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carry dawn

von

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leise klingeln Glöckchen

… Bleibe im Licht. Folge den Schatten nicht, mein Kind.“ Sollen seine letzten Worte gewesen sein.
 

Seufzend schlug das junge Mädchen das Buch zu. Wie oft hatte sie von der Sage gehört, wie oft Bücher über Vampire gelesen und wie sicher war sie sich, dass diese Wesen eigentlich gar nicht existierten und doch war da dieses unbeschreibliche Gefühl. Sie fühlte sich seit geraumer Zeit beobachtet, wenn sie alleine in ihrem Zimmer war, wenn sie ihre Kleidung wechselte. Ein kalter Schauer lief ihr bei dem Gedanken den Rücken runter. Barfuß ging sie ans Fenster und starrte aus dunklen Augen,welche von ihrem dunklen Haar umrandet wurden, in die Nacht hinein. Hell lag der Schein des Vollmondes auf den Dächern und Bäumen. „Schläfst du schon?“ fragte eine leise Stimme an der Zimmertür. Erschrocken drehte sich das junge Mädchen um. „Noch nicht, Mama.“ „Dann geh zügig ins Bett. Morgen ist doch dein großer Tag.“ Antwortete die Stimme ihrer Mutter und sie hörte die sich entfernenden Schritte.

Die Dunkelheit der Nacht hinter sich lassend schritt sie auf ihr Klavier zu und besah es sich im silbrigen Mondschein. Sanft strich sie darüber und öffnete es. Gedanken versunken spielte sie ihr unbekannte Melodien und Töne.
 

„… Bei Vollmond kommt er. Es heißt, wenn ein junges Mädchen sich bei Vollmond bei offenem Fenster auf die Fensterbank setzt und ihre nackten Beine draußen Baumeln lässt, vernimmt er ihren Duft. Mit einem kleinen silbernen Spiegel in der linken Hand betrachtend, ein kleines Glöckchen in der rechten Hand schwingend zeigt sie ihm den Weg. Wenn sie dann seinen Name dreimal mit flüsternder Stimme ruft, taucht er auf. Wie ein Schatten gleitet er auf seine Opfer zu. Geräuschlos und körperlos. Verschlingt sie mit Haut und Haaren und zurück bleibt einzig und alleine eine Strähne des Haares….“
 

Ein Rascheln vor dem Fenster ließ das Mädchen rumfahren. Sie setzte sich auf und blieb unschlüssig in ihrem Zimmer stehen, beschienen vom Mond. Was wollte sie eigentlich? Sie glaubte nicht an Märchen und an Vampire schon gar nicht.

Kichernd ging sie auf ihren Schrank drauf zu, kramte eine kleine Glocke heraus, welche sie zu ihrem ersten Geburtstag bekommen hatte. Leise lies sie es in ihrer rechten Hand klingelnd. „Ein wirklich lieblicher Klang.“ Sagte sie mit süßlicher Stimme. Sie schloss die Schranktür und öffnete eine andere. Heraus nahm sie den Silberspiegel, den ihr ihre Urgroßmutter vererbt hatte. „Wollen wir doch mal sehen was an dir dran ist…“ flüsterte sie und schlich zum Fenster. Geschwind hatte sie es ganz weit geöffnet und sich selbst auf die Fensterbank gekuschelt. Sie sorgte dafür, dass sie fest saß und ihre Beine dabei draußen baumelten.

„Kalt~“ Nuschelte sie und ärgerte sich über sich selbst, da sie nichts übergezogen hatte. Da sie nicht an Wunder oder Ähnliches glaubte, kletterte sie wieder in ihr Zimmer zurück, zog sich ihre Weste über ihr Nachthemd und stieg dann wieder auf die Fensterbank zurück. Dies geschah in völliger Stille, was hatte sie davon, wenn ihre Mutter es mitbekam und Angst verspürte.
 

Wieder auf der Fensterbank sitzen, nahm sie den Spiegel mit der linken und das Glöckchen mit der rechten Hand. Seufzend fing sie an, das Glöckchen zu schwingen, sah in den Spiegel und flüsterte seinen Name.“Mikaru….Mikaru….Mikaru….“ Sie kicherte als sich nach einigen Minuten immer noch nichts gerührt hatte. „Es gibt weder Märchen, noch Wunder und erst recht keine Vampire!“ sagte sie mit fester Stimme, drehte sich um und rutsche in ihr Zimmer rein, doch plötzlich stahl ein Schatten den Weg des Lichtscheins des Mondes in ihr Zimmer.
 

Angst breitete sich in ihr aus. „Du glaubst also, dass es mich nicht gibt?“ fragte eine tiefe kalte Stimme direkt hinter ihr und sie spürte einen eisigen Hauch auf ihrem Nacken. „Und dennoch hast du mich gerufen.“ Sagte die Stimme mit einem kalten Lachen und noch während sich das Mädchen umdrehte, spürte sie einen stechenden Schmerz am Hals. Ganz sanft schloss er seine Arme um ihren zierlichen Körper und trug sie auf ihr Bett, seine Zähne tief in ihren Hals versunken. Sie starrte mit weit aufgerissenen Augen gegen die Zimmerdecke. Sie war wie gelähmt und nicht in der Lage, sich zu wehren. Er hörte ihren stoßhaften Atem, spürte ihre Körperwärme. Sanft und begierig zugleich strich seine Zunge über ihren Hals; saugte er ihr Blut in sich auf. Dabei schloss er die Augen und seufzte genüsslich. Ihr femininer Körpergeruch und der süßliche Geruch des Blutes kitzelten seinen Geruchssinn. Es war lange her, dass er bewusst gerufen wurde und gleich von so einem wohlschmeckendem jungen Mädchen. Nach einigen Minuten lies er sie wieder los; sie in ihre Kissen zurück sinken. All ihre Wärme war aus ihr gewichen. Er sah auf sie herab und strich ihr die Haare aus dem Gesicht. Er lächelte zufrieden.
 

„So schön ist der Tod. Ich mochte dein Klavierspiel wirklich sehr.“ Flüsterte er dem toten Mädchen zu, stand auf, ging zum Klavier und strich darüber. Mit einem fast traurigen Blick besah er sich das Mädchen. Mikaru schritt auf das Bett zu, riss ihr eine Haarsträhne raus, legte sie mit Spiegel und Glöckchen auf das Kopfkissen, dann nahm er sie in seine Arme und trug sie zum Fenster raus und entschwand mit ihr in der Nacht. Ein Windhauch wehte die Wolken vor den Mond, als er sich in sein Reich begab und erneut auf Jagd ging. Das Mädchen zurücklassend.

Süßlich herb

Ein Knirschen und die Katze zuckte zusammen. Spitzte ihre Ohren und wartete auf ein Zeichen eines anderen Lebewesens. Mit leisen Schritten ging er durch den Park. Der abnehmende Mond spendete spärliches Licht, dass zusätzlich von den lichten Wolken verschluckt wurde, welches groteske Formen auf Landschaft und Leute warf. Kei zog den schwarzen Mantel enger um seinen Hals als er gen Himmel blickte. Der kühle Nachtwind wehte durch die Parkanlage, wirbelte Blätter zu einem anmutigen Tanz herauf und fuhr durch sein blondes Haar, das sich nun leicht bog und krümmte. Die schwarze Katze folgte dem jungen Mann mit ihren wachsamen Augen, doch er nahm keine Notiz von ihr, selbst als sie aus dem Gebüsch rannte, als er eben an diesem vorbeischritt. Kei spazierte durch die Allee mit Trauerweiden und sah am Ende drei dunkle Gestalten stehen. Eine lehnte sich an einem Baumstamm an, während sich die anderen zwei um sie herum aufgestellt hatten. Ein seltenes Lächeln stahl sich über das Gesicht des Blonden, als er die Gestalten erkannte. Kei wurde bereits erwartet, als er zu den jungen Männern unter der letzten Trauerweide trat.
 

„Guten Abend die Herren.“ Kei grinste breiter, bevor er sich mit einer galanten Bewegung spöttisch tief verbeugte. „Womit habe ich die Ehre dieses nächtlichen Zusammenkommens der Schönen verdient?“ Er verbarg seinen Hohn nicht.
 

„Schön sind wir allemal.“ Es war nur ein Flüstern gewesen, kaum lauter als das Rauschen des Windes im Blätterwerk des Baumes und doch klar zu vernehmen. Das Läuten der Kirchturmglocke kündigte die Stunde der Geister an. Der blonde Mann sah zu seiner Linken. Dort stand ein junger Mann mit ebenfalls blonden Haaren, wenn auch eine Nuance dunkler als die seiner Haare.
 

„Ivy…“ flüsterte Mikaru. Mikaru lehnte sich am Baum an und sah von einem seiner Freunde zum anderen. Mikarus kalte, aber sanfte Stimme ließ beide zusammen fahren. „Kei, könntest du deinen Spott zur Abwechslung mal ablegen?“ Mit einem leichten Nicken sah der junge Mann, mit dem etwas dunkleren Haar zu Kei rüber, welcher seinen Blick auf Mikaru geheftet hatte. Mikaru sah ruhig zu Kei. „Ivy hat doch recht. Wir SIND schön. Schön wie die Nacht. So geheimnisvoll, so unergründlich, so gefährlich, so dunkel…“ „So eisig und einsam?“ unterbrach ihn Kei. „Ja, das sind wir auch. Wir sind gemeinsam einsam.“
 

Eine Stille legte sich über das Szenario, wie sie lauter hätte nicht sein können. Mikaru schloss die Augen und konnte ein Kichern nicht unterdrücken. Ivy hatte die Stirn in Falten gelegt. Der Wind heulte und fegte über Baumkronen, Wiesen und zog an ihren schwarzen Mänteln.

„Wir haben uns und solange wir uns haben, sind wir nicht einsam.“ Denka sagte das nicht aus Verzweiflung, nicht aus Willkür, nicht aus Freude. Er sagte es, weil es einfach stimmte.
 

„Hast du schön gesagt, Denka.“ Nuschelte Ivy. Er trug ein schwarzes Lederoutfit mit weißer Spitze und blickte nun Denka, welcher einen schwarzen Ledermantel trug, an, welcher zu seiner Linken und zur Rechten Mikarus stand. „Und was jetzt?“ Kei durchbrach die Stille, welche angenehmer war, als die davor. „Haben wir etwas Spaß zusammen.“ Mit einem Kichern stütze sich Mikaru von dem Baum ab, stand in der Mitte seiner Freunde, streckte sich und sah dann zum Himmel hoch. „Schade, dass es bewölkt ist. Der Mond lässt uns doch noch viel adretter aussehen.“

Sein Flüstern brachte die anderen zum Lachen. Ja, sie waren Kinder der Nacht und Sonnenlicht war pures Gift für sie. Mikaru ging ohne ein Wort los, den anderen voraus, an dem Park vorbei in Richtung Stadt. Die vier jungen Männer, auch wenn sie schon seit einigen Hundert Jahren am Leben waren, wurden von einer wundersamen und unheimlichen Aura umgeben.

Die Menschen, welche sie noch auf den Straßen antrafen, drehten sich nach ihnen um, warfen ihnen verstohlene Blicke zu und tuschelten hinter vorgehaltenen Händen über sie. Sie waren es gewohnt, dass sie eine unnatürliche Anziehungskraft besaßen und die Menschen zu ihnen kamen, wie Motten zum Licht. Hier ein Rascheln, dort ein Knirschen, ansonsten war es toten still in den meisten Straßen dieser kleinen Stadt. „Was sollen wir hier? Hier ist doch nichts los.“ Kei motzte, wurde von den anderen aber gekonnt ignoriert. Die langhaarige Schönheit folgte Mikaru bedingungslos, wie Ivy und Denka auch. Sie wussten oft nicht, was Mikaru plante und dennoch war ihr Vertrauen in ihn unermesslich. „Komm einfach mit mir.“ Mikaru sah Kei grinsend an, bog um die Ecke und schon befanden sie sich in einer belebteren Straße, die ihnen mit grellen Lichtern entgegen schien. Rote, gelbe und grüne Lichterketten baumelten von Hauseingängen und waren zusätzlich um Laternen geschlungen worden. Ivy kicherte böse, sah den angetrunkenen Jugendlichen dabei zu, wie sie sich gegenseitig anpöbelten oder penetrant aufdringlich auf junge Frauen zu gingen. Mikaru war stehen geblieben. Ivy lief in ihn hinein, da er mit seinen Augen einer jungen, braunhaarigen Frau gefolgt war. „Tut mir leid.“ Nuschelte Ivy verlegen und bemerkte, dass eben genau diese junge Frau in ein Lokal ging, welches zu ihrer Linken war und in Mikarus Aufmerksamkeit lag. „Hast du ein Glück, dass wir auch dort rein wollen.“ „Wollen wir?“ „Ja, das wollen wir, Kei.“ Der braunhaarige Vampir besaß das Talent, sein Gegenüber von seiner Meinung zu überzeugen und zum Einlenken zu bringen. Das lag nicht daran, dass Mikaru Vampir war, immerhin waren es die anderen drei auch. Außerdem hatte Mikaru das Talent schon als kleiner Junge gehabt und sehr oft zu gebrauchen gewusst.
 

Zigarettenrauch, Alkoholgeruch und süßliches Parfüm stieg ihnen in die Nasen, als sie das kleine Lokal betraten und sich in dem gelblichen Licht umblickten. „Dort sind noch freie Plätze.“ Denka zeigte an Kei vorbei in eine etwas abgelegene Ecke des Lokals, die nicht so stark beleuchtet war, wie der übrige Teil des Lokals. „In Ordnung.“ Sie setzten sich um den runden Tisch auf die weichen Lederpolster der schwarzen Holzstühle. Von diesem Platz aus hatten sie einen guten Blick über das ganze Lokal. „Da hast du einen guten Platz für uns gefunden.“ Mikaru lobte Denka, denn er selbst hätte nicht gerne im Licht gesessen, dass würde ihre Augenringe nur zu stark betonen. Ivy saß direkt am engen Gang und so war er es, der ihre Getränkebestellung aufgab. Viermal Rotwein, aber süßlich herb. „Hast du überhaupt Geld dabei?“ „Das werden wir nicht brauchen.“ Ihre Augen leuchteten vor Aufregung und dunkler Vorahnung.
 

Sie interessierte das Getuschel des Gesindels nicht, so lange es sich ihnen bereitwillig hingab, und das war nur eine Frage der Zeit und der Überzeugungskraft. Sie alle, Denka, Ivy, Kei und Mikaru, waren hervorragende Überzeugungskünstler. Es dauerte auch nicht lange, da hatte sich die junge Frau, welche Ivy so gut gefallen hatte, als Aiko vorgestellt und sich zu ihm gesetzt. Sie hatte langes, dunkelbraunes Haar, Augen der gleichen Farbe und helle Lippen. Doch ihr graziler Hals und ihre elfenbeinfarbene Haut weckten Ivys Hunger. Mikaru musste ein Lachen und Kei eine spöttische Bemerkung unterdrücken. Es würde bei Ivy nicht mehr lange dauern. Ivy schenkte Aiko Blicke, die jede Frau und auch jeden Mann, dahin schmelzen ließen. Aiko kicherte, scherzte und rückte immer näher an Ivy ran. Es war deutlich, dass sie mehr wollte als nur eine oberflächliche Unterhaltung, doch ahnte sie, was ihr blühte?
 

Ivy wandte ihr sein Gesicht zu, strich sanft mit seinen Lippen über ihren Hals, hoch zu ihrem Ohr. „Folgst du mir?“ „Wo immer du auch hin willst.“ Ihre Erregung war durch ihr Flüstern nicht unterdrückt worden. Ivy stand auf und hob sie dabei leicht mit sich hoch. Er drückte sich fest an ihren Rücken und wisperte ihr ins Ohr, das sie doch mit ihm zusammen durch den Park gehen möchte. Sie errötete leicht, vernahm doch eine versteckte Aufforderung, welcher sie zu späterem Zeitpunkt nur zu gerne nachgehen würde. Ivy zwinkerte seinen Freunden zu und verschwand mit Aiko aus dem Lokal.
 

Sie griff nach seiner Hand, als sie durch die kalten Straßen gingen. „Wo willst du mit mir hin?“ „Ist dir der Park nicht recht?“ „Doch, doch…aber…“ Sie brach ab, legte einen Spurt ein, sodass sie vor ihm ging, blieb vor ihm stehen, sah ihm tief in seine blauen Augen und bot ihm ihre Lippen zum Kuss an. Sie wollte nicht warten, bis sie zum Park gelangt warten. Sie hatte die Augen geschlossen und war wenige Zentimeter von seinem Gesicht entfernt. ‚Erfüll ich ihr eben ihren Wunsch. Fürs Erste.‘ Zum Glück konnte sie keine Gedanken lesen. Er grinste breit, schwang seine Arme um ihren schlanken Körper und mit einem sachten Druck verringerte er den Abstand zwischen ihren Körpern auf Null. Er hörte wie Aiko erwartungsvoll seufzte. Ivy küsste sie sanft auf den Mund, löste den Kuss aber direkt wieder um ihr über die Lippen zu lecken. Sie öffnete ihren Mund ein wenig und berührte mit ihrer eigenen Zunge die von Ivy. Aiko krallte ihre Hände in seine Kleidung und drückte ihn fester an sich. Ihr stieg die Annäherung zu Kopf, dass sah er ihr an, denn er war nicht romantisch genug gewesen, die Augen zu schließen. Der blonde kicherte, als er den Kuss erneut löste und sie mit sich in einen dunklen Hauseingang zerrte. Missmutig starrte das braunhaarige Mädchen ihn an, bevor sie die Augen schloss und ihn erneut küssen wollte, doch diesmal legte Ivy ihr einen eisigen Finger auf die Lippen. Er horchte für einen Moment, doch nichts war in ihrer Umgebung zu hören. „Uns erwischt schon niemand. Und selbst wenn…“ Sie versuchte sich erfolglos daran, Ivy seiner Kleidung zu berauben. Ivy unterdrückte nur mit Not ein lautes Auflachen, führte ihre Hände zurück auf seine Brust. Sie sah ihn verwirrt an, doch Ivy beschwichtigte sie mit einem verführerischen Blick, senkte seinen Blick und beugte sich nach vorne, sodass er ihren Hals küssen konnte. Er spürte wie sie zitterte. „Hab keine Angst. Du hast doch Recht. Es erwischt uns schon niemand.“ Seine Stimme hatte einen eisigen Klang angenommen, der dazu führte, dass Aiko versuchte, sich seiner Umarmung zu entwenden. Ivy kicherte auf eine grausame Art und Weise. „Bitte… was…?“ Aiko wurde anscheinend bewusst, dass Ivy nicht normal war und seine Aura, die sie vorher so anziehend fand, bereitete ihr nun höllische Angst. Seine Zunge strich über ihre weiche Haut, hinterließ einen dünnen Film an Feuchtigkeit. Der Vampir schloss seine Augen, drückte sein junges Opfer nun mit mehr Kraftaufwand an sich und biss ihr in den Hals. Sofort ließen ihre Kräfte nach, denn mit ihrem Blut saugte er auch ihre Lebenskraft aus ihr heraus. Aikos Blut schmeckte süßlich herb. Es rann an seinem Mund und seinem Kinn runter und tropfte schlussendlich auf ihre Brust, welche sich nicht mehr hob und nicht mehr senkte. Ivy schob sie von sich und sah ihr Blut schwächlich aus seinen Bisswunden rauslaufen, über ihre Brust und ihre Kleidung rotfärbend. Ivy blickte gen den schwarzblauen Himmel. Die Wolken hatten sich verzogen und so schien der abnehmende Mond und die Sterne auf sie herab. Er trug Aiko noch über die Straße an die Brücke und sah hinunter in den grünlichen Fluss. Man musste sie ja nicht sofort finden. Er ging seitlich an der Brücke hinunter und tauchte die junge Frau sanft ins Wasser ein. Ivy ließ sie erst los, als sie völlig vom Wasser verschluckt wurde und nun, da er sie nicht mehr festhielt, von der Strömung fort getragen wurde. Seufzend stand der junge Mann auf, ging zurück auf die Straße, wischte sich ihr Blut von Lippen und Kinn und suchte seinen Weg zurück zu dem Park voll Trauerweiden, deren Äste schwer im Wind ächzten. Er setzte sich unter die Trauerweide, unter welcher er sich mit Mikaru und den anderen getroffen hatte und wartete darauf, dass auch sie bald zurück kommen würden.
 

„Warum ist er mit ihr nicht auf die Toilette gegangen?“ „Er mag schmutzige Kneipentoiletten nicht.“ Mikaru trank genüsslich von seinem Rotwein und ließ dabei seinen Blick über den Rand seines Glases durch den Raum schweifen. „Ist nichts für euch dabei?“ Mikaru machte sich Sorgen, da sie seit kurzem so wenig Blut tranken, auch wenn er zugeben musste, dass Rotwein echt köstlich war, aber leider keinen Ersatz bildete.
 

Das gedämpfte Licht warf groteske Schatten über ihre blassen Gesichter, nur selten konnte man ihre Augen erkennen. Höchstens dann, wenn sie verstohlene Blicke durch den Schenkraum warfen.

„Doch, die Bedienung, aber die wird sich auf keinen Flirt einlassen.“ Keiner der Dreien konnte sich das Lachen verkneifen. „Mensch, dann nimm doch ihre jüngere Schwester.“ Mit einer Handbewegung deutete Kei auf ein Mädchen, vielleicht 16 Jahre alt, welches an dem Tresen saß und gemütlich ein Glas Wasser trank. „Pass aber auf, dass dich die Bedienung nicht erwischt.“ Ein zynisches Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. „Sicher, dass die ihre Schwester ist?“ Denka warf dem jungen Ding einen abschätzenden Blick zu. Hübsch war sie ja, dass musste er sich widerwillig eingestehen, aber ob sie auch diesen süßlichen Blutgeruch hatte, wie ihre Schwester, konnte er von der Entfernung nicht abschätzen. „Das… merkt ein waschechter Vampir doch sofort.“ Kei stichelte gerne. Mikaru räusperte sich, sodass sich beide verwundert zu ihm umdrehten. „Zu viel oder zu wenig Frischfleisch?“ Ja, Mikaru wurde ungeduldig und unbemerkt blieb dies auch nicht. Denka nickte Kei zu, verbeugte sich vor Mikaru, stand dann auf und schlenderte auf das junge Mädchen zu. „Und was machen wir zwei? Weder für dich noch für mich ist etwas dabei. Das weiß ich genau.“ Mit verschränkten Armen sah er Mikaru in die dunklen Augen. Ein trauriges Lächeln stahl sich über sein Gesicht als er antwortete: „Abwarten und Rotwein trinken. Wirklich. Süßlich herb ist am besten.“

Planänderung

Kei war es aber nicht einfach nur nach abwarten. Der blonde Schönling würde es vor den anderen nie zugeben wollen, aber er wurde von wirklich starkem Durst geplagt. Ein Blick zu Mikaru und ihm wurde es klar, dass er es Mikaru auch gar nicht zu erzählen brauchte, denn dieser schien genau zu wissen, was Kei verspürte.

„Warum so wählerisch, wenn du so hungrig bist?“ Keis Augen weiteten sich, denn schmeckte ihm es nicht sonderlich, dass Mikaru recht hatte. „Das gleiche könnte ich dich auch fragen.“ Beide Männer starrten sich tief in die Augen, selbst das Glas, welches am Nachbartisch zu Bruch ging, lenkte sie nicht ab. Mikaru lächelte und sein Gesicht nahm fast sanfte Züge an, als er seinen Blick schließlich von Kei abwandte. Ein Kräftemessen war nicht seine Absicht gewesen und doch würde er es gewinnen – wenn er wollte. Kei seufzte, denn Mikarus Feingefühl und Einsicht waren bewundernswert.
 

„Tut mir leid.“ Kei wusste es doch eigentlich besser. Er kannte den Grund, warum sein Freund immer andere an erste Stelle setzte und sich selbst immer zurücknahm. Mit einer Hand das Gesicht abstützend und in der anderen das Weinglas schwenkend dachte der Braunhaarige nach, während Kei ihn nicht aus den Augen ließ. Aus den Augenwinkeln bekamen sie mit, wie Denka mit dem jungen Mädchen in Richtung Toiletten verschwand. „Der ist nicht wählerisch.“ Tuschelten die zwei Vampire und mussten dabei beide lachen.
 

„Hey ihr zwei Schönen.“

Kei und Mikaru blickten auf in die Gesichter zweier junger Frauen. Die eine mit einem schwarzen Kinnlangen Pagenschnitt, die andere mit rehfarbenen Dreadlocks. Überrascht blickte Mikaru die Schwarzhaarige an. Sie kam ihm sehr bekannt vor, nur woher?

„Hey ihr zwei Schönen.“ Erwiderte Mikaru und rückte etwas rein, sodass sich die kleinere von beiden, neben ihn setzen konnte. Die Frau mit den Dreadlocks setzte sich zu Kei, welcher mit den Schultern zuckte, als er zu Mikaru rüber sah. Wenn der Prophet nicht zum Berg kam, musste der Berg eben zum Propheten kommen. Süffisant winkte die Kleine der Kellnerin zu und einen Moment später hatten sie alle wieder gefüllte Gläser.

„Wie ist dein Name?“

„Mika.“

„So ein Zufall…“ Kei sah zu Mikaru rüber. Mikaru hatte also eine Verabredung mit Mika. Doch wie hieß das Rehkitz zu seiner Linken. „Ich heiße Shika und du?“ Konnte sie Gedanken lesen?

„Kei. Wie wäre es, wenn wir vier gemeinsam anstoßen. Auf einen unvergesslichen Abend?“ Gemeinsam erhoben sie ihre Gläser. „Auf einen unvergesslichen Abend.“ Während sie gemeinsam lachend anstießen zwinkerte Mikaru Kei über sein Glas hinweg zu. Lichtreflexionen sausten über Mikarus Gesicht und Haare.
 

Mika kicherte und sah unter ihren langen Wimpern zu Mikaru hoch und strich ihm dabei sanft über den Oberschenkel, ließ ihre Hand immer weiter zu seinem Schritt gleiten. Langsam stellte er sein Glas ab. Er hatte prinzipielle nichts dagegen, wenn Frauen so herausfordernd waren, dennoch würden sie in Schwierigkeiten stecken, wenn sie sich nicht zurückhalten konnten, solange sie noch in dem Lokal waren. Also musste Mikaru die junge Frau wohl oder übel erst mal auf Abstand halten. So ergriff er ihre Hand mit seiner eisigen und legte sie in ihren Schoß zurück. „Bist du immer so schnell?“ „Lehnst du immer so schnell ab?“ „Ich… wechsele vorher gerne noch ein paar Worte mit …meiner Auserwählten. Vor allem dann, wenn sie so hübsch ist, wie du es bist.“ Charmant grinste er Mika an. Ihm gegenüber bekam Kei fast das Kotzen, so verlogen fand er Mikarus Worte. Die Frauen waren schön, aber nicht die schönsten die man… die sie hätten finden können. Shika hatte wie gebannt Kei angestarrt und zupfte nun eine ihrer Locken aus dem Gesicht. „Sind du und dein Freund öfter hier?“ Was für eine blöde Frage, dachte Kei, doch galant winkte er ab und sagte ihr mit gespielter Spannung in der Stimme: „Nein, wir sind heute zum ersten Mal hier, da wir gehört hatten, dass es hier die schönsten Frauen des ganzen Landes gäbe und wir dem Gerücht nachgehen wollten.“ Seinen Worten ließ er ein Zwinkern folgen, unter welchem Shika leicht errötete. Kei ignorierte das leise, spöttische Kichern Mikarus. Sie waren beide fabelhafte Lügner. „Jetzt hör auf zu lügen.“ Kichernd trank Shika von ihrem Bier.
 

„Welchen Grund hätte ich denn, zu lügen?“ Einen gewaltigen, aber den kannten weder Shika, noch Mika. Jedenfalls bis jetzt. „Weiß ich nicht…“

‚Natürlich nicht, dummes Ding‘ fluchte Kei in Gedanken. Der blonde wusste, wieso er sonst Männer als Opfer bevorzugte. Die waren nicht so einfältig. Kei wandte seinen Blick plötzlich, aber langsam ab. Er sah vorsichtig auf und sah Denka auf sie zu kommen. Er wischte sich noch Blut von den Lippen.

‚Vollidiot‘ Zum Glück fluchte Kei nicht laut. „Hey Kumpel, schon zurück?“ Keis Worte klangen mahnend und beunruhigt zugleich. „Ja.“ Denka zog einen Stuhl heran und setzte sich zwischen die zwei jungen Frauen, die ihn interessiert musterten. Seine Augen waren ganz blutunterlaufen. Mikaru sah zu dem dunkelblonden Kerl rüber und ahnte, dass sie bald große Schwierigkeiten bekommen würden. Der Braunhaarige senkte seinen Kopf und schärfte für einen Moment seine Sinne und roch sehr viel Blut. „…Den-“

„Aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaargh!Hiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiilfe!“ Erschrocken und angsterfüllt blickten sich Shika und Mika um. Eine Frau rannte schreiend aus den Toiletten heraus. „Da liegt ein junges Mädchen tot in den Kabinen.“ Die Frau war leichenblass und stieß jedes Wort unter Qualen hervor. Mika spürte einen sanften Windhauch über ihre Schulter, doch als sie sich umsah, war Mikaru verschwunden. Ihr gegenüber saß auch nur noch ihre Freundin. „Nein.“ Flüsterte Mika. „Sie sind weg.“ Erschrocken blickte sich auch Shika um und mit einem angstverzerrten Blick sah sie ihre Freundin an.

Draußen auf der Straße gab Kei Denka einen Klaps auf den Hinterkopf. „Denk doch wenigstens ein Mal mit…“ „Was denn?“
 

Mikaru ging mit finsterem Blick voraus. Ein unheimliches, rotes Leuchten stahl sich über seine Augen und im nächsten Moment stieg ihnen der beißende Geruch von Qualm in die Nasen. Die beiden Blondinen mussten sich nicht umdrehen um zu wissen, dass Mikaru gerade das Lokal in Brand gesteckt hatte. Wenige Augenblicke später drang schreckliches Kreischen an ihre Ohren. Er hatte auch die Tür verriegelt.
 

„Suchen wir uns eine andere Stadt.“ Wisperte Mikaru und die drei gingen durch die Straßen auf den Park zu, wo sie bereits von Ivy erwartet wurden.

„Wer hat es verbockt?“

„Ich“

„Ich meinte nicht, wer das Feuer entfacht hat. Das ist unverkennbar dein Werk, Mikaru. Ich meinte…“

„Denka.“ Kei war missmutig. Da leierte er sich schon die Zunge vor lauter Lügen aus dem Mund und dann kam er doch nicht dazu, seinen Hunger zu stillen.

„Was hätt ich, deiner Meinung nach, denn machen sollen?“

„Sie in der Kabine einsperren und nicht die Tür offen lassen.“ Zischte Kei Denka an. Ivy strich sich durch die Haare. Ein hungriger Mikaru und ein hungriger Kei waren gefährlich und zu allem in der Lage. „Auf der anderen Seite der Stadt ist ein relativ wohlhabendes Vergnügungsviertel…“ Mit einem Daumen zeigte er über seine Schulter und hoffte, dass sie sich nicht erneut auf Reise begeben würden. Das wäre doch nicht nötig, solange keiner aus dem Lokal überlebt hatte. Mikaru sah an Ivy vorbei in die Richtung in die er zeigte. „Von mir aus…Kei?“

„Klar, ich hab jetzt echt Hunger…oder sollte ich besser sagen Durst“ Ihr kaltes Lachen erfüllte die Luft und wurde von dem Wind durch die nahen Straßen davon getragen.
 

„Okay… darf ich mit?“ Denka hatte nun doch leichte Schuldgefühle.

„Wenn du diesmal etwas … klüger handelst…“ Mikaru grinste ihm zu, klopfte Ivy auf die Schulter und ging den anderen wieder voraus.

„Auf ein neues!“ Rief er aus und die vier Vampire machten sich auf den Weg in das Vergnügungsviertel, dass in der hiesigen Region tatsächlich sehr bekannt und beliebt war.
 

Der Wind hatte an Stärke gewonnen und würde zu einer späteren Stunde zum Orkan werden, welcher Bäume entwurzelte und Dächer entfernte. In ihrem Rücken stiegen Rauch und winzige Funken über den Bäumen herauf, deren beißender Geruch mit dem Wind mittransportiert wurde, doch würde das Feuer von Mikarus Hand keine Menschenseele überleben. Egal wie viele Menschen herbeieilten, um das Feuer zu löschen. Der sturmhafte Wind zog an ihren Kleidern, tanzte mit ihren Haaren um ihre Gesichter. „In diesen Bordellen … arbeiten“ „Auch Männer.“ Unterbach Ivy Kei. Ivy verstand nicht, wieso sich Kei eher auf Männer beschränkte, wenn es um ihre Opfer ging, doch hatte ihn das ja eigentlich auch nicht zu interessieren. Mikaru grinste den ganzen Weg über und summte eine freudlose Melodie. Nur wenige Menschen waren noch unterwegs, schon gar nicht allein.
 

Schon früh erkannten sie die roten Papierlaternen der Straßen und alle Menschen, vorwiegend Männer, waren darauf bedacht ihr Gesicht auf den Boden zu richten und schnell von dem einen Ort zum anderen zu gelangen, unerkannt.

„Welches Freudenhaus sollen wir wählen?“ „Jeder ein anderes.“

Alle sahen Mikaru an. Sein Grinsen hatte fiese Züge angenommen.

„Okay…“ Denka bog direkt rechts ab, machte vor einer, von innen her erleuchteter, Schiebetür halt und drehte sich noch mal kurz um. „Bis in…zwei Stunden im Park?“

„Sollte reichen.“ Erwiderte Kei und nickte Denka zu.
 

Ivy blieb auf dem runden Platz stehe und sah den anderen zwei hinterher wie sie in jeweils unterschiedliche Bordellen verschwanden. Er wunderte sich, dass er in seiner weißen Bekleidung nicht auch für eine Prostituierte gehalten wurde. Seufzend blickte im Kreis um sich herum. Laub stob über den kiesigen Platz und tanzte in Kegelförmigen Figuren um ihn herum, während ihm seine wild wehenden Haare leicht die Sicht erschwerten.
 

„Wohin willst du gehen, junges Fräulein? Bei Vollmond ist es gefährlich, so ganz allein. Lass mich dich begleiten und kein anderer Schatten außer mir wird dir folgen. Ist es dir nicht kalt? Es geht doch auf den Winter zu… lass mich dir Wärme spenden…
 

Ivy sang die Worte mit einer ihm unbekannten Melodie, doch hatte seine Stimme einen sehr schönen Klang und er spürte, wie er beobachtet wurde. Er drehte seinen Kopf leicht nach links und sah in einem der oberen Fenster des nächsten Gebäudes Augen funkeln. Grinsend wandte er sich ganz dem Gebäude zu. Das Fenster, das just bis zu diesem Moment einen Spalt breit geöffnet war, wurde sanft geschlossen und die Vorhänge wieder zugezogen. Ivy konnte ein Kichern nicht unterdrücken. Wer hatte ihn da wohl belauscht? Auf leisen Sohlen ging er auf den Eingang zu, schob die Tür beiseite, stieg die wenigen Stufen zur Empfangstheke hoch und fragte geschwind, ob die junge Frau in dem zweiten, linken Zimmer im obersten Stockwerk im Moment bereits Männerbesuch empfing.

„Nein, junger Herr, Sie können zu ihr gehen…“ „Bezahlt…“ „Bezahlen können sie hinterher.“

Legenden sind wahr

Der benebelnde, süße Duft, welcher in der warmen Nachtluft lag, ließ ihm die Haare zu Berge stehen. Mikaru empfand große Gier, die selbst von dem anhänglichsten Parfüm nicht verscheucht werden konnte. Das Bordell hatte vergleichsweise einladend gewirkt und zudem hatte er den süßlich herben Blutgeruch einer jungen Frau gerochen. Erfreut war er eingetreten und hatte sich nach seiner Beute umgesehen. Seine schwarzen Augen trafen ihre dunkel braunen und sofort war eine gewisse, herausfordernde Spannung zwischen ihnen entstanden. Der Bordellbesitzer war auf ihn zugetreten und erkundigte sich schmeichlerisch nach seiner Wahl, nannte ihm zugleich den Preis und dass er, also Mikaru, im Voraus zu bezahlen hätte. Ohne den Mann zu beachten ließ der braunhaarige einige Geldstücke in dessen Hand fallen und schritt durch den Gang in ein wohl, aber schlicht dekoriertes Zimmer, das über und über mir roten Grabkerzen gefüllt war. Wenige Augenblicke später schloss die junge Frau namens Sayori die Tür hinter sich. Sie verbeugte sich höflich vor ihm, kniete sich Mikaru gegenüber und sagte „Vielen Dank, dass Sie sich für mich entschieden haben“ mit einer weiteren Verbeugung. Der Formhalber entgegneter er ihr ebenfalls mit einer Verbeugung.

„Ich habe zu danken, wenn Sie mir heute Nacht ein wenig Gesellschaft leisten.“
 

Mikarus tiefe, rauchige Stimme zeugte von großer Männlichkeit, männlicher Stärke und sorgte dafür, dass sich in den Augen der Kurtisane ein tiefe Zufriedenheit zeigte, die Mikaru sehr schmeichelte und ihm bedeutete, dass sie ihm jeden Wunsch, sei er noch so pervers, erfüllen würde. Doch Mikaru stand nicht der Sinn nach Geschlechtsverkehr. Seine Gier war von anderer, düsterer Natur, doch auch diese würde Sayori einwandfrei stillen können. Der Vampir grinste ihr verführerisch zu und offenbarte seine weißen Zähne, nicht weit genug, als dass Sayori seine zu langen Eckzähne hätte sehen können. Sie erwiderte sein Lächeln, stand auf, schritt auf ihn zu und schob ihn rückwärts, während sie ihre Hände über seinen Körper gleiten ließ. Ein unheimliches Leuchten legte sich auf seine Augen, lies diese verzaubert glänzen und die junge Frau nur engagierter an ihre Arbeit gehen. Sie lächelte ihn verführerisch an, näherte sich mit jedem Schritt und lenkte ihn somit zu dem weichen Bett, das nun nur noch wenige Schritte von den zweien entfernt war, und schuppste ihn Schlussendlich auf die Matratze. Etwas ungläubig starrte Mikaru aus verdatterten Augen zu Sayori empor, welche neckisch kicherte. „Gefällt dir, was du siehst?“ „Noch sehe ich nicht viel…“ Es war nur ein flüstern gewesen, doch seine tiefe Stimme war unüberhörbar. Sayori kicherte lauter. Ihre Stimme war Glockenhell und sehr feminin. Sie stieg auf das Bett über Mikaru und ließ sich auf ihn sinken. Mikaru lachte innerlich laut auf. Die junge Prosituierte war nicht schwer, im Gegenteil war ihr Körpergewischt sehr angenehm, doch danach suchte er nicht. So ein Verlangen empfand er nicht, aber er wollte ihr den Spaß doch nicht verderben. Also ließ er sie Stückweit gewähren. Sie saß auf ihm nach vorne gebeugt und öffnete seine lederne Kleidung. Mikaru ließ sie gewähren. Ihre warmen, zarten Hände strichen ihm über den kalten Hals, kalten Brustkorb und massierten seine kalten Brustwarzen. Mikaru ließ sie gewähren. „Ich werde dich ein wenig wärmen.“ Ganz offensichtlich eine Untertreibung. Sie würde ihn nicht nur ein wenig wärmen. Sie beugte sich noch ein Stück weiter nach vorne um seinen Hals zu liebkosen, seine Hände ergreifend hauchte sie in seine Ohren und führte Mikarus Hände zu ihrer Brust. Er ließ sie gewähren und fing an, ihre Brust zu massieren. Sie war nicht zu groß und auch nicht zu klein, genau wie er es zu Lebzeiten geliebt hatte, doch jetzt waren sie für ihn reizlos geworden. Ihre Zunge glitt über seinen Hals hinab über seine Brust, seinen Bauch und er unterbrach sie. Geschwind hatte er sie von sich runter gehoben und sich so schnell über sie gebeugt, dass Sayori noch nicht ganz begreifen konnte, dass sie nun unten lag. Mikaru hatte begonnen zu kichern und entblößte seine Zähne, allerdings war Sayori so von seinen Augen fasziniert, dass sie die Vampirzähne nicht bemerkte. Ihr Pech, aber es hätte ihr ja doch nichts gebracht. Mit einer Hand stütze er sich ab, mit der anderen griff er nach ihrer Hand und zog sie hinter ihren Kopf. Um ihm ein wenig zu helfen, hatte sie mit ihrer freien Hand den Obi geöffnet und entblößte ihren schönen, wohlgeformten Körper. Mikaru ergriff ihre andere Hand und drückte sie ebenfalls hinter ihrem Kopf in die Matratze. Sie konnte ihren Blick nicht von seinen Augen abwenden. Während Mikaru mit einer seiner Hände ihre beide ins Bett presste, ließ er die andere sanft über ihre Rundungen gleiten hoch zu ihrem zierlichen Hals. Er senkte seinen Kopf zu ihrem Hals und begann jeden Zentimeter von ihm zu küssen, entlockte Sayori damit ein paar erregte Seufzer. Ihre Anspannung stieg, seine auch, aber dennoch war dies nicht zu vergleichen. Sie hätte nicht gedacht, dass dieser junge Mann so zärtlich sein konnte und freute sich umso mehr, seine Gespielin für heute Nacht zu sein. Ihr Duft benebelte seine Sinne, ließ ihn innerlich in einer Enge taumeln, die er so nicht gekannt hatte. Er würde dieses unangenehme Gefühl schnell loswerden müssen, wenn er sich nicht völlig darin verlieren wollte. Der Vampir ließ seine Zunge sehr langsam über ihren zarten Hals gleiten und sein Geschmackssinn sagte ihm, dass sich wenige Partikel des Parfüms nun auf seiner Zunge befanden. Angeekelt rümpfte er die Nase, doch Sayori bemerkte davon nichts. Sie spürte nur den dünnen Film an Speichel, den Mikaru auf ihrem Hals hinterlassen hatte. Sie schloss erwartungsvoll die Augen und drückte ihr Becken herausfordernd gegen Mikarus und seufzte ihm ins linke Ohr. Er würde der ganzen Farce einfach die Spannung nehmen, denn er wollte sie nicht weiter gewähren lassen. Vorsichtig und behutsam presste er seinen geöffneten Mund an ihre Halsschlagader, stieß seine scharfen, langen Eckzähne in ihr Fleisch und begann hungrig an ihrem Hals zu saugen. Sie hatte einen Schmerzensschrei ausgestoßen, der leicht mit einem Lustschrei zu verwechseln war. Noch lange war das gierige saugen zu hören gewesen, während ihre Atemzüge immer flacher und seltener wurden, bis sie schließlich ganz aussetzten. In ihrem Armen lag nun keine Kraft mehr, ihr Gesicht und ihr Körper waren fahl wie Asche, kein Tropfen Blut befand sich nun in ihrem Körper. Auf ihrem Gesicht lag noch ein Hauch ihrer heißen Erregung. Sie sah schön aus, denn die vielen Kerzen spendeten ein wenig flackerndes Licht, doch das Licht, das sie spendeten, warf nur einen warmen Schimmer auf ihre kalte Haut. Der braunhaarige löste seinen Griff von ihren Händen und rollte über sie neben sie auf das weiche Bett. Er spürte wie ihr Blut nun durch seinen Körper floss, ihm neue Kraft verlieh und er glaubte fast zu spüren, wie sich etwas Wärme in seinem leblosen Körper ausbreitete, aber er war sich ziemlich sicher, dass das nur ein Hirngespinst war. Mikaru blieb eine Zeitlang so neben Sayori liegen, ihr aufdringliches Parfüm einatmend. Er hatte die Augen geschlossen und dachte an nichts. In seinem Kopf herrschte vollkommene Leere und Stille, kein Gedanke fand den Weg zu ihm. Blitzartig setzte er sich auf, griff nach seiner Kleidung, die ihm Sayori freimütig ausgezogen hatte, zog diese wieder an und mit einem letzten Blick auf die tote Schönheit stand er auf, verließ den warmen Raum. Auf leisen Sohlen schritt er durch die Gänge, verließ das Bordell unbemerkt und blickte sich im Mondschein um. Die Wolken hatten sich verzogen, der Wind blies stärker und trug das Geheul eines einsamen Wolfes mit sich. Mikaru erkannte seinen alten Gefährten und fühlte sein Leid.
 

~~*~~
 

Akiko blickte nicht verwundert auf, als Ivy zu ihr ins Zimmer stieg. Sie saß wieder vor dem Fenster, der Vorhang war zur Seite gezogen. Eine Zigarette steckte zwischen ihren Fingern, an denen lange Fingernägel bunt glänzten. Er schob die Tür hinter sich gewandt zu, schritt auf sie zu und kniete sich neben sie. „Würdest du mir ein wenig deiner Zeit schenken?“ Seine Worte klangen melodisch in ihren Ohren und zauberten ein faszinierendes Lächeln auf ihr Gesicht. Sie hatte einen sehr hellen Teint und rosige Wangen. Akikos Augen hatten die Farbe von tiefen Bergseen und schimmerten anrüchig in der Dunkelheit. Lediglich der Halbmond diente als Lichtquelle, denn sein Schein fiel durch das große Fenster über Akiko in den kleinen Raum rein. Ihr Blick wanderte von seinen blonden Haaren über seine blasse Haut auf seine extravagante Kleidung. Sie hatte schon viele Männer gesehen und bedient, aber keiner hatte so gewirkt wie er, keiner strahlte so eine eigentümliche Aura aus, keinen hatte sie so anziehend empfunden wie ihn. „Natürlich.“ Kurzangebunden und resolut. Sie öffnete das Fenster etwas, warf die Zigarette in hohem Bogen raus und schloss es danach wieder. Ihre Augen ruhten auf seinem hübschen Gesicht. Mit ihrer rechten Hand strich sie über seine Wange, sowohl ihre Hand als auch seine Wange waren eiskalt. „Ist dir kalt?“ Mit so einer Frage hatte Akiko nicht gerechnet. „Ich sollte das Fenster nicht so lange und weniger oft öffnen. Es ist sehr kalt draußen während den nächtlichen Stunden.“ Ein leises Kichern folgte ihren Worten. „Stören dich meine kalten Hände?“ „Nicht im Geringsten.“ „Das ist gut.“ Stille legte sich zwischen die zwei. „Wenn wir beide kalt sind…“ Ivy sprach nicht weiter, denn die junge Frau hatte ihm einen Finger auf die Lippen gelegt. Er kniete noch immer vor ihr und sah zu ihr hoch. Sie erhoben sich beide im gleichen Augenblick, sahen sich in die Augen, doch nun war Ivy der größere von beiden. Eine angenehme Spannung legte sich zwischen die beide in der sie ihre Augen nicht voneinander wegrichten konnten. Akiko lehnte sich in eine Umarmung, drückte sich fest an Ivy und schloss die Augen, in der Hoffnung, dass Ivy sie von ihren Schmerzen erlösen könnte. Der junge Vampir hatte seine Arme ebenfalls um die junge Frau geschlungen und lauschte vorerst nur ihrem Atem, doch lange würde er nicht in dieser Haltung bleiben können, oder ihr würde auffallen, dass sein Herz nicht schlug. Doch allem spürte er einen Schmerz in ihrer Ruhe, den er nicht erklären konnte. Woher möge dieser wohl stammen? Er wandte seinen Blick durch den Raum und erschrocken blieb dieser an einer kleinen Kommode hängen, auf der ein winziges Glöckchen lag – neben einem silbernen Handspiegel.

„Glaubst du an Märchen und desgleichen?“ „Wie meinst du das?“ Ihre Frage bereitete ihm Unbehagen, nachdem er gewisse Gegenstände Akikos entdeckt hatte. Sie fing an, seine Kleidung zu öffnen, während sie ihm von einer sehr, sehr, sehr alten Sage erzählte.
 

„Als ich noch ein sehr kleines Kind war, hatte ich die Gelegenheit, ein Mal mit meiner Urgroßmutter zu sprechen. Sie ist wenige Wochen danach in hohem Alter verstorben… Ihre Lieblingsbeschäftigung war es, sich mit alten Mythen, Märchen, Sagen und Geschichten auseinander zu setzen…“ Oberkörperfrei stand Ivy vor der jungen Kurtisane, welche unbekümmert auf ihn einredete und nicht bemerkte, dass die Blässe Ivys zu unnatürlich war, um wahr zu sein, oder dass ihm angesichts ihrer Geschichte ein unguter Gesichtsausdruck erschienen war. „An besagtem Tag jedenfalls, erzählte sie mir, ihrer geliebten und unschuldigen Urenkelin von einer sehr grauenvollen Geschichte… Es handelt von einem dunklen, männlichen Wesen, das gleichzeitig so unbeschreiblich schön sei, dass jedes junge Mädchen diesem Wesen verfallen würde. Doch nur wenige junge Frauen bekamen dieses außergewöhnliche Wesen zu Gesicht und wenn, dann überlebte es bis heute keine. Der Legende nach konnte man dieses Wesen zu sich rufen, indem man sich bei Vollmond mit blanken Beinen auf die Fensterbank setzte, sich ein kleines Glöckchen in die rechte Hand nahm und einen silbernen Spiegel in die linke Hand. Dazu musste man den Namen des Wesens dreimal hintereinander rufen. Dann kam es zu einem und nahm einen mit sich.“ Ihre Stimme war nur noch ein flüstern und Ivy fast gänzlich entkleidet.
 

„Warum erzählst du mir davon?“ Seine tiefe Stimme und dunklen Augen lagen bedrohlich auf ihrem ruhigen Antlitz. „Weil du mich eben an jenes Wesen erinnerst. Jeder Frau würde dir sofort verfallen…“ Sie lächelte ihm zu und führte seine Hand zu ihrer dünnen Kleidung. „Soll ich denn alles alleine machen?“ „Hört die Legende denn mit dem Verschwinden des jungen Mädchens auf?“ „Natürlich nicht… aber das ist doch jetzt nicht wichtig…“ Ivy war sich in diesem Moment nicht sicher, was er wollte. Dank dem jungen Mädchen aus dem Pub war sein Blutdurst nicht so drängend, als dass er Akiko nicht noch etwas hätte lauschen können. „Erzähl mir mehr von diesem Wesen… was weißt du noch?“ Breit grinsend strich er ihre Kleidung beiseite und hauchte der Kurtisane einen Kuss auf die Lippen. „Wenn mir jede Frau so leicht verfällt, wie du es sagst, würde ich sehr gerne mehr darüber erfahren…“ Gekonnt wickelte er die junge Frau um den Finger. Er schmiegte sich an sich, sodass sie nicht im Stande war, zu zittern, auch wenn sein Körper ihrem wohl wenig Wärme spenden konnte.
 

„Meine Urgroßmutter berichtete mir, dass man von den jungen Mädchen, deren Rufen von dem Wesen erhört wurden, jeweils nur eine Haarsträhne gefunden hatte. Außerdem habe man lediglich das Glöckchen und den Spiegel gefunden, die Mädchen waren von da an verschollen und nie wieder gefunden. Angeblich war dieses Wesen blutsaugend, blutrünstig, der Hölle entsprungen und unsterblich.“ „Unsterblich?“ „Ja, es soll ein bezauberndes, kaltes Wesen gewesen sein. Noch dazu ein Untoter.“ Ivy erschrak innerlich. Nicht über das Ausmaß an Wissen, denn das wusste er ja alles selbst. Viel mehr die Wärme ihrer Stimme und wie sanft und weich die Worte aus Akikos Mund klangen. „Macht dir das denn alles keine Angst. Selbst wenn ich diesem Wesen so sehr gleiche?“ „Nein.“ Ihr Kopf lag auf seiner kalten Haut. „Ich spüre nicht die geringste Wärme von dir ausgehen und auch dein Herz höre ich nicht schlagen.“ „Ja… und die Zeit ist gekommen, dem ein Ende zu setzen… Es bringt nichts, wenn du von mir weißt…“ „Nein, aber ich weiß noch mehr… ich weiß, wie ich dich töten kann…“ Das wollte der junge Vampir nicht wissen und biss ihr geschwind in den Hals. Er saugte ihr alles Leben aus und als sie vor ihm zu Boden glitt, sah ihr Gesicht zwar totenbleich, aber glücklich aus. Schlaff lag ihr nackter Körper auf seinen Kleidern. Im Tod sah er weniger schwer aus, von der Last des Lebens befreit. „Also habe ich dich doch von deinem Schmerz befreien können...“ Der blondhaarige zog sich bemerkenswert schnell wieder an und ging zum Fenster, welches er etwas öffnete. Draußen auf dem Platz erkannte er Mikaru. Lächelnd verwandelte er sich in seine zweite Form und flatternd verließ er ruhige Zimmer.
 

Unten auf dem Platz reckte Mikaru seinen Kopf einer kleinen, schwarzen Fledermaus den Kopf zu und ein rotes Leuchten stahl sich über seine schwarzen Augen, als sein Blick der kleinen Fledermaus in die Nacht hinaus folgte.

Gefangen in einem blutigen Netz

Sturmböen peitschten durch das Vergnügungsviertel und rüttelten an den Papiertüren und ließ die Insassen der Häuser zittern, denn seit jeher waren starke Herbststürme ein Anzeichen für drohende Gefahr. Kei stand in einem schwach beleuchteten Raum in einer gähnenden Leere. In dem Zimmer war einfach nichts außer harten Tatamimatten. Nicht ein Mal mehr einen natürlichen Lichteinfall gab es in dem kleinen Raum, sodass es in dem Raum wirklich düster war- und stickig. In dem Zimmer stand die Luft und trotzdem lag kein unangenehmer Körpergeruch im Raum. Wie ging so etwas?
 

Während Kei so über die Konstruktion des Zimmers nachdachte, wurde hinter ihm die Schiebetür kurz geöffnet und rasch wieder zugezogen. „Ich empfange selten Männerbesuch und noch viel seltener ist dieser so feminin…“ Kei hörte die Stimme des jungen Mannes hinter sich und versuchte dessen Alter zu schätzen. Achtzehn, vielleicht neunzehn Jahre mochte er zählen. Grinsend drehte sich der Vampir zu seinem Opfer um. „Wie ist dein Name?“ „Shunsuke“ Shunsuke war ein zierlicher junger Mann, mit stufigen schwarzen Haaren die bis in seinen Nacken fielen. Kei ging auf den Stricher zu und fasste ihm ins überaus weiche Haar. Keis Augen glänzten vom Blutdurst erhellt rot in der Dunkelheit. „Könnt Ihr zaubern, Herr?“ „Soll ich dich verzaubern?“ „Wird es schmerzhaft sein…?“ „Wenn du es so möchtest…“ Kichernd lehnte sich Shunsuke an Keis Schulter an und zupfte an dessen Reißverschluss. Kei sah auf sein Opfer herab und lächelte freudlos. Mit diesem Knaben würde er viel Spaß haben können, wenn da nicht - „Diese Räume lassen nicht einen einzigen Laut nach außen….“ Kichernd blickte Shunsuke in die glänzenden Augen. „Ihre Augen sehen aus wie die eines wilden Tieres, nur in der falschen Farbe.“ Lachend trat er einen Schritt zurück und besah sich Kei von Kopf bis Fuß. „Tut mir leid, aber Sie wirken ganz und gar nicht menschlich.“ „Weil ich es nicht bin.“ Kei hob die rechte Hand und im nächsten Moment befand sich ein unnatürliches schwarzes Netz in dem dunklen Zimmer, in welchem Shunsuke nun gefangen war. Das schwarze Netz glänzte hier und da rötlich von innenheraus. „Aus was besteht es…?“ „Blut.“ Vor Schrecken weiteten sich Shunsukes Augen.
 

Konnte sein Freier nun wirklich zaubern? Und wieso ausgerechnet mit Blut? Und warum brannten die Stellen an seinem Körper, an denen er das Netz berührte? Er ging einen Schritt zurück und ihm entfuhr ein markerschütternder Schrei, denn er war mit seinem Rücken gegen einen besonders großen Knoten gekommen. „Sei froh, dass du diesen Knoten nicht mit bloßer Haut berührt hast.“ Eisig war die Stimme des blonden Vampirs und Vergnügen spiegelte sich in seinen mystischen Augen. „Macht es Ihnen Spaß, andere zu quälen?“ „Sehr sogar und du hast mir eben noch die Erlaubnis dazu gegeben.“ Ein Schaudern lief über den Rücken des jungen Mannes und verfluchte sich innerlich, auf was er sich da nur eingelassen haben mochte. Warum geriet immer er an die falschen Typen? Seufzend ließ er seinen Kopf hängen, blickte dann aber mit festem Blick zu Kei hinauf, der ihm näher gekommen war. War es wirklich möglich, dass der blonde Schönling durch dieses Netz hindurch gehen konnte? „Warum so schüchtern auf einmal?“ Kei kicherte und Shunsuke glaubte spitze Eckzähne gesehen zu haben, was sein Blut in den Adern gefrieren ließ. „Was Sind sie?“ „Wolltest du mich nach meinem Namen fragen?“ „Nein…“ Kei ging wieder einen Schritt auf sein Opfer zu, welches sich unter dem Knoten durch gebückt hatte und nun nervös durch das Zimmer blickte. Im gehen fiel der schwarze Mantel Keis zu Boden. Warum nicht mit seinem Opfer spielen? Shunsuke beobachtete, wie sich Kei weiter und weiter entkleidete, aber dennoch sich nicht vollständig entblößte. „Hast du Angst?“ „…Ja...“
 

Seine Stimme war nur noch ein Flüstern. „Das solltest du auch, Shunsuke… Sag mir, was hältst du davon mir deinen schönen Körper zu zeigen? Immerhin zeige ich dir auch den meinen.“ Shunsuke merkte, dass das keine Bitte war, eher ein Befehl. Mit zittrigen Händen fing er langsam an, sich seiner Kleider zu befreien, doch tat er es mit einem verdammt unguten Gefühl in der Magengegend. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er das Gefühl, komplett schutzlos zu sein, wenn er sich seiner Kleidung vollständig entledigt hätte. Kei roch das Blut des anderen und wie es wild in seinem Körper floss, Adrenalin sich vermehrte und sein Herz zu rasen begann. Sein Durst wurde von Moment zu Moment stärker und würde nur noch schwer zu bändigen sein, doch sein kindliches Gemüt wollte noch etwas spielen. Nur noch ein bisschen. „Du bist so schön. Ich kann von hier aus sehen, wie zart deine Haut ist, wie gewandt du deine Finger bewegen kannst und welch wohligen Gefühle dein Körper unter meinem wecken würde. Also, komm näher zu mir!“ Das empfand Shunsuke nicht nur als Drohung, Keis gieriger Blick bereitete ihm großes Entsetzen, doch konnte er sich ihm nicht entziehen. Wie unter einem Bann ging er nun nicht mehr rückwärts, sondern auf Kei zu, wenn da nicht dieses Netz aus Blut um ihn herum gewesen wäre. Als er mit seinem nackten Arm das Netz streifte, entfuhr ihm ein gellender Schrei und auf seiner Haut bildete sich ein dunkel roter Fleck, der schnell immer dunkler wurde und eigenartig prickelte, nachdem der Schmerz nachgelassen hatte. Doch der Schmerz half Shunsuke nicht, sich aus dem Bann Keis zu befreien, welcher ihn gefangen hielt und ihn zu seiner willenlosen Marionette machte. Kei sorgte dafür, dass Shunsuke zu taumeln beginn und mit mehreren Körperteilen sein Spinnennetz streifte, jedes Mal unter einem sengenden Schmerz. Es breitete ihm große Freude, sein Opfer so leiden zu sehen, ohne dass es eine Chance besaß, sich seinem Schicksal zu entziehen. Als Shunsuke schlussendlich nur noch wenige Zentimeter von dem Vampir entfernt war, war sein Körper mit dunklen Malen übersät und ein fauliger Geruch lag in der Luft. Fast zärtlich strich Kei mit seiner eisigen Hand über die Wange des jungen Mannes, dann über seine Kehle und zupfte ein paar längere Strähnen zu Seite. Haare im Mund empfand er als nicht besonders schmackhaft. Mit einem seligen Lächeln beugte sich Kei nach vorne, biss Shunsuke in den Hals und saugte das Blut aus dem faulenden Körper heraus. Es dauerte nicht lange, da sackte der Körper zusammen und fiel mit einem dumpfen Klang auf die Tatamimatten. Als sich Kei mit seinen Kleidern am Körper der Tür näherte verschwand das blutige Netz und zurück blieb nur ein verwester Körper eines vorher sehr attraktiven jungen Mannes. Leise schloss er dir Tür hinter sich, verließ das Bordell unbemerkt und ging den Weg zurück, den er gekommen war.
 

Vor dem Brunnen traf er auf Mikaru. „Du stinkst nach Gammelfleisch!“ Mit dem bissigen Kommentar verbunden war ein Nasenrümpfen von Seiten Mikarus. Als Kei den Mund öffnete, um Mikaru etwas zu entgegnen, warf dieser rasch ein: „Nein, ich will gar nicht wissen, was du angestellt hast.“ Kichernd trat das rötliche Leuchten erneut auf Keis Augen, verschwand aber genauso schnell wieder. „Ivy ist schon voraus… ich werde noch auf Denka warten.“ „In Ordnung. Bis später…“ Und damit entschwand auch Kei der nächtlichen Verführung in Richtung Park, ohne auch nur noch einen Blick über die Schulter zu werfen.
 

~~*~~
 

Denka spazierte durch die engen Gassen der einzelnen Freudenhäuser und wusste nichts mit sich anzufangen. Er hatte sich nicht sattgetrunken, aber dennoch war da eine Unlust in ihm, die die anderen wohl noch nie gekannt hatten, doch woher kam sie? Der Vampir blieb stehen und strich durch sein hell braunes Haar. Was sollte er nun also mit der Zeit, die ihm gegeben war, anfangen? Nach wenigem hin und her grübeln kam Denka zu dem Schluss, dass es definitiv nicht schaden konnte, wenn er noch etwas mehr trank, jedenfalls würde es IHM nicht schaden. Mit einem breiten Grinsen steuerte er also das nächst beste Bordell an, denn wie die anderen schon sehr früh feststellen mussten, Denka war alles andere als wählerisch. Mit einem lauten Knarren zog er die Tür beiseite und trat in einen freundlich wirkenden Empfangsraum. War das schon immer so? Fragte sich Denka und überlegte, wann er das letzte Mal in einem Freudenhaus war? Er musste feststellen, dass das schon ein paar Jahrzehnte her war und sicherlich veränderten sich die Freudenhäuser nach den Ansprüchen der Zeit und ihrer Kunden. So in seinen Gedanken versunken, bemerkte er den kräftigen alten Mann nicht, der an ihn heran getreten war.
 

„Junger Herr…?“ „Ja?“ „Haben Sie einen bestimmten Wunsch?“ „Nein…“ Naja, irgendwie war das ja gelogen, aber irgendwie auch nicht. Dennoch hatte Denka nie besonders hohe Ansprüche an andere Leute, schon gar nicht an seine Opfer. Nur willig mussten sie sein, denn er spielte nicht gerne, wie es die anderen taten. Für ihn war es nichts anderes als Nahrungsbeschaffung und mit dem Essen spielte man bekanntlich ja nicht. Also nahm er die Frau, die dem Eingang am nächsten war, bei der Hand und forderte sie auf, ihm den Weg zu zeigen. „Ja, Herr…“ Sie ging ihm voran und sah sich immer mit leicht hervorstehenden blauen Augen nach Denka um. Beide erschraken, als sie in ihr Zimmer kamen. Denka, weil die Wände über und über mit Spiegeln bestückt waren. Die Prostituierte, weil sich Denka nicht in einem einzigen spiegelte. Zum Glück war die Tür bereits verschlossen gewesen, sodass außer Denka niemand ihren Entsetzensschrei hatte hören können. „Was ist? Warum schreist du so?“ Warum Denka so unschuldig und unwissend tat? Das wusste er selbst nicht, aber er fand, man müsse den Dingen ihren Lauf lassen und so auch in dieser Situation. „Du….Si..Sie haben kein Spiegelbild!“ „Ja und?“ „Na…..“ Darauf wusste die Frau mir den hervorstehenden Augen auch nichts zusagen. Denka war nicht der Meinung, dass Kurtisanen dumme Menschen wären, doch in diesem Fall hatte er wohl eine besonders unbedarfte Frau erwischt. Eigentlich konnte ihm das ja auch egal sein. Ein Seitenblick, eine schnelle Bewegung und die Frau wurde von Denka an die Wand gepresst, bekam nur noch schwer Luft, den sein Arm lag auf ihrer Brust. Schweratmend warf sie ängstliche Blicke zu ihm hoch, denn sie ertrug es nicht, ihrem Gegenüber lange in die Augen zu blicken. Sie wirkte wie ein verschrecktes Huhn auf Denka und so fing er an, zu lachen. Und es war kein freudloses Lachen. „Was ist so amüsant?“ „Du und dein dämlicher Gesichtsausdruck sind amüsant.“ So beleidigend war Denka sonst nicht, aber seine Unlust wurde in den letzten Sekunden immer stärker. Er empfand in letzter Zeit sehr viel Hass und insgeheim fragte er sich, ob so viel Hass selbst für einen Vampiren gesund sein konnte.
 

Die aufgeregte Frau spürte den Hass in ihm aufsteigen und wunderte sich, was Denka so verärgern mochte. „Handeln Sie nie aus Hass heraus. Diese Taten bereut man immer im Nachhinein. Es sind die Taten die einem immer zu schaffen machen werden…“ „Danach hat dich niemand gefragt.“ „Nein, aber… „Da gibt es kein aber. Du redest nur, wenn du gefragt wirst.“ „Sie tun mir Unrecht.“ „Das mag sein, aber danach wird nach dieser Nacht auch niemand mehr fragen.“ Und bevor sie noch ein einziges weiteres Wort hätte sagen können, versenkte er seine Reißzähne in ihrem üppigen Hals und saugte ihr umgehend das Blut aus dem Körper. Es lag doch kein Sinn darin, sie weiter am Leben zu lassen. So Frauen wie sie, waren im Übrigen sehr nervig und aus unerklärlichen Gründen regte sich Denka tierisch über diese Frau auf. Nach dem sie tot war sah er sich in dem kleinen spiegelnden Raum um. Es war ein sehr eigenartiges Gefühl durch einen Raum voll Spiegel zu wandern, ohne sich auch nur in einem zu erblicken. Seufzend wandte sich der hellhaarige Vampir von den vielen Spiegeln ab, ging durch die Tür hinaus und hoffte darauf, dass sein unergründlicher Zorn nicht von allzu langer Dauer sein mochte, denn Denka musste feststellen, dass er sich selbst in so einem Zustand nicht ausstehen konnte. Alos würden es die anderen noch viel weniger können.



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Kommentare zu dieser Fanfic (4)

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Von:  Niya_Naitomea
2010-06-14T21:53:31+00:00 14.06.2010 23:53
schreib schnell weiter ^^
das ist wirklich toll
*mehr will*

Von:  Naoi
2009-12-14T00:23:04+00:00 14.12.2009 01:23
Sorry, dass ich es erst jetzt schaffe dir ein Kommi zu hinterlassen ^^'

Also ^^ was ja witzig ist und ich bin mal ehrlich xD ...Ich mag eigentlich überhaupt keine Vampir Storys xD So... aber keinen Schreck kriegen xD Deine Story gefällt mir trotzdem wirklich gut! ^_^
Ich finde dein Schreibstil passt super zum Inhalt und generell zu dieser ganzen "Vampir-Phäre" xD

Ich möcht wirklich gern weiterlesen, also gib mir Bescheid wenn das neue Kapitel da is :)

Liebe Grüße
Naoi
Von:  Oceanwhirl
2009-11-11T22:51:28+00:00 11.11.2009 23:51
Ich hab keine Fensterbank, ich hab nur Dachfenster!!! *wein*
Es ist sehr... tragend. Aber schön! Es war so klar, dass sie Mikaru ruft, er ist so der Obervampir XD Ich würd es trotzdem mit Ivy versuchen...
Jedenfalls sehr schön geschrieben!
Von:  Byo
2009-10-24T11:31:18+00:00 24.10.2009 13:31
*sich ein Glöckchen und einen Spiegel nehm*
Bin dann mal beschäftigt °3°/
*auf Fensterbank setz*
xDD

Ja also... ich mag das schon sehr gern... xD *zugeb*
Allerdings stört mich der Wechsel von simple past zu present... (mir egal, ob es da auch deutsche wörter für gibt...xD) present finde ich nur in der ich-perspektive passend, sonst klingt es meiner meinung nach immer ein bisschen komisch..


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