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Der Scherbensammler

Mehr als nur ein Gesicht
von

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Das Salzsäure- Duell

Wenn es einen Gott gab, musste er Kate hassen. Dessen war sie sich ganz sicher. Warum sonst sollten sie und Ryou in Chemie noch einen dritten Laborpartner bekommen? Ausgerechnet in den Stunden, wo sie eine Neutralisation von Salzsäure durchführen sollten, mussten diese anderen Idioten, mit denen Kaiba zuerst ein ‚Team’ gebildet hatte, krank sein. Oder eher gesagt, schwänzen, weil sie keinen Bock auf Unterricht hatten. Aber das war man ja zur Genüge gewohnt, auch von Leuten aus der eigenen Klasse. Wheeler und Taylor beispielsweise schwänzten recht häufig, wenn in einem Fach eine Abfrage anstand. Man konnte fast immer sicher sein, dass einer der beiden an die Reihe kam. Nur in Chemie, da hatten sie Glück wund wurden verschont, da Kate schon das Lieblingsopfer ihres Lehrers war und daher recht oft zur Tafel gebeten wurde, wo sie sich einen abbrach, halbwegs gut aus der Nummer wieder rauszukommen.

Wie das Leben aber nun mal spielt bekam Kate keine Chance, ihren Kopf noch im letzten Moment aus der Schlinge zu ziehen. Nach der Pause war noch alles in Ordnung. Sie kam vom Sportplatz und trat gemeinsam mit Ryou den Weg ins zweite Untergeschoß an, wo sich die Physik- und Chemieräume befanden. Die beiden saßen ohnehin nebeneinander und so schwatzten sie über dieses und jenes. Kate entging dabei allerdings die Tatsache, dass ihr Laborpartner sie eingehender musterte, als die Tage zuvor. Sie war mit ihren Gedanken noch beim Spiel, das sie leider verloren hatten.

‚In der nächsten Pause fordern wir Revanche!’, dachte sie vergnügt.

Ein Lächeln schlich sich auf ihre Züge, blieb dort jedoch nicht sehr lange erhalten. Der Chemielehrer kam recht schnell, um seinen Schützlingen die Tür zum Heiligtum aufzuschließen und kaum, dass alle brav ihre Plätze eingenommen hatten und der Lehrer mit der Anwesenheitsliste durch war, wurde Kate wieder einmal unter Beweis gestellt, wie viel Pech ein einzelner Mensch doch haben konnte, wenn er nicht darum bat. Sicher, das Leben war kein Ponyhof, aber musste es gleich SO aus dem Ruder laufen?
 

„Ruhe bitte. Wie ich sehe, sind wir heute ein paar weniger, als sonst.“, bemerkte Mr Johnson, der Chemielehrer trocken. Schweigen.

„Tja, ich fürchte, Seto, Sie müssen sich zu Ryou und Kate gesellen.“, fuhr der Lehrer unbeeindruckt fort. Er ignorierte geflissentlich die saure Miene des jungen Unternehmers, ebenso wie Kates demonstratives Stöhnen. Allein Ryou machte sich nichts aus dieser kleinen Planänderung. Er war ein umgänglicher Typ und ziemlich gelassen, wenn es um so was ging. Durch seinen Yami war er einiges gewöhnt, so dass ihn Kaiba nicht unbedingt einschüchterte. Deswegen grüßte Ryou Kaiba auch ganz höflich, als dieser mit einem Gesicht wie Sieben Tage Regenwetter an den Tisch in der ersten Reihe gestiefelt kam und sich missmutig neben Kate niederließ. Diese machte ein angewidertes Gesicht, rückte mit ihrem Stuhl von ihm ab und gab vor, den Erläuterungen Mr Johnsons zu folgen.

„Dann wären wir so weit. Sie könne jetzt mit dem Aufbau des Versuchs beginnen.“, eröffnete der Lehrer die Schlacht.

Wie ein geölter Blitz war Kate von ihrem Stuhl gesprungen und zu den Schränken mit den Erlenmeyerkölbchen, Reagenzgläsern und dem restlichen Zubehör verschwunden. Ryou derweil blieb völlig gelassen und als Kaiba keinerlei Anstalten machte, aufzustehen, übernahm es der Weißhaarige für Kittel und Schutzbrillen zu sorgen. Wenig begeistert legte Kaiba beides an. Auf Anraten des Lehrers hin banden sich die Leute mit langen Haaren, in diesem Falle Kate und Ryou, einen Zopf, damit sie unversehrt blieben. Schließlich war niemand scharf darauf seine Haare an eine Chemikalie zu verlieren.

„Du solltest öfter einen Pferdeschwanz tragen, Kate.“, meinte Ryou mit einem Lächeln.

Die Rothaarige sah ihn erstaunt an.

„Echt? Wieso?“

Zugegeben, das war schon praktisch, wenn einem die Haare nicht dauern ins Gehege kamen.

„Weil es hübsch aussieht.“, antwortete Ryou.

Er zwinkerte ihr verschmitzt zu.

„Findest du?“, hakte Kate ungläubig nach.

Das war das erste Mal, dass ein Junge ihr öffentlich ein Kompliment gemacht hatte.

Okay, sie war nicht wirklich die Unschuld vom Lande. Es hatte da den ein oder anderen Kerl in ihrem Leben gegeben und ein paar wilde Knutschereien, aber keiner von denen hatte ihr gesagt, dass sie hübsch aussah, wenn sie ihre Haare hochband. Das hörte sie wirklich zum ersten Mal. Natürlich schmeichelte ihr das ungemein. Welches Mädchen hörte schon nicht gern, dass es hübsch war?

„Klar. Sonst würde ich es ja nicht sagen, oder?“

Ryou amüsierte sich ziemlich bei ihrer offenkundigen Verwunderung. Scheinbar war die burschikose Kate doch Mädchen genug, um solche Komplimente anzunehmen.

„Danke.“, sagte sie jetzt, wahrlich verlegen.

Einzige Reaktion von Kaiba war ein Schnauben. Hübsch, dieses Flintenweib?

‚Wohl kaum.’, dachte er, eine Augenbraue hochziehend.

„Was?“, fauchte da im nächsten Moment Kate erbost.

Sie funkelte den Brünetten an. Es war ja schon schlimm genug, dass er ihr und Ryou als Anhängsel zugeteilt worden war, aber konnte er dann nicht seine dumme Klappe halten? Musste er sich in alles einmischen?

„Nichts.“, gab Kaiba genervt zur Antwort.

Er spielte mit einem Kugelschreiber rum, da er es nicht für nötig hielt, sich am Aufbau des Versuches auch nur in irgendeiner Art und Weise zu beteiligen.

„Wie wär’s wenn du aufhörtest so faul zu sein und zur Abwechslung mal einen Handschlag zu tun?“, ließ Kate nicht locker.

Da er schon mal mit von der Partie war, konnte er wenigstens was Produktives leisten, fand sie. Offensichtlich war Kaiba andere Meinung. Er schnaubte nur wieder, vorgebend, sie nicht gehört zu haben.

„Dann eben nicht!“, maulte die Rothaarige, griff nach dem kleinen Fläschchen, in welchem die Salzsäure aufbewahrt wurde und schraubte den Verschluss ab.

„Hast du den Messbecher, Ryou?“, fragte sie ihr Gegenüber freundlich.

„Oh. Nein, den hab ich vergessen.“, fiel selbigem ein.

Rasch erhob er sich.

„Warte kurz, ich hol einen aus dem Schrank.“

Er schenkte Kate ein entschuldigendes Lächeln.

„Ach, macht doch nichts.“, erwiderte sie gelassen.
 

Diese Ruhe sollte jedoch nicht lange vorhalten. Kaiba konnte es einfach nicht lassen. Er gab einen verächtlichen Laut von sich.

„Was ist denn jetzt schon wieder, du Großkotz?“, wandte Kate sich genervt an den großgewachsenen Jungen.

„Bakura benimmt sich wie ein Hund.“, ätzte Kaiba, verschränkte die Arme vor der Brust und warf Kate einen herausfordernden Blick zu. Sie verdrehte die Augen.

„Kümmer dich um deinen eigenen Kram!“, erwiderte sie grob, während sie unwirsch die Flasche mit der Salzsäure auf den Tisch knallte. Da es sich um Glas handelte, gab es ein unschönes Klirren, das Kaiba alarmierte. Dieses Weib war derart unbeherrscht, dass sie es mit Leichtigkeit fertig brächte, den Behälter durch ihre Unachtsamkeit zu zerstören.

„Pass gefälligst auf, was du da treibst.“, mahnte Kaiba, diesmal nicht ganz unfreundlich klingend. Doch Kate bekam seine Worte in den falschen Hals, wie immer, wenn man sie kritisierte. Sie konnte mit Kritik einfach nicht umgehen und fühlte sich dann persönlich angegriffen.

„Weißt du was? Wenn du es so gut kannst, dann mach es doch selbst!“, blaffte sie, griff wieder nach der Salzsäure und hielt sie Kaiba vors Gesicht. Einen Augenblick lang spielte sie mit dem Gedanken ihm das selbstgefällige Grinsen einfach aus der Visage zu ätzen. Nur den Bruchteil einer Sekunde, dann hatte sie sich wieder unter Kontrolle. Nun ja, fast. Ryou kam genau in dem Moment wieder, als die Situation zu eskalieren drohte.

„Spinnst du? Nimm sofort die Säure da weg!“, nörgelte Kaiba, der nicht scharf drauf war, Verätzungen davon zu tragen. Dafür war er nun wirklich zu attraktiv.

„Als ob ich so ungeschickt wäre!“, höhnte Kate, nur ausgelassener mit der Flasche vor seiner Nase fuchtelnd.

„Hey, hey, ganz ruhig, ja?“, schaltete Ryou sich ein, der den Messbecher auf den Tisch stellte.

Zwei wütende Augenpaare wandten sich ihm zu.

„Halt die Klappe!“, erklang es unisono von den Streithammeln, die sich, nachdem sie das losgeworden waren, wieder fixierten.

„Thompson, du bist eine Frau. Natürlich wirst du es verkleckern.“, erklärte Kaiba herablassend.

Da klappte ihr glatt die Kinnlade runter. Sie zuckte zusammen, als ob sein Kommentar sie tatsächlich verletzt hätte. Nur Ryou, der das ganze bangend mitverfolgt hatte, fiel auf, dass Kate plötzlich ein viel spitzeres Profil hatte. Ihre Augen waren dunkler und funkelten boshaft. Etwas, das der Junge nur von seinem Yami gewohnt war. Auch schien sie größer. Kate war mit ihren 1, 75 Metern schon recht groß für ein Mädchen, jetzt sah es aus, als ob sie noch mal um fünf Zentimeter gewachsen wäre, was unter normalen Umständen natürlich komplett unmöglich gewesen wäre. Aber Ryou hatte Erfahrung mit Yami Bakura, daher hielt er es nicht für ganz abwegig, auch wenn er sich wunderte, wie das sein konnte, da Kate keinen Milleniumsgegenstand besaß.
 

„Was hast du gesagt, du Ratte?“, fauchte das Mädchen erbost.

Ihre grünen Augen hatten sich vor Zorn verdunkelt und blitzten ihn jetzt geradezu an. Kaiba hätte beinahe Angst bekommen. Aber eben nur beinahe. Er war schließlich Seto Kaiba. Nichts und niemand war in der Lage, ihn das Fürchten zu lehren. Eine dumme Rotzgöre wie Kate Thompson schon dreimal nicht.

„Du hast wohl nicht nur ein Problem mit deinem Hirn, sondern auch mit deinen Ohren.“, stichelte der Unternehmer, dabei sein Gegenüber nicht eine Sekunde aus den Augen lassend.

Sie unterdrückte einen Wutschrei. Ehe Kaiba sich versah, hatte er ihren Fuß in seiner Kehle liegen. Er bekam Atembeschwerden, da sie Druck darauf ausübte. Zudem tat es ziemlich weh.

„Ich an deiner Stelle wäre nicht so frech, du kleiner Bastard.“, zischte Kate hasserfüllt.

Jetzt hatte sie ihn so weit. Kaiba war bereit, so etwas wie Angst zu verspüren. Sein Blick wanderte hilfesuchend zu Ryou, der seine Mitschülerin nur ungläubig anstarrte, als traue er seinen Augen nicht. Okay, von Bakura war also kein Beistand zu erwarten.

Wo steckte eigentlich der Lehrer? Mr Johnson war nirgends zu sehen. Das machte die Sache auch nicht besser. Es verdeutlichte Kaiba eher, dass er verdammt noch mal in der Klemme steckte. Und zwar extrem.

„Aha, jetzt sagen wir ja gar nichts mehr. Ich wusste es doch, nur eine große Klappe und nichts dahinter.“, kam es von Kate.

Ihre Augen strahlten eisige Kälte aus, sandten Schauer des Grauens über den Rücken des sonst so hartgesottenen Geschäftsmannes.

„Warum winselst du nicht eine Runde um Gnade?“, schlug das Mädchen in süffisantem Tonfall vor.

Offensichtlich genoss sie es, ihn sich so winden zu sehen. Kaiba zog eine Augenbraue hoch. Nur weil er wirklich Schiss hatte musste er es sie noch lange nicht wissen lassen. Er entschied sich dafür zum Angriff als beste Verteidigung.

„Vergiss es, Thompson. Einer Frau beuge ich mich nicht.“, erwiderte er mit zusammengebissenen Zähnen. Daraufhin begann Kate nur zu lachen.

„Thompson? Glaubst du etwa, du hättest diese dumme Nuss vor der Nase?“

Sowohl Ryou, als auch Kaiba spitzen die Ohren. Letzterer fühlte sich in seiner Annahme, dass seine Mitschülerin nicht mehr alle Tassen im Schrank hatte, bestätigt. Ryou hingegen wurde aufgeregt. Oder eher gesagt, der Geist des Milleniumsringes wurde es.

„Wen denn sonst?“, rutschte es Kaiba heraus, der sich ein Grinsen kaum verkneifen konnte. Langsam und vor allem vorsichtig, damit sie es ja nicht mitbekam, ließ er seine Hand in Richtung ihres Fußknöchels wandern. Er war nicht geneigt, sich von einer solchen Mistgöre vorführen zu lassen. Oh nein, er war Seto Kaiba. Niemand durfte es wagen, seinen Stolz zu verletzen.

Kate schnaubte.

„Mein Name ist Cleo. Und ich an deiner Stelle würde mir das gut merken, Kaiba!“, knurrte die Rothaarige böse. Da sie zu sehr damit beschäftigt war, in seine blauen Augen zu starren, um ihm zu zeigen, wer der Chef im Ring war, erwischte Kaiba sie ziemlich eiskalt, als er seine Hand mit festem, unerbittlichem Griff um ihre Fessel legte. Überrascht schnappte Kate nach Luft. Sie verlor das Gleichgewicht, schwankte und spürte, wie ihr die Flasche mit der Salzsäure aus der Hand zu rutschen drohte.

„Oh Fuck...“, entfuhr es ihr wenig damenhaft.

Kaiba grinste. Jedoch nicht für lange, da die Salzsäurenflasche ihm gefährlich nahe kam. Zum Glück trat in diesem Moment Mr Johnson auf den Plan.

„Thompson, Kaiba!“, bellte er, „Aufhören mit den Sperenzchen, aber sofort!“

Anstandslos gehorchten beide. So wurde ein größeres Unglück verhindert.

„Nachsitzen, Sie beide. Den Rest der Woche lang. Hab ich mich klar ausgedrückt?“, fauchte die Lehrkraft und stemmte die Hände in die Seite. Betreten nickten die beiden Sünder, warfen sich jedoch, kaum, dass der Lehrer ihnen den Rücken zugewandt hatte, garstige Blick zu.

„Das ist nur deine Schuld!“, sagten sie wie aus einem Mund.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2010-02-04T18:43:31+00:00 04.02.2010 19:43
Ja wie geil :-D
So mag ich es ^^ Kampfbraut gegen Kaiba :-D
UWeißt du was echt lustig wäre? Wenn Ryou sich mal mit den 4 Persönlichkeiten im Reich der Schatten verabreden würde, um sich Kates Hirn-Innenleben mal genauer anzusehen :-D Und natürlich soll er Kaiba gleich mitnehmen. Diese zweite Nacht im Reich der Schatten wäre wohl viel schlimmer als die erste, haha.

--> Super Kapitel, freu mich schon, wenn es Nachschub gibt ^^
Das mit dem Charakterwechsel kriegst du übrigens sehr gut hin. Man hat zwar die Charaktere nicht vor Augen, aber durch die Beschreibung bastelt sich da was gutes im Kopfkino zusammen.

LG
Mani


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