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Briefe ... für Dich von Mir

von

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Ein Drama…und schmelzendes Eis.

Das hier ist eine gemeinschaft Story zwischen Painted_Lady und mir. :D

PoV Nick: Painted_Lady

PoV Louis: Frosch14
 

Erwartet bitte nicht zuviel, es steht noch alles am Anfang.

Trotzdem freuen wir uns über Leser und sind interessiert deren Meinungen.
 

Prolog: Ein Drama…und schmelzendes Eis.
 

Die Vögel zwitschern, die Hunde laufen durch den Park, bellen. Kinder, kleine und große, toben freudestrahlend in den warmer Strahlen dieses schönen Sommertages. Blumen blühen um die Wette und beim Eisverkäufer ist Hochbetrieb.
 

Alles in allem: Ein schrecklicher Tag.
 

Er sitzt neben mir und schleckt fröhlich an seinem Eis. Schokolade, seine Lieblingssorte.
 

Missmutig fällt mein Blick zu Boden.
 

Es ist doch so einfach. Ein: ’Hey Nicki, ich ziehe um. Nach New York. Die Koffer sind gepackt, die meisten der Möbel im Umzugslaster verstaut, ein Teil sogar schon im neuem Haus, Dienstag fahren wir.’, würde doch reichen.
 

Ich kann es nicht.
 

Noch eine Woche, dann werden wir uns wahrscheinlich nur noch selten sehen.
 

Aber es muss raus: Jetzt!
 

Ich atme ein, atme aus. Hohle noch einmal tief Luft und will es sagen, doch aus meinem Mund kommt nur ein: “Nick, ähmm.”, ich beiße mir auf die Unterlippe.

Warum will mir das nicht gelingen?
 

Sonst konnte ich ihm doch auch alles erzählen.
 

Nikolas Carter, Nick oder Nicki, war ist und wird immer mein bester Freund bleiben.

Seit wir mit drei Jahren im Möbelhaus vor einem Etagenbett zusammengestoßen waren, er mit Schwung nach hinten fiel und sofort anfing laut zu weinen sind wir beste Freunde. Also nicht weil er geheult hat, nein. Ich hab ihm aufgeholfen und meinen Lolli geschenkt. Nick hat sich beruhigt und wir sind Hand in Hand, er einen Lolli reicher, ich einen Lolli ärmer, in die Armer seiner großen Schwester gelaufen, die ihn schon im ganzen Möbelhaus gesucht hat.
 

Seit diesem Tag vor vierzehn Jahren sind die kleine Dramaqueen, die aus jedem Papierflugzeug einen Airbus A380 macht und ich unzertrennlich.
 

Er guckt mich gespannt an: “Was ist?”, wieder leckt er an der Kugel Eis.
 

Ein seufzen meinerseits.
 

“Ich ziehe um.”, presse ich leise zwischen meinen Lippen hervor.

Hat er es gehört?
 

Vorsichtig dreht sich mein Kopf und schaut in zwei vollkommen perplexe braune Augen.
 

Scheinbar hat er mich verstanden.

Dann wäre das auch erledigt.
 

“Was?”, das war Nick. Ich nicke.

Sein Mund öffnet sich, es kommt aber kein weiterer Ton heraus.

Immer noch schaut mich mein bester Freund entgeistert an.

Mit einem leisen ‘platscht’ landet die schmelzende Kugel Eis auf der Parkbank und gleitet dann langsam, auf eine elegante Art und Weise über das leicht gewölbte Holz zu Boden.
 

Für seine Verhältnisse nimmt er es gut auf.
 

Die Waffel hält Nick noch immer wie erstarrt in seiner rechten Hand.

Das Eis am Boden schmilzt zu einer schokoladigen Pfütze zusammen.

Ob das noch schmeckt?
 

“Du scherzt doch?”, es war nur ein fassungsloses flüstern.

Ernst schüttle ich den Kopf.
 

Nick springt auf und steht mit einem Fuß in der klebrigen Flüssigkeit.
 

Wahrscheinlich verdunkelt sich gerade der Himmel mit gefährlich blitzenden Gewitterwolken in Nickis Kopf. Es fängt an zu regnen und zu donnern, man hört jemanden “Die Apokalypse kommt!” schreien.

Genau das drückt dieser Blick aus.
 

Aber: Schrei jetzt bitte nicht rum. Tu mir einfach den gefallen, ja?

Wir sind schließlich nicht alleine im Park.
 

“Wieso, wohin, wann?”, ein ausdrucksloser Satz.
 

“Mein Dad wurde versetzt, nach New York, wir fahren kommenden Dienstag.”
 

“Das sind ja nur noch drei Tage und New York ist so weit weg!”, ich zucke unter seiner Stimme zusammen.
 

“Man Nick, ich würde ja auch lieber hier bleiben. Newyark hat mir immer gefallen. Und ich werde dich schrecklich vermissen.”, wir stehen uns gegenüber, ich blicke in seine Augen. Sie sehen nur noch traurig.
 

"Aber versprich bitte, dass du mir regelmäßig schreibst, ja?"
 

"Ganz bestimmt. Mindestens einmal in der Woche.", nicke ich.
 

Nicki sieht mich immer noch betrübt an.

Am liebsten würde ich ihn jetzt ein vorerst letztes Mal in den Arm nehmen.

Aber es würde alles nur noch schwerer machen.

Ich lasse es.
 

Mittlerweile ist es entsetzlich still hier.

Kein zwitschernder Vogel, kein bellender Hund und auch keine spielende Kinder sind zu sehen. Das einzige was ich höre ist die Glocke von dem Auto des Eismannes, der sich immer weiter entfernt.
 

“Ich... ich muss jetzt nach Hause. Bis bald.”, er nickt.

Vorsichtig drehe ich mich um, werfe ihn noch einen letzten Blick zu und gehe.
 

Du wirst immer mein bester Freund bleiben, Nikolas.

Versprochen!
 

Prolog: Ende

Habe ich endlich Post?

Kapitel 1: Habe ich endlich Post?
 

PoV Nick
 

Kennt ihr dieses Gefühl, wenn ihr plötzlich ganz alleine da steht? So

vollkommen hilflos? Als wenn euch jemand in irgendein Loch gestoßen hätte und ihr nicht mehr heraus kommen könnt? Kennt ihr das Gefühl?
 

Ich zum Glück nicht. Aber ich kenn da ein anderes, nagendes Gefühl. Es sitzt irgendwo in meiner Magengegend und will mich dazu auffordern sofort zu Louis nach New York zu laufen und ihn zurück zu holen. (Okay, nicht unbedingt laufen….Flugzeug oder so.) Ich weiß eigentlich nur, dass ich ihn vermisse und das Ding in meinem Bauch sagt mir immer wieder, dass ich mehr hätte tun sollen, um ihn aufzuhalten. Vielleicht ist das ja mein Blinddarm, der zu mir spricht. Dann hätte ich eine logische Erklärung darauf, warum sich Leute den

entfernen lassen.
 

Ratlos drücke ich mein Gesicht in das Kissen, mir wird ganz schwarz vor Augen (mein weißer Bettbezug ist in der Reinigung) und ich grummle:

„Verdammtes Arsch, lässt mich hier einfach alleine…“ Was sich für jemanden, der mich vielleicht gerade belauscht hatte wahrscheinlich angehört haben müsste wie „Schemmtes Barsch läts mirchsel scheine.“ Oder so. Haha. Je verzweifelter und trauriger ich bin, desto mehr Witze reiße ich. Die Qualität dieser ist dann allerdings ein Grund zum Streiten.
 

„Hey Kleiner! …Oh Gott, versuchst du dich wieder mit deinem Kopfkissen zu ersticken?!“ Überrascht blicke ich auf. Ich hatte gar nicht bemerkt, wie jemand in mein Zimmer gekommen ist. Aber dass hatte meine herzallerliebste Schwester schon immer drauf. Vielleicht arbeitet sie ja fürs FBI und die Schleicherei hat sie trainiert seit sie ein Kind war. …Ah, merkt man, dass ich sehr verzweifelt bin?
 

Ja, meine Schwester. Patrizia Carter, von allen liebevoll ’Paty’ gerufen. Sie hat ebenso blonde Haare wie ich, nur das ihre ein Stück länger sind. Bis zu den Schultern reichen sie ihr. (Meine nur so knapp über die Ohren. Das sieht echt schick aus, wenn ich mir dann noch ein Tuch oder so umbinde. Aber man soll sich ja nicht selbst für sein gutes Aussehen loben. Hehe.) Auch die gleichen Augen hat sie. Braun. Haselnussbraun. Und sie ist 7 Jahre älter

als ich, also jetzt 24. Ich bedauere alle Menschen, die auch eine ältere Schwester haben. Das sind gemeine, biestige Dinger. Wenn man mit ihnen nicht umzugehen weiß und ich hab die Anleitung schon lange verloren. Sie meine aber leider nicht. Das Positive an ihr ist, dass man gut mit ihr reden kann. Wenn sie denn mal da ist, schließlich wohnt sie bei ihrem Freund Silas. Ein ekliger Typ, ich kann ihn nicht ausstehen. Nur jedes Wochenende kommt sie

uns für einen oder manchmal zwei Tage besuchen. Aber besser als früher, da hat sie bei unserem Vater gelebt. Unsere Eltern sind getrennt, sie wohnte bei Papa, ich mit Luke bei Mom. Luke ist unser kleiner, 3-Jähriger Halbbruder. Unsere Mutter hat nämlich wieder geheiratet, wir haben jetzt einen Stiefvater, Tom. Er ist ein cooler Typ und immer gut drauf. Papa war nicht so. Er war streng, hat nie etwas erlaubt und…ach egal.
 

Mit Schwung lässt sie sich neben mich aufs Bett fallen und legt einen Arm auf meine Schulter. „Komm, du kannst es mir sagen wenn dich etwas bedrückt.“ „Es ist so langweilig ohne ihn.“ „Wen?“ Ich richte mich aus meiner liegenden Position auf und setzte mich in den Schneidersitz. „Louis! Man, hast du nicht mitgekriegt das er nach New York gezogen ist?“ „Nein, Echt?“ Genervt verdrehe ich die Augen. Schlecht informierte Gesprächspartner sind doof. Waren sie immer und werden sie immer sein. „Ja, echt. Schon seit einer Woche

ist er weg. Aber weißt du was das schlimmste ist?“ Mitfühlend schüttelt sie den Kopf. „Nein, was denn?“ „Er hat versprochen zu schreiben, aber ich hab immer noch keine einzige E-Mail erhalten, obwohl ich jeden Tag nachgesehen habe!“ Mit einer Handbewegung deute ich auf den Computer, der ausgeschaltet sein Dasein fristet.
 

„Ach, wenn er doch gerade erst umgezogen ist, hat er sicher noch keinen Internetanschluss…“ „Dann soll er sich beeilen und sich einen holen! Hallooo? Beste Freunde für immer?! Und dann lässt er mich hier einfach versauern…“ Demonstrativ schmollend schiebe ich meine Unterlippe hervor und werfe dem PC einen Blick der ganz besonders bösen Variante zu, als wenn er daran Schuld wäre. Aber man braucht ja immer einen Sündenbock. Zumindest

ich. Doch Paty kichert nur über diesen Anblick. Ich bin todernst und sie lacht. Mal wieder typisch. „Lach nicht…“ „Entschuldigung, aber du sahst zu süß aus…aber, da fällt mir ein: Was ist den mit Anny? Soweit ich weiß, habt ihr beide euch doch immer gut verstanden.“ Ja, bis ich sie in den Swimmingpool geschubst habe. „Jaaa…tun wir auch immer noch, aber sie ist halt nicht…so wie er!“ „Mmmh, dass versteh ich schon.“ Klar, als wenn. Sie grinst nämlich immer noch. Irgendwie habe ich das Gefühl, sie lacht mich aus…
 

„Was…was ist wenn Louis nie schreibt? Wenn mich einfach vergisst?“ Sie legt einen Arm um meine Schulter und lacht. Argh! Sie macht mich noch ganz wahnsinnig mit ihrer guten Laune! „Das wird er schon nicht…Nicki, dich kann man nicht vergessen, egal wie sehr man es versucht.“ Oh…war das jetzt ein Kompliment oder eine Beleidigung? Am besten schreibe ich mir das mal auf,dann kann ich mir später mal den Kopf darüber zerbrechen, wenn ich nichts zu tun habe.
 

„Er wird schon noch schreiben, glaub mir. Aber jetzt komm erst mal mit runter, es gibt gleich Essen. Mama hat extra für mich die leckere Spinatsoße gemacht, statt der Bolognese zu den Spaghetti. Das will ich mir nicht entgehen lassen!“ Achja, Vegetarier…heißt so viel wie „Zu blöd zum Jagen“. Dämlicher T-shirt – Spruch. Man, ich bin heute wohl echt fertig! Doch schon werde ich von meinem Schwesterherz auf die Beine gezogen und zur Tür bugsiert, dann nach unten in die Küche, wo Tom und Silas gerade den Tisch decken. Ach ne, der ist auch dabei…
 


 


 

Okay, dass Essen hat mich geschafft. Und ich mag Silas noch weniger als früher. Er ist echt gruselig. Und ständig starrt er Paty so besitzend an. Ich sollte sie mal neu verkuppeln. Obwohl…ich schaffe es ja selbst nicht mal mich selber zu verkuppeln, da könnte das schwierig werden. Aber – hallo? – ich bin 17 und Single, sehe super aus und habe einen Bombencharakter! Die Mädchen müssten mir scharenweise zu Füßen legen. Tun sie aber nicht, statt dessen kriege ich ständig irgendwelche zweideutigen Anmachen von diesem

komischen Mark aus der Parallelklasse. Verdammt, der soll endlich verstehen das ich nicht schwul bin! Jetzt wieder Wütend schmeiße ich meinen Computer an, um einen weiteren Hoffnungsfunken auf eine E-Mail von meinem „besten Kumpel“ zu erlöschen. Mein Leben ist scheiße.
 

…oder doch nicht?
 

Einen Freudenschrei ausstoßend springe ich vom Stuhl auf und führe erst einmal eine Mischung aus Ententanz und Samba auf (vielleicht ist auch ein wenig Tango dabei.). Oh.mein.Gott! Da steht es! Schwarz auf Bildschirm!
 

»Sie haben eine neue Mail«
 

Schnell klicke ich auf lesen, dann überfliege ich den Text und…stocke. Enttäuscht lasse ich mich auf den Drehstuhl zurückfallen. Nur eine Werbung von Youtube. Ich hätte den Newsletter nicht abonnieren sollen!
 

Müde will ich bereits ausschalten, doch dann blinkt plötzlich der Balken wieder auf.
 

»Sie haben eine neue Mail«
 

Jaja! Und tatsächlich. Sie ist von ihm. Heureka! Mein Leben hat seinen Sinn zurück!
 

An: Nick.Carter@gmail.com

Von: Louis.Jones@gmail.com

Betreff: Wouuu! Einfach wouu.

Datum: Fr, 28. Aug. 2009, 20:07:56
 

Hey Nick,
 

sorry das ich mich erst so spät melde, ich hatte noch keine Internetanschluss.

Aber jetzt ist alles fertig und ich muss sagen: Whoa!

Die Gegend ist echt super. Wir wohnen in einem Vorort von New York, das Haus ist etwa so groß wie unser altes und superschön, im mitteleuropäischen Stil. Du wirst es lieben, wenn du es siehst. Die Leute hier sind echt nett, einige Nachbarn haben uns gerne bei den Arbeiten im Haus geholfen und mein Bruder hat schon einen Spielkameraden. Er und Matteo hängen die ganze Zeit miteinander rum. Am Nachmittag bin ich mit der Tochter meiner Nachbarin in die Stadt gegangen. Sie heißt Manon McNerney, wird aber nur Mino gerufen, und wir werden in eine Klasse gehen. Ich schick mal ein Bild von der Gegend und Mino. Sonst kann ich dir noch nicht viel erzählen. In einer Woche im Umzugstress erlebt man ja nicht besonders aufregende Dinge. Ich hoffe bei dir ist alles klar. Was machst du denn den ganzen Tag ohne mich? Lässt dich hoffentlich nicht von diesem Typen aus der Parallelklasse anmachen. Wie heißt der nochmal? Timo? Marc? Leo? So was in der Art war es doch, oder? Ist mit Anny eigentlich wieder alles klar?
 

Bis bald und grüß alle von mir.

Louis
 

Kapitel 1: Ende

Ein schöner Tag und eine schreckliche Begegnung

Kapitel 2: Ein schöner Tag und eine schreckliche Begegnung
 

Louis PoV
 


 

“Was für ein herrlicher Tag.”

“Hm”. Herrlich ist genau das richtige Wort.
 

Mino und ich liegen im Central Park und genießen das verboten schöne Wetter.

Die Sonne lacht, der Himmel glänzt in seinem schönsten Azur und es ist angenehm warm.
 

Nicht diese erdrückende Hitze, die einen total schlapp und lustlos macht, wo man sich am liebsten im kühlen Keller oder Schwimmbad aufhält, es ist eine angenehme, erfrischende Hitze.
 

Ich hätte nie gedacht, dass ein Sommertag in einer Großstadt wie New York genauso schön sein kann wie im kleinen Newark.
 

Da fällt mir Nick ein. Was er wohl gerade macht? Hoffentlich kommt er ohne mich klar.

Ich sollte heute Abend mal meine Mails checken.
 

“Holen wir uns ein Eis?”, Mino sieht mich an und hält sich den Arm vor ihre Augen um nicht von der Sonne geblendet zu werden.

“Ok.”, wir rappeln uns auf und laufen an spielenden Kindern, Hunden, die von ihren Herrchen ausgeführt werden, Skatern, Gauklern, gestressten Büroarbeitern, die ihre Mittagspause an der frischen Luft ausnutzen und jede Menge anderen Menschen, die den Tag im Park verbringen vorbei in Richtung Eisverkäufer.
 

Im Central Park ist immer viel los, aber an so schönen Tagen ist es besonders schlimm.
 

Kein Wunder - die meisten Leute wohnen beengt in kleinen Stadtwohnungen, ohne Garten und Ruhe, dafür mit Lärm. Lärm der vorbei rauschenden Autos, Lärm der Nachbarn, Lärm der Straßenhändler, der Industrien und Kaufhäuser, Großstadtlärm, er hält Tag und Nacht an und es ist nicht wunderlich, dass viele Stadtmenschen Tinitus oder Probleme mit den Nerven haben.
 

Zum Glück sind wir in eine ruhigere Vorstadtgegend gezogen.
 

“Ich nehme Kirsche und du?”, sie sieht mich fragend an, als wir vor dem Eiswagen stehen und der genervt und gar nicht italienisch, sondern asiatisch aussehende Verkäufer auf unsere Wünsche wartet. “Ähm…”, ich studiere schnell die Aushängetafel mit den vielen unterschiedlichen Sorten Eis. Schokolade, Vanille, Stracciatella, Kirsche, Zitrone, Banane, Erdbeere, Joghurt und viele andere. Trotz der großen Auswahl treffe ich meine Entscheidung ziemlich schnell: “Vanille”, das übliche, besser gesagt.
 

Der Eismann drückt uns je zwei Kugeln Eis in der Waffel in die Hand und nimmt das Geld entgegen.
 

Wir schlendern zur nächsten freien Bank. Hier stehen etliche rum, doch dummerweise sind die meisten besetzt.
 

Da! Da ist eine!
 

Mino und ich steuern siegessicher auf das Zielobjekt zu, doch dummerweise hat noch jemand die unbesetzte Bank entdeckt.
 

Sie sind zu dritt.
 

Soweit ich erkennen kann zwei Mädchen und ein Junge.
 

Wir und die Konkurrenten nähern uns etwa gleichschnell der Parkbank.
 

Mittlerweile kann ich die Gestallten besser erkennen.
 

Die Mädchen sind schätzungsweise siebzehn, also so alt wie ich. Etwa gleich groß. Das eine hat ein grün-braun gemustertes Sommerkleid, Sandalen und einer große Sonnenbrille. Sie hat die Haare lang und rot, naturrot. Das Mädchen macht einen hochnäsigen Eindruck, die andere sieht viel freundlicher aus. Sie hat kurze, blonde Haare, eine Caprihose und ein grünes Top. Beide laufen lachend nebeneinander her.
 

Der Junge scheint unbeteiligt, man merkt aber, dass sie zusammen gehören, man merkt es daran, dass er ab und zu von den beiden fragend angeguckt wird und er eine knappe Antwort gibt, so weit ich das von der Entfernung erkennen kann.
 

Er ist ein bisschen größer als seine Freundinnen, trägt eine dunkelblaue Jeans, ein blau-weiß gestreiftes T-Shirt und hat rotblonde Haare, es nicht dieser seltsamen Zwischenton, nicht dieses blond mit einem ungemütlich pampigen Rotstich, es ist ein sattes orange mit blonden Unterton, schwer zu beschreiben, aber er sieht unglaublich hübsch damit aus.
 

Ich tue es schon wieder, ich kann mich einfach nicht daran gewöhnen, ich kann es nicht lassen!
 

Fast am Zielort angekommen, sehe ich auch seine Augen. Sie sind in einem wunderschönen Meersblau gehalten, er hat einen klaren Blick und leckt gedankenverloren an seinem Eis.
 

Ich bleibe stehen. Er sieht unwerfend aus.

Die Sachen sind wie für ihn geschneidert, das T-Shirt betont seine Figur extrem gut und das kurze Haar lässt sein wohlgeformtes Gesicht um einiges schöner wirken als es schon ist, also, falls das noch geht.

Ein wahrer Traumann, aber was denk ich da?
 

Nein, das darf ich nicht!
 

Ich schüttle meine Kopf.
 

Mino sieht mich verwundert an.
 

“Was ist los?”

“Nichts.”
 

Sie sieht nicht sehr überzeugt aus.

Ich kann ihr aber auch schlecht erzählen, dass ich den Typen, der mir fast gegenüber steht, anziehender finde als Heide Klum. Das geht nicht, ich konnte es ja nicht einmal Nick erzählen, dabei ist er doch mein bester Freund und Mino kenne ich erst seit ein paar Tagen. Niemand weiß es, ich finde mich ja nicht mal selbst damit ab, dass ich schwul bin. Vielleicht, nein, hoffentlich ist es nur eine Phase und geht vorüber.
 

Ich seufze.
 

Mino sieht mich immer noch zweifelnd an.

Schnell überrede ich mich zu einem Lächeln, sie ist nicht sehr überzeugt davon, besser kann ich es aber nicht.
 

Mein Blick haftet auf dem fast gegessenen Eis.
 

Nicht den Jungen angucken, Louis!
 

“Hi, was treibt dich denn hier her?”, reißt es mich aus meinen Gedanken.

Ich schaue fast schon entsetzt überrascht auf, als das rothaarige Mädchen Mino anspricht.

Sie scheinen sich zu kennen.
 

“Das schöne Wetter.”, antwortet sie.

“Ist das dein Freund?”, sie scheint mich zu meinen, Mino schüttelt den Kopf.

Der Blick der Mädchen ruht auf mir. Ob ihr männlicher Begleiter mich genauso gespannt mustert, weiß ich nicht, ich versuche ihn nicht zu beachten, denke aber das nicht, hoffe es sogar.
 

“Willst du ihn uns denn nicht vorstellen?”, meint die rothaarige weiter.

Mino wirft mir einen kurzen Blick zu, ehe sie antwortet.

“Das ist Louis, er ist seit kurzem mein neuer Nachbar.”

“Nachbar also...”, die rothaarige wird mir immer unsympathischer, dieser Unterton in der Stimme wirkt bedrohlich.
 

Ich will weg!
 

Flehend sehe ich Mino in ihre grünen Augen.

Hoffentlich versteht sie.
 

“Ich bin Victoria und das sind Clara”, sie nickt in Richtung blondes Mädchen, ”und mein Bruder Julien”, Ok, das reicht an Infos. Ich will immer noch weg.
 

“Hallo.”, höre ich eine Mädchenstimme mit französischen Dialekt, wahrscheinlich die blonde – ähm…? - Clara.

Ich nicke nur kurz.
 

Manon McNerney!

Zum Himmel lass uns gehen.
 

Nervös knete ich meine schwitzig gewordenen Hände und sehe zu wie mein Eis in der Sonne schmilzt.
 

Ich merke, dass Julien mich ansieht. Ich kann es richtig spüren.
 

Es soll aufhören, dieses komisch unwohle Gefühl.
 

Einfach weg gehen, ich brauche es nicht.
 

Und er soll aufhören. Guck weg.

Weg!
 

“Ähm”, das war ich, “Ich... Ich und Mino.. Wir müssen leider schon.”, ich zwinge mich zu einem schiefen Lächeln. Man, dieses künstliche Lächeln auf Knopfdruck sollte ich echt üben.
 

Endlich versteht Mino.
 

Sie nickt, wir verabschieden uns und gehen.
 

Ein Glück.
 

Ich hoffe ich muss die drei, besonders Julien, nie, nie wieder sehen.
 

Den ganzen Weg über schweigen wir.
 

Warum weiß ich nicht. Ich will die Stille nicht unterbrechen und weiß nicht was ich sagen soll und Mino weiß wahrscheinlich auch nichts.
 

Besser so, denke ich.
 


 


 

In unserer Straße angekommen, sage ich ihr schnell Tschüss und verschwinde im Haus.
 

“Bin wieder da.”, rufe ich laut.

Dad scheint mich gehört zu haben, er nickt und meint: ”Nick hat für dich angerufen als du nicht da warst. Er hat was von einer Mail gesagt.”

“Ah, ok, danke.”
 

Die Treppe hochgeeilt und im Zimmer angekommen sehe ich, dass Matteo und Kyle, sein Spielkamerad, vor meiner Playstation hocken und irgendein Spiel spielen. Autorennen glaub ich.

Mir auch egal.
 

Ich ignoriere die beiden einfach mal.

Sie mich scheinbar auch.
 

Als ich den Laptop anschalte und das Internet öffne, sehe ich schon, dass ich eine neue Mail habe.
 

Sie ist von Nick.
 


 

An: Louis.Jones@gmail.de

Von: Nick.Carter@gmail.de

Betreff: Selber Whoa!

Datum: Sa, 29. Aug. 2009, 00:02:43
 

Hey Louis…
 

Ich hab Jahre auf deine Mail gewartet! Das verzeih ich dir nie!

Mensch, ich vermiss dich hier in Newark…ohne dich bin ich doch hilflos den Tücken des Alltages ausgesetzt und dann ist niemand da, der auf mich aufpasst und mir sagt, dass man Löffel nicht in die Mikrowelle steckt…(Das hat eine ganz schöne Sauerei gegeben, meine Mutter ist echt ausgetickt…fühl dich ruhig schuldig!) Und Mark bin ich hilflos ausgeliefert ohne dich! Wann wird der es endlich kapieren?!

Aber gut, New York gefällt? Nein, nein, nein! Wieso gefällt es dir da, wenn ICH nicht da bin? Magst du mich nicht mehr? Naja, sag dieser Mino, sie soll gut auf dich aufpassen…

Mensch, der Freund meiner Schwester ist krass drauf. Beim Essen hat er die ganze Zeit geschmatzt…Mama ist glaub ich auch nicht so froh über ihn. Aber das nur nebenbei. Wann kannst du mich besuchen?!?!
 

Dein Nick.

PS: …vergiss mich nicht!
 


 

Oh, Nicki, ich vergesse dich doch nicht.
 

Geschafft - von was auch immer - lege ich den Laptop auf den Boden und drehe mich auf den Rücken, meine Hände auf dem Bauch verschränkt.
 

Das Spiel scheint zu Ende zu sein, denn Matteo legt den Controller aus der Hand und klettert zu mir auf das Bett. Der Kleine setzt sich auf meine Beine, ich seufze.
 

“Was hast du?”, fragt er.

“Nichts.”, antworte ich. “Es ist nichts. Gar nichts.”
 

Mit einem “Aha.”, klettert er wieder von mir runter und spielt eine neue Runde mit Kyle.
 

Wie schön das Leben doch als neunjähriger sein kann. So wunderbar einfach und sorgenfrei…
 

Ende Kapitel 3

Hitzefrei! …was haben die denn alle gegen mich?!

Kapitel 3: Hitzefrei! …was haben die denn alle gegen mich?!
 

PoV Nick
 


 

Es ist heiß. Verdammt heiß. Obwohl es gerade mal die fünfte Stunde ist. Und das auch noch an einem Langtag! Wahrscheinlich haben alle anderen Schulen des Landes hitzefrei. Doch bei uns herrscht einer von den Direktoren, die Kinder erst dann gehen lassen, sobald die 50° Grad – Linie gesprengt worden ist. Zumindest kommt es mir so vor. Also bin ich den grausamen, berühmt – berüchtigten drei Ms’ ausgesetzt.
 

Montag.

Mittags.

Mathe.

Um Himmelswillen. Ich hasse Mathe. Vor allem aber, seit ich in der letzten Arbeit ein E hatte. Es ist auch viel eher: Mathe hasst Mich.
 

Fast schon als wolle ich die Zeiger dazu bringen schneller zu laufen – und dass will ich wirklich – starre ich die Uhr über der Tafel an. Nur noch eine viertel Stunde trennen mich von dem ersehnten Klingeln. Jetzt kann ich nur noch hoffen, dass nichts mehr dazwischen…

„Mr. Carter, wo sie schon so angestrengt auf die Tafel starren, hätten sie da vielleicht die Güte uns zu demonstrieren, wie man folgenden Term vereinfacht?“
 

Ich brauche ein paar Sekunden, die ich Mrs. Parker – ziemlich aufgetakelte, brillentragende Person, die ihre blonden Haare immer zu einem strengen Dutt zusammen gebunden hat. Ein wandelndes Klischee von einer Mathelehrerin. – einfach nur anstarre, bis ich realisiere das ich gemeint bin. „Äh, Term, Vereinfachen, alles klar…“ Wenn ich mich recht erinnere hatten wir das Thema in der 7ten. Und wenn ich mich noch weiter erinnere, hatte ich auch in der Arbeit darüber ein D- . Also ganz schlecht!
 

» 10x + 25 (x + 4) –20 (x – 1/2 y) – 100y. « So steht es an der Tafel.

Gott, dass ist doch jetzt nicht wahr, oder? Ich meine – hallo? – mindestens 35° Grad im Schatten, mein Gehirn ist so gut wie weggeschmolzen und ich fühle mich wie dreimal überfahren. Und da soll ich bitte irgendetwas aus der 7ten Klasse aus dem ff heraus rechnen können? Wo ich doch auch normalerweise nicht der hellste bin?! (Ja, Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung. Man bin ich gut!)
 

„Äh…ähm, aber klar doch…“, murmele ich und hoffe, dass jetzt doch noch irgendein Wunder geschieht. „Also…vereinfachen? Ahm, alles klar…das ist doch ein Klacks…“ Hilfesuchend schaue ich zu Anny, die meinem Blick allerdings gekonnt ausweicht. Das Mathegenie der Klasse nimmt mir die Pool – Geschichte also immer noch übel…sollte ich mich mal entschuldigen? Irgendwann. Vielleicht.
 

Okay, wenn sie mir nicht helfen will, dann eben mein bester Freund und Helfer…Louis! Auf dem Weg zur Tafel – der mir ewig lange vorkommt – halte ich Ausschau nach ihm. Erst als ich jede einzelne Bank abgesucht habe, fällt mir ein, dass er doch gar nicht mehr da ist.
 

Früher. Ja, früher hätte er mir jetzt irgendwie geholfen nicht wie ein totaler Volldepp auszusehen. Wie soll ich eigentlich ohne ihn die nächsten Jahre überleben? Und wie oft habe ich mir diese verdammte Frage jetzt schon gestellt, ohne auch nur eine leise Ahnung auf die Antwort zu haben?!
 

Ich bin an der Tafel angekommen. Schnell kneife ich die Augen zusammen, in der Hoffnung, aufzuwachen. Schon wird mir die Kreide gereicht, ich setze den ersten, lustlosen Strich, da…

Schweigen senkt sich über die Klasse, als es im Lautsprecher – der in jedem Klassenraum angebracht ist – knackt und die Stimme unseres geliebten Direktors Mr. McBones durch den Raum schallt.
 

„Auf Grund der erhöhten Temperaturen wird der Unterricht bereits nach der 5ten Stunde beendet. Alle AGs’ die nach der gewohnten Unterrichtszeit stattfinden, fallen aus.“

Heureka! Ein Wunder! Fast schon euphorisch drehe ich mich um und sehe in die überglücklichen Gesichter meiner Klassenkameraden, die allesamt begeistert aufspringen und zum Fenster laufen, nur um laut auf den Schulhof zu brüllen: „Hitzefrei! Hitzefrei! Hitzefrei!“ Man kann es ihnen ja auch nicht verdenken, das ist schließlich eine Premiere. Sofort schließe ich mich an.
 

„Alle zurück auf ihre Plätze!“ Hilfe, kann diese nervige Lehrerin nicht einmal uns die Freude lassen? „Der Unterricht ist noch nicht beendet!“ Nach unserer Sicht schon. Als hätten die anderen meine Gedanken gehört, laufen alle wieder zurück auf ihre Plätze, aber nicht um sich brav wieder hinzusetzen, sondern sie beginnen ihre Sachen zu packen. Hah, Louis und ich haben sie doch immer gut erzogen. Tolle Klasse.
 

Ungeachtet von Mrs. Parkers geschrieenen Drohungen rennen wir raus auf den Schulhof und verstreuen uns in alle Richtungen. Das ist echt ein Grund zum Feiern. Wie ich sehen kann, sind wir nicht die einzigen, die schon mal frühzeitig das Hitzefrei in die Tat umsetzen. Auch aus den anderen Ausgängen des Schulgebäudes strömen Kinder, Jugendliche und vereinzelt sogar Lehrer. Irgendwie ein cooles Gefühl, fast wie ein Aufstand gegen die Temperaturen. Wenn Louis doch jetzt hier wäre und das alles mit ansehen könnte. Das würde ihm sicher auch einen Heidenspaß bereiten…Schluss. Ich sollte mich am besten einfach daran gewöhnen, dass er nicht mehr da ist.
 

Plötzlich spüre ich eine Hand auf meiner Schulter. „Ey, Carter! Kommst du mit?” Als ich mich umsehe, erkenne ich Timo – einen aus der Parallelklasse – der mich breit angrinst. „Wohin?“ Stelle ich sofort die Gegenfrage. „Na, zum Simpson – Lake.“ „Ohm, klar! Wer kommt noch mit?“ „Ja, ich denke mal einfach ein paar aus meiner Klasse und ein paar aus deiner, wenn du Leute mitbringst.“ „Klar!“
 


 

Der Simpson – Lake. Ein kleiner, lieblicher See, an dem sich die ganzen Jugendlichen der Stadt versammeln. Er heißt so, weil hier ganz in der Nähe haben wir einmal eine lebensgroße Stoffpuppe der Simpson - Familie gefunden. Homer, Marge, Maggie, Bart und Lisa. Wer sie gemacht hatte, musste echt ein handwerkliches Genie gewesen sein. Oder derjenige hatte einfach viel zu viel Zeit.
 

Die Puppen liegen jetzt mittlerweile auf dem Grund des Sees. Louis und ich sind fast jeden Nachmittag hier hergekommen. Im Frühling und Herbst zum Fußball spielen, im Sommer zum Schwimmen und im Winter zum Schlittschuh fahren. Ich liebe diesen Platz. Der perfekte Ort um diesen unglaublich tollen Tag zu feiern. Schließlich liegt um den See herum ein kleiner Wald – also ist es hier angenehm kühl und es lässt sich selbst heute hier aushalten. Die ersten paar springen auch schon in das kalte Wasser und auch ich würde gerne, hätte ich meine Schwimmsachen mit. Oh? Was sehen meine hübschen Augen da? Toll, Red Bull haben die besorgt. Und wie es aussieht sogar kaltstellen können.
 

Sofort eile ich hin, doch leider war mein Weg etwas länger als der der anderen. Kurzum: Als ich ankomme ist nichts mehr da. Verdammt. Da sieht man es mal wieder, denn wenn Louis jetzt bei mir gewesen wäre, hätte er wie um sein Leben dafür gekämpft, dass ich auch eine Dose abbekomme. Also, zumindest glaube ich, dass er das getan hätte. Seufzend will ich schon umdrehen, als ich plötzlich ein Zischen vom Öffnen einer der Dosen und eine sehr vertraute Stimme höre. „Naaa, nichts abbekommen, Nicki?“ Verdammt, er soll aufhören mich so zu nennen! Nur Louis darf das. Und gelegentlich auch meine Schwester.
 

„Scheint so.“ Grummele ich daher einfach nur ohne mich umzudrehen und schlage den Weg zum See ein, wenigstens die Füße kann ich ja hinein baumeln lassen. „Ich hab dir auch eine besorgt.“ Sofort drehe ich mich um. „Echt?“ Wow, bei so einem Wetter leide ich an ziemlichen Stimmungsschwankungen…als ich mich umdrehe, streckt mir auch schon dieser jemand das kalte Getränk entgegen, doch als ich danach greifen will, zieht er es zurück. Verwirrt sehe ich ihn an. „Tse, tse, du glaubst doch nicht wirklich, dass du das ohne weiteres bekommst? Ich will schon eine kleine…Bezahlung dafür.“
 

„Wie viel?!“ Ich habe sofort nach meinem (fast leerem) Portemonie gegriffen, in der sehnlichen Erwünschung eines jenem Getränkes. Hach, ich brauche jetzt ein Red Bull! „Nein nein, Dummkopf. Doch nicht so etwas! Ich dachte da eher an etwas anderes.“ Okay, jetzt bin ich echt verwirrt. Was will er denn bitte? „Maaark, komm, ich bin kurz vorm Verdursten, sprich Klartext!“ „Ich dachte da an vielleicht…einen Kuss?“
 

Och nein! Reicht es nicht aus, dass ich in Mathe bereits gefoltert worden bin? „Nein!“ „Dann auch kein Trinken.“ „Wie oft soll ich dir denn noch sagen, dass ich verdammt noch mal nicht schwul bin?!“ Louis hätte mich jetzt sicher auch verteidigt. Und mir sein Getränk gegeben.
 

Mark winkt einfach ab. „Quatsch. Jeder hier…“ Dabei breitet er die Arme demonstrativ aus. „…glaubt doch, dass du vom ‚anderen Ufer’ bist.“ Also, ich muss mich verhört haben. Oder hat er das grade wirklich gesagt?! „Wie jetzt?“ „Ja klar. So wie du und Louis immer zusammen gehangen habt…“ „Er war einfach mein bester Freund!“, fange ich sofort an zu protestieren, doch das scheint Mark wenig zu beeindrucken. „Außerdem hattest du nie eine Freundin…“ „Ja und?! Ich warte halt auf die Richtige!“ „Du stehst auf Jared Leto und Gerard Way.“ „So ein Quatsch! Nur weil ich ihre Musik mag?!“
 

Langsam merke ich echt, wie ich kurz vorm Explodieren bin. Denken wirklich alle hier so? Oder will er mich einfach nur ärgern und provozieren? „Guck dich nur an, wie du dich anziehst. Deine Haare sind fast länger als die deiner Schwester!“ Das muss ich mir nicht mehr anhören. Ich drehe mich um, will weiter zum See. „Und schon allein dein Auftreten, du kleine süße Dramaqueen!“ Beruhige dich, Nick, bleib ganz ruhig. Zum Glück bin ich bald beim See angekommen, beschließe einfach in Boxershorts zu baden, so wie die meisten hier. Einfach Mark ignorieren. Das macht er doch nur, weil er weiß, dass er keine Chancen bei mir hat.
 

„He, Nicki?“ Was haben eigentlich alle mit meinem Spitznamen?! Überrascht stelle ich jedoch fest, dass es ausgerechnet Anny ist, die mich da so von der Seite angequatscht hat. „Äh, ja?“ „Ich…ich wollte mich nur entschuldigen.“ So, das war eindeutig zu viel Verwirrung für einen Tag. „Wofür das denn?“ „Dass ich so geschmollt habe, wegen dem kleinen Scherz von dir…“ Achsooo…gut, dann muss ich mich nicht mehr entschuldigen, wenn sie es eh als ihre Schuld sieht. „Ohm, schon okay.“ „Können wir vielleicht wieder befreundet sein?“ „Waren wir das je nicht?“ Hehe, dass ist doch jetzt grade schön gesagt von mir, nicht? Applaus für Nick, den Meister der Worte. Sie lacht. „Gut…wenn das also endlich geregelt ist. Sag mal…hast du Lust auf Schwimmen?“ „Klar, wollte ich eh grad machen.“
 


 

Super, dann habe ich jetzt wenigstens wieder eine Freundin mehr. Da Louis mich ja verlassen hat. Anny hat sogar darauf bestanden mich nach Hause zu begleiten. Mittlerweile ist es nach 8 und ich werde wahrscheinlich ziemlich Ärger kriegen, weil ich nicht Bescheid gesagt habe. „Sooo, da wären wir.“ Stellt sie fest. Gutes Kind, dafür muss ich ihr einen Keks schenken. Okay, jetzt oder nie. Das, was Mark mir da so nett entgegen geworfen hat, geht mir einfach nicht mehr aus dem Kopf. „Ja…ahm, Anny? Ich hätte da noch kurz eine Frage…bin ich so schwul?“ Wenn sie jetzt etwas Falsches sagt, vergesse ich meinen Vorsatz keine Mädchen zu schlagen…
 


 

An: Nick.Carter@gmail.de

Von: Louis.Jones@gmail.de

Betreff: Re: Selber Whoa!

Datum: Di, 1. Sept. 2009, 11: 50:13
 

Hi Nick,
 

alles klar?
 

New York, ist wirklich klasse, aber natürlich fehlst du mir und ich glaube du solltest dir lieber Sorgen um dich als um mich machen. Ich komm schon klar, aber das man Besteck nicht in die Mikrowelle steckt, solltest du aber langsam gelernt haben [dasselbe gilt für den Mixer und halt dich bloß vom Rasenmäher fern!].
 

Ist deine Schwester immer noch mit diesem Silas zusammen?
 

Wenn du Zeit hast, komm ich dich in zwei Wochen besuchen. Wir wollen zu Oma, da schau ich bei dir vorbei. Mark zeig ich’s, wenn er dich nicht in Ruhe lässt.
 

Auf was für Ideen kommst du denn? Ich vergesse dich doch nicht! Kapiert?
 

Bis dann
 

Louis.
 


 

Kapitel 3: Ende

Kapitel 4: Bin ich krank? oder: Punk-Rock-Konzerte und ihre Nebenwirkungen

Hey!

Sorry, dass es so lange gedauert hat. Es sind schon einige neue Kapitel fertig. Leider habe ich nicht ans hochladen gedacht, weil ich dachte niemand liest die Geschichte.

Aber es gibt doch ein paar die unsere Story auf ihrer Favo-Liste haben. *cheer*

Eure Painted _Lady und Frosch14
 

+o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o*
 

Kapitel 4: Bin ich krank? oder: Punk-Rock-Konzerte und ihre Nebenwirkungen
 

PoV Louis
 


 

Es klingelt, Ma ist zu hören, sie begrüßt den Gast. Erneut werfe ich den Ball hoch, bis er fast die Decke berührt und wieder runter fällt. Man hört Schritte, sie bewegen sich auf meine Zimmertüre zu und jemand klopft an. Ohne auf ein ‘herrein’ zu warten wird die Türe ein Stück weit geöffnet. Den Ball lasse ich neben das Bett fallen.
 

“Besuch für dich”, meine Mutter betritt das Zimmer. “Liegst du immer noch im Bett? Du wirst doch nicht krank werden”, sie kommt auf mich zugeeilt und fasst mich an die Stirn. “Fieber hast du keins”, stellt die gelernte Krankenschwester fest. “Mir geht’s gut. Keine Sorge”, tu ich das Thema ab. Ich fühle mich wirklich nicht krank und Lust betatscht zu werden, habe ich jetzt auch keine.
 

Im Türrahmen steht Mino. Sie grinst und hat alle Mühe ein lautes Lachen zu unterdrücken.
 

Die kurzen, schwarzen Haare fallen ihr ein bisschen ins Gesicht, ihre grünen Augen sind vom Grinsen etwas zusammengekniffen, die Wangen leicht rötlich. Erinnert an meinen Bruder, wenn er die Luft anhält, weil er nicht an der Konsole spielen darf. Er plustert das Gesicht auf wie ein Kugelfisch, verschränkt die Arme und meint, er würde so lange die Luft anhalten, bis er ersticke. Dadurch darf er trotzdem nicht spielen, und erstickt ist Matteo auch noch nie. Blau angelaufen, aber nicht erstickt.
 

Noch ein, zwei besorgte Blicke und Ma schließt leise die Türe, als sie den Raum verlässt.
 

Mino gesellt sich zu mir auf das Bett. Wir lehnen beide an die Wand und schweigen uns an.
 

Die Arme um die an den Körper gezogenen Beine geschlungen, legt sie den Kopf auf ihre Knie und schaut mich an.
 

Bestimmt will sie eine Erklärung wegen vor zwei Tagen haben. Ich weiß doch selbst nicht warum. Da war Julien und ...
 

Ich richte den Blick auf meine Füße.
 

Die ganze Zeit musste ich an den Jungen mit den orangenen Haaren und den wahnsinnsaugen denken. Sein Gesicht, seine Haltung, sein Aussehen. Es hat sich in mein Gedächtnis gebrannt. Wie bei einer Kuh, die gebrandmarkt wird oder früher die Seeräuber. Nur nicht so schmerzhaft - es ist ein schönes Gefühl an ihn zu denken, auch wenn es mir nicht passt, dass er diesen Eindruck hinterlassen hat. Langsam gewöhne ich mich aber an dieses Gefühl, das ich habe, wenn ich an ihn denke. Es ist seltsam. Sehr seltsam. Und ich verstehe es nicht.
 

“Warum wolltest du so plötzlich gehen? Vor ein paar Tagen im Park.”, stört Mino mich in meinen Gedankengängen, “Lag es an Vic?”
 

Eine Antwort bleibt aus.
 

“Komm schon, red’ mit mir, Louis.”
 

“Es lag nicht an Victoria. Es war einfach nur”, sie wirft mir einen Erwartungsvollen Blick zu, ich stehe auf und schaue sie an.
 

“Mir ging es nicht gut und ich wollte gehen”, wende ich meinen Blick von ihr ab.
 

Man soll nicht lügen. Aber im Prinzip stimmt es ja. Ich habe mich in der Situation nicht wohl gefühlt und wollte nach Hause.
 

Ihr Gesichtsausdruck verrät ihre Skepsis. Mino glaubt mir nicht.
 

“Ah, ok”, ist ihre Antwort, ihre zweifelde und nicht zufriedengestellte, unbeantwortete Antwort. Ihr Ton hatte dieses ‘Ja klar. Und Kühe sind lila’-mäßige angenommen.
 

“Heute Abend ist ein Punk-Rock-Konzert verschiedener kleinen Bands im Mauerkeller. Kommst du mit?”,wechselt sie nach ein paar Minuten des nichts-sagen das Thema.
 

Nach kurzem Überlegen stimme ich ihr zu. Vielleicht lenkt mich das etwas von Julien ab.
 

“Ich hol’ dich um einundzwanzig Uhr ab. OK?”, sie lächelt. Mit einem nicken erwidere ich ihr Lächeln.
 

“Lust auf eine Runde an der Konsole?”
 

Wir setzten uns im Schneidersitz vor den Fernseher und schalten das Spiel ein.
 

“Ich zieh dich ab”, prahlt sie kurz bevor das Spiel losgeht.
 

Und wirklich.
 

Ich habe noch nie ein Mädchen gesehen, das so gut ‘Need for Speed’ spielt. Sie hat jede Runde gewonnen. Unglaublich. Mit Nick war es einfacher zu spielen. Er hat wenigstens ein paar mal verloren, im Gegensatz zu Mino.
 

Nick. Wir haben uns jetzt schon ein paar Wochen nicht mehr gesehen, nur geschrieben. Ich drücke auf ‘Pause’ und lege den Controller bei Seite.
 

“Was ist los? Angst zu verlieren?”, lacht Mino.
 

“Ich will nur schnell meine Mails checken, ob Nicki mir geschrieben hat”, sie verseht und setzt sich zu mir an den Laptop. Von Nick habe ich ihr ein- oder zweimal erzählt. Sie weiß, dass wir zusammen aufgewachsen sind und er mein bester Freund ist.
 

Er hat tatsächlich geschrieben. Aufmerksam lese ich die Zeilen.
 


 

An: Louis.Jones@gmail.de

Von: Nick.Carter@gmail.de

Betreff: Ich vermisse dich. Ich bin verloren. Es ist die Apokalypse!

Datum: Mi, 2. Sept. 2009, 23:12:29
 

Mathe ist grausam. Aber zum Glück hatten wir direkt danach Hitzefrei. Konnte die Aufgabe nämlich nicht und war deshalb doppelt froh, dass ich sie an der Tafel nicht zu Ende rechnen musste. Zum ersten Mal ist unser Direktor mir sympathisch

Aber zu den wichtigen Dingen

Mein Leben geht den Bach runter, Louis! Paty ist immer noch mit diesem Silas zusammen, kaum auszuhalten!

Nun, ich habe mich wieder mit Anny vertragen. Gott sei Dank. Wenigstens sie hält zu mir.

Mark hat immer noch nicht aufgegeben, jetzt versucht er es mit einer neuen Taktik. Aus irgendeinem Grund versucht er mir einzureden, dass alle mich für schwul halten. Das ist so was von aus der Luft gegriffen! Und du warst nicht da um mich zu beschützen, aber okay, gut dass es dir in NY gut gefällt so ganz ohne mich

Mmmh, ich freu mich schon riesig bis wir uns wieder sehen!
 

Bis dann, dein Nick!
 

PS: Ich schick dir ein Bild von unserer tollen Sommer-Einweihung mit. Wir waren an unserem See, mit ganz vielen Leuten. War lustig.
 


 

Pünktlich um neun Uhr abends stand Mino vor der Türe und wir sind los. Als wir im Mauerkeller ankamen, war schon viel los, aber jetzt, eineinhalb Stunden später, ist es erdrückend. Die Stimmung ist ausgelassen, die Luft verraucht und in Alkohol getränkt. Die Bands spielen wahnsinnig gut und es ist furchtbar heiß hier drinnen. Der einfache gehaltene Erdgeschossraum, mit den unverputzten Wänden, dem grauen Boden, der unter den vielen Menschen kaum noch zu erkennen ist und der kleinen, aber ausreichende Bühne ist perfekt für solche Veranstaltungen.
 

Wie bei Punkmusik üblich, ist die Musik Live, laut, und schnell, die Texte eindeutig und aggressiv und die ‘Drei-Akkorde-Regel’ wird auch brav eingehalten.
 

Mino und ich tanzen, singen, grölen und rufen mit der jeweiligen Band und dem Rest der Publikums mit.

Wir haben unseren Spaß und das ein oder andere Getränk, welches wir in diesem Land gar nicht trinken dürfen, hinter uns.
 

“Lass uns noch etwas zu trinken holen!”, schreit mich Mino an. Ich brülle ihr ein heiseres ‘ja’ entgegen.
 

Schritt für Schritt drängeln wir uns durch die Masse, bis wir die Bar erreichen. Ein afrikanisch aussehender Mann steht hinter der Theke. Er reicht uns zwei bunte Getränke, welche wir bestellt haben und wir ihm das Geld, welches er dafür bekommt.
 

Hier geht alles ordnungsgemäß vor sich. Wie sich das gehört.
 

“Hey ihr beiden!”, höre ich es hinter Mino und mir rufen. Als wir uns umdrehen erkennen wir wer es ist.

Victoria.
 

“Schön euch hier zu treffen”, brüllt sie uns über die Musik hinweg entgegen, wir nicken nur.
 

Ich habe es befürchtet. Sie hat ihren Bruder im Schlepptau. Er steht ein paar Meter hinter ihr und nimmt zwei Gläser entgegen und ... bewegt sich in unsere Richtung! Die Stunden, in denen ich hier bin, hatte ich ihn schon fast vergessen. Aber jetzt, wo er fast vor mir steht ist es schlimmer als vorher. Julien sieht immer noch so verdammt gut aus wie bei unserer Ersten Begegnung. Nein, sogar besser. Er trägt eine enge, schwarz-rot-karierte Hose und ein körperbetonendes T-Shirt. Die kurzen Haare liegen wieder perfekt.
 

Kommt es mir nur so vor, oder wird es hier ständig wärmer? Mir jedem Schritt, den Julien auf uns zu geht, steigt die Temperatur. Meine Temperatur. Vielleicht hatte Ma ja recht und ich habe wirklich Fieber und werde krank. Ja genau, so muss es sein. Ich bekomme die Grippe. Mein Hals fühlt sich auch schon so trocken an und meine Knochen ganz komisch. Dieses nervige ziehen im Magen kommt bestimmt davon.
 

Mit einer neutralen Geste begrüßt uns Victorias Bruder und drückt ihr eines der vollen Gläser in die Hand.
 

Meins ist schon wieder halb leer. Komisch, wohin ist der Inhalt denn so schnell verschwunden?
 

Am besten ich hole mir gleich mal ein neues. Als ich einen Schritt vorwärts setzte, schwankt der Boden unter mir gefährlich. Ich glaube, ich lasse das mit dem Getränk lieber, nicht das der Boden umkippt, oder sich ein großes Loch bildet, das mich in die Kanalisation zieht. Da ist es eklig dreckig und nass. Außerdem mag ich keine Ratten. Bei Mino ist es bestimmt sicherer, die passt auf mich auf und wenn nicht, dann werfe ich mich einfach Julien entgegen. Genau. So mach ich das, wenn der Boden kaputt geht.
 

Ich spüre Juliens sanften Blick auf mir. Dieser einfache Blick lässt ein Gefühl des Wohlbefindens in mir aufsteigen.
 

Mein Gegenüber nippt von Zeit zu Zeit vorsichtig an seinem Glas, während Victoria ununterbrochen redet, über was auch immer. Sie redet und redet und redet und findet kein Ende. Nur bla, bla, bla. Seltsam, dass das nicht verboten ist.
 

Julien redet nicht. Er macht auch nicht ständig diese Geesten. Das Haar zurückwerfen, mit den Händen wild in der Gegend rumfuchteln und komische Laute, die Wörter und Sätze ergeben sollen, aus dem Mund schicken. Ob die Wörter da überhaupt raus wollen? Vielleicht fühlen sie sich in ihr drinnen auch recht wohl. Man sollte sie mal fragen. Auf die Meinungen der Wörter wird eh viel zu wenig geachtet. Als wenn sie keine Recht hätten.
 

“Ich komme gleich wieder”, verabschiedet sich Mino für kurze Zeit und läuft in Richtung Toiletten. Verräterin! Lässt sie mich hier einfach mit dieser Wörter spuckenden Person und ihrem sexy Bruder alleine.
 

“Hol uns doch was zum trinken”, schickt die Wörterspuckerin Julien weg.
 

Ich glaub, dass sie das nicht nur gemacht hat, weil unsere Gläser leer sind. Seit wann sieht sie mich eigentlich so seltsam an und steht so nah bei mir? Gruselige Person. Ihr Lächeln und ihre Blicke machen mir Angst. Das Haare zurückwerfen wird immer schlimmer. Sie sollte sich deswegen dringend untersuchen lassen. Könnte eine erntzunehmende Störung des Handgelenkmuskels sein.
 

Ich wische mir den Schweiß von der Stirn. Wann kommt Mino wieder? Oder Julien? Oder irgendwer anders? Hallo? Ich brauche Hilfe! Gestrandeter Seemann will vor rothaariger Medusa gerettet werden! Ist da denn keiner, der mich hört?
 

Victorias Atem kann ich auf meiner Haut spüren. Ekelhaft. Er fühlt sich feucht und schmutzig an. Ich weiche einen Schritt zurück, sie kommt auf mich zu, denkt wahrscheinlich es lag am Alkohol. Plötzlich legt sie ihre Hand an meine Wange. Was soll das? Instinktiv machen meine Füße einen kleinen Schritt zurück. Brave Füße. Hab’ euch gut erzogen. Doch mein Gegenüber scheint das auch nur als ein Versehen wahrzunehmen, sie macht diese Hand-Haare Allüren und kommt wieder näher. Ihr muss man es wohl deutlicher machen, dass man kein Interesse hat. So schafft sie es ganz sicher nicht, dass ich wieder hetero werde. Der Geruch ihres Parfums, gemischt mit ihrem nach Alkohol riechendem Atem, wird immer aufdringlicher. Mir wird übel.
 

Ich murmle etwas unverständliches, verschwinde in der Menge und lasse Victoria hinter mir.

Schreckliche Person, hoffentlich sehe ich sie nicht so schnell wieder.
 

Hier sind so viele Menschen, so viele Unbekannte Gesichter. Wo ist Mino?
 

Ich bleibe stehen und schaue mich um. Mit angestrengten Blick sehe ich ein in einem schwachem weiß leuchtendes Schild mit der Aufschrift WC und einem Pfeil nach unten. Auf das Schild zulaufend, erkenne ich ein dunkelhaariges Mädchen mit schwarzem Rock und rotem Shirt vor der Türe stehen.
 

Mino! Da ist sie.

Schnellen Schrittes gehe ich auf sie zu. Ein Glück, sie hat mich erkannt und läuft mir entgegen,
 

“Wo hast du Vic und Julien gelassen?”, fragt sie. Ich zucke mit den Schultern, mache einen ungewollten Schritt nach links.

“Wie viel hast du getrunken?”, Mino klingt besorgt und belustigt zugleich.

“Ein- oder zwei Cocktails”, jedenfalls hab ich nach dem zweiten aufgehört zu zählen. In solchen Situationen hatte ich Nick. Er hat mir gesagt, wann genug ist und dann war das ok. Auch wenn er manchmal etwas verplant ist und es so scheint, als würde er alleine nicht zurecht kommen, hat er immer darauf geachtet, dass ich es nicht übertreibe. Egal um was es geht.
 

Der Boden ist auf einmal auf selber Höhe mit dem Türgriff. Wie kann das sein? Alles dreht sich und verschwimmt langsam zu einem.
 

“Mino?”

“Was ist?”

“Lass uns gehen. Mir ist ...”, weiter komme ich nicht.
 

In meinem Hals steigt langsam eine salzige Flüssigkeit auf. Die Hand vor den Mund haltend, laufe ich in das Herren WC, stürze in eine der Kabinen und muss mich übergeben. Eklig, aber jetzt geht es mir ein bisschen besser.
 

Noch etwas zittrig auf den Beinen gehe ich auf das Waschbecken zu und spritze mir etwas Wasser ins Gesicht. Mein Spiegelbild sieht müde aus.
 

“Louis?”, höre ich eine bekannte Stimme hinter mir. Ich drehe mich um und sehe in zwei blaue Augen.

Julien sieht mich verwirrt an.
 

Er hat doch nicht etwa gesehen...?
 

Kapitel 4: Ende
 

*o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o*

Kapitel 5: Annys große Lüge

Kapitel 5: Annys große Lüge
 


 

PoV Nick
 


 

“Blood loss in a bathroom stall, Southern girl with a scarlet drawl…*” Mit geschlossenen Augen auf einer Wiese liegen und nichts tun. Das ist einfach das allerschönste überhaupt. Vor allem, wenn die Temperatur so angenehm ist, nicht zu heiß, nicht zu kalt.
 


 

„…Wave good-bye to ma and pa ’cause, With the birds I’ll share…*” Anny liegt neben mir, ihr scheint es genauso zu gefallen wie mir, immerhin seufzt sie gerade zufrieden mit sich und der Welt. Ach, das Leben ist schön. Neben uns steht mein alter tragbarer CD-Player, auf diesem hören wir Musik. Kann es besser sein? Mmmh…jetzt ein eiskaltes Getränk wäre nicht schlecht…
 


 

„With the birds I’ll share, This lonely view…*” Doch ganz plötzlich verstummt die Musik und auch meine Sonne ist weg. Ey! Verwirrt blinzele ich, kann aber nichts erkennen. Jemand räuspert sich, ehe die Person beginnt zu sprechen.
 


 

„Also Leute, das hier ist ein Befehl…“ Langsam kommt meine Sicht wieder…und schon wünsche ich mir nie etwas gesehen zu haben. 3 Typen, groß wie Schränke, starren auf uns hernieder. Wahrscheinlich allesamt im letzten Jahr.
 


 

Den in der Mitte kenne ich, sein Name war…ahm, Bradley? Nein, Barder? Den Namen gibt es glaub ich gar nicht… „Mein kleiner Bruder hat heute Geburtstag und ich will, dass er die riesige Party bekommt, die er sich vorstellt. Ich weiß, dass ihr in seiner Klasse seit, also…“
 


 

Benny? Bob? Bancho? „…werdet ihr heute Abend da sein und wenn nicht…“ Er macht eine demonstrative Geste von wegen ’es-wäre-das-letzte-was-ihr-getan-hättet’ und sein vernichtender Blick spricht Bände. Barney? Boris?…ach ja, Bryan. „Ahm, alles klar…“, meint Anny kleinlaut in diesem Moment. „…natürlich kommen wir!“ „Dass ist auch besser für eure Gesundheit.“ Und schon stapft er mit seinen Kumpels davon, auf zum nächsten potenziellen Geburtstagsgast.
 


 

Ganz ehrlich, ich habe keine Lust dorthin zu gehen. Ich denke mal, sein Bruder ist der, den ich vermute und dieser ist eng befreundet mit einer gewissen Person, an die ich gar nicht denken mag. „Super. Ich hasse Patrick.“
 


 

Nein! Er ist es! Patrick ist nicht nur ein verdammt egoistischer Arsch, er ist auch noch eng mit Mark befreundet. Nachdem ich es bis jetzt geschafft habe nach der kleinen Diskussion am See ihn nicht wieder anzutreffen, ist es sehr wahrscheinlich, dass ich ihn dann dort treffe. Ich glaube, ich werd krank. Also, ich habe keine Angst vor Auseinandersetzungen…nein, ehrlich nicht! Ich meine nur, ich habe mich wohl ein klein wenig kindlich benommen (Ja, ich suche den Fehler bei mir! …Mark ist trotzdem ein Idiot.) und am liebsten würde ich warten, bis er die ganze Sache vergessen hat. Aber das Schicksal scheint mich nicht zu mögen.
 


 

„Und wenn wir einfach nicht gehen? Ich meine, niemand kann unser Menschenrecht verletzen und uns dazu zwingen…“, beginnt Anny auch gleich wieder zu überlegen, wobei sie ihre blonden Locken mit der Hand zwirbelt. „Spinnst du? Aber UNS kann man verletzen…“ Sie seufzt wieder, diesmal aber resigniert.
 


 

„Na, so schlimm kann es ja auch wieder nicht werden, wenn viele kommen.“ Werden sie, schließlich ist ’Pat’ sehr beliebt. „Aber ich wette Mark ist da!“ „Bist du Pro oder Contra?! Entscheide dich mal.“
 


 

„Nein, ich meine nur, dass du mich dann beschützen musst.“ Sie sieht mich einen Moment überrascht aus ihren grünen Augen an, scheint abzuwägen ob ich das Ernst meine – was ich tue – und fängt dann an zu lachen. „Ach, nein! Wie süß! Ich glaube, ich überdenke meine Antwort von letztens…“
 


 

Na, danke. „Macht euch nicht immer alle über mich lustig!“ „Ach Nicki. Ist doch nicht böse gemeint, aber du bist halt so…“ Wieder lacht sie. Und ich schmolle. „Weißt du was? Ich geh uns jetzt ein Eis kaufen, okay Kleiner?“ „Ich bin doch kein Kleinkind!“ „Doch, in gewisser Weise schon.“ Aber bevor ich etwas antworten kann, ist sie schon losgelaufen. …mit meinem Portemonie.
 


 


 

Der Tag ging viel zu schnell rum. Aber immerhin hat Anny schließlich doch versprochen, auf mich aufzupassen, komme was wolle. Hach, ich habe fast wieder das Gefühl, dass ich es auch ohne Louis schaffe, obwohl dieser Gedanke allein schon sehr abstrakt ist. Was er wohl grade macht? Denkt er vielleicht auch grade an mich? Das wäre doch was…Gedankenübertragung und so. ’Louis! Louis bitte kommen!’ Haha. Ich bin schon wieder verzweifelt.
 


 

Denn ich habe keine Ahnung was ich anziehen soll. Nicht nur Mädchen haben das Problem! Bei Patrick kann ich mir vorstellen, dass alle total locker drauf sind, also sich nicht sonderlich um etwas festliches scheren. Seufzend greife ich blindlings hinein, stelle jedoch fest, dass das keine gute Idee war.
 


 

Eine enge Röhrenjeans und ein Schlafanzugoberteil. Tolle Kombi. Also ein neuer Versuch. Nach ungefähr zehn Versuchen gebe ich schließlich auf. Seufzend lasse ich mich auf mein Bett sinken, überlege mir, wie ich die Zeit totschlagen kann, bis Anny kommt und gleichzeitig, wie ich eine gute Idee bekommen könnte.
 


 

Früher kannte ich Langeweile nicht. Immer war ich mit Louis zusammen irgendwo. Wahrscheinlich säßen wir gerade in meinem oder seinem Zimmer, er würde Gitarre spielen und ich dazu singen. Obwohl das nicht immer gut klang, denn meine Stimme war nun mal nicht die beste. Aber das interessierte keinen, weil Spaß machte es auf jeden Fall. Wir haben Lieder wie ’Stairway to Heaven’ von Led Zeppelin, ’What a catch, Donnie’ von Fall out boy und ’A modern myth’ von 30 seconds to mars gesungen…Schade, wirklich.
 


 

Also, dass das alles jetzt vorbei ist. Ich kriege es immer noch nicht in meinen Kopf hinein, dass wir uns vielleicht nur noch einmal im Jahr sehen können. Und was, wenn der E-Mail Kontakt abbricht? Irgendetwas zieht sich in meinem Magen gerade sehr schmerzhaft zusammen. Das will ich auf jeden Fall verhindern! Doch als ich aufspringen und zu meinem PC rennen will, wird die Tür schwungvoll aufgerissen und Anny sieht mich grinsend an.
 


 

„Na, alles klar?“ Sie hat immer noch die gleichen Sachen an wie heute Mittag und plötzlich komme ich mir irgendwie dumm vor, dass ich nicht daran gedacht habe. Ein prüfender Blick in den Spiegel bestätigt, dass ich so gehen kann.
 


 

„Glasklar.“ „Klasse. Wenn du magst, können wir jetzt losgehen.“ „Ist doch noch eine viertel Stunde…“ Sie rollt mit den Augen. „Ja, wenn du dich beamen kannst!“ „Wieso…ah!“ Deswegen bin ich auch früher öfters zu Spät gekommen. Die Zeit, die ich irgendwo hin brauche, berücksichtige ich meistens nicht. Tse, sie soll nicht gleich so tun, als wäre das unnormal. Das passiert doch sicher vielen Leuten, oder…?
 


 


 


 


 

Ich wette, Patricks Eltern sind stinkreich. Das Haus, an dem Anny und ich klingeln ist mindestens 5 Stockwerke hoch, es gibt aber nur ein Türschild. Es ist weiß und wirkt edel, Fensterrahmen und Tür in einem dunklen braun. Aus dem Garten schallt bereits lautstarke Musik und es wird gegrölt.
 


 

Schließlich öffnet sich die Türe, es ist Bryan. Er mustert uns kurz, nickt, lässt uns rein und hackt etwas auf einer Liste in seiner Hand ab. Oh Gott, ein Glück das wir gekommen sind!
 


 

Ich wette, Patricks Eltern sind sehr oft weg und haben Schuldgefühle. Anders kann ich mir das Szenario nicht erklären, dass sich uns da bietet. Welche Eltern erlauben so etwas bitte? Mit einem kurzen Blick schätze ich um die 100 Leute, die meisten davon kenne ich nur vom Sehen aus der Schule. Die Möbel des Wohnzimmers sind alle zur Seite gerückt worden, dadurch ist Platz für einen großen Dancefloor, eine riesige Anlage spielt Musik ab, unzählig viele, verschiedene alkoholische Getränke stehen überall und es fliegt Müll und Essen herum.
 


 

Es scheint ein Buffet in der Küche zu geben. Gott, warum muss ich Niklas Carter sein?! Warum bin ich nicht Patrick Meys? Das Geburtstagskind persönlich kann ich nicht ausmachen, aber ich nehme an, es hat sich mit seinen besten Kumpels irgendwohin verzogen. Wahrscheinlich dient die ganze Party nur zum Angeben.
 


 

Die große Tür zum Garten hin ist geöffnet, auch draußen stehen Leute. Gerade als meine Füße mich schon in die Küche tragen wollen, tippt Anny mich an. „He, wollen wir uns wo hin setzen wo es ruhiger ist und warten, bis es vorbei ist?“
 


 

Ach ja, ich hatte vergessen, dass Anny sehr allergisch auf so etwas hier reagiert. Sie mag diese Art von Party nicht, auf der nur gesoffen und geschlagen wird. Da kann ich sie aber schon verstehen…
 


 

“Ohm, klar…aber vorher will ich mir was zu mampfen besorgen!“ „Warum habe ich mir das nicht gedacht?“ Ich werfe ihr einen vielsagenden Blick zu, will mich aufmachen zu den vielen Köstlichkeiten, die mich hoffentlich erwarten. Und tatsächlich – Obwohl die Hälfte des Essens bereits als Wurfgeschoss ausgedient hat, gibt es noch genug für mich.
 


 

Schnell nehme ich mir einen Teller, knurre den Typen an, der grade das letzte Wurstbrötchen essen wollte und bringe dieses sofort in meinen Besitz. Nach einer Weile habe ich mir voll aufgeladen, jetzt werde ich auf die Suche nach Anny gehen.
 


 

Sie sitzt in einer der hintersten Ecken und winkt mich zu ihr rüber. Kaum habe ich mich hingesetzt, beginne ich auch schon zu essen und der Teller ist nach wenigen Minuten leer.
 


 

„Sag mal…wie viel kannst du eigentlich fressen ohne zu platzen?!“ Sie starrt mich verständnislos an. „Genug.“ Und so vertiefen wir uns in sinnvolle und weniger sinnvolle Gesprächsthemen. Etwa eine halbe Stunde später gesellt sich jemand zu uns.
 


 

„Na? Wen haben wir denn da?“ Oh nein, bitte nicht Mark... Ich glaube, er stalkt mich. Mit einem quietschendem Geräusch verstecke ich mich hinter meiner guten Freundin, die jetzt hoffentlich ihr Versprechen einlöst und mich beschützt. „Na, musst du dich etwa von einem Mädchen beschützen lassen?“
 


 

Ahm, gutes Argument mich ihm zu stellen, aber ich bin nun mal Nick. Ich darf mich von allen beschützen lassen. „Mark, bitte. Es nervt wirklich.“ „Wie ein kleines Mädchen. Oder ein Schwu…“ „Hör endlich auf damit!“
 


 

Genau. Er soll bloß leise sein, denn wer von uns beiden hatte ein Coming-out?! Garantiert nicht ich. Doch Anny scheint nicht fertig zu sein. „Außerdem kann er nicht schwul sein…weil…weil wir zusammen sind!“
 


 

Mein Leben ist vorbei…
 


 

Ich bin ein Feigling.
 


 

Nachdem Marks Gesicht eine unangenehme Farbe bei ihren Worten angenommen und er sich wortlos verzogen hatte, war ich schnell aufgesprungen und weggelaufen. Ich glaube, ich bin doch kein Mensch, der Konflikte gut lösen kann…ich wollte nicht mit ihr sprechen, aber andererseits wollte ich schon erfahren, was da in sie gefahren war.
 


 

Wir beide und ein Paar. So ein Quatsch. Das einzige was mich jetzt gerade noch aufmuntern könnte, wäre eine E-Mail von Louis.
 


 

Louis…
 


 

Irgendwie treibt mir der Gedanke an ihn gerade die Tränen in die Augen. Ich bin ein Weichei. Aber ich will, dass er jetzt hier ist. Mich in den Arm nimmt und tröstet. Wirklich, im Moment will ich nichts lieber als bei ihm zu sein. Sein typischer Geruch, sein Lachen… Ich seufze kurz leise und der PC ist endlich hochgefahren. Missmutig klicke ich auf den E-Mail Button und siehe da – tatsächlich, eine Nachricht von ihm!
 

An: Nick.Carter@gmail.de

Von: Louis.Jones@gmail.de

Betreff: Nicht nur du bist verloren.

Datum: Do, 4. Sept 2009, 16:11:50
 

Hitzefrei? Das gab es in all den Jahren, die wir auf dieser Schule gegangen sind nicht. Wurde der Direktor gewechselt?
 

Mark ist ein Spinner und das weißt du. Lass dir von dem nichts gefallen. Sag Anny, sie soll ihn für mich schlagen.
 

New York ist toll, aber du fehlst mir trotzdem. Gestern war ich mit Mino, du erinnerst dich, meine Nachbarin, auf einem kleinen Konzert verschiedener unbekannter Bands. Es war ziemlich laut aber die Musik war toll. Oh mein Gott, Nicki, ich hab mich so blamiert. Ich habe nicht darauf geachtet wie viel ich getrunken habe. Das machst du ja sonst für mich. Mino und ich haben zwei Klassenkameraden von ihr getroffen. Die eine, Victoria, ist eine schreckliche Person. Wie ihr Parfum stinkt. Und dann haben mich Mino und Victorias Zwillingsschwester auch noch mit ihr alleine gelassen. Ich habe immer noch Albträume von diesem Abend und Kopfschmerzen. Als ich vor Victoria abgehauen bin wurde mir so kotz übel, so dass ich mich übergeben musste. Rate mal wer es mitbekommen hat. Genau, Julia, die Schwester. Sie ist viel mir sympathischer und vor allem stiller als Vic. Kaum zu glauben, dass sie Verwandt sind. Und vor ihr hab ich mich auch noch so blamiert. Wie soll ich mich jetzt nur verhalten, wenn wir uns wieder sehen?
 

Man schreibt sich, Dein Louis
 


 

PS: Ich soll dich ganz nett von Mino grüßen.

Kapitel 6: Der Solarzelleneffekt

Kapitel 6: Der Solarzelleneffekt
 

PoV - Louis
 


 

Julien Young und Louis Jones
 

Louis Jones und Julien Young
 

Louis und Julien, Julien und Louis
 

Hm
 


 


 


 


 

Dieser erste Schultag war ganz anders als alle anderen. Seltsamer als der erste Tag in der Grundschule und in der Oberstufe zusammen. Immer war Nick da, nur heute nicht.
 

Er saß heute in einer Schule in Newyark bei Anny und dem doofem Mark, ohne mich. Und ich saß in einer New Yorker Schule ohne ihn.
 

Nick und ich waren immer im selben Kurs. Er saß neben mir und ich neben ihm. Das war ähnlich wie ein Naturgesetzt. Mino war zwar in allen Kursen, die wir zusammen haben, bei mir, aber Mino ist eben nicht Nick. Sie ist kein Ersatz für ihn und soll es auch gar nicht sein. Mino ist Mino und Nick ist Nick.
 

Heute ist mir erst aufgefallen, wie sehr ich ihn eigentlich vermisse. Was er wohl gerade macht?
 

Und Julien?
 

Chemie!
 

Die dritte Unterrichtsstunde im neuem Schuljahr war Chemie und Mr. Miller, der Lehrer, hat uns gleich mitgeteilt, dass wir die Freude haben werden ein Chemieprojekt vortragen zu müssen.
 

Ich war schon kurz davor wie selbstverständlich, was es auch immer war, mitzuteilen, dass ich mit Nick zusammenarbeiten werde, als ich bemerkte, dass er gar nicht da war. Also wollte ich meine Hand heben und bescheidgeben, dass Mino und ich eine Arbeitsgruppe bilden, doch diese Entscheidung hat Mr. Miller uns abgenommen.
 

Er hat die Gruppen zusammengestellt.
 

Der kleine Mann mit der Rundbrille, den wenigen struppigen Haaren aus einer Melange von rot und braungrau hatte eine Liste in der Hand, von der er die Arbeitsgruppen ablas.
 

Als er anfing vorzulesen, faltete ich meine Hände und bete dafür, dass er mich in eine Gruppe mit Mino stecken sollte und unter keinen, keinen Umständen, selbst wenn der Weltfrieden davon abhängen und sonst ein Luftpolster Krieg drohen würde, mit Victoria.
 

Die Hälfte meiner Gebete gingen auf, die andere Hälfte wurde schulterzuckend überhört.
 

Ich werde nicht mit Mino zusammenarbeiten, auch, Gott sei dank, nicht mit Victoria, sondern mit ihrem Zwillingsbruder - Julien.
 

Im Prinzip gibt es schlimmeres, aber unter anderen Umständen wäre es mir lieber.
 

Er hat kein Wort über den Abend im Mauerkeller verloren und ich weiß nicht, wie ich mich ihm gegenüber verhalten soll, weil mir das alles so schrecklich peinlich ist.
 

Als er mich über dem Waschbecken hängen sah, fragte er ob alles in Ordnung sei und ich antwortete, dass es mir gut ginge, ich nur müde sei und jetzt gehen wolle. Er hat mich zwar zweifelnd gemustert, aber nur stumm genickt. Ich bin an ihm vorbei, hab mir Mino geschnappt und wir sind nach Hause gegangen. Warum ich so plötzlich aufbrechen wollte, habe ich ihr nicht erzählt.
 

Und jetzt stehe ich vor seiner Haustüre und warte darauf, dass jemand aufmacht, damit wir uns über die Funktionsweise von Solarzellen unterhalten können und den Unterschied zwischen Solar- und Voltaikanlagen. Was daran so besonders chemisch ist, weiß ich nicht, - besser gesagt- noch nicht.
 

Chemie ist nicht gerade mein Lieblingsfach, genau wie Nick’s. Aber er mag es, wenn es bei Experimenten ‘Peng!’ macht. Sonst ist das zwar nicht seine Art, aber das gefällt ihm. Er hat sich immer über die Reaktion wie ein kleines Kind auf den Weihnachtsmann gefreut. Richtig goldig.
 

Die Türe geht auf.
 

„Hey”, werde ich begrüßt.

„Hi”, grüße ich zurück.

„Komm rein”, er geht ein Stück zur Seite, damit ich ins Haus kann.
 

Es ist ein typisch amerikanisches Haus. Man kommt durch die Türe rein und steht mitten im Wohnzimmer, die Treppe befindet sich fast genau gegenüber der Türe und rechts vom Eingang ist eine Küchenzeile und ein Esstisch, um den herum sechs Stühle stehen. Im Wohnzimmer steht eine kieferne Schrankwand und ein schwarzes Ledersofa. Der Couchtisch ist aus Glas. Ich habe mir hübsche Designermöbel vorgestellt, oder zumindest einen großen Plasmafernseher. So kann man sich täuschen.
 

„Hier lang”, er geht die Treppe rauf und ich folge ihm bis in sein Zimmer.
 

Julien hat ein schlicht eingerichtetes Zimmer. Die Wände sind blau, das Laminat braun und die Möbel aus Buche. An der Türe hängen jede Menge Bilder von seiner Familie und Freunden.
 

Auf einem älterem Bild ist er mit Victoria zu sehen. Es scheint ihr Geburtstag gewesen zu sein, denn sie tragen beide Partyhüttchen und blasen Kerzen auf einer Torte aus. Elf Kerzen an der Zahl. Victoria streckt ihren linken Arm aus, damit Julien die Kerzen nicht richtig auspusten kann, aber Julien scheint das wenig zu stören, er hat einen Arm um seine Schwester gelegt und lächelt in die Kamera.
 

Über seinem Schreibtisch ist ein Regal aufgehängt, in dem jede Menge Bücher stehen. Hier und da hängen Poster von The Used, Green Day und Metallica.
 

„Setzt dich ruhig”, fordert er mich auf und deutet auf die Couch. Ich komme seiner Bitte nach und lasse meinen Blick noch einmal durch sein Zimmer wandern. Julien holt seinen Laptop, schaltet ihn ein und setzt sich neben mich.
 

„Ich denke es reicht, wenn wir uns mit Siliziumzellen beschäftigen, oder? Daraus sind eh die meisten Solarzellen und der Unterschied zwischen Solar und Voltaik ist auch schnell erklärt.”, hat er etwa schon nach recherchiert?

„Äh, ist ok”, antworte ich etwas verunsichert.

„Gut, über Siliziumzellen hab ich auch schon was ausgedruckt. Wir müssen nur noch das wichtigste markieren und in Power Point übertragen, oder würdest du lieber Plakate machen?”

„Ne, ne, Power Point ist schon ok”
 

Wir machen uns an die Arbeit und markieren die wichtigsten Sachen im Text. Während Julien die Ergebnisse in kurzen Stichpunkten in Power Point zusammenfasst, mache ich mich daran ein Schaubild zu malen, auf dem gezeigt wird, wie die Zellen die Sonnenstrahlen einfangen und umwandeln.
 

Es ist weniger Arbeit, als ich gedacht hätte. Das Schaubild ist schnell gemacht und sieht gar nicht mal so übel aus. Ich setzte mich wieder zu Julien auf die Couch und schaue ihm über die Schulter, während er an der Präsentation arbeitet. Er sitzt über dem Laptop gebeugt und scheint sich sehr auf seine Arbeit zu konzentrieren. Seine Finger gleiten elegant über die Tastatur und seine Augen fixieren den Bildschirm.
 

Er steckt eine Strähne, die ihm ins Gesicht gefallen ist, wieder zurück an ihren Platz und sieht mich an.
 

„Fertig”

„So schnell?”, ich bin echt erstaunt, dass er das in so kurzer Zeit hinbekommen hat.
 

Schritt für Schritt zeigt er mir den Ablauf der einzelnen Folien, doch so richtig kann ich mich darauf nicht konzentrieren. Mein Blick haftet an Juliens Gestalt.
 

Er trägt eine graue, eng geschnittene Hose und ein weißes Hemd mit dünnen lila Streifen, dessen Ärmel bis zu den Ellenbogen gekrempelt sind. Auf seiner hellen Haut zieren sich ein paar kleine Sommersprossen. Das orangene Haar fällt elegant um sein Gesicht und seine blauen Augen blicken in meine.
 

Sie blicken in meine Augen? Er sieht mich an?
 

Ich spüre deutlich wie mein Blutdruck steigt und wende mich dem Laptop zu. Hoffentlich hat Julien mein starren nicht bemerkt.
 

„Möchtets du was trinken?”

„Äh, was?”,wo war ich gerade mit meinen Gedanken?

„Ob du was trinken möchtest.”

Achso. “Ja gerne.”
 

„Julien?”, frage ich als er an der Türe steht, „Darf ich kurz meine Mails checken?”
 

Julien nickt und ich öffne den Internetbrowser und die entsprechende Seite. Es baut sich relativ schnell auf und ich kann mich einloggen. Oben rechts blinkt auch schon der gelbe ‘Sie-haben-eine-neue-E-Mail’-Button. Sie ist von Nick. Aufmerksam lese ich die Zeilen durch, versichere mich aber erst, ob Julien das Zimmer verlassen hat.
 


 


 

An: Louis.Jones@gmail.de

Von: Nick.Carter@gmail.de

Betreff: Viel Glück mit dem Mädchen

Datum: So, 6. Sept 2009, 20:59:01
 

Wow, das klingt schlimm.

Möchte nicht in deiner Haut gesteckt haben. Das mit dieser Julia wird sicher noch was. So wie ich dich kenne. Dich lieben doch alle Frauen, egal was du machst.

Bei mir ist alles okay. Nichts ungewöhnliches. Überhaupt nichts.

Wir waren nur auf der Geburtstagsfeier von Patrick (du erinnerst dich, der größte Idiot überhaupt) und Anny hat Mark für mich fertig gemacht. Halte mich für einen Schwächling, aber wenn du ja nicht da bist um mich zu beschützen
 

Dein Nick.
 


 


 

Nick hat es geschafft, ich habe ein schlechtes Gewissen. Nicht nur, dass ich ihn alleine gelassen habe, nein, jetzt lüge ich ihn auch noch an. Aber was würde er über mich denken, wenn ich ihm die Wahrheit über ‘Julia’ erzählen würde?
 

Seufzend fahre ich mir durchs Haar.
 

„Stimmt was nicht?”, fragt Julien, als er sich mit zwei Gläsern und einer Flasche wieder zu mir setzt.

„Nein, alles ok”, antworte ich.
 

Ich nehme mein Glas und trinken einen Schluck der Cola, die Julien gerade eingeschenkt hat.
 

„Seit wann wohnst du eigentlich hier?”

„Noch nicht lange. Erst seit August.”, antworte ich ihm, nachdem ich mein Glas wieder auf den Tisch gestellt habe.

„Und wo kommst du her?”

„Aus Kalifornien. Sagt dir Newark etwas?”

„Nee, klingt aber ähnlich wie New York.”

„Stimmt”, ich muss lächeln. Das ist mir bisher noch gar nicht aufgefallen.

„Und wo gefällt es dir besser?”

„Hm”, das ist eine gute Frage. New York ist echt klasse. Ich habe mich hier gut eingelebt und zum Glück Mino kennen gelernt und hier ist auch Julien, aber Newark ist immer noch meine Heimatstadt. Dort habe ich siebzehn Jahre lang gelebt und schließlich leben auch Nick, meine Freunde und ein Großteil meiner Verwandten dort.

Abwartend sieht Julien mich an.

„Newark. Versteh mich nicht falsch. Ich mag es hier, aber Newark ist immer noch meine Heimat.”

Er lehnt sich zurück und schaut nach oben. „Verstehe. Und was ist so besonders an der Stadt?”

„Nick”, antworte ich ohne zu zögern.

„Nick?”, verwundert schaut er mich an.

Vielleicht hat sich das jetzt doch anders angehört als es sollte.

„Ja. Er ist mein bester Freund.”

„Achso”, fast erleichtert wendet er sich dem Computer zu, „Ist die Mail von ihm?”

Mail? Auf dem Bildschirm des Laptops ist immer noch der Webbrowser mit Nicks Mail geöffnet.

„Äh, ja.”

Schnell beuge ich mich über das Gerät und schließe das Fenster.
 

Es klopft zweimal an der Türe, ehe eine Frau mit roten, schulterlang gelockten Haar ins Zimmer kommt. Sie hat tiefblaue Augen, trägt eine Jeans und einen grünen Pullover.
 

„Oh, du hast Besuch? Hallo”, begrüßt sie uns.

„Hallo”, sage ich.

„Es gibt gleich Essen. Möchtest du mit uns essen ähm?”

„Louis”, helfe ich ihr.

Kurz sehe ich zu Julien rüber, der mir zunickt. „Gerne”, antworte ich.

„Ok. Kommt in fünf Minuten runter”, sagt sie und verlässt das Zimmer.
 

„Meine Mom”, erklärt Julien.

„Achso.”
 

Er fährt seinen Computer runter und fünf Minuten später stehen wir in der Küche und helfen den Tisch zu decken. Juliens Mutter hat sich als Hannah Young und der dunkelhaarige, der schon am Tisch saß als wir runter kamen, als sein Vater Paul Young vorgestellt.
 

„Rufst du bitte deine Schwestern?”
 

Oh Gott! Das seine Schwester auch hier lebt, habe ich total vergessen.
 

Moment mal?

Schwestern?

Plural?

Zwei Plus?
 

„Setzt dich doch, Louis”
 

Hände zitternd gehe ich der Bitte nach und setzte mich auf einen der fünf freien Stühle, während Hannah eine Schüssel mit Spaghetti auf den Tisch stellt.
 

Mit einem kleinem rothaarigen Mädchen, das ein gelb-weiß kariertes Kleid trägt, kommt Julien ein paar Minuten später die Treppe runter.
 

„Das ist meine kleine Schwester Grace”, meint er, als er meinen fragenden Blick bemerkt.
 

Schüchtern klettert das Mädchen auf einen Stuhl. Sie traut sich nicht mich anzusehen und betrachtet angestrengt den großen weißen Teller vor ihr. Julien setzt sich neben sie.
 

„Möchtest du unserem Gast nicht ‘Hallo’ sagen?”
 

Verängstigt sieht sie ihren Bruder an.
 

„Schon gut”, meine ich. Dann mache ich eben den Anfang.
 

„Hallo Grace. Ich bin Louis und gehe mit deinem Bruder in eine Klasse.”
 

„Hallo”, flüstert sie, traut sich aber immer noch nicht mich anzusehen.
 

Schritte sind von der Treppe zu hören und Victoria erscheint in der Küche. Sicher wie eh und je schreitet sie auf den Tisch zu und setzt sich neben mich.
 

Hannah nimmt sich den Teller ihrer jüngsten Tochter und füllt eine kleine Portion Nudel und Soße darauf. Sie schneidet die Nudel klein und stellt den Teller mit den Worten:“Schön pusten. Das Essen ist heiß”, vor sie. Grace tut wie ihr befohlen.
 

Langsam nehmen sich auch alle anderen eine Portion.
 

„Na, Louis?”, fragt Victoria.
 

Wenn ich etwas nicht mag, dann ist es die Frage ‘Na?’. Was soll man auf ‘Na?’ antworten?

‘Gut, und dir?’, ‘Nein, lieber nicht.’, ‘Die Sonne scheint, ich bevorzuge aber Regen.’, oder ‘Morgen ist Sonntag.’?

Ein schreckliches Wort.
 

„Du machst Chemie mit meinem Bruder?”

Ich nicke.

„Über was denn?”

„Solar- und Voltaikanlagen”

„Ich arbeite ja mit Clara zusammen. Wir haben das Thema Biogasanlagen. Aber viel lieber wäre es mir, wenn du mein Projektpartner geworden wärst.”

Gezwungen lächle ich sie an.
 

Du da oben im Himmel, danke, dass ich nicht mit ihr zusammen arbeiten muss!
 

Mehr oder weniger gekonnt balanciere ich die langen Nudeln auf meine Gabel.
 

Victoria wirft mir von Zeit zu Zeit einen ihrer komischen Seitenblicke zu. Ich frage mich, was das soll? Kann sie nicht einfach gehen?
 

„Wie lange bleibst du denn noch?”, will sie wissen.

Ich zucke mit den Schultern:„Vielleicht bis nach dem Essen.”

„Kommst du noch mit rauf in mein Zimmer?”

Nein!

„Sorry, aber mein Bus kommt bald”, sage ich zögernd mit auf die Uhr gerichteten Blick. Das stimmt nicht so ganz. Mein Bus kommt erst in einer Dreiviertelstunde und der Fußweg zur Haltestelle dauert etwa zehn Minuten, aber um ihr zu entkommen, warte ich auch eine halbe Stunde an der Haltstelle.
 

Ich essen den letzten Rest vom Teller und trinke mein Glas aus.
 

„Danke für das Essen”, sage ich an Hannah gerichtet, „Aber ich muss jetzt los.”
 

„Warte, ich geh noch ein Stück mit”, meint Julien und steht auf.
 

Wir bringen unsere Teller zur Spüle und ziehen unsere Schuhe an.
 

„Tschüss”, rufe ich in die Runde.

„Tschüss”, sagt Paul und selbst Grace verabschiedet sich von mir.

„Besuch uns bald mal wieder”, meint Hannah.

„Ja”, antworte ich ihr.

„Wartet...”, fängt Victoria an, wird aber von ihrem Bruder unterbrochen, der mit einem: „Bis dann”, die Haustüre hinter uns schließt.
 

Wir laufen schweigend die lange Straße entlang. Es ist noch hell, trotzdem leuchtet die ein oder andere Straßenlaterne schon.
 

„Wollen wir noch kurz in den Park gehen?”, unterbricht Julien die Stille und deutet auf die Weggabelung auf der rechten Straßenseite.
 

Ich schaue auf mein Handy. Der Bus kommt erst in dreißig Minuten, also habe ich noch etwas Zeit.

Nach kurzem überlegen nicke ich und wir biegen rechts ab.
 

Der Park ist recht klein und unspektakulär. Kein Vergleich zum Central Park. Hier und da sind ein paar Spaziergänger und Hunde, auf der Halfpipe sitzen Jugendliche mit Skateboards und eine Frau mit Kinderwagen läuft an uns vorbei.
 

„Hier lang”, Julien führt mich auf den Spielplatz und wir setzten und auf die Schaukeln.

Langsam schwinge ich mich etwas vor und zurück.
 

Auf dem rostigem Klettergerüst hangeln sich zwei Kinder an den Lettern entlang. Während ein etwa zehn Jahre altes Mädchen mit blondem Pferdeschwanz schwungvoll von einem Stab zum anderen schwingt, scheint es für den jüngeren, etwas molligen Jungen mit den blonden Locken eine echte Mutprobe zu sein.
 

Ängstlich streckt er seinen kleinen Arm aus und greift nach der Letter. Das Mädchen bemerkt sein zögern und versucht ihm zu helfen. Sie lässt sich auf die Füße fallen und spricht auf den Lockenschopf ein. Er schüttelt den Kopf und sieht das Mädchen skeptisch an. Die Kleine scheint zu überlegen, wie sie ihm helfen kann. Sie stemmt eine Hand an die Hüften und legt die andere auf ihren Hinterkopf.
 

Gespannt schaue ich ihr dabei zu, wie sie nun die Füße des Jungen hält, um ihm so zu helfen. Die Kinder erinnern mich etwas an Nick und mich. Wir haben uns auch immer geholfen wo es nur ging, selbst wenn die Idee so seltsam war wie die des kleinen Mädchens.
 

Damals, wir waren circa acht Jahre alt, hatte Nick eine Ameisenkolonie in seinem Zimmer. Wir haben in dort verbotener Weise Fußball gespielt und der Ball ist gegen das Terrarium gefallen. Natürlich ist es runtergefallen und der Deckel hat sich gelöst. Überall in seinem Zimmer sind die kleine Tiere herumgekrabbelt und uns ist nichts besseres eingefallen, als sie aufzusaugen. Woran wir nicht gedacht haben war, dass wir die Ameisen nicht wieder aus dem Staubsaugerbeutel raus bekommen. Nick war todtraurig darüber, dass Herr Nielson, Magda, Peter und all die anderen nicht wieder gekommen sind. Auch mich hat das sehr mitgenommen. Nick’s Ma haben wir erzählt, wir hätten die Insekten im Garten frei gelassen, weil sie so langweilig geworden wären.
 

„Anna! Emil!”, ruft die Frau mit dem Kinderwagen.

Die Kinder drehen sich um und der Junge lässt sie Stangen des Klettergerüsts los. Unsanft fällt er auf den Boden. Das Mädchen hilft ihm auf und beide laufen auf die Frau zu. Gemeinsam verlassen sie den Spielplatz.
 

„Schön das du da warst”, sagt Julien leise.
 

Ich sehe ihn an. Wie meint er das? Wir haben doch nur was für die Schule gemacht. Trotzdem war es schön, mit ihm alleine zu sein.
 

„Ja, finde ich auch”, meine ich mit auf dem Boden gerichtetem Blick.
 

Ich schaue auf und sehe zu, wie die langsam untergehende Sonne den Himmel orange färbt. Die Wolken bilden einen Schleier, der das Bild perfekt macht. Nur die Hochhäuser und Schornsteine stören den Anblick.
 

Ich könnte ewig mit Julien einfach nur dasitzen, schweigen und der müden Sonne beim untergehen zuschauen.
 

„Lass uns gehen”, meint er nach ein paar Minuten, „Dein Bus kommt sicherlich gleich.” Er hat recht. In 10 Minuten kommt der Bus schon.
 

Langsam stehen wir auf und laufen der untergehenden Sonne entgegen.
 

Kapitel 6: Ende
 

*o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o*
 

So, so viel dazu. :)

Eure Painted Lady und Eure Frosch14. :D

Kapitel 7: Grippeträume

Kapitel 7: Grippeträume
 


 

»Sie haben fünf neue Nachrichten«
 

Jaja, ich weiß. Und dass schon seit Montag Abend. Jetzt ist es bereits Mittwoch und ich habe es immer noch nicht über mich gebracht, die Mail zu lesen. Seltsam. Anfangs war ich total darauf versessen eine zu bekommen…
 

Das monotone Ticken meiner Uhr macht mich wahnsinnig und es kommt mir vor, als würde sie mir sagen: „Feigling. Feigling. Feigling…“ Na toll. Jetzt sind sogar schon meine Möbel gegen mich! Aber gut. Noch einmal schlucke ich heftig, dann überwinde ich doch meinen inneren Schweinehund und sehe nach, wer geschrieben hat. Viermal Anny und eine Nachricht von Louis.
 

Annys Mails lösche ich direkt, ich weiß eh was darinnen steht, sie hat es mir auch am Telefon gesagt. Bevor ich den Button »Lesen« bei der letzten Mail drücke, zögere ich noch einmal. Doch wer bin ich eigentlich? Nikolas Carter oder Nikolas Weichei?
 


 


 

An: Nick.Carter@gmail.de

Von: Louis.Jones@gmail.de

Betreff: Ameisen

Datum: Mo, 7. Sept 2009, 22:40:34
 

Hey!

Weißt du noch die Geschichte mit deinen Ameisen? Ist mir Gestern wieder eingefallen. Hat deine Ma jemals raus gefunden, was wirklich passiert ist?
 

Heute war mein erster Schultag. War recht ok, nur müssen wir nächste Woche schon den ersten Vortrag halten. Der Lehrer hat mich in eine Gruppe mit Julia gesteckt. Ich war am Nachmittag bei ihr zu Hause. Sie ist richtig nett, nur war ihre komische Zwillingsschwester auch da.
 

Was ist los, Nick? Wenn du schon sowas schreibst, muss ich mir doch Gedanken machen. War irgendwas auf Patrick’s Party? Wenn ich dich in ein paar Wochen besuchen komme, machen wir Mark gemeinsam fertig!
 

Dein Louis.
 


 


 

Seufzend blicke ich auf den Bildschirm, die Arme hinter dem Kopf verschränkt und die Beine überkreuzt hocke ich auf meinem Schreibtischstuhl. Um ehrlich zu sein, will ich Louis grade nicht antworten. Es macht einfach überhaupt keinen Spaß ihn anzulügen und ihm zu verschweigen, dass sehr wohl etwas vorgefallen ist.
 

Vielleicht sollte ich die letzten beiden Zeilen einfach ignorieren und ihm bloß auf die Sache mit der Ameisen-Geschichte antworten? Oder würde das verdächtig wirken? Soll ich ihn über dieses Projekt und Julia ausfragen? Aber nein, dass will ich überhaupt nicht wissen, so viel steht fest.
 

Nach einer gefühlten Stunde schaffe ich es dann aber doch endlich ein paar Wörter hinzutippen und auf »schicken« zu klicken, ohne das ich Depressionen bei dem Gedanken kriege, wie er die Mail liest. Kaum habe ich den PC dann auch schon heruntergefahren, stoße ich mich vom Schreibtisch ab und der Stuhl rollert ein paar Meter weiter in mein Zimmer hinein, so das ich direkt aus dem Fenster gucken kann.
 

Überall funkeln Sterne, dort draußen am Himmel und der Mond strahlt hell und käseweiß. So ein schöner Anblick… das erinnert mich immer an die Tage, die ich bei Louis übernachtet habe. Dann saßen wir immer bis spät nachts auf seinem Balkon, in Decken gehüllt und jeder eine Tasse Kakao in der Hand da, sahen uns die Sterne an und spielten irgendwelche Brettspiele oder sprachen einfach über Schule und doofe Lehrer. Wenn es regnete, saßen wir vor dem PC und haben Empire Earth oder Sidmeier Pirates gespielt. Hach, die schöne alte Zeit…
 

Irgendwie habe ich es geschafft seit der Party nicht mehr in die Schule zu gehen, denn ich habe mir eine Sommergrippe geholt. Leider dauert diese auch nicht ewig und so soll ich morgen wieder dem Unterricht beiwohnen, wobei sich meine Begeisterung für diesen in Grenzen hält. Das wahrscheinlich jetzt die halbe Schule denkt, Anny und ich wären ein Paar, wollen wir mal ganz außen vor lassen.
 

Gestern hatten wir Telefoniert und sie hat sich so oft entschuldigt, dass ich irgendwann einfach aufgelegt habe, auch wenn sie das vielleicht als Zeichen dafür genommen hat, dass ich stinkwütend auf sie bin. Gut, ein wenig bin ich das schon, denn immerhin hätte sie mich vorher informieren können! Andererseits bin ich so vielleicht sowohl Mark als auch die Gerüchte los.
 

Ein Blick auf meine Uhr, die über meinem Bett hängt, verrät, dass es bereits zwei Uhr nachts ist und morgen soll ich um halb sieben aufstehen. Na super. Außerdem bin ich ziemlich müde, also lasse ich mich rücklings auf mein Bett fallen, stoße den Schreibtischstuhl mit meinem Fuß wieder zurück an seinen angestammten Platz und schließe die Augen.
 

Und bald schon falle ich in einen tiefen Schlaf…
 

„Nicki! Verdammt, warte doch mal!“ Lachend laufe ich einfach weiter, ignoriere Louis Rufe und fühle mich absolut wohl. Eine Wurzel die aus dem Boden herausragt, bringt mich zu Fall und ich taumle ein wenig, ehe ich sanft auf dem weichen Gras aufkomme.
 

Schwer atmend lässt sich nun auch Louis neben mich fallen, er lacht ebenfalls und irgendwie scheint die Welt so viel freundlicher, als wie sie ist wenn er nicht da ist. Heiß scheint die Sonne auf uns beide herab, es ist so herrlich warm, dass ich die Augen schließe und einfach nur dieses warme Gefühl behalten will.
 

„Ich wünschte, es würde ewig so bleiben!“, meine ich nach einer Weile und ich kann Louis praktisch hören, wie er grinst. „…wird es aber nicht.“, antwortet er und irgendwie habe ich das Gefühl, die Luft um uns herum wird immer stickiger und heißer. „Sag so etwas nicht, daran will ich nicht denken.“
 

„Nun, du warst schon immer so, dass du die Augen vor der Realität verschlossen hast. Du willst nie von etwas wissen, dass dir nicht passt. Das ist etwas, dass ich an dir hasse, Nikolas.“ Überrascht will ich die Augen öffnen und ihn fragen, was das jetzt plötzlich soll, doch die Hitze wird immer größer und nur unter größter Anstrengung kann ich meine Lider heben.
 

Mein Mund fühlt sich an, als wäre er zusammengeschmolzen, meine Zunge ist schwer wie Blei. „ich hasse dich, Nick. Warum wäre ich sonst weggezogen? Glaubst du, mir liegt etwas an dir und unserer Freundschaft?“ Die Welt um mich herum brennt.
 

Riesige Flammen schießen um mich herum empor, meine Haut fühlt sich an, als würde sie vertrocknen. Erschrocken sehe ich mich nach allen Seiten um und suche nach Louis, versuche ihn auszumachen, doch kann nichts erkennen.
 

Ich will schreien, doch mein Mund ist gebrauchlos, als ich mit den Händen danach taste, finde ich nichts als eine verformte, klebrige Masse. Dann kann ich ihn endlich ausmachen, Louis, wie er außerhalb der Flammen steht und höhnisch lacht, an seiner Seite steht ein Mädchen ohne Gesicht. Ich will aufstehen und zu ihm laufen, will mich entschuldigen – wofür auch immer.
 

„Warum lügst du mich an, mmh? Warum solltest du das machen? Wieso erzählst du mir nicht einfach, dass du Anny liebst? Hast du Angst, ich würde dich nicht mehr leiden können? Glaubst du, du kannst die Wahrheit leugnen?“ Es ist das Mädchen, das spricht. Während sie das sagt, umarmt sie Louis umschwänglich und ich kann erkennen, wie seine Haut beginnt zu schmelzen. Es sieht so aus, als würden die beiden eins werden.
 

Plötzlich verstummen die Flammen und hören auf zu lodern, stattdessen schüttelt mich eine eisige Kälte. Louis und das Mädchen sind fort, ich stehe alleine ich dieser vollkommenen Dunkelheit. Ein leises Schluchzen. Ich will nicht alleine sein…
 

Und dann falle ich. Falle immer tiefer und tiefer, sehe bereits den Boden vor mir.
 

Mit einem erstickten Schrei zucke ich zusammen. Mit geschlossenen Augen lausche ich meinem rasenden Herz und warte, dass es sich beruhigt. Solch einen Albtraum hatte ich seit Jahren nicht mehr. Die Hände aufs Gesicht geschlagen liege ich noch eine Weile bewegungslos da, ehe mich das Klingeln meines Weckers erneut aufschrecken lässt. Mir bleibt wirklich nichts erspart…
 

Leise gähnend tapse ich nach unten in die Küche und schütte mir gedankenverloren Flakes und Milch in eine Schüssel. Erst nach ein paar Löffeln bemerke ich, dass die Milch keine Milch, sondern Orangensaft ist. Miesmutig entferne ich das…Gemisch und beschließe gar nichts zu frühstücken.
 

Der Tag heute beginnt einfach spitzenmäßig und so kann es mich auch gar nicht überraschen, dass sobald ich meine Klasse betrete, alle Blicke auf mich gerichtet sind. Anscheinend hat Mark geplaudert, aber das er dabei bei der Wahrheit geblieben ist, kann ich mir nicht vorstellen.
 

Na wunderbar! Wo ist bitte die nächste Pistole, wenn man sich erschießen will?!
 

Kapitel 7: Ende
 

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So viel zu diesem Kapitel :)

Eure Painted Lady und Eure Frosch14!

Kapitel 8: Bei Tee und Keksen

Awww, es tut uns so Leid! D:

Das neue Kapitel kommt etwas…spät…aber vielleicht mögt ihr trotzdem weiterlesen… :’)
 

*o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o*
 

Kapitel 8: Bei Tee und Keksen
 

Schrecklich, schrecklich, schreckliche Person.
 

Ich sitze alleine mit Mino im Klassenzimmer und habe meine Arme über dem Kopf zusammengeschlagen.
 

Da hat sie tatsächlich gefragt, ob ich mit ihr am Sonntag ausgehen würde. Diese Frau treibt mich noch ins Grab. Aber zum Glück kam Mino im passendem Moment hat und mich nach den Englischhausaufgaben gebeten.

„Klar”, habe ich geantwortet, „Mein Hefter liegt aber in der Klasse. Komm, wir holen ihn.”
 

Und schon war ich weg und habe Victoria ohne Antwort stehen lassen.
 

Könnte man als feige bezeichnen, aber was fällt ihr denn eigentlich ein?

Fragt sie einfach sowas ... also echt.
 

„Danke.” Mino reicht mir meine Mappe und packt ihre Sachen wieder in ihre Tasche. „Alles okay bei dir?”
 

Ist bei mir alles okay?
 

„Victoria”, antworte ich ihr nach kurzem Zögern, als wenn das alles erklären würde.

„Victoria?”, seltsamer Weise scheint sie nicht zu verstehen.

„Ja!”

„Und weiter?”

„Sie hat gefragt...” Pause. Lange Pause. Muss ich weiter sprechen?

„Gefragt?”, Mino sieht mich erwartungsvoll an.

„Sie hat gefragt, ob ich mit ihr am Wochenende ausgehen würde. Ins Kino oder zum Italiener.”

„Und du hast ‘ja’ gesagt?”

„Bitte? Nein. Du kamst und hast nach den Englischaufgaben gefragt.”

„Achso. Also hast du gar nichts gesagt und sie ohne Antwort stehen lassen?”

„Genau.” Ist das etwa falsch gewesen?

„Und jetzt?”
 

Hm. Gute Frage. Ich werde ihr einfach aus dem Weg gehen. Vielleicht wandert sie in den nächsten paar Tagen ja aus. Nach Kanada. Oder Deutschland. Da soll es sehr schön sein. Und eine neue Sprache kann sie auch gleich lernen. Wunderbar, Problem gelöst.
 

„Sie wandert aus! Nach Kanada und lernt französisch.”

„Was? Wer wandert aus?”

„Victoria.”

„Okay”, verwirrt sieht Mino auf die Uhr, „Es klingelt gleich”, wechselt sie das Thema.
 

Und wie gesagt, so geschehen. Die Schulglocke läutet und verkündet den Beginn der Geschichtsstunde bei Mr. Smith.
 

Langsam kommen die anderen Schüler in den Klassenraum und setzten sich auf ihre Plätze. Das übliche Getuschel setzt ein, bis Mr. Smith seine Tasche auf den Lehrerstuhl stellt und sich auf das Pult setzt.
 

Abwartend sehe ich ihn an.
 

„Fehlt jemand?” Er lässt seinen freundlichen Blick einmal über die Klasse streifen. „Gut, dann können wir ja anfangen. Wir werden heute über die Rolle der Frau während der Französischen Revolution sprechen.” Mr. Smith klatsch einmal kurz in die Hände.
 

Nee, oder?

Von Frauen habe ich für heute echt genug.
 

Seufzend holen Mino und ich unsere Bücher und Mappen aus unseren Taschen, während Mr. Smith das Thema an die Tafel schreibt und sich wieder an sein Pult lehnt.

„Was fällt Ihnen zu diesem Thema ein?”
 

Ein allgemeines Schweigen tritt ein.
 

Ja, was fällt mir dazu ein? Nicht viel, würde ich sagen. Also zurücklehen und zuhören.
 

Clara hebt seine Hand.
 

„Miss Chevalier?”, deutet Mr. Smith auf ihn.

„Der Zug der Frauen nach Versailles”, antwortet sie in ihrer französischen Slang.
 

Mr. Smith nickt und nimmt seine Kreide. Er schreibt etwas an die Tafel. ‘Versailles schlemmt, Paris hungert’. Darunter schreibt er einige Stickpunkte.
 

„Wie Sie wissen wurden wegen Unruhen auf dem Land die Lebensmittel knapp und teuer. Daraufhin sind die Frauen nach Versailles gezogen und haben den König als Gefangenen mit nach Paris genommen. Fällt Ihnen noch etwas ein?”
 

Victoria meldet sich.
 

Selbstsicher fängt sie an zu sprechen:„In der Verfassung von 1791 gab es kein Wahlrecht für die Frau. Es gab keine Gleichberechtigung und Frauen wurden in Punkten wie Arbeit, Freiheit und Gleichheit unterdrückt und mussten sich dem Mann unterordnen und für Kind und Haushalt sorgen.”
 

„Gut”, sagt Mr. Smith und schreibt noch ein paar Stichpunkte an die Tafel.
 

Eilig notiere ich alles und lehne mich dann wieder in meinen Stuhl zurück.
 

„Sonst noch jemand?”
 

Gähnend halte ich mir die Hand vor den Mund. Neun Stunden Unterricht sind echt nicht lustig.
 

„Ja, Mr. Jones. Was könne Sie dazu sagen?”
 

Ähm, ich? Überrascht richte ich mich auf.
 

„Vielleicht ein paar Namen?” Erwartungsvoll sieht der Lehrer mich an.
 

Namen? Ja, da war doch was.
 

„Marie Antoinette und Olympe de Gouges?”, frage ich zögerlich. Mr. Smith nickt.
 

„Und was verbinden Sie mit diesen Namen?”
 

„Ähm...” Mist! Wo ist Nick, wenn man ihn braucht? Geschichte ist eins seiner Lieblingsfächer. Er hat fast nur A’s geschrieben und mir immer geholfen. Ohne ihn bin ich echt aufgeschmissen.
 

Hilfesuchend schaue ich zu Mino. Sie zuckt nur mit den Schultern. Abwartend sieht mein Geschichtslehrer mich an.
 

Aber da war doch was. Ja!
 

„Olympe de Gouges ist für die Frauenrechte eingetreten und hat eine ähm ... Art Verfassung für die Frau aufgestellt und wurde dann hingerichtet.”
 

Bitte lass etwas davon stimmen!
 

Er nickt. Ein Glück. Nicks Nachhilfe hat wohl doch etwas gebracht.
 

„Sie war eine Frauenrechtlerin und hat die ‘Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin’ von 1791 verfasst.”
 

Wieder schreibt er einige Wörter an die Tafel und ich schreibe fleißig mit.
 

Mit Nick hat Geschichte immer Spaß gemacht. Er wusste, was damals passiert war und hat es mir erklärt, damit ich im Unterricht Punkten konnte. Dank ihm habe ich sogar ein B erreicht. Aber wie soll ich die Stunden jetzt ohne ihn überstehen? Victoria frage ich bestimmt nicht um Hilfe. Besonders nicht nach vorhin. Was, wenn sie wieder fragt? Mir graut schon vor dem nächstem Treffen mit ihr. Wie kann jemand so tolles wie Julien mit ihr verwandt sein? Und dann auch noch Zwillinge. Das ist mir unerklärlich.
 

„Mr. Jones.”
 

„Mr. Jones?”
 

„Louis.” Mino stößt mich in die Seite. Ich drehe mich zu ihr nach rechts. Mit ihrem Blick deutet sie auf Mr. Smith. Er sieht mich mit hochgezogenen Brauen an.
 

„Mr. Jones? Hören Sie mir überhaupt zu?”

„Äh, ja, natürlich.” Vereinzelte Mitschüler kichern.

„Gut, dann lesen sie doch bitte Ihre Lösung vor.”
 

Lösung? Wofür denn?
 

Unauffällig schiebt mir Mino ihren Block zu.
 

‘Was waren Olympe de Gouges Ziele?’
 

Achso!
 

Ich räuspere mich und beginne vorzulesen. Als ich fertig bin, sehe ich den Mann mit den kurzen Locken erwartungsvoll an.
 

„Richtig. Aber seien Sie das nächste Mal bitte etwas aufmerksamer.”
 

Ich nicke und sinke seufzend auf meinem Stuhl zusammen.
 

Ich muss an Nick denken. Gestern hat er wieder geschrieben. Als ich nach Hause kam, bin ich gleich an den PC und habe seine Mail gelesen.
 

Er schrieb:
 

An: Louis.Jones@gmail.com

Von: Nick.Carter@gmail.com

Betreff: RE: Ameisen

Datum: Mi, 9. Sept 2009, 23:59:04
 

Als wenn ich mich nicht erinnern würde! Meine Mutter hat es zum Glück nie herausgefunden … das wir aber damals deinen Plüschhasen „Mupfi“ nach seiner Herzattacke in unserem Garten unter den Tulpen vergraben haben, hat sie allerdings doch gemerkt. Das gab Ärger!
 

Sorry, dass ich erst jetzt antworte, ich war krank – Grippe. Viele Menschen kriegen die ja im Herbst und Winter, aber wie du mich kennst, kann ich das auch im Sommer.
 

Auf der Party ist nichts passiert, im Gegenteil, es war stinklangweilig! Wie du oben an der Zeitanzeige siehst, ist es jetzt spät und ich muss schlafen. Gute Nacht!
 

Dein Nick.
 


 

Ob es ihm wieder besser geht? Die Grippe scheint ihn ja voll erwischt zu haben. Es ist richtig schön, nach fast zwei Wochen wieder was von ihm gehört zu haben und in ein paar Wochen sehen wir uns auch wieder. Meine Oma aus Newyark wird fünfundsiebzig und wir sind eingeladen, Nick natürlich auch.
 

Plötzlich unterbricht ein schrilles Klingeln meine Gedanken.
 

Die Schulglocke! Und sie verkündet nicht nur das Ende der Geschichtsstunde, sondern auch das Ende eines neun-Stunden-Schultages.
 

Endlich, wohlbemerkt.
 

„Kommst du?” Mino hat schon alle ihre Sachen gepackt und legt sich ihre braune Schultasche über die Schultern. Schnell räume ich die Geschichtssachen, das Mäppchen und meinen Collegeblock in meinen Rucksack und gehe mit ihr aus der Klasse.
 

„Lass uns noch schnell zu Benji und Meikel in den Kiosk und dann mit der U-Bahn nach Hause fahren.”
 

Ich nicke. Eigentlich könnten wir auch laufen, da die Schule keine zwanzig Minuten Fußweg von unserer Straße entfernt ist, aber was tut man der Faulheit zu liebe nicht alles?
 

Etwa zehn Minuten später haben wir uns durch die Gänge an unseren Mitschülern vorbei gedrängt und das Schulgebäude verlassen. Der Kiosk, von dem Mino gesprochen hat, liegt direkt gegenüber der Schule.

Da er auch einen Schnellimbiss hat, wird er gerne von den Schülern während der Mittagspause besucht. Das Kantinenessen ist zwar nicht schlecht, aber bei Benji und Meikel schmeckt es einfach besser.
 

Ihnen gehört der Kiosk.

Meikel und Benji sind Aramäer, besser gesagt Brüder.
 

Benji heißt eigentlich Benjamin, aber eben nur eigentlich. Er ist vierundzwanzig Jahre alt und gut aussehend. Seine dunklen, längeren Haare hängen ihm meist wirr ins Gesicht. Er hat eine sportliche Figur und trägt einen Dreitagebart. Das Einzige, was an Benji stört, sind seine Augen. Sie sind braun und wirken matt und glanzlos. Das verleiht ihm eine kalte Ausstrahlung, trotzdem ist er bei den meisten, vor allem im weiblichen Kundenkreis, sehr beliebt.
 

Meikel ist der Ältere der Beiden. Er ist siebenundzwanzig Jahre alt und hat im Gegensatz zu seinem jüngeren Bruder einen herzlichen, warmen Blick. Seine rehbraunen Augen leuchten geradezu. Das schwarzen Haare trägt er kurz und gestylt. Er hat eine ähnliche Statur wie Benji, ist nur etwas kleiner, was er aber mit seinen Herzlichkeit wieder wettmacht.
 

Glücklicherweise kommt gerade kein Auto und wir können gefahrlos über die Straße gehen.
 

Als Mino die Türe öffnet, ertönt ein leises Klingelgeräusch.
 

„Hallo”, begrüßt uns Meikel, der hinter der Kasse sitzt, freundlich.

„Hey”, begrüßen Mino und ich ihn fast synchron.

„Habt ihr Schulschluss?”, fragt Meikel.

Wir nicken und Mino legt ein Päckchen Gummibären und eine Zeitschrift an die Kasse. Ich schnappe mir eine Flasche Cola und fische das Geld aus meiner Jeans.
 

„Ist Benji heute nicht da?”, fragt Mino und sieht sich in dem kleinen Laden um.
 

Die wenigen Regale, die mit Süßigkeit, Büroartikeln, Lebensmitteln und Zeitschriften gefüllt sind, sind niedrig und man kann so den ganzen Laden überblicken. In der hinteren Ecke an den Tischen vom Imbiss sitzen ein paar unserer Klassenkameraden. Als sie uns entdeckt haben und grüßen, winken wir zurück.
 

„Nein, er ist eben weg”, antwortet Meikel Mino und kassiert sie ab.

Langsam nickt sie.
 

„Müsste stimmen”, meine ich und drücke Meikel die Centstücke in die Hand. Er zählt schnell nach und nickt.
 

„Tschüss”, sagen Mino und ich und Meikel wünscht uns zum Abschied noch einen schönen Tag.
 

Die Türe fällt hinter uns ins Schloss und wir machen uns auf den Weg zur U-Bahn-Station.
 

„Was willst du Vic jetzt eigentlich sagen?”
 

Victoria! Die hatte ich schon ganz vergessen. Was werde ich ihr wohl sagen ...?
 

„Nichts. Ich versuche, ihr einfach aus dem Weg zu gehen.”
 

In Minos Blick liegt Skepsis.

„Und du denkst, dass das so einfach wird?”
 

„Okay, dumme Idee”, seufze ich.

„Hast du eine Bessere Mino?”
 

Sie schaut erst in den Himmel, und dann mich an.
 

„Sag ihr einfach, dass du nicht willst.”

„Habe ich eine andere Wahl?”, seufze ich.
 

Mann, was will Victoria eigentlich von mir? Kann sie nicht einfach verstehen, dass sie mir nicht sympathisch ist - um es nett auszudrücken.
 

Langsam laufen wir die vielen Stufen der U-Bahn-Station herab und ziehen uns ein Ticket. Passenderweise kommt gerade unsere Bahn, sodass wir ohne Wartezeit gleich einsteigen können.
 

Wie immer um diese Zeit ist die Bahn voll. Kein Sitzplatz ist mehr frei und viele Menschen drängen sich aneinander, damit auch alle reinpassen.
 

Vor allem sitzen um diese Zeit Schüler und Büromenschen in der Bahn. Es ist kurz nach fünf, Feierabend.
 

Mino und ich bleiben an der Türe stehen und halten und so gut es eben geht an den Stangen fest. Zum Glück ist unsere Haltstelle die Nächste.
 

In dem Gedrängel und Gequetsche kann ich einen roten Haarschopf ausmachen.

Julien!
 

Er sitzt neben einem Punk mit grünem Iro und gefährlich wirkenden Stacheln in den Ohren. Sein Nacken ziert ein schwarzes Fledermaustattoo. Julien sitzt still neben ihm und drückt von Zeit zu Zeit auf seinem iPod herum.
 

Übermorgen soll ich nochmal zu ihm kommen. Wir wollen den Chemievortrag üben und die Einteilung absprechen, da wir nächste Woche unseren Vortrag über die Funktionsweise von Solarzellen und den Unterschied zwischen Solar- und Voltaikanlagen vorstellen müssen.
 

Ich freue mich schon auf den Nachmittag mit ihm, auch wenn wir was für die Schule machen werden.
 

Mit Julien allein. Hm -
 

Die Bahn ruckelt und wir werden grob einmal nach hinten und nach vorne geschubst, ehe sich die Türen öffnen und Mino und ich aussteigen können.
 

Tschüss Julien ...
 

„Kommst du noch mit zu mir?”, fragt Mino.

„Okay”, antworte ich ihr.
 

Mino und ich gehen die Treppenstufen der U-Bahn-Station herauf und sehen endlich wieder Tageslicht.
 

An meinem Haus gehen wir vorbei, auf das von Mino zu. Es ist ein blaues Holzhaus mit schwarzen Dach und großen Garten. Wenn ihre Mutter zu Hause ist, steht immer ein großer, roter Jeep vor dem Haus. Da er momentan nicht da steht, scheint sie noch auf der Arbeit zu sein.
 

Minos Mutter arbeitet hier in New York als Zahnärztin und hat eine eigene Praxis. Ihr Vater lebt nicht bei ihnen. Er ist abgehauen, als Mino keine zwei Jahre alt war und sie haben seitdem keinen Kontakt mehr. Geschwister hat sie auch keine.

Vor dem Haus auf der Veranda sitzt ein Junge mit blonden Locken, Brille und weißen Hemd, über dem er eine dunkelblaue Strickjacke trägt. Er sitz auf dem Geländer und lässt seine Beine baumeln.
 

Mino bleibt stehen und sieht ihn mit großen Augen an.
 

„Jasper!”, ruft, nein - quietscht sie.
 

Wtf? Jasper? Kann mich bitte mal jemand aufklären?
 

Mino fällt dem Jungen in die Arme. Er erwidert ihre herzliche Umarmung, obwohl er ziemlich eingeengt unter der fast einen Kopf größeren Mino aussieht.
 

Ein bisschen erinnert er mich an Nick, aber nur ein bisschen. Nick ist schließlich einzigartig und unersetzbar!
 

Wie damals, als wir auf die Idee kamen, uns die Haare zu färben. Wir waren zwölf Jahre alt und wir fanden blau echt supercool. Also gingen wir nach der Schule noch schnell zum Supermarkt und kauften uns blaues Haarfärbemittel.
 

Zu Hause angekommen hatten wir Glück und meine Mutter war nicht da, also schlossen wir uns im Badezimmer ein und färbten erst mir, und dann Nick die Haare. Seine nahmen einen richtig schönen Blauton an, da Nick sehr helles, blondes Haar hat, meine nur ein dunkleres marineblau, da sie braun sind. Unsere Mütter fanden das allerdings nicht so schick wie wir und machten ein riesiges Theater. Besonders schlimm hat meine Mom jedoch gefunden, dass ihr schöner, weißer Badezimmerteppich nun hässliche, blaue Tupfen hat. Wir haben ihn aber immer noch, da ich mich beim Umzug geweigert hatte, ihn wegzuschmeißen. Solche Erinnerungen gehören aufgehoben!
 

Genau wie das Klassenfoto, dass kurz darauf vom Fotografen in der Schule geschossen wurde.
 

Nick und ich sind darauf Arm in Arm und breit grinsend mit unsere blauen Haaren zu sehen. Leider war die Farbe nach acht Wochen wieder draußen.
 

„Schön, dass du wieder da bist”, meint Mino glücklich grinsend.

„Wenn du mich weiter so drückst, wirst du nicht mehr viel von mir haben”, sagt der Junge mit der Brille und befreit sich aus Minos Umarmung.

„Wie war’s denn?”, fragt sie.

„Super.” Das Löckchen streicht sich sein Hemd glatt und setzt sich seine rahmenlose Brille wieder richtig auf.

„Komm mit rein und erzähl mir alles ganz genau. Ich mach uns Tee und vielleicht haben wir noch was zum Essen da.”
 

Ähm, Hallo? Mino? Ich bin auch noch da. Fragend sehe ich sie an.
 

„Oh, sorry Louis. Das ist Jasper, Jasper Hollow, mein bester Freund. Er war ein halbes Jahr in Europa auf einem Schüleraustausch und ist jetzt wieder da. Und Jasper- ”, sie wendet sich wieder dem Löckchen zu, „Das ist Louis Jones, er wohnt nebenan und geht auch auf unsere Schule.”
 

„Hey”, begrüßt mich Jasper.

„Hi”, meine ich.
 

„Da wir das jetzt auch geklärt hätten, können wir ja rein gehen und du erzählst uns von deinem Austausch.” Mino lächelt.
 

Wenige Minuten später sitzen wir mit Tee und Keksen in Minos Zimmer.
 

Minos Zimmer ist gar nicht Mino, es ist Manon.
 

Mino hat ihre hellblonden Haare feuerrot gefärbt und ihre stechenden, grünen Augen sind dick mit schwarzem Kajal umrandet. Am liebsten trägt sie schwarz, mit einer knalligen Farbe. An ihren verspielte Röcke sind meist Fransen, Rüschen oder Nieten dran und sie hat immer einen lustigen Haarschmuck auf.

Minos Lieblingsjacke ist eine schwarze Jacke mit Katzenöhrchen und ihre Lippe ziert ein Piercing, genau wie meine. Sie ist laut, lebendig und extrovertiert.
 

Manon hat hellblondes Haar und mag rosa. Ihr Zimmer hat lavendelfarbene Wände, hellen Parkettfußboden, einen grauen, plüschigen Teppich und ist sehr ordentlich. Hier und da stehen Stofftiere auf den Regalen. Ihre Schulsachen sind ordentlich auf einem Regal gestapelt und an ihrem PC-Bildschirm hängen Notizen, die auf bunte Zettel geschrieben sind. Nichts liegt einfach darum, alles hat seinen Platz.

Manon ist höflich und um gute Noten bemüht. Sie kann es nicht mit ansehen, wenn ein alter Mann im Bus stehen muss und würde ihm ganz selbstverständlich ihrer Platz anbieten.
 

Aber genau das mag ich an Mino. Sie ist nicht nur die rockig, frech und extrovertiert, sondern auch ruhig, verlässlich und gut organisiert. Sie braucht ihre Ordnung und auch eine Gewisse Portion Spießigkeit.
 

Deswegen nenne ich die freche Mino Mino und die andere Manon. Grenzt an schizophrenes Verhalten, aber soweit ich weiß, ist sie gesund.
 

Ich liege abwesend auf Minos Bett und starre an die Decke, während sie und Jasper im Schneidersitz auf ihrem Boden hocken und einen Keks nach dem anderen in sich reinstopfen.
 

Jasper erzählt ihr aufgeregt von seinem halben Jahr in Deutschland. Er war dort für drei Monate bei einer vierköpfigen Familie in Hamburg und dann die letzten drei Monate bei einer türkischen Familie mit acht Kindern in Köln. Es soll sehr aufregend gewesen sein, zu sehen wir die unterschiedlichen Familien leben. Laut ihm war Hamburg schöner, aber die türkische Familie liebenswürdiger.
 

„Mino”, ich hebe meinen Kopf und sie dreht sich zu mir um, „Ich geh rüber. Matteo wird gleich aus der Betreuung kommen und er soll nicht alleine zu Hause sein.”

Sie nickt. „Okay. Dann sehen wir uns Morgen. Wir holen dich dann vor der Schule zu Hause ab.”
 

„Ja.”
 

Wir umarmen uns noch kurz und ich verabschiede mich mit einem Handschlag von Jasper, ehe ich mich auf den Weg nach Hause mache.
 

Als ich die Haustüre aufschließen will, kommt Matteos Bus und der Neunjährige mit der großen blauen Tasche mit den Fußballern drauf kommt auf mich zu gelaufen.
 

„Hey Kleiner”, begrüße ich ihn und wuschle durch sein kurzes braunes Haar.

„Lass das, Louis”, meint er und schiebt sich an mir vorbei ins Haus.
 

Jaja, so ist sie, die Jugend von heute. Sagt dem großen Bruder nicht mal richtig Hallo.
 

Als ich die Schuhe ausgezogen und vor dem Schuhschrank gelegt habe, gehe ich mit einer Wasserflasche bewaffnet in mein Zimmer.
 

In der Türe bleibe ich stehen. Ich glaube, ich sehe nicht recht.
 

„Matteo”, sage ich streng mit verschränkten Armen. Er drückt auf Pause und dreht sich vom Fernseher weg, um mich anzusehen.

„Aber ich dachte, ich darf”, sagt er kleinlaut.

„Ja, aber frag das nächste Mal vorher.”

„Verstanden”, meint der Neunjährige und fährt sein Rennen weiter.
 

Ich stelle die Schultasche auf meinen Schreibtischstuhl, trinke einen Schluck aus der Wasserflasche und lege mich auf mein Bett.
 

Matteo spielt immer noch das Rennspiel und überholt gerade einen Monstertruck mit schwarz-gelbem Punktemuster.
 

Nick und ich konnten immer stundenlang solche Spiele spielen, ohne dass uns langweilig wurde. Das muss Matteo von mir haben.
 

„Kyle kommt nachher zu mir und wir wollen dann Playstation spielen. Das ist doch okay, Louis, oder? Wir dürfen doch, oder?”
 

Ich seufze. Wäre mein kleiner Bruder doch immer so süß.
 

„Klar dürft ihr, Matteo”, meine ich.
 

Mein Blick fällt auf Nicks rot-schwarz-kariertes Tuch, dass er gerne um die Stirn gebunden trägt. Jetzt hängt es über meinem Bett an eine Lampe gebunden. Nick trägt gerne solche Tücher und Mützen und dieses hat er mir zum Abschied geschenkt. Als Andenken an ihn.
 

Wie schön es doch ist, einen besten Freund zu haben.

Nick.
 

*o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o*
 

So…also, nochmals bitten wir um Entschuldigung… D:

:’)
 

Eure Surrealer Albtraum und Eure Painted Lady. ;D
 

PS: Wir haben einen Fehler gefunden gehabt, ab dem zweiten Kapitel haben wir aus Versehen wimmmer gmail.de geschrieben, dabei wäre gmail.com wesentlich logischer...wurde verbessert! ;D



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Kommentare zu dieser Fanfic (16)
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Von:  robo123
2010-11-07T17:05:09+00:00 07.11.2010 18:05
und nick ist besser als julien .___.
bald sehen sie sich ja wieder :DD
aba hier kam schon lange! kein neues kapitel mehr /:
Von:  Tali
2009-10-13T19:17:45+00:00 13.10.2009 21:17
Ein sehr kurzes Kapi. Das macht einen nur noch versessener auf das Nächste! Nicks Traum war schon fies. Aber vll. hilft ihm ja die Ausage von Louis darin? Der Realität ins Auge sehen.
Es ist toll, dass die Geschichte so langsam sich entwickelt. Es passiert so viel und nicht alles hat etwas mit der Enwicklung der Liebesgeschichte zu tun. Das ganze Drumherum macht das ganze sympatischer und vorallem realistischer. ^^
Von:  Marzipanherz
2009-10-13T18:43:52+00:00 13.10.2009 20:43
"Na wunderbar! Wo ist bitte die nächste Pistole, wenn man sich erschießen will?!"
Perfekt. :)
Dieses Gefühl ist sehr gut beschrieben, danke dafür!
Ja, wieder mal ein schönes Kapitel, der Traum gefällt mir gut,
allerdings (oh je, das Wort! :D) ist mir diesmal sehr aufgefallen,
dass ihr "dass" und "das" teilweise verwechselt.
Hey, das ist nicht schlimm, es gibt so viele FanFictions, in denen
die Rechtschreibfehler verstreut sind wie Grashalme auf einer Wiese,
aber ich bin eben darüber gestolpert.
Verzeiht den kleinen Kritikpunkt! :)

Ganz liebe Grüße, die Mü.
Von: abgemeldet
2009-10-13T18:41:58+00:00 13.10.2009 20:41
Man nIck kann einem aber auch echt leid tun, für Louis scheint alles irgendwie gut zu laufen und bei ihm gehts drunter und drüber. UNd der Albtraum war wirklich heftig, sowas wünsche ich niemandem...
Alles in allem war das Kapi bis auf den Traum ja eher nichtssagend, nech? Wobei mir grad nicht in den Kopf will warum Nick so Probleme hatte Louis zurückzuschreiben, aber vielleicht klärt sich das ja noch

LG Rhiska
Von:  Tali
2009-10-11T15:38:31+00:00 11.10.2009 17:38
Ich bin zufällig über diese Geschichte gestolpert und habe bis eben an ihr gelesen. Ich mag sie! Sie ist so erfrischend mit neuen Ideen und lieben kleinen 'Dummköpfen' als Figuren. Die Art wie Nick und Louis ihre Welt beschreiben ist hinreizent! und unglaublich witzig! ^^
Von:  Marzipanherz
2009-10-11T15:19:46+00:00 11.10.2009 17:19
Hey. :)
Hab eure Fanfiction jetzt komplett gelesen
und sie gefällt mir wirklich gut.
Die zwei Charaktere sind toll herausgearbeitet,
vor allem auch, weil sie teilweise unterschiedliche
Reaktionen in gleichen Situationen haben. ;D
Macht Spaß, sie zu lesen! x)

Nya, ich setz sie mal auf meine Liste. ^-^
Liebe Grüße, Mü.
Von: abgemeldet
2009-10-10T22:24:27+00:00 11.10.2009 00:24
Tadaaaaa hier bin ich^^
Und ich stürze mich auch gleich mal ins Geschehen, erstmal die Stellen die mir auch Lächeln beschert haben^^

>Hoffentlich hat Julien mein starren nicht bemerkt.
„Möchtets du was trinken?”
„Äh, was?”,wo war ich gerade mit meinen Gedanken?<
Na, also wenn er vorher das Starren nichtbemerkt hat *hust* dann wurde ihm es später da bewusst das Louis nicht ganz beisammen ist xD

>Oh Gott! Das seine Schwester auch hier lebt, habe ich total vergessen.<
Wo hat der Junge nur seinen Kopf?^^

>Wenn ich etwas nicht mag, dann ist es die Frage ‘Na?’. Was soll man auf ‘Na?’ antworten?
‘Gut, und dir?’, ‘Nein, lieber nicht.’, ‘Die Sonne scheint, ich bevorzuge aber Regen.’, oder ‘Morgen ist Sonntag.’?
Ein schreckliches Wort.<
Ganz genau! Da stimme ich dir vollkommen zu... ich mags auch nicht, obwohl ich mich oft genug dabei ertappe es selbst zu sagen. Lächerlicherweise bekomme ich dann als Antwort ebenfalls ein "Na?" Und dann sitzt man da und weiß erstmal nicht weiter xD

>„Kommst du noch mit rauf in mein Zimmer?”
Nein!<
Ohne Worte xD Gott, die ist ja penetrant...

>Woran wir nicht gedacht haben war, dass wir die Ameisen nicht wieder aus dem Staubsaugerbeutel raus bekommen. Nick war todtraurig darüber, dass Herr Nielson, Magda, Peter und all die anderen nicht wieder gekommen sind. Auch mich hat das sehr mitgenommen. Nick’s Ma haben wir erzählt, wir hätten die Insekten im Garten frei gelassen, weil sie so langweilig geworden wären.<
Diese Beschreibung finde ich einmalig und wunderschön... sie ist so süß, zeugt von der kindlichen Naivität und mir als Mutter geht dabei das Herz auf xD

Das Kapi war wieder einmal sehr schön. Und die kleine Grace habe ich sofort ins Herz geschlossen, Gott die ist ja so niedlich dargestellt. Das Ende fand ich auch klasse, so schön harmonisch...=)

Na, ich hoffe diesmal gehts schnell weiter *lach*
Von: abgemeldet
2009-09-20T18:28:45+00:00 20.09.2009 20:28
Oo
Ah, ok jetzt machts klick wieso er Julien einfach mal umbenennt^^
Wie heisst es so schön? Erst denken, dann posten^^
Freue mich auf das nächste Kapi
Von: abgemeldet
2009-09-20T18:21:37+00:00 20.09.2009 20:21
Na, wie geht es jetzt wohl weiter?
ist wirklich gut zu lesen und an manchen Stellen auch recht amüsant...
Von: abgemeldet
2009-09-20T18:15:14+00:00 20.09.2009 20:15
Das war ein schönes, harmonisches Kapitel wie ich finde... und Mark ist irgendwie... eine komische Persönlichkeit... na, wenn er meint durch solche Aktionen das zu bekommen was er 'scheinbar' will...


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