Vergangenheit, heiße Schockolade und Mathearbeiten
"Hm...", machte ich leise, als ich wie so oft des Nachts aufwachte. Ich rieb mir die Augen und schaute verschlafen nach oben an die Decke. Die Anzeige des Weckers, der seine Uhrzeit an die Decke reflecktierte zeigte 4:13. Ich seufzte verzweifelt.
"Nicht schon wieder...", murmelte ich leise. Auch heute schaffte ich es nicht durch zu schlafen. Dabei waren wir noch relativ spät ins Bett gegangen. Hoffenlich konnte ich nur wieder einschlafen. Das war schon schwer genug. Meine Laune am Morgen, wenn ich nicht ausgeschlafen war, war einfach gruselig. Nicht auszudenken, wenn ich an die Augenringe dachte, die ich haben würde.
"Mh..", hörte ich Luka unter mir, der irgendwas unverständliches murmelte. Ich
spürte wie sich seine Brust auf und ab bewegte, hörte wie er leise und gleichmäßig atmete. Der hatte natürlich einen gesegneten Schlaf. Den wünschte ich mir auch nur zu sehr.
Ich streckte mich ein wenig und drehte mich etwas auf die andere Seite. Lukas
Arm hatte sich im Schlaf gelockert. Ich schaute in Richtung der Balkontür und sah
wie Regen auf den Boden des Balkons prasselte, der leicht von einer Außenleuchte
beschimmert wurde. Jetzt konnte ich es auch durch die auf "kipp" gestellte Tür
hören.
"Schon wieder Regen.", dachte ich. Das würde Eli sicher gar nicht gefallen. Er fuhr doch so gerne Skateboard, was bei der Nässe einfach unpraktisch war.
Langsam erhob ich mich und war gerade im Begriff auf zustehen, da hörte ich wie
es auf dem anderen Bett neben uns raschelte.
"Mio?", hörte ich die Stimme meines besten Freundes leise flüstern.
"Elias?", fragte ich leise zurück.
"Ja, kannst du nicht schlafen?", wollte er wissen. Ich nickte, was er ja nicht sehen konnte, weil es so dunkel war, aber Eli kannte mich ja und wusste es auch ohne weitere Worte.
"Also ja. Wollen wir kurz rausgehen?"
"Ja.", murmelte ich, aber Eli verstand es wieder und rutschte so leise wie es ging aus dem Bett. Noch kurz, kramte er in einer Schublade neben dem Bett, dann machte er sich auf den Weg zu mir. Als er bei mir angekommen war, zog er mich an der Hand nach oben und wir schlichen leise nach draußen vor seine Zimmertür. Im dem kleinen Flur knipste er das Nachtlicht an.
"Lass uns auf die Terasse gehen. Die ist überdacht. Dann werden wir wenigstens
nicht nass.", meinte er.
"Lass mich raten, du willst eine rauchen.", murmelte ich. Das tat er immer, wenn er nachts wach wurde. Er war zwar keineswegs ein Kettenraucher, doch hin und wieder brauchte er seine Zigarette. Ich persönlich fand diese Angewohnheit schrecklich.
Ich war ja Nichtraucher.
Er hatte damit vor zwei Jahren angefangen, als Sarah,seine Mutter gestorben war.
Seid dem hatte er immer mal wieder eine geraucht. Wie nannte er das noch gleich?
Achja, er war Gelegenheitsraucher so wie Luka. Bei dem Gedanken an ihn, wollte
mein Herz wieder anfangen verrückt zu spielen, doch es hielt sich noch zurück.
"Hehe, du hast mich durchschaut.", verlegen kratzte er sich am Kinn, dann
wuschelte er mir durch die Haare.
"E...Elii...", fiebste ich leise.
"Hehe, du bist so niedlich Süßer.", mit diesen Worten tapste er leise die Treppen runter. "Kommst du?"
"Äh...Ja!", antwortete ich und schlich ihm hinterher.
"Willst du ne heiße Schockolade ehe wir rausgehen? Vielleicht schläfst du danach
besser.", ich nickte müde.
"Ja, gerne.", und so verschwanden wir noch eben in die Küche und er machte mir
eine heiße Schockolade. Das war sowas wie unser nationales Einschlafgetränk.
Immer wenn ich nicht einschlafen konnte machte er dieses leckere Getränk für
mich, weil er wusste, dass ich danach meistens besser schlief.
"Pling.", machte die Mikrowelle. Eli holte die Tasse heraus, rüherte das Pulver herein und drückte sie mir mit einem Stück Küchenpapier umwickelt in die Hand.
"Vorsicht heiß."
Vorsichtig nahm ich sie entgegen. Dann gingen wir ins Wohnzimmer, wo sich Eli
eine große Wolldecke vom Sofa schnappte und dann die Terassentür öffnete.
Er zeigte nach draußen, wo der Regen die Überdachung herunter tropfte. Es war
eine dieser Rollplanen, die man je nach belieben per Knopfdruck ein und
ausrollen konnte. Da diese schon die ganze Nacht so ausgerollt war, war der Platz
wo der Tisch mit dem Aschenbecher und einer kleinen Sitzbank mit ein paar Stühlen
stand, trocken. Eli legte die Decke über seine Schulter und setzte sich auf einen der bequemen, großen Stühle direckt vor den Tisch. Dann klopfte er auf seine Oberschenkel, womit er mich zu sich zittierte, mich auf seinen Schoß zu setzen.
Das hatten wir schon lange nicht mehr gemacht, hier bei ihm so zu sitzen während
er rauchte und ich eine heiße Schokolade trank. Doch ich tat wie mir angewiesen.
Barfüßig tapste ich zu ihm rüber, stellte kurz meine Tasse auf dem Tisch ab und
krabbelte auf seinen Schoß. Dann schlug er die Decke über mich, so das unsere
Arme noch frei waren. So mit der Decke und an meinen besten Freund gekuschelt
war es so schön warm. Ich fühlte mich zum ersten Mal seid einiger Zeit richtig
leicht. Kein Herzklopfen, kein knallrotes Gesicht, kein Kribbeln, das mich
wahnsinnig machte.
Es tat einfach mal gut mit Eli ganz allein zu sein, mich an ihn zu kuscheln und
alle Sorgen zu vergessen. Zumindest für diesen Moment.
Als ich die richtige Position gefunden hatte, griff ich nach meiner heißen
Schockolade und pustete, dann nahm ich einen Schluck. Doch ich zuckte.
"Heiß!"
"Hihi, Doofi, das ist doch klar, du musst natürlich noch ein wenig warten ehe du
sie trinkst."
"Aber so schmeckt sie doch am Besten. Wenn sie zu sehr abgekühlt ist, schmeckt es
nicht mehr so gut wie, wenn sie heiß ist."
"Das stimmt, aber ich glaube, das es nicht so schön ist, wenn du dir die Zunge
verbrennst."
"Das ist wohl wahr.", ich stellte die Schockolade ab.
"Hihi...das erinnert mich jetzt irgendwie an früher. Weißt du noch?", begann Eli
zu erzählen.
"Du meinst als Sarah, deine Mutter noch lebte?", er nickte.
Auch ich erinnerte mich noch genau daran.
"Ja, als wir noch Kinder waren...da hat sie uns auch immer heiße Schocklade
gemacht, als wir nicht schlafen konnten."
"Stimmt. Ich war glaub ich immer der Erste der wach war und kurz darauf warst
du es auch. Dann hast du mich gefragt, ob ich nicht schlafen kann."
"Genau und dann hab ich dich an die Hand genommen und wir sind runter zu
meiner Mutter zum Schlafzimmer gelaufen, weil du Angst hattest sobald ich deine
Hand loslies, wenn wir nachts nach unten schlichen. Doch irgendwie stand sie
schon immer an der Treppe.", kicherte er.
"Hmm, irgendwie hatte sich das wohl schon bei ihr eingepregt.", er nickte.
"Aber...sie war nie böse auf uns und hat immer gelächelt. Als wir unten ankamen
hat sie sich zu uns runtergehockt und uns gefragt, ob wir noch eine heiße
Schockolade trinken möchten. Sie sagte, die Schockolade habe Zauberkräfte und
würde dafür sorgen...das wir auch schöne Träume haben. Sie saß so oft mit uns
hier auf der Terasse, hatte uns in Wolldecken eingewickelt, damit wir nicht
frohren...", er brach ab.
Er wirkte auf einmal so schrecklich traurig. Das hatte ich schon eine ganze Weile nicht mehr erlebt. Zwar merkte ich ihm des Öffteren mal an, dass er seine Mutter vermisste, was ja nur verständlich war, doch war er lange nicht mehr so
niedergeschlagen.
"Eli...", er schaute mich kurz traurig an, dann nahm er mich fest in den Arm. So
verharrte er eine ganze Weile. Ich konnte sogar ein leises Schluchzen vernehmen.
Behutsam streichelte ich über seinen Rücken und krauelte etwas seinen Kopf. Das
beruhigte ihn immer so gut.
Sarahs Tod hatte ein riesiges Loch in sein Leben gerissen und heute wurde es
wieder deutlich sichtbar. Ich weiß noch wie er sich in seinem Zimmer vergrub und
tagelang kein Wort redete. Er war nur noch eine leblose Hülle gewesen, die in
den eigenen Tränen zu ertrinken drohte. Wenn ich kam um ihn zu besuchen,
klammerte er sich an mich und ließ mich für Stunden nicht los, manchmal
überwand er sich sogar und weinte. Er tat es nicht oft, weil er seinem Vater nicht so viele Sorgen bereiten wollte. Er versuchte immer stark zu sein. Sorgte sich immer mehr um andere, viel zu wenig um sich selbst. Es war okay das er weinte.
Es war schon immer so traurig, wenn ein geliebter Mensch starb, weil es immer
jemanden gab, der um ihn weinte. Das war das Gesicht, das hinter dieser
fröhlichen Fassade steckte. Und dennoch wusste ich, das sein Lächeln immer
auch ehrlich gemeint war, selbst wenn er traurig war.
Noch eine ganze Weile verlor ich mich in den Erinnerungen an die Zeit mit Sarah,
während sich mein bester Freund an mich klammerte und ich ihn festhielt, ihn
streichelte und krauelte. So lange, bis es ihm besser ging. Der Regen hatte immer
noch nicht aufgehört und prasselte weiter auf das dünne Dach.
Die Zeit verging und er beruhigte sich wieder. Langsam richtete er sich wieder auf und schaute mich an. Ich schaute ihn an, wischte ihm die letzten Tränen aus dem Gesicht. Darauf lächelte er mich wieder so an, wie ich es von ihm gewohnt war.
Dieses fröhliche Lächeln, das er von seiner Mutter geerbt hatte.
Eli hielt seine Stirn gegen meine.
"Ich hab dich lieb Mio. Danke das du jetzt da bist.", flüsterte er.
Ich gab ihm einen Kuss auf die Wange.
"Schon gut Eli, dafür sind beste Freunde doch da. Ich hab dich auch lieb.", ich
lächelte ihn auch an.
Schließlich fingen wir an zu kichern.
Erst jetzt viel uns wieder ein, was wir eigendlich machen wollten.
"Du Mio, ich glaub jetzt ist deine Schockolade ganz kalt."
"Hm,kann sein.", ich tastete die Tasse ab.
"Und?"
"Nein, die Tasse ist noch warm. Man hab ich ein Schwein.", meinte ich zu
meinem besten Freund.
"Hihi, stimmt. Dann kannst du gleich ja vielleicht doch noch einschlafen. Wie
Mama immer gesagt hat. Die Schockolade ist bestimmt verzaubert."
"Wenn Sarah das gesagt hat, dann ist ganz bestimmt was Wahres dran."
Eli nickte zufrieden. Dann zog er eine Zigarette hervor, steckte sie in den Mund und zündete sie an. Er zog einige Male an dem dünnen Stängel. Ich sagte diesmal nichts dazu. Schließlich wollte ich ihn jetzt nicht noch mit meiner Abneigung zu Kippen nerven. Das konnte ich machen, wenn wieder alles klar war.
Luka hatte ich seid dem einen Mal, als ich ihn dabei sah, keine mehr rauchen
sehen. Er war wie gesagt auch Gelegenheitsraucher. Ob er das immer tat, wenn
ich nicht da war?
Irgendwie roch er trotz der Kippen nie danach. Selbst seine Zähne waren im
einbandfreien Zustand, was schon an ein Wunder grenzte. Und da war ich auch
schon wieder beim Thema Luka. Das war doch einfach nicht zu fassen. Langsam
bemerkte ich erneut, wie mein Herz anfing einen Satz nach dem anderen zu
machen. Mensch und es hörte gar nicht mehr auf.
"Du Mio?"
"Hm?..ja?"
Eli sah mich so nachdenklich an, legte den Kopf schief und zog belustigt eine
Augenbraue hoch.
"Du bist so rot ihm Gesicht. Kann es sein...das du schon wieder an Luka denkst?"
Und ich spürte wie mir die ganze Hitze ins Gesicht stieg. Wieder wurde ich
klallrot wie eine Tomate. Das nannte man dann wohl: Schlechtes Timeing oder
so.
"W...was? I...Ich doch nicht.", er tippte meine Nase und grinste breit und fröhlich.
"Du Nase! Sicher denkst du an ihn. Das sehe ich schon daran, wie nervös du
wirst. Aber das ist doch so niedlich.", er drückte die Zigarette aus.
"E...Eli...du bis so gemein.", ich zog eine Schnute und schlürfte meine jetzt nichtmehr ganz so heiße Schockolade endlich mal aus ehe sie kalt wurde. Dabei
würdigte ich ihm keines Blickes mehr.
Dann plötzlich umarmte mich Eli wieder.
"Komm schon Süßer, sei wieder lieb ja? Ich wollte doch nicht gemein sein."
Noch kurz tat ich so, als sei ich sauer auf ihn, dann schaute ich ihn wieder an.
"Okay."
So etwa 10 Minuten saßen wir noch da und kuschelten noch ein wenig. Danach
standen wir auf, brachten die Tasse in die Küche und schlichen wieder hoch.
Langsam wurde ich wirklich müde. Eli lies das Nachtlicht an, für den Fall, dass
jemand auf Toilette musste und den Weg fand.
Hoffentlich waren Luka und Benni nicht aufgewacht. Und ich hoffte inständig
auf mein Glück. Leise machten wir die Tür auf, schlichen so leise wie möglich
rein und schlossen die Tür hinter uns relativ lautlos. Es war noch immer noch
genauso dunkel wie zu der Zeit, als wir uns davon geschlichen hatten.
Eli kroch wieder in sein Bett zu Benni, der murmelte nur kurz irgendwas und
kuschelte sich, dem Rascheln nach, gleich wieder an ihn.
Dann kletterte ich wieder auf das riesiege Kissen zu Luka, der ebenfalls immer
noch zu schlafen schien. Erleichtert seufzte ich. Kaum hörbar. Doch ich hatte
mich zu früh gefreut. Sobald ich neben Luka lag,streckte er sich und drehte
sich zu mir.
"Hey...wo warst du denn?", flüsterte er leise in mein Ohr. Verdammt! Warum
ließ mich das jetzt so erschaudern? War das jetzt noch von der Kälte von
draußen? Nein, daran lag es nicht.
"Ich komm von draußen."
"Hm...von draußen?Na kein Wunder das du ganz kalt bist.", murmelte er,
rückte wieder ein Stückchen näher und flüsterte weiter in mein Ohr.
"Was hast du denn da gemacht?"
Das machte mich ganz kribbelig und jagte mir erneut einen Schauer über den
Rücken.
"Naja, ich konnte nicht einschlafen, deshalb ...hat Eli mir eine... Schockolade
gemacht und wir haben uns draußen... hingesetzt, während er noch eine
geraucht hat.", murmelte ich und fing dabei schon wieder so an zu stottern.
"Achso...dann ist ja gut. Soll ich dich wärmen?"
"...ah...ja...", murmelte ich leise, wurde leicht rot.
Plötzlich fühlte ich wie ich auf die Seite gerollt wurde und Luka direkt
hinter mich rutschte. Wie nannte man diese Stellung noch mal? Löffelchen?
"L...Luka?"
"Schon gut bleib einfach so liegen, ich musste mich mal drehen, und so kann
ich dich noch etwas besser wärmen. Heb deinen Kopf mal bitte an.", und ich
tat es. Dabei schob er seinen Arm unter das Kissen auf dessen Seite ich lag
und legte den anderen Arm um mich.Mein Kopf senkte sich wieder in die Kissen.
Mit einem Mal spürte ich seinen Atem so nah an meinem Ohr.
Und da war ja noch sein nackter Oberkörper, der sich jetzt so nah an meinen
Rücken schmiegte. Zudem konnte ich noch etwas anderes spüren.
Sobald mir klar wurde was es war lief mein Gesicht noch röter an,
denn mein Blut wurde wohl extra schnell in mein Gesicht gepumpt. Ich
fühlte mich auf einmal so butterweich, wie bei dem Kuss, den er mir vorhin
noch gegeben hatte. Ganz eindeutig. Durch diese Liegeposition, in der wir
lagen, spürte ich wie seine Hüfte sich ein wenig an mich drückte so eng lag
er neben mir angekuschelt.
"Luka?", kein Wort. Er war wohl schon eingeschlafen. So ein Blödmann. Sicher
war er sich gar nicht mehr bewusst, was gerade in meinem Körper abging.
Sein Atem an meinem Ohr und meinem Hals. Sein unbedeckter Körper so dicht
an meinem Rücken und seine Hüfte die sich so dicht an mich drückte.
Irgendwie machte mich diese Liegeposition wieder so nervös.
So mochte ich nicht liegen bleiben. Und...
Innerlich machte ich mir auf einmal Gedanken über ganz andere Dinge, als
kuscheln und küssen.
Wenn ich Lukas Nähe so spürte, seinen Atem an meinem Hals vernahm.
Da fiel mir auf, dass, das noch gar nichts war. Luka war mir, als mein fester
Freund körperlich näher als jeder andere Mensch. Früher hatte Elias diesen
Part. Und trotzdem war die körperliche Nähe meines besten Freundes wieder
etwas ganz Anderes, als die von Luka. In meinem ganzen Leben hatte ich noch
nie so etwas wie eine feste Beziehung. Ich war noch nie wirklich verliebt
gewesen. Luka war der Erste für den ich so empfand und der diese Gefühle bei
mir erst auslöste.
Ja, es gab noch mehr als kuscheln und küssen. Eines Tages würde Luka das
nicht mehr reichen, das war mir klar. Doch irgendwie hatte ich Bammel vor
dem was noch kommen konnte. Ich fragte mich wie es wohl war mit jemandem
zu schlafen, ob es sehr wehtat? Ob es genauso schön war, wie Elias mir das
immer erzählte. Immerhin war der Körper des Mannes ja nicht dafür gebaut
mit einem anderen Mann zu schlafen, trotzdem war es möglich.
Ich wurde immer unruhiger bei dem Gedanken und auf einmal vernahm ich
ein Rascheln. Luka hatte sich ein wenig aufgerichtet.
"Hey...was ist denn los? Du bist so unruhig.", seine Stimme war ruhig und sanft.
Ich drehte mich ein wenig zu ihm um.
"Luka...", murmelte ich.
Luka streichelte sanft und beruhigend über meine Wange. Schließlich beugte
er sich wieder zu mir runter und gab mir einen kurzen Kuss, den ich erwiederte.
Mir wurde dabei so warm ums Herz und plötzlich war die Unruhe wie
weggeblasen. Das war ein komisches Gefühl. Wie ein einziger, kleiner Kuss mir
jegliche Angst nehmen konnte und das nur, weil Luka es war, der mich da küsste.
Warum dachte ich eigendlich so viel nach? Verdammt noch mal...Dazu kam
noch, das ich wegen dieser Nachdenkerei wieder keinen Schlaf bekam. Toll
gemacht Mio.
"Willst du's mir nicht sagen?"
Ich brachte nur ein leises Seufzten von mir, schüttelte den Kopf. Dabei konnte
er es ja gar nicht sehen.
"Irgendwie hat die Schockolade wohl nicht geholfen was?", murmelte er
amüsiert.
"Scheint so..."
Mit einer kurzen Bewegung drehte ich mich in seine Richtung und kuschelte
mich an ihn. Ich vergrub mein Gesicht etwas peinlich berühert in seine Brust.
Jetzt war es mir einfach mal egal, ob sie nackt war oder nicht. Immerhin war es
Lukas Brust und in wirklichkeit fühlte sie sich so gut,das ich darin hätte
versinken können. Nun konnte ich auch sein Herz hören, dass auf einmal wieder
genauso schnell schlug wie meines. Es tat gut das zu hören. Er legte gleich wieder
einen Arm um mich und kicherte. Lachte er mich etwa aus?
"Hm...kann es sein, das du wieder zu viel nachgedacht hast?"
"Kein Kommentar...!", murmelte ich etwas schmollig, innerlich über meine
eigene Doofheit fluchend und genoss einfach seine Nähe.
"Hey ihr Zwei. Wollt ihr nicht langsam mal aufstehen?"
"Hmm....", brummte ich. Die letzte Nacht hatte sichtlich Spuren hinterlassen.
Ich war müde und vermutlich schlecht gelaunt, sobald ich wach war. Ich wollte
nicht aufstehen. Hier war es so warm und kuschelig. Immerhin hatte ich fast
die ganze Nacht nicht geschlafen.
"Da fällt mir ein, was Lu mir mal erzählt hat. Mio ist ja wirklich ein ziemlicher
Klammeraffe.", hörte ich Bennis Stimme.
"Oh, ja das war er schon als kleines Kind. Süß oder?", kicherte Eli amüsiert.
"Du musst es wissen, du kennst ihn ja schon deine ganzes Leben lang. Ich bin
fast ein bisschen neidisch.Ich würd ihn mir wirklich gern mal ausleihen.",
meinte Benni.
"Hmm aber Schatz, so was darfst du nicht sagen, sowas hört Luka bestimmt
nicht gern. Er ist doch immer so eifersüchtig."
"Hm stimmt, aber ich hab ja dich, du bist noch viel süßer."
"Benni...", hauchte mein bester Freund. Ich wusste gar nicht, dass er so
leidenschaftlich klingen konnte. Er war wirklich total verknallt.
"Hey, ihr da...könntet ihr euch das vielleicht aufheben für eine Zeit wo ihr
allein seid?", hörte ich auf einmal Lukas Stimme, die sichtlich genervt klang.
Um ehrlich zu sein, hatte er in meiner Gegenwart noch nicht einmal so
geklungen. Die Sache mit den Hoppern mal ausgenommen.
"Ah, Lu ist wach und er ist genervt. Ihr zwei Hübschen hattet wohl nicht viel
Schlaf.", Bennis gute Laune war nicht zu überhören und er war ziemlich gut
darin andere zu necken. Besonders Luka. Ich persönlich war noch zu müde
um mich darüber aufzuregen.
"Benni...du..."
Mit dem Arm der frei war griff er irgendwo hin und machte eine schnelle
Bewegung.
"Uaaa...ausweichen...!" hörte ich Benni.
Bumm. Ein dumpfes Geräusch. Okay, jetzt war ich auch wach. Ich schreckte
hoch.
"Wa, was?", ich schaute in die Richtung, aus der, der Knall kam. Dort sah ich
ein Kissen, das auf dem Boden, an der Wand lag. Hatten die Beiden Komiker
Luka etwa die Freunden der Kissenschlacht nahe gebracht?
"Ah und Mio ist auch aufgewacht, na dann wären wir ja endlich vollzählig
und können frühstücken.", bestimmte Benni.
Luka gähnte.
"Wie spät ist es eigendlich?", fragte er.
"Hm? Es ist elf Uhr.", antwortete Eli.
"Jub, ihr zwei wart einfach nicht wach zu kriegen und Mio hat ja förmlich
an dir geklebt. Das war total süß."
Diese Worte machten mich total verlegen, als ich sie hörte und schaue
knallrot nach unten. Ich bemerkte noch wie Luka erst zu mir dann zu
Benni schaute. Sein Gesicht nahm eine verärgerte Miene an.
"Benni!", erhob er dann seine Stimme.
Benni schaute mich dann auch an.
"Oh...tut mir leid.", murmelte er.
"Hm, sch...schon gut.", stotterte ich.
"Bennilein, jetzt hast du den Süßen verlegen gemacht.", Eli hielt mir die
Hand hin.
"Komm, ich glaub, du kannst eine heiße Schockolade vertragen.", ich
nahm seine Hand entgegen, und er zog mich hoch. Anschließend fiel sein
Blick auf Luka und Benni.
"So ich werde jetzt mit Mio das Frühstück vorbereiten und ihr macht hier
ein bisschen Ordnung klar? Wir rufen euch dann.", zittierte er die Beiden
zur Arbeit und zog mich mit sich nach unten. Die Beiden anderen blieben
in seinem Zimmer zurück. In der Küche angekommen, seufzte Eli.
"Eli? Ist alles okay?"
"Hm? Ja klar...aber die Beiden sind zusammen anstrengender als ich
dachte.", er kratzte sich an der Stirn
"Ja...wie ein schwer zu hütender Sack Flöhe. "
Eli dachte kurz nach und musste grinsen.
"Hihi, da hast du wohl recht. Aber du, lass uns das Frühstück vorbereiten,
wenn wir alle etwas im Magen hatten, geht es vielleicht wieder besser."
"Stimmt. Hast die wieder Brötchen zum aufbacken?"
"Klar, hab ich extra nur für dich besorgt.", mit der Hand wuschelte er mir
mir durch die Haare.
"E...Eliii...", jammerte ich darauf.
"Das ist typisch mein Mio. Du und deine Haare...bist du mit ihnen
verheiratet?"
"Noch nicht, hatte ich aber noch vor."
Jetzt mussten wir beide lachen.
"Okay, den Ofen müssen wir nur noch eben vorheizen, ausgeräumt hab
ich den vorhin schon. Holst du schon mal die Sachen aus dem Schrank?
Du weißt ja wo alles steht."
"Ja..." und so machten wir uns ans Werk. Als dann die Brötchen endlich
fertig waren,roch es herlich nach den leckeren Gebäcken.
Alles war vorbereitet, der Tisch war gedeckt, nun mussten wir nur noch
wissen wer was trank.
Bald hörten wir wie sich etwas die treppen herunter bewegte. Es waren
Benni und Luka, die meiner Vermutung nach von dem Geruch der Brötchen
angelockt wurden.
"Hmm, das riecht aber gut. Frische Brötchen?", fragte Luka.
"Ja, sag mal, was wollt ihr denn trinken?", wollte Eli wissen.
"Habt ihr nen Früchtetee da?", wollte Luka wissen.
"Klar, Himmbeer-Vanille oder Erdbeer?"
"Erdbeer."
"Ich hätte gern eine heiße Schockolade." meinte Benni.
"Ich auch.", fügte ich hinzu.
"Okay..."
Als dann alle ihre Getränke hatten, setzten wir uns an den Tisch und aßen
gemütlich unser Frühstück. Das war so lecker und es machte Spaß.
Wir unterhielten uns über Gott und die Welt und was uns noch so einfiel.
Mit meinen Eltern hatte ich nie so viel Freunde an dem Frühstück. Das
verlief entweder mit dem Thema Schulnoten, oder schweigend und endlos
langsam. Daher nahm ich auch nur sehr selten daran teil.
"Hm? Du Mio, wie schmeckt der Pflaumenmuß?", fragte Luka.
"Oh, der ist total lecker. Willst du mal probieren?", fragte ich. Da strahlte
er mich an, das ich abermals fast geblendet wurde, aber ich ertrug es, der
Liebe willen.
"Klar...", er rückte ein Stück zu mir rüber, umfasste sanft mein Handgelenk,
zog es etwas zu sich und biss ein Stück von meinem Brötchen ab. Das machte
mich natürlich verlegen wie immer.
"Stimmt, der ist wirklich lecker. Hm? Was schaut ihr so doof?", unsere Blicke
gingen rüber zu den anderen Beiden. Oh nein...das hatte ich ja ganz vergessen.
Die Beiden reagierten genauso wie ich es vermutete. Sie begannen ein wenig
zu kichern. Das war so typisch.
"Was denn, wir? Wir schauen doch ganz normal.", grinste Benni breit, Eli
kicherte weiter im Hintergrund.
"Oh man...ihr zwei seid einfach unmöglich. Benni, du hast Elias sicher
angesteckt oder?", Luka seufzte tief. Ich schüttelte den Kopf.
"Nein Luka, das hat er nicht. Eli ist wirklich so."
"Hm? "
"Ja, das stimmt, manchmal ist er sogar noch schlimmer.", gab Benni seinen
Senf dazu.
"Findest du?", Eli legte den Kopf schief.
"Ja, ich find es so süß, wenn du dich aufregst. Die Kassiererin von neulich,
das war ein Bild für die Götter.", gackerte Benni.
"Ach Mensch, was sollte ich denn machen? Die hat mich einfach genervt mit
ihrer Dummheit.", brummte Eli.
"Was ist denn passiert?", wollte Luka wissen.
"Ach die Frau hat sich über unsere Skateboards aufgeregt, die sie nicht im
Laden haben wollte. Da meinte Elias, dass die sich nicht so aufregen solle.
Es stehe ja draußen kein Schild, das sie verbietet und da wir ja nicht damit
fuhren, sie auch nichts sagen könne. Tja am Ende wollte sie auf ihn losgehen,
da ist sie auf einer kleinen Wasserpfütze ausgerutscht. Es war eben nass, weil
es so viel geregnet hatte an dem Tag. Aber der Flug dieser Frau, war einfach
göttlich, sie hat sich ja nichts getan.", erzählte Benni.
Luka musste schmunzeln, verkniff sich ein Lachen.
"Sowas machst du wohl öffter was?"
"Wenn mich was nervt schon. Naja, dafür hatte Benni wieder was zum
Lachen.",kommentierte Elias.
"Was denn? Ich fands lustig."
"Du hast aber auch nen schrägen Humor.", antwortete Luka und seufzte tief.
Er kannte das sicher schon.
So vergingen die Stunden und die Zeit des Abschieds war gekommen. Luka
und ich machten uns wieder auf den Weg nach Hause. Ich musste mit ihm
ja noch für die Mathearbeit lernen, die am kommenden Freitag geschrieben
werden sollte.
"Und ihr müsst wirklich schon gehen?", fragte Eli.
"Ja leider. Ich muss noch mit Luka für die Mathearbeit lernen.",hinter mir
vernahm ich ein tiefes, tiefes Seufzten.
"Hihi, ach komm schon Luka, das überlebst du schon.", Benni pattete seinem
besten Freund auf die Schulter. Luka schaute nur betrübt, verzog gequält das
Gesicht.
"Benni...du weißt, das ich Mathe hasse! Ich werde ganz elendlich zu Grunde
gehen. Miolein, komm schon, zeig ein bisschen Erbarmen ja?", jammerte er.
"Kommt nicht in frage. Wenn du das nicht schaffst, musst du zum
Extraunterricht. Du hast doch so rumgejammert, das du das nicht willst, also
wirst du wohl oder übel für die Arbeit lernen müssen!", erklärte ich streng.
"Mio hat ein Machtwort gesprochen. Du kommst wohl nicht drum rum Lu.",
erwiederte Benni.
"Benni...!", grummelte Luka.
"Hm, aber es ist doch wahr. Wäre doch doof, wenn du zum Extraunterricht
musst. Das würde weniger Zeit mit Mio bedeuten.", warf Eli schon fast
verspielt ein. Das machte Luka hellhörig. Typisch.
"Stimmt, darüber haben wir auch schon geredet. Zwei mal in der Woche 90
Minuten weniger Zeit für Mio.", er umarmte mich."Lass uns nach Hause
gehen und lernen.", die beiden Anderen verkniffen sich eindeutig ein Lachen.
"O... okay...", murmelte, wärend ich rot anlief. Lukas Blick wendete sich den
anderen Beiden zu.
"...und ihr da lacht nicht, das ist nicht lustig!", nun musste auch ich kichern.
Ich löste mich etwas von Luka.
"Mio, lachst du mich jetzt auch aus?", er schaute leicht eingeschnappt.
"Nein, ich lache dich nicht aus.Komm mal her."
"Hm?", er beugte sich zu mir runter und ich gab ihm einen Kuss auf die Wange.
"Wieder gut?", er nickte und lächelte mich lieb an. Benni und Eli erwiederten
darauf nichts mehr, sondern blieben einfach nur still und hielten sich im Arm.
Ob Luka und ich auch eines Tages so innig miteinander waren? Ich hoffte es
inständig.
"Nun lass uns gehen, sonst kommen wir hier gar nicht mehr weg.", meinte ich,
wozu Luka nickte.
Auch wenn mir selbst noch nicht so wirklich nach gehen zumute war. Ich hätte
nur zu gern noch etwas mehr Zeit mit allen zusammen verbracht. Ich
machte mir auch noch ein wenig Sorgen um meinen besten Freund, doch ich
wusste, das er bei Benni sicher bestens aufgehoben war. Darüber war ich sehr
erleichtert. Ich hatte ihn so lieb, wollte, das er glücklich war. Ich war so
froh, das er Benni gefunden hatte. Gestern hatte es sich bestätigt, wie gut er
ihm tat.
"Gut, dann lasst euch noch mal umarmen, bevor ihr geht.", meinte Benni.
Und so geschah es. Ich drückte zuerst Eli und Luka, Benni.
"Machs gut Süßer, ich wünsch dir viel Erfolg mit der Mathearbeit. Und schreib
mir, wenn ihr losfahrt, wegen der Klassenfahrt.", zwinkerte er mir zu. Ich
kicherte.
"Ja, vielen dank. Klar mach ich das.", dann tauschte ich mit Luka und er
verabschiedete sich von Eli und ich mich von Benni.
"Machs gut Mio und pass mir gut auf Luka und sein Zahlenproblem auf.",
flüsterte er mir ins Ohr. Ich grinste.
"Klar.", und Benni tat es mir gleich.
"Na dann lass uns mal los gehen.", meinte Luka missmutig, seinem Schicksal
ergebend.
Nur noch ein kurzes Winken und schon waren wir durch das kleine Gartentor.
Etwa eine Woche später, am Freitag stand auch schon die Mathearbeit an.
Mit Mühe und Not hatte ich versucht, Luka die Woche über dieses Fach ein
wenig näher zu bringen. Nun stellte sich nur noch die Frage, ob meine
Bemühungen auch fruchteten. Es war weißgott nicht einfach gewesen. Doch
Luka hatte sich die größte Mühe gegeben, sich die Formeln und Rechenwege
einzuprägen. Auch, wenn er immer wieder darüber verständnislos den Kopf
schüttelte.
Jedoch gab es nun kein zurück mehr. Zum fünften Mal in dieser Woche
betraten wir unsere Klasse voller eingebildeter Tussen, den drei Hoppern,
die ungewöhnlicher Weise schon da waren und den anderen ach so coolen
Klassenkameraden.
Kaum das wir den Raum betreten hatten, wurden wir auch schon angestarrt.
Daran hatten wir uns aber auch schon gewöhnt. Das war nu wirklich nichts
ungewöhnliches mehr.
"Ah, sieh mal einer an, da sind ja die beiden Schwuchteln wieder. Und?
Heute schon rumgemacht? ", rief Robert querbet durch die Klasse, die uns
alle mit einem Mal gabannt ansahen. Tuscheln. Auch das war nichts Neues.
"Oh, nur kein Neid Robert. Bist du etwa immernoch angepisst, das du gestern
beim Basketball verloren hast? So ein schlechter Verlierer.", Luka zuckte mit
den Schultern und beachtete ihn nicht länger, sondern schob mich nur zu
meinem Platz.
"Du kleiner...!"
"Hey, beruhig dich Robert, er wird dafür bei der Mathearbeit voll durchrasseln.
Dann kannst du ihm immer noch fertig machen.", und Robert war still.
So ein Kindergarten, dachte ich. Ein leises Grummeln meinerseits. Luka lies
sich wie immer nicht beeindrucken. Der setzte sich nur hin und packte seine
Sachen aus, die er für die Mathearbeit brauchte.
"Du Mio, hast du noch einen Bleistift für mich?"
"Hm? Ja, warte.", ich kramte in meiner Federtasche nach und fand noch einen
zweiten Bleistift, die Luka für Nebenrechnungen benutzen konnte.
"Hier."
"Danke. Der wird mir sicher Glück bringen.", Luka strahlte bis über beide
Ohren. Im Hintergrund hörten wir das Kichern, des Deppentrios. Die Hopper
hatten wohl immer noch nicht genug. Zum Glück aber sagten sie nichts mehr.
Es gongte und Herr Schierling, unser Mathelehrer betrat das Klassenzimmer.
Er hatte eine kleine Papkiste unter dem Arm. Die kannte ich nur zu gut.
Immer wenn er die mit hatte, dann schrieben wir Mathearbeiten. Ich fragte
mich, ob Luka innerlich schon seinen Untergang plante.
"Guten Morgen.", begrüßte er die Klasse und die tat es ihm gleich.
"Also, wie ihr sicher wisst schreiben wir gleich eine Klassenarbeit. Darum bitte
ich euch, euch auseinander zu setzten. Also stellt bitte alle Tische auseinander
und zum Lehrerpult gerichtet!", wies Herr Schierling an. Ein genervtes Stöhnen
ging durch die Klasse. Doch der Lehrer kannte kein erbarmen und setzte alle
auseinander, nur uns nicht. Im Gegensatz zum Rest der Klasse, zogen wir unsere
Tische ohne wenn und aber auseinander. Nur so kam man stressfrei durch den
nervigen Schulalltag und je eher wir anfangen konnen, desto eher war es auch
wieder vorbei.
Als auch die Anderen es geschafft hatten, ihre Tische nach den Wünschen des
Lehrers zu richten, konnen wir endlich anfangen. Herr Schierling verteilte die
Arbeitsblätter. A und B verteilte er. So war es einfach unmöglich vom Anderen
abzugucken. Ich hoffte nur inständig, das Luka sich die Formeln und
Rechenwege in sein Hirn eingebrannt hatte. Denn für diese Zeit des Lernens
musste ich ihn auf Kussentzug setzen, da er sonst nur damit beschäftigt gewesen
wäre, sich über mich her zu machen und mich in Grund und Boden zu knutschen.
Bei zu viel Nähe seinserseits hätte sich mein Hirn ausgeschaltet und ich hätte
ihm nicht mehr helfen können. Ich wollte nicht wissen wie das Wochenende
werden sollte.
"Und die Zeit läuft. Ihr habt ab jetzt 90 Minuten Zeit.", verkündete der Lehrer.
Im nu war es stockstill. Nur noch die Geräusche von Stifen auf Papier war zu
hören und hin und wieder tiefes Seufzen. Luka war wohl nicht der Einzige, der
Probleme mit Mathe hatte. Für mich war das allerdings kein Problem.
Ich schaute mir die Aufgaben an und löste sie. Nur musste ich darauf achten
auch alle Rechenwege komplett aufzuschreiben, denn das brachte die meisten
Punkte. Wenn man das Meiste im Kopf rechnen konnte, vergaß man schnell die
noch aufzuschreiben. Das war nicht schwer, eher nervig, wegen der ganzen
Schreibarbeit.
Neben mir, nicht weit weg, hörte ich wie Luka tief seufzte. Ob er Schwierigkeiten
hatte? Das würde ich erst nach der Klassenarbeit erfahren.
Nach nur einer halben Stunde war ich dann komplett fertig. Eigendlich hätte ich
jetzt abgeben können, doch ich zögerte dies noch etwas herraus, da Malte und
Dennis auch gerade abgaben. Wenn sie das taten entschieden sie sich meistens
nach draußen zu gehen. Dort war ich dann nicht mehr sicher vor ihnen.
Doch in letzter Zeit richteten sie ihre Sprüche mehr an Luka und machten einen
Bogen um mich so gut es ging.
In der Regel war ich jetzt jedoch fast ununterbrochen mit Luka zusammen. Mit
ihm war ich sicher und ich hatte jemanden zum Reden. Die Pausen waren nicht
mehr so langweilig. Denn wenn ich mal in Ruhe gelassen wurde, da waren die sehr
öde und wenn ich schickaniert wurde, waren sie die Hölle.Ich konnte mich
nur zu gut erinnern an die Zeit, wo mir das Trio aufgelauert war und mich aufs
übelste schikanierte. Besonders zu Anfang, als ich in diese Klasse kam, war es
besonders schlimm.
Nun waren bereits 60 Minuten um. Ich hörte ein Aufartmen. Es war Luka. Er
stand auf und gab seine Zettel ab.
"Oh, du bist schon fertig? Und? kamst du zu recht?", überrascht nahm Herr
Schierling die Zettel entgegen.
"Ja, es ging.", gab er ruhig zurück und setzte sich wieder auf seinen Platz. Dort
suchte er seine Sachen zusammen.
Ich nutzte dies als Zeichen und schieb meinen Namen und das Datum auf meinen
Zettel. Dann stand ich auch auf und ging zu Herr Schierling, um meine Zettel
abzugeben.
"Ah, da bist du ja, ich hab mich schon gewundert. War es diesmal so schwer?"
"Nein, überhaupt nicht, ich hab mir nur besonders Mühe gegeben alle
Rechenwege aufzuschreiben.", erklärte ich. Ein Türklacken. Luka war bereits
verschwunden.
"Okay. Du kannst dann jetzt gehen.", meinte Herr Schierling.
Ich drehte mich daraufhin um und ging zu meinem Tisch um alles zusammen
zu sammeln. Danach verschwand auch ich durch die Tür. Wenige Meter weiter
hockte Luka und sah in meine Richtung. Als ich ihn sah, lächelte er mir
entgegen.
"Mio."
"Luka.", ich lief auf ihn zu, blieb kurz vor ihm stehen.
"Wie ist es gelaufen?", wollte ich wissen.
"Hmm, besser als ich erwartet habe. Das Üben hat wohl doch geholfen. Nun
muss es nur noch richtig sein, was ich da hingekritzelt hab."
"Stimmt. Aber wenn du mindestens ne Drei schreibst, entkommst du der
Nachilfehölle."
"Na das sind ja schon mal gute Aussichten.", mit den Händen stieß er sich von
der Wand ab und erhob sie wieder in seine Originalgröße.
"Was machen wir die letzten 30 Minuten?", fragte er.
"Weiß nicht...hmm, was hälst du vom Schulcafe', da verkaufen sie heiße
Schockolade und heute ist Waffeltag."
"Okay, dann gehn wir dahin.", erklärte er sich einverstanden. Eben noch
schnappte er sich seine Sachen und wir machten uns auf den Weg in Richtung
des Schulcafe'.
Dort angekommen saßen auch schon einige Schüler die vermutlich gerade eine
Freistunde hatten oder aber das gleiche Glück hatten wie wir, früher entlassen
worden zu sein.
Bevor wir uns setzten stellten wir uns in die kleine Schlange vor dem
Verkaufstresen. Die war nicht sehr lang, da es ja noch mitten im Unterricht war.
Daher ging es auch recht schnell.
"Ja? Was kann ich denn für euch tun?", fragte die Verkäuferin, als wir dran
waren. Gerade wollte ich etwas sagen, da drängelte sich Luka vor.
"Zwei mal heiße Schockolade und zwei Waffeln mit Puderzucker bitte. Ich zahl
alles zusammen.", die Verkäuferin nickte, während sie sich ans Werk machte.
Ich grummelte leise vor mich hin, verschrängte die Arme vor der Brust. Dabei
wusste Luka, das ich es nicht mochte, wenn er mir immer was ausgab.
"So das wären dann vier Euro.", erklärte sie und Luka kramte das Geld rasch
aus seiner Geldbörse.
"Vielen dann."
"Nichts zu danken. Mio, wo willst du dich hinsetzen?"
Ich brummte nur, zeigte mit den Fingern auf irgendeinen freien Tisch in der
Ecke. Luka setzte sich in Bewegung. Am Tisch angekommen, setzte er sich auf
einen der freien Stühle. Ich folgte ihm.
"Hey, was ist denn los? Wie brummst du auf einmal so? Hab ich was falsch
gemacht?", eine seiner Augenbrauen schob sich nach oben.
"Du weißt ganz genau, das ich das nicht mag."
"Hm? Sag bloß, du bist sauer, weil ich dir was ausgegeben hab?"
"Ja...ich hätte das auch selbst zahlen können.", grummelte ich.
"Das weiß ich doch. Seh es als eine Art Dank für die Mathenachhilfe.", und
schon lächelte er zufrieden.
"Aber..."
"Kein aber. Ich schlag dir vor die Waffel zu essen bevor sie kalt wird, so wie
jetzt, schön warm, schmeckt sie doch am besten.", meinte er. Ich nickte
ergeben mit einem tiefen Seufzen auf den Lippen. Luka war manchmal
mindestens so unmöglich wie sein bester Freund. Das färbte wohl ab, obwohl
seine Art und Weise ja doch wieder noch etwas anders war. Luka machte mich
manchmal einfach wahnsinnig. Hin und wieder fragte ich mich sogar, ob er
das vielleicht mit Absicht machte.
Etwas angefressen kaute ich an meiner Waffel, wechelte ab und zu zu der heißen
Schockolade. Zumindest schmeckte es.
"Hmm, es scheckt dir gut oder?"
"Woher willst du das wissen?", gab ich etwas kratzbürstig zurück.
"Na wenn es dir nicht schmecken würde, würdest du es nicht essen. Außerdem
weiß ich, das du heiße Schockolade und Waffeln liebst."
In seinem Gesicht machten sich seine Mundwinkel zu einem breiten Grinsen
bereit. Es strahlte wie üblich, wieder so unnatürlich hell, das ich fast geblendet
wurde. Natürlich. Und das am Morgen.
"Luka, was hast du schon wieder genommen, das du so gut drauf bist?",
quängelte ich.
"Hihi, na das wüsstest du wohl gern was?"
"Klar. Ich habs schon des Öffteren mal versucht, aber ich krieg son Strahlen am
Morgen einfach nicht hin.", brummte ich.
"Das ist geheim."
Diese Worte sprach er mit einem geheimnisvollen Lächeln aus, das sich nicht so
wirklich ergründen ließ. Seine Augen strahlten dabei, doch auch in ihnen fand
ich keine Antwort. Stattdessen schwiegen wir eine Weile, während wir unsere
Waffeln aßen und unsere Schockolade tranken.
Um uns herum waren nur die anderen, wenigen Gäste zu hören. Deren Blicke
sich wie so oft Luka zuwendeten, obwohl er gar nicht viel dazu tat. Er saß nur
ruhig auf seinem Platz. Seine Wiederstandsfähigkeit gegenüber dem
Hoppertrio jedoch, hatte sich herrum gesprochen. Die waren dafür bekannt,
jeden fertig zu machen, der ihnen nicht passte. Doch Luka gehörte zu denen,
an dem sie sich die Zähne ausbissen. Von Zeit zu Zeit vernahm ich ein Tuscheln
und Flüstern. Luka kümmerte sich aber nicht darum. Ganz so, wie er es immer
tat. Er hatte zwar nicht ununterbrochen die Aufmerksamkeit der Leute, aber
mit seinem Außsehen und seiner Größe stach er schon aus der Menge heraus.
Heute verlief der Rest des Tages aber relativ ruhig. Bis auf die wenigen Blicke
hier im Schulcafe' gab es mal keine weiteren Komplikationen. Selbst die
Hopper verhielten sich verhältnismäßig ruhig.
Dieser Tag endete mit der letzten, gemeinsamen Klassenstunde in der wir,
noch mal zu hören kriegten, wo und wann wir uns am Montag zu versammeln
hatten.
Herr Scholz erhob seine Stimme, da die Klasse mal wieder wild durcheinander
quasselte.
"Ich bitte um Ruhe! Es sind nur noch fünf Minuten, die werdet ihr ja wohl
schaffen ruhig sitzen zu bleiben und noch einmal zuzuhören. Wer das nicht
schafft, bleibt fünf Minuten länger!", mahnte er mit einer strengen Stimme.
Ich seufzte tief, aber kaum hörbar. Konnten diese Idioten nicht einmal still sein?
Wären sie es, hätten wir vielleicht schon draußen sein können. Ich wusste genau,
das unser Klassenlehrer nicht so streng war, wenn die Klasse einfach die Klappe
hielt. So war es mit vielen Lehrern. Es verlief oftmals nach dem gleichen Chema
ab. Klappe auf, Stunde überzogen, Stress. Klappe zu, Stunde eher beendet,
weniger Stress, Lehrer entspannter. Diese Idioten hatten das aber ganz
offentsichtlich immer noch nicht in ihr viel zu kleines Hirn hineinbekommen.
Da war wohl irgendwas abgestorben. Besonders bei Robert und seinen Freunden.
Die hatten so oder so nur Partys, Alkohol, Rauchen und Weiber im Kopf.
Nach der dritten Vermahnung Roberts und Angelinas, die sich wieder mal ganz
anderen Dingen zuwendeten, als zuzuhören, funktionierte es dann doch.
"Also, Frau Richter, Herr Scholz und ich erwarten euch dann am Montag um
zehn Uhr auf dem Schulhof. Um elf fahren wir los. Bitte achtet darauf, das ihr
euch genügend Fahrtverpflegung mitnehmt. Wir werden in jedem Fall einige
Pausen machen. Und nun ein schönes Wochenende und bis Montag.", Frau
Richter war unsere Deutschlehrerin. Sie hatte sich bereit erklärt
mitzukommen.
Da wir ja auch Mädchen dabei hatten,musste wohl oder übel auch eine Frau
dabei sein. Und weil unsere Klasse, als besonders schwierig gald, waren drei
Lehrer dabei.
Sobald das letzte Wort gesprochen war, wurde es wieder lauter und alle
stürmten aus dem Klassenzimmer. Nur Luka und ich nicht. Wir hatten es
nicht sonderlich eilig. Lieber warteten wir ab, bis der größte Sturm vorbei war.
Dann konnten wir uns gemütlich auf den Weg nach Hause machen, ohne von
den Massen verschluckt zu werden.
"Okay, dann lass uns Mio."
"Ja."
Wir verabschiedeten uns noch eben von unserem Klassenlehrer und
gingen dann hinnaus.
"Mio, gehen wir erst zu dir?"
"Ja, ich hab schon gepackt, wir müssen es nur noch abholen."
"Du warst ja schon ganz schön fleißig. Und? Wie hat deine Mutter denn
diesmal darauf reagiert?"
"Klar, wäre doch blöd, wenn ich erst packen würde, wenn wir ankommen?
Meine Mutter? Mittelmäßig gut. Sie erhofft sich, das ich zu mindestens
pünktlich zur Klassenfahrt erscheine und mich endlich besser in die Klasse
intigiere. Das war zudem auch der Grund, das sie der Klassenfahrt
zugestimmt hat.", erklärte ich.
"Na da haben wir ja noch mal Schwein gehabt. Hat dein Vater denn
eigendlich gar nichts zu sagen?"
"Ach.Der ist ja fast nie da. Der arbeitet fast nur.", murmelte ich.
"So ist das."
Nachdem die Busfahrt überstanden war, gingen wir erst zu mir um meine
Tasche abzuholen. Meine Mutter sah uns durchs Küchenfenster, machte
uns daraufhin die Tür auf.
"Hallo Schatz, kommst du um die Tasche abzuholen? Ich hab sie schon
neben der Treppe platziert. Auch ein paar Sachen zum knabbern für die
Fahrt habe ich auch in deinen Rucksack eingepackt. "
"Ja, danke. Dann muss ich ja nur noch was für die Unterhaltung einpacken."
Luka nickte.
"Hallo Luka, kommst du um tragen zu helfen?", fragte meine
außergwöhnlich gut gestimmte Mutter.
"Hey. Ja, bin ich. Ist es denn in Ordnung, wenn Mio heute bei mir
übernachtet?"
"Aber sicher. Mein Mann und ich sind sowieso übers Wochenende nicht
zu Hause. Da passt es uns ganz gut. Dann muss er nicht allein zu Hause
bleiben.", erzählte sie ihm.
Ich war in der Zwischenzeit nach oben in mein Zimmer hochgerannt, um
meinen I-pot, was zum zeichnen und was zu lesen einzupacken. Dann
dürfte ich alles haben.
"So fertig, wir können los.", wante ich mich an Luka, dann an meine Mutter.
"Gut Milo, dann wünsch ich euch viel Spaß und kommt gut wieder nach
Hause."
"Ja, Mama.", erwiederte ich.
"Keine Sorgen, ich werde schon auf ihn aufpassen.", meinte Luka.
"Na da bin ich ja beruhigt. Dann sehen wir uns am Freitag.", sie drückte
mich noch mal kurz und verabschiedete sich von uns.
Ich nahm meinen Rucksack und Luka nahm meine große Tasche.
Gemeinsam verließen wir dann das Haus.
Nun würde ich ganze 7 Tage mit Luka zusammen verbringen. Ganze sechs
Nächte mit ihm in einem Zimmer verbringen. Das war das erste Mal das
ich mit ihm solange fast ununterbrochen zusammen sein würde. Das
machte mich zwar etwas nervös, aber auf eine Weise freute ich mich auch
darauf. Dennoch verursachte das ein unglaubliches Herzklopfen. Mein
ganzer Körper war schon wieder in heller Aufruhe, alles kribbelte, machte
mich fast verrückt. Und es wurde immer schlimmer je näher wir Lukas
Haus kamen.
Na das konnte ja heiter werden.