens Shikamaru und Neji bombardiert, die er erst einmal beantworten musste. Im Gegensatz zum Uchiha freuten diese sich über die Nachricht, dass Naruto schon in anderthalb Jahren wieder aus der Psychiatrie kommen könnte und entschieden sich sofort die Ärzte erneut auf Sasuke anzusprechen. Vielleicht würden sie ja endlich etwas preisgeben außer dem Üblichen: "Es hat sich nichts gebessert."
 

*~*
 

"Es hat sich nichts gebessert", sagte der Psychiater mit einem Kopfschütteln, was ein 'Es hat sich nichts gebessert' zu viel gewesen war.

"Jetzt hören Sie mir mal ganz genau zu!", hob Itachi bedrohlich die Stimme, dass Shikamaru rechts von ihm zusammenzuckten. "Mein kleiner Bruder hat genug Mist erlebt, ich kenne ihn, weil ich mich um ihn kümmer' seit unsere Eltern verstorben sind und ich weiß, dass er mich momentan braucht! Ich weiß, dass Sasuke Angst bekommt, wenn er alleine ist und darum verlange ich, dass Sie mich sofort zu ihm lassen!"
 

Eine fast schon beeindruckte Stille trat ein, in der Shikamaru gespannt zwischen dem Psychiater und Itachi hin- und herschaute, während Neji nur den Kopf schüttelte. Er war wirklich ein Pessimist und glaubte nicht daran, dass diese Leute Jemanden zu Sasuke lassen würden. Vorsichtig ging er einige Schritte zurück, da Itachi wahrscheinlich einen Ausraster bekommen würde, wenn der Arzt ihm sagt, dass er nicht zu Sasuke kann. Sie standen vor der Tür zur geschlossenen Station, der Flur in dem sie sich befanden war komplett weiß, selbst die Stühle, die sich hier befanden hatten diese Farbe. Hier und da standen ein paar hellgrüne Pflanzen, alleine der Aufzug war von einem feinen silber. Alles in Allem sah es hier so aus, wie man sich ein Krankenhaus nun mal vorstellte.
 

Ein Seufzen entfuhr dem Psychiater, der in seinem weißen Kittel vor der Tür stand, ehe er sagte: "Ich werde sehen, was ich tun kann."
 

Überrascht blickte Neji auf, während Shikamaru und Itachi Erleichterung durchfuhr. Endlich bekamen sie auch mal gute Nachrichten von Sasuke's Seite zu hören, auch wenn die Antwort des Arztes nicht vielversprechend klang. Es war zumindest mal ein Anfang. Mit einem letzten Nicken ging der Psychiater zurück in die geschlossene Station. Kaum da die Tür wieder zugefallen war atmete Itachi erleichtert aus und Neji sagte fast ungläubig: "Das hätte ich jetzt ehrlich nicht gedacht."

"Du bist aber auch immer pessimistisch", meinte Shikamaru. "Hoffentlich wird das mit Sasuke noch besser."

"Hoffentlich erfahren wir mal überhaupt etwas", seufzte Itachi, "momentan ist das alles ziemlich viel. Ich bekomme es selbst nicht richtig auf die Reihe, wie soll ich dann Sasuke die Situation erklären?"

"Sag' ihm einfach wie es gewesen war", zuckte Shikamaru die Schultern. "Dass Naruto so oder so in eine Psychiatrie gekommen wäre. Egal, ob das Jugendamt noch an diesem Tag angetanzt wäre."

"Hoffentlich wird Sasuke das verstehen", murmelte Itachi mehr zu sich selbst als zu den anderen beiden Jungen. Neji hatte sich bereits auf einem der weißen Stühle niedergelassen, da es wohl noch eine Weile dauern würde, bis der Arzt zurück kam.
 

"Hoffentlich müssen wir nicht mehr so oft 'hoffentlich' sagen", bemerkte er trocken. "Das hört sich so deprimierend an."

"Warum das?", fragte Shikamaru, während er sich auf den freien Platz neben ihn setzte. Itachi ließ sich ebenfalls auf einem der Stühle nieder, in Gedanken versunken, da er bereits versuchte die richtigen Worte zu finden mit denen er Sasuke aufklären könnte ohne ihn zu sehr zu Schocken.
 

"'Hoffentlich' ist kein positives Wort", meinte Neji, woraufhin Shikamaru die Stirn in Falten zog.

"Da steckt das Wort 'Hoffnung' drin und es ist immer positiv, wenn man Hoffnung hat", bemerkte er, doch der Hyuuga schüttelte den Kopf.

"Es bedeutet, dass man sich nicht sicher ist was passieren wird und dass man nicht weiß, wie irgendwas laufen wird. Darum hofft man auf das Beste, aber das Schlechteste kann ebenfalls eintreffen. Es ist immer positiver, wenn man weiß, dass nur das Beste eintrifft", erklärte Neji und Shikamaru meinte mit einem Grummeln: "Du hast vielleicht 'ne krasse Weltanschauung."
 

Die Jungen unterhielten sich noch eine Weile über negativ und positiv, als schließlich die Tür zur Geschlossenen wieder geöffnet wurde und der Psychiater von zuvor heraustrat. Sofort sprangen die drei Besucher wie auf Kommando auf und blickten den Arzt gespannt an.
 

"Sasuke ist ansprechbar, aber er kann nicht antworten", war das Erste, was er sagte und fast ein Knockout für Itachi, der sich schlagartig ganz schwindelig und unwohl fühlte.

"Was soll das denn heißen?!", krächzte er.

"Sie wurden doch davon unterrichtet, dass Sasuke die letzten Tage stetig Nervenzusammenbrüche und Wutanfälle hatte", erklärte der Arzt, die Drei nickten unsicher. "Wir konnten ihn nur ruhig stellen in dem wir ihm Beruhigungstabletten und andere Medikamente verabreicht hatten und anscheinend hat einer der Pfleger etwas übertrieben" - Ein Anflug von Reizbarkeit war in der Stimme des Psychiaters zu erkennen, doch er war schnell darin diese Gefühle wieder zu verbergen - "sodass Sasuke in einer Art Wachkoma liegt."

"Oh Gott", entfuhr es Itachi, taumelnd ging er einige Schritte zurück bis er spürte wie er mit den Kniekehlen gegen einen der weißen Stühle traf und auf diesen fiel. Sein Körper zitterte vor Anspannung und Sorge um seinen kleinen Bruder. Womit hatte Sasuke das alles nur verdient? Was hatte er denn jemals falsch gemacht?
 

"Was heißt denn in einer Art Wachkoma?", fragte Neji, der vollkommen überrumpelt wirkte. Ebenso wie Shikamaru, der die Situation nur noch beobachtete ohne etwas dazu zu sagen. So langsam wurde das alles zu viel, für jeden von ihnen.

"Er ist nicht in der Lage erkennbare Wörter von sich zu geben oder sich richtig zu bewegen, ist jedoch bei vollem Bewusstsein. Dies ist eine stark ausgeprägte Nebenwirkung der verabreichten Medikamentendosis, die definitiv zu viel für den Jungen war", erklärte der Psychiater, "es ist gut möglich, dass er sich an die letzten Tage nicht mehr erinnern kann und nicht einmal weiß, wo er sich momentan befindet. Ich halte es für das Beste, wenn einer von Ihnen zu ihm geht. Ein vertrautes Gesicht ist momentan das Beste was wir machen können."

"Und wann geht dieses Wachkoma wieder weg?", wollte Neji wissen, während die anderen Beiden immer noch nichts sagten. Der Schock nach dieser Erklärung saß zu tief.

"Wenn die Wirkung der Medikamente nachlässt. Ich denke in einigen Stunden wird es ihm wieder besser gehen. Außerdem gehen wir davon aus, dass Sasuke's Psyche sich nun ein wenig erholt hat, sodass wir keine Angst mehr vor weiteren Wutanfällen oder heftigen Nervenzusammenbrüchen haben müssen", antwortete der Psychiater, was jedoch nicht wirklich beruhigend für die Drei war.
 

Für einige Minuten trat Stille ein, in der sie versuchten ihre Gedanken und Gefühle zu sammeln und die Situation zu verstehen, und nach zu vollziehen warum Sasuke's Psyche so leicht zerstörbar ist. Vermutlich lag es daran wie er immer von seinem Vater behandelt worden war, an den Schuldgefühlen, die ihn durch seine Mutter geplagt hatten, insgesamt an allem was Sasuke durchmachen musste. Es wirkte als hätte er einen stetigen Kampf gegen den Druck geführt, der ihn immer belastet hatte und versuchte ihn zu zerstören, und nun, nach fast siebzehn Jahren, hatte er genau das geschafft.
 

*~*
 

Vorsichtig zuckten Sasuke's Finger. Die erste Bewegung seit gefühlten Ewigkeiten, die er gemacht hatte. Wenn man so, unbeweglich, starr und stumm, da lag hatte man viel zu viel Zeit um nachzudenken und sich mit sich selbst auseinanderzusetzen, was Sasuke viele Jahre gemieden hatte. Nach und nach kamen die Erinnerungen wieder, er wusste wieder, was Itachi und Hana ihm an diesem Abend gesagt hatten.
 

Eine kühle Träne trat aus seinem Augenwinkel heraus und kullerte seitlich über seine Schläfe bis sie auf dem Bezug des Kissens landete und dort eingesogen wurde. Naruto war weg und er würde nie wieder zurückkommen. Dessen war sich Sasuke absolut sicher. Bereits vor einiger Zeit hatte er sich im Falle dessen ausgedacht, was er machen würde. Sobald er sich wieder richtig bewegen konnte würde sich Sasuke das Leben nehmen. Was sollte er sonst machen? Sein Leben war ohnehin nichts mehr wert. Es ergab einfach keinen Sinn mehr.
 

Plötzlich wurde die Stille um ihn herum durch ein quietschendes Geräusch gestört. Erschrocken blickte Sasuke zur Tür hin, die vorsichtig geöffnet wurde. Aus dem Augenwinkel her konnte er nicht erkennen wer eintrat, erst als er eine wohlbekannte Stimme entsetzt und erleichtert zugleich 'Sasuke' sagte, wusste er, dass sein älterer Bruder bei ihm war.
 

Sasuke hätte am liebsten geantwortet und ihm gesagt wie froh er über sein Erscheinen war, doch er brachte nichts mehr als ein undefinierbares Geräusch hervor, das man mit einem lauten Atemzug verwechseln könnte. Die Tür fiel wieder geräuschvoll zu, während Itachi sich neben ihn auf das Bett setzte.
 

Vorsichtig, als hätte er Angst davor Sasuke weh zu tun, strich der Ältere ihm durch die Haare und betrachtete seinen kleinen Bruder mitleidig und besorgt.
 

"Ich bin so froh endlich bei dir sein zu können", sagte Itachi und ein Seufzen entfuhr ihm.

Ich bin auch froh, hätte Sasuke gerne geantwortet, doch er brachte gerade mal eine kurze Mundbewegung zustande.

"Der Arzt sagt, dass es dir bald wieder besser gehen wird. Dann kannst du dich auch wieder bewegen", versuchte Itachi seinen Bruder zu beruhigen. Man konnte in Sasuke's Augen die Verzweiflung und Angst erkennen, die ihn belastete, er hatte so viele Fragen und er brauchte dringend Antworten.
 

Was ist mit Naruto? Warum kann ich mich nicht bewegen? Wo bin ich hier überhaupt? Warum bist du nicht früher gekommen? Wo sind alle Anderen? Was wird als Nächstes passieren? Und von was für einem Arzt redest du da?, schoss es Sasuke durch den Kopf, in der stillen Hoffnung sein Bruder könnte plötzlich Gedanken lesen, auch wenn dies unmöglich war.
 

Erst noch strich Itachi ihm bloß durch die Haare, dann gab er ihm schließlich einen Kuss auf die Stirn und begann zu erklären: "Es sind fünf Tage vergangen, seit Naruto weg ist." - Fünf Tage?! Was war passiert, dass Sasuke das nicht mitbekommen hatte?! - "Du hattest einen psychischen Zusammenbruch und die Ärzte mussten dich mit Medikamenten ruhig stellen. Einer von den Pflegern hat es bei Weitem übertrieben, aber bald wird es dir wieder besser gehen. Sie mussten dich auf die geschlossene Station des Krankenhaus bringen... Also in die psychiatrische Abteilung." - Eigentlich ein Wunder, dass Sasuke so einen psychischen Zusammenbruch nicht schon eher gehabt hatte. Das mit Naruto hatte ihm wirklich den Rest gegeben. Aber dass er auf der psychiatrischen Abteilung war gefiel ihm überhaupt nicht! Hier befanden sich außer ihm noch Alkoholiker und Drogenabhängige! Er musste bloß so schnell wie möglich wieder hier raus! - "Sobald es dir besser geht werden die Ärzte entscheiden, ob du auf eine andere Station kommst oder wieder nach Hause darfst. Aber momentan scheint es so, als wenn letzteres eintreffen würde, inklusive Psychologenbesuche natürlich. Bei Shizune, der Psychologin unseres Vertrauens." Ein mattes Lächeln überkam Itachi ehe er mit seiner Erklärung fort fuhr: "In diesen fünf Tagen haben mir alle möglichen Leute geholfen. Wirklich Wahnsinn, was für ein Teamwork hier geleistet wird. Ich muss mich bei jedem Einzelnen noch bedanken. Nur durch ihre Hilfe ist es uns gelungen klar zu machen, dass Naruto wieder zu uns zurück kann-" Erleichterung durchfuhr Sasuke. Dann musste er seinem armseligen Leben also doch kein Ende bereiten. Sobald er hier draußen war würde er von Naruto empfangen und geküsst werden. Alles würde wieder gut werden... "-In anderhalb Jahren", fügte Itachi betreten hinzu und Sasuke überkam das Gefühl als wenn er gerade hart auf dem Boden der Realität gelandet wäre. Dieser kurze Moment den Triumphes und der Erleichterung war so schnell wieder vergangen. Wie immer.
 

"Ich erzähle dir einfach mal, was an diesem Tag alles passiert ist", sagte Itachi und es schien ihm schwer zu fallen Sasuke Rede und Antwort zu stehen, auch wenn er ein Recht darauf hatte. "Wir waren bei Shizune und wieder einmal hat sie mir gesagt, dass es das Beste wäre wenn Naruto in eine Klinik kommt. Während ich mit ihr diskutiert habe kam Naruto zu uns und hat uns ein Blatt hingehalten auf dem er etwas geschrieben hatte. Er hatte geschrieben, dass... dass er in eine Klinik möchte."
 

Entsetzt riss Sasuke die Augen auf, ungläubig blickte er Itachi an und hätte am liebsten angefangen loszuschreien, doch sein momentaner körperlicher Zustand untersagte es ihm.
 

"Er wollte es so, weil er selbst eingesehen hat, dass er das, was er erleben musste, nicht ohne richtige Hilfe verarbeiten kann. Du weißt wahrscheinlich noch, dass ich dich angerufen hatte... Ich wollte, dass du aus dem Haus bist, während Naruto seine Sachen zusammenpackt. Wenn er noch vor seinem Gehen auf dich getroffen wäre, wäre alles viel komplizierter und schlimmer für ihn geworden. Auch wenn er ein schlechtes Gewissen hatte und dich am liebsten noch wenigstens einmal gesehen hätte", erklärte Itachi weiter und beschäftigte sich derweil damit Sasuke's Hand zu halten und sie beruhigend zu streicheln. "Doch als wir gerade gehen wollten kamen diese Typen vom Jugendamt und alles lief anders als geplant. Naruto kam ihn diese Klinik und er wird dort auch solange bleiben bis seine Therapie abgeschlossen ist, aber das Sorgerecht um ihn stand bis heute auf der Kippe. Wir hatten alle erwartet, dass es viel länger dauern würde, aber wie es aussieht wird er nach seiner Therapie auf jeden Fall zu uns zurückkommen und nicht mehr gehen müssen."
 

Sasuke wusste nicht genau wie er sich fühlen sollte. Einerseits war der Gedanke daran, dass Naruto zurückkommen würde beruhigend, andererseits war es jedoch auch furchtbar, dass er nun anderthalb Jahre warten müsste. Würde er das überhaupt durchhalten?
 

"Ich habe mir gedacht, wenn du hier raus bist, wäre es für uns besser umzuziehen. Es gibt da eine Wohnung in der Nähe von deiner Schule. Du müsstest nie wieder mit dem Bus fahren und wir würden recht weit von dem Ghetto entfernt wohnen. Ich fände es besser, wenn wir das machen, weil ich mit der Vergangenheit abschließen möchte, außerdem sollte Naruto weiter vom Ghetto entfernt wohnen, wenn er zurück kommt. Was hältst du von der Idee?" Fragend blickte Itachi auf und wartete auf eine Reaktion seitens seines Bruders. Und diese kam durch ein Lächeln. Es war wie die Ankündigung auf einen neuen Lebensabschnitt, darauf in eine Zukunft zu schauen, die so viel mehr brachte und heller war, als die Vergangenheit. Ja. Sie würden umziehen und die nächsten anderthalb Jahre würde Sasuke alle Erlebnisse verarbeiten und wenn Naruto zurückkam würden sie nicht in einer Beziehung voller Verzweiflung, Angst und Schmerzen stecken, sondern in einer Beziehung voller Liebe und Geborgenheit.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  sissyphos
2011-03-10T19:51:48+00:00 10.03.2011 20:51
hallo :D
puh, also in dem kapitel hast du dich auf recht dünnes eis begeben...ist ein ziemlich komplexes und schwieriges thema, obwohl ich das gefühl hatte, dass du dich schon etwas intensiver damit auseinander gesetzt hast

joa, erstmal zu dem, was ich richtig gut fand..."Dieser kurze Moment den Triumphes und der Erleichterung war so schnell wieder vergangen. Wie immer." das fand ich in dem kontext ziemlich gut, schöne verknüpfung zu seiner vergangenheit, wo er sich ja geritzt hat und eben dies auch nur ein kurzer moment der erleichterung ist *daumen hoch* das war gut integriert ;-)
dann fand ich natürlich auch das ende gut, dass sie umziehen wollen und sozusagen die hoffnung auf ein normales leben mit viel liebe besteht...obwohl neji diese "hoffnung" ja eher pessimistisch sehen würde :P

dann, na ja, ich habe ehrlich gesagt keine ahnung wie lange so eine therapie dauert, aber ich wage es dennoch zu bezweifeln, dass man nach nur anderthalb jahren wieder rauskommt...in narus fall vllt sogar nie wieder, wie du's angedeutet hast, aber gut...dann wäre die story ja jetzt zu ende und zwar mit einem sad-end also ist das okay
allerdings muss ich da was anmerken...du hast von einem wachkoma-ähnlichen zustand gesprochen
aber so wie du sasuke beschrieben hast ist das einfach nur inkorrekt, weil wachkoma patienten das bewusstsein NICHT zurückerlangen und in absolut keinen kontakt mit der außenwelt treten können...das beinhaltet, dass man eigentlich nur mit offenen augen schläft, aber nicht die umwelt beurteilen und auch nicht über iwelche ereignisse sinnieren kann..es handelt sich ja bloß um einen vegetativen status, wobei das großhirn betroffen ist...also finde ich diesen vergleich hier unangebracht
wollt ich nur mal anmerken, weil meine mutter in ihrem beruf mit solchen patienten zu tun hatte

das war's auch schon
bin mal gespannt, wie das ganze nun ausgeht ;-)
lg
TDR
Von:  Hamsteru
2011-03-10T18:16:44+00:00 10.03.2011 19:16
alda. Schon seit tagen sitz ich abends noch an meinen ENS und guck, ob ich das Kapitel einfach verpasst hab. und nun ist es da und ich bin erleichtert und ich... baaah, ich .. moaaaaah. Also - zunächst. wegen eigennutz: gibt es diese regelung wirklich, dass man straßenkinder wie tiere behandeln kann..?
Es würd mich echt interessieren. Weil allein schon deshalb, dass ich später wahllos losziehen würde und sämtliche kiddis nach hause bringen würde. in meine wohnung, is ja klar xDDDD
Und - ... anderthalb jahre..? ich bin gerade gar nicht darüber informiert, ob man in ner psychatrie kontakt zu Bekannten haben darf - darf man..? Oo
Maaaaaah x33333
ich bin so froh~ so froh~ hol mich bitte nicht runter von diesem glücksgefühl. bitte. Bitte.
Sauliebe Grüße~
Mein enormer Druck is weg.
x3
Hamstaaah.~


Zurück