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Reqium of Darkness & Quiet Symphony

Walker x Kanda
von

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Die Wahrheit hinter seiner Fassade

„Was ist das?“ Neugierig betrachtete sich Komui diesen Brief, den ich ihm reichte. Was das war, das wusste ich nicht, also zuckte ich nur mit den Schultern.

„Keine Ahnung, ist von Mr. Bak.“

„Ah ja.“ Stirnrunzelnd nahm er den Brief entgegen und war er gerade noch so interessant gewesen, wurde er dann doch plötzlich nur zur Seite geworfen, wo er auf einem der vielen Stapel liegen blieb. „Es tut mir so Leid, Allen.“ Fast unterwürfig wandte er sich wieder an mich und ich hatte keine Ahnung, was er meinte. „Dass ich dich den ganzen Weg nach Asien geschickt habe.“

„Warum sollte dir das Leid tun?“, erwiderte ich sofort. „Es ist deine Aufgabe, mich zu schicken und ich habe die Aufgabe zu gehen.“

Irrte ich mich oder hätten diese Worte von Kanda sein können?

Auch Komui wirkte kurz recht nachdenklich aber ich hatte keine Lust auf weitere Worte oder überflüssiges Gerede. Denn so Leid es Komui auch tat, ich war hundemüde und sehnte mich hier und jetzt nur noch nach meinem Bett. Entspannt hob ich die Arme.

„Bin ja wieder da.“

„Ja, das bist du.“

„Und brauchst du mich jetzt noch?“

„Ehm...“ Wieder verfiel er der alten Nachdenklichkeit und sah sich auf seinem Schreibtisch um. Da stapelte sich die Arbeit aber er schien sich schnell daran zu erinnern, dass diese Berge seine Arbeit waren und blieben. „Nein“, entschloss er kurz darauf, als er nach seinem Kaffee griff. „Ist alles bestens. Du kannst ins Bett. Siehst aus, als hättest du es nötig.“

Und wie nötig ich es hatte.

Hinter mir lagen knapp zweitausend Kilometer.

Wenn Komui mir doch noch etwas aufgetragen hätte, wäre ich ohnehin umgefallen, noch bevor ich irgendetwas erreicht hätte. Aber jetzt war ich entlassen und hob nur kurz und müde die Hand, bevor ich mich abwandte. Die Reise, die hinter mir lag, hatte ich eher mit Grübeleien und Essen verbracht, als mit Schlaf. Stunde um Stunde in verschiedenen Zügen und meine Beine fühlten sich trotzdem an, als wäre ich die Hälfte der Strecke gerannt. Wie Gummi.

Seufzend schlüpfte ich draußen im Gang aus meinem Mantel, warf ihn mir über die Schulter und streckte mich ausgiebig. Es würde einer der Abende werden, die Seltenheitswert genossen. Ein kleiner Abstecher zum Bad wäre alles, was ich hier und jetzt noch schaffen würde und das nächste Essen hatte Zeit bis zum Morgen. In schlürfenden Schritten und in Gesellschaft eine durchaus müden Golem erreichte ich bald darauf mein Zimmer, warf den Mantel auf den nächstbesten Stuhl und öffnete meinen Schrank. Meine Zahnbürste... wo hatte ich sie jetzt wieder hingelegt?

Ich begann etwas zu wühlen, die Schubfächer zu öffnen und kurz darauf versenkte ich sie mitsamt der Zahnpasta in der hinteren Tasche meiner Hose. Tim hatte seinen Platz schon auf meinem Kopfkissen gefunden. Dass er mitkommen wollte, das bezweifelte ich. Also verließ ich mein Zimmer ohne ihn, streckte mich ausgiebig und gähnte ebenso herzhaft.

Ein bisschen Hygiene...

Mehr gab meine Kraft nicht her.

Wie zermartert war ich und wie gut gelaunt trotzdem. Während meine Beine so schwer wirkten, fühlte ich mich dennoch so leicht und unbeschwert. Alles schien gerade seine Ordnung zu haben und so umgab mich auch die Umwelt angenehm still und friedlich. Keine Hektik begegnete mir, keine lauten Gespräche zwischen Findern... es war gerade so, als wäre alles nur für mich ausgelegt und wie wusste ich es zu schätzen. Das Bad war schnell erreicht. Unter einem leisen Seufzen zog ich die Tür zu mir und genoss den leichten Duft von Seife, der mir entgegen zog. Im Nebenraum rauschte eine Dusche aber selbst das war ein angenehmes Geräusch und ich ließ mir alle Zeit. Meine Lippen pfiffen ein leises Lied, als ich die Zahnpasta auf die Zahnbürste drückte und die Tube auf die schmale Ablage warf.

Wenn ich so müde war, dachte ich mir, könnte ich nur gut schlafen. Bei dieser Erschöpfung stand der verdienten Ruhe wohl nichts im Wege. Nicht einmal aufreibende Gedankengänge.

Worüber sollte ich auch grübeln?

Es war alles beim Besten und mein Pfeifen verstummte erst, als ich die Zahnbürste im Mund versenkte und mich auf das Waschbecken stemmte. Kurz betrachtete ich mich im Spiegel und fand zu der Sicherheit, dass ich bis auf wenige Kratzer wirklich gut davongekommen war. Nur leichte Augenringe... auch meine Gesichtsfarbe ließ etwas zu wünschen übrig aber diese kleinen Probleme würde der Schlaf übernehmen. Im Nebenraum verstummte die Dusche und ich richtete mich auf, fuhr mir durch das Haar und begann anschließend meine Uniform aufzuknöpfen. Mir war danach, mich aus meinen Schichten zu schälen und mir ein bisschen Freiheit zu verschaffen. Bequem putzte ich weiter, streifte mir die Uniform von den Schultern und warf sie hinter mich auf einen Stuhl. Nicht sehr gekonnt und ich verdrehte die Augen, als sie von der Lehne rutschte und zu Boden ging. Ich musste ja wirklich marode sein. Schwerfällig löste ich mich vom Waschbecken, hob sie auf und biss auf der Zahnbürste herum, als ich sie sorgsam zu Recht zog und auf der Stuhllehne festigte. Das leise Klimpern eines Gürtels drang an meine Ohren und irgendwie gefiel mir der Gedanke, hier und jetzt auf Lavi zu treffen, gar nicht. Mir war nicht mehr danach, viel zu reden oder von vergangenen Dingen zu berichten. Aber was sorgte ich mich eigentlich?

Ich trödelte zum Waschbecken zurück, tastete nach meiner Zahnbürste und schrubbte weiter.

Bei der Masse von Findern, die im Hauptquartier ein und aus gingen, war die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Rotschopf da drüben aufhielt, sehr gering.

So lehnte ich mich gegen das Waschbecken, kreuzte die Beine und bald neigte ich mich hinab und spuckte aus. Rauschend erhob sich kurz darauf der Wasserhahn und in aller Ruhe begann ich meinen Mund und mein Gesicht zu waschen. Es tat so gut... und nur beiläufig nahm ich die Bewegungen neben mir wahr.

Jemand trat aus den Duschen, entspannt wischte ich mir das Wasser aus den Augen und ein leichter, schmerzhafter Stich in meiner Herzgegend machte mich darauf aufmerksam, dass dieser Jemand mir fast noch unangenehmer war, als es Lavi je sein könnte. Es war Kanda, der an mir vorbeizog. Das Handtuch um den Hals, schickte er mir nur einen knappen Blick und wie konzentriert wusch ich mich weiter, als er die Tür erreichte.

Es war der falsche Moment, um auf unsere vergangene Mission zu sprechen zu kommen.

Der falsche Moment für weitere Vorwürfe oder scharfe Worte.

Viel lieber ertrug ich dieses kurze, kalte Schweigen und hoffte, dass er auf seinem Weg nach draußen keine Zeit mit mir vergeudete.

Später gerne... nur nicht jetzt. Mir stand nicht der Sinn danach. Ebenso wusste ich, was er von meinem Verhalten hielt und wie verstohlen sah ich ihm im Spiegel nach.

Geh weiter, dachte ich mir... geh einfach.

Ich verfolgte es genau...

Wie sich seine Hand zur Klinke hob und blind tastete ich neben mir nach einem Handtuch, als er sie hinabdrängte... und plötzlich inne hielt.

Als hätte er etwas vergessen. Als würde er gleich umdrehen und in den Duschraum zurückkehren, doch er stand nur dort und nervös nahm ich das Handtuch an mich und begann mein Gesicht damit zu bearbeiten.

Das meinte er doch nicht ernst, oder?

War ihm noch mehr eingefallen, das er mir zum Vorwurf machen konnte?

Das sollte er besser nicht wagen.

Ich rieb mir das Gesicht, trocknete es ab und als ich erneut in den Spiegel blickte... blickte ich so auch genau in seine Augen. Er hatte sich zu mir gewandt, noch immer lagerte die Hand auf der Klinke und es war ein kühler Schauer, der mich in dieser Lage überkam.

Wie gnadenlos...

Sah er nicht meine Erschöpfung?

„Auf der vorletzten Mission...“, erhob sich plötzlich seine Stimme und fast entglitt meinen Händen das Handtuch.

Die vorletzte Mission...?

Die Vorletzte?!

Niemals hätte ich es erwartet!

Niemals gedacht, dass er mich ein zweites Mal darauf ansprach!

Das, was ich getan hatte... was ich mit ihm getan hatte, lag doch als sichere Tatsache bei meinen Akten?

Wie überlegen hatte ich mich bislang gefühlt, wie wunderbar, während er im Dunklen tappte!

Mit einem Mal war mir nicht mehr gut zu Mute. Mit einem Mal war ich angespannt und mir jedes Fehlers, der vertuscht werden musste, bewusst.

Mit festem Blick verfolgte er meine Reaktion, ließ mich nicht aus den Augen und eine leichte, kritische Regung ging durch sein Gesicht, als er den Kopf schief legte.

Er war noch nie, wirklich noch nie auf vergangene Missionen zu sprechen gekommen! Erst recht nicht mir gegenüber und mit einem Mal wünschte ich mir, es handle es sich doch um die letzte Mission und darum, dass er mir weitere Vorwürfe entgegenbringen wollte.

„Wo warst du so lange?“

„Mm?“

Den Schein wahren...

Vor mir lagen Lügen über Lügen, von denen ich Gebrauch zu machen hatte.

„Wieso fragst du?“ Wie ruhig erhob sich meine Stimme... und wie anstrengend war es, sie so wirken zu lassen! Noch immer wurde ich angestarrt und nur, um meinen nervösen Händen etwas zu tun zu geben, griff ich nach der Seife und begann sie mir zu waschen.

„Das Gebäude war nicht sehr groß“, antwortete er mir durchaus ruhig.

Was geschah hier?

Wie vorsichtig hatte ich zu sein?

„Das kam dir nur so vor“, erwiderte ich an meinen Händen zugange. Gemächlich seifte ich sie ein, rieb sie aneinander, während mein Herz in meiner Brust raste. „Ich musste schon eine Weile nach dir suchen.“

„Mm.“ Dazu nickte er ein wenig.

Und es schien irgendwie, als würde er sich gleich umdrehen und verschwinden.

Oder war es nur mein Sehnen, das es mir so erscheinen ließ?

„Du...“, er blieb stehen und wie verfluchte ich ihn dafür, „... bist über das Dach gekommen, nicht?“

„Ja.“

Selbst diese Tatsache auszusprechen, erschien mir wie eine pure Lüge... eine Angst bekam mich zu fassen, eine Befürchtung, dass er mir hier und jetzt eine Falle stellte, um die Wahrheit herauszufinden. Um herauszufinden, dass ich es gewesen war, der sich an ihm verging.

Er hatte also darüber gegrübelt... und damit widersprach er all meinen Erwartungen. In jenen hatte er all das einfach verdrängt. Die Geschehnisse waren in meinen Annahmen aus seinem Kopf verbannt worden, weil sie ihm zu irritierend und zu demütigend erschienen. Doch es war soviel anders... so ganz anders.

Wie hatte ich ihn verkannt!

„Und auf dem Dach waren keine Akuma?“

Meine Anspannung wuchs.

Ich wollte dieser Situation nur noch entfliehen...!

Mein Kopfschütteln tarnte ich mit Beiläufigkeit, war noch immer an meinen Händen zugange.

„Vermutlich hast du dort oben ohnehin nicht viel gesehen.“ Langsam fuhren seine Fingerkuppen über die Türklinke. Es waren Bewegungen, die mir nicht entgingen, während ich es vermied, erneut in seine Augen zu blicken. „Es war ja auch tiefe Nacht.“

„Es war am Tag“, widersprach ich und hielt nach dem Handtuch Ausschau.

Wo hatte ich es hingeworfen?

Hier unter seinen Augen war ich so aufgebracht...

Ich musste dieses Gespräch schnell beenden.

„Ah...“, er hob die Brauen, „... stimmt ja.“

„Mm.“ Flink drehte ich den Wasserhahn zu, machte mich an dem Handtuch zuschaffen.

Was wollte er denn noch!

„Ich habe nicht viel erkannt, weil es sehr stark geschneit hat“, fügte ich noch hinzu und wieder nickte er.

„Es war ganz schön kalt.“

„Ja.“ Allmählich schlug mir mein Herz bis zum Hals. Ich hörte ihm kaum noch zu.

„Und trotzdem hast du deine Handschuhe ausgezogen?“

Ich warf das Handtuch zur Seite und zuckte mit den Schultern.

„Bleibt ja wohl mir überlassen, was ich mit meinen Handschuhen mache.“

„Mm-mm.“ Seine Reaktion darauf war recht seltsam.

Er deutete das Nicken nur an, senkte den Blick und mit einem Mal drückte er diese Klinke hinab und setzte sich in Bewegung. Kein weiteres Mal fanden seine Augen zu mir und nur ein Zucken an seinen Lippen nahm ich wahr, bevor er sich nach draußen schob und die Tür hinter sich schloss.

Verstohlen sah ich ihm nach und ich stellte mir die Frage, ob er meinte, etwas erreicht zu haben.

Wozu all diese Fragen!

Wozu die gespielte Neugierde!

Seine Schritte verstummten im Gang und ich gönnte mir das erste, tiefe Durchatmen.

Ich war verwirrt, irritiert... und ich war beunruhigt.

Plötzlich hatte er gewirkt, als hätte er eine gewisse Antwort erhalten... mit einem Mal so zufrieden und dazu bereit, die Fragen mit einem Mal zu beenden.

Stumm schüttelte ich den Kopf, richtete mich auf und betrachtete mich im Spiegel.

War ich schon die ganze Zeit so blass gewesen?

Ich hob die Hand, betastete meine Wange und permanent war ich währenddessen noch in meine Gedankenwelt verstrickt und darin, Kandas Verhalten zu verstehen.

Meine Handschuhe, ging es mir kurz darauf durch den Kopf.

Was interessierte er sich für meine Handschuhe?

Meine Antwort auf diese Frage hatte das Ende eingeleitet.

Ich hob die Hände, betrachtete sie mir Stirnrunzelnd. Ich ballte sie, entspannte sie, betrachtete sie mir von beiden Seiten und erinnerte mich daran, was sie getan hatten.

Ja, sie waren es gewesen, mit denen ich ihn berührte.

Sie waren es gewesen, mit denen ich ihn bedrohte.

Und ich...

Mein Blick vereiste.

Ich meinte, ein Zucken in meinem Gesicht zu spüren, doch selbst meine Züge waren wie erstarrt, als ich noch immer auf meine Finger starrte. Ein schmerzhaftes Stechen in meiner Herzgegend, ein eiskalter Schauer, der mich überkam und stumm öffnete sich mein Mund.

Als würde ich fallen... ich spürte diesen Sturz tief in meinem Inneren und nur stockend gelang es mir, den Mund zu schließen.

Nein...

Ein Zittern durchfuhr meine Hände, kurz bevor ich sie sinken ließ und nun wirklich sterbensbleich vor Entsetzen wandte ich den Kopf und starrte auf die Stelle, an der Kanda verschwunden.

Nein...

Was hatte ich getan...?

Kein Blinzeln gelang mir!

Was hatte ich da nur gesagt...?

Meine Knie schienen weich zu werden vor Bestürzung und doch blieb ich stehen und sehnte mich fieberhaft danach, jenen Moment ungeschehen zu machen!

Ihn zurückzuspulen... zu überdenken, was ich ihm antwortete!!

Er wusste es...

Wie eine gellende Endlosschleife raste diese Tatsache in meinem Kopf.

Er wusste es...

Er wusste es!!

Mit einem Mal fuhr ich herum. Meine Hände schnellten in die Höhe und ungläubig bettete ich sie auf meinem Gesicht.

Wie es glühte... und dabei fühlte es sich so kalt an!

Wie hatte ich damit gerungen, mich unter Kontrolle zu halten!

Ihm überlegt zu antworten...!

Was hatte ich getan?!

Meinen Körper zog es zur Seite, strauchelnd bewegte ich mich zum Waschbecken und lehnte mich dagegen.

Oh Gott...

Ich schüttelte den Kopf.

Nein...

Nein!!

Meine Handschuhe... ich hatte sie nur ein einziges Mal ausgezogen. Nur ein einziges Mal während all der Zeit, die ich auf dieser Mission mit ihm verbrachte. Es hatte keinen anderen Grund gegeben, als dass ich seine Haut... einfach alles an ihm... spüren wollte!

Nur in diesem einzigen Moment war ich sie eilig losgeworden und hatte es hier und jetzt zugegeben.

Er hatte es gefühlt... zu jenem Zeitpunkt, dass nackte Finger ihn berührten.

Und jetzt...

Er wusste es!!

Ich schloss die Augen, biss die Zähne zusammen. Bebend glitten meine Hände in mein Haar, klammerten sich hinein.

Was für ein widerliches, schweres Gefühl.

Ich hatte mich ertappen lassen!

Was machte ich jetzt?!

Keuchend richtete ich mich auf, starrte zur einen Seite, zur anderen...

Was würde er mit mir machen, wenn er die Schwere diese Tatsache realisierte?!

Was wären verächtliche Worte im Gegensatz zu dem, was mich erwartete?!

Oh mein Gott... mein Gott!!

Nur vorsichtig lockerte ich die Hände, wandte mich um und starrte zu dieser Tür.

Kam er zurück...?

Nein, ich blieb alleine dort und fühlte mich dabei so nackt, wie ich es auch ohne Kleidung nicht sein könnte.

Er wusste...

... von meinem Interesse!

... von meiner Begierde!

... meiner Gnadenlosigkeit!

...

Das Training...!

Ein Schreck jagte den anderen. Ich konnte die Tragweite dieses Fehlers kaum realisieren.

Konnte er es sich jetzt erklären?

Dass ich nur Nähe gesucht hatte...?

Oh... Gott...

Ich beugte mich hinab. Dumpf trafen meine Ellbogen auf das Waschbecken und binnen der nächsten Momente blieb ich nur dort stehen und schüttelte immerfort den Kopf.

Was erwartete mich nur in den nächsten Tagen...

Mit ihm auf Mission zu gehen.

Hatte ich bisher so danach gelechzt, ähnelte diese Möglichkeit nun eher einem Alptraum!

Würde es das Schicksal wirklich so bitter mit mir meinen...?!

Und dann mein Handeln der vorletzten Mission!

Mein stures Beschützen, mein sturer Widerstand entgegen all seiner wuterfüllten Worte.

Nun wusste er, dass ich weitaus mehr verteidigt hatte, als nur einen Kameraden.

Ich fühlte mich so grausam!
 

Mein Herz...

Noch nie hatte es so dumpf und schwer in meiner Brust geschlagen, als ich mich in mein Zimmer zurück schlich und mich dabei wie die Beute fühlte, die vor ihrem Raubtier floh. Die Augen stets in der Umgebung, jede Ecke mit Vorsicht genießend.

Ich wurde paranoid!

War er in seinem Zimmer...?

Wirklich nicht mehr unterwegs?

Die letzten Schritte zu meinem Ziel tat ich rasch und als ich die Tür hinter mir schloss, erhob sich dieses erleichterte Stöhnen. Ich lehne mich gegen das Blech, bettete auch den Hinterkopf an diesem kalten Material und schloss die Augen.

Ich würde ihm nicht ewig entgehen können...

Es war unmöglich, doch gleichsam wollte ich mich auch nicht stellen.

Ich wusste nicht, wie er reagieren würde... in wie weit er nach Rache sann. Niemand tat so etwas mit ihm und kam ungeschoren davon! Niemand! Ich stellte gewiss keine Ausnahme dar!

Ein letztes Mal lauschte ich noch hinaus in den Flur, bevor ich mich strauchelnd auf mein Bett zu bewegte und mich ächzend neben Tim fallen ließ. Ich vergrub das Gesicht im Kissen, durchfuhr mit beiden Händen meinen Schopf.

„Du hast ja keine Ahnung...“, nuschelte ich Tim durch die Federn zu und raufte mir das Haar, „... hast ja keine Ahnung, was ich für Mist gebaut habe...!“

Natürlich wusste er es nicht. Unbeteiligt schlug er mit den Flügeln und ruhte weiter.

„Oh... Gott... oh Gott, oh Gott...!“ Ich presste mich tiefer in das Kissen, hielt den Atem an und tauchte bald keuchend auf.

Schlafen... wie sollte ich jetzt schlafen?!

Wie sollte ich jetzt zur Ruhe finden, obwohl ich es so nötig hatte?!

Kanda wusste es... er wusste einfach alles und ich konnte ihn beileibe nicht gut genug einschätzen, um zu wissen, was er jetzt zu tun gedachte.

Wie er handeln... was er sich einfallen lassen würde.

Ich kannte ihn nicht in einem solch extremen Moment und wollte ihn so auch nicht kennen lernen, wenn es mich betraf.

Die witzig gemeinten Sticheleien würden wohl der Vergangenheit angehören...!

Ihr Platz würde eingenommen werden von Blicken, die wirklich verletzten!

Kein humorvoller Streit... seine Worte würden ernsthaft verletzen... ganz zu schweigen von seinen Taten. Ich wusste doch nicht, wie verheerend es war, wenn er wirklich zuschlug...!

Wäre er dazu imstande...?

Spielte er mit diesen Gedanken? Oder mit gar Schlimmeren?

Wie erwartet, ich wälzte mich in meinem Bett und letztendlich nur die Gedanken. Von einer Seite zur anderen, hin und zurück, ohne zu einem guten Ergebnis zu kommen. Es gab einfach kein Ergebnis, doch gleichzeitig wollte ich mir auch nicht eingestehen, dass nur Kanda mir dieses Ergebnis bringen konnte. Wenn wir uns das nächste Mal sahen und er... eben tat, was er tat.

Eigentlich hatte ich es doch verdient...

Jedes Gramm seiner Wut, seiner Rache. Wie selbstsüchtig hatte ich mich an ihm bedient. Wie hatte ich mich mitreißen lassen von seiner Wehrlosigkeit. War es nicht richtig, dafür zu bezahlen?

Was hatte ich nur erwartet?

Ich schlug die Decke zur Seite, setzte mich auf und starrte resigniert hinaus und in die Finsternis der Nacht.

Wie lange ich jetzt dort gelegen hatte, konnte ich nicht sagen. Nicht einmal eine Vorstellung hatte ich. Langsam drifteten meine unglaublich müden Augen zu jener Tür.

Hinter ihr... ja, hinter dieser Tür lag die Gefahr.

Wie gerne würde ich hier in meinem Zimmer bleiben.

Tagelang... einfach solange, bis ein Wunder geschah. Bis Kanda es mit einem Mal wieder vergaß und zwischen uns alles so werden würde, wie es immer gewesen war.

In all meiner Dankbarkeit würde ich auch meine Begierde unterdrücken... würden ihn nie wieder berühren oder auf den bloßen Gedanken kommen. Wie viel würde ich geben, damit dieser Moment im Bad niemals da gewesen wäre.

Nein...

Plötzlich erreichte mich dieser Impuls und ließ mich in allem innehalten.

Selbst mein Atem stoppte für kurze Zeit und Stirnrunzelnd richtete ich mich danach auf.

Was dachte ich da nur...

War ich drauf und dran, mich selbst zu verraten?

Sollte ich mir nicht lieber sagen, dass sich jede Berührung gelohnt hatte und dass ich es wiederholen würde, sobald sich mir die Gelegenheit bot?

Ich hatte doch dazu zu stehen.

Vermutlich ging es nicht anders, wenn man die Stärke jener Gefühle einbezog.

Sollte ich nicht eher jeden Schlag, jede Beleidigung über mich ergehen lassen und mich dabei an jene Momente zurückerinnern...?

Mir sagen, dass sie jede Rache... einfach wert gewesen waren?

Die Höhe der berauschenden Gefühle könnte er mir ohnehin niemals in negativen Gefühlen zurückzahlen. So immense finstere Kräfte existieren einfach nicht.

Ja...

Ich nickte in mich hinein.

Weshalb machte ich mich fertig?

Worum sorgte ich mich eigentlich?

Dann beleidigte er mich eben...

Dann schlug er mich eben und schadete mir auf noch ganz anderen Wegen...

Ich hatte es doch verdient.

Nur Reue sollte er nicht erwarten. Ich kannte keine Reue. Nicht in diesem Fall.

Eher noch würde ich ihm davon erzählen, damit er noch härter zuschlug. Solange, wie er es brauchte, um sich besser zu fühlen, während vor meinem geistigen Auge jede Sekunde jenen Momentes Revue passierte und ich innerlich grinste.

Was konnte er mir schon anhaben?

Was konnte er mir schon tun?

Schläge erhielt ich oft... verspottet wurde ich oft, beleidigt...

Nichts würde dazu führen, dass ich seine Schönheit, seine Herrlichkeit aberkannte.

Nichts.

Nur er hatte zu realisieren. Nur er hatte einzusehen.

Ich tat es längst.

Er war am Zug.
 

~*tbc*~



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2011-03-06T07:42:43+00:00 06.03.2011 08:42
Da hat Allen jetzt aber mal Mist gebaut! O.o
Von: abgemeldet
2010-10-14T19:21:28+00:00 14.10.2010 21:21
da hat sich Allen jetzt aber heftig in die Sch*** reingeritten!
Bin ja mal gespannt ob das gut ausgeht.
Wie ich Yuu so kenne macht er kleinholz aus ihm. ;_;
Von: abgemeldet
2010-10-10T13:35:17+00:00 10.10.2010 15:35
Oh neeeeeeeeein!! kanda weiß es!! Ich bin gespannt wie es weitergeht!!!


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