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122 Tage...

122 Tage, die alles zerstörten.
von

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Kapitel 49


 

Tag 101
 

G-Dragon
 

“Danke schön… Aber… nur ein Teller? Möchtest du nichts essen?”

“Nein, ich hab irgendwie keinen Hunger heute…”

“Aber du hast dir so viel Mühe mit dem Kochen gegeben! Hast du denn wenigstens gefrühstückt?”

“Nein. Und jetzt iss lieber…”
 

Ich schlucke die Frage, ob du nicht wenigstens ein paar Löffel deiner Suppe probieren möchtest, seufzend hinunter, als mir der genervte Unterton auffällt, den deine Stimme angenommen hat. Überhaupt wirkst du heute irgendwie gestresst. Aber warum? An mir kann es eigentlich nicht liegen - ich bin erst seit etwa einer halben Stunde wach und beinahe diese gesamte Zeit hast du am Herd gestanden und eine Suppe für mich zubereitet. Lediglich wenige Minuten hast du bei mir am Bett verbracht, hast dich danach erkundigt, wie es mir geht und hast mir, als ich geantwortet habe, dass ich mich nur noch ein bisschen geschwächt fühlen würde, sogar aufmunternd durch die Haare gestreichelt und mir ein, wenn auch schwaches, Lächeln zugeworfen.
 

Warum habe ich überhaupt gesagt, dass ich noch nicht vollkommen genesen bin? Die Gelegenheit wäre optimal gewesen. Ich hätte einfach sagen können, dass ich mich wieder völlig fit fühle. Ich hätte dir nicht einmal beichten müssen, dass ich dich in den letzten Tagen beinahe dauerhaft belogen habe. Die ganze Angelegenheit wäre einfach erledigt gewesen - ein einmaliger Vorfall, eine Notlüge. Warum habe ich die Gelegenheit nicht genutzt? Bin ich so sehr von dir abhängig, dass ich für ein kurzes Lächeln, ein paar liebe Worte oder ein liebevolles Streicheln über den Kopf dazu bereit bin, immer und immer wieder alles aufs Spiel zu setzen?
 

Aber bin ich nicht zumindest auf dem richtigen Weg? Habe ich, als ich dir gegenüber erwähnt habe, dass es mir schon wieder viel besser gehen würde, nicht den ersten Schritt in die richtige Richtung gemacht? Bestimmt wäre es dir sowieso merkwürdig vorgekommen, wenn ich plötzlich auf wundersame Weise vollkommen geheilt gewesen wäre. Ja - so, wie ich es geregelt habe, war es sicher die beste Lösung! Morgen werde ich diesem Schauspiel ein Ende setzen, ganz bestimmt!
 

Aber noch nicht jetzt - noch nicht heute!

Ich möchte noch ein paar Stunden von dir umsorgt werden, möchte noch ein paar Stunden lang mit dir auf der Couch liegen, mich eng an dich kuscheln und die Wärme spüren, die du ausstrahlst, ehe wir wieder damit beginnen werden, einfach aneinander vorbei zu leben. Ich möchte einfach noch ein paar Stunden in der naiven aber so wunderschönen Welt verbringen, die ich für uns geschaffen habe.
 

Lediglich die Tatsache, dass dich etwas zu bedrücken scheint, trübt meine Vorstellung, dass das hier gerade die perfekte, heile Welt ist. Ob du über etwas nachdenkst? Auch jetzt gerade wirkst du so, als wärst du mit denen Gedanken ganz woanders. Und warum siehst du ständig auf die Uhr? Ob ich dich fragen kann? Ich will gerade zum Sprechen ansetzen, als mir bewusst wird, dass du momentan sicher keine Lust auf meine neugierigen Fragen hast. Die Augen hast du halb geschlossen, deinen Kopf auf deine linke Hand gestützt und die Lippen fest zusammengepresst. Ob du Kopfschmerzen hast? Hast du nicht bereits gestern ständig deine Schläfen massiert? Aber warum sitzt du dann hier und liegst nicht auf der Couch oder im Bett und kurierst dich aus?
 

“Ähm…”

“Oh… Ja? Hast du etwas gesagt? Tut mir Leid, ich… ich glaub, ich war in Gedanken…”

“Nein, nein… Ich wollte eigentlich nur fragen, ob es dir gut geht…?”

“Nur ein bisschen Kopfschmerzen, ist nicht so schlimm. Schmeckt dir die Suppe?”
 

Ich beeile mich, mit dem Kopf zu nicken, während du deinen Kopf von der einen auf die andere Hand umlagerst und dabei beinahe lautlos aufstöhnst. Ehrlich gesagt wirkt es auf mich nicht so, als würde es sich hierbei lediglich um leichte Kopfschmerzen handeln. Warum also versuchst du, mich vom Gegenteil zu überzeugen? Warum gibst du nicht einfach zu, dass es dir nicht gut geht, legst dich ein paar Stunden hin und wartest, bis die Schmerzen nachlassen? Möchtest du für mich stark sein? Gerade, als ich dir vorschlagen möchte, dich ein wenig hinzulegen, hebst du deinen Kopf ein wenig an und wirfst mir einen fragenden Blick zu.
 

“Legst du dich nachher wieder ins Bett? Oder soll ich dir vielleicht deine Decke und dein Kissen auf die Couch im Wohnzimmer legen?”

“Nein, lass nur, das kann ich auch selbst machen… Außerdem… Du siehst selbst so aus, als könntest du ein paar Stunden Schlaf gut vertragen…”

“Quatsch… Bin ich krank oder du? Ich hab lange genug geschlafen, mir geht es gut. Sieh lieber zu, dass du wieder ganz gesund wirst, das ist jetzt viel wichtiger!”
 

Ich senke den Blick und rühre mit dem Löffel in der Schüssel. Was sollte ich darauf auch antworten? Natürlich - ich weiß, was die einzig richtige Antwort darauf wäre. Ich sollte dem Spiel einfach ein Ende setzen, sollte dir sagen, dass du aufhören kannst, dich um mich zu sorgen, sollte aufhören, dich zu belügen. Aber ich kann nicht. Und das Schlimmste daran ist - ich will auch nicht. Das hier ist, was ich will. Ich will den fürsorglichen Blick auf mir spüren, den du mir gerade zuwirfst und möchte den sanften Klang deiner Stimme hören, wenn du mir eine Tasse Tee oder eine Schüssel Suppe anbietest.
 

Aber wie könnte man mir das zum Vorwurf machen? Was ist falsch daran, geliebt werden zu wollen?
 


 


 

Tag 101
 

T.O.P
 

“Lass nur… Du brauchst doch nicht abzuspülen, das mach ich dann. Los, leg dich hin und schlaf ein bisschen, damit du nachher erholt aussie-…”

“Nachher? Aber warum…? Was ist nachher?”

“… nicht so wichtig. Das… ähm… vergiss einfach, was ich gesagt habe, ja? Ruh dich einfach aus… bitte!”
 

Ich bin so ein Idiot. Wie kann man nur so dermaßen dämlich sein wie ich? Würde das dein Misstrauen nicht noch mehr schüren und meine Kopfschmerzen ins Unermessliche steigern, würde ich mir für meine Unachtsamkeit am liebsten selbst eine Kopfnuss verpassen. Wie konnte mir das nur herausrutschen? Warum habe ich dich nicht einfach ins Bett geschickt und später, wenn es an der Türe klingelt, so getan, als wäre auch ich völlig überrascht?
 

“Bitte… Sieh mich nicht so an… Ji-Yong, bitte. Leg dich einfach hin - ich meine es doch nur gut…”

“Nur, wenn du mir sagst, was nachher passiert.”

“Ji-Yong… Warum können wir das Thema nicht einfach beenden? Glaub mir, du willst es gar nicht wissen…”
 

Doch ich sehe deinem Blick an, dass es schon lange zu spät ist. Egal, was ich sage, mit welchen Argumenten ich versuche, dein Interesse zu mindern, es wird nicht funktionieren. Deine Neugierde ist geweckt und ich kenne dich lange genug um zu wissen, dass du erst aufhören wirst, auf diesem Thema herumzuhacken, wenn du weißt, wovon ich gesprochen habe. Dabei ist es wirklich das Beste, wenn du im Unklaren darüber bleibst, was später passieren wird - wer uns später einen Besuch abstatten wird. Am liebsten wäre es mir, auch ich wüsste nicht Bescheid.
 

Warum hat Präsident Yang mir überhaupt eine SMS geschickt? Wüsste ich nicht Bescheid, müsste ich mir nun nicht wie ein Verräter vorkommen. Ich könnte mich um dich kümmern, ohne ständig im Kopf den Hintergedanken zu haben, dass ich es nicht aus Fürsorge und Liebe tue, sondern aus Angst vor den Folgen, wenn der Doktor, den Präsident Yang engagiert hat, diagnostiziert, dass du gesundheitlich nicht länger in der Lage dazu bist, eine Band zu leiten. Das wäre der endgültige Gnadenstoß, das wäre zu viel für dich.
 

“Versprichst du mir, dich nicht aufzuregen, wenn ich es dir sage? Bitte… Wenn du es weißt, darfst du dich nicht aufregen. Und du sollst wissen, dass ich es dir nur nicht erzählt habe, weil ich nicht wollte, dass du beunruhigt bist - ich wollte, dass du dich in Ruhe auskurierst…”

“Jetzt sag schon!”

“Ich… ich habe vorhin eine SMS erhalten. Präsident Yang… Er… er schickt gegen 14 Uhr einen Doktor vorbei…“

“14 Uhr… Das… das ist ja gleich…?“

“Ich wusste nicht, wie ich es dir erklären soll. Die anderen… Taeyang und so haben den Präsidenten scheinbar darum gebeten. Sie machen sich So-…”

“Nein…!”
 

Obwohl deine Stimme kaum mehr als ein Flüstern ist, lasse ich mich davon unterbrechen. Ich spare es mir, zu erwähnen, dass die anderen es sicher nur gut mit dir meinen, lasse die Worte, dass sich deine Freunde lediglich Sorgen um dich machen, unausgesprochen. Warum auch nicht? Du hörst mir sowieso nicht mehr zu, wirkst beinahe so, als hätten meine letzten Worte dich gepackt und in eine fremde Welt mitgerissen. Zwar scheinst du mich direkt anzusehen, doch dein Blick wirkt stumpf, so, als würdest du mich nicht einmal mehr wahrnehmen.
 

“Genau das wollte ich verhindern… Ji-Yong…? Nicht doch…”
 

Hilflos sitze ich auf dem Stuhl dir gegenüber und muss ansehen, wie sich deine Augen mit Tränen füllen. Ganz langsam erhebe ich mich und mache einen Schritt auf dich zu. Du hebst nicht einmal den Kopf, scheinst deine Umwelt nicht mehr wahrzunehmen. Ganz vorsichtig lege ich eine Hand auf deiner Schulter ab, warte ab, ob du zusammenzuckst, mich von dir stößt oder irgendwie zeigst, dass es okay für dich wäre, wenn ich dich in den Arm nehme, doch du tust nichts von alledem, wiederholst nur immer und immer wieder beinahe tonlos das gleiche Wort.
 

“Nein…”

“Ich… ich wusste nicht, wie ich es dir sagen soll… !”

“… nein.”

“Ich wollte Präsident Yang umstimmen, habe ihm erklärt, dass ich mich um dich kümmere aber er besteht darauf, dass ein von ihm ausgewählter Arzt dir einen Besuch abstattet. Was hätte ich denn tun sollen?”

“Nein… nein…”
 

Ich verstumme.

Es ist so sinnlos. Warum rede ich überhaupt? Um dich zu beruhigen? Oder, um dein monotones Wimmern nicht ertragen zu müssen?
 

“… ich will nicht, dass es aufhört.”
 

Irritiert wende ich meinen Blick wieder dir zu. Was hast du gerade gesagt? Du hast so leise gesprochen, fast so, als hättest du es mehr zu dir selbst als zu mir sagen wollen. Und obwohl es nur wenige Worte waren, scheint es dich eine Menge Anstrengung gekostet zu haben, sie über deine Lippen zu bringen, da du anschließend völlig kraftlos in dich zusammensackst und die Tränen, die du bislang tapfer zurückgehalten hast, nun völlig ungehindert ihren Weg über deine Wangen suchen.
 

“Was ist denn los…? Ji-Yong… Sag mir bitte, was los ist! Ist es, weil du denkst, wir bestimmen hinter deinem Rücken über dich? So ist es nicht… Wir machen uns doch nur Sorgen um di-… Oh Gott, das wird er schon sein. Ich… Ich bin gleich wieder hier…”
 

Gehetzt blicke ich zwischen dir und der Küchentüre hin und her, als ein schrilles Klingeln mich jäh unterbricht, ehe mein Blick auf die Uhr wandert. Kurz vor 14 Uhr - wahrscheinlich ist dies bereits der Doktor. Aber ich kann doch nicht zulassen, dass dieser dich in diesem Zustand sieht! Nicht auszudenken, was er Präsident Yang erzählen wird, wenn er dich völlig aufgelöst und weinend vorfindet. Aber einfach die Türe verschlossen halten kann ich auch nicht. Dieser Arztbesuch ist kein Angebot des Präsidenten sondern eine klare Anweisung, der du Folge zu leisten hast.
 

“Ji-Yong, du… Du musst dich beruhigen, hörst du?”

“Lass ihn bitte nicht hinein… Seung-Hyun, bitte! Lass ihn nicht zu mir. Lass nicht zu, dass er alles kaputt macht!”

“Er möchte doch nur kurz nach dir sehen… Ich muss jetzt die Türe aufmachen, sonst wird das Konsequenzen für uns haben, das weißt du. Bitte reiß dich einfach ein paar Minuten zusammen, ja?”
 

Ich lasse dich nicht mehr zu Wort kommen, sondern mache einfach auf dem Absatz kehrt und verlasse die Küche. Ich drehe mich nicht um, als ich deine brüchige Stimme höre, die meinen Namen flüstert, bleibe nicht einmal stehen, als das Wispern verklingt und einem hemmungslosen Schluchzen weicht. Würde ich jetzt nachgeben, würde ich uns damit vielleicht für wenige Minuten, vielleicht sogar ein paar Stunden oder Tage einen Gefallen tun aber auf die Dauer betrachtet würde ich wahrscheinlich unser gesamtes Leben zerstören. Ich kann mich nicht über die Anordnung des Präsidenten hinwegsetzen, es geht einfach nicht. Nicht, ohne befürchten zu müssen, dass dieser daraus seine Konsequenzen ziehen würde.
 

Vielleicht kann ich den Arzt zumindest ein paar Minuten hinhalten und dir damit die Chance geben, dich zumindest einigermaßen zu fangen? Aber wie? Ich kann den Mann ja schlecht einfach auf eine Tasse Kaffee in das Wohnzimmer einladen oder so tun, als wüsste ich nicht, wo du bist. Außerdem ist es für jeden, der nicht völlig taub ist, mehr als deutlich zu hören, dass aus der Küche Schluchzer erklingen. Ein weiteres mal erklingt das laute Klingeln, ehe ich mit einem tiefen Seufzer auf den Lippen die Türe öffne.
 


 


 

Tag 101
 

T.O.P
 

“Ji-Yong ist… er ist momentan im Bad. Kann ich ihnen vielleicht einen Kaffee anbieten? Oder möchten Sie in einer halben Stunde wiederkommen?”

“Wurde ich nicht angekündigt?”

“Doch, schon… Das… das tut mir leid. Ich habe vergessen, es ihm auszurichten und es ist mir erst eingefallen, als er bereits in der Badewanne lag… Aber ich sag ihm jetzt, dass Sie hier sind!”

“Sehr freundlich… Ich werde solange wart-…”

“Halt! Nicht hier hinein! Gehen Sie lieber ins Wohnzimmer!”
 

Gerade noch rechtzeitig kann ich mich vor die Küchentüre stellen und verhindern, dass der ältere Herr das Zimmer betritt, aus dem noch immer dein inzwischen heiseres Schluchzen erklingt. Ob er es gehört hat? Wenn, verbirgt er seine Neugierde auf jeden Fall gut, da er lediglich kurz nickt und anschließend meiner ausgestreckten Hand ins Wohnzimmer folgt und sich dort auf dem Sofa niederlässt. Eilig murmle ich einige entschuldigende Worte, ehe ich leise die Türe öffne und die Küche betrete.
 

Zwar hat mich das heisere Wimmern bereits erahnen lassen, dass du dich noch immer noch beruhigt hast, doch das, was meine Augen nun erblicken, lässt mich dennoch erschrocken zusammenzucken. Von beinahe lautlosen Schluchzern geschüttelt hast du dich in die Ecke des Zimmers gekauert, die Beine fest an dich gezogen und die Augen auf irgendeinen fernen Punkt auf dem Fußboden fixiert.
 

“Ji-Yong, der Arzt ist da… Er wartet im Wohnzimmer auf dich. Scheint ein netter Mann zu sein…”
 

Keine Reaktion - natürlich nicht.
 

“Bitte reiß dich zusammen…”
 

Nicht einmal das sanfte Rütteln an deinen Schultern scheint dich in die Wirklichkeit zu holen. Noch immer fixieren deine Augen die gleiche Stelle, starren völlig emotionslos zu Boden.
 

“Ähm… Entschuldigung, haben Sie mit mir gespro-… Oh Gott, was ist denn hier los?”
 

Erschrocken drehe ich mich in die Richtung, aus der die tiefe Stimme erklungen ist. Ich habe nicht einmal mitbekommen, dass der Doktor den Raum betreten hat. Noch während ich versuche, die tausend Gedanken und Ausreden, die mir nun durch den Kopf gehen, zu ordnen, spüre ich, wie mich zwei starke Hände zur Seite drücken. Wahrscheinlich sollte ich mich beschweren, sollte versuchen, dich davor zu bewahren, dass dieser Fremde dich in solch einem Zustand zu Gesicht bekommt, doch ich kann nicht. Ich wüsste einfach nicht, wie.
 

“Was ist hier vorgefallen?!”

“K-keine Ahnung, nichts…? Ich… ich weiß es nicht…”

“Holen Sie mir meinen Koffer aus dem Wohnzimmer… Na los! Sofort!”

“J-ja…”
 

Es dauert einige Sekunden, ehe ich mich aus meiner Erstarrung lösen und mich in Bewegung setzen kann. Nur widerwillig verlasse ich den Raum und lasse dich mit dem Mann alleine, der inzwischen dazu übergegangen ist, dich vorsichtig zu schütteln und sanft auf dich einzureden, während ich mit eiligen Schritten das Zimmer verlasse. Von deinem heiseren Schluchzen begleitet, eile ich in das Wohnzimmer, wo ich den Koffer des Doktors an mich nehme.
 

“Hier…”
 

Ohne auch nur ein Wort des Dankes verlauten zu lassen, entreißt der Arzt mir den Koffer und stellt ihn neben dir auf den Boden, ehe er sich erneut dir zuwendet. Auch ich senke den Blick, um dich ansehen zu können. Noch immer hast du deine Sitzposition nicht geändert, noch immer blickst du stumpf ins Nirgendwo und noch immer wirst du von tiefen Schluchzern geschüttelt, die lediglich hin und wieder kurz verstummen und einem lautlosen Wimmern weichen, wenn deine Stimme bricht oder du nach Atem ringen musst. Erst jetzt fällt mir auf, wie rot deine Wangen, wie bleich der Rest deines Gesichtes ist und wie schnell sich dein Brustkorb hebt und senkt.
 

“Kommen Sie her und seien Sie mir behilflich…”

“Aber wie…?”

“Ich werde ihm Etwas zur Beruhigung verabreichen müssen… Ich befürchte, dass er ansonsten kollabieren könn-…”

“Kollabieren…?”

“Sein Kreislauf könnte zusammenbrechen. Hören Sie, wie flach und schnell er atmet? Er muss dringend anständig atmen, doch solange er so aufgelöst ist, wird das nicht möglich sein… Also werde ich ihm ein Mittel spritzen. Könnten Sie ihn wohl so lange für mich festhalten?”

“A-aber… Wozu?”
 

Ich werfe dem älteren Herren einen beinahe empörten Blick zu, ehe ich mich schließlich dennoch seufzend zu dir auf den Boden sinken lasse, um dich besser halten zu können. Lediglich halbherzig umschließen meine Hände deine Handgelenke. Ich weiß nicht einmal, warum ich dich überhaupt festhalten soll. Völlig kraftlos und zusammengesunken sitzt du in der Ecke, zu schwach, die Tränen zurückzuhalten und nicht einmal dazu in der Lage, deine Atmung zu steuern. Wie solltest du die Kraft dazu aufbringen, aufzuspringen und den Doktor zu behindern?
 

Dennoch lasse ich dich nicht los - nicht, als ein leichtes Zucken durch deinen Körper geht, nicht, als ich sehe, wie der Doktor die Spritze zurück in den Koffer packt und nicht, als deine Schluchzer langsam abebben und dein Körper - falls das überhaupt möglich ist - noch mehr in sich zusammenfällt. Ich halte dich sogar immer noch fest, als dein gesamter Körper langsam zur Seite sackt und das Weinen völlig verstummt. Erst, als zwei Hände mich sanft von dir ziehen, lockere ich meinen Griff.
 

“Sie wissen, dass ich das melden muss…?”
 

Ich antworte nicht.

Ich nicke nicht einmal.

Warum auch? Natürlich weiß ich das.
 

“Wissen Sie, wie das hätte ausgehen können, wenn ich nicht zur Stelle gewesen wäre? Wissen Sie das?”

“N-nein…”

“Lassen Sie es mich so umschreiben - es hätte ein schlimmes Ende nehmen können… Ist so etwas schon einmal vorgefallen? Und bitte seien Sie ehrlich zu mir - tun Sie Ihrem Freund den Gefallen.”
 

Durchdringend und streng blickt der ältere Mann mich an, während er versucht, dich vorsichtig ein wenig aufzurichten und an die Wand zu lehnen, was sich als relativ schwierig herausstellt, da du immer wieder schlaff auf den Boden sinkst. Ob die Dosis zu stark für dich war? Vielleicht hätte ich erwähnen sollen, dass du in letzter Zeit nur wenig gegessen und getrunken hast. Vielleicht hätte ich auch einfach schon vor Tagen einen Arzt kommen lassen müssen, um das, was nun passiert ist, zu verhindern. Vielleicht habe ich einfach schon wieder alles falsch gemacht, was man nur falsch machen konnte?
 

“Vor ein paar Tagen… also… da war es auch schon mal so ähnlich…”

“Was meinen Sie mit so ähnlich?”

“Naja, er… er beginnt, Dinge zu sagen, die keinen Sinn ergeben, steigert sich dann immer weiter in irgendwelche Situationen hinein, beginnt zu weinen und regt sich ganz furchtbar auf… Aber das ist nur der Stress! Nichts, was sie dem Präsidenten erzählen müssen, hören Sie?”

“Wenn Ihr Freund psychische Probleme hat, muss ich das sehr wohl weitergeben. Möchten Sie, dass der Stress ihn umbringt?”

“Möchten Sie, dass man ihm alles nimmt, das ihm etwas bedeutet? Wenn Sie sagen, dass er dem Stress nicht mehr gewachsen ist, wird man ihm die Anführer-Position entziehen, wird ihn vielleicht sogar aus der Band werfen. Wollen Sie ihm das antun? Das würde ihn umbringen…”
 

Fast schon unsanft schiebe ich den Arzt zur Seite und versuche selbst, dich in eine angenehmere Position zu bringen, ehe ich dich einfach an mich ziehe und dich an meiner Brust abstütze. Noch immer sind deine Wangen gerötet, doch deine Brust hebt und senkt sich wieder beinahe im Normaltakt. Also ist doch alles wieder in Ordnung, oder? Kein Grund, den Präsidenten in Panik zu versetzen und deine Position zu gefährden.
 

“Können Sie mir nicht… nicht einfach so ein Mittel verschreiben? Für Notfälle? Dann kann ich mich um ihn kümmern… Dann müsste es keiner erfahren… bitte?”

“Sind Sie des Wahnsinns? Ein Beruhigungsmittel ist doch keine Süßigkeit, das man nach Lust und Laune zu sich nehmen kann! Was Ihr Freund braucht, ist Ruhe und Abstand von allem, das ihn unnötig stresst!”

“Ach - und darum möchten Sie, dass der Präsident ihn zu sich bestellt, um ihm mitzuteilen, dass er im Moment zu geschwächt für das Leben als Mitglied von Big Bang ist? Ist das für Sie kein Stress?!”
 

Ich kann sehen, wie unangenehm dem Arzt dieses Gespräch ist. Wahrscheinlich ist auch ihm gerade bewusst geworden, dass wir uns an einer Gabelung befinden, die zu beiden Seiten in eine Sackgasse führt. Er kann Präsident Yang alles erzählen - daraufhin wird dieser dich deines Amtes entheben und du wirst noch tiefer fallen, als du es ohnehin schon getan hast. Schweigt er allerdings, ist zu befürchten, dass solch eine Situation immer und immer wieder entsteht - und eines Tages nicht so glimpflich endet.
 

“Ich… Ich kann darüber nicht Stillschweigen bewahren. Es tut mir Leid…”

“Aber…?”

“Hören Sie, ich verstehe Ihre Befürchtung… Aber ohne die nötige Behandlung haben Sie bald ein viel schlimmeres Problem als eine kurze Zwangspause Ihrer Band.”

“Wenn man Ji-Yong jetzt aus der Band wirft, wird es das nicht verkraften - auch nicht für ein paar Wochen!”

“Nun lassen Sie mich doch erst einmal ausreden… Ich gebe Ihrem Freund die Chance, selbst mit dem Präsidenten zu sprechen. Ich werde Ihnen ein paar Unterlagen für eine Kuranlage in der Nähe hier lassen. Ihr Freund soll sich dort anmelden und diese Entscheidung Präsident Yang mitteilen. Es wäre kein unehrenhafter Ausstieg, sondern seine eigene Entscheidung. Na, wie klingt das?”
 

Eilige überfliege ich die Prospekte, die der Herr mir reicht. Eigentlich klingt dies nach einer guten Idee. Ein, zwei Wochen Ruhe täten dir sicher gut und ehrlich gesagt wäre ein wenig Erholung auch für mich mehr als nötig. Noch während mir dieser Gedanke durch den Kopf geht, schäme ich mich für ihn. Erholung - als wärst du lediglich ein lästiger Klotz am Bein. Instinktiv ziehe ich dich näher an mich, als könnte ich diesen Gedanken damit wieder gut machen.
 

“Lassen Sie es sich durch den Kopf gehen - sprechen Sie mit ihm darüber, sobald er erwacht. Ich werde morgen bei Ihnen anrufen und sollten Sie sich gegen meinen Vorschlag entschieden haben, werde ich den Präsidenten über Herrn Kwons gesundheitlichen Zustand in Kenntnis setzen müssen.”
 

Mit diesen Worten erhebt er sich, wirft mir noch einen letzten mahnenden Blick zu und lässt mich schließlich mit dir und der beinahe erdrückenden Angst vor dem Gespräch, das uns in wenigen Stunden unweigerlich bevorsteht, zurück.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von: abgemeldet
2011-04-12T17:41:02+00:00 12.04.2011 19:41
Ich war auch so glücklich, als ich heute das neue Kapitel sah. *_*
Und beim Lesen hab' ich natürlich die ganze Zeit die zwei neuen Songs von Big Bang gehört. Bringt dann mehr so einen coolen Flair rein. xD
Mir gefällt es nicht, wenn T.O.P so gestresst ist.
Dann ist er so zickig und böse. xD
Ich finde Ji-Yongs Verhalten auch immer so .. komisch.
Er steigert sich wirklich zu sehr in Situationen hinein und fängt auch immer schnell an zu weinen. Da kommt wieder dieses Bad End vor meinem Gesicht. @_@
Der Arzt hat aber natürlich auch Recht.
Ich hab' aber furchtbare Angst, dass GD aus der Band fliegt. Das wäre so schrecklich. Auf jeden Fall freue ich mich aufs nächste Kapitel!


Von: abgemeldet
2011-04-11T20:46:38+00:00 11.04.2011 22:46
ja, da hast du recht! XD TOP hat wirklich genug schläge verteilt. ^^
zum kapi ja, ich hoffe auch das GD ihm endlich die wahrheit sagt.
der arme GD hoffentlich gehts im bald wieder besser. er muss TOP endlich alles sagen was ihn bedrückt...ansonsten wüsste ich auch nicht wie die story so enden soll... ich glaub auch nicht das GD zu dieser kur geht, aber wenn TOP mitgeht vielleicht...!? TOP sagt doch das sie später nochmal besuch kriegen?! dieses mal sind es doch bestimmt die BB Member,oder?! XD ^^

ich freu mich auch aufs nächste kapi! ^^

LG park89
Von:  InspiredOfMusic
2011-04-11T17:46:10+00:00 11.04.2011 19:46
Irgendwie merke ich grade, dass ich ein paar Kapitel gar nicht kommentiert habe, kann das sein? ._. Tut mir leid.. manchmal lese ich dich kurz bevor ich zur Schule muss, und dann hab ich keine Zeit mehr~
Und danach hab ich's meistens vergessen..

Ich mag das Kapitel.. obwohl du es TOP wirklich nicht einfach machst..
Ich hoffe jedesmal, dass GD endlich die Wahrheit sagt... und ich hoffe es auch wieder für das nächste Kapitel, aber ich bezweifle es ^-^
Mal eine Frage: Wie viele Kapitel werden es denn voraussichtlich noch sein?
Irgendwie kann ich mir gar nicht vorstellen, dass die FF hier mal zu Ende geht xD
Ich freu mich jedenfalls auf das nächste Kapitel~

LG
Von:  TayaTheStrange
2011-04-11T06:02:13+00:00 11.04.2011 08:02
OMG!!!!!!!!!!!! Ich war ja so gluecklich, als ich heute das neue Kapitel sah. Ich schaue fast jeden Morgen nach und es hat mich sofort mitgerissen.

Dieses hin und her in Ji-Yongs Kopf ist so anstrengend mitzulesen. Ja, ichs sags ihn, nein, doch nicht...ja, ich bessere mich, nein, ich bin voll der Luegner...ach nur noch einen Tag @____________@ Ich krieg schon Zustaende. Kein Wunder, dass er voellig fertig ist.

Als Tab sagte, dass ein Arzt geschickt wird, ist mir richtig flau im Magen geworden. Vor allem bei GDs erstem "nein..." ... weil natuerlich wussten wir sofort, dass er dem Arzt nicht aus dem selben Grund nicht begegnen will, an den Tab denkt. GD will nicht, dass man seine Luegen nicht aufdeckt. Und wir Leser haben noch ein ganz anderes Problem: wir fuerchten, dass man seine Psychose aufdeckt. Allein die Vorstellung. Kwon Ji-Yong shizophren...O__________O

Ich hab mich ja erst sehr erschreckt, als GD da auf dem Boden sass, voellig fertig und der Arzt reinkam. Aber letztlich war ich doch erleichtert, dass er ihn so gesehen hat und ihm helfen konnte. Jetzt kennt jemand wenigstens das wahre Ausmass. Tab allein hat keine Ahnung, was ihm da blueht und was wirklich los ist. Er koennte niemals mit GDs Problemem fertig werden.
Leider muss ich wohl davon ausgehen, dass GD nicht so vernuenftig sein wird, sich auf die Kur einzulassen, oder? Aber dann wird Yang es erfahren.....
Was auch immer geschieht, ich bin mir sicher, dass es mich wieder begeistern wird. Dramaaa!!! *_____________*

Haha danke, dass du deine FF zurueckstellst, um meine zu lesen. Nicht, dass ich hier jetzt platt gemacht werde. Aber ich hab mich so ueber das neue Kapitel hier gefreut!


Kleiner Hinweis:
"...werde ich den Präsidenten über Herrn Kwons gesundheitlichen Zustand ignorieren müssen.”

Und im 2. Absatz gleich am Anfang hast du, glaub ich, 'aufgebrecht' statt 'aufgebracht' geschrieben.

Von: abgemeldet
2011-04-11T05:13:34+00:00 11.04.2011 07:13
Guten Morgen :)

Oh man, es tut mir wirklich leid, dass es jetzt so schleppend voran geht ~____~


@TOP_Lover
Ja, danke :)
Mir geht's schon wieder viel besser, hab nur noch ein leichtes Problem, wenn ich zu lange auf Bildschirme gucken muss. Aber das gibt sich auch bald wieder... :D

Haha~ Na das wäre aber ziemlich peinlich, wenn ich 'Big Bang' falsch schreiben würde... Dann würde ich mich wirklich 'ne Runde schämen xDD

Achja, da war noch was... Die Versöhnung. Die verdräng ich immer wieder xD Also langsam wird's wirklich mal Zeit, danke für's Erinnern!


@park89:
Ach, T.O.P hat in dieser Geschichte wirklich schon genug Ohrfeigen verteilt, findest du nicht? xD

Tja, falsch geraten :P
Kein Member!

Auch dir danke für die Besserungswünsche :)


@minu-chan:
Dir hab ich schon ins Gästebuch geschrieben, also spar ich mir hier eine ellenlange Antwort :D

Jetzt, wo ich das Kapitel hochgeladen hab, widme ich mich nochmal deiner FF - hab bisher nur das erste Kapitel lesen können und mich dann dazu entschieden, die beschränkte PC-Zeit für das Kapitel zu nutzen, damit ihr nicht noch länger warten müsst...

Jetzt kommt erst mal deine FF dran, ehe ich hier weiter schreib :D


@K-Pop_FrEaK:
Oh, bis zum 09.05.? o__o
Das ist ja noch voooooll lang T____T
Aber ich drück dir natürlich gaaaanz arg die Däumchen, damit alles glatt läuft bei deinen Prüfungen!

Oh ja, Geschichte mochte ich nie... Einfach viel zu trocken und... wäh ôO

Du hast dir Sorgen gemacht? ó_ò Das ist süß Q__Q Jetzt tut's mir noch mehr Leid, dass ich nicht Bescheid geben konnte...

Ich war im Krankenhaus, weil mir ein Splitter ins Auge geflogen ist >___> Den musste man entfernen und dann ewig zur Beobachtung auf der Station bleiben. Ätzend.
Und jetzt tränen die Augen ständig, wenn ich zu lang am Laptop sitz - dabei besteht mein Leben doch eigentlich zu 90 % aus am-Laptop-sitzen xDDD Boah... x__X

HAHAHAHA~
Ich hab 'Memories' gelöscht xDD Tut mir Leid, aber ich mochte die FF einfach nicht... xD Oh Gott, du wirst mich so hassen, wenn du das liest... :D
Aber minu-chan hat 'nen Wettbewerb zum Thema G-TOP gestartet, da werd ich mich natürlich beteiligen und dich für die gelöschte FF entschädigen ^^°

Ryeowook, fast richtig :D
Ah, so 'ne Member-Aufteilung ist natürlich praktisch :D Da kommt man sich nicht gegenseitig in die Quere xD


@Tatcchi:
Oh, du bist neu o.o
Mich wundert's, dass es bei so vielen Kapiteln immer noch neue Leser gibt - ich dachte immer, sowas wirkt wahnsinnig abschreckend auf neue Leser xDD

Danke für das Kompliment <3

Ja, das mit den Kapiteln ist mir auch schon oft negativ aufgefallen, wenn ich versucht hab, einen ganz bestimmten Tag oder ein bestimmtes Ereignis zu suchen. In meiner nächsten FF werd ich das bessern, ich versprech's :D


So, dann noch 'nen schönen Tag an alle!

SaxRangxHae <3


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