Tanto damno – mit so großem Schaden
Er sah ihm nach. Das Türschloss gab ein leises Knacken von sich, als Yurij die Tür hinter sich zuzog. Dort, wo der Rothaarige bis eben noch gelegen hatte, war das Laken noch warm und es roch nach ihm.
Kai rollte auf die Seite, um diese Wärme in sich aufzunehmen. Diesmal hatte es keinen Abschiedskuss gegeben. Manchmal tat Yurij das. Aber nicht jedes Mal. Der Rothaarige war eben für Überraschungen gut. Kai lächelte gequält. Er inhalierte tief mit der Nase auf dem Kissen, um noch ein bisschen die Anwesenheit seines besten Freundes zu spüren.
Ja, das waren sie: beste Freunde.
Seufzend zog der Silberhaarige die Decke über seine nackten Beine und Schultern, er fröstelte leicht. Mit geschlossenen Augen ließ er ihre Begegnung noch einmal Revue passieren.
Heiß drang die Zunge in seine Mundhöhle ein, zögerte kurz, erkundend, ehe sie sich in ein Gefecht stürzte, in dem es keinen Sieger geben konnte. Die roten Strähnen kitzelten ihn an den Wangen und am Ohr. Starke Hände, die kräftig zupacken konnten, waren nun ganz sanft und berührten ihn an Stellen, die selbst für beste Freunde eigentlich tabu sein sollten.
Er löste den Kuss, rang nach Atem. Fahrig vor Erregung fasste er nach den strammen Muskeln, suchte Halt.
Vorwitzig neckte ihn die feuchte, warme Zunge an-
„Kai! Wir haben was zu klären!“
Ohne Vorwarnung ging die Tür auf und das Licht an. Der Silberhaarige blinzelte geblendet. Warum störten sie ihn? Er zog die Bettdecke über den Kopf.
„Raus!“
„Nein, denn du… Bist du krank?“
Tyson kam dennoch ins Zimmer. Durch sein lautes Zetern hatte er auch Max angelockt, der nach ihm hinein spazierte.
„Sieht es aus, als sei hier Tag der offenen Tür?!“, schnauzte Kai und lugte nun doch unter der Decke hervor.
„Mitten am Tag, Kai, und du hast die Fenster verriegelt?“, fragte der Amerikaner und sah sich neugierig im Zimmer um.
„Es ist vier Uhr und wenn ich hier nackt Hula tanzen würde, müsste ich mich dafür nicht vor dir rechtfertigen!!“
„Das vielleicht nicht. Aber dieser Krach, den du hier ab und an mal veranstaltest – ehrlich, du bist ja unser Freund, aber geht das denn nicht leiser?!“
Tyson stemmte die Hände in die Hüften und ein missbilligender Blick aus den braunen Augen versuchte Kai zu strafen. Letzterer wollte doch eigentlich nur noch die letzten Augenblicke genießen, bevor die letzten Zeugen von Yurijs Besuch hier bei ihm gänzlich verschwunden waren. Außerdem war er müde. Sein Körper forderte den Tribut für die Anstrengung. Dennoch raffte er die Decke zusammen und richtete sich auf, blieb aber wohlweislich auf dem Bett sitzen.
„Ja, es geht leiser. Aber ich will – nur zu eurem Besten – euch damit davor warnen, mich zu stören. Da kann ich nämlich ziemlich biestig werden!“
„Ich will dir mal eins sagen Kai – dies ist eine WohnGEMEINSCHAFT. Das heißt, dass auch du dich an gewisse Regeln halten solltest. Auch wenn dir auf andere Rücksicht nehmen offenbar noch nie etwas gesagt hat: Lern es hier und jetzt – oder ich nehme dir höchst persönlich diese beschissene Anlage weg, die du dein Eigen nennst.“
Wie vor den Kopf gestoßen starrte Kai Tyson an. Dann senkte sich bedrohlich langsam sein Blick.
„Raus aus meinem Zimmer, Tyson, ehe ich mich vergesse.“
„Ich sag es dir Kai! Ich meins ernst!!!“
Der Blauhaarige machte auf dem Absatz kehrt und stürmte hinaus. Max stand noch etwas unschlüssig im Zimmer. Der Blonde hasste Streit, besonders wenn sie so heftig endeten.
„Er hat es nicht so gemeint, Kai. In Rage sagt man oft Dinge, die-“
„Auch du, bitte, Max. Geh und schließ die Tür von außen. Kannst Tyson sagen, es kommt nie wieder vor.“
Nein, niemals mehr.
Und als, nachdem die Tür ins Schloss gefallen war, wieder Dunkelheit im Raum herrschte, nur durchbrochen von der Lavalampe, deren Lavablasen merkwürdige Schatten an die Wand warfen, ließ Kai sich rücklings auf die Matratze fallen.
Warum machten ihm diese Worte so zu schaffen?
Es hätte von Anfang an nie geschehen dürfen. Oder eine einmalige Sache bleiben sollen. Doch irgendwie…
Kai raufte sich die Haare und drehte sich auf die Seite. Dank Tyson war jetzt auch der letzte Rest von Talas Anwesenheit verdampft.
„Toll gemacht, du Arschkeks!“, murmelte der Silberhaarige, nicht genau wissend, ob er damit nun diesen Oberquälgeist oder seinen besten Freund meinte, und kuschelte sich tief in die Decke ein.
Ein Jammer, dass sie keinen Sandsack hatten. Er hätte jetzt wahnsinnige Lust gehabt, auf einen solchen einzudreschen. Vielleicht sollte er das bei einer nächsten Teambesprechung anbringen…
Bis dahin war aber noch Zeit und Kai schenkte seinem ausgezehrten Körper nun doch den ersehnten Schlaf.
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hehehe...
Was fällt auf im Vergleich zum vorigen Kapitel? ;) (Technik?)