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Away

Und ich bringe dir das Leben bei | Sasuke x Sakura
von

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Kapitel eins

Freiheitsabnahme
 


 

Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie auf die Hauswand vor ihr. Das Herz schlug ihr wild in der Brust. Der Atem ging schnell. Er war so laut, dass er sie bestimmt verraten würde.

Sakura stand in mitten einer dunklen, verlassenen und schmutzigen Seitengasse. So schnell wie es ihr vermochte, war sie hier hin geflüchtet. In der aufkommenden Dunkelheit hatte sie sich hier in Sicherheit geglaubt. Ein falscher Gedanke, sie war nirgends sicher, sie musste hier weg.

Weg von den Schwertern der Soldaten. Weg von der schaulustigen Menge.

Weg von dem, was sie hatte.

Man verfolgte sie – mitten auf dem Marktplatz hatte eine große Hand grob an ihrer Schulter gezerrt und sie zu sich herumgerissen. Es waren drei Soldaten, alle hoch zu einem Ross, die sie gehässig anstarrten. Doch der Markplatz war voller Menschen, ein unachtsamer Moment und Sakura hatte sich aus den Klauen der Männer befreit und war weggelaufen. Doch waren sie dem Mädchen noch immer hinterher. Warum wusste sie nicht. Aber als Straßenkind musste man immer damit rechnen, im nächsten Augenblick gefangen zu werden.
 

Es gab eine feste Regel unter den Obdachlosen. Flüchte niemals zu deinem Lager.

So war sie in die entgegengesetzte Richtung ihres Schlafplatzes gerannt. In die kleine Seitengasse, nahe der Stadtmauern, die eine klare Grenze zwischen Land und Stadtende bildete.

Es war wichtig, dass die Männer des Fürstens die anderen Straßenkinder nicht finden durften. Niemals, denn das hieße das Ende aller, die sich dort niedergelassen hatten.

Sakura hatte es nicht nur einmal mitbekommen, dass ganze Gruppen Ihresgleichen von einem Tag auf den anderen fehlten. Sie hatte noch nie begonnen, nach ihnen zu suchen. Immer, wenn sie daran dachte, hatte sie ein einziges Blutbad vor den Augen. Nein, so ein Grauen musste sie sich nicht antun.
 

Und nun stand sie hier. Auf sich alleine gestellt. Die Mauer vor ihr, in einem dreckigen Gischt, ließ sie erinnern. Hier gab es Unterschlupf. Es mussten zwei sein, so viel wusste sie noch. Zu beiden Seiten türmten sich weitere Häuser um Sakura. Sie musste schnell handeln. Einer der versteckten Tunnel brachte sie hinaus, hinaus auf die Felder und Wiesen der Bauern, der andere tief in das Herz der Stadt. So sagte man es sich zumindest, versucht dort anzukommen hatte Sakura noch nie. Meist versteckte man sich nur in einem der Tunnel und wartete, bis die Gefahr vorüber war.

Fast panisch warf sie sich in den Gang, der Richtung Stadtinneres zeigte, als sie lautes Hufgeklapper hörte. Ihre Verfolger mussten schon sehr nah sein!

Sakura schob hektisch die Säcke voller Müll und verdorbenen Gemüse zur Seite und krabbelte mit dem Kopf voran in die schmale Öffnung.

Zugefallen.

Der Eingang war verschüttet. Wimmernd hielt das Mädchen sich den Kopf, den sie sich an den harten Ziegelsteinen gestoßen hatte. Das gäbe eine weitere schöne Beule.

Jetzt musste die Zeit auf ihrer Seite stehen … Panisch rappelte sie sich auf, lief auf die andere Seite der kleinen Gasse zu und suchte mit ihren Augen die Mauer ab. Wo war das Schlupfloch?

Sie wusste nur, dass es schmaler und noch unscheinbarer als das andere war. Natürlich war das gut, so konnten die Fliehenden nicht entdeckt werden, andererseits musste es erst einmal von denen gefunden werden, die es suchten.
 

Und dann kamen sie. Im gleichen Moment, in dem Sakura das kleine, im Verborgenen liegende Loch entdeckte. Das Mädchen konnte die Schreie der Männer ausmachen. So schnell sie konnte, kroch sie auf das Loch hinzu und zwängte sich hinein.

Die Haube, welche sie auf dem Kopf hatte, fiel dabei auf den Boden. Aber umdrehen konnte sie sich nicht. Die Soldaten müssten sie davor auch schon gesehen haben, doch Sakura wäre es lieber gewesen, die Haube würde den Männern des Fürsten nicht auch noch den Weg zu ihr weisen. Sie musste sich schneller fortbewegen! Nicht, dass sie sehr langsam war – im Gegenteil, dadurch, dass sie so abgemagert, aber auch schon vieles Rennen gewöhnt war, konnte sie sehr flink sein.

Wenn einer der Soldaten eine Kerze in den Tunnel hielt, könne er vermutlich Sakura sehen – also musste sie tiefer in das Versteck hinein. Der Dunkelheit zum Trotz. Sie hatte keine direkte Angst vor der Dunkelheit. Sakura hatte vielmehr großen Respekt davor. Niemand konnte genau sagen, was in den Nächten passierte. Es war bekannt, dass Frauen, die ihre Steuern nicht zahlen konnten misshandelt wurden. Bei zu häufiger Wiederholung sogar ermordet, aber mehr wusste niemand. Es war wie ein offenes Geheimnis. Jeder wusste, dass etwas passierte, aber was genau stattfand, war unklar.
 

Entschlossen hatte Sakura sich in den schmalen Spalt gezwängt, als sie spürte, wie etwas Kaltes ihre nackte Wade streifte. Danach kam der Schmerz. Nicht stark, aber dennoch spürte sie es.

Es mussten Speere sein, die man auf sie warf!

Doch Sakura musste weiter, immer weiter. Auch, wenn sie spürte, wie ein Rinnsal Blut ihr Bein hinunterfloss, auch wenn sie hörte, dass sich die Männer höchstens noch ein paar Meter neben dem Eingang befanden und auch, obwohl sie am liebsten liegen geblieben wäre.

Sie hatte Angst – so viel, wie noch nie in ihrem Leben. Das Zittern ihres Körpers erschwerte ihr das Krabbeln zusätzlich.

Einer der Soldaten schrie, dass sie das Mädchen um jeden Preis fangen mussten, ein anderer packte sie grob an dem schäbigen Schuh, den Sakura anhatte.

Die Stimmen hallten laut in dem Tunnel wider und Sakura hielt sich reflexartig die Ohren zu. Ein Fehler. Mit ihrem Oberkörper fiel sie nach vorne und man zog sie wie einen Kartoffelsack aus dem Eingang hinaus …
 

Verängstig schaute sie zu den Soldaten herauf. Ja, genauso hatte Sakura sie in Erinnerung. Jeder mit einer Narbe unter beiden Augen – ein Zeichen dafür, dass sie dem Fürsten gehörten, einem Brustschutz, einen Helm mit schwarzer Feder und einem Speer.

Wortlos fesselte man ihre Hände hinter ihrem Rücken und band ihr zusätzlich noch einen Strick um den Hals an dem sie geführt wurde, damit sie nicht in Versuchung kam, noch einmal die Flucht zu ergreifen. Doch das traute sie sich auch nicht mehr. Wer wusste, mit was man sie nun attackierte?

Jetzt brachte man sie zum Fürsten – und ihr Leben sollte schlagartig aufhören. Wie viele Menschen hatte er in den letzten Monaten hinrichten lassen, nur weil ihm langweilig war? Mehr als eine Hand voll, sagte man sich.
 

Stolpernd blieb Sakura stehen. Sie wusste nicht mehr, wie lange sie schon gelaufen waren. Es kam ihr vor wie eine Ewigkeit. Sie hob ihren Kopf und hielt ihren Atem an. Vor ihr lag der schönste Garten, den sie je gesehen hatte. Grüne Bäume, die hunderte Jahre alt sein mussten, Brunnen, in denen Vögel badeten, saftiges grünes Gras, jeder Halm auf die gleiche Länge geschnitten und doch sah alles verboten aus. Alles wirkte unberührt, obwohl es jemanden geben musste, der das alles zu pflegen wusste. Doch für was war ein Garten zunutze, wenn er nicht betreten werden konnte?

Die hohe Mauer, die das kleine Reich umgab, wirkte so kalt und abweisend und zischte förmlich jedem zu, der daran vorbeikam, die Augen nicht auf diese blendende Schönheit des Gartens zu werfen.

Stumm lief Sakura weiter, noch weiter weg von ihrer Stadt, als sie es schon waren. Ihrer Heimat … Das Haupt tief gesenkt.

Sie wusste, man brachte sie zu der Festung des Fürstens, doch hatte sie sich den Fußmarsch dorthin nicht so beschwerlich und lang vorgestellt. Der majestätische Garten neben ihr, der sie auf ihrem Wege begleitete, machte das Ganze auch nicht angenehmer.
 

Der Ruck der durch das Seil an ihrem Hals ging schmerzte, doch ließ sie es sich nicht anmerken. Die Soldaten stiegen von ihren Rossen hinab und gaben bereitstehenden Knappen die Zügel.

Sakura erlaubte sich, den Kopf zu heben und erstarrte. Sie hatte nicht mehr auf den Weg geachtet, den sie hinter sich legen mussten und so hatte sie nicht bemerkt, wie sie dem Ziel zum Greifen nahe waren.

Hinter ihr, in einer noch viel größeren und höheren Mauer als Sakura es kannte, war ein Tor, welches soeben geschlossen wurde, doch vor ihr lag … ja, eine weitere Stadt.

Mit vornehmen, säuberlich in Weiß geziegelten Häusern, großen Kutschen und prächtigen Straßenlaternen, in denen Kerzen fackelten um Licht zu spenden. Gab es wirklich Menschen, die sich Tag für Tag die Mühe machten und jede einzelne Kerze anzündeten?

Die Straßen, auf denen sie entlang gingen waren dunkel und verlassen. Trotzdem sah sie, wie hochnäsige Frauengesichter aus den Fenstern ihrer Häuser schauten und, sobald sie die Truppe erblickt hatten, rasch die Vorhänge zu zogen.

Hier roch es nicht nach Fisch und faulem Gemüse, hier herrschten die Eitelkeit und die Kälte in den Straßen. Nichts sah danach aus, dass es hier Straßenhandel und Gemüsestände gab. Es sah so aus, als ob die Straßen in dieser Stadt kein Aufenthaltsort waren. Was waren das für Menschen, die hier zu hausen vermochten?

Es mussten die Adelsleute sein, eindeutig. Aber gab es wirklich so viele von ihnen? Es waren so viele prunkvolle Häuser, die ihren Weg begleiteten. Und wenn das hier wirklich die Adelsleute waren, dann war es zum Fürsten nicht mehr weit. Es war merkwürdig, dass man seine Burg nicht über die Dachspitzen der zahlreichen Häuser sehen konnte. Die ganze Bevölkerung ihrer Stad hätte hier drei Mal verweilen können.

Ab und zu konnte Sakura einen spärlichen Kasten voll Blumen auf den Fenstersimsen ausmachen, doch sonst wirkte alles kahl. So als ob es verboten war, hier etwas zu halten, was einen an das Leben erinnerte.

Sakura war froh, wenn sie außer dem Licht welches großzügig von den Laternenpfählen gespendet wurde, noch den Kerzenschein hinter den Fenstern der Häuser sehen konnte.

Es wirkte wie ein kleiner Lichtblick in einem dunklen Loch.
 

Wieder ging ein Ruck durch den Strick an ihrem Hals, sodass sie abermals gezwungen war, stehenzubleiben. Zögerlich hob sie ihren Kopf. Es konnte nur einen Grund geben, warum sie stehen geblieben waren …

Vor ihnen lag eine halbe Festung. Graue Ziegel, die so gar nicht zu den anderen Häusern passen wollten und große Fenster, durch die man dicke, samtig rote Vorhänge sehen konnte. Neben der geschwungenen Tür standen vier Soldaten – jeder von ihnen stand stramm und die Blicke gingen in die Ferne. An ihren Seiten prangten große Schwerter, deren Metall sauber geputzt war.

Und natürlich hatten die Männer Narben unter den Augen. Halbe Ovale, die wie ein drittes Augenlied aussahen. Stumm nickten Sakuras Entführer den Wachen zu und passierten die große Tür.

Sie hatte noch nie einen Gedanken darüber verloren, wie die Burg wohl von innen aussehen mochte, doch das, was nun vor ihr lag, hätte sie sich nicht in ihren schönsten Träumen erdenken können.

Ein roter Teppich mit schwarz verzierten Rändern, hohe Pflanzen, deren Namen Sakura nicht kannte, wuchsen in goldenen Töpfen, auf kleinen Tischchen standen unzählige Kostbarkeiten und ein großer, mehrarmiger Kerzenleuchter hing tief von der Decke, die mit Stuck versehen war.

Sakura fühlte sich hier nicht sehr wohl. Das war nicht ihre Umgebung, nicht das, was ihrem Alltag entsprach. Sie wollte aus diesem Palast flüchten und dem Henker entkommen.

Es wäre eine persönliche Strafe für sie, schon jetzt zu sterben. Nicht, nach dem sie all die Jahre um ihre Freiheit gekämpft hatte und sich immer wieder erfolgreich verstecken konnte!

Sie wollte ihr Leben genießen, so wie es war. Und das auch ohne, dass sie ein Dach über dem Kopf hatte und zu täglicher Nahrung kam.

Sakura kannte kein anderes Leben, außer dieses und genau das wollte sie nicht jetzt schon verlieren.

Warum mussten Menschen sterben?

Das Mädchen konnte nicht mehr weiter denken. Irgendjemand ließ sie mit Gewalt leicht in die Knie gehen und drückte ihren eh schon gesenkten Kopf an ihre Brust.

Dann ließ der Jemand los, doch sie traute sich nicht, sich wieder in eine vernünftige Position zu stellen.

Kurz darauf spürte sie, wie die kalte Klinge eines Messers an ihrem Nacken werkelte und den Strick, der immer noch um ihren Hals gebunden war, aufschnitt.

Ein merkwürdig leichtes Gefühl machte sich in ihrem Körper breit. Wie viel freier man sich doch gleich fühlte, wenn der Hals freigelegt war.
 

"Du kannst dich wieder hinstellen, Mädchen!" Sakura zuckte zusammen. Es war das erste Mal seit langem, dass sie wieder jemand sprechen hörte. Auf dem Weg in dieses Reich hatten die Männer kein einziges Wort gesprochen. Dieser tiefe Unterton … sie konnte nur einem gehören.

Trotzdem bewegte sie sich nicht. "Was ist? Was habt ihr mit dem Gör angestellt, habt ihr etwa mir ihr geredet?", blaffte die Stimme weiter. Der Soldat hinter ihr zuckte kaum merklich zusammen. "Aber nein mein Herr! Wir wissen, dass wir nicht mit dem Ding reden dürfen. Sie haben immer das erste Wort!", antwortete er mit harter Stimme.

Mit dem Ding … Sakura war also auch nicht mehr als ein Objekt?

"Und warum sagt sie dann nichts? Jeder andere, der zu mir kam, hat lauthals angefangen sich zu beschweren und zu schreien, was natürlich nichts gebracht hat. Ich habe sie so oder so umbringen lassen. Aber das beweist, dass die Göre wirklich einmalig ist. Habe ich nicht recht, mein Täubchen?"

"Oh, aber natürlich mein Herr, Sie haben doch immer recht", kicherte eine hohe, weibliche Stimme.

Hatte der Fürst eine Frau, von der man in der Stadt nicht Bescheid wusste? Doch neugierig geworden, ihrer Angst zum Trotz, schielte Sakura durch ihr herabhängendes Haar und richtete sich danach vollkommen auf.

Unweit von ihr entfernt saß er, fast wie auf einem Thron. Der Fürst. Schwarzes langes Haar, welches teils wirr vom Kopf stand und ebenso schwarze Augen. Seine Kleidung, aus so feinen Stoffen, wie Sakura es noch nie zu sehen haben vermochte, war in der gleichen dunklen Farbe und einem stechenden Rot gehalten. Um ihn herum zwitscherten drei junge Frauen, jede von unterschiedlicher Haarfarbe. Sie waren die einzigen in diesem Saal, die etwas Weißes trugen. Wenn es auch sehr knapp geraten schien. Es verdeckte grade so die nötigen Körperteile. Es war mehr Haut als weißer Stoff zu sehen.

Weiß wie die Unschuld. Sakura schauderte es.

Kichernd hüpften die drei um den Fürsten herum, zupften sich ab und zu eine grüne Traube von den goldenen Teller, die neben ihnen auf einem Tisch standen, knieten sich dann wieder vor ihren Gebieter, nur um ihn schelmisch anzusehen und mit blitzenden Augen an seinem Gewand zu zupfen und anschließend wieder aufzuspringen.

Es gab wirklich Frauen, junge Mädchen würde es besser beschreiben, die den Fürsten umgarnten? Oder hatten sie keine andere Wahl? Es gab bestimmt auch hier in der Umgebung des Fürstens ärmere Familien. Zumindest in ihren Kreisen mussten sie als arm gelten. So arm, dass sie ihre Töchter dem Fürsten überließen, der mit ihnen ihr Spiel treiben konnte. Anders konnte Sakura sich das Verhalten der drei nicht erklären.
 

"Was schaust du mich so an, Mädchen? Hat es dir die Sprache verschlagen, vor deinem eigenen, hochachtungsvoll angesehen Fürsten zu stehen? Hast du keine Beschwerde über deine kleine Stadt, keine Beschwerde darüber, dass ich dich zu mir bringen lassen habe?" Uchiha Madara erhob sich und ging das kleine Podest, auf dem sein Stuhl stand, hinunter. Sakura musste nur einen Schritt nach vorne gehen und ihren Arm weit genug ausstrecken und sie hätte ihn berühren können.

Angestrengt versuchte sie, seinem Blick standzuhalten. Sie musste Stärke beweisen!

"Schön, ich sehe, meine Wahl war die Richtige. Bringt sie zu den Frauen, sie muss noch vieles lernen …"

Mit diesem Worten nickte er seinen Soldaten zu, die sich abermals tief verbeugten und ging auf eine Tür zu, die Sakura vorher nicht aufgefallen war. Die drei Mädchen folgten ihm, noch immer kichernd.

Was hatte der Fürst vor? Warum sollte sie etwas lernen – und nicht ihr Leben lassen, so wie sie es gedacht hatte?
 

Wie lange saß sie nun schon hier? Mehr als genug auf jeden Fall. Der kleine Holzschemel war nicht grade bequem und die Frau, die hektisch um sie herumlief machte das Ganze auch nicht einfacher.

Die Soldaten des Fürsten hatten sie grob in eine Kammer gezerrt, die hauptsächlich aus der Farbe Rot bestand. Sogar in die Fenster wurde buntes – rotes – Glas eingebaut, sodass das Licht gebrochen wurde.

Alles war sehr einfach gehalten, trotzdem war es in Sakuras Augen immer noch eine Kostbarkeit – eine, vor der sie sich graute, in der sie nicht sein wollte. Ihre Welt war grau und schwarz, nicht rot.

Ohne Vorwarnung packte die Frau mit einem sehr starken Griff Sakura an den Schultern und zerrte sie in ein Nebenzimmer, welches sich als ein Bad entpuppte.

Ohne es richtig wahrzunehmen wurde das Mädchen ausgezogen und in eine große Wanne gesetzt, die mit warmem Wasser gefüllt war.

Steif und beschämt saß Sakura da, die Arme um ihre Brust geschlungen. Sie mochte es nicht, wenn andere Menschen sie ohne Kleidung sehen konnten. Nichts war beschämender, als Nacktheit.

"Heb die Arme hoch!", bellte die stämmige Frau und schaute Sakura mit strengem Blick an. Wahrscheinlich waren sie und ihre zwei Mitstreiterinnen, die noch sehr mädchenhaft aussahen und die ganze Zeit im Hintergrund blieben, Dienerinnen des Fürsten.

Mit großen Augen verfolgten sie jede Bewegung der Älteren und murmelten etwas vor sich hin. Ganz so, als ob sie sich Notizen machen würden, um sich auch alles zu merken.

"Bist du taub, oder was? Ich habe gesagt, du sollst gefälligst deine Arme heben."

Als Sakura nur noch einmal den Kopf schüttelte, griff die Frau einfach nach ihren Armen und zerrte diese grob auseinander.

Was sie dann sah, ließ sogar die zwei jüngeren Dienerinnen die Luft einziehen.

Sakura war bis auf die Haut abgemagert. Nahezu jede ihrer Rippen konnte man sehen, so wie ihre dünne Wirbelsäule, die sich erstaunlich kräftig an ihrem Rücken windete.

Ihre Schlüsselbeine warfen tiefe, traurige Falten in ihren Hals, wodurch ihr Busen nur noch kleiner wirkte.

"Gott Kind, was ist denn mit dir passiert? Ist in der Stadt die Hungersnot ausgebrochen?" Mit kleinen Schlitzaugen sah sie sich das Mädchen vor ihr noch einmal genauer an und nahm sich danach einen weichen Schwamm, um ihren Rücken abzuschrubben und Sakura so vom groben Schmutz zu befreien, der schon seit sehr langer Zeit an ihr klebte.

"Wenn ich es nicht besser wüsste, hätte man denken können, du wärst ein kleines Kind und keine Person, die schon fast eine Frau ist", redete die Dienerin weiter, mehr zu sich selbst, als zu Sakura, die in diesem Moment hellhörig geworden war.

"Mein Alter?", brachte sie hervor und starrte auf ihre Finger.

Ihr fiel auf, dass diese wirklich sehr abgemagert waren, jetzt wo es ihr vorgeworfen wurde. Im Allgemeinen fühlte sie sich zum ersten Mal seit langem kränklich und hilflos.

Ein Gefühl, das sie auf den Straßen nie gehabt hatte. Dort zählte sie zu einer der besten Mädchen, die es unter den Straßenkindern gab. Gegen einen gleichaltrigen Jungen war sie natürlich nie angekommen, aber es war schon ein paar Mal vorgekommen, dass man sie bewundert hatte.

"Natürlich, ich werde von nun an deine Begleitperson sein, da ist es selbstverständlich, etwas über dich zu wissen", holte die Frau Sakura aus ihrer Gedankenwelt zurück.

"Aber ich weiß doch selbst nicht …" Ihr war sehr unwohl zu Mute, diese Frau wusste mehr als sie selbst. "Wie alt … bin ich denn?"

"Was du für Fragen stellst! Du müsstest seit einigen Monaten sechzehn sein. Man könnte fast meinen, dass du es nicht bist, aber ich …" Abrupt hielt die stämmige Frau im Satz inne, räusperte sich und schwieg für den Rest der Zeit.

Anscheinend wusste sie mehr, als sie sagen durfte, oder zugeben wollte.

Erst als Sakura fast sauber, das Wasser im Gegensatz nicht mehr ganz so durchsichtig und vor allem kalt geworden war, sprach die Frau wieder. Sie stellte sich als Ayumi vor, die die Schwägerin eines Mannes war, der eine Adelsfrau geheiratet habe und sie, trotz ihres etwas niedrigeren Standes mitgenommen hatte, damit sie auf der Burg Arbeit fand.

Sakura fragte sich, ob alle Dienerinnen einen so komplizierten Weg hinter sich hatten und schließlich hier gelandet waren. Ayumi jedenfalls schien halbwegs glücklich mit dem zu sein, was sie nun hatte. Anscheinend war der Fürst nur zu seinen einfachen Untertanen alles andere als fürsorglich …

Ayumi führte sie in ein kleines Zimmer, das eigentlich nur aus einem großen Bett und einer Kommode bestand, und brachte ihr eine kleine Schale mit Obst, die sie auf einem kleinen Tisch abstellte.

Danach ging sie und schloss die Tür hinter sich ab. Hier hinaus konnte Sakura nicht, aber irgendwie, das schwor sie sich, würde sie einen Weg finden um wieder frei zu sein.

Erneuert betrachtete sie die Schale voll Obst. Es waren teilweise Früchte, die sie noch nie in ihrem Leben gesehen hatte. Orange und pelzig, etwas, das so aussah wie eine Birne und eine kleine, weitere orangene Frucht, die von Blättern umgeben war.

Vorsichtig nahm sie sich einen grünen Apfel und biss, leicht zögerlich, hinein. Kurz darauf schüttelte sich ihr ganzer Körper. Der Apfel war ungewöhnlich sauer, ganz anders, als die roten, matschigen Äpfel, die man auf dem Markt holen konnte.

Sie stellte den Apfel zurück und legte sich so wie sie war, mit einem einfachen Leinenoberteil und einem Höschen, in das Bett. Ein ungewöhnliches Gefühl machte sich in ihrem Rücken breit.

Sie hatte noch nie in einem Bett gelegen. Es war vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig, doch man könnte sich durchaus daran gewöhnen. Wenn sie sich bewegte, gab der Untergrund nach und passte sich ihrer Rückenform an. Merkwürdig.
 

Am nächsten Tag fühlte sie sich seltsam wackelig auf den Beinen, dafür war ihr Rücken erstaunlich entspannt. Sie ging zu dem kleinen Fenster in der Wand und stutze. Sie konnte in den Innenhof der Burg schauen, in dem schon ein reges Treiben stattfand.

Auch die Sonne stand schon ziemlich weit am Himmel, sodass sich Sakura die Frage stellte, wie lange sie geschlafen haben mochte.

Die Schale mit dem Obst war bereits verschwunden, was heißen musste, dass schon einmal jemand kam, um nach ihr zu schauen. Seltsam, dass sie das nicht mitbekommen hatte. Normalerweise war sie immer wachsam und hatte ein Ohr für ihre Umgebung …

Sakura setzte sich wieder auf ihr Bett und überlegte.

Allzu lange wollte sie nicht hier festsitzen müssen, das hier war nicht ihre Umgebung, nicht ihr Leben.

Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass der Fürst sie nicht umbringen lassen hat, so wie es sich zuerst gedacht hatte. Ein plötzliches Gefühl der Erleichterung breitete sich in ihr aus.

Sie lebte noch, war den Umständen entsprechend gesund, hatte ein Bad und etwas zum Essen bekommen – und ein Bett.

Ein Schauer lief ihr den Rücken herunter, als sie an Madara Uchiha dachte. Was hatte er doch gleich gesagt?

Meine Wahl war die Richtige, bringt sie zu den Frauen, sie muss noch viel lernen.

Mit weit aufgerissenen Augen zog sie die Beine zu ihrem Körper und umschlang diese noch einmal mit ihren dünnen Armen. Als ob ihr dies irgendetwas nützen würde.

Ein kläglicher Schutzversuch. Was wollte der Fürst von ihr?
 

Ein Klicken ertönte und Ayumi, die etwas stämmige Dienerin des Fürsten, trat ein. In der Hand hatte sie ein Tablett mit einem Teller und einem Becher.

"Bist du auch endlich wach?", fragte sie kühl und stellte das Tablett auf dem kleinen Tisch ab, auf dem zuvor auch schon die Obstschale gestanden hatte.

"Iss, der Fürst möchte keine abgemagerten Dinger bei sich herumlaufen haben." Ayumi setzte sich neben Sakura auf das Bett und schien zu überlegen.

"Vielleicht sollte ich dir erst einmal zeigen, wie man Besteck richtig hält", sagte sie, als sie sah, wie unbeholfen Sakura mit dem Löffel für die Suppe umging. Diese hatte es nicht geschafft, ihre Faust so zu bewegen, dass die Flüssigkeit auch wirklich auf dem Löffel blieb und nicht einfach wieder in den Teller hinunterfloss.

Peinlich berührt ließ sie das silberne Besteck wieder in die Suppe sinken und kniff die Lippen auf einander. Sie musste wirklich noch viel lernen. Sie kannte es nun einmal nicht, wie man mit Löffel, Gabel und Messer umging, wie man halbwegs vornehm etwas aß oder wie man respektvoll redete.

Man hatte sie einfach so in eine andere Welt gezogen und hielt sie gefangen.

Ayumi zeigte ihr, wie sie ihren Löffel zu halten hatte, wie viel Suppe sie sich auf ihren Löffel häufen sollte und sagte ihr zudem noch, dass man sein Essen mit geschlossenem Mund kaute und nicht mit geöffneten, weil das sonst kein schöner Anblick sei. Dann zeigte sie Sakura auch noch, wie sie die Becher und Gläser, die einen dünnen Hals hatten, halten musste.

Es war ungewohnt und unbequem für Sakura. Warum konnte sie ein Glas nicht einfach mit der ganzen Hand umfassen, so essen, wie es ihr am besten gefiel und den Löffel bequem in der Hand halten?

"Warum muss ich das eigentlich alles lernen?", fragte Sakura, worauf hin Ayumi nur verdutzt schaute. "Na hör mal, ein wenig Respekt sollte jeder an den Tag bringen können, oder nicht?"

Sakura verschwieg, dass sie Ayumi etwas zu offen und fand und sie der Meinung war, dass die Frau etwas zu sehr in der Umgangssprache redete, dafür, dass sie dem Fürsten diente. Oder war das alles nur Tarnung und sie sollte nur einige Informationen über Sakura herausfinden?

Hochstapler und Stümper … sie trieben sich überall herum, warum also auch nicht hier?

"Dann wollen wir dich mal einkleiden", meinte Ayumi und ging zu der Kommode und holte einige Kleidungstücke hervor.

"Steh auf, ich werde dir helfen, alleine wirst du es wahrscheinlich nicht schaffen."

Sakura gehorchte, auch wenn ihr wieder auffiel, dass das hier nicht die Welt war, in die sie gehörte, in der sie sein wollte. Mit ihrer jetzigen Bekleidung hatte sie kein Problem gehabt, sie hatte sich vor Blicken geschützt gefühlt, doch das, was sie jetzt anbekam, war für sie einfach nur beschämend.

Sie trug ein weißes Höschen, das ihr grade bis zu den Schenkeln ging und ein leichtes Oberteil, durch welches man fast durchschauen konnte und das eigentlich nur aus einem Stück Stoff bestand und ihren Po mit dem nötigsten verdeckte.

Sie kam sich ein bisschen wie die Mädchen vor, die am Tag zuvor um den Fürsten herum gegurrt sind und ihn umgarnt haben.

"Muss ich das wirklich tragen, Ayumi?", fragte Sakura vorsichtig, bekam als Antwort allerdings nur einen bösen Seitenblick zugeworfen.

Auch wenn sie nach anfänglichen Schwierigkeiten nett wirkte, traute Sakura der Frau nicht richtig. Das Mädchen wusste noch nicht einmal, warum sie mit ihr redete. Schließlich waren der Fürst und seine Untertanen nicht grade sehr beliebt in der Stadt gewesen.

Man hatte hinter gehobener Hand über die Soldaten geflüstert, die ab und zu in die Stadt ritten um nach dem Rechten zu sehen. Wie lächerlich stolz sie doch jedes Mal wirkten, wenn sie auf ihren Tieren durch die Straßen ritten und jemanden fanden, dem sie eine Strafe aufhalsen konnten.
 

Ayumi packte Sakura fest am Handgelenk und zog sie, so dachte es Sakura zumindest, durch due ganze Burg, bis sie endlich vor einer Tür innehielten und eintraten.

Im Inneren des Raumes saß ein Dutzend Dienerinnen, alle in dem gleichen Kostüm, wie Ayumi und vier weitere Mädchen, wobei sie meinte, drei von ihnen am Vortag beim Fürsten gesehen zu haben.

Keine von den im Raum sitzenden schaute auf, oder unterbrach ihr Gespräch, als die Tür aufging und Ayumi wies Sakura einen leeren Platz neben den vier Mädchen. Anschließend setzte sie selbst sich auf den daneben liegenden freien Platz.

Eines der Mädchen nahm eine Kette von ihrem Hals und zeigte diese stolz den anderen dreien. "Seht mal, das hier gab mir der Fürst gestern Abend." Sakura konnte den Neid der anderen Mädchen förmlich riechen – er war so schnell gekommen, dass sie es gar nicht bemerkt hatte. War es so wichtig, dem Fürsten zu gefallen? Mit begierigen Augen hingen sie an dem schwarzen, kleinen und durchaus hübschen Stein, der an einem Kettchen befestigt war.

"Was hast du getan, dass du so ein Geschenk bekommst?", kam die Frage von Sakuras Sitznachbarin und die vier begannen kichernd zu flüstern, allerdings wollte sie auch nicht mehr dem Gespräch folgen. Sie konnte sich nur zu gut vorstellen, was der Fürst mit ihr gemacht hatte …

Hoffentlich erwartete sie nicht das gleiche Schicksal.

"Höre gut zu und lerne, Sakura. Überall kannst du die neusten Dinge, die in der Stadt vorgehen, hören. Wenn du in den Gängen spazierst, versuche das Gespräch andere aufzuschnappen, damit dir nicht selber alles erzählt werden muss. Am besten lernst du auch so etwas über das alles hier kennen. Es dauert zu lange, dir alles einzeln zu erklären. Eigentlich könntest du auch fragen, aber die meisten Menschen hier sind sehr in Hektik, da es fast immer etwas zu erledigen gibt."

Sakura war nicht ganz klar, wovon Ayumi sprach, doch sie nickt stumm und hoffte, nicht allzu verwirrt auszusehen. In den Gängen spazieren, hieß das etwa, sie dürfe alleine und frei herumlaufen?

Niemand verfolgte sie und beobachtete, was sie tat? Für Sakura war dies wie ein Schlüssel von vielen um ein großes Schloss zu öffnen.

Neue Hoffnung flammte in ihr auf und sie beschloss, erst einmal einen halbwegs anständigen Eindruck zu hinterlassen. Je mehr man ihr vertraute, desto freier durfte sie sich bewegen – desto näher kam die Freiheit wieder in Sicht.

Sie musste nur so tun, als ob sie ein ängstliches Mädchen war, das nicht wusste, wohin. Unschuldig und klein, so sollte es aussehen. Es war ein Spiel mit List und Tücke. Trickreich zu sein war schon immer eine Stärke Sakuras gewesen.
 

"Nehmt sie zu Madara mit, aber passt auf, dass sie sich richtig verhält. Sakura muss noch einiges lernen", sagte Ayumi zu den anderen Mädchen, die zu tuscheln aufhörten und nickten.

Zögernd stand Sakura mit den anderen auf und ging wieder auf den Flur hinaus. Bevor die Tür zu viel, warf sie noch einen letzten verzweifelten Blick auf Ayumi, die sich in dem Moment mit einem Ächzen vom Stuhl erhob.

Sie wollte nicht, dass der Fürst sie anfasste.

Sie wollte keine Puppe sein, mit der man machen konnte, was man wollte.

Und doch musste sie folgsam sein …



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2013-08-21T09:24:50+00:00 21.08.2013 11:24
Es wird spannender,....
Von:  SxSHime96
2012-10-10T20:52:57+00:00 10.10.2012 22:52
ich merk schon das dein Schreibstil sich von der vorherigen Version
Sich geändert hat. Ausgerechnet da wo es spannend wurde
Musstest du eine Überarbeitung machen :(
Naja auf jeden Fall find ich es mal wieder toll und hoffe
Das es schnell weitergeht, weil ich diese Story einfach liebe ^^

Lg _SasuSaku_
Von:  xXSakuraHarunoXx
2012-10-08T20:02:11+00:00 08.10.2012 22:02
freuhe mich auf die nächste eine frage was soll das heisen?Man könnte fast meinen, dass du es nicht bist?
Von:  fahnm
2012-10-07T19:33:59+00:00 07.10.2012 21:33
Super Kapi^^
Von: abgemeldet
2012-10-07T15:17:45+00:00 07.10.2012 17:17
bin gespannt ob sakura auch das alles lernt was madara von ihr verlangt

bitte schreibe weiter

lg angel2134
Von:  Medieval
2012-10-07T09:30:49+00:00 07.10.2012 11:30
Super Kapi :)
Bin gespannt was noch alles passieren wird
Freu mih schon aufs Nächte Kapi ^^


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