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Wenn Schatten ins Licht treten

von

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Das Gespräch mit der Psychologin

Auf das ‚Herein‘ nach einem kurzen Klopfen betrat die ganze Gruppe das Zimmer der Psychologin.

„Sie wollten uns alle sprechen?“, erkundigte sich Yusuke, während er hinter Mori die Tür schloss.

„Ja,“ bestätigte Dr. Sakurai, „ich möchte Ihnen allen gern das Ergebnis des Gesprächs zeigen.“

Damit deutete sie zu dem im Raum befindlichen Fernseher und den daran angeschlossenen DVD-Player.

„Weiß Kyouya davon, Miyuki?“, fragte Akito.

„Selbstverständlich, Akito.“, antwortete Dr. Sakurai. „Ich habe ihn darüber aufgeklärt, dass solche Sitzungen aus Sicherheitsgründen aufgezeichnet werden. Und ich habe ihn gefragt, ob er damit einverstanden ist, dass und wem ich diese Aufzeichnung vorspiele. Er hat sogar auf alle Anwesenden bestanden, da er sich nicht in der Lage fühlte, dies noch mal in eurem Beisein zu wiederholen. Eigentlich hätte ich mir auch die Anwesenheit des Vaters gewünscht, aber bei dem Versuch der telefonischen Kontaktaufnahme sagte man mir, er sei bis auf Weiteres nicht zu sprechen.“

Akito fluchte etwas Unverständliches, als er sich auf einem der erstaunlich vielen Stühle niederließ.

„Daher sind also alle da und ich würde gerne mit dem Abspielen beginnen.“

Dr. Sakurai sah sich noch einmal um, falls von irgendwo doch noch ein Einspruch kommen sollte, doch als alle Platz genommen hatten und still blieben, startete sie die Aufnahme:

Zu sehen war Kyouya, der im Bett saß, und Dr. Sakurai, die ihren Stuhl – von der Kamera aus gesehen – hinter das Bett gestellt hatte.

„Okay, ich habe dich über den Zweck dieser Aufnahme aufgeklärt,“ begann Dr. Sakurai, „aber bevor wir anfangen, würde ich gerne noch fragen, wie ich dich nennen soll: Ootori oder darf ich Kyouya sagen?“

„Sie können Kyouya sagen – ist in Ordnung.“, willigte Kyouya etwas nervös ein.

„In Ordnung, dann also Kyouya.“, nickte die Ärztin. „Und du brauchst keine Angst vor dem zu haben, was jetzt kommt. Es ist ganz dir überlassen, wie weit das hier gehen wird. Du kannst jederzeit sagen ‚ich will nicht mehr‘ oder ‚ich kann nicht mehr‘, das ist völlig in Ordnung.“

Kyouya nickte, schien aber entschlossen, dieses Gespräch durchzuziehen.

„Gut, dann fangen wir an: Kyouya, ich habe draußen deine Geschwister und deine Freunde kennen gelernt. Die machen sich alle große Sorgen um dich. Kannst du das verstehen?“

„Ja.“

Kyouya nickte.

„Das tut mir auch leid.“

„Das muss es nicht.“

Dr. Sakurai schüttelte den Kopf.

„Soweit ich das gesehen habe, ist dir keiner böse. Sie alle und auch ich wollen nur, dass es dir wieder besser geht.“

Wieder nickte Kyouya nur.

„Ich würde zunächst gerne etwas über deine Mitschüler wissen: Geht ihr alle in dieselbe Klasse oder woher kennt ihr euch?“

„Nein, wir sind nicht in einer Klasse.“, antwortete Kyouya. „Haruhi und die Zwillinge sind eine Klasse unter mir und Honey und Mori, der Kleine und der Riese, sind eine Klasse über mir. Nur mit Tamaki, der hier war, gehe ich in eine Klasse. Wir kennen uns aus dem Club, den Tamaki und ich gegründet haben – einem Host Club.“

„Einem Host Club?“, wiederholte Dr. Sakurai überrascht, aber wieder lächelnd. „Na, das klingt ja nach viel Spaß!“

„Ja, es macht viel Spaß, aber vorher auch eine Menge Arbeit.“, gestand Kyouya. „Aber das ist halb so wild. Das macht mir irgendwie sogar auch Spaß. Ich bin froh, dass es den Club gibt.“

„Das merkt man. Du scheinst dich dort sehr wohl zu fühlen.“, bestätigte Dr. Sakurai. „Fühlst du dich denn in der Schule allgemein wohl?“

„J-ja, eigentlich schon.“

Ein leichtes, nervöses Zucken war Kyouya anzumerken und auch der Psychologin war das nicht entgangen.

„Eigentlich schon? Was heißt ‚eigentlich‘?“

„Naja, seit ein paar Wochen… nicht mehr so.“

Kyouya sah auf die Bettdecke hinunter. Offensichtlich wollte er sich erklären, wusste aber nicht wie.

„Liegt es an diesem Herrn Kobata?“, fragte Dr. Sakurai.

Erschrocken sah Kyouya zu ihr auf.

„W-wieso? Wie –wie kommen Sie darauf?“

„Beruhige dich, Kyouya.“, sagte sie mit sanfter Stimme. „Dein Bruder Akito war in deinem Zimmer. Eigentlich hat er nach so etwas wie einem Abschiedsbrief gesucht, um sich dein Handeln zu erklären, aber stattdessen hat er eine Seite mit einem Bericht über diesen Herrn Kobata und eine offene Internetseite auf deinem Laptop gefunden.“

Kyouya begann sich zu verkrampfen.

„Kennst du diesen Mann?“, fragte Dr. Sakurai, behielt die Symptome aber im Auge.

„Ja… nein… ich weiß nicht!“

Kyouya legte den Kopf in die Hände und zitterte am ganzen Körper. Dr. Sakurai stand auf.

„Ich möchte, dass du dich hinlegst.“, sagte sie und dirigierte ihn dann mit sanfter Gewalt so, dass er flach auf dem Rücken lag. „Und jetzt möchte ich, dass du die Augen schließt und nur auf meine Stimme hörst.“

Kyouya folgte der Anweisung und schien sich tatsächlich wieder etwas zu entspannen.

„Konzentrier dich nur auf meine Stimme.“, wiederholte Dr. Sakurai und klang beinahe hypnotisch. „Ich möchte jetzt versuchen, mit dir dieses Geheimnis zu ergründen. Bleib ganz ruhig liegen.“

Sie wartete einen Moment, bis Kyouya tatsächlich völlig entspannt schien.

„So, Kyouya, jetzt möchte ich, dass du an Herrn Daisuke Kobata denkst. Was siehst du, wenn du an ihn denkst?“

Auf Kyouyas Gesicht war zu lesen, dass er nachdachte – sich zu erinnern versuchte.

„Was siehst du?“, wiederholte Dr. Sakurai.

„Ich sehe ihn.“, antwortete Kyouya schließlich, doch seine Stimme klang etwas benommen. „Aber er ist jünger – jünger als auf dem Bild.“

„Du hast ihn also früher schon mal gesehen?“

„Ich glaube ja.“

„Wo ist er?“

„Es ist ziemlich verschwommen, aber… es sieht aus, wie bei uns zu Hause… ja, das ist das alte Lesezimmer meines Vaters.“

„Ist noch jemand da? Dein Vater vielleicht?“

„Nein.“

Kyouya schüttelte leicht den Kopf.

„Sagt er irgendwas zu dir?“

„Ja, aber… ich kann ihn nicht verstehen… nein, nein…“

„Kyouya, was ist los?“

Dr. Sakurai beugte sich über ihn.

„Er kommt näher!“

Kyouyas Stimme schlug von dem leicht benommenen in Panik um.

„Ich will das nicht, aber er kommt näher! Ich hab Angst!“

„Hab keine Angst, Kyouya, hier bist du sicher. Ich bin hier, niemand kann dir etwas tun. Hörst du?“

Kyouya nickte, doch er zitterte wieder am ganzen Körper.

„Fasst er dich an?“, fragte Dr. Sakurai nach und ließ ihre Stimme wieder den beruhigenden Klang annehmen.

„Ja, aber… ich… ich… ich will das nicht. Aber… er… er…“

Das Zittern wurde immer stärker und nun hatten sich auch die ersten Tränen unter den geschlossenen Lidern hervor gekämpft. Dr. Sakurai beschloss, das Ganze zu beenden.

„Ist ja gut. Alles ist in Ordnung. Du bist sicher. Folg meiner Stimme zurück… so ist es gut.“

Sie strich ihm vorsichtig eine Haarsträhne aus der Stirn.

„Wenn du soweit bist, dann kannst du die Augen wieder öffnen.“

Kyouya folgte dieser Anweisung, doch auch in seinem Blick spiegelten sich die Angst und das Entsetzen, die seine ganze Körperhaltung ausdrückte. Dr. Sakurai half ihm sich aufzusetzen und nahm ihn, nach einem kurzen versichernden Blick, in den Arm.

„Hab keine Angst. Wir werden dir helfen – helfen, damit du von dieser Angst und allem, was damit zu tun hat, befreit wirst.“

Nur im Ansatz konnte man sehen, dass Kyouya nickte.

„Aber eines muss ich dich noch fragen…“

Dr. Sakurai fasste Kyouya an den Schultern und setzte ihn so, dass sie ihm ins Gesicht sehen konnte.

„Bei dem, was er dir angetan hat – ist er da bis zum Ende gegangen?“

Kyouya schloss die Augen und versuchte tief durchzuatmen. Seine Hände, die in seinem Schoß lagen verkrampften sich. Dr. Sakurai schien schon nicht mehr mit einer Antwort zu rechnen, als diese leise von Kyouya kam:

„Ja… und nicht nur einmal.“

Damit endete die Aufnahme.



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